Die biblischen Lesungen wurden mit freundlicher Genehmigung der Ständigen Kommission für die Herausgabe der gemeinsamen liturgischen Bücher im deutschen Sprachgebiet den Lektionaren 2018 ff entnommen. - © 2024 staeko.net. - vgl. Impressum.
Die Katholischen Bibelwerke in Deutschland, Österreich und Schweiz stellen auf ihren Webseiten ausführliche Kommentare und Anleitungen zum Lesen der biblischen Lesungen für Sonn- und Feiertage zum Download im PDF-Format zur Verfügung. Mit freundlicher Genehmigung der Katholischen Bibelwerke übernehmen wir die Kurzeinleitungen zu den Lesungen.
Predigten vom 25. Jun. 2023 - 12. Sonntag im Jahreskreis (A)
02. Mär. 2025
8. Sonntag im Jahreskreis (C)
23. Feb. 2025
7. Sonntag im Jahreskreis (C)
16. Feb. 2025
6. Sonntag im Jahreskreis (C)
09. Feb. 2025
5. Sonntag im Jahreskreis (C)
02. Feb. 2025
2. Februar: Darstellung des Herrn (Fest)
26. Jan. 2025
3. Sonntag im Jahreskreis (C)
19. Jan. 2025
2. Sonntag im Jahreskreis (C)
12. Jan. 2025
Taufe des Herrn (C)
06. Jan. 2025
Erscheinung des Herrn, Dreikönig (A/B/C)
05. Jan. 2025
2. Sonntag nach Weihnachten (A/B/C)
01. Jan. 2025
Neujahr - Fest der Gottesmutter Maria (A/B/C)
31. Dez. 2024
31. Dezember: Jahresschluss (Sonst.)
29. Dez. 2024
Fest der hl. Familie (C)
26. Dez. 2024
26. Dezember: hl. Stephanus (Fest)
25. Dez. 2024
Weihnachten, am Tag (A/B/C)
25. Dez. 2024
Weihnachten, am Morgen (A/B/C)
24. Dez. 2024
Weihnachten, in der Nacht (A/B/C)
24. Dez. 2024
Weihnachten, am Vorabend (A/B/C)
22. Dez. 2024
4. Adventsonntag (C)
15. Dez. 2024
3. Adventsonntag (C)
08. Dez. 2024
2. Adventsonntag (C)
08. Dez. 2024
8. Dezember: Mariä Empfängnis (Fest)
01. Dez. 2024
1. Adventsonntag (C)
24. Nov. 2024
Christkönigsonntag (B)
17. Nov. 2024
33. Sonntag im Jahreskreis (B)
10. Nov. 2024
32. Sonntag im Jahreskreis (B)
03. Nov. 2024
31. Sonntag im Jahreskreis (B)
02. Nov. 2024
2. November: Allerseelen (A/B/C)
01. Nov. 2024
1. November: Allerheiligen (A/B/C)
27. Okt. 2024
30. Sonntag im Jahreskreis (B)
20. Okt. 2024
29. Sonntag im Jahreskreis (B)
13. Okt. 2024
28. Sonntag im Jahreskreis (B)
06. Okt. 2024
27. Sonntag im Jahreskreis (B)
29. Sep. 2024
26. Sonntag im Jahreskreis (B)
22. Sep. 2024
25. Sonntag im Jahreskreis (B)
15. Sep. 2024
24. Sonntag im Jahreskreis (B)
14. Sep. 2024
14. September: Kreuzerhöhung (Fest)
08. Sep. 2024
8. September: Mariä Geburt (Fest)
08. Sep. 2024
23. Sonntag im Jahreskreis (B)
01. Sep. 2024
22. Sonntag im Jahreskreis (B)
01. Sep. 2024
Erntedank - Schöpfungszeit (Sonst.)
25. Aug. 2024
21. Sonntag im Jahreskreis (B)
18. Aug. 2024
20. Sonntag im Jahreskreis (B)
15. Aug. 2024
15. August: Mariä Himmelfahrt (Fest)
11. Aug. 2024
19. Sonntag im Jahreskreis (B)
06. Aug. 2024
6. August: Verklärung des Herrn (Fest)
04. Aug. 2024
18. Sonntag im Jahreskreis (B)
28. Jul. 2024
17. Sonntag im Jahreskreis (B)
21. Jul. 2024
3. Sonntag im Juli: Heiligster Erlöser (Fest)
21. Jul. 2024
16. Sonntag im Jahreskreis (B)
14. Jul. 2024
15. Sonntag im Jahreskreis (B)
07. Jul. 2024
14. Sonntag im Jahreskreis (B)
30. Jun. 2024
13. Sonntag im Jahreskreis (B)
29. Jun. 2024
29. Juni: hl. Petrus und Paulus (Fest)
27. Jun. 2024
27. Juni: Fest der Mutter von der Immerw. Hilfe (Fest)
24. Jun. 2024
24. Juni: hl. Johannes des Täufers (Fest)
23. Jun. 2024
12. Sonntag im Jahreskreis (B)
20. Jun. 2024
20. Juni: Weltflüchtlingstag (Sonst.)
16. Jun. 2024
11. Sonntag im Jahreskreis (B)
09. Jun. 2024
10. Sonntag im Jahreskreis (B)
07. Jun. 2024
Heiligstes Herz Jesu (B)
02. Jun. 2024
9. Sonntag im Jahreskreis (B)
30. Mai. 2024
Fronleichnam (B)
26. Mai. 2024
Dreifaltigkeitssonntag (B)
20. Mai. 2024
Pfingstmontag - Maria, Mutter der Kirche (B)
19. Mai. 2024
Pfingstsonntag (A/B/C)
18. Mai. 2024
Pfingsten, am Vorabend (A/B/C)
12. Mai. 2024
7. Sonntag der Osterzeit (B)
09. Mai. 2024
Christi Himmelfahrt (B)
06. Mai. 2024
Bitttage (A/B/C)
05. Mai. 2024
6. Sonntag der Osterzeit (B)
01. Mai. 2024
1. Mai: Tag der Arbeit, hl. Josef (Fest)
30. Apr. 2024
1. Mai: Tag der Arbeit, hl. Josef (Fest)
28. Apr. 2024
5. Sonntag der Osterzeit (B)
21. Apr. 2024
4. Sonntag der Osterzeit (B)
14. Apr. 2024
3. Sonntag der Osterzeit (B)
08. Apr. 2024
25. März: Verkündigung des Herrn (Fest)
07. Apr. 2024
2. Sonntag der Osterzeit (B)
01. Apr. 2024
Ostermontag (A/B/C)
31. Mär. 2024
Ostersonntag (A/B/C)
30. Mär. 2024
Osternacht (B)
29. Mär. 2024
Karfreitag (A/B/C)
28. Mär. 2024
Gründonnerstag (A/B/C)
24. Mär. 2024
Palmsonntag (B)
19. Mär. 2024
19. März: hl. Josef (Fest)
17. Mär. 2024
5. Fastensonntag (B)
10. Mär. 2024
4. Fastensonntag (B)
03. Mär. 2024
3. Fastensonntag (B)
25. Feb. 2024
2. Fastensonntag (B)
18. Feb. 2024
1. Fastensonntag (B)
14. Feb. 2024
Aschermittwoch (A/B/C)
11. Feb. 2024
6. Sonntag im Jahreskreis (B)
04. Feb. 2024
5. Sonntag im Jahreskreis (B)
02. Feb. 2024
2. Februar: Darstellung des Herrn (Fest)
28. Jan. 2024
4. Sonntag im Jahreskreis (B)
21. Jan. 2024
3. Sonntag im Jahreskreis (B)
14. Jan. 2024
2. Sonntag im Jahreskreis (B)
07. Jan. 2024
Taufe des Herrn (B)
06. Jan. 2024
Erscheinung des Herrn, Dreikönig (A/B/C)
01. Jan. 2024
Neujahr - Fest der Gottesmutter Maria (A/B/C)
31. Dez. 2023
31. Dezember: Jahresschluss (Sonst.)
31. Dez. 2023
Fest der hl. Familie (B)
26. Dez. 2023
26. Dezember: hl. Stephanus (Fest)
25. Dez. 2023
Weihnachten, am Tag (A/B/C)
25. Dez. 2023
Weihnachten, am Morgen (A/B/C)
24. Dez. 2023
Weihnachten, in der Nacht (A/B/C)
24. Dez. 2023
Weihnachten, am Vorabend (A/B/C)
24. Dez. 2023
4. Adventsonntag (B)
17. Dez. 2023
3. Adventsonntag (B)
10. Dez. 2023
2. Adventsonntag (B)
08. Dez. 2023
8. Dezember: Mariä Empfängnis (Fest)
03. Dez. 2023
1. Adventsonntag (B)
26. Nov. 2023
Christkönigsonntag (A)
19. Nov. 2023
33. Sonntag im Jahreskreis (A)
12. Nov. 2023
32. Sonntag im Jahreskreis (A)
09. Nov. 2023
9. November: Weihe der Lateranbasilika (Fest)
05. Nov. 2023
31. Sonntag im Jahreskreis (A)
02. Nov. 2023
2. November: Allerseelen (A/B/C)
01. Nov. 2023
1. November: Allerheiligen (A/B/C)
29. Okt. 2023
30. Sonntag im Jahreskreis (A)
22. Okt. 2023
29. Sonntag im Jahreskreis (A)
15. Okt. 2023
28. Sonntag im Jahreskreis (A)
08. Okt. 2023
27. Sonntag im Jahreskreis (A)
07. Okt. 2023
Erntedank - Schöpfungszeit (Sonst.)
01. Okt. 2023
26. Sonntag im Jahreskreis (A)
24. Sep. 2023
25. Sonntag im Jahreskreis (A)
17. Sep. 2023
24. Sonntag im Jahreskreis (A)
14. Sep. 2023
14. September: Kreuzerhöhung (Fest)
10. Sep. 2023
23. Sonntag im Jahreskreis (A)
03. Sep. 2023
22. Sonntag im Jahreskreis (A)
27. Aug. 2023
21. Sonntag im Jahreskreis (A)
20. Aug. 2023
20. Sonntag im Jahreskreis (A)
15. Aug. 2023
15. August: Mariä Himmelfahrt (Fest)
13. Aug. 2023
19. Sonntag im Jahreskreis (A)
06. Aug. 2023
6. August: Verklärung des Herrn (Fest)
30. Jul. 2023
17. Sonntag im Jahreskreis (A)
23. Jul. 2023
16. Sonntag im Jahreskreis (A)
16. Jul. 2023
3. Sonntag im Juli: Heiligster Erlöser (Fest)
16. Jul. 2023
15. Sonntag im Jahreskreis (A)
09. Jul. 2023
14. Sonntag im Jahreskreis (A)
02. Jul. 2023
13. Sonntag im Jahreskreis (A)
29. Jun. 2023
29. Juni: hl. Petrus und Paulus (Fest)
27. Jun. 2023
27. Juni: Fest der Mutter von der Immerw. Hilfe (Fest)
25. Jun. 2023
12. Sonntag im Jahreskreis (A)
Einführungen zu den Gottesdienstlesungen - Ltg 0
1. Lesung - Jer 20,10-13
Lesung aus dem Buch Jeremia.
Jeremía sprach:
Ich hörte die Verleumdung der Vielen:
Grauen ringsum! Zeigt ihn an!
Wir wollen ihn anzeigen.
Meine nächsten Bekannten
warten alle darauf, dass ich stürze:
Vielleicht lässt er sich betören,
dass wir ihn überwältigen und an ihm Rache nehmen können.
Doch der Herr steht mir bei wie ein gewaltiger Held.
Darum straucheln meine Verfolger und können nicht überwältigen.
Sie werden schmählich zuschanden,
da sie nichts erreichen,
in ewiger, unvergesslicher Schmach.
Aber der Herr der Heerscharen prüft den Gerechten,
er sieht Nieren und Herz.
Ich werde deine Vergeltung an ihnen sehen;
denn dir habe ich meinen Rechtsstreit anvertraut.
Singt dem Herrn, rühmt den Herrn;
denn er rettet das Leben des Armen
aus der Hand der Übeltäter.
Jeremia ist ins Gerede gekommen. Hinter seinem Rücken warten Menschen darauf, dass er zu Fall kommt. Was vorgefallen ist? Er hat die Wahrheit gesagt, sich mit einflussreichen und mächtigen Leuten angelegt, sich den Mund nicht verbieten lassen. Jetzt beginnt die Maschinerie aus Rache, Verdächtigung und Schönrederei.
Jeremia hat Gottes Wort ausgerichtet. „So spricht der Herr“, lautet die prophetische Botenformel. Auf den Herrn baut Jeremia auch im Konflikt. Der Herz und Nieren prüft, wird seinen Boten bewahren, ja, sein eigenes Wort nicht ins Leere gehen lassen.
Mit der Einladung, in das Lob Gottes einzustimmen, schließt die Lesung, die eine Geschichte aufbewahrt, die sich immer noch wiederholt. Aus dem Bekenntnis des Jeremia wird ein Gebet: Dir habe ich meine Sache anvertraut.
Die vorliegende Perikope stammt aus den "originären" Worten des Jeremia, nicht etwa aus Bearbeitungen nach ihm. Somit lässt sich der Text auf das Ende des 7. Jhdts v. Chr. datieren. In dieser Zeit erlebt Jeremia den Fall des Königs Joschija und die Machtergreifung König Jojakims, der ihm nicht wohlgesonnen war. Ein weiterer Einschnitt im Lebens Jeremias ist die Verschleppung des Königs zusammen mit einem Teil seines Volkes in die Babylonische Gefangenschaft im Jahr 597 sowie die Eroberung Jerusalems 586 v. Chr. Zu all diesen Momenten war es Jeremias Aufgabe sein Volk zu trösten und zu begleiten.
Das war nicht immer einfach: Der vorliegende Text gehört zu den sog. "Bekenntnissen" des Jeremia, in denen die tiefe Frustration des Propheten und sein ständiger Versuch, sich selbst und seinem Volk wieder Mut zuzusprechen, zum Ausdruck kommt. Diese Worte 20,10-13 stehen im Zusammenhang mit einer provokativen Handlung Jeremias gegen den Tempelpriester Paschhur (19,1-15), der ihn daraufhin foltern lässt. Jeremia aber wendet sich wieder gegen den Priester und gibt ihm den Schimpfnamen "Grauen ringsum" (20,3, vgl. dann 20,10). Diese Klageworte sind als eine Art Reflexion der Lage des Propheten anzusehen: Einerseits sieht er im Widerstand seine Aufgabe, andererseits droht er immer zu fallen.
Die erste Lesung ist dem der sog. 5. Konfession (Bekenntnis) des Jeremiabuches entnommen. In diesem liedartigen Text beklagt der Prophet in harten Worten und Bildern sein Schicksal.
Für die Liturgie wurde jedoch nur der mittlere Teil ausgewählt, der sehr vertrauensvoll endet. Die anschließenden Verse erst lassen den abgrundtiefen Kummer und die Verzweiflung des Gottesmannes voll erkennen.
Der Prophet leidet vor allem unter der Nachrede und den Rachewünschen in seinem engsten Bekanntenkreis. Es zeigt das Ausmaß des Nichtverstandenwerdens des Gottesmannes: Er wird zerrissen zwischen Gott, dessen Botschaft er auszurichten hat, der ihn betört und gepackt hat (Vers 7) und zwischen den Menschen, die ihm nahe stehen.
Auf die Verse 7 bis 10 folgt ein Vertrauenslied (Verse 11 bis 13), in dem der betende Prophet seine Sache ganz Gott übergibt. Der Verfasser folgt dabei einem Darstellungsmuster, wie wir es auch in einigen Psalmen (z. B.: Ps 6, Ps 13 oder Ps 22) beobachten können.
Die liturgische Versauswahl endet mit dieser vertrauensvollen Stimmung. Das Lied des Propheten setzt zu einer weiteren Beschreibung seiner Verzweiflung an und endet mit einer Frage (Verse 14 bis 18).
1. Lesung (erweiterte Fassung) - Jer 20,7-18
Lesung aus dem Buch Jeremia.
Du hast mich betört, o HERR,
und ich ließ mich betören;
du hast mich gepackt und überwältigt.
Zum Gespött bin ich geworden den ganzen Tag,
ein jeder verhöhnt mich.
Ja, sooft ich rede, muss ich schreien,
Gewalt und Unterdrückung! muss ich rufen.
Denn das Wort des HERRN
bringt mir den ganzen Tag nur Hohn und Spott.
Sagte ich aber:
Ich will nicht mehr an ihn denken
und nicht mehr in seinem Namen sprechen!,
so brannte in meinem Herzen ein Feuer,
eingeschlossen in meinen Gebeinen.
Ich mühte mich, es auszuhalten,
vermochte es aber nicht.
Ich hörte die Verleumdung der Vielen:
Grauen ringsum! Zeigt ihn an!
Wir wollen ihn anzeigen.
Meine nächsten Bekannten
warten alle darauf, dass ich stürze:
Vielleicht lässt er sich betören,
dass wir ihn überwältigen und an ihm Rache nehmen können.
Doch der Herr steht mir bei wie ein gewaltiger Held.
Darum straucheln meine Verfolger und können nicht überwältigen.
Sie werden schmählich zuschanden,
da sie nichts erreichen,
in ewiger, unvergesslicher Schmach.
Aber der Herr der Heerscharen prüft den Gerechten,
er sieht Nieren und Herz.
Ich werde deine Vergeltung an ihnen sehen;
denn dir habe ich meinen Rechtsstreit anvertraut.
Singt dem Herrn, rühmt den Herrn;
denn er rettet das Leben des Armen
aus der Hand der Übeltäter.
Verflucht der Tag, an dem ich geboren wurde;
der Tag, an dem meine Mutter mich gebar,
sei nicht gesegnet.
Verflucht der Mann,
der meinem Vater die frohe Kunde brachte:
Ein Kind, ein Knabe ist dir geboren!
und ihn damit hoch erfreute.
Jener Mann gleiche den Städten,
die der HERR ohne Erbarmen zerstört hat.
Er höre Zetergeschrei am Morgen
und Schreien am Mittag,
weil er mich nicht tötete im Mutterleib.
So wäre meine Mutter mir zum Grab geworden,
ihr Schoß auf ewig schwanger geblieben.
Warum denn kam ich hervor aus dem Mutterschoß?
Nur, um Mühsal und Kummer zu erleben
und meine Tage in Schande zu beenden?
Antwortgesang - Ps 69,8. 10. 14. 33-34
Kv: Gott, in deiner großen Huld erhöre mich,
mit deiner rettenden Treue! – Kv
Oder: GL 307,5
Herr, deinetwegen erleide ich Hohn *
und Schande bedeckt mein Angesicht.
Denn der Eifer für dein Haus hat mich verzehrt, *
die Verhöhnungen derer, die dich verhöhnen, sind auf mich gefallen. – (Kv)
Ich komme zu dir mit meinem Bittgebet, *
Herr, zur Zeit der Gnade.
Gott, in deiner großen Huld erhöre mich, *
mit deiner rettenden Treue! – (Kv)
Die Gebeugten sehen es und sie freuen sich! *
Ihr, die ihr Gott sucht, euer Herz lebe auf!
Denn der Herr hört auf die Armen, *
seine Gefangenen verachtet er nicht. – Kv
2. Lesung - Röm 5,12-15
Lesung aus dem Brief des Apostels Paulus
an die Gemeinde in Rom.
Schwestern und Brüder!
Durch einen einzigen Menschen kam die Sünde in die Welt
und durch die Sünde der Tod
und auf diese Weise gelangte der Tod zu allen Menschen,
weil alle sündigten.
Sünde war nämlich schon vor dem Gesetz in der Welt,
aber Sünde wird nicht angerechnet, wo es kein Gesetz gibt;
dennoch herrschte der Tod von Adam bis Mose auch über die,
welche nicht durch Übertreten eines Gebots gesündigt hatten
wie Adam, der ein Urbild des Kommenden ist.
Doch anders als mit der Übertretung
verhält es sich mit der Gnade;
sind durch die Übertretung des einen
die vielen dem Tod anheimgefallen,
so ist erst recht die Gnade Gottes
und die Gabe,
die durch die Gnadentat des einen Menschen Jesus Christus
bewirkt worden ist,
den vielen reichlich zuteilgeworden.
Manfred Wussow (2005)
Martin Stewen (2002)
Hans Hütter (1996)
Adam und Christus werden von Paulus gegenübergestellt. Durch Adam kam die Sünde in die Welt, mit der Sünde der Tod – aber Adam ist auch die Gestalt, „die auf den Kommenden hinweist“. Der Kommende ist Jesus Christus. Was er bewirkt und den vielen reichlich zuteil werden lässt, ist die Gnade Gottes.
Dass die Sünde in die Welt gekommen ist, gehört zu den Erfahrungen, auf die Paulus hinweist, aber gleichzeitig von ihnen wegführt. Mit der alten jüdischen Auslegungstradition, die Paulus einbringt, wird die Sünde als Tod verstanden, die Verderben über die Menschen bringt, ihnen das Leben nimmt und die Zukunft verbaut. Paulus stellt unvermittelt die Gnade Gottes dagegen, die durch die Gnadentat des einen Menschen Jesus Christus bewirkt worden ist. Das moderne Verständnis von Fortschritt, Humanität und Zivilisierung geht jedoch stillschweigend davon aus, dass sich der Mensch in seiner Geschichte selbst vollendet. Paulus hilft, den Weg der Menschen realistisch und mit den Augen Gottes wahrzunehmen.
Im Römerbrief lesen wir eine Art "Testament des Paulus", in dem der Apostel sich und seine Theologie der Gemeinde von Rom vorstellt. Das Zentrum der Theologie des Briefes sind die Darstellungen des Paulus zur Rechtfertigungslehre. Am Ende des Gerechten steht die Hoffnung auf das neue Leben in Christus.
In der vorliegenden Perikope stellt Paulus die Entwicklung vom alten zum neuen Menschen, von Adam zu Christus vor. In Christus ist die 'Gnade Gottes mit seiner Schöpfung Mensch geworden'.
Der Römerbrief weist vor allem in diesem Text deutlich starke judenchristliche Merkmale auf: Die Verbindung von Sünde und Tod (Verse 12-14) ist Kennzeichen alttestamentlicher Tradition. Die Sünde des Menschen ist so unausweichlich wie der Tod. Der einzelne Mensch kann der Sünde wie dem Tod nicht entgehen, die Menschheit als ganze ist dem verfallen durch den Sündenfall Adams. Das heißt aber nicht, dass der Mensch vorbestimmt sei, sondern er ist für die Sünde mitverantwortlich, weil Adam aus freiem Willen gehandelt hat, dem sich die ganze Menschheit nun beugen muss. Dieser Teufelskreis wird erst durch Gottes Rettungstat in der Person Christi durchbrochen (Vers 15).
Paulus versucht in seinem Brief an die Christen in Rom eine Theologie von Jesus Christus, seinem Leben, Sterben und Auferstehen vorzulegen, die nicht von der jüdischen Überlieferung ausgeht, sondern auch jenen einen Zugang eröffnen soll, die aus dem römisch-griechischen Kulturkreis kommen. Ihnen möchte er das Christusereignis "erklären".
In dem Abschnitt, der am 12. Sonntag als 2. Lesung vorgetragen wird, wählt er einen "kosmischen" Ansatz: Er stellt Christus dem ersten Menschen Adam gegenüber, der Sünde des Adam die Gnade, dem Tod das Leben, dem Ungehorsam den Gehorsam. In all diesen Begriffen sieht Paulus kosmische Größen, die miteinander ringen. In Christus erweist sich die Gnade, der Gehorsam und das Leben stärker als Sünde, Ungehorsam und Tod. Dahinter steht die Vorstellung sog. korporativer Persönlichkeiten. Im Stammvater ist bereits die ganze Nachkommenschaft enthalten: in Adam die ganze Menschheit, in Christus alle, die sich von ihm in die neue Schöpfung hineinführen lassen.
Ruf vor dem Evangelium - Joh 15,26b-27a
Halleluja. Halleluja.
(So spricht der Herr:)
Der Geist der Wahrheit wird Zeugnis geben für mich;
und auch ihr sollt Zeugen sein.
Halleluja.
Evangelium - Mt 10,26-33
Aus dem heiligen Evangelium nach Matthäus.
In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Aposteln:
Fürchtet euch nicht vor den Menschen!
Denn nichts ist verhüllt, was nicht enthüllt wird,
und nichts ist verborgen, was nicht bekannt wird.
Was ich euch im Dunkeln sage,
davon redet im Licht,
und was man euch ins Ohr flüstert,
das verkündet auf den Dächern!
Fürchtet euch nicht vor denen,
die den Leib töten, die Seele aber nicht töten können,
sondern fürchtet euch eher vor dem,
der Seele und Leib in der Hölle verderben kann!
Verkauft man nicht zwei Spatzen für einen Pfennig?
Und doch fällt keiner von ihnen zur Erde
ohne den Willen eures Vaters.
Bei euch aber sind sogar die Haare auf dem Kopf alle gezählt.
Fürchtet euch also nicht!
Ihr seid mehr wert als viele Spatzen.
Jeder, der sich vor den Menschen zu mir bekennt,
zu dem werde auch ich mich
vor meinem Vater im Himmel bekennen.
Wer mich aber vor den Menschen verleugnet,
den werde auch ich vor meinem Vater im Himmel verleugnen.
Manfred Wussow (2005)
Martin Stewen (2002)
Martin Leitgöb (1999)
Das Evangelium umkreist die Zusage: Fürchtet euch nicht. Steigernd und zusammenfassend.
Da ist zunächst die Angst, die die Jünger vor Menschen haben. Aber wenn Jesu Wort am hellen Tag gehört wird und sich den Weg in die Öffentlichkeit freimacht, ist es mit der Angst vorbei. Die Angst wird geradezu weggenommen, wenn die frohe Botschaft laut wird. Auch die Angst derer, die sich aus dem Fenster lehnen.
Daran schließt sich ein neuer Gedankengang an: Wenn Angst, dann nur vor dem, der Leib und Seele zur Hölle schicken kann. Der Teufel? Aber das Evangelium führt die Gedanken gleich weiter:
„Bei euch aber sind sogar die Haare auf dem Kopf alle gezählt“. Was heißt, dass nicht ein Haar verloren gehen kann. Im Bild wird bekräftigt, dass die Jünger ganz und gar in der Obhut Gottes sind.
Das Evangelium bestätigt: Fürchtet euch also nicht!
In einer weisheitlichen Schlusssentenz werden die Jünger ermutigt, sich zu Jesus zu bekennen – zu seinem Wort und zu seinem Weg.
In der Mitte des Evangeliums werden die Blicke auf die Spatzen gerichtet: Ohne den Willen des Vaters (im Himmel) fällt keiner von ihnen zur Erde. Das Evangelium setzt dieses Bild ein, um Mut zu machen: Ihr seid mehr (wert) als die Spatzen. Enthalten ist in diesem Bild auch, dass sich der Vater zu den Jüngern bekennt.
Der Textabschnitt befindet sich in der zweiten großen Redekomposition des Matthäusevangeliums, in der Rede zur Aussendung der Jünger. Angesprochen sind mit dieser Rede die Apostel, doch darf sie wohl so gelesen werden, dass sie sich sich an die ganze matthäische Gemeinde richtet, deren Gesandtsein sich auf die jüdische Umgebung richtet.
In Vers 16 der Rede wird angedeutet, dass die Sendung kein einfaches "Spiel" ist, sondern Risiken birgt. Diese Gefahren bilden den Hintergrund zum dreimal genannten "Fürchtet euch nicht!". Wer aber gesandt ist, kann sich von Gott erkannt wissen wie Spatzen am Himmel und Haare auf dem Kopf.
Das Wort von den Spatzen ist das heikelste der Rede: So gehört es doch eben zu den Erfahrungen der frühen Christengemeinden, dass sich in Extremsituationen von Verfolgung und Martyrium durchaus das Erlebnis von Gottesfremde und -ferne einstellen kann und ein Getragensein nicht mehr zu verspüren ist. Dietrich Bonhoeffer versucht diesen Gegensatz so aufzuheben: "Fallen wir in der Menschen Hände, trifft uns Leiden und Tod durch menschliche Gewalt, so sind wir doch dessen gewiss, dass alles von Gott kommt. [...] Darum, fürchtet euch nicht."
Die Evangeliumsperikope des 12. Sonntags im Jahreskreis (Mt 10,26-33) entstammt der sogenannten Aussendungsrede Jesu an seine Jünger, aus der auch schon vorigen Sonntag ein Teil zu hören war (Mt 10,5-8). Bemerkenswert an der ganzen Aussendungsrede ist ihre Stellung innerhalb des Matthäusevangeliums. Nachdem Jesus in der Bergpredigt (Mt 5-7) gewissermaßen die Grundordnung einer neuen, einer messianischen Gesellschaft proklamierte, in der das Doppelgebot von Gottes- und Nächstenliebe eine zentrale Rolle spielt, und nachdem er in einer Reihe von Wundern (Mt 8-9) sich selber als den Messias und damit als bedeutungsvollen Neuanfang für Israel offenbarte, sendet er jetzt seine Jünger aus. Es gilt, die Botschaft von der neuen Zuwendung Gottes zu seinem Volk nun unter die Leute zu bringen. Die Stellung der Aussendungsrede nach Bergpredigt und Wunderzyklus will zeigen: Die Verkündigung der Jünger bedarf des vorherigen Hinhörens auf das Wort Jesu, und sie bedarf auch der Erfahrung, daß die Welt sich verändert, daß Menschen neu werden, wo sie auf diesen Jesus, den Messias Gottes, stoßen.
Nicht uninteressant ist weiters der Vorspann zur Aussendungsrede, der ebenfalls bereits am vorigen Sonntag zu hören war: "Als er die vielen Menschen sah, hatte er Mitleid mit ihnen; denn sie waren müde und erschöpft wie Schafe, die keinen Hirten haben." (Mt 9,36) - Wer im Namen Jesu spricht, möge bedenken, daß seine Predigt nicht der Pflege der eigenen Eitelkeiten oder der Verbreitung irgendwelcher Ideologien dient, sondern daß jenen Menschen geholfen werden soll, denen gepredigt wird, mitsamt ihrer Sehnsucht nach Geborgenheit, nach innerer Ruhe und Ausgeglichenheit, nach Frieden, nach Schalom. Das Auftreten der Jünger soll selbst zum wirksamen Zeichen werden für den Neubeginn Gottes mit seinem Volk. - Zum engeren Umfeld unserer Perikope gehört schließlich auch eine Passage aus der Aussendungsrede, in der Jesus in teilweise düsteren Tönen von der möglichen Gefährdung und Anfechtung der Jünger während ihrer späteren Tätigkeit spricht (Mt 10,16-22). Es ist die Rede von Schafen, die unter die Wölfe gesendet werden, von Auslieferung, Martyrium, Spaltung der Familien.
Dieser negativen Passage folgt nun eine positive:
1. Es wird den Jüngern Mut zugesprochen. Das dreimalige "Fürchtet euch nicht!" ist ein Leitmotiv für die ganze Perikope.
2. Es wird eine Sicherung genannt, auf die sich die Jünger bei ihrer missionarischen Arbeit verlassen können, die Gewißheit nämlich, daß sich der göttliche Vater sorgt.
3. Weil mit Jesus das absolute Heil und damit eine Möglichkeit geglückten Lebens angeboten ist, gibt es nur zwei Möglichkeiten: entweder sich zu ihm und das heißt auch zu einem Leben in Geborgenheit, innerer Ruhe und Ausgeglichenheit, Frieden, Schalom zu bekennen oder ihn zu verleugnen. Es ist der Mensch, der sich in der einen oder anderen Weise festlegt.
Daß die Verse, in denen so gesprochen wird - das sind die Verse 32 und 33 - allerdings aus einem eschatologischen Denken heraus entstanden sind, das heißt aus der Erwartung, daß nicht mehr viel Zeit sein wird, sich zu entscheiden, auf diese Tatsache sollte bei ihrer Auslegung besonders geachtet werden. Sie würden ansonsten den positiven Charakter unserer Perikope trüben. Nie sei vergessen, daß die Botschaft Jesu eine Frohbotschaft ist!
Fürchtet euch nicht!
Vielerlei Ängste
Es gibt vielerlei Ängste. Manchmal kommen sie in gehäufter Form auf uns zu und manchmal bereiten sie uns schlaflose Nächte: Angst vor einer schlimmen Diagnose, Angst vor der Ausweitung des Krieges, Angst vor dem Verlust eines Menschen oder des Arbeitsplatzes, Angst vor einer Prüfung, Angst vor einer unangenehmen Begegnung… An manche Gefahren haben wir uns schon so gewöhnt, dass die Angst uns nur im Akutfall in die Glieder fährt, etwa vor einem möglichen Unfall usw.
Ängste sind Teil unseres Lebens. Wer damit jedoch über das für sie oder ihn erträgliche Maß belastet wird, ist in Gefahr krank zu werden.
Manche Menschen sind auf lange Zeit Ängsten ausgesetzt. Ich denke da an Menschen in Kriegsgebieten oder an Menschen auf der Flucht. In manchen Ländern müssen Menschen auf Grund ihres politischen Engagements oder auf Grund ihrer religiösen Überzeugung Schlimmes befürchten. Manche Menschen müssen ihr Anderssein vor ihren Mitbürgern verstecken und sich vor dem Entdecktwerden fürchten.
Es gibt aber auch Menschen, die aus der Angst anderer Profit schlagen. Mit der Angst lassen sich auch gute Geschäfte machen. Manche schüren Angst, um daraus politisches Kleingeld zu schlagen. Kirchenmänner haben sie immer wieder genützt, um ihre Schäfchen fromm zu machen.
Jesus sagt: Fürchtet euch nicht!
Im Evangelium dieses Sonntags spricht Jesus die Angst an, die seine Jüngerinnen und Jünger zu befürchten hatten, wenn sie auf seinen Auftrag hin zu den Menschen gingen und ihnen die Frohe Botschaft weitersagten. Aus diesem Textabschnitt hört man wohl auch schon die Ängste jener Christen heraus, die später, zur Zeit der Aufzeichnung der Evangelien, lebten und systematischen Verfolgungen ausgesetzt waren. Ihnen sagt Jesus: "Fürchtet euch nicht! Fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten, die Seele aber nicht töten können. Fürchtet euch eher vor dem, der Seele und Leib in der Hölle verderben kann!"
Menschen, die täglich mit Verfolgung rechnen müssen, hilft es vermutlich, sich diese Sätze immer wieder selbst zu sagen und sich für den Ernstfall einzuprägen. Dieses Argument klingt schön und edel in der Predigt am Sonntagvormittag. Aber trägt es auch an den Momenten, in denen wir mit Ängsten konkret konfrontiert sind?
Uns, die wir in einer weitgehend freien Gesellschaft leben und uns mit anderen, meist persönlichen Ängsten auseinandersetzen müssen, hilft eher der zweite Teil der Argumentation Jesu: Jede und jeder darf sich in der Hand Gottes geborgen fühlen, im Wissen, dass Gott uns nicht fallen lässt; auch nicht, wenn ich durch eine Krankheit mit ungewissem Ausgang hindurch muss; auch nicht, wenn wir eine dicke wirtschaftliche oder gesellschaftliche Krise auf uns zukommen sehen. Wir sind in Gottes Hand, auch wenn das Klima zu kippen droht, auch wenn wir uns nur ungenügend vor Klimakapriolen schützen können.
Widerstandkräfte gegen die Angst
Das Wissen um die Geborgenheit in Gottes Hand soll uns jedoch nicht zum Nichtstun verführen. Gerade weil wir uns von Gott getragen und gehalten wissen, können wir auch gegen die Bedrohungen etwas tun.
Ich bewundere die Einsatzkräfte, die manchmal unter Lebensgefahr Menschen retten oder beschützen, und ich frage mich: Was gibt ihnen die Kraft dazu? Das Wissen um die Geborgenheit in der Hand Gottes hat auch eine sehr menschliche Seite. Sie spiegelt sich gleichsam im Vertrauen auf die Verlässlichkeit der Kolleginnen und Kollegen, im Zusammenhalt der Einsatztruppe oder der Nachbarschaft, und in der wechselseitigen Solidarität.
Dies zeigt auch uns einen Weg, wie wir uns gegen unsere Ängste rüsten und stärken können: Indem wir anderen Menschen Halt und Unterstützung anbieten, Solidarität üben auch wo wir keine direkte Belohnung erwarten können.
Es tut aber auch gut, ab und an die Spatzen zu beobachten, wie sie munter hin- und herfliegen, und uns daran zu erinnern, dass wir Gott noch viel mehr wert sind als viele Spatzen.
Das Gunst Gottes allen Menschen bekannt machen
Spielregeln für richtiges Leben
In den ersten Kapiteln seines Briefes an die Christengemeinde von Rom legt Paulus sein theologisches Grundkonzept dar: Er sieht die ganze Menschheit vom Christusereignis her.
Die Menschheit bildet ein Ganzes. Was charakterisiert dieses Ganze? Die Menschheit lebt in ihrem Miteinander wie in einem Nebel, in einer Unheilsituation (griech. „αμαρτια“), in einem durch die Sünde geprägten stickigen Raum, außerhalb der gesunden Gemeinschaft mit Gott, außerhalb des richtigen Lebens. Die Konsequenz aus dem Nicht-richtig-Leben ist der Tod: ein Nicht-Leben oder Nicht-mehr-Leben. Die Menschen leben nicht richtig, leben nicht wirklich, sind „im Tod“.
Das Tragische: Die Menschen wissen nicht oder nicht mehr, wie das richtige Leben geht. Sie sind in gewissem Sinne zu dumm, um richtig zu leben, wenn und weil sie die Spielregeln des Lebens nicht kennen. Paulus spricht vom „ѵόμος“, vom Gesetz. Durch das Gesetz, gemeint sind die Gebote, die dem Mose gegeben wurden, wird klar, wie richtiges Leben geht und wie es nicht geht.
Ich greife zum Bild des Fußballspiels: Was lässt einen Schiedsrichter entscheiden, wann er eine gelbe oder rote Karte zu geben hat? Die Antwort: Der Vergleich des Verhaltens der Spieler mit den Spielregeln! Durch die Gebote, die Spielregeln für das richtige Leben, wird klar, wie das richtige Spiel geht und wie es falsch läuft.
Leben in unverdienter Zuwendung
Durch die Spielregeln, die Gebote, wissen wir, was nicht richtig ist. Aber das Wissen allein bringt es offensichtlich nicht. Wie kommen wir Menschen dann aus dem Sog des Nicht-richtig-Lebens, dem Nicht-Leben, dem Tod, heraus?
Paulus antwortet: durch die „Gnadentat“. Χάρις nennt er sie. Im Lexikon wird das Wort χάρις übersetzt mit: Anmut, Gunst, Gnadenbeweis. Das bedeutet: etwas Wunderbares, etwas ganz Schönes! Es ist die von uns Menschen nicht erarbeitete, nicht herausgespielte Chance. Χάρις ist ein Ereignis, das wir nicht herstellen können, ein Vorgang, der in unserem menschlichen Repertoire, unserem selbstgesteuerten geistigen und psychischen Repertoire, nicht enthalten ist. Χάρις, Gnadentat, ist geschenkte Zuwendung: Wunder!
Paulus sagt den Christen von Rom: Wir leben im Wunder. Wir leben aus und in der unverdient geschenkten Zuwendung. Woher kommt diese Zuwendung? Von Jesus, dem Christus, dem neuen Adam, dem neuen Menschen.
„Adám“ ist der erste Mensch. Als erster Mensch ist er – im Sinne des Paulus –Stammvater der Menschheit, aller Menschen. In ihm ist die ganze Menschheit enthalten. Zugleich ist dieser Adám nach Paulus „die Gestalt, die auf den Kommenden hinweist“, eine Prophetie. Im Kommenden, im zweiten Adám, in Jesus, dem Menschensohn, vollendet sich die Menschheit. Die Menschen können durch Jesus im Gnadenraum Gottes leben.
Fürchtet euch nicht, ich bin mit euch
Schauen wir mit dem durch Paulus geschärften theologischen Blick auf den Text des heutigen Evangeliums! Im Bild vom Fußballspiel: Vor Beginn eines Spiels steckt die ganze Mannschaft die Köpfe zusammen. Der Spielführer schwört die Mannschaft auf Zusammenhalt und Sieg ein. Es soll allen klar bewusst sein, worum es geht.
Bezogen auf unser Evangelium: Die Jünger bilden in ihrem Miteinander die Jesus-Mannschaft. Jesus schwört im heutigen Evangelium seine Jünger darauf ein, worum es geht: Sie sollen spielen, engagiert und zugleich gelassen. Die Jünger sind die Mannschaft, die die Tat Gottes, die Gnadentat, das Wunder veröffentlicht, es den Menschen zeigt. Die Christen sind in ihrem Miteinander die Leute, die Jesus bekannt machen. Jesus in Person ist nämlich das Wunder. Sich ihm anschließen heißt: im geschenkten Raum, im Gnadenraum, im Leben stehen.
So kann die von Paulus genannte Gnadentat auch heute wirksam werden: Wir sind die Jesus-Mannschaft heute. Wir tragen das Jesus-Trikot und spielen als seine Mannschaft. Bei diesem Spiel ist jeder Einzelne wichtig. Jeder ist voll herausgefordert, seinen Teil beizutragen. Es geht um den Einsatz eines jeden und einer jeden, auf sein/ihr Zuspiel zu den anderen, auf das volle Ausschöpfen der eigenen Fähigkeiten. Dabei müssen wir uns nicht verkrampfen. Jesus sagt uns: Fürchtet euch nicht, fürchtet euch nicht vor den Menschen! Habt keine Angst! Ich bin bei euch und mit euch!
Gott steht zu uns. - Stehen wir zu Gott?
Menschenfurcht - Gottesfurcht
Mitmenschen wirken auf verschiedene Weise auf uns. Bei den einen fühlen wir uns wohl und angenommen. Da können wir aufatmen, aufblühen. Wir fühlen uns sicher und beschützt. Bei anderen sind wir schüchterner, haben Respekt. Wieder andere machen uns Angst. In deren Nähe wollen wir nicht sein. Wie werden wir aus dieser Begegnung wohl herausgehen? - Ich selbst kenne diese Erfahrungen.
Die Apostel haben sicher diese Erfahrung gehabt. Sie haben sicher auch vor bestimmten Menschen Angst gehabt. Wer Jesus nachfolgte, wer seine Botschaft verkündete, musste damit rechnen, verfolgt, ja sogar getötet zu werden. In dieser Situation macht Jesus Mut. Er lädt die Jünger zu einem tiefen Vertrauen auf Gott ein. Ihr sollt euch nicht fürchten vor den Menschen. Sie können nur euren Leib töten. Sie können euch nur dieses Leben in dieser Welt nehmen. Aber sie werden am Ende als Verlierer das Spielfeld verlassen. Fürchtet euch mehr vor dem, der euch alles nehmen kann. Und das ist einzig und allein Gott.
Gottes Liebe
Ich glaube eines. Jesus will mit dem "Fürchtet euch vielmehr..." genau das Gegenteil ausdrücken. Auf dem ersten Gehör lädt er uns ein, dass wir vor Gott Angst haben müssten. Doch in den letzten Jahrzehnten haben wir Gott immer mehr als liebenden und barmherzigen Vater kennen lernen dürfen. Jesus ist dazu in die Welt gekommen, um uns diesen liebenden Vater zu zeigen. Wie die Menschen in der Nähe von Jesus aufatmen und aufblühen konnten, so dürfen wir aufblühen, aufatmen, wenn wir an Gott denken. So gibt der Glaube Sicherheit, Festigkeit und Mut. Der Glaube schenkt uns Trost. Trost kommt vom selben Stamm wie das englische Wort "trust". Das heißt Vertrauen. Wir dürfen Gott vertrauen und darum uns selbst. Wir dürfen dem Leben trauen, zu dem uns Gott geschaffen hat. Das gilt für das Leben in dieser Welt. Wir sind berufen, unser Leben und unsere Welt zu gestalten. Wir sind berufen, als NachfolgerInnen von Jesus Zeugnis zu geben von Gott. Mehr noch aber sind wir geschaffen für das ewige Leben, das Leben bei Gott, in ewiger Freude, in ewigem Frieden.
Gott hat uns geschaffen, weil wir ihm wertvoll und wichtig sind. Das zeigt Jesus mit seinen Worten „Ihr seid mehr wert als viele Spatzen!“ „Bei euch sind sogar die Haare auf dem Kopf gezählt!“ Was für uns wertvoll ist, weil es uns an schöne Erlebnisse erinnert oder an Menschen, die wir mochten, das bewahren wir auf. Gott will auch unser Leben.
Mut, den Glauben zu bekennen
Diese Worte Jesu machen Mut. Wir dürfen uns trauen, Christinnen und Christen zu sein. Wir dürfen mit Mut unseren Glauben vertreten. Auch unsere Zeit braucht Menschen, die mutig bekennen: Ich glaube an Jesus. Ich glaube daran, dass Gott mich zum Leben geschaffen hat. Ich stehe dazu, regelmäßig den Sonntagsgottesdienst zu besuchen, weil ich an Gott glaube, weil ich Gott liebe. Ich lebe aus dem Glauben, dass ich von Gott geliebt bin. Tun wir dieses, auch wenn wir belächelt werden, auch wenn wir… Wir dürfen dies tun, denn Gott steht zu uns. Die heilige Theresa von Avila hat das so schön auf den Punkt gebracht: "Gott und ich, wir sind immer in der Mehrheit."
Gott steht zu uns
Diese Erfahrung hat auch Jeremia gemacht. Als Prophet hatte er die Aufgabe, die Menschen zu Gott zurückzuführen. Sie waren vom wahren Glauben abgefallen und haben andere Götter verehrt. Weil er ihnen darum auch unbequeme Wahrheiten gesagt hat, wurde ihm, das kann man seinen Worten entnehmen, übel mitgespielt. Er steht allein da, einsam, von allen verlassen und von allen missverstanden. Doch gerade in dieser Situation spürt Jeremia: Gott steht zu ihm. Am Ende wird er siegen, weil Gott ihm den Sieg verschafft.
Wir in Deutschland und Westeuropa können unbehelligt als ChristenInnen leben. Die Freiheit, den Glauben leben zu dürfen ist ein hohes Gut. Es ist ein Menschenrecht. Millionen wird es verweigert. Dafür erleben wir etwas, was auch traurig machen kann, bedrücken kann: weitgehende Gleichgültigkeit. Sicher freuen wir uns, wenn Menschen tolerant sind gegenüber dem Glauben, wenn sie offen sind für das, was wir der Welt zu sagen haben. Gleichgültig sein kann jedoch auch bedeuten: der christliche Glaube hat nichts mehr zu sagen, ist uninteressant, farblos. Die ersten Christen wurden verfolgt. Jeremia wurde verfolgt. Der Glaube, die Botschaft von Gott, sie haben herausgefordert und auch Widerstand erzeugt. Doch sie haben gespürt: Gott steht zu uns. Haben auch wir den Mut, zu unserem Glauben zu stehen, zu bezeugen. Gott steht auf unserer Seite. Wie sagte die heilige Theresa von Avila: "Gott und ich, wir sind immer in der Mehrheit."
Gottes Wort löst und befreit
Flüstern
Wie hört sich das an, wenn viele flüstern? Sollen wir es einmal probieren? Flüstern (noch leiser) – nicht zu überhören. Aber auch nicht zu verstehen. Geraune. Und doch zu laut, um es nicht mitzubekommen. Ich beneide Jeremia nicht. „Ich höre das Flüstern der Vielen: Grauen ringsum! Zeigt ihn an! Wir wollen ihn anzeigen“
Ich könnte Ihnen die Geschichte Jeremias erzählen. Sie spielt vor langer Zeit. Es ist die Geschichte eines Menschen, der als Prophet ständig aneckt, der mutig für Wahrheit und Recht eintritt, den Mächtigen widersteht und dem Heer der Ja-Sager ein Nein entgegenbringt. Es ist die Geschichte eines Menschen, der mit Gott ringt, der Gott sogar zum Vorwurf macht, ihn hereingelegt, ja verführt zu haben. Wie ein junges Mädchen. Und Jeremias Geschichte ist die Geschichte eines Menschen, der ein großes Vertrauen findet: „Doch der Herr steht mir bei wie ein gewaltiger Held.“ In der Lesung haben wir diese Worte gehört.
Wie hört sich das an, wenn viele flüstern? - Bedrohlich? Einschüchternd? Unheimlich? Wir spüren die Ablehnung. Sie liegt in der Luft. Wem gilt sie? Jeremia? Gott? Beiden? Erzählen wir doch - Flüstergeschichten!
In unserer lauten Welt hören wir Flüstern kaum. Wer auf sich aufmerksam machen will, muss sich in Szene setzen und geschliffene – oder auch ungehobelte – Sätze von sich geben. Doch in der virtuellen Welt, merkwürdig genug soziale Netzwerke genannt, flüstern viele. Nicht erkennbar, anonym, hinterrücks. Es gibt bei uns Menschen, die wissen, wie das ist – wenn viele flüstern. Der junge Mann, der sich kaum noch in die Öffentlichkeit traut, weil er Angst hat – und vom Flüstern verfolgt wird. Und in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung war erst vor ein paar Tagen zu lesen - nach dem Angriff auf Muslime in London: "Die sozialen Netzwerke sind seit Jahren voll mit düsteren Vorhersagen über einen drohenden Bürgerkrieg zwischen den Einheimischen in Europa und Einwanderern aus islamischen Ländern." Lautlos, mit der Wucht einer Welle. Gesichter gibt' s nicht.
Ängste
Was passiert eigentlich, wenn die Wahrheit geflüstert werden muss? Es ist, als ob sie versteckt, geschützt und verwahrt werden muss. Ist sie so gefährlich? Gefährdet ist sie sehr. Hinter vorgehaltener Hand, niemals in Sichtweite, bei Nacht und Nebel werden Worte mehr gehaucht als gesagt Wenn es nur keiner gehört hat! Es gab sogar schon Flüsterwitze, auf die die Todesstrafe stand. Weltweit wird an vielen Orten aber immer noch geflüstert. Es ist lebensgefährlich, Kritik zu üben, eine andere Meinung zu äußern, schöne Fassaden zu entzaubern. Es ist lebensgefährlich, menschlich zu sein. Flüstern ist die Kunst, nicht zu schweigen, aber auch nichts gesagt zu haben. Flüstern ist der Gefährte der Angst. Heute reden wir darüber. Heute bitten wir um das offene, freie Wort.
Ein Flüstern ist allerdings schön. Kennen Sie das? Erinnern Sie sich? Eine Liebeserklärung lässt sich zwar auch groß inszenieren, aber sie braucht nicht mehr als ein Flüstern. Doch irgendwann stehen zwei Menschen zu ihrem Wort. Dann bekommen es alle mit. Bei Einwänden, die es immer noch geben soll, lernen Menschen - vom Alter ganz unabhängig - ihrem Wort zu vertrauen. Es mag auch Angst geben, aber - so Johannes - Furcht ist nicht in der Liebe. Die wahre Liebe treibt die Furcht aus.
Ich höre das Flüstern der Vielen. Wir hören Jeremia. Wir legen unsere Gedanken dazu. Ängste, von denen wir wissen, Hoffnungen, die uns beflügeln. Jeremia konnte seine Zuversicht trotz bitterer Erfahrungen in einem Bekenntnis zusammenfassen: Der Herr steht zu mir wie ein gewaltiger Held. Das ist doch eine Liebeserklärung, oder? Ein offenes, freies Wort. Die Ängste müssen weichen. Jetzt wird nicht mehr geflüstert.
Menschenfurcht
Im Evangelium treffen wir dann auf das Wort, das im Hintergrund schon die ganze Zeit lautlos verharrt. Menschenfurcht! Es ist die Furcht, die Menschen voneinander trennt, die Furcht, die Grenzen zieht, die die Luft zum Atmen nimmt.
Jesus sagt: "Fürchtet euch nicht vor den Menschen! Denn nichts ist verhüllt, was nicht enthüllt wird, und nichts ist verborgen, was nicht bekannt ist!"
Da ist das Flüstern wieder, aber entlarvt und enttarnt. Mit den Worten Jesu: Nichts wird geflüstert, was nicht in die Ohren platzt, und nichts wird hinter vorgehaltener Hand gesagt, was nicht den Marktplatz erobert. Eine grosse Freiheit, eine grosse Gelassenheit bricht sich Bahn. Die Wahrheit befreit! Sie lässt sich nicht klein machen, nicht klein reden!
Jesus spricht seine Jünger an. Sie sind mal Großmäuler, mal kleinlaut und mutlos. Schutz suchen sie hinter verschlossenen Türen und Fenstern. In dieser Enge mussten sie wohl nicht flüstern, aber zu sagen hatten sie auch nichts. Apostel sind sie trotzdem. Oder vielleicht gerade deswegen!
Jesus vertraut uns sein Wort an! Im Evangelium lesen wir tatsächlich: "Was ich euch im Dunkeln sage,davon redet am hellen Tag." Es ist ein kleines Sprachspiel. Das Evangelium wächst von innen nach außen, vom Kleinen ins Große, vom Schwachen ins Starke, von der Nacht in den Tag. Mutig ist das. Das Evangelium wächst uns über den Kopf. Oder: reißt uns mit. Wir spüren die Gewissheit, die Verlässlichkeit in dieser Zusage. Ja, es ist mehr Zusage als Aufforderung, mehr Geschenk als Aufgabe. Jedenfalls ist der helle Tag schon zu sehen. Von Flüstern ist jetzt nicht die Rede. Der Tag wird eigentlich auch erst hell, wenn die Wahrheit öffentlich wird, wenn das Schweigen lauthals zu lachen anfängt, wenn Menschen sich an die Hand nehmen, um Liebe untereinander zu teilen. Und weil das doch eine andere Liebe ist, mag sie das Flüstern nicht mehr. Von den Dächern soll verkündet werden, was uns ins Ohr geflüstert wurde. Das Evangelium. Gottes Wort, das löst und befreit, das uns trägt und führt. Wie am ersten Tag. Es werde Licht - und siehe: Es wurde Licht.
Fürchtet euch nicht!
Ich mag es, wenn Jesus so redet! Ich liebe den hellen Tag. Mit einem Fuß stehe ich schon in Gottes Reich. Die Engel flüstern nicht! Hier treffe ich auf Jeremia! Mit ihm möchte ich mich unterhalten. Er hat gewiss viel zu sagen. Geflüstert wird jetzt nicht. Jeder kann, soll es hören. DOCH der Herr steht mir bei wie ein gewaltiger Held.
Fürchtet euch nicht. Fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten, die Seele aber nicht töten können. Sagt Jesus.
Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft,
bewahre unsere Herzen und Sinne
in Christus Jesus,
unserem Herrn.
Fürchtet Euch nicht!
Gefährdung und Ermutigung
Am letzten Sonntag hörten wir von Matthäus, wie Jesus von der großen Ernte und den wenigen Arbeitern sprach und wie Jesus sich die zwölf Jünger auswählte. Er sandte sie zu verkünden, dass das Himmelreich nahe ist. Er gab ihnen die Vollmacht: Kranke zu heilen, Tote zu erwecken, Aussätzige rein zu machen und Dämonen auszutreiben.
Heute spricht Jesus von der Gefährdung seiner Jünger in ihrer Verkündigung. Vor allem aber ermutigt er sie. “Fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten, die Seele aber nicht töten können, sondern fürchtet euch vor dem, der Seele und Leib ins Verderben der Hölle stürzen kann. Verkauft man nicht zwei Spatzen für ein paar Pfennig? Und doch fällt keiner von ihnen zur Erde ohne den Willen eures Vaters. Bei euch aber sind sogar die Haare auf dem Kopf alle gezählt. Fürchtet euch also nicht! Ihr seid mehr wert als viele Spatzen.“
Jesus versucht, die Vaterliebe Gottes für seine Jünger plausibel zu machen: wenn sich Gott um die Spatzen kümmert, dass sie leben und pfeifen, dann erst um seine Lieblinge, die Menschen. Gott kennt jedes Haar an unserem Körper, erst recht weiß er um jede Sorge und Angst unseres Herzens.
Dreimal wiederholt Jesus das „Fürchtet Euch nicht“! Weder um die Botschaft noch um sein eigenes Leben soll der Jünger Jesu sich Sorge machen. Jesus versichert uns, dass er zu uns steht, wenn wir uns zu ihm bekennen.
Menschen, die sich nicht fürchten
In den Diktaturen heute und denen der letzten hundert Jahre, im kommunistischen Osten, in der DDR und im Nationalsozialismus, gab es mutige Christen, die zu ihrem christlichen Glauben standen, und dafür Gefängnis und grobe Benachteiligungen in Kauf nahmen. Das wird heute anerkannt. Ihnen danken wir. Eine Reihe von ihnen, die tapfer ihr Leben verloren haben, ist von der Kirche seliggesprochen worden.
Statistiken belegen, dass in unseren Tagen nicht nur einzelne Christen verfolgt werden, sondern Gemeinden; dass Christen in religiös anders geprägten Ländern unter Druck stehen. Die Ausübung ihres Glaubens ist überschattet und kontrolliert von der Staatsmacht. Ich denke an einen Asylsuchenden, der gleich nach seiner Ankunft bei uns, darum bat, katholisch werden zu können. Er nahm treu den Taufunterricht wahr, der ein halbes Jahr dauerte, und wurde getauft. Jetzt meinte die Entscheidungsbehörde des Bundes für die Anerkennung als Asylanten bei uns, er könne auch in seinem Land Katholik sein. Seine eigene Erfahrung ist aber eine andere. Er habe erlebt, wie sehr die Meinungsfreiheit in seinem Land unterdrückt werde. Ich hoffe, dass es diesem betroffenen Mitchristen gelingt, in der Revision die Entscheider zu überzeugen, sodass er bei uns bleiben darf.
Glaubenszeugnis hier bei uns
Doch wie geht es uns? Wie weit sind wir bereit, uns für unseren Glauben einsetzen? Unser Glaubenszeugnis steht unter anderen Bedingungen. Wir haben normalerweise nicht unmittelbare Folgen zu befürchten. Ist es Menschenfurcht oder Bequemlichkeit, dass unser Glaube so wenig sichtbare Gestalt annimmt?
Mögen uns oft und immer wieder Erfahrungen zuteilwerden, in denen uns die vorbehaltlose und unendlich barmherzige Liebe Gottes aufgeht! So werden wir Freude finden. Der Heilige Geist gibt uns dann Mut und Schwung, Wir können aus der Ermutigung, die Jesus den Jüngern sagte: „Fürchtet Euch nicht“! leben. Wir vollbringen Taten aus seiner Liebe und bekennen uns zu seinem Namen.
Gezählte Haare
Meine Angst
Doch, ich habe Angst! Ich bewundere Jesus, ich bewundere das Evangelium: "Fürchtet euch nicht". Nicht einmal, gleich dreimal: "Fürchtet euch nicht". Ich schaue mich um. Ich lese die Zeitung. Ich sehe fern. Mir ist meine Unbefangenheit abhanden gekommen. Manchmal ist mir angst und bange.
Was sich im Osten Europas abspielt, in der Ukraine und ihrer Nachbarschaft, spielt sich vor unseren Haustüren ab. Der Hass rüstet wieder auf. Er versteckt sich hinter nationalistischen Parolen, er winkt mit historischen Argumenten, er kennt nur "schwarz" und "weiß". Aus den Unruhen ist doch längst Krieg geworden - und keiner sagt das so. Wir fürchten uns vor Worten ... wie vor Menschen. Die Wahrheit ist längst zum Opfer geworden.
Im Irak findet ein Land keinen Frieden. Alte Feindschaften sind wieder aufgebrochen. Auch im Islam. Zwischen Schiiten und Sunniten. Zwischen mächtigen Interessensgruppen. Zwischen Landesteilen. Die vielen Dissonanzen lassen sich nicht einmal mehr diplomatisch umschiffen. Eine ganze Region ist seit Langem gefährdet - und die christlichen Gemeinden schwanken zwischen Angst und Trotz. Wir wissen nur wenig von ihnen. Aber wir spüren die Furcht, die umgeht. Die eigene Hilf- und Ratlosigkeit auch.
Redet am hellen Tag
Ich muss heute eine Predigt über Furchtlosigkeit halten! Das Evangelium gibt sogar den Ton vor. Die Verheißung, aus dem Bann der Angst heraustreten zu können, ist wie ein cantus firmus, wie ein roter Faden, der in unser Leben reicht.
Als erstes fällt das Zutrauen Jesu auf, dass alles, was Angst macht, ins Licht geholt wird. Eine Kampfansage ist das! Machenschaften, die eingenebelt, verdunkelt oder verschleimt werden, wird der Schutz der Dunkelheit - und des Hinterzimmers - genommen. Die Angst, die gemacht wird, um Menschen einzuschüchtern und wehrlos zu machen, kommt auf den Tisch. Alle Welt redet darüber. Die Schlagzeilen leuchten dick. Ein tolles Bild, auch noch im Internetzeitalter: "davon redet am hellen Tag" ... "das verkündet von den Dächern." Von der Wahrheit sagt Jesus, dass sie frei macht. Die Angst muss ein Gesicht bekommen - und gesehen werden. Gesehen werden können. Darum reden wir von ihr, stellen uns ihr. Wer aufs Dach steigt, kauert nicht wie ein Kaninchen vor der Schlange! - "Fürchtet euch nicht vor den Menschen!"
Ich denke jetzt auch an kritische Journalisten, die vor Ort recherchieren, unheilvolle Entwicklungen entlarven und durch ihre Berichterstattung so manche Fassade bröckeln lassen.
Gezählte Haare
Jesus sagt dann auch, dass unsere Haare auf dem Kopf alle gezählt sind. Alle. Dieses Bild ist mir schon immer nachgegangen. Ein Wunder sondergleichen. Schon der Versuch, mit dem Zählen anzufangen, scheitert an der Haarpracht (und selbst die Stoppeln auf der Glatze lassen sich nicht zählen). Dass uns kein Haar gekrümmt werden kann - nicht einmal ein (!) Haar - macht mutig und verwegen. Während die Angst Haare auf den Zähnen hat.
Wer die Haare gezählt hat? Wer sie behütet? Es ist Gott, der seine Schöpfung bewahrt, sie liebevoll in seine Hand nimmt. Das ist das stärkste Argument gegen die Angst. Ich denke jetzt aber auch an meine Mutter. Manches Mal habe ich meinen Kopf in ihren Schoß gelegt. Besonders, wenn ich vor etwas Angst hatte und am liebsten abgehauen wäre. Sie streichelte meinen Haarschopf, ließ meine Haare durch ihre Finger gleiten. Viele Jahre danach ist das für mich immer noch das Bild geborgenen und glücklichen Lebens. Dass danach die Angst weg war, kann ich nicht erzählen, aber sie war leicht geworden - durchlässig. Liebe macht stark. Das erzählt das Evangelium.
Christusbekenntnis
Ich darf heute eine Predigt über Furchtlosigkeit halten! Das Evangelium gibt sogar den Ton vor. Es erzählt von Licht - und von Geborgenheit. Von einem hellen Tag - und von gezählten Haaren. Das macht Mut, aus dem Bann der Angst herauszutreten - und die Dinge dieser Welt beim Namen zu nennen. Trotzig und unverzagt!
Die Furchtlosigkeit führt in ein Bekenntnis. In das Bekenntnis zu Christus. In dem "Ja" zu ihm wird uns ein Raum geschenkt, in dem sein Licht leuchtet und uns seine Liebe bleibt. Mitten in der Welt, die wir lieben - und die wir gelegentlich auch fürchten. Obwohl wir uns oft schwach und klein vorkommen (und uns auch in dieser Rolle durchaus verstecken können), wird uns heute zugemutet und zugetraut, im Licht Jesu zu leben und für andere Menschen zu kämpfen. Er geht uns voran, er stärkt uns den Rücken, er ist an unserer Seite.
Bekennen wir ihn, ist das auch eine Absage an alle dunklen Mächte. Und eine Zusage, Liebe und Geborgenheit zu schenken. Das eine nicht ohne das andere. Die Predigt über die Furchtlosigkeit hat Jesus gehalten.
In einem Lied von Jochen Klepper - 1938 in einer Zeit der Angst geschrieben - heißt es:
Auch deines Hauptes Haare
sind wohl von ihm gezählt.
Er bleibt der Wunderbare,
dem kein Geringstes fehlt.
Den keine Meere fassen
und keiner Berge Grat,
hat selbst sein Reich verlassen,
ist dir als Mensch genaht.
Und der Friede Gottes,
der höher ist als alle Vernunft,
bewahre unsere Herzen und Sinne
in Christus Jesus,
unserem Herrn.
Fürchtet euch nicht
Abgezählt
Tolle Bilder: Der Spatz für 2 Pfennig auf dem Markt - wertlos also -, aber Herr der Luft. Beflügelt, gehalten von dem Willen des Vaters im Himmel. Wie gelungen sein Flug ist! Schaut ihn euch an!
Größer noch als dieses ist das Bild von den abgezählten Haaren. Eins, zwei, drei, hundert, tausend - irgendwann verheddern sich Finger und Haare. Ein schier unmögliches Unterfangen, die Haare auf dem Kopf zu zählen. Ihr könnt es versuchen. Ein schönes Gefühl auf dem Kopf wird es zwar sein. Aber es kommt nichts dabei rum. Verliebte tun es trotzdem. Sie spielen mit den Haaren. Absichtslos. Zärtlich.
Große Bilder kommen immer bescheiden daher: Gott schenkt dem Zwei-Pfennigs-Spatzen den Himmel und lässt nicht einmal eins unserer Haare aus den Fingern. Bilder für Gottes Fürsorge und Größe, für seine Liebe. Was ist schon ein Spatz? Was ist schon ein Haar? Auf dem Markt: nichts. In den Augen Gottes: alles.
Jochen Klepper hat 1938 in bedrückender Zeit diese Erfahrung in Worte gekleidet:
Auch deines Hauptes Haare
sind wohl von ihm gezählt.
Er bleibt der Wunderbare,
dem kein Geringstes fehlt.
Den keine Meere fassen
und keiner Berge Grat,
hat selbst sein Reich verlassen,
ist dir als Mensch genaht.
Angst
"Als Mensch genaht." Es ist die Geschichte Jesu. Seine Geschichte auch mit mir. Ich spüre eine Vertrautheit, die meiner Seele Flügel verleiht.
Jesus spricht die Angst an, die Menschen vor einander haben - und einander machen. Die Bilder, die er nachzeichnet, mit einfachen Strichen, erzählen Lebenserfahrungen: drei davon mögen beispielhaft für sie stehen
Ein Mensch steht morgens auf und hat Angst vor dem Tag. Die Gedanken drehen sich im Kopf. Er fürchtet, seinem Leben nicht gewachsen zu sein, darf es aber nicht zeigen. Hinter einer sicheren Fassade wohnt die Unruhe. Nachts aber kommen Gesichter hoch: Chefs,
Kollegen, Untergebene…
Mit Liebe fing alles an. Schönes Einvernehmen, viel Verständnis. Dann aber, das Ja-Wort ist längst verklungen, wächst der Druck. Die Erwartung. Warum entpuppt sich die Partnerin, der Partner jetzt als Drache? Irgendwann versagt die Rechtfertigung. Die Angst wächst. Lähmt. Macht aus der Liebe einen Albtraum…
Jemand möchte sagen, dass er Christ ist. Er möchte sich nicht rechtfertigen. Im Gespräch aber merkt er, wie schwer es ist, darüber zu reden. Ihm schlägt Unverständnis entgegen. Er hört, mal ausgesprochen, mal hinter Floskeln versteckt, die Frage, wie er als moderner Mensch solchen Unsinn glauben könne. Manchmal beschleicht ihn die Angst. Er könne doch auch schweigen…
Über Ängste könnte jeder von uns etwas sagen. Wie sie sich einnisten, sich in Gedanken vergraben, Herzen gefangen nehmen. Dabei ist die Angst vor Arbeitslosigkeit, Krankheit, Liebesverlust hier nicht einmal auf dem Bildschirm. Heute dreht sich alles um die Angst, die ein Mensch vor dem anderen hat - oder macht. Schlimm sind die Ängste, die nicht bejaht werden können, nicht ausgesprochen werden, zum Schweigen verurteilt sind.
Fürchtet euch nicht
Jesus sagt: Fürchtet euch nicht! Im Evangelium hören wir das immer wieder deutlich heraus. In unserem Abschnitt gleich 3 Mal. Wir spüren, wie viel Gewicht in diesen Worten liegt.
Aber weil Imperative dieser Art nicht helfen, eher die Angst noch schlimmer machen, redet Jesus anders mit uns: Er lässt uns Spatzen nachsehen - und auf die Haarpracht schauen. Für ihn sind das Beispiele: Beispiele, wie Gott Weite und Nähe schafft. Er fragt nicht nach dem Wert, auf den wir Menschen stoßen - nur 2 Pfennig, er fragt auch nicht danach, was uns unmöglich ist - Haare zählen, er lässt uns staunen. Über Gottes Art, den Dingen ihr Gewicht zu geben. In Gottes Hand schrumpft die Angst auf ihr Maß und verliert die Macht. Jesus sagt: "Fürchtet euch also nicht! Ihr seid mehr wert als viele Spatzen".
Einen Punkt stellt Jesus allerdings besonders heraus: die Angst, sich zu ihm zu bekennen. Die Furcht, sich als Christ zu outen, ist also uralt und keineswegs ein Zeichen unserer Zeit. Was schwierig ist und hemmt, kennen wir, wir kennen auch die Vorurteile, die eigenen Zweifel. Die Angst, sich einem anderen Menschen zu öffnen, das Vertrauen, ja Glauben mit ihm zu teilen, steht aber für viele Ängste, den eigenen Weg zu gehen. In jeder Angst vor einem anderen Menschen steckt die Sehnsucht, nicht aufzufallen, mit dem Strom zu schwimmen, in keine Auseinandersetzung gezogen zu werden. Und jede Angst, die ein Mensch schürt, dient einem Machtanspruch, will Unterwerfung, fordert Übereinstimmung.
Das Bekenntnis zu Jesus aber drückt aus, dass wir nicht Unterworfene, sondern Befreite sind. Nicht Alleingelassene, sondern Geliebte. Wir gehören zu dem Herrn, der die Kapriolen der Spatzen kennt - und meine Haare auf dem Haupt. Mehr noch: Er misst den Spatzen den Himmel aus!
Jesus sagt: "Fürchtet euch also nicht! Ihr seid mehr wert als viele Spatzen.
Wer sich nun vor den Menschen zu mir bekennt, zu dem werde auch ich mich vor meinem Vater im Himmel bekennen."
Rede am hellen Tag
Angst stellen wir immer dunkel dar. Schemenhaft, schattenhaft. Es ist geradezu ein Merkmal der Angst, sich aus dem Hellen zurückzuziehen, ja, die Sonne in ein schwarzes Loch zu verwandeln. Wenn aber die Angst die Flucht antreten muss, wird aus Nacht Tag. Die Schemen und Schatten verlieren ihre Konturen, werden sichtbar, ans Licht gebracht.
Jesus hat für uns den hellen Tag vorgesehen. Das tut gut. Wir stehen auf. Wir lassen uns nicht unterdrücken. Jesus sagt:
Was ich euch im Dunkeln sage, davon redet am hellen Tag, und was man euch ins Ohr flüstert, das verkündet von den Dächern.
Philipp Spitta hat diesen Auftrag gereimt:
Es gilt ein frei Geständnis
in dieser unsrer Zeit,
ein offenes Bekenntnis
bei allem Widerstreit,
trotz aller Feinde Toben,
trotz allem Heidentum
zu preisen und zu loben
das Evangelium.
Die Gretchenfrage...
"Nun sag, wie hast du's mit der Religion?
Du bist ein herzlich guter Mann,
Allein ich glaub', du hältst nicht viel davon."
Sicher haben Sie sie erkannt, die berühmte "Gretchenfrage" aus Goethes "Faust". Das fromme Mädchen ist verunsichert: "Glaubst du an Gott?" fragt sie Faust unumwunden. Sie möchte also von Faust ein Bekenntnis, das dann allerdings nicht so klar und eindeutig ausfällt, wie sie es sich wünscht. Faust ist ein Gelehrter, dem sich die Dinge so einfach nicht darstellen; und außerdem ist er mit Mephisto im Bunde. Wie sollte er da ein Glaubensbekenntnis ablegen können?
Wieso eigentlich hat diese "Gretchenfrage" eine sprichwörtliche Berühmtheit erlangt? Offenbar trifft sie einen Nerv, eine empfindliche Stelle, berührt sie den Dreh- und Angelpunkt bei uns Menschen. Den Punkt, an dem die gesamte Lebenseinstellung eines Menschen hängt; an dem man erkennen kann, wes Geistes Kind jemand ist.
"Glaubst du an Gott?" Diese schlichte und direkte Frage wagt man heutzutage kaum noch zu stellen, ruft sie doch Verlegenheit hervor, wird als peinlich und indiskret empfunden. Ein persönliches Bekenntnis, das ist ein Tabu, oft selbst in der Familie und sogar in der Kirche! Religion ist, bitteschön, Privatsache, etwas fürs stille Kämmerlein; darauf möchte man nicht angesprochen werden. Zudem: Religion ist in den Augen vieler Menschen etwas von gestern; das ist etwas für naive Gemüter; ein Trostpflaster für die Zukurzgekommenen; eine Zuflucht für die auf der Strecke Gebliebenen. Als aufgeklärter, gutsituierter Zeitgenosse braucht man sie nicht - sie wäre nur ein Störfaktor.
Zum Bekenntnis gehört Mut.
Wie stellt sich das heutige Evangelium zu diesem Befund? Es erteilt jeder Leisetreterei eine klare Absage. Jesus fordert dort genau die gegenteilige Haltung, wenn er mit unmissverständlicher Klarheit sagt: "Wer sich nun vor den Menschen zu mir bekennt, zu dem werde auch ich mich vor meinem Vater im Himmel bekennen." Jesus verlangt mit diesen Worten das öffentliche, eindeutige Bekenntnis derjenigen, die ihm folgen. Ein Bekenntnis erfordert immer Mut. Denn ich "oute" mich damit, wie das auf Neudeutsch heißt, ich gebe meine Deckung auf, gebe mich zu erkennen und werde damit angreifbar; zumal wenn ich einen Standpunkt oder eine Überzeugung vertrete, die nicht opportun ist.
Das Bekenntnis zu Jesus, zum christlichen Glauben kann unter Umständen sehr schwerfallen. Denn da ist die Furcht, sich lächerlich zu machen, nicht ernst genommen zu werden; die Furcht, als Außenseiter, als Sonderling dazustehen; die Furcht, handfeste Nachteile in Kauf nehmen zu müssen.
Jesus weiß um diese Furcht. Immer wieder aber fordert er uns in diesem Evangelium auf, der Menschenfurcht nicht zu erliegen und die eigene Überzeugung nicht zu verraten. Denn im Zustand der Furcht billigt man den Widersachern eine Macht zu, die diese gar nicht haben. Und man verkennt, dass über allem irdischen Geschehen die fürsorgliche, behütende Liebe Gottes waltet. Mit Jesu Worten: "Fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten, die Seele aber nicht töten können." Und: "Bei euch sind sogar die Haare auf dem Kopf alle gezählt. Fürchtet euch also nicht!"
Das Bekenntnis bringt Gewinn.
Warum aber ist das Bekenntnis Jesus so überaus wichtig? Warum fordert Jesus so nachdrücklich dazu auf? Hat er es denn nötig, seine Gefolgsleute so auf sich einzuschwören? Ich glaube, er tut dies sehr im Interesse seiner Anhänger, in unser aller Interesse. Wir können mit dem klaren Bekenntnis zu ihm nur gewinnen. - Wie das??
Machen wir uns klar: In dem Wort "Bekenntnis" steckt das Wort "Kenntnis". Ich kann nur dann ein gültiges, ein echtes, ein verbindliches Bekenntnis ablegen, wenn ich denjenigen oder dasjenige kenne, für den oder das ich einstehe. Sonst bleibt es bei einem wohlfeilen, wertlosen Lippenbekenntnis. Um aber etwas wirklich zu (er-)kennen, muss ich mich dafür interessieren und mich intensiv damit auseinandergesetzt haben. Dann komme ich vielleicht zu dem Schluss: Diese Person oder diese Sache ist für mich und mein Leben sehr wichtig. Darin finde ich mich selbst wieder. Deswegen möchte ich dazu stehen, komme, was wolle.
Eine solche radikale Haltung in der Liebe hat der Dichter Bertolt Brecht einmal sehr schön beschrieben mit den Worten:
"Ich möchte mit dem gehen, den ich liebe.
Ich will nicht ausrechnen, was es kostet.
Ich will nicht nachdenken, ob es gut ist.
Ich will nicht wissen, ob er mich liebt.
Ich will mit ihm gehen, den ich liebe." –
Ein Bekenntnis hat immer auch etwas mit Selbst-erkenntnis zu tun. Das ist ein erster Gewinn.
Sodann hat ein Bekenntnis, ob in Wort oder in Tat oder in beidem, etwas sehr Befreiendes . Denn es ist ein Akt der Überwindung innerer Barrieren und äußerer Einengungen: der Einengung durch fremde Erwartungen, durch Vorurteile, Konventionen, vielleicht sogar Bedrohungen. Letztlich ist es ein Akt der Überwindung der Furcht. Und: "Wer die Furcht überwunden hat, der hat den Tod überwunden".
Wenn ich zu dem stehe, wovon ich überzeugt bin, auch wenn ich auf Widerstand stoße, dann merke ich weiter, dass ich eine neue Standfestigkeit gewinne, dass ich mit mir selbst in Berührung komme und dass mir daraus Kraft erwächst; die Kraft, die darin gründet, dass ich mit mir übereinstimme, dass ich mir treu bleibe in dem, was mir wichtig ist; dass ich diesem die Ehre erweise. Dies gilt grundsätzlich, ganz gleich, ob ich mich zu meiner religiösen Überzeugung bekenne oder zu einem Menschen oder zu einer Tat. Immer da, wo ich einstehe für etwas mir Wichtiges - und das muss gar nicht immer ein nach außen spektakulärer Akt sein - gewinne ich an Festigkeit, an Furchtlosigkeit, an Freiheit .
Immer da, wo ich etwas mir Wesentliches bezeuge, wachse ich, werde ich kenntlicher und wahrnehmbarer. Vielleicht meint genau dies der Satz Jesu: "Wer sich nun vor den Menschen zu mir bekennt, zu dem werde auch ich mich vor meinem Vater im Himmel bekennen." Wie soll sich Jesus zu einem Menschen bekennen, der etwas Wesentliches leugnet und sein Vorhandensein als Person damit ein Stück weit aufgibt? Bekennen kann man sich nur zu jemandem (oder etwas), das klar erkennbar ist.
Das Bekenntnis bezeugt den Geist Gottes.
Noch ein letzter Gedanke sei aufgegriffen. Jesus möchte uns, seinen Anhängern, die Furcht vor dem klaren Bekenntnis zu ihm nehmen. Er verweist auf den Wert, den ein Mensch vor Gott hat - "Ihr seid mehr wert als viele Spatzen." - und der ihm alle Obhut Gottes sichert. In dieser Gewissheit wird der Mensch befähigt und gestärkt zu einem klaren Gottesbekenntnis. Denn letzten Endes erwächst der Mut zum Bekenntnis eben nicht aus eigener Kraft, sondern er ist ein Geschenk des göttlichen Geistes, ein Zeichen seines Wirkens. So heißt es zuvor in Mt 10,20: "Nicht ihr werdet dann [vor Gericht] reden, sondern der Geist eures Vaters wird durch euch reden."
Die Geschichte des hl. Stefanus ist ein erstes eindringliches Beispiel für das Bekennertum aus der Kraft des Geistes Gottes. Stefanus, erfüllt vom Heiligen Geist, sah den Himmel offen und den Menschensohn zur Rechten Gottes stehen, und aus diesem Beistand des Himmels erwuchs ihm die Kraft zum Martyrium. Aus einem solchen Bekenntnis kann letztlich nur Gutes, nur Segen erwachsen, für uns selbst, aber auch für die Menschen, die unser Bekenntnis vernehmen. Als Zeugen sind wir Helfer, Mitarbeiter des Geistes Gottes, der mit uns und durch uns wirken will.
Mit den Worten eines schönen Kirchenliedes bitten wir:
"Komm, Herr, segne uns,
dass wir uns nicht trennen,
sondern überall uns zu dir bekennen."
- Liedvorschläge1
Hans Hütter (2017)
Lieder:
GL 144: Nun jauchzt dem Herren alle Welt
GL 149: Liebster Jesus, wir sind hier
GL 215: Gott sei gelobet und gebenedeiet
GL 365: Meine Hoffnung und meine Freude
GL 382: Ein Danklied sei dem Herrn (3. bis 5. Str.)
GL 403: Nun danke all und bringet Ehr (3. Str.)
GL 417: Stimme, die Stein zerbricht (1. und 3. Str.)
GL 421: Mein Hirt ist Gott der Herr (2. Str.)
GL 429: Gott wohnt in einem Lichte (3. Str.)
GL 437: Meine engen Grenzen, meine kurze Sicht (3. Str.)
GL 446: Lass uns in deinem Namen, Herr
GL 448: Herr, gib uns Mut zum Hören
GL 464: Gott liebt diese Welt
GL 552: Herr, mach uns stark im Mut, der dich bekennt (1. und 5. Str.)
Psalmen und Kehrverse:
GL 622,1-2: Habt Mut, ihr Verzagten, und fürchtet euch nicht! Gott selbst wird kommen und euch erretten - Mit Jes 35^- VIII.
GL 629,1-2: Du führst mich hinaus ins Weite, du machst meine Finsternis hell - Mit Psalm 30 - I.
GL 630,4: Dein Wort ist Licht und Wahrheit
GL 649,2-3: Behüte mich, Gott, behüte mich, denn ich vertraue auf dich; mein ganzes Glück bist du allein - Mit Psalm 16 oder mit Psalm 130 (GL 639,4) - II.
- Einleitung4
Jörg Thiemann (2020)
Wir feiern miteinander Gottesdienst. Damit zeigen wir, dass wir uns zu Jesus bekennen. Wir bekennen uns zu ihm, der für uns den Tod auf sich genommen hat. Wir bekennen uns zu ihm, durch den auch wir auferstehen werden zum ewigen Leben. Wir bekennen uns zu ihm, der sich zu uns bekennt. IHN bitten wir um sein Erbarmen.
Manfred Wussow (2017)
In unserem Gottesdienst begegnet uns heute Jeremia, einer der großen Propheten. Doch er fühlt sich ganz klein angesichts des Flüsterns, das ihn umgibt. Zeigt ihn an! Wir wollen ihn anzeigen! Gesichter sieht er nicht. Die Ablehnung, von hinten, immer nur geraunt, bedrückt ihn. Doch in Gott hat er einen gewaltigen Helden an seiner Seite. Bei ihm sucht er Zuflucht, bei ihm findet er Rat.
Im Evangelium ruft uns Jesus zu, keine Angst vor Menschen zu haben. Jesu Wort schenkt uns einen hellen Tag, an dem die Wahrheit das Licht der Welt erblickt. Die Furcht ist nicht mehr unser Gefährte, aber auch keine Entschuldigung. Nichts ist verhüllt, was nicht enthüllt wird, nichts verborgen, was nicht bekannt wird. Gottes Liebe zumal.
Ihn rufen wir an:
Manfred Wussow (2014)
Im Evangelium werden wir heute aufgefordert, vor Menschen keine Angst zu haben. Fürchtet euch nicht, sagt Jesus.
Einmal denken wir daran, keine Angst zu haben, sich zu Christus zu bekennen. Ich bin Christ. Ich muss mich nicht verunsichern lassen.
Dann denken wir auch an die Angst, die Menschen schüren, um sich andere gefügig zu machen. Es ist nicht leicht, dieses Spiel um Macht und Einfluss zu durchschauen, schwerer noch, ihm die Stirn zu bieten und das freie Wort.
Fürchtet euch nicht, sagt Jesus.
Ihn bitten wir um Erbarmen, Vergebung und Kraft:
Manfred Wussow (2008)
Im 28. Psalm heißt es:
Der Herr ist die Stärke seines Volkes,
er ist Schutz und Heil für seinen Gesalbten.
Herr, hilf deinem Volk und segne dein Erbe,
führe und trage es in Ewigkeit.
Wir begegnen in diesen Worten einem Menschen, der sein ganzes Vertrauen in ein Gebet legt. Er nennt Gott Stärke, Schutz und Heil. Ihm vertraut er nicht nur sein Leben an, ihm legt er auch die Menschen ans Herz.
Diese Gelassenheit, dieses Vertrauen, wird in diesem Gottesdienst gestärkt. Alles, was uns auf der Seele liegt, womit wir nicht fertig werden und was unsere Sinne gefangen nimmt, legen wir in Gottes Hand. Was wir ihm anvertrauen, verwandelt er.
Ihn bitten wir um Erbarmen, Vergebung und Weggemeinschaft:
- Kyrie5
Edith Furtmann (2023)
Herr Jesus Christus,
du sprichst uns Mut zu.
Herr, erbarme dich.
Wir sollen uns zu dir bekennen.
Christus, erbarme dich.
Wir brauchen keine Angst zu haben
Herr, erbarme dich.
Jörg Thiemann (2020)
Herr Jesus Christus,
weil du fest in der Liebe zu Gott standest, haben dich Menschen verfolgt und schließlich ans Kreuz geschlagen.
Wie fest ist unsere Liebe zu dir?
Herr, erbarme dich.
Herr Jesus Christus,
weil du für uns den Tod auf dich genommen hast und auferstanden bist, darum ist uns Hoffnung geschenkt.
Wie stark ist unsere Hoffnung?
Christus, erbarme dich.
Herr Jesus Christus,
weil du dich zu uns bekennst, bekommen wird Mut und Kraft zu dir zu stehen.
Wie tief ist unser Glaube an dich?
Herr, erbarme dich.
Manfred Wussow (2017)
Herr,
wir reden oft hinter dem Rücken anderer Menschen.
Uns fehlt der Mut zu einem offenen und freundlichen Wort.
Herr, erbarme dich.
Christus,
du sprichst sündige Menschen auf der Straße an.
Deine Liebe kennt kein Versteckspiel.
Christus, erbarme dich.
Herr,
wir möchten weder anecken noch aus der Verdeckung kommen.
Nimm uns die Angst. Schenke uns einen neuen Anfang.
Herr, erbarme dich.
Schaut her, ihr Gebeugten, und freut euch;
Ihr, die ihr Gott sucht: euer Herz lebe auf!
(Ps. 69,33)
In das Lob Gottes stimmen wir mit dem Gloria ein:
Ehre sei Gott in der Höhe...
Manfred Wussow (2014)
Herr, wir bekennen uns zu dir,
lassen uns aber leicht verunsichern.
Stärke unseren Glauben.
Herr, erbarme dich.
Christus, du traust uns zu,
den Teufelskreislauf der Angst zu durchbrechen.
Schütze unseren Mut.
Christus, erbarme dich.
Herr, in deinem Licht sehen wir,
was Hass und Nationalismus anrichten.
Heile unsere Zerrissenheit.
Herr, erbarme dich.
Manfred Wussow (2008)
GL 164: Der in seinem Wort uns hält
Oder:
Herr,
wir fühlen uns stark,
verstricken uns aber in Schuld und Angst.
Stärke unseren Glauben.
Herr, erbarme dich
Christus,
du traust uns zu,
Schwache zu schützen und Verlorene zu finden.
Schütze unseren Mut.
Christus, erbarme dich
Herr,
wir nehmen die Herausforderung an,
deine Schöpfung zu bewahren und Frieden zu schaffen.
Heile unsere Zerrissenheit.
Herr, erbarme dich
- Tagesgebet4
Messbuch - TG 12. Sonntag: du entziehst keinem deine väterliche Hand
Heiliger Gott,
gib, dass wir deinen Namen allezeit
fürchten und lieben.
Denn du entziehst keinem deine väterliche Hand,
der fest in deiner Liebe verwurzelt ist.
Darum bitten wir durch Jesus Christus.
MB 12. Sonntag im Jahreskreis
Messbuch - TG Auswahl 7: deine gute Botschaft weitersagen
Gott.
Du suchst Menschen, die von dir sprechen
und der Welt deine gute Botschaft weitersagen.
Hilf uns,
Trägheit und Menschenfurcht zu überwinden
und deine Zeugen zu werden -
mit unserem ganzen Leben.
Darum bitten wir durch Jesus Christus.
MB Auswahl 7
Messbuch - TG 5. Sonntag: Bleibe uns nahe in jeder Not und Gefahr
Gott, unser Vater,
wir sind dein Eigentum
und setzen unsere Hoffnung allein auf deine Gnade.
Bleibe uns nahe in jeder Not und Gefahr
und schütze uns.
Darum bitten wir durch Jesus Christus.
MB: 5. Sonntag im Jahreskreis
Messbuch - TG Auswahl 40: "sorgt euch nicht um euer Leben"
Jesus Christus hat gesagt:
"Sorgt euch nicht um euer Leben!
Ängstigt euch nicht!
Euch soll es zuerst um das Reich Gottes gehen;
dann wird euch das andere dazugegeben."
Darum beten wir:
Gott. Wir fürchten, wenn wir uns auf dich einlassen,
wird unser Leben noch schwerer;
wenn wir uns für deine Sache mühn,
kommen wir selber zu kurz.
Mach uns frei von der Angst.
Gib uns Freude an deinem Reich
und laß uns erfahren,
daß dir allein die Zukunft gehört.
Das gewähre uns durch Jesus Christus.
Amen.
MB Auswahl 40
- Eröffnungsgebet5
Sonntagsbibel
Gütiger Gott,
du bist bei uns auch in Stunden
der Bedrängnis und der Angst.
Stärke unseren Glauben
in deine Führung und Nähe.
Durch Christus, unseren Herrn.
Jörg Thiemann (2020)
Jesus,
Du bist mit Mut und Vertrauen auf Gott deinen Weg gegangen.
Das wollen auch wir.
Dein Wort und dein Beispiel mögen auch uns Mut machen,
und uns bereit sein lassen, dich zu bekennen.
Deine Worte seien uns Ansporn als Menschen zu leben,
die fest an die Auferstehung glauben. - Amen.
Manfred Wussow (2017)
Du, Gott,
hast von Anfang an ein gutes Wort für uns.
Es schafft Licht in der Nacht,
Mut in der Resignation,
Leben im Tod.
Wir danken dir, dass du uns anredest.
Kein Mensch ist dir egal, keiner fremd.
Wenn uns die Worte ausgegangen sind,
schenkst du sie uns.
Wenn sie uns nicht über die Lippen kommen,
legst du sie uns in den Mund.
Um Mut und Vertrauen bitten wir heute,
dass wir keine Angst haben, mit dir zu leben,
dass wir uns zu dir bekennen
in Christus, unserem Herrn.
Manfred Wussow (2014)
Wir danken dir,
treuer und guter Gott,
dass wir bei dir zur Ruhe kommen,
Klarheit für unser Leben finden
und fröhlich glauben können.
Beschenke uns mit dem Mut,
es mit Tod und Teufel aufzunehmen,
und bewahre uns davor,
hochmütig oder ängstlich zu werden.
Auf dein Wort freuen wir uns.
Wenn du mit uns redest,
geht uns ein Licht auf.
In deiner Liebe sind wir geborgen.
In Christus, unserem Herrn.
Manfred Wussow (2008)
Barmherziger Gott,
wir danken dir für die letzten Tage,
für gute Begegnungen,
für herzhaftes Lachen und verstehendes Schweigen.
Bei dir ist auch das Kleine groß.
Schenke uns, dass wir in deinem Wort
Klarheit, Trost und Lebensmut finden,
deinen Willen entdecken
und über unsere Tellerränder hinausschauen.
Berge uns in deiner Liebe,
hilf uns, mutig für andere Menschen einzutreten
und im Frieden zu leben.
Durch Jesus Christus
- Fürbitten9
Hans Schalk (2023)
Herr,
wir danken dir für deine Gnadentat an uns, für das Leben unter deiner mächtigen Zuwendung,
und bitten dich:
Für die Menschen, die in Angst befangen sind, sich unfrei fühlen, eingeengt durch innere und äußere Zwänge:
Lass sie frei werden unter dem Hauch deiner befreienden Gnade!
Herr, unser Gott: - Wir bitten dich, erhöre uns!
Für alle, die für die derzeitigen Kriege und Bürgerkriege in der Welt verantwortlich sind:
Schenke ihnen Einsicht und entschiedenes Mühen um Frieden.
Für die Christen, die für ein gutes Spiel als Jünger und Jüngerinnen Christi verantwortlich sind:
Gib ihnen Vertrauen in deine Nähe und in deinen Beistand!
Für unsere Freunde und Bekannten, die ihren Lauf in dieser Zeit vollendet haben:
Lass sie teilhaben an deinem göttlichen Leben und an deiner nie endenden Freude!
Du, Herr, weißt, wie Angst lähmt. Nimm die Furcht aus unserer Mitte und lass uns mutige Fürsprecher und Anwälte für die Schwachen sein.
Darum bitten wir im Namen Jesu Christi, unseres Herrn und Bruders. - Amen.
Renate Witzani (2023)
Im Innersten sehnen wir uns alle danach, behütet und angstfrei leben zu können. Die Chance dazu eröffnet uns Jesus mit dem Hinweis auf die unendliche Liebe des Vaters zu seinen Geschöpfen.
Zu ihm lasst uns beten:
Wir sorgen uns um das Bestehen der Kirche in der säkularisierten Welt.
Beten wir für alle, die auch unter den veränderten Strukturen von heute für deine Botschaft brennen und sie weitergeben.
Weltweit gibt es eine für uns hier in Europa unvorstellbare große Zahl verfolgter Christen.
Lasst uns sie mit unserem Gebet begleiten und um die Gaben des Heiligen Geistes für sie bitten.
In der kommenden Urlaubszeit wollen wir unsere Freiheit in großen Zügen genießen.
Erfülle alle mit deinem Geist, wenn sie in so mancher Mußestunde nachdenken, welche Mächte im Alltag ihre Freiheit einschränken.
Viele Schülerinnen und Schüler stehen mit ihrer Berufswahl vor einem entscheidenden Entwicklungsschritt in ihrem Leben.
Hilf ihnen bei der Auswahl der Möglichkeiten.
Die Macht des Todes lastet schwer auf allen Menschen.
Stärke uns im Glauben, dass Jesus für uns die Macht des Todes gebrochen hat.
Du, unser Vater und allmächtiger Gott,
deiner liebevollen Sorge vertrauen wir uns an.
Dir sei Lob und Dank allezeit. - Amen.
Edith Furtmann (2023)
Herr Jesus Christus,
dreimal hast Du den Jüngern zugesprochen, dass sie sich nicht fürchten sollen. Dein Zuspruch gilt auch uns.
Deshalb dürfen wir unsere Bitten vor Dich tragen:
Oftmals haben wir Angst vor der Zukunft, vor einem Gespräch, vor einer Begegnung, einer Auseinandersetzung, die uns bevorsteht.
Schenke uns das Vertrauen, dass wir uns darauf einlassen können, den Mut, es zu wagen und die Gelassenheit, es auf uns zukommen zu lassen.
Immer wieder gibt es Menschen, die die Ängste ihrer Mitmenschen schüren, damit sie manipulierbarer sind, damit sie ihnen folgen, weil sie sich einen Vorteil davon versprechen.
Schenke ihnen die Einsicht, dass es auch für sie selbst der bessere Weg ist, mit den Menschen gemeinsam nach Lösungen zu suchen, anstatt sie zu verunsichern.
Viele Katholiken hadern mit ihrer Kirche, viele Christen und Christinnen sind verunsichert, oftmals erkennen Sie Deinen Weg mit sich nicht mehr.
Steh ihnen bei auf ihrem schwierigen Weg und bleibe bei ihnen.
Viele Menschen sind am Ende ihrer Kraft, sie wissen nicht mehr weiter, sie haben dem Leben nichts mehr entgegenzusetzen und wollen nicht mehr weitermachen.
Schenke ihnen die Kraft, das Gute in ihrem Leben zu erkennen, die Perlen der Erinnerungen zu schätzen und sich anderen Menschen zu öffnen, um neue Wege zu finden.
Viele Menschen haben es sich zur Aufgabe gemacht, anderen Menschen beizustehen, ihnen ihre Ängste nehmen, ihnen neue Wege aufzuzeigen.
Stärke sie in ihrem tun.
Viele Menschen haben Angst vor den Fremden, die bei uns Heimat suchen.
Lass sie Dich in den Fremden erkennen und Wege finden, Fremde zu Freunden zu machen.
Steh den Kranken in ihrer Angst bei und nimm die Verstorbenen auf in Dein Reich.
Herr Jesus Christus,
dein Zuspruch gilt auch für uns: fürchtet euch nicht. Wir dürfen darauf vertrauen, dass wir nie tiefer fallen können als in die Hand des Vaters. – Amen.
Jörg Thiemann (2020)
Herr Jesus,
du schenkst uns Mut, dich zu bezeugen.
Wir dürfen auf deinen Beistand vertrauen.
So bitten wir dich:
Erneuere die Herzen aller,
die den Glauben an dich bekämpfen oder belächeln.
Stärke den Mut aller, die benachteiligt werden,
die verfolgt, verletzt oder gar getötet werden,
weil sie an dich glauben.
Lass alle, die sich zu dir bekennen,
echte Zeugen und Zeuginnen deiner Liebe sein, in Wort und Tat.
Gib deiner Kirche den Mut, sich dort zu erneuern, wo es notwendig ist.
Steh allen Kranken und an Corona Infizierten bei
und bewahre die Menschheit vor Verzweiflung.
Segne den Glauben an dich, damit dieser wieder neue Strahlkraft bekomme und die Mitmenschen herausfordert.
Erbarme dich aller Verstorbenen.
Dir sei Lob und Preis, jetzt und in alle Ewigkeit. - Amen.
Renate Witzani (2020)
Viele von uns sind in diesen letzten Monaten mit dem Gefühl der Angst konfrontiert worden.
Zu Christus, der uns immer wieder ermutigt, uns nicht zu fürchten, kommen wir mit unseren Bitten:
Für alle, die in deiner Kirche durch ihre Verkündigung in Wort und Tat andere in ihrem Gottesvertrauen bestärken und sie so trotz aller Nöte zu einem erfüllten Leben ermutigen.
Für alle Menschen, die in dieser Krisenzeit unter prekären Lebensbedingungen leiden und deren Politiker eigene Unsicherheiten und Verlustängste mit ungezügelten Machtansprüchen überdecken.
Für alle, die in ihrem Vertrauen zu anderen enttäuscht sind und nur schwer wieder Fürsorge und Liebe annehmen können.
Für uns selbst, die wir an deine zentrale Botschaft von der Liebe des Vaters glauben wollen und sie doch immer wieder nicht hören und befolgen.
Für unsere Verstorbenen, für die wir die unendliche Geborgenheit deiner Nähe erhoffen.
Denn du, Herr, hast unser aller Vergehen auf dich genommen und hast auch alle anderen Folgen, die sich daraus ergeben, beseitigt.
Dir gilt unser Lob und Dank jetzt und bis in alle Ewigkeit. - Amen.
Manfred Wussow (2017)
Jeremia beklagt das Flüstern der Vielen.
Jesus macht uns Mut, vor Menschen keine Angst zu haben.
Wir wollen die Welt, die wir lieben, die uns anvertraut ist, Gott befehlen.
Er ist ein gewaltiger Held.
Wir denken an die Menschen, die gemobbt werden, die Hassparolen nicht mehr ertragen können, die nicht mehr wissen, wie sie in der Öffentlichkeit dastehen. In den sozialen Netzwerken wird gelogen und gehetzt.
Hilf uns, Intimität und Privatsphäre von Menschen zu schützen.
Wir rufen zu dir: Herr, schenke uns deine Wahrheit
Wir denken an die Menschen, die an vielen Stellen dieser Welt das offene und frei Wort ersehnen, aber schweigen müssen. Viele Menschen werden mit Gewalt auf Linie gebracht. Viele Menschen werden verfolgt oder umgebracht, wenn sie Recht und Gerechtigkeit einfordern.
Hilf uns, mit ihnen solidarisch zu sein.
Wir rufen zu dir: Herr, schenke uns deine Wahrheit
Wir denken an die Menschen, die ohne auf sich Rücksicht zu nehmen, für andere eintreten.
Die ohne Ansehen der Person, der Sprache und der Religion zeigen, was Menschlichkeit bedeutet. Die auch die Höhle des Löwen nicht fürchten.
Hilf uns, ihre Sache bei uns zu vertreten.
Wir rufen zu dir: Herr, schenke uns deine Wahrheit.
Wir denken an die Menschen, die die mühsame Tour durch Gremien und Instanzen gehen, gute Verwaltung und gutes Recht überall da einzuführen, wo Willkür und Rechtlosigkeit um sich greifen. Viele Menschen leiden unter dem Recht des Stärkeren.
Hilf uns, uns für die Schwachen und Kleinen einzusetzen.
Wir rufen zu dir: Herr, schenke uns deine Wahrheit
Wir denken an die Menschen, die an das Ende ihres Lebens kommen. Sie haben viel erlebt, vieles auch erlitten. Ihre Geschichten werden in Vergessenheit geraten. Ihre Namen sind in Gottes Hand geschrieben.
Hilf uns, achtsam mit dem umzugehen, was uns Menschen an Hoffnungen und Träumen hinterlassen.
Wir rufen zu dir: Herr, schenke uns deine Wahrheit.
Dass wir sprechen können, ist ein Wunder.
Dass wir für alles Worte haben, macht uns zu deinen Kindern.
Lass und mutig und unverzagt in deiner Liebe leben,
für Wahrheit und Recht eintreten
und die herrliche Freiheit deiner Kinder untereinander teilen.
In Jesus Christus.
Renate Witzani (2017)
„Fürchtet euch nicht!“ sagt Jesus zu uns im Evangelium.
Bitten wir den Herrn um dieses Vertrauen in seine Liebe und Fürsorge:
Für jene Männer, die in diesen Tagen zu Priestern geweiht werden,
dass sie ihrer Lebensentscheidung treu bleiben können.
Für alle Schwestern und Brüder der verschiedenen christlichen Kirchen,
die in unseren Tagen aufgrund ihres Glaubens getötet werden
und in deren gemeinsam erlittenen Martyrium schon jetzt die Einheit der Christen aufleuchtet.
Für alle Kranken, die in ihren Lebensmöglichkeiten beschnitten sind,
dass sie durch ihren Glauben ihren mühsamen Lebensweg gehen können.
Für alle Jugendlichen, die mit dem bevorstehenden Schulschluss einen Lebensabschnitt beenden,
dass sie in den kommenden Wochen durch ihre Ferienerlebnisse als Persönlichkeit reifen.
Für unsere Verstorbenen,
dass sich in der Begegnung mit dir, Jesus, alle Sorgen und Ängste ihres irdischen Lebens als grundlos erweisen.
Herr, du nimmst uns mit allen unseren Lebensängsten und Sorgen ernst.
Auf dich wollen wir vertrauen, dir danken,
dich loben und rühmen jetzt und bis in Ewigkeit. - Amen.
Manfred Wussow (2014)
Herr, wir danken dir für das Evangelium.
Für das Licht, Für die Geborgenheit.
Wir bitten dich:
für die Menschen, die Angst haben;
vor Mobbing, Überforderung -
oder vor Menschen, denen sie nicht gewachsen sind.
Lass ihnen Worte zuwachsen, Mut und Gelassenheit.
Wir rufen zu dir: Herr, erbarme dich.
Für die Menschen in der Ukraine, im Irak, in Syrien, in Palästina.
Viele fühlen sich als Spielbälle, viele sind zu Geiseln gemacht.
Hilf ihnen, das Wagnis des Friedens einzugehen.
Wir rufen zu dir: Herr, erbarme dich.
Für die Menschen, die Angst schüren.
Die Macht über andere haben wollen,
sich aber nicht in die Karten schauen lassen.
Schenke ihnen, zur rechten Zeit auf Widerstand zu stoßen.
Wir rufen zu dir: Herr, erbarme dich.
Für die Menschen, die Angst nehmen.
Die zuhören, beraten und sich mit in die Bresche schlagen.
Gib ihnen Kraft, Geduld und Weisheit.
Wir rufen zu dir: Herr, erbarme dich.
Für die Menschen, die gerade die Fußballweltmeisterschaft bestreiten.
Sie kämpfen um einen Titel, stellen ihre Nationen dar
und müssen Niederlagen verkraften.
Verbinde Menschen in der gemeinsamen Freude am Spiel
und mache sie mutig,
Nationalismus und Fremdenhass zu überwinden.
Wir rufen zu dir: Herr, erbarme dich.
Du, Herr, weißt, wie Angst unter uns Menschen wirkt.
Nimm die Furcht aus unserer Mitte
und lass uns mutig Fürsprecher und Anwälte der Schwachen sein.
Das bitten wir im Namen Jesu.
Manfred Wussow (2008)
Im Evangelium haben wir gehört:
Fürchtet euch nicht vor den Menschen.
Bei euch sind sogar die Haare auf dem Kopf alle gezählt.
Darum bitten wir:
Dir, Herr, befehlen wir die Menschen, die Angst haben.
Vor einer Begegnung, einer Arbeit, einer Auseinandersetzung.
Gib ihnen Selbstvertrauen, Mut und Gelassenheit.
Wir rufen zu dir: Herr, erbarme dich.
Dir befehlen wir die Menschen, die Angst schüren.
Weil sie Angst haben, Macht ausüben wollen oder unbarmherzig sind.
Gib ihnen Distanz zu sich selbst, wecke Einsicht und Verständnis.
Wir rufen zu dir: Herr, erbarme dich.
Dir befehlen wir die Menschen, die Angst nehmen.
Die zuhören, beraten und unterstützen.
Gib ihnen Kraft, Geduld und Weisheit.
Wir rufen zu dir: Herr, erbarme dich.
Dir befehlen wir die Menschen, die am Ende sind.
Die keine Kraft mehr haben, mit dem Leben abschließen
und an keine Zukunft mehr glauben.
Hilf ihnen, sich mit ihrem Leben auszusöhnen,
Worte für ihre Erinnerungen zu finden
und sich anderen zu öffnen.
Wir rufen zu dir: Herr, erbarme dich.
Dir befehlen wir die Menschen, die Macht haben.
Die Forderungen stellen, Gesetze machen und Recht sprechen.
Schenke ihnen eine kritische Öffentlichkeit, Sensibilität und das rechte Maß.
Wir rufen zu dir: Herr, erbarme dich.
Du, Herr, weißt, wie Angst unter uns Menschen wirkt.
Nimm die Furcht aus unserer Mitte
und lass uns mutig Fürsprecher und Anwälte der Schwachen sein.
Das bitten wir im Namen Jesu.
- Gabengebet2
Messbuch - GG 12. Sonntag: löse uns aus aller Verstrickung
Barmherziger Gott,
nimm das Opfer des Lobes
und der Versöhnung an.
Löse uns durch diese Feier aus aller Verstrickung,
damit wir in freier Hingabe ganz dir angehören.
Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn.
MB 12. Sonntag im Jahreskreis
Messbuch - GG 11. Sonntag: neue Kraft schöpfen für Seele und Leib
Herr, durch diese Gaben
nährst du den ganzen Menschen:
du gibst dem irdischen Leben Nahrung
und dem Leben der Gnade Wachstum.
Lass uns daraus immer neue Kraft schöpfen
für Seele und Leib.
Darum bitten wir im heiligen Geist durch Jesus Christus, unseren Herrn.
MB 11. Sonntag im Jahreskreis
- Gebet zur Gabenbereitung4
Jörg Thiemann (2020)
Jesus,
du lädst uns ein, dich zu empfangen
in Brot und Wein.
Brot und Wein sind die Gaben,
die deine Liebe und Hingabe zeigen.
Brot und Wein sind Gaben,
die uns Kraft zum Zeugnis geben.
Brot und Wein sind Gaben,
durch die wir mit dir eins werden.
Manfred Wussow (2017)
Du, Gott,
was wir Brot und Wein nennen,
nennst du Christi Leib, sein Blut.
Du sagst etwas neu – und es wird neu.
Du schenkst dich uns.
Wir bringen dir auch unser Leben,
unsere Schmerzen, unsere Träume,
die Arbeit und die Freude.
Sprich neu aus, was wir sagen
und verwandle unser Leben.
Manfred Wussow (2014)
An deinem Tisch haben wir uns versammelt.
Du lädst uns ein.
Dir danken wir, Vater im Himmel,
für Brot und Wein,
für deine Liebe und Nähe.
Zweifel und Ängste bringen wir dir,
unsere Müdigkeit,
unsere Sehnsucht.
Du schenkst uns Jesus.
Wir empfangen ihn,
seinen Leib,
sein Blut.
In seinem Namen feiern wir das Geheimnis unseres Glaubens
und verkünden seinen Tod,
bis er kommt.
Komm, Herr Jesus.
Manfred Wussow (2008)
Wir haben in unserer Mitte
den Tisch gedeckt.
Dir danken wir,
Vater im Himmel,
für Brot und Wein,
für deine Liebe und Nähe.
Du schenkst uns das Leben:
Leib und Blut unseres Herrn,
Jesus Christus.
In seinem Namen feiern wir das Geheimnis
unseres Glaubens
und verkünden seinen Tod,
bis er kommt.
Komm, Herr Jesus.
- Lobpreis1
Hans Hütter (2020)
Kehrvers:
Alles, was Odem hat, lobe den Herrn. (GL 616,1)
Herr, wir kommen, um dir unseren Dank auszudrücken,
denn wir haben allen Grund zu danken.
In dir sind wir geborgen,
Du gibst uns Halt und Sicherheit.
Kehrvers
Unerschrocken sind deine Propheten für dich eingetreten.
Sie wussten dich an ihrer Seite.
Du gabst ihnen die Kraft, sich zu dir zu bekennen
und deinen Willen zu verkünden.
Kehrvers
Als die Zeit erfüllt war, hast du Jesus von Nazareth gesandt
und durch ihn deine väterliche Liebe zu allen deinen Geschöpfen
aufs Neue geoffenbart.
Jedes kann sich deiner Fürsorge sicher sein.
Kehrvers
Im Vertrauen auf deine Vatergüte können wir leben ohne Angst.
Jeder einzelne ist gehalten von deiner Hand.
Du lässt keinen fallen, der sich zu dir bekennt.
Kehrvers
Dafür danken wir dir, und singen wir dir unseren Lobpreis
gemeinsam mit allen Geschöpfen
und mit den Engeln und Heiligen:
Danklied, z. B. Nun danket alle Gott (GL 405)
- Präfation2
Messbuch - Präfation aus Hochgebet 4: Der alleinige lebendige und wahre Gott
In Wahrheit ist es würdig, dir zu danken,
heiliger Vater.
Es ist recht, dich zu preisen.
Denn du allein bist der lebendige und wahre Gott.
Du bist vor den Zeiten und lebst in Ewigkeit.
Du wohnst in unzugänglichem Lichte.
Alles hast du erschaffen,
denn du bist die Liebe
und der Ursprung des Lebens.
Du erfüllst deine Geschöpfe mit Segen
und erfreust sie alle mit dem Glanz deines Lichtes.
Vor dir stehen die Scharen der Engel
und schauen dein Angesicht.
Sie dienen dir Tag und Nacht,
nie endet ihr Lobgesang.
Mit ihnen preisen auch wir deinen Namen,
durch unseren Mund rühmen dich alle Gesschöpfe
und künden voll Freude das Lob deiner Herrlichkeit:
Heilig...
MB Hochgebet 4
Messbuch - Präfation Sonntage 6: Der Heilige Geist als Angeld der ewigen Osterfreude
In Wahrheit ist es würdig und recht,
dir, Vater im Himmel, zu danken
und dich mit der ganzen Schöpfung zu loben.
Denn in dir leben wir,
in dir bewegen wir uns und sind wir.
Jeden Tag erfahren wir aufs neue
das Wirken deiner Güte.
Schon in diesem Leben
besitzen wir den Heiligen Geist,
das Unterpfand ewiger Herrlichkeit.
Durch ihn hast du Jesus auferweckt von den Toten
und uns die sichere Hoffnung gegeben,
daß sich an uns das österliche Geheimnis vollendet.
Darum preisen wir dich
mit allen Chören der Engel und
singen vereint mit ihnen
das Lob deiner Herrlichkeit:
Heilig ...
MB Sonntage 6
- Mahlspruch1
Bibel (2017)
Aller Augen warten auf dich, o Herr,
und du gibst ihnen Speise zur rechten Zeit.
(Ps 145,15)
Oder:
Ich bin der gute Hirt.
Ich gebe mein Leben für meine Schafe -
so spricht der Herr.
(Joh 10,11. 15)
Oder:
Der Geist der Wahrheit wird Zeugnis geben für mich;
und auch ihr sollt Zeugen sein.
(vgl. Joh 15, 26b. 27a)
- Meditation1
Helene Renner (2020)
Wir brauchen keine Angst haben
denn Gott sorgt für uns
Wir dürfen vertrauen
denn Gott schaut auf uns
Wir müssen dem Dunkel nicht ausweichen
denn Gott ist unser Licht
Wir können hoffnungsvoll leben
denn Gottes Wort macht uns Mut
Wir sollen uns mutig zu Jesus bekennen
denn er führt uns zum Himmel
Wir können den Weg ruhig wagen
denn Gott gibt uns seinen Geist
Wir wollen heute beginnen
denn Gott sagt: Fürchtet euch nicht!
- Schlussgebet1
Messbuch - SG 12. Sonntag: durch den Leib und das Blut Christi gestärkt
Gütiger Gott,
du hast uns durch den Leib und das Blut Christi gestärkt.
Gib, dass wir niemals verlieren,
was wir in jeder Feier der Eucharistie empfangen.
Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn.
MB 12. Sonntag im Jahreskreis
- Gebet zum Abschluss4
Jörg Thiemann (2020)
Jesus,
du sendest uns aus,
dich zu bekennen und zu bezeugen,
auch dann, wenn es uns in Schwierigkeiten bringt.
Segne uns,
damit wir aus der Hoffnung leben,
die du uns geschenkt hast
durch den Glauben an deine Auferstehung. - Amen.
Manfred Wussow (2017)
Reich beschenkt, ermutigt und befreit,
bitten wir dich, Gott, um dein Geleit.
Hilf uns, achtsam mit unseren Worten umzugehen,
klug, unsere Worte zu wägen und
mutig, den richtigen Ton und die richtige Lautstärke zu finden.
Um Weisheit bitten wir dich.
Sonst zerreden wir deine Liebe,
sonst haben unsere Worte keine Kraft,
sonst zerbrechen wir an dem, was wir sagen.
Wir danken dir, dass du uns dein Wort anvertraust.
Für uns und für die Menschen, die wir jeden Tag treffen.
Durch Jesus Christus, in der Kraft deines Geistes,
von Ewigkeit zu Ewigkeit.
Manfred Wussow (2014)
Barmherziger, ewiger Gott,
du hast in deiner Weisheit und Güte unsere Haare gezählt.
Wir sind dir vertraut.
Wenn wir jetzt wieder nach Hause gehen,
schöne Dinge vor Augen,
aber auch mit Unsicherheiten und Befürchtungen,
behütest und bewahrst du uns.
Wir bitten dich um deinen Segen.
Lass uns in deiner Liebe geborgen sein
und einander helfen, aus Ängsten herauszugehen.
Durch Jesus Christus …
Ihn loben wir in Ewigkeit
Manfred Wussow (2008)
Barmherziger, ewiger Gott,
wir danken dir für dein Wort,
für die Gemeinschaft an deinem Tisch
und für den Weg, den du uns weist.
Dass wir ihn ohne Angst gehen,
voller Vertrauen, mit Hoffnung und Liebe,
erbitten wir von dir.
Mit den Vögeln unter dem Himmel
loben und preisen wir dich.
Durch Jesus Christus,
in Ewigkeit. Amen.
- Segen3
Messbuch - Segen 12: hilf, stets deine Gebote zu erfüllen
Gütiger Gott,
schenke dem Volk, das dein Eigentum ist,
den Reichtum der Gnade
und hilf ihm, stets deine Gebote zu erfüllen.
Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn.
Der Segen des allmächtigen Gottes,
des Vaters und des Sohnes +
und des Heiligen Geistes,
komme auf euch herab und
bleibe bei euch allezeit. - Amen.
MB Segensgebete 12
Messbuch - Segen 10: Lass alle, die auf deine Güte vertrauen, deine Hilfe erfahren
Wir rufen zu dir, barmherziger Gott:
Schau gnädig auf dein Volk, das an dich glaubt.
Lass alle, die auf deine Güte vertrauen,
deine Hilfe erfahren
und überall die Großtaten deiner Liebe verkünden.
Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn.
Der Segen des allmächtigen Gottes,
des Vaters und des Sohnes +
und des Heiligen Geistes,
komme auf euch herab und
bleibe bei euch allezeit. - Amen.
MB Segensgebete 10
Manfred Wussow (2008)
Der Ewige, gepriesen sei sein Name,
zähle die Haare auf deinem Kopf.
Der Ewige, gelobt sei seine Barmherzigkeit,
gebe dir die Leichtigkeit der Spatzen.
Der Ewige, gerühmt sei seine Güte,
schenke dir ein furchtloses Herz.
Wie er versprochen hat
im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes.
Fürchtet euch nicht!
Immer wieder werde ich gefragt: wie kannst Du noch katholisch sein? Es ist nicht mehr »in«, katholisch zu sein, und dafür habe ich ein gewisses Verständnis. Viele hadern mit den Entwicklungen innerhalb der Kirche, viele sind entsetzt von Missbrauch und unzulänglicher Aufklärung, immer öfter werden hochrangige deutsche Kirchenmänner entdeckt, die in Vertuschung verstrickt waren. Meine Antwort auf die erste Frage ist einfach: Ich glaube, dass man nur innerhalb der Kirche die Kirche verändern kann.
Noch häufiger allerdings werde ich – auch von Menschen, die einer christlichen Konfession angehören – gefragt: Wie kannst du angesichts der Vorfälle in der globalen Welt an Gott glauben? Religion ist doch der Ursprung allen Übels. Oder: Gott ist doch ein Märchenwesen, für so naiv hätte ich Dich nicht gehalten. Und dann wird es schwierig. Man wird als Christin bestenfalls belächelt, oftmals auch für „mitschuldig“ erklärt für die oftmals menschenverachtende Migrationspolitik christlicher Parteien, für alle Kriege und alles Elend, die jemals von den Religionen ausgingen, für den Missbrauch… Die Liste ließe sich endlos erweitern. Dann kann ich erklären, was Christ sein für mich bedeutet. Manchmal gelingt es mir, manchmal nicht. Wenn aber dann die „Märchengestalt“ in den Fokus genommen wird, werde ich nicht mehr für voll genommen, weil ich Gottes Existenz nicht beweisen kann. Wenn die Theodizee-Frage gestellt wird (wo war Gott, als…), dann werde ich auch schon mal angefeindet, weil ich an einen grausamen Gott glaube.
Wie gehe ich dann damit um? Stehe ich zu Jesus Christus, zum dreieinigen Gott, komme was wolle? Oder lasse ich mich von den Zweiflern oder gar von Hassern anstecken? Wobei Zweifeln durchaus verständlich ist. Ich bin davon überzeugt, dass Gott nicht einen Katechismusglauben, der nicht hinterfragt werden darf, will. Wo bliebe dann unsere Freiheit? Ich glaube, dass Gott einen aufgeklärten Glauben erwartet, einen, der Regeln nach ihrem Sinn fragt, der durchaus hadern kann, einen Zweifelglauben eben.
Aus mir heraus setze ich mich mit Glaubensinhalten auseinander und versuche sie zu verstehen, und ich denke, so sollte es sein.
Aber bin ich verführbar? Oder gar feige, weil ich nicht belächelt oder angefeindet werden will? Trete ich für meinen Glauben ein und stehe dazu, Christin zu sein? Oder verstecke ich ihn lieber, weil es das Leben in unserer modernen Welt einfacher macht?
Fragen, die jeder und jede von uns nur für sich allein beantworten kann. Gott sagt uns zu: fürchtet euch nicht, ich bin bei euch!
Edith Furtmann
Barmherziger Jesus, ich vertraue auf Dich!
Barmherziger Jesus, ich vertrauen auf Dich!
Nichts soll mich mehr ängstigen und beunruhigen.
Ich vertraue auf Dich früh und spät, in Freuden und Leiden,
in Versuchungen und Gefahren, im Glück und Unglück,
im Leben und Tode, für Zeit und Ewigkeit.
Ich vertraue auf dich beim Gebet und bei der Arbeit,
bei Erfolgen und Misserfolgen, im Wachen und Ruhen,
bei Trübsal und Traurigkeit,
ja selbst in meinen Fehlern und Sünden
will ich unerschütterlich auf Dich vertrauen.
Du bist ja der Ankergrund meiner Hoffnung,
der Stern meiner Wanderschaft,
die Stütze meiner Schwachheit,
die Verzeihung meiner Sünden,
die Kraft meiner Tugend,
die Vorstellung meines Lebens,
der Trost meiner Sterbestunde,
die Freude und Wonne meines Himmels.
Barmherziger Jesus, Du starke Ruhe und sichere Burg meiner Seele,
vermehre mein Vertrauen und vollende meinen Glauben an Deine Macht und Güte.
Wenn ich auch der ärmste Deiner Verehrer und der letzte Deiner Diener bin,
so will ich doch groß und vollkommen sein im Vertrauen,
dass du mein Heil und meine Rettung bist für die ganze Ewigkeit.
Dieses mein Vertrauen sei meine Empfehlung bei Dir,
jetzt und alle Zeit, am meisten aber in der Stunde meines Todes!
Amen.
Schwester Faustina Kowalska, in: You Cat, Jugendgebetbuch, München 2011.
Woran erkennt man eigentlich einen Christen?
Als mir vor einigen Tagen diese Frage gestellt wurde, musste ich einen Moment nachdenken. Schließlich tragen Christen keinen Heiligenschein, fahren nicht unbedingt besser Auto und werden auch krank. Gibt es also etwas, woran man eventuell einen Christen erkennen könnte?
Vielleicht könnte es eine gewisse Gelassenheit sein? Weil ich mich in Gott geborgen und aufgehoben fühle, kann ich mit den kleinen und großen Widrigkeiten des Lebens anders umgehen. Weil ich auf Gott hoffen kann, geht meine Hoffnung nicht aus. Ich stelle mich in ein größeres Ganzes hinein und kann daran glauben, dass es mehr als meine kleine Welt und meine Sichtweise gibt. Ich kann darauf vertrauen, dass mir jemand gut will, auch wenn ich es manchmal noch nicht sehen kann. Und auch wenn meine ganze Welt in Scherben fällt, wenn alles durchkreuzt wird, habe ich immer noch jemanden, dem ich meine ganze Wut entgegen schreien kann, dem ich alle meine Fragen vor die Füße werfen kann - und ich weiß, der hält das aus.
Untersuchungen belegen es: Menschen, die an Gott glauben, leben länger. Weil sie einen haben, der mitgeht und ihre Lasten mit trägt. Weil sie manchmal ein bisschen weniger Angst vor dem Leben - und vielleicht auch vor dem Sterben - haben.
Weil wir einen haben, der uns liebt. Und dann gilt der Satz von Teresa von Avila: "Gott und ich sind immer in der Mehrheit!" - wenn das kein Grund zur Gelassenheit ist...
Aus: Andrea Schwarz, Auf ein Wort. Biblische Pausen für den Alltag.
Schmücke mein Herz
Schmücke mein Herz, Herr, mit Deiner Gegenwart;
verwandle es in eine Wohnung für dich!
Du bist der Gast, den ich erwarte,
der Freund, der bei mir bleiben soll.
Dir, dem ein Palast gebührt,
habe ich nur eine ärmliche Hütte anzubieten.
Ich schmücke mein Haus mit Sehnsucht
und Verlangen.
Dann wird der Glanz des Himmels
meine Wohnung erhellen.
Mein Haus wird eine Kathedrale sein,
mein Herz ein Tabernakel.
Schmücke mein Herz, Herr, mit Deiner Gegenwart,
verwandle es in eine Wohnung für Dich. Amen.
Johannes XXIII, in: You Cat, Jugendgebetbuch, München 2011.
Nachfolge ist gefährlich (?)
Zusammenfassende Überlegungen
Das Evangelium des heutigen Sonntags bietet mehrere Ansatzpunkte für weitere Überlegungen:
- „Nachfolge ist gefährlich“ – so könnte man zusammenfassen. Sie fordert ihre Konsequenzen.
- „Gottes Vatersorge ist grenzenlos“ – sie begründet das Vertrauen und die Furchtlosigkeit, auch in gefährlichen Situation des Christseins standzuhalten.
- „Nachfolge und Sendung sind anstößig“ – auch innerhalb der eigenen Familie und im Freundeskreis. Mt ermutigt dazu, im Vertrauen auf Jesus ein klares Bekenntnis abzulegen.
Vollständiger Text unter:
www.perikopen.de/Lesejahr_A/12_iJ_A_Mt10_26-36_Kowalski.pdf
Beate Kowalski,
Gott lässt die Wahrheit erscheinen
Jede Auslegung dieses Predigttextes, die ich in den letzten Tagen gelesen habe, betont: Unsere Situation ist nicht die der Gemeinde des Matthäus. Er schreibt für eine Gemeinde, die Verfolgungen und Anfeindungen ausgesetzt ist, und für sie nimmt er überlieferte Elemente der Verkündigung Jesu auf und präsentiert sie als Trost, als Zuspruch, als Ermutigung für die Situation der Verfolgung. Das ist wohl richtig: Verfolgung ist nicht unsere Situation hier in Westeuropa. Unsere Situation ist eher die der Unübersichtlichkeit, der Orientierungslosigkeit, der Unsicherheit hinsichtlich des richtigen Weges. Aber gerade darum kann uns auch die Verheißung ansprechen, die die ersten Verse dieses Predigttextes aussprechen:
„Es ist nichts verborgen, was nicht offenbar wird, und nichts geheim, was man nicht wissen wird." Im Munde Jesu ist damit nicht eine allgemeine Wahrheit gemeint: Es wird schon alles klar werden, die Sonne bringt es an den Tag. Vielmehr ist hier die Zusage, dass Gott, in dem alle Wahrheit begründet ist, diese Wahrheit erscheinen lassen wird…
Der öffentliche Wahrheitsanspruch des Evangeliums führt unausweichlich in Auseinandersetzungen, denn durch das Evangelium werden bestehende Autoritäts- und Machtansprüche in Frage gestellt. Die Aufklärung war der Auffassung: Man kann den religiösen Konflikten in der Gesellschaft nur beikommen, wenn man die Religion entschlossen ins Private verbannt. Heute erleben wir das Ende der Religion als Privatsache. Religiöse Überzeugungen drängen in die Öffentlichkeit und dort müssen sie debattiert und diskutiert werden, sonst bleiben die Grundüberzeugungen der Mitglieder unserer Gesellschaft im Dunklen. Angesichts der Angefochtenheit des christlichen Zeugnisses in der Öffentlichkeit spricht unser Predigttext Ermutigung zu: „Fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten, doch die Seele nicht töten können, fürchtet euch aber vielmehr vor dem, der Leib und Seele verderben kann in der Hölle.“ Hier wird die Furcht vor Menschen mit der Gottesfurcht kontrastiert. Wer eintritt für die Wahrheit Gottes, braucht Menschen nicht zu fürchten. Es gibt nur einen, dem Furcht gebührt, und das ist Gott. Gottesfurcht befreit vor der Furcht vor Menschen.
Aus der Predigt von Prof. Dr. Christoph Schwöbel über Mt. 10,26-33 am 31.10.1999 in der Peterskirche Heidelberg
www.uni-heidelberg.de/fakultaeten/theologie/universitaetsgottesdienste/991031.html
Aus der Predigt von Prof. Dr. Christoph Schwöbel über Mt. 10,26-33 am 31.10.1999 in der Peterskirche Heidelberg
www.uni-heidelberg.de/fakultaeten/theologie/universitaetsgottesdienste/991031.html
Der lebendige Brunnenquell
Du, der lebend’ge Brunnenquell,
der Gottes Stadt durchfließet hell,
erquickest das Gemüte.
Durch dich besteht des Vaters Bau;
du willst und gibst, dass man dir trau,
du bist die Gottesgüte.
Irden Geschirr sind wir und weich,
brechen gar leicht von jedem Streich;
du selbst wollst uns bewahren,
und brennen wohl in deiner Glut,
dass uns der Feind nicht Schaden tut,
wenn wir von hinnen fahren.
Ambrosius Blarer (1533/34) in EG 127,7
Schlüssel zu den geheimsten Zugängen der menschlichen Seele
Die Schaubühne ist mehr als jede andere öffentliche Anstalt des Staats eine Schule der praktischen Weisheit, ein Wegweiser durch das bürgerliche Leben, ein unfehlbarer Schlüssel zu den geheimsten Zugängen der menschlichen Seele. Ich gebe zu, daß Eigenliebe und Abhärtung des Gewissens nicht selten ihre beste Wirkung vernichten, daß sich noch tausend Laster mit frecher Stirne vor ihrem Spiegel behaupten, tausend gute Gefühle vom kalten Herzen des Zuschauers fruchtlos zurückfallen – ich selbst bin der Meinung, daß vielleicht Molières Harpagon noch keinen Wucherer besserte, daß der Selbstmörder Beverley noch wenige seiner Brüder von der abscheulichen Spielsucht zurückzog, daß Karl Moors unglückliche Räubergeschichte die Landstraßen nicht viel sicherer machen wird – aber wenn wir auch diese große Wirkung der Schaubühne einschränken, wenn wir so ungerecht sein wollen, sie gar aufzuheben – wie unendlich viel bleibt noch von ihrem Einfluß zurück? Wenn sie die Summe der Laster weder tilgt noch vermindert, hat sie uns nicht mit denselben bekannt gemacht? – Mit diesen Lasterhaften, diesen Thoren müssen wir leben. Wir müssen ihnen ausweichen oder begegnen; wir müssen sie untergraben oder ihnen unterliegen. Jetzt aber überraschen sie uns nicht mehr. Wir sind auf ihre Anschläge vorbereitet. Die Schaubühne hat uns das Geheimniß verrathen, sie ausfindig und unschädlich zu machen. Sie zog dem Heuchler die künstliche Maske ab und entdeckte das Netz, womit uns List und Kabale umstrickten. Betrug und Falschheit riß sie aus krummen Labyrinthen hervor und zeigte ihr schreckliches Angesicht dem Tag. Vielleicht, daß die sterbende Sara nicht einen Wollüstling schreckt, daß alle Gemälde gestrafter Verführung seine Gluth nicht erkälten, und daß selbst die verschlagene Spielerin diese Wirkung ernstlich zu verhüten bedacht ist – glücklich genug, daß die arglose Unschuld jetzt seine Schlingen kennt, daß die Bühne sie lehrt seinen Schwüren mißtrauen und vor seiner Anbetung zittern.
Friedrich Schiller, Die Schaubühne als eine moralische Anstalt betrachtet. Vorgelesen bei einer öffentlichen Sitzung der kurfürstlichen deutschen Gesellschaft zu Mannheim im Jahr 1784.
Ein Leben lang sechseinhalb Jahre alt
Die Bombennacht im Juli 1943, als ich sechseinhalb war und meine Mutter mit mir auf dem Rücken durch den Mittelkanal in Hammerbrook aus dem Feuer geflohen ist, hat sich eingebrannt in mein Gedächtnis. Davor und danach weiß ich nichts, aber von dieser Nacht weiß ich jedes Wort, jedes Gesicht, jede Farbe, jeden Geruch und jedes Bild. Und als ich viele Jahre später das berühmte Foto sah von der Uhr in Hiroshima, deren Zifferblatt im Moment der Explosion mit den Zeigern verschmolzen ist, dachte ich: „Das ist wie bei mir – meine Lebensuhr ist in dieser Nacht des 28. Juli 43 auch festgeschmolzen in meinem Rippenkäfig“, und seitdem bleibe ich mein Leben lang sechseinhalb Jahre alt. Das ist auch der Grund, warum ich Gedichte schreibe und keine Romane – weil ich die Welt mit einem Kinderauge sehe. Ich bin sechseinhalb. Gleichzeitig bin ich aber auch ein Jude, deswegen bin ich 120 wie alle Juden – wir kommen ja schon von weiter her. Also habe ich überhaupt kein Gefühl für das Älterwerden: Ich bin immer der Jüngste und immer der Älteste.
Interview mit Wolf Biermann 15.11.2016,
O komm, du Geist der Wahrheit
O komm, du Geist der Wahrheit,
und kehre bei uns ein,
verbreite Licht und Klarheit,
verbanne Trug und Schein.
Gieß aus dein heilig Feuer,
rühr Herz und Lippen an,
daß jeglicher getreuer
den Herrn bekennen kann.
O du, den unser größter
Regent uns zugesagt:
komm zu uns, werter Tröster,
und mach uns unverzagt.
Gib uns in dieser schlaffen
und glaubensarmen Zeit
die scharf geschliffnen Waffen
der ersten Christenheit.
Unglaub und Torheit brüsten
sich frecher jetzt als je;
darum mußt du uns rüsten
mit Waffen aus der Höh.
Du mußt uns Kraft verleihen,
Geduld und Glaubenstreu
und mußt uns ganz befreien
von aller Menschenscheu.
Es gilt ein frei Geständnis
in dieser unsrer Zeit,
ein offenes Bekenntnis
bei allem Widerstreit,
trotz aller Feinde Toben,
trotz allem Heidentum
zu preisen und zu loben
das Evangelium.
Philipp Spitta 1827, EG 136,1-4
Fürchte dich nicht
Fürchte dich nicht,
gefangen in deiner Angst,
mit der du lebst.
Fürchte dich nicht,
gefangen in deiner Angst.
Mit ihr lebst du.
Fürchte dich nicht,
getragen von seinem Wort,
von dem du lebst.
Fürchte dich nicht,
getragen von seinem Wort.
Von ihm lebst du.
Fürchte dich nicht,
gesandt in den neuen Tag,
für den du lebst.
Fürchte dich nicht,
gesandt in den neuen Tag.
Für ihn lebst du.
Fritz Baltruweit 1981, EG 656
Komm, Herr, segne uns
Komm, Herr, segne uns, daß wir uns nicht trennen,
sondern überall uns zu dir bekennen.
Nie sind wir allein, stets sind wir die Deinen.
Lachen oder Weinen wird gesegnet sein.
Keiner kann allein Segen sich bewahren.
Weil du reichlich gibst, müssen wir nicht sparen.
Segen kann gedeihn, wo wir alles teilen,
schlimmen Schaden heilen, lieben und verzeihn.
Frieden gabst du schon, Frieden muß noch werden,
wie du ihn versprichst uns zum Wohl auf Erden.
Hilf, daß wir ihn tun, wo wir ihn erspähen -
die mit Tränen säen, werden in ihm ruhn.
Komm, Herr, segne uns, daß wir uns nicht trennen,
sondern überall uns zu dir bekennen.
Nie sind wir allein, stets sind wir die Deinen.
Lachen oder Weinen wird gesegnet sein.
Trautwein 1978, EG 170
Ich bekenne mich
Ich bekenne mich
zur Erde und ihren
gefährlichen Geheimnissen
zu Regen Schnee
Baum und Berg
zur mütterlichen mörderischen
Sonne zum Wasser und
seiner Flucht
zu Milch und Brot
zur Poesie
die das Märchen vom Menschen
spinnt
zum Menschen
bekenne ich mich
mit allen Worten
die mich erschaffen
Rose Ausländer, Gedichte. Frankfurt am Main: S. Fischer Verlag 2001, S. 298.
Bekenntnis II
Ich bekenne mich
zu dir
den ich nicht kenne
Ich habe dich erkannt
als wir im Stein
zusammen
schwiegen
Rose Ausländer, Gedichte. A.a.O. S. 299
Der Mensch
Der Mensch ist einmal alles, einmal nichts. Zuweilen
Herr seines Schicksals, stolzer Wagenlenker,
Mit der Gedanken Flug die Bahn ermessend
Und noch im Sturze riesig. Und zuweilen
Ein Körnchen Flugsand, aufgescheucht vom Sturme,
Ein Tropfen Regenflut ins Meer verloren.
Und ob er gleich sein auferlegtes Schicksal
Bestehen muß von Tag zu Tag, die Freude
Und aller Schmerzen Wiederkehr und Abschied
Und Not und Angst und alles ausgeprägter
Ins Tödliche, er wird nicht abgesondert.
Denn Zeiten sind, da ist das Ungeheure
Ein täglich Brot und wessentwegen einer
Ein großer Dulder sonst und Held gewesen,
Das hat nicht Widerhall in so gewaltger
Erschütterung der Luft und seiner Leiden
Ist keine Spur auf so bewegter Flut.
Doch mag es sein, daß einst dem stillen Wandrer,
Der das Vergangene bedenkt, die Schatten
Der Namenlosen aus der Tiefe steigen
Gleich einem Rauch, der allerorten wallt,
Und wächst und wird zur einzigen Gestalt,
Die in die Ewigkeit hinübertritt
Als ein Gerechter, der Gewalt erlitt.
Marie Luise Kaschnitz, Überallnie. Ausgewählte Gedichte 1928 - 1965. Mit einem Nachwort von Karl Krolow. Hildesheim: Claassen Verlag 2. Aufl. 1998, S. 54.
Er schenkt mir seinen Namen
Diejenigen, die von diesem Gott in Israel und wo immer Zeugnis ablegen und die berufen wurden, seine Worte zu verdolmetschen und weiterzuleiten, reden die einzige Sprache, die gerade ihm ebenbürtig ist, ihm gerecht wird, Raum offenläßt: die Sprache der Mythe und Dichtung. Es ist die Sprache der Verschleierung, die es ermöglicht, das zu sagen, was nicht gesagt werden kann und doch gesagt werden muß: immer aufs neue und jedesmal anders. Eine Sprache, in der man das Lebensgeheimnis dieses Gottes nicht bewältigen, nicht in den Griff bekommen und nicht beherrschen kann, in der Gott nicht zu meinem Besitz wird. In der ich ihn nicht zwinge, sich preiszugeben, und er mich nicht zum Glauben zwingt. Gott, der mich freiläßt, spricht zu mir in einer Sprache der Freiheit und Ehrfurcht, er überrumpelt mich nicht mit starken Ausdrücken, sondern er schenkt mir seinen Namen in der Form eines Liedes und einer Erzählung, in Bildern und Gleichnissen. Diese Sprache übt Macht aus und ist wirksam, ohne jede Logik und diese weit übersteigend, eine Sprache, die es einem Menschen ermöglicht, weiter zu wachsen, die ihm Zeit läßt - ein Leben lang.
Huub Oosterhuis, Im Vorübergehn. Wien: Herder Verlag1969, S. 30/31.
Manfred Wussow (2005)
Martin Stewen (2002)
Hans Hütter (1996)