Denken Sie nicht an Blau
" Denken Sie nicht an blau " wird manchmal bei einer paradoxen Intervention einem Menschen gesagt. Das Resultat ist sicher: Er wird die ganze Zeit an Blau denken. Mit dem Verbot, daran zu denken, geschieht genau das. Der Mensch wird die Farbe Blau nicht mehr aus dem Gedächtnis verbannen.
Mit diesem Wissen höre ich die Worte von Licht und Finsternis im heutigen Evangelium noch einmal anders. "Das Licht kam in die Welt." (Joh 3,19) Das ist die Tatsache, um die es geht. Das Licht kam, um für Gottes Liebe zu werben. Es kam, damit die Menschen den rettenden Ort kennen. Es ist der in der Nähe Jesu.
Dagegen hatten einige etwas. Es waren - in der Sprache des Evangeliums - die Menschen, die die Finsternis mehr liebten. Sie wollten das Licht überdecken und damit auslöschen. Im Sinne der paradoxen Intervention sagten sie: "Glaubt nicht, dass es das Licht gibt!" Glaubt's nicht, weil ich es nicht will. Glaub's nicht, damit nicht darauf gehofft wird.
Es gibt Licht in der Welt
Und was passiert? Es gibt die Menschen, die an das Licht glauben. Einer wird zu Beginn des Evangeliums genannt: Nikodemus. Er glaubt dem Wort vom Licht und sucht - im Schutz der Dunkelheit - Jesus auf. Im Dunkel kommt er zielsicher zum Licht.
Andere werden ihm folgen. Johannes beschreibt die Begegnung mit der Frau am Jakobsbrunnen. Er berichtet von Lazarus. Der nach 38 Jahren Lähmung geheilte Mann am Teich Betestha findet Erwähnung. Vor der Steinigung der Ehebrecherin erinnert Jesus die Menge an ihre Finsternis. Durch Jesus wird das Schicksal des Blindgeborenen neu interpretiert - und jener sieht nun zum ersten Mal das Licht.
Glaubt nicht, dass es das Licht gibt - diese Menschen aus dem Johannesevangelium können dagegen reden. Sie können aus Überzeugung sagen: "Ich habe sein Licht gespürt und mich darauf eingelassen. Diese Menschen waren zugleich in ihrer Lebensgeschichte so überzeugend, dass sich andere wieder davon anstecken ließen. Es muss doch etwas sein, was da geschehen ist. Die Wärme und Helligkeit des Lichts hatte sich durchgesetzt.
Glaubt nicht, dass es das Licht gibt - diesen Satz machten sich die Feinde Israels zu Eigen, von denen in der Lesung aus dem 2. Buch der Chronik die Rede war. Sie zerstörten alle Zeichen der Nähe Gottes, die Israel hatte. Sie drückten in der Zeit des Nebukadnezar die Juden in die Knie. Nichts sollte in ihnen von der Erinnerung an einen Gott des Lichts bleiben Und dann ist es wieder ein König - Kyrus - der die Erinnerung an das Licht wieder lebendig werden lässt.
Glaubt nicht, dass es das Licht gibt - diesen Satz können wir auch bei uns immer wieder hören. Er kommt von Menschen, die die Schlechtigkeit unserer Welt beklagen. Er kommt von Menschen, die bei uns nur Untergang sehen.
Wieder geschieht das, was die paradoxe Intervention will: Das Reden von der schlechten Welt lässt mich umso deutlicher sehen, wo Spuren des Lichts zu finden sind. Da gibt es nicht nur Gewalt auf der Straße, sondern auch jene, die dazwischengehen. Da gibt es nicht nur die Opfer von Bränden, sondern auch die spontanen Hilfsaktionen aus demselben Ort. Da gibt es nicht nur die Zahl der Abtreibungen, sondern auch die Häuser für das Leben, wenn eine Frau sich für das Kind entscheidet. Da gibt es nicht nur die soziale Kälte, sondern auch die Menschen, die sich in Tafelläden oder in Obdachlosentreffs organisieren. Diese Beispiele lassen sich beliebig verlängern.
Das Licht wird sich durchsetzen
Das Licht wird sich gegen die Finsternis durchsetzen. Das hat Jesus dem Nikodemus angekündigt. Das heißt nicht: Es hebt die Finsternis auf. Alle beklagenswerten Dinge, die ich genannt habe, bleiben. Noch gibt es sie und sie gehören zu unserer Welt, wie alle Verfolgung zum Schicksal Jesu gehörte. Er aber wusste, wofür er es tat. Das war Jesu Ankündigung vor Ostern, damit die Jünger es dann verstehen.
Nach Ostern war es klar. So konnte dann im Epheserbrief stehen, was ein Glaubender wissen soll: Er ist gerettet. Es ist das geschehen, was Gott wollte und Jesus tat.
Wer das hört und liest, soll glauben, dass es das Licht gibt. Nicht paradox, sondern ganz konkret. Er selbst soll überlegen, wie er Licht spürbar werden lässt. Hier kommen wieder die guten Beispiele zum Zuge - und es gibt sie auch vor Ort.