Die biblischen Lesungen wurden mit freundlicher Genehmigung der Ständigen Kommission für die Herausgabe der gemeinsamen liturgischen Bücher im deutschen Sprachgebiet den Lektionaren 2018 ff entnommen. - © 2024 staeko.net. - vgl. Impressum.
Die Katholischen Bibelwerke in Deutschland, Österreich und Schweiz stellen auf ihren Webseiten ausführliche Kommentare und Anleitungen zum Lesen der biblischen Lesungen für Sonn- und Feiertage zum Download im PDF-Format zur Verfügung. Mit freundlicher Genehmigung der Katholischen Bibelwerke übernehmen wir die Kurzeinleitungen zu den Lesungen.
Predigten vom 29. Okt. 2023 - 30. Sonntag im Jahreskreis (A)
24. Nov. 2024
Christkönigsonntag (B)
17. Nov. 2024
33. Sonntag im Jahreskreis (B)
10. Nov. 2024
32. Sonntag im Jahreskreis (B)
03. Nov. 2024
31. Sonntag im Jahreskreis (B)
02. Nov. 2024
2. November: Allerseelen (A/B/C)
01. Nov. 2024
1. November: Allerheiligen (A/B/C)
27. Okt. 2024
30. Sonntag im Jahreskreis (B)
20. Okt. 2024
29. Sonntag im Jahreskreis (B)
13. Okt. 2024
28. Sonntag im Jahreskreis (B)
06. Okt. 2024
27. Sonntag im Jahreskreis (B)
29. Sep. 2024
26. Sonntag im Jahreskreis (B)
22. Sep. 2024
25. Sonntag im Jahreskreis (B)
15. Sep. 2024
24. Sonntag im Jahreskreis (B)
14. Sep. 2024
14. September: Kreuzerhöhung (Fest)
08. Sep. 2024
8. September: Mariä Geburt (Fest)
08. Sep. 2024
23. Sonntag im Jahreskreis (B)
01. Sep. 2024
22. Sonntag im Jahreskreis (B)
01. Sep. 2024
Erntedank - Schöpfungszeit (Sonst.)
25. Aug. 2024
21. Sonntag im Jahreskreis (B)
18. Aug. 2024
20. Sonntag im Jahreskreis (B)
15. Aug. 2024
15. August: Mariä Himmelfahrt (Fest)
11. Aug. 2024
19. Sonntag im Jahreskreis (B)
06. Aug. 2024
6. August: Verklärung des Herrn (Fest)
04. Aug. 2024
18. Sonntag im Jahreskreis (B)
28. Jul. 2024
17. Sonntag im Jahreskreis (B)
21. Jul. 2024
3. Sonntag im Juli: Heiligster Erlöser (Fest)
21. Jul. 2024
16. Sonntag im Jahreskreis (B)
14. Jul. 2024
15. Sonntag im Jahreskreis (B)
07. Jul. 2024
14. Sonntag im Jahreskreis (B)
30. Jun. 2024
13. Sonntag im Jahreskreis (B)
29. Jun. 2024
29. Juni: hl. Petrus und Paulus (Fest)
27. Jun. 2024
27. Juni: Fest der Mutter von der Immerw. Hilfe (Fest)
24. Jun. 2024
24. Juni: hl. Johannes des Täufers (Fest)
23. Jun. 2024
12. Sonntag im Jahreskreis (B)
20. Jun. 2024
20. Juni: Weltflüchtlingstag (Sonst.)
16. Jun. 2024
11. Sonntag im Jahreskreis (B)
09. Jun. 2024
10. Sonntag im Jahreskreis (B)
07. Jun. 2024
Heiligstes Herz Jesu (B)
02. Jun. 2024
9. Sonntag im Jahreskreis (B)
30. Mai. 2024
Fronleichnam (B)
26. Mai. 2024
Dreifaltigkeitssonntag (B)
20. Mai. 2024
Pfingstmontag - Maria, Mutter der Kirche (B)
19. Mai. 2024
Pfingstsonntag (A/B/C)
18. Mai. 2024
Pfingsten, am Vorabend (A/B/C)
12. Mai. 2024
7. Sonntag der Osterzeit (B)
09. Mai. 2024
Christi Himmelfahrt (B)
06. Mai. 2024
Bitttage (A/B/C)
05. Mai. 2024
6. Sonntag der Osterzeit (B)
01. Mai. 2024
1. Mai: Tag der Arbeit, hl. Josef (Fest)
30. Apr. 2024
1. Mai: Tag der Arbeit, hl. Josef (Fest)
28. Apr. 2024
5. Sonntag der Osterzeit (B)
21. Apr. 2024
4. Sonntag der Osterzeit (B)
14. Apr. 2024
3. Sonntag der Osterzeit (B)
08. Apr. 2024
25. März: Verkündigung des Herrn (Fest)
07. Apr. 2024
2. Sonntag der Osterzeit (B)
01. Apr. 2024
Ostermontag (A/B/C)
31. Mär. 2024
Ostersonntag (A/B/C)
30. Mär. 2024
Osternacht (B)
29. Mär. 2024
Karfreitag (A/B/C)
28. Mär. 2024
Gründonnerstag (A/B/C)
24. Mär. 2024
Palmsonntag (B)
19. Mär. 2024
19. März: hl. Josef (Fest)
17. Mär. 2024
5. Fastensonntag (B)
10. Mär. 2024
4. Fastensonntag (B)
03. Mär. 2024
3. Fastensonntag (B)
25. Feb. 2024
2. Fastensonntag (B)
18. Feb. 2024
1. Fastensonntag (B)
14. Feb. 2024
Aschermittwoch (A/B/C)
11. Feb. 2024
6. Sonntag im Jahreskreis (B)
04. Feb. 2024
5. Sonntag im Jahreskreis (B)
02. Feb. 2024
2. Februar: Darstellung des Herrn (Fest)
28. Jan. 2024
4. Sonntag im Jahreskreis (B)
21. Jan. 2024
3. Sonntag im Jahreskreis (B)
14. Jan. 2024
2. Sonntag im Jahreskreis (B)
07. Jan. 2024
Taufe des Herrn (B)
06. Jan. 2024
Erscheinung des Herrn, Dreikönig (A/B/C)
01. Jan. 2024
Neujahr - Fest der Gottesmutter Maria (A/B/C)
31. Dez. 2023
31. Dezember: Jahresschluss (Sonst.)
31. Dez. 2023
Fest der hl. Familie (B)
26. Dez. 2023
26. Dezember: hl. Stephanus (Fest)
25. Dez. 2023
Weihnachten, am Tag (A/B/C)
25. Dez. 2023
Weihnachten, am Morgen (A/B/C)
24. Dez. 2023
Weihnachten, in der Nacht (A/B/C)
24. Dez. 2023
Weihnachten, am Vorabend (A/B/C)
24. Dez. 2023
4. Adventsonntag (B)
17. Dez. 2023
3. Adventsonntag (B)
10. Dez. 2023
2. Adventsonntag (B)
08. Dez. 2023
8. Dezember: Mariä Empfängnis (Fest)
03. Dez. 2023
1. Adventsonntag (B)
26. Nov. 2023
Christkönigsonntag (A)
19. Nov. 2023
33. Sonntag im Jahreskreis (A)
12. Nov. 2023
32. Sonntag im Jahreskreis (A)
09. Nov. 2023
9. November: Weihe der Lateranbasilika (Fest)
05. Nov. 2023
31. Sonntag im Jahreskreis (A)
02. Nov. 2023
2. November: Allerseelen (A/B/C)
01. Nov. 2023
1. November: Allerheiligen (A/B/C)
29. Okt. 2023
30. Sonntag im Jahreskreis (A)
Einführungen zu den Gottesdienstlesungen - Ltg 0
1. Lesung - Ex 22,20-26
Lesung aus dem Buch Exodus.
So spricht der Herr:
Einen Fremden sollst du nicht ausnützen oder ausbeuten,
denn ihr selbst seid im Land Ägypten Fremde gewesen.
Ihr sollt keine Witwe oder Waise ausnützen.
Wenn du sie ausnützt
und sie zu mir schreit,
werde ich auf ihren Klageschrei hören.
Mein Zorn wird entbrennen
und ich werde euch mit dem Schwert umbringen,
sodass eure Frauen zu Witwen und eure Söhne zu Waisen werden.
Leihst du einem aus meinem Volk,
einem Armen, der neben dir wohnt, Geld,
dann sollst du dich gegen ihn
nicht wie ein Gläubiger benehmen.
Ihr sollt von ihm keinen Zins fordern.
Nimmst du von einem Mitbürger den Mantel zum Pfand,
dann sollst du ihn bis Sonnenuntergang zurückgeben;
denn es ist seine einzige Decke,
der Mantel, mit dem er seinen bloßen Leib bedeckt.
Worin soll er sonst schlafen?
Wenn er zu mir schreit,
höre ich es,
denn ich habe Mitleid.
Die zehn Gebote stellten das Verhältnis zwischen Gott und seinem Volk auf eine klare Grundlage. Diese Basis brauchte Ergänzungen für verschiedene Lebenssituationen und Wertfragen. Einige der wichtigen Fragen waren das Verhalten gegen Fremde und Menschen in Not.
Die Situation von Fremden im Land erlebte das Volk. Was es als Hilfe erlebte, sollte es auch selber leben. Und was es als Last erlebte, sollte es auch nicht geben.
Die Notwendigkeit des Mantels als Schutz war elementar. Diesen Schutz sollte der Arme behalten - auch aus der Sorge Gottes um den Armen.
Ein Leben nach Gottes Geboten ist ein Leben als Antwort. Zu dieser Antwort will das Bundesbuch verhelfen.
Das Bundesbuch aus Exodus (Ex 21,1 - 23,33) sind ausführende Vorschriften zum Dekalog, zu den 10 Geboten von Ex 20. Es konkretisiert gleichsam das, was bereits im Dekalog zusammengefasst zum Ausdruck kommt.
Die Vorschriften des Bundesbuches in unserem Abschnitt haben die soziale Gerechtigkeit als Anliegen. In unserer Lesung sollen die Rechtsvorschriften, die vorgelegt werden, zum Schutz der Armen dienen. Sie sollen nicht noch ärmer werden, als sie schon sind. Das, was die Menschen zum Leben brauchen, soll ihnen nicht weggenommen werden. Als Beispiel dienen die Wucherzinsen und den Mantel eines Armen. Die Schutzbedürftigen können sich dem Schutz Gottes sicher sein. Ihnen schenkt JHWH besonderes Gehör. Als Grundmotivation, sich an diese Rechtsvorschriften zu halten und sie im Leben umzusetzen, wird die Erinnerung an das eigene Elend in Ägypten wachgehalten. Diese steht gleichsam als Überschrift vor unserer Lesung (vgl. Vers 20).
Die alttestamentliche Lesung aus dem Buch Exodus gehört einem Abschnitt an, der eine Sonderstellung einnimmt, dem sog. Bundesbuch. Dieses enthält eine alte Sammlung von Rechtsvorschriften.
Der für die Lesung ausgewählten Verse enthalten Schutzvorschriften für Fremde, Witwen und Waisen sowie das Verbot, Zinsen zu nehmen. Der Schutz der Fremden und der Armen war in Israel Sache Jahwehs und damit des ganzen Volkes. Begründet wurde dieser besondere Schutz mit dem eigenen Fremdsein in Ägypten. Witwen und Waisen ohne männliche Angehörige hatten niemand, der für ihre Rechte eintreten konnte.
Den Volksgenossen gegenüber bestand auch das Verbot, Zinsen für Geliehenes zu nehmen. Dies war bei den Nachbarvölkern durchaus üblich. Der Schutz der Angehörigen des eigenen Volkes bezog sich auch auf des Pfandnehmen. Lebensnotwendige Gegenstände durften nicht als Pfand zurückbehalten werden.
Anwalt der Fremden, Witwen, Waisen und Armen ist Gott selbst. Er hat Mitleid mit ihnen. Ihre Klageschrei ist eine Anrufung seines Gerichtes. Später werden die Propheten das Mitleid mit den Armen und Benachteiligten einfordern
Antwortpsalm - Ps 18,2-4. 47. 51. 50
Kv Ich will dich lieben, Herr, meine Stärke. – Kv
GL 649,1
Ich will dich lieben, Herr, meine Stärke, *
Herr, du mein Fels und meine Burg und mein Retter;
mein Gott, mein Fels, bei dem ich mich berge, *
mein Schild und Horn meines Heils, meine Zuflucht. – (Kv)
Ich rufe: Der Herr sei hoch gelobt! *
und ich werde vor meinen Feinden gerettet.
Es lebt der Herr, gepriesen sei mein Fels. *
Der Gott meiner Rettung sei hoch erhoben. – (Kv)
Seinem König verleiht er große Hilfe, /
Huld erweist er seinem Gesalbten, *
David und seinem Stamm auf ewig.
Darum will ich dir danken, Herr, inmitten der Nationen, *
ich will deinem Namen singen und spielen. – Kv
2. Lesung - 1 Thess 1,5c-10
Lesung aus dem ersten Brief des Apostels Paulus
an die Gemeinde in Thessalonich.
Schwestern und Brüder!
Ihr wisst, wie wir bei euch aufgetreten sind,
um euch zu gewinnen.
Und ihr seid unserem Beispiel gefolgt
und dem des Herrn;
ihr habt das Wort
trotz großer Bedrängnis
mit der Freude aufgenommen,
die der Heilige Geist gibt.
So wurdet ihr ein Vorbild für alle Glaubenden
in Mazedónien und in Acháia.
Von euch aus
ist das Wort des Herrn aber
nicht nur nach Mazedónien und Acháia gedrungen,
sondern überall ist euer Glaube an Gott bekannt geworden,
sodass wir darüber nichts zu sagen brauchen.
Denn man erzählt sich überall,
welche Aufnahme wir bei euch gefunden haben
und wie ihr euch von den Götzen zu Gott bekehrt habt,
um dem lebendigen und wahren Gott zu dienen
und seinen Sohn vom Himmel her zu erwarten,
Jesus, den er von den Toten auferweckt hat
und der uns dem kommenden Zorn entreißt.
Norbert Riebartsch (2014)
Gabi Ceric (1999)
Hans Hütter (1996)
Nach der Einleitung und Begrüßung kommt es bei Paulus oft vor, dass er die Empfänger des Briefes lobt. Die Gemeinde von Thessalonich wird gelobt für ihre Glaubenstreue auch in schweren Zeiten. Dieses Beispiel ermutigt neue Gemeinden. Die Glaubenstreue wird auch in dem Bemühen um neue Glaubende wirksam.
Der erste Brief des Apostels Paulus ist jener an die Gemeinde in Thessalonich (entstanden ca. um 50 n. Chr.). Er hat als pastorales Anliegen die Erbauung der jungen christlichen Gemeinde. Im ersten Teil wird auf das Wirken des Wortes Gottes deutlich verwiesen, bevor im vierten Kapitel Ermahnungen zur Gestaltung des christlichen Lebens gegeben werden.
In dieser Lesung wird der Weg des Wortes Gottes zur Gemeinde von Thessalonich nachgezeichnet. Durch die Verkündigung des Evangeliums durch die Apostel hat das Wort Gottes Einlass in das Leben der Gemeinde gefunden. Das ganze Leben der Christen ist in sich Verkündigung. Dem gibt es von Seiten des Apostels nichts hinzuzufügen, denn bereits jetzt – zur Zeit der Abfassung dieses Briefes – ist von dieser Art der Verkündigung des Evangeliums in vieler Munde die Rede. Ein konkretes Beispiel dafür, dass das Evangelium vor allem gelebt werden und so weitergetragen werden will.
Die 2. Lesung ist ein Teil der Einleitung des 1. Thessalonicherbrief. "Der erste Brief an die Gemeinde von Thessalonich ist der älteste der uns erhaltenen Paulusbriefe. Paulus hatte auf seiner zweiten Missionsreise zusammen mit Timotheus die Gemeinde von Thessalonich um das Jahr 50 n. Chr. Gegründet, mußte aber nach kurzem Wirken die Stadt verlassen (vgl. Apg 17, 1-9. Von Athen aus schickte Timotheus nach Thessalonich zurück, um sich über den Stand der jungen Gemeinde zu unterrichten. In Korinth (Apg 18, 1-6) traf er mit Timotheus wieder zusammen und schrieb den uns vorliegenden Brief." (Einleitung zur Einheitsübersetzung des 1. Thessalonicherbriefes).
In Predigermanier erinnert Paulus an all das Gute, das er in dieser Stadt erfahren hat. Er lobt ihren vorbildlichen Glauben, der überall bekannt geworden ist.
Paulus geht hier von der Erwartung aus, daß Jesus sehr bald als "der Menschensohn" zurückkommen wird, um sein Erlösungswerk durch das Endgericht abzuschließen.
Ruf vor dem Evangelium - Joh 14,23
Halleluja. Halleluja.
(So spricht der Herr:)
Wer mich liebt, hält mein Wort.
Mein Vater wird ihn lieben und wir werden bei ihm Wohnung nehmen.
Halleluja.
Evangelium - Mt 22,34-40
Aus dem heiligen Evangelium nach Matthäus.
In jener Zeit,
als die Pharisäer hörten,
dass Jesus die Sadduzäer zum Schweigen gebracht hatte,
kamen sie am selben Ort zusammen.
Einer von ihnen, ein Gesetzeslehrer,
wollte ihn versuchen
und fragte ihn: Meister,
welches Gebot im Gesetz ist das wichtigste?
Er antwortete ihm:
Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben
mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele
und mit deinem ganzen Denken.
Das ist das wichtigste und erste Gebot.
Ebenso wichtig ist das zweite:
Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.
An diesen beiden Geboten
hängt das ganze Gesetz und die Propheten.
Norbert Riebartsch (2014)
Gabi Ceric (1999)
Hans Hütter (1996)
"Die Auseinandersetzung mit den Gegnern in Jerusalem" überschreibt die Einheitsübersetzung die Kapitel Mt 21,1 - 23,39. Aus diesem Bereich stammt auch der Evangelientext des Sonntags.
War der Anfang des letzten Sonntags der Versuch, Jesus eine Falle zu stellen (Mt 22,15), will ihn in diesem Abschnitt ein Gesetzeslehrer auf die Probe stellen (Mt 22,35). Er war vorbereitet durch das Wissen, wie Jesus mit den Sadduzäern umgegangen war (Mt 22,34).
Jesus zitiert zunächst Deuteronomium mit Blick auf die Stellung der Gottesliebe, dann aber auch mit Blick auf die Nächstenliebe Levitikus. Beide Stellen sind Teil des Pentateuch - und somit beides Stellen mit einer hohen Autorität.
Durch das Wort: "Ebenso" und die angehängte Erklärung von Mt 22,40: "An diesen beiden Geboten hängt das ganze Gesetz samt den Propheten" werden diese Autoritätsaussagen miteinander verknüpft.
In der Lektüre des Mt-Evangeliums lesen wir eine Auseinandersetzung Jesu mehr mit den Pharisäern. Den Belehrungen und Streitgesprächen ist bereits der Einzug in Jerusalem vorausgegangen – sie finden ihren Abschluss im Beschluss, des Hohen Rates, Jesus zu töten, und bilden den Anlass für das Kreuz Christi. Die Schriftgelehrten und Gesetzeslehrer möchten Jesus testen und stellen ihm verschiedene Fangfragen. Die Frage nach dem wichtigsten Gebot in diesem Evangelium ist eine davon. Den Hintergrund dafür bilden die Haarspaltereien über winzigste Vorschriften und die minutiöse Auslegung derselben, die mit einer Akribie von diversen Schriftgelehrten verfolgt wurden.
Jesus Christus erinnert in seiner einfachen und schlichten Antwort auf das Grundlegende aller Gebote und zitiert Dtn 6, 5 (Gottesliebe mit ganzem Herzen und ganzer Seele) und Lev 19,18 (Nächstenliebe). Er stellt damit kein neues Gebot auf, sondern unterstreicht das Wesentliche des jüdischen und des christlichen Glaubens. Ein Grund mehr, der Begründung unseres christlichen Glaubens im Judentum nachzugehen und selbst so, wie es Jesus war, ein Kenner/eine Kennerin der Thora zu werden.
Als Evangelium wird am 30. Sonntag Im Jahreskreis das Doppelgebot der Gottes- und Nächstenliebe in der Version des Matthäus gelesen. Was dieses Gebot für die Hörer Jesu und die Leser des Matthäus bedeutet, geht aus einem Vergleich mit der Überlieferung des Markus deutlicher hervor:
Matthäus schreibt für Christen, die aus dem Judentum kamen, Markus für sogenannte Heidenchristen. Das sind Menschen, die aus dem römisch-hellenistischen Kulturkreis ohne Umweg über das Judentum Christen geworden sind.
Bei Markus fragt ein Schriftgelehrter nach dem ersten Gebot. Er hat keine Schwierigkeiten, sich eine hierarchische Ordnung der Gebote, von vorrangigen und weniger bedeutsamen Geboten vorzustellen. Bei ihm setzt Jesus das Liebesgebot an die erste und oberste Stelle.
Bei Matthäus fragt ein Gesetzeslehrer nach einem sehr wichtigen Gebot. In der jüdischen Diskussion kannte man die Frage nach Prinzipien, auf die die Gesetze aufbauen und zurückzuführen sind. Schwer tat man sich hingegen, ein Gesetz als weniger wichtig zu qualifizieren als ein anderes. Im 5. Kapitel (Verse 17 bis 19) des Matthäusevangeliums beteuert Jesus, daß er nicht das kleinste Strichlein des Gesetzes aufheben will. Die Antwort Jesu auf die Frage des Schriftgelehrten bekommt bei Matthäus einen anderen Akzent als bei Markus: Das Doppelgebot der Gottes- und der Nächstenliebe ist der Schlüssen zum ganzen Gesetz. Die Liebe ist das innere Prinzip des Gesetzes und der Gebote. Aufgabe des Menschen ist, das Gesetz mit Liebe auszufüllen und auszugestalten.
Über das Gesetz hinauswachsen
Testfragen
Vor Wahlen werden Kandidaten und Kandidatinnen der einzelnen Parteien nach ihrer Position zu bestimmten Themen befragt. Auch Jesus wurde befragt. Er war bekannt geworden im Land. Viele sahen in ihm einen Propheten, einige den Messias. Nun war er nach Jerusalem gekommen (vgl. Mt 21,1.12). „Den müssen wir uns näher anschauen!“ scheint man in Jerusalem gesagt zu haben. So wird er nach seiner politischen Einstellung, seiner Beziehung zum Kaiser, dadurch indirekt zur römischen Besatzungsmacht befragt. Seine Antwort ist zum Sprichwort geworden: "Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und gebt Gott, was Gottes ist!" (vgl. Mt 22,21). Andere, die Sadduzäer, lassen ihn anhand einer erfundenen Geschichte Stellung beziehen zu ihrer Ansicht, dass es keine Auferstehung gebe (vgl. Mt 22,23ff). Jesus antwortet eindeutig. Und nun kommen die Pharisäer, die dafür bekannt sind, dass sie streng nach dem Gesetz leben wollen. Kann Jesus bei Gesetzesfragen mithalten? Der Überlieferung nach hatten die Gesetzesgelehrten 248 Gebote und 365 Verbote zusammengestellt. Da kann man die Frage verstehen, die an Jesus durch einen Schriftgelehrten gestellt wird: „Meister, welches Gebot im Gesetz ist das wichtigste?“
Die Antwort Jesu:
„Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben
Mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele
Und mit deinem ganzen Denken.
Das ist das wichtigste und erste Gebot.
Ebenso wichtig ist das zweite:
Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.“
Mehr als nur das gültige Gesetz
Jesus gibt eine Antwort, in der er sich voll und ganz als gesetzeskundig ausweist.
Seine Antwort ist jedoch mehr als eine Schriftgelehrtenantwort? In seiner Antwort leuchtet sein persönliches Lebenskonzept auf: Er liebt den Vater mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele, mit seinem ganzen Denken. Der Vater ist sein Ein-und-Alles. Und dann kommt’s: Ebenso wichtig ist für ihn, seinen Nächsten zu lieben wie sich selbst.
Wir sind jetzt zum Gedächtnis Christi versammelt. Er ist da. Dann sind wir jetzt seine Nächsten. Das heißt: er liebt Sie, er liebt Dich wie sich selbst!
Das müssen wir in uns einsickern lassen: Jesus liebt mich wie sich selbst! Es lohnt sich, diese Zusage als Ritornell, als Kehrreim in den Tag zu nehmen. Es ist nicht irgendwer, der mich liebt. Im ersten Teil seiner Antwort offenbart Jesus sein Inneres, seine Beziehung zum Vater. Jesus ist der Mensch, der ganz Liebe ist. Seine Liebe ist die größte, die es gibt.
In der Schule Jesu
Von Jesus können wir lernen, wie volles Menschsein geht: Menschsein, das Liebe ist. Wir sind von ihm eingeladen, in seine Schule zu gehen. Wir lernen wirklich Mensch sein, wenn wir auf ihn schauen. Seine Schule ist freilich mehr als eine Schule, sie ist Lebensgemeinschaft. Jesus, der Liebende, möchte in uns leben und uns zu »neuen Menschen« gestalten, jesuanische Menschen, Menschen, wie Gott sie denkt! Jesus ist nicht nur Vorbild für uns Menschen, sondern auch Ermöglicher, Wirkender: Er schafft uns neu durch seinen Geist, den Heiligen Geist. Unsere Chance ist es, sich ihm zu öffnen, sich ihm auszusetzen.
Dabei bleiben wir als verschiedene Menschen verschieden, auch wenn wir mit Jesus verbunden sind. Wir bilden zusammen mit ihm seinen sozialen »Leib«. Durch uns sollen verschiedene Seiten Jesu aufleuchten.
In der Schule bzw. Lebensgemeinschaft Jesu atmen wir den Geist Jesu. Vergessen wir nicht, uns vom Geist Jesu erfüllen zu lassen - bis zu der Fülle, in der es auch für uns und für mich stimmt:
Ich liebe Gott von ganzem Herzen,
mit ganzer Seele
und mit meinem ganzen Denken
und meinen Nächsten wie mich selbst.
Wie Gott die Welt zusammenhält
Wenn die Welt aus den Fugen gerät
Alttestamentliche Texte, die beinahe 3 000 Jahre alt sind – wir haben daraus in der ersten Lesung gehört -, sprechen von Ausbeutung, vom Schrei der Armen und Verfolgten. Es ist eine Kriegssituation. Das Nordreich fällt 722 v. Chr. Das ruft den Zorn JHWHs herauf. Krieg! Keine Spur von Nächstenliebe und Zusammenhalt der Menschen.
Viel Missbrauch geschieht auch heute. Fast täglich lesen oder hören wir von Schleppern, die den verzweifelten Menschen ihr letztes Geld abnehmen. Politische Flüchtlinge, Klimaflüchtlinge, oft beides, hervorgerufen durch Naturkatastrophen, Hunger, Krankheit. Wir erleben es weltweit. UNO- Generalsekretär Antonio Guteress sagte kürzlich: „Unsere Welt gerät aus den Fugen,“ angesichts zunehmender globaler Spannungen. Der evangelische Theologe Ernst Troeltsch (1865- 1923) spürte bereits 1896 am Beginn einer Vorlesung: „Meine Herren, es wackelt alles!“ Der Schrei der Armen wird immer lauter. Da vermischt sich Ratlosigkeit mit Untätigkeit, mit Ängsten verschiedenster Art, es geht auch um Gier und Besitzerhaltung. Es gelingt offenbar kaum, Politik, Recht, Ethik und Moral in Einklang zu bringen.
Umbrüche
#Umbrüche und Aufbrüche sind Teil unseres Lebens. Bis wir uns Neues zutrauen, muss der Leidensdruck sehr hoch sein. Das erleben wir gegenwärtig in Kirche, Gesellschaft und Politik. Die jetzigen Zustände müssen offenbar so unglücklich machen, dass es beinahe egal ist, wie der Neuanfang aussehen wird, Hauptsache er bringt Veränderung. Vielleicht sollten wir besser hinhören auf das, was entstehen will, offen sein für neue Ideen. Gott schafft aus dem Nichts, „creatio ex nihilo“. Der kreativste Akt ist wohl die Ausstattung des Menschen mit Verstand, mit einem guten Geist.
Das drückt die zweite Lesung aus: „Ihr habt das Wort trotz großer Bedrängnis mit Freude aufgenommen, die der Heilige Geist gibt.“ (1 Thess 1,6), loben Paulus, Silvanus und Timotheus die Thessalonicher. Glaube, Hoffnung, Liebe und Freude helfen durch schwierige Zeiten. Es kostet viel Geduld, diese nicht zu verlieren. Besonders Paulus weiß, wovon er spricht, hat er doch mit seiner Botschaft viel Ablehnung erfahren. Wenn Glaube, Hoffnung, Liebe, Freude nicht absterben, dann bewahrheitet sich der Hymnus, den wir im Brevier als Abendgebet der Kirche finden:
„Du starker Gott,
der diese Welt im Innersten zusammenhält.
Du Angelpunkt,
der unbewegt den Wandel aller Zeiten trägt.“
Die Liebe hält die Welt zusammen
Das meint auch das Evangelium. Die Liebe ist dreifaltig: Gottes Liebe (die Liebe des Schöpfers), Nächstenliebe (verkörpert durch seinen Sohn) wird auch im Nächsten sichtbar, zeigt sich in der sozialen Dimension, indem es um Zusammenhalt und nicht um Abgrenzung geht. Selbstliebe ist dann gegeben, wenn wir den Heiligen Geist in uns wirken lassen und auch diese Liebe weitergeben. Da entsteht Beziehung, Freude und Friede, wie ihn die Welt nicht geben kann. Diese bietet bestenfalls „Friedhöflichkeit“ (Ausdruck von Karl Kraus).
„Gottes Wille ist immer Gottesliebe“, ein Wort von Franz von Sales (1567-1622, Ordensgründer und Bischof). Das verstehen wir oft nicht. Wir brauchen in dieser Welt Gesetze und Ordnungen, sonst gerät dieser Globus wirklich aus den Fugen. Diesen Gesetzen muss jedoch Leben, Menschlichkeit, Barmherzigkeit eingeflößt werden und nicht Menschenverachtung. Das Gebot der Nächstenliebe, dazu gehört auch Feindesliebe, wird im heutigen Evangelium dem der Gottesliebe gleichgestellt. Deshalb spricht auch Jesus von dem großen und ersten Gebot. Wer Gott und den Nächsten liebt, erfüllt das ganze Gesetz. Die Liebe ist der Motivationsschub, den uns Jesus in Menschengestalt gebracht hat. Die Einheit von Mensch und Gott kann nicht rückgängig gemacht werden, auch wenn sie der Mensch immer wieder bricht. Das sind Texte, die aufrütteln, Mut machen und entängstigen.
Fair statt präkär
Gottes- und Nächstenliebe
das Evangelium des heutigen Sonntags enthält die Frage nach dem wichtigsten Gebot. Jesus beantwortet diese Frage mit dem sogenannten Doppelgebot. Zum einen: Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit all deinen Gedanken (Vers 37). Und zum anderen: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst (Vers 39). Beides ist gleich wichtig, betont er!
Diesem Evangelium zur Seite gestellt ist heute die Lesung aus dem Ersten Testament, dem
Buch Exodus, Kapitel 22, Vers 20 bis 26. Hier geht es um Anweisungen zum Schutz vor Unterdrückung und Ausbeutung. Bestimmte Personengruppen sind ausdrücklich genannt und Beispiele aufgezählt.
Nicht zufällig stehen diese beiden Bibeltexte gemeinsam da. Man könnte die Lesung als Aufforderung verstehen, sich doch mal genauer umzusehen, wer denn mein Nächster ist, den ich lieben solle wie mich selbst. Die engere Familie, den/die Lebenspartner*in sowie persönliche Freund*innen zu lieben und für sie da zu sein, ist ja normalerweise nicht die Frage. Doch wenn wir auch auf Menschen schauen, die alleine dastehen, die fremd sind, die keine Lobby haben - sie als Nächste zu sehen, ihnen menschliche Zuneigung, Würde und Schutz zuzusagen und dies auch ganz praktisch zu leben, ist eine Herausforderung - eine im engen Wortsinn christliche „Zu-Mutung“.
Menschenrechte
Etwas neuzeitlicher und weltlich ausgedrückt, finden wir das Thema auch im Artikel 1 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948. Dort heißt es: „Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren [...] und sollen einander im Geiste der Brüderlichkeit begegnen.“ Heute, 75 Jahre später, würden wir es vielleicht nochmals anders formulieren, aber die Aussage ist klar: Du und ich sind gleich viel wert und das hat sich im Miteinander widerzuspiegeln!
Welche Menschen, welche »Du«, sind es nun, die in der Lesung vorkommen? Der Text benennt ausdrücklich Fremde, Witwen, Waisen und Arme, deren Notlage nicht ausgenutzt werden darf. Ganz klar steht Gott an ihrer Seite, wenn ihnen die Lebensgrundlagen wie z.B. der einzige Mantel als Schutz vor der nächtlichen Kälte vorenthalten wird.
Und nun versuchen wir, dieses Bild der Lebensgrundlagen in die heutige Zeit zu übertragen. Für die große Mehrheit der Menschen in Österreich ist die Erwerbsarbeit die Basis ihrer Lebensgrundlage. Durch sie sind wir kranken- und unfallversichert. Mit dem Lohn bestreiten wir unser Auskommen, unseren Lebensunterhalt. Auch für die Pension ist von Relevanz, wie lange wir Teil dieses Systems waren und was wir verdient haben.
Gesellschaftliche Veränderungen
Doch in den letzten Jahren beobachten wir rasante Umformungen am Arbeitsmarkt, Erwerbsarbeit verändert sich. Da geht es nicht nur um den Wandel von Berufsbildern, um Digitalisierung und KI. Es geht auch um Auslagerungen, Schaffung von Sub-Systemen, Flexibilisierung und Risikoverschiebungen mit der Folge, dass eine dauerhafte, gut dotierte Festanstellung in Vollzeit inzwischen alles andere als der Normalfall ist.
Präkäre Beschäfitung
Viele Menschen arbeiten im sogenannten prekären Bereich, der weder finanzielle Sicherheit noch langfristige Planbarkeit bietet. Das sind junge Leute mit Studium, die sich von Praktikum zu Praktikum hanteln, Crowdworker, die auf Onlineplattformen ausgeschriebene Aufträge für ein Pauschalhonorar übernehmen. Wiedereinsteiger*innen, die - oft als Ausweg aus der Betreuungsmisere - als Einpersonenunternehmen ihr Auskommen zu sichern versuchen. Das sind Arbeitnehmer*innen, die auf die Vermittlung durch Leasingfirmen angewiesen sind, oder Menschen, die es aufgrund ihres Alters oder ihres Migrationshintergrunds schwer haben. Menschen, die geringfügig angemeldet werden und in Wahrheit ganztags arbeiten. Oder Menschen, von denen verlangt wird, sich selbständig zu melden und als Subunternehmer bzw. als freie Dienstnehmer*innen Aufträge abarbeiten. Zu finden bei Grafikdesign, IT oder im Reinigungs- und Sicherheitsbereich genauso wie in der Bauwirtschaft und im Zustellgewerbe.
Bleiben wir kurz bei dieser Gruppe: Wenn wirtschaftliche Abhängigkeit von nur einer einzigen Auftragsfirma besteht, liegt die Vermutung von Scheinselbständigkeit nahe. Ein Beispiel von Ausnutzung und Ausbeutung, denn Scheinselbständigen wird durch Vertragslösungen vorenthalten, was ihnen als Arbeitnehmer*innen eigentlich zustünde: bezahlter Urlaub, Zulagen, Arbeitsplatzausstattung und -geräte, soziale Absicherung...
Ein zweites aktuelles Beispiel für prekäre Arbeit möchte ich noch nennen: Viele von uns bestellen schnell mal ein Mittag- oder Abendessen online. Zugestellt wird es oft unter körperlich herausfordernden Bedingungen von Fahrradkurieren - orange für „Lieferando“, pink für „foodora“. Wer hier als freie*r Dienstnehmer*in radelt, erhält pro Bestellung einen Fixbetrag von ein paar Euro, dazu kommt ein variables Kilometergeld, mit Glück auch noch etwas Trinkgeld. Und bei einer schwachen Schicht? Viel Stehzeit, noch weniger Einkommen ...
Unter den vielen Menschen, die für ihren Lebensunterhalt an Arbeit nehmen müssen, was sich bietet, ist der Anteil von Migranten und Migrantinnen besonders hoch, unabhängig von ihrem tatsächlichen Bildungsstand und ihren Kompetenzen.
Mindeststandards gegen Ausbeutung
Es ist offenbar verlockend, die Notlage anderer, vor allem fremder Menschen, auszunützen, ihre Arbeitskraft auszubeuten, ihnen Rechte vorzuenthalten. Schon der Jahrtausende alte biblische Lesungstext weiß um diese Versuchung und warnt davor.
Der stetige Anstieg von prekären Arbeitsverhältnissen hat nun 2019 die EU auf den Plan gerufen. Als Reaktion auf die zunehmende Deregulierung hat sie Mindeststandards für Arbeitsbedingungen eingeführt, die quer über alle Beschäftigungsformen hinweg gelten. Im September 2022 verabschiedeten die Abgeordneten des Europäischen Parlaments eine EU-Gesetzgebung für angemessene Mindestlöhne. Das sind erste Schritte, die Rechte von Menschen in unseren neuen, flexiblen Arbeitswelten zu stärken und ausbeuterischen Verhältnissen einen gesetzlichen Riegel vorzuschieben, weitere werden (hoffentlich) folgen.
Ich freue mich darüber, denn christliche Nächstenliebe hat nicht nur ein persönliches Gesicht. Dieses „Du sollst“ der Bibel weist über das Individuelle hinaus, es ist ebenso ein kollektiv zu verstehendes „Du sollst“, das sich an die Gemeinschaft richtet.
Somit sind die Texte des heutigen Sonntags auch ein Auftrag, in gemeinsamer Verantwortung für ein (Arbeits-)System zu sorgen, das die Gleich-Wertigkeit und Gleich-Würdigkeit aller Menschen schützt und besonders die vulnerablen Personen vor Unterdrückung und Ausbeutung bewahrt!
©Elisabeth M. Zarzer, Referentin Team mensch & arbeit, Diözese Linz.
Gott will keine Liebe, die einem Menschen vorenthalten wird
Ein Witz
Sie kennen den Witz? Fragt eine Mutter ihren Sohn, worüber denn der Pfarrer heute gepredigt habe – und die Antwort, prompt und keinesfalls verlegen: Er hat über die Liebe gepredigt. Mehr wollte die Mutter aber auch nicht wissen. Schade! Aber klar, wenn etwas in der Kirche zu hören ist – dann über die Liebe. Nie verkehrt, aber eben auch nicht überraschend. Ein Witz? Nein, traurig genug: Redeweisen, in denen Liebe vorkommt, sind langweilig und nichtssagend geworden. Die Predigt vorhersehbar und floskelhaft. Die Erwartungen verbraucht und spannungslos.
Eine Erinnerung
Wenn, ja, wenn da nicht der Mantel wäre! Der Mantel? Ja, der Mantel, der als Pfand dient – und am Abend, wenn die nächtliche Kälte durch Gassen und Zimmer schleicht, einfach zurückgegeben werden soll. Sie haben diese kleine Geschichte noch im Ohr? Sie wird im Buch Exodus erzählt, dem Buch, das den schönen Namen „Auszug“ trägt. Israel ist unterwegs. Nicht irgendwo hin – in das gelobte Land. Land der Verheißung, Land der Träume, Land für Menschen, die einen langen und beschwerlichen Weg hinter sich haben. Ein Bett! Genug Essen! Sicherheit! Heimat! Und dann, auf einmal und mit jedem Tag mehr, verblassen Erinnerungen. Man ist angekommen! Feste, Denkmäler und Märchen werden alte Geschichten wachzuhalten versuchen. Aber was heißt das schon: wachhalten? Wenn die einen reich, die anderen arm werden. Die einen etwas zu sagen haben, die anderen das Maul zu halten haben. Wenn Geschichten Menschen zu trennen anfangen – und die gemeinsame Geschichte verloren geht.
Gott hat da seine Vorstellungen. Wenn er schon sein Volk aus der Gefangenschaft befreit, wenn er schon durch die Wüste mitgeht, wenn er schon barmherzig und gnädig ist, dann soll das auch sein:
Einen Fremden sollst du nicht ausnützen oder ausbeuten,
denn ihr selbst seid im Land Ägypten Fremde gewesen.
Ihr sollt keine Witwe oder Waise ausnützen.
Wenn du sie ausnützt
und sie zu mir schreit,
werde ich auf ihren Klageschrei hören.
Leihst du einem aus meinem Volk,
einem Armen, der neben dir wohnt, Geld,
dann sollst du dich gegen ihn
nicht wie ein Gläubiger benehmen.
Ihr sollt von ihm keinen Zins fordern.
Nimmst du von einem Mitbürger den Mantel zum Pfand,
dann sollst du ihn bis Sonnenuntergang zurückgeben;
denn es ist seine einzige Decke,
der Mantel, mit dem er seinen bloßen Leib bedeckt.
Worin soll er sonst schlafen?
Wenn er zu mir schreit,
höre ich es,
denn ich habe Mitleid.
"Denn ich habe Mitleid!" Ich leide mit! Ich leide… mit ihnen, mit den Fremden, mit Witwen und Waisen, mit den Armen – und mit denen, die sogar ihren Mantel verpfänden müssen.
Ein Mantel
Und da ist er: der Mantel! Auf dem Höhepunkt dieser Worte taucht er auf. Wie der Mensch, der ihn verpfänden muss – das Wenige, dass er noch hat. Mantel am Tag, Decke in der Nacht. Und wie lange soll, wie lange kann das gehen? Ein Leben ohne Mantel, ohne den einen, der schützt und wärmt? Bis zum Abend! Nicht länger! Also: das Pfand ist umsonst. Es bringt nichts. Es gibt nichts. Seine Würde kann, seine Würde darf ein Mensch nicht abgeben müssen. Und das von ihm zu fordern, stellt Gott höchstpersönlich unter Strafe. Ein deutliches Nein! Was jetzt Recht ist? Recht genannt werden kann? Das mögen die Menschen diskutieren - aber Gott hat sein Urteil schon gefällt: Auf euch wird zurückfallen, was ihr macht. Um das zu verstehen, muss man nicht einmal fromm sein.
Übrigens – und ganz aktuell: in Schuldknechtschaft werden weltweit viele Menschen gehalten! Es ist ein einträgliches Geschäft! Verlogen bis zum geht nicht mehr. Neuerdings wissen wir sogar, dass Schlepper Menschen, die nichts mehr haben, auf ihren Fluchten „behilflich“ sind, gegen Geld, das sie nicht haben und wohl auch nie haben werden – um ihnen lange, gar sehr lange, alles zu nehmen, was sie in Zukunft erarbeiten werden. Sonderangebote sind das nicht. Vor unseren Augen passiert das. Gepfändete Menschen!
Da ist er wieder, der Mantel – der nicht mehr wärmt, der nicht mehr birgt, der einfach genommen wird. Gott weiß um die Kälte der Nacht. Er weiß auch um die Kälte der Herzen. Darum interessiert er sich so für – Mäntel. Der Mantel wird zum Symbol der Hoffnung, zum Symbol des Paradieses. So ganz einfach, so ganz bescheiden. Der Mantel ist die Chiffre für Leben. Für die Zukunft. Für das Morgen.
Andererseits ist Kleidung für viele Menschen in unseren Breiten inzwischen zu einem Wegwerfartikel geworden: günstig und massenhaft produziert, wenig getragen und schnell entsorgt. »Fast Fashion« heißt dieses Phänomen, das vor zwanzig Jahren entstand und für die Wegwerfgesellschaft steht, die Ressourcen vergeudet. Der Mantel steht für nichts mehr. Unter den vielen anderen unsinnigen Dingen verschwindet er im Altkleidercontainer und macht eine zweite Karriere in Entwicklungsländern – nicht ohne den dortigen Markt kaputt zu machen.
Der Gerichtsvollzieher von heute wird auch keinen Mantel pfänden. Das wäre gegen die Ordnung. Zudem: Ein Mantel ist wertlos. Getragen. Abgetragen. Seine Versteigerung bringt nichts. Nur: im übertragenen Sinn hat nicht nur das letzte Hemd keine Taschen, sondern ein Mensch kein Leben, wenn er nicht einmal den Mantel sein eigen nennen kann, wenn die Sonne untergeht.
Gott ist so verwegen, dass er Partei ergreift. Er will sich sogar von uns abwenden! Wieviel wir doch laufen lassen, obwohl wir so klug sind, das Elend zu sehen, das wir anrichten – oder wenigstens zulassen! Bis zur Stunde gibt es Menschen, die aussortiert werden. Weil sie fremd und anders sind, weil sie nicht mehr mithalten können, weil sie durch alle Raster fallen. Oder: ohne Mantel dastehen. Nackt.
Das Wichtige
Im Evangelium begegnet uns ein Pharisäer, mehr noch: ein Gesetzeslehrer. Ein kluger Mann! Er weiß nicht nur viel, er weiß eigentlich alles. Er kann jedes Gebot, jeden Paragraphen mit Stellenangaben und Referenzen benennen. Das ganze Wissen ist in seinem Kopf. Er ist Gesetzbuch und Kommentar in einem. Doch die Frage, die er stellt, ist mehr als berechtigt, alles andere auch als eine Fangfrage: „Meister, welches Gebot im Gesetz ist das wichtigste?“ Die Antwort Jesu ist – für uns – nicht einmal überraschend. Gott zu lieben – und den Nächsten! Das wissen wir doch schon lange, oder? Wann wir das zum ersten Mal hörten? Ich weiß es nicht. Es steht schon im Alten Testament, in der Hebräischen Bibel. Das Doppelgebot der Liebe – so haben kluge Menschen darüber geschrieben. Das klingt gut, sieht auch gut aus. Doppelt genäht, hält! Hält alles zusammen!
Heute geht uns auf, dass Gott keine Liebe braucht, auch keine Liebe will, die einem Menschen fehlt, die einem Menschen verweigert, die einem Menschen abgesprochen wird. Die Liebe zu Gott macht sich an einem Mantel fest, der wärmt, der schützt, einen Menschen einzuhüllen vermag. Wenn das Leben unwirtlich wird und die Nacht kalt und der Bauch leer.
Im Reigen der Gesetze, in der Harmonie der Ordnungen, im Dschungel der Gebote, gibt es nichts Wichtigeres als die Liebe: Dass Gott geliebt wird. In einem Menschen, der einen Mantel braucht. Der den Mantel zurückerhält. Der die Nacht übersteht. Die Nacht!
Noch einmal: der Witz
Sie kennen den Witz? Fragt eine Mutter ihren Sohn, worüber denn der Pfarrer heute gepredigt habe – und die Antwort, prompt und keinesfalls verlegen: Er hat über die Liebe gepredigt. Jetzt wird es spannend. Wird die Mutter. klug wie der Pharisäer, nach dem Wichtigen im Leben fragen? Mäuschen möchte ich spielen – es gibt sehr viel zu bedenken, abzuwägen, noch einmal neu zu entdecken. Und wenn es nur ein Mantel ist!
Und der Friede Gottes,
der höher ist als unsere Vernunft,
bewahre unsere Herzen und Sinne
in Christus Jesus,
unserem Herrn.
Göttlicher Rechtsschutz - Gott trifft eine klare Option
Eine Sozialordnung für das Volk Israel…
Klar und wuchtig sind die Zeilen in der heutigen Lesung aus dem Buch Exodus. Eingewoben in das sogenannte Bundesbuch, einer Sammlung von Gesetzestexten, die das religiöse und gesellschaftliche Leben im Alltag Israels regeln sollen, steht diese Passage. Sie wendet ihr Augenmerk den Menschen zu, die für gewöhnlich unter die Räder kommen.
Es beginnt mit den Fremden im eigenen Land, die nicht ausgenützt werden dürfen. Und erinnert die ZuhörerInnen daran, dass sie in ihrer Geschichte (im Land Ägypten) selber Fremde gewesen sind.
Auch die Witwen und Waisen sollen nicht ausgebeutet werden: diese haben nicht mehr den Schutz der größeren Familie oder Sippschaft und sind somit der Umgebung hilflos ausgeliefert.
Und man soll die Not der Armen nicht ausnutzen, um für geborgtes Geld Zinsen zu verlangen. Denn das vergrößert letztendlich nur die Not derer, die ökonomisch am Boden sind.
Und ganz basal: wenn man einem Schuldner den einzigen Mantel nimmt, ihm sozusagen das Nötigste abknöpft, um eine Sicherheit zu haben - auch das ist nur bis zum Abend erlaubt. Denn sonst friert der arme Teufel. Und wenn er dann zu Gott schreit wird IHN Gott erhören. Nicht erhören wird Gott offensichtlich die Klage der Gläubiger gegenüber den säumigen SchuldnerInnen.
… von Gott verordnet
Wir haben hier also eine Gesellschaft, die gerechtes Handeln zutiefst religiös begründet: es ist Gott, der diese Sätze Mose weitergibt, auf dass sie dem wartenden Volk Israel verkündet werden. Glaube an Gott bedingt hier gerechtes Handeln. Es geht nicht bloß um Mitleid oder gar Almosen für die Gruppen in der Gesellschaft, die am Rande leben, die schutzlos und gefährdet sind. Nein, sie sind im Zentrum der göttlichen Aufmerksamkeit, und es braucht klare Normen im Umgang mit ihnen. Sonst dominiert im schlimmsten Fall absolutes Elend bei den Machtlosen und entsprechende Willkür der Starken und im besten Fall eine Art „Charity Haltung“ mit dem entsprechenden Wankelmut, welche Not einem halt am besten zu Gesichte steht.
Es ist also keine verhandelbare Sache, sondern wesentlich für den gläubigen Menschen: Achte auf den Umgang mit den sozioökonomisch Schwächsten der Gesellschaft! Selbst wenn sie nicht zu den eigenen Leuten gehören, sondern als Fremde im Land leben!
Mit diesen und weiteren Gesetzen in diesem Abschnitt wird verhindert, dass Menschen mit wenig Einkommen oder Rückhalt durch die Familie weiter strukturell verarmen. Abhängigkeiten sollen so verhindert werden, das randständige Leben soll nicht einzementiert werden.
Gottes-Logik statt Menschen-Logik
Die Logik eines Gottes, der auf der Seite der politisch Schwachen steht, schlägt die übliche Logik, dass die Stärkeren sich durchsetzen und von der Not anderer profitieren. Selbst mit dem Tod droht Gott hier denjenigen, die darauf pfeifen und andere ausnutzen. Dagegen ist unsere politische Kritik ja geradezu ein sanftes Säuseln... Aber so wichtig ist es Gott, hier für absolute Klarheit zu sorgen!
Nun, das ist lange her. Was tun wir heute damit, in einer anderen Zeit und in einer Gesellschaft, die ein ausgeklügeltes Sozialsystem und auch entsprechende Rechtsnormen hat?
Als Kirche gilt das für uns auch heute noch: der Glaube an Gott trägt den Glutkern der Gerechtigkeit weiter in sich. Unsere Zuwendung zu Gott wird dann echt (also für die Umwelt wirksam) sein, wenn die Menschen in unserer Umgebung merken, dass wir sie sehen in ihren Nöten. Unseren Glauben wird man wahrnehmen, wenn diejenigen, die am meisten am Rand stehen, sehen: wir kümmern uns, wir nehmen ihre Nöte auf, wir fordern politische und strukturelle Maßnahmen ein, wenn ihnen Unrecht geschieht. Und wir tun selber, was in unserer Macht steht, um konkret zu helfen.
Wer fremd im Land ist, wer wenig Ressourcen hat, wer wem Geld schuldet - all dies Gruppen sind auch heute der Umgebung ausgeliefert und gefährdet, ausgenutzt zu werden.
Die überteuerte Mietwohnung für die subsidiär Schutzberechtigten, der ihnen verwehrte Zugang zur Sozialhilfe…
Die Tretmühle für Menschen, die sich verschuldet haben und nun mit Raten Kredite bedienen müssen ohne dauerhaft runterzukommen vom Schuldenberg...
Tausende Frauen aus Osteuropa, die bei uns gegen geringen Lohn in der Pflege tätig sind, weil sie zuhause kaum Perspektiven haben - und Österreich ihnen zuletzt auch noch die Kinderbeihilfe gekürzt hat…
Die Alleinerziehenden, die stark armutsgefährdet sind…
Viel Phantasie braucht es nicht, um die Witwen, Fremden und Waisen ins heute zu übersetzen!
Leidenschaftliche Liebe Gottes zu den Armen
Als Kirche haben wir hoffentlich den Blick für die Lücken im System, für die verborgenen Winkel in der Gesellschaft, wo von der Not anderer profitiert wird. Politisch müssen wir achtgeben, wohin wir uns als Gesellschaft entwickeln. Die leidenschaftliche Liebe Gottes zu den Armen wird nämlich realpolitisch derzeit in Österreich nicht gerade erwidert. Eher gibt man gerne den ökonomisch Schwachen die Schuld für ihr Übel, begnügt sich gerne auch mit Almosen bzw. verteilt großzügig Schuldzuweisungen an Gruppen wie Geflüchtete, Sozialhilfeempfänger, Arbeitslose etc.
Die Bedingungen haben sich in der Sozialpolitik in den letzten Jahren für gewisse Gruppen eindeutig verschlechtert. Gerechtigkeit ist im öffentlichen Gespräch verkürzt worden zu Gerechtigkeit für die sogenannten „LeistungsträgerInnen“. Als gerecht beurteilt wird z.B. von manchen politischen Parteien die Kürzung der Sozialhilfe für Familien mit mehreren Kindern, damit der Abstand zu Niedriglöhnen wieder größer wird. Auf die Idee, daran zu arbeiten, dass Niedriglöhne erhöht werden, kommt man dabei nicht. Man moralisiert wieder verstärkt, verteilt großzügig Schuld an diejenigen mit weniger Möglichkeiten und ruft alle zur Leistung auf. Aber vergisst zu erwähnen, dass die Startbedingungen auch heute sehr ungleich verteilt sind.
Angesichts der größten Wirtschaftskrise seit den 30er-Jahren des letzten Jahrhunderts ist der Zug Gottes zu den sogenannten Kleinen, Schwachen und Armen aktueller denn je. Wir werden als Kirche unsere biblisch jüdischen Wurzeln nicht vergessen können, die leidenschaftlich darum kreisen, dass wir daran bemessen werden, wie es den sozioökonomisch Schwächsten unter uns geht. Eine Politik, die sich den christlich-sozialen Wurzeln verpflichtet fühlt, sollte sich dessen auch besinnen. Wenn sie das nicht tut, werden wir als Kirche, gegründet auf unsere alltäglichen Erfahrungen in unserer sozialen Arbeit, in Wort und Tat aktiv werden müssen. Die Tradition der biblischen Propheten, die gerade dazu oft ihre Stimme erhoben haben, ermuntert uns dazu, nicht zu schweigen, und kreativ laut zu werden.
© Mag. Wilfried Scheidl, Caritas der Diözese Linz
Beispiele für Kürzungen im Sozialbereich am Beispiel von Oberösterreich finden Sie unter
http://www.armutskonferenz.at/news/news-2020/sozialhilfe-keine-krisenfeste-absicherung.html - (abgerufen am 7.9.2020)
Liebe in die Welt bringen
Hass zerstört, die Liebe fördert das Leben
"Seit 2000 Jahren lebt die Erde ohne Liebe. Es regiert der Herr des Hasses. Hassen, ich kann ´s nicht lassen, so schrecklich hassen, ich bin der Hass!" "Und ich düse im Sauseschritt, und bring die Liebe mit von meinem Himmelsritt. Denn die Liebe, die macht viel Spaß, vielmehr Spaß als irgendwas" So einige Zeilen aus einem Lied, das vor einigen Jahren immer wieder zu hören war. Es geht in diesem Lied darum, dass auf der Welt der Hass regiert. Diesem Hass aber wird die Liebe entgegengesetzt. Die Liebe ist die Kraft, die den Hass überwindet. Darum - so erzählt es das Lied weiter - versuchen die Mächte des Hasses die zu töten, die die Liebe bringen wollen.
Ich finde diese Gedanken sehr aktuell. Es gibt viel Hass auf der Welt. Dieser Hass hat seine Ursache im Machtstreben, im Egoismus. Dieser Hass kommt doch daher, dass Menschen einander einordnen nach Hautfarbe, nach Religion, ob ich Mann oder Frau bin, ob reich, ob arm. Hass wird auch dadurch gesät, dass manche führende PolitikerInnen nur noch die eigenen nationalen Interessen sehen. Meinungsfreiheit wird unterbunden. Es ist schlimm, dass ein Volksstamm von Menschen muslimischen Glaubens verfolgt wird, dass sogar versucht wird, diese Gruppe auszurotten.
Es gibt aber ein Gegenmittel gegen den ganzen Hass. Dieses Gegenmittel wird im wichtigsten Gebot der Bibel beschrieben. "Du sollst den Herrn, deinen Gott lieben mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit all deinen Gedanken." Ein weiteres ist auch wichtig. "Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. An diesen beiden Geboten hängt das ganze Gesetz samt den Propheten."
Liebesgebot
Diese Worte haben wir im Evangelium gehört. Jesus kennt sie aus dem Alten Testament. Nach diesen Worten also ist die Liebe das wichtigste Gebot. Alle anderen Gebote, alle Gesetze, die es gibt, sollen ein Ausdruck der Liebe sein. Gesetze und Gebote sollen eines: dem Wohl der Menschen zu dienen. Der Mensch ist eben nicht dazu da, Gesetze und Gebote zu erfüllen. Die Propheten und auch die ganzen Gesetze haben im Sinn, das Leben, das Wohl und das Heil der Menschen zu fördern. Während der Hass zerstört, die Liebe fördert das Leben.
Es ist auch kein Wunder, dass Jesus das Gebot der Liebe als das wichtigste, als das große Gebot beschreibt. Denn die Liebe ist ja - ich habe es ja in meiner Einleitung zu Gottesdienst bereits gesagt - das, was unser Leben bestimmt. Über nichts wird mehr geschrieben als über die Liebe. Das ist die Liebe zwischen Mann und Frau, die Liebe zu den eigenen Kindern, die Liebe zu einem Menschen, den ich einfach mag.
Was Liebe ist, das könnte man stundenlang beschreiben. Ich glaube, das Wesen der Liebe wäre immer noch nicht ausgeschöpft. Liebe, das ist ein Geheimnis. Doch gerade darum ist ja auch die Liebe etwas, was sehr in Gefahr steht. Liebe kann ja auch in Hass umschlagen. Dieser Hass ist dann um so bitterer.
Eheleuten sage ich immer wieder, dass sie man sich um die Liebe redlich mühen muss. Sie ist mehr als eine bloße Verliebtheit, die an den Menschen, in dem ich verliebt bin, nur noch das Gute sieht, in rosaroten Farben betrachtet. Diese Verliebtheit ist sicher notwendig, aber diese Phase muss auch überwunden werden. Nur dann kann eine echte Liebe wachsen.
Gottes Wesen ist die Liebe
Eine echte Liebe kann den Hass in der Welt überwinden. Jesus hat eine echte Liebe gelebt, vorgelebt. Jesus hat uns Gott als den liebenden Vater gezeigt. Ein Theologe sagte einmal sinngemäß: In Jesus ist das schönste Wort Mensch geworden. Dieses Wort heißt: Ich liebe dich, o Mensch! Gottes Wesen ist die Liebe. Diese Liebe ist nicht einfach nur dahergesagt. Diese Liebe ist nicht einfach ein schönes Wort geblieben. Gottes Liebe ist ganz sichtbar geworden. Die Welt hat er nicht aus Zufall geschaffen. Wir leben, weil Gott uns liebt. In Jesus, in seiner Zuwendung zu allen Menschen, ist Gott uns nahegekommen. Gott hat so schöne Umschreibungen. Das ist zum einen der Name Jahwe - der "Ich bin der Ich bin da!" Da ist zu anderen sein Name Immanuel - der "Gott mit uns". Gottes Liebe zeigt sich darin, dass er ein Gott für uns Menschen ist. Gott ist ein Gott der Hingabe. Das hat Gott in Jesus gezeigt, der sein Leben hingab. In allem, was wir über Gott wissen, dürfen wir immer wieder neu lernen: Gott ist ein Gott für uns. Gott ist uns nahe. Gott will unser Heil, will, dass unser Leben glücklich wird, gelingt. Wenn Jesus uns sagt, dass wir zuerst Gott lieben sollen, dann kann unsere Liebe zu Gott nur eine Antwort sein. Gott hat uns zuerst geliebt. Wir leben von dieser Liebe. Unsere Antwort kann nur heißen, dass wir immer mehr in dem hineinwachsen, wer Gott für uns ist.
Im Miteinander leben
Wie Gott eben nicht für sich selbst geblieben ist, so leben auch wir nicht für uns selbst. wir leben im Miteinander. Darum ist auch die Nächstenliebe wichtig. Ich suche nicht nur mein Heil. Ich suche nicht eben nur das eigene Wohl, sondern ich bin auch darauf bedacht, dass mein Mitmensch, mein Bruder, meine Schwester neben mir auch leben kann und darf. Ich darf meine Schwester, meinen Bruder als geliebtes Kind Gottes ansehen. Mein Bruder und meine Schwester sind wertvoll und wichtig. Ich kann nicht jeden Menschen umarmen. Ich kann aber jeden Menschen annehmen wie er ist. Ich kann meine Liebe in konkreten Taten zeigen, in der Bereitschaft, dem zu helfen, der in Not ist, in der Bereitschaft, Frieden zu stiften. Gerade in der Liebe zum Nächsten darf es nicht einfach bei schönen Worten bleiben. Ein schönes und sehr bekanntes Lied heißt ja: "Wo Menschen sich vergessen, die Wege verlassen, und neu beginnen, ganz neu, da berühren sich Himmel und Erde" ... "Wo Menschen sich verschenken, die Liebe bedenken, und neu beginnen, ganz neu; da berühren sich Himmel und Erde" ... "Wo Menschen sich verbünden, den Hass überwinden, und neu beginnen ganz neu, da berühren sich Himmel und Erde, dass Friede werde unter uns...". Die neuen Wege, das sind die Wege der Liebe. Wo die Liebe gelebt wird, wo ich den anderen sehe, da kann ich ein wenig von dem erfahren, was der Himmel ist.
Diese Liebe darf vor allem mir selbst gelten. "wie dich selbst..." Dieser Zusatz ist unbedingt zu beachten. Jesus fordert nicht auf, egoistisch zu sein, Jesus fordert auch nicht auf, eingebildet zu sein, sich selber auf die Schulter zu klopfen. Jeder Mensch darf sich annehmen, so wie er ist. Jeder darf zu sich stehen, mit seinen guten Seiten, aber auch mit seinen Fehlern. Wer nicht ja zu sich sagen kann, wer sich nicht selbst lieben kann, der kann anderen keine Liebe geben. Der wird immer die eigene Unzufriedenheit anderen spüren lassen.
Wir als Christinnen und Christen bringen der Welt Liebe, nicht einfach nur von einem Himmelsritt wie es im Lied beschreiben ist. Dazu ist es nötig, das Gebot, das Jesus im Evangelium aufgezählt hat, zu beachten: die Liebe zu Gott, die Liebe zum Nächsten und auch die Liebe zu sich selbst. Damit können wir viel Hass überwinden. Inmitten von Leid und Hass keimt auch immer wieder neu Liebe auf. In dieser Welt gibt es viel Liebe. Diese Liebe hat die Welt freundlicher gemacht. Bringen wir der Welt die Liebe.
Neben dir soll Leben blühen
Gott lässt sich berühren von der Not der Menschen
„Man erkennt den Wert einer Gesellschaft daran, wie sie mit den Schwächsten ihrer Glieder verfährt.“ Gustav Heinemann, dritter Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland, macht aufmerksam, wohin in der Gesellschaft der Blick bevorzugt zu richten ist, nämlich auf die Schwächsten. Mit dieser Feststellung ist er aber bei weitem nicht der Erste.
„Es ist der Blick von unten, der den Blick von oben entlarvt, als einen Blick von oben eben.“ So bringt es der Amsterdamer Theologe Dick Boer auf den Punkt und knüpft damit an unsere heutige Bibelstelle an. Hier stehen die Schwachen der Gesellschaft im Mittelpunkt. Verbunden wird ihre Lebenssituation mit klaren Anweisungen, Soll-Bestimmungen, wie mit ihnen umzugehen ist. Jahwe hört die Schreie der Witwen, Waisen und Armen. Und hat Mitleid, Mitempfinden, lässt sich berühren, nimmt Anteil an deren Situation. Die Schreie nach Erlösung werden gehört, verklingen nicht im Nichts. Das ist tröstlich und ermutigt auch uns, in Unrechtssituationen immer wieder hinzuhören, hinzusehen, laut die Stimme zu erheben und zu schreien. Der biblische Text entwirft eine Gesellschaft, wie sie auch vorstellbar ist, eine Gesellschaft, in der man aneinander Anteil nimmt, sich bevorzugt um die Schwächeren kümmert, sie ins Leben hereinholt. Gemessen an den heutigen Verhältnissen ist dieser Text ein Entwurf einer Gesellschaft, die noch kommen muss, eine phantastische Geschichte also.
Gutes Leben für alle
Wie anders tönen da heute - gerade in Vorwahlzeiten - Entwürfe für die Zukunft. Da werden die Leistungsstarken wieder hervorgehoben, ÖsterreicherInnen zuerst gereiht, AsylwerberInnen werden nicht als Mitmenschen wahrgenommen, sondern als Menschen dargestellt, die über Gebühr Zuwendungen erhalten. Und auch Slogans wie „Holen Sie sich, was Ihnen zusteht“ rücken nicht die Gemeinschaft in den Mittelpunkt, sondern betonen die je eigenen Interessen. Was zusteht, sollte in einer Gesellschaft gemeinsam verhandelt und verteilt werden, damit alle genug zum Leben bekommen. Der Weg müsste also umgekehrt gegangen werden. Das Denken sollte vom Gemeinwohl ausgehen, alle sollen an den Gütern soweit Anteil haben können, dass Leben, gutes Leben, möglich wird - und dies für alle.
Hier setzt die Bibel einen klaren Kontrapunkt. Wer in den Blick genommen werden muss, um einen Ausgleich in der Gesellschaft zu verwirklichen, wird klar benannt. Es sind die Schwächeren der Gesellschaft, Fremde, Witwen, Waisen, Arme. Und da steht nichts von Abschiebung, Zurückweisung, Bettelverbot, flächendeckend oder sektoral. Wesentlich im biblischen Denken ist, dass alle leben können. Vor allem darf niemand auf Kosten und durch Ausbeutung anderer leben.
Klingelt es da, wenn wir an die heutigen Lebens- und Arbeitsverhältnisse denken, an sinkende Reallöhne, Armut trotz Arbeit, steigende Mieten und Lebenshaltungskosten, an unseren Umgang mit Geflüchteten, Skepsis gegenüber Fremden, BettlerInnen, Obdachlosen, Menschen am Rand der Gesellschaft?
Denkt an eure Vergangenheit
Grundlage für einen gerechten, angemessenen Umgang miteinander soll die Erinnerung sein. „Ihr selbst seid im Land Ägypten Fremde gewesen.“ Ihr wisst hoffentlich noch, wie es euch als Volk da ergangen ist. Denkt an eure Vergangenheit. Die Akkordarbeit als ZiegelarbeiterInnen, Aufseher, die ständig das Arbeitstempo erhöht und die Arbeitsbedingungen verschlechtert haben, da sollte doch Verständnis aufkommen für die Situation von Fremden in eurem Land. Da stellt sich wesentlich die Frage: Wie möchten wir empfangen und behandelt werden, wenn wir in ein fremdes Land kommen? Das könnte ein Kriterium sein, wie wir selber mit anderen, mit Fremden umgehen.
Benimm dich wie ein Mensch. Werde dem anderen zum Nächsten. Diese Nächsten sind im biblischen Denken klar definiert. Auch Papst Franziskus fordert immer wieder dazu auf, an die Ränder der Gesellschaft zu schauen und zu gehen, sich hineinnehmen zu lassen in für uns fremde Lebenssituationen. Verständnis und Mitempfinden, »Compassion« aufzubringen, sich berühren lassen und berühren, soll Grundhaltung unseres Lebens sein. Erinnern, die Sorgen und Nöte wahrnehmen, die Schreie der Fremden, Witwen, Waisen und Armen hören und sich davon bewegen lassen - das ist und bleibt Auftrag des Ewigen auch an uns im hier und jetzt.
Innehalten - schauen, was ist, Innewerden - erkennen, was unsere Aufgabe ist und dementsprechend handeln, Verhältnisse klar benennen und menschenfreundlich gestalten, im Vertrauen auf Gott und das Leben, dazu leitet uns unser Glaube an. Dort, wo Lebensmöglichkeiten bedroht sind, fordert die Bibel zum Eingreifen und Handeln auf und sie gibt auch Ideen mit, wie das gehen könnte. Wenn du einem Armen aus meinem Volk Geld leihst, nimm keinen Wucherzins.
Schuldenfalle
Wer damals Zins bezahlen musste, verschuldete sich normalerweise nur noch mehr, bis er gar nicht mehr bezahlen konnte und gezwungen war, sich als Sklave oder Sklavin zu verkaufen. Auch in der heutigen Zeit müssen Leute Geld ausleihen, um ihr Leben bezahlen zu können, weil sich Private immer mehr an Mieten bereichern, die Löhne oft nicht mehr für einen Monat Leben reichen und Unvorhergesehenes ins Leben tritt. Gerade an den Rändern der Gesellschaft wird es da schnell eng, muss das Urlaubs- oder Weihnachtsgeld dann hergenommen werden, um die Löcher, die sich auftun zu stopfen und übers Jahr einigermaßen auf Null zu kommen. Von Sparen oder was auf die Seite legen ist da gar keine Rede. Nicht selten landen viele dieser Menschen in einer aussichtlosen Schuldenspirale. Es kann sich nicht ausgehen: Wer vorher schon zu wenig Geld hatte, wie soll der nachher ein Vielfaches, mit Zinsen also, zurückzahlen können?
Das hebräische Wort »neschek«, das mit Zins übersetzt wird, bedeutet buchstäblich »das, was abgebissen wird«. Bildlich gesehen fehlt also jemandem ein Stück auf Kosten anderer, die das Maul nicht voll genug kriegen können. Shareholder fallen ein, die Druck auf die Arbeitsplätze ausüben, weil sie immer höhere Gewinne einstreifen wollen, und das ohne selbst zu arbeiten, Unternehmen, die keine fairen Löhne zahlen wollen, die Lohn- und Einkommensschere, die nicht und nicht zugehen will. Dahinter stecken Interessen, dass das so bleibt, dass Menschen auf Kosten von anderen leben, dass Menschen abhängig gemacht werden und sich einige zu MachthaberInnen aufschwingen.
Entwurf einer neuen Gesellschaft
Dagegen gebietet die Bibel klar Einhalt. Niemandem steht es zu, sich über einen anderen Menschen zu erheben. Im Gegenteil: Jede und jeder ist mitverantwortlich für die Menschen neben ihm und ihr. Ein Mantel, der zum Pfand genommen wird, soll bis Sonnenuntergang zurückgegeben werden. Um Lebensmöglichkeiten zu gewährleisten und abzusichern, braucht es also klare Rechtsordnungen, die allen im Volk klar sind und daraus resultierend Verständnis und Berührbarkeit mit sich bringen. Der Mantel dient als Decke. Worin soll der Mensch sonst schlafen? Es geht um das Notwendige. Das muss für alle gesichert sein. Tagtäglich. Hier nimmt die Bibel eine klare Haltung und Position ein. Der Blick muss bevorzugt auf die Schwächeren gerichtet werden, sie sind der Maßstab für die Menschlichkeit einer Gesellschaft. An ihren Lebensverhältnissen ist ablesbar, wie weit wir einander Mensch oder Wolf sind. Unsere Zuwendung macht deutlich, wem wir Nächster beziehungsweise Nächste werden und sind. An unserem Handeln entscheidet sich, ob der Entwurf einer neuen Gesellschaft, wie er uns in biblischen Texten entgegenkommt, Wirklichkeit werden kann.
Du sollst deinen Nächsten lieben, dir gleich oder wie dich selbst. Erkenne im Nächsten deinen Mit-Menschen und durch ihn dich selbst. Er oder sie ist Mensch wie du, dir verbunden in der radikalen Sehnsucht nach gutem, mitmenschlichem, geschwisterlichem Leben. Gehe immer auch mit dir selbst menschlich um. Gottes Weisungen zeigen sich in einem barmherzigen, menschenfreundlichen, gerechten Umgang mit- und aneinander. Dazu nimmt uns die Bibel immer wieder in die Pflicht und erinnert uns mit ihren prägnanten Texten. Wir sind einander als Menschen in Liebe verpflichtet. Wir haben es in der Hand, ob es frei nach Hilde Domin, „hinter uns herblüht“.
© Mag. Fritz Käferböck-Stelzer, Linz.
Gottes- und Nächstenliebe bilden eine Einheit
Freude über Gott als Grundlage der Gebote
Im heutigen Evangelium begegnen wir Pharisäern, die offensichtlich zu denen gehören, die gegen Jesus eingestellt waren. Im NT wird dieses Bild der Gegnerschaft seitens der Pharisäer und Schriftgelehrten gegenüber Jesus vorrangig überliefert. Aus ihren Reihen kommen, die am Ende die Verurteilung Jesu betreiben. Es wäre aber sicher falsch, die Pharisäer grundsätzlich zu verurteilen. Ihre Verdienste lagen darin, dass sie im Volk wesentlich mit dazu beitrugen, den Glauben an den einen Gott Jahwe zu festigen und lebendig zu erhalten.
Durch die erfahrene Hilfe Jahwes beim Auszug aus Ägypten, waren die Israeliten zunehmend beglückt über ihren Gott. Sie errichteten das hl. Zelt und brachten aus Dankbarkeit ihrem Gott zum Lobpreis immer wieder Opfer dar, verbunden mit Lobliedern, Psalmen und Hymnen. Dies war ihre Form, die Freude über Jahwe und die Liebe zu ihm zum Ausdruck zu bringen. Ganz und gar wollten sie Jahwe gehören und leben, wie es ihrem Gott gefallen würde. Mit den zehn Geboten, die Moses dem Volk übergab, war die Richtung vorgegeben, wie ein Leben im Sinne Jahwes zu gestalten wäre. Die Liebe zu Jahwe bestand vor allem darin, ihn als alleinigen Gott anzuerkennen und vollstes Vertrauen in ihn zu setzen. Zu Gott zu gehören, ganz die Seinen zu sein, beinhaltete jedoch auch, die Menschen zu lieben, wie Gott es tat. Dies war den Israeliten durchaus bewusst, auch wenn es im Laufe der Zeit zu Ausgrenzungen kam.
Wichtig und entscheidend für uns ist an dieser Stelle, sich bewusst zu werden: Die Zehn Gebote, in die Gottes Wille gefasst war, wurden von den Israeliten bejaht und angenommen aus der Freude über Gott, im Beglückt-Sein über seine Liebe zu ihnen und im Willen und Wollen, ganz mit ihrem Gott vereint zu sein und ihm zu gehören. Es ist ein Unterschied, ob ich ein Gebot lediglich halte, weil es ein Gebot ist, oder ob ich dabei im Bewusstsein die Freude mitschwingen lasse, von Gott uneingeschränkt geliebt zu sein. Im Wollen, ganz Gott zu gehören und mit ihm eins zu sein, lässt sich im Blick auf den Nächsten viel leichter sagen: Weil Gott dich wertschätzt, will auch ich dir immer wieder in Achtung begegnen. Mit diesen Gedanken lässt sich dem Nächsten ganz anders begegnen als nur durch das ledigliche Einhalten von Geboten. Es kommt ein Schwung und eine Freude ins Handeln, mit denen sich selbst Schweres und Kompliziertes viel leichter tun und vollziehen lässt.
Die Freude über Gott öffnet das Herz für die Nächstenliebe
Auf diesen Zusammenhang möchte Jesus in seiner Antwort an die Pharisäer sicher hinweisen. Bewusste und ausgekostete Freude über Gott und Dankbarkeit ihm gegenüber öffnen das Herz für die Nächstenliebe. Denn wir lieben Gott nicht wirklich, wenn wir an seinem Verhalten Kritik üben, indem wir die nicht lieben, die er liebt, oder wie er sie liebt. Daher stellt Jesus die Nächstenliebe auf die gleiche Stufe wie die Gottesliebe und verbindet beide miteinander. An der Bereitschaft zur Nächstenliebe entscheidet sich, wie sehr wir zu Gott gehören und mit ihm eins sein wollen und sind.
Mit der Aussage, dass Gott die Menschen liebt, ist nicht ausgedrückt, dass er einfach alles an jedem gutheißt. Gott übt seine Kritik an ungutem Verhalten; er übergeht nicht einfach alles Negative an uns. Aber er unterscheidet sich von uns oft in der Reaktion, wie wir sie Menschen gegenüber üben. Gott ruft zur Umkehr auf, stellt aber nicht gleichzeitig harte Bedingungen, wie schnell oder auf welche Weise dies zu geschehen habe. Gott kennt Geduld und kommt unseren Bemühungen und unseren Schwächen zu Hilfe. Wir werden trotz weiterer Einbrüche in der Liebe in unserem Bemühen um das Gute und die Liebe von ihm geachtet und mit Wohlwollen bedacht.
In die Nächstenliebe hineinwachsen
Für unser Bemühen, tiefer in die Nächstenliebe hineinzuwachsen, was wir ja wollen, könnte der Satz Jesu „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst!“ eine Hilfe sein. Wir betrachten bei dem Stichwort „Nächstenliebe“ in der Regel oft sofort die anderen: ihr Verhalten, Denken, Reden und Tun und beurteilen sie nach unseren Maßstäben. So sind uns die einen sehr willkommen, von anderen wenden wir uns ab. Jesu Vorschlag „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst!“ könnte uns anregen: Bevor wir das uns von anderen Unterscheidende in den Blick nehmen, bewerten und beurteilen, wäre es gut, einen Blick auf uns selbst zu werfen. Wer bin ich, was ist aus mir geworden? Wem war ich der Mühe wert? Wer kam auf mich zu, als ich mich reingeritten hatte? Wer hat mir zugetraut, dass ich mich besinne und das Gute in mir hervorkehre? Wer hat mich trotz allem nie fallen lassen? Kurz: Sehe ich, wie beschenkt ich bin und dass alles Große in mir gewachsen ist durch die Liebe Gottes und die Liebe derer, die mich nicht fallen ließen und sich nicht von mir abwendeten?
Mache ich mir das genügend bewusst und macht mich das versöhnlicher, ein Stück demütig, vorsichtig und großmütig im Umgang mit dem Nächsten? Mit dieser Sicht sind zwar nicht automatisch alle Schwierigkeiten hinsichtlich der Nächstenliebe bei uns behoben, aber diese Sicht bringt uns gerade auch denen, mit denen wir es schwer haben, um vieles näher. Wo wir begriffen haben, dass wir selbst letztlich allein durch die empfangene Liebe gewachsen sind, wird es uns um vieles leichter, dem Nächsten unsere Liebe in einem hohen Maße zukommen zu lassen.
Möge der von Jesus vorgeschlagene Weg, bei dem Bemühen um die Nächstenliebe uns selbst sehr deutlich in den Blick zu nehmen, für uns eine Hilfe sein. In die Nächstenliebe mehr und tiefer hineinzuwachsen, dazu will Matthäus die Gläubigen anregen und mit dem heutigen Evangelium einen Weg weisen. Der Evangelist ist überzeugt: Es wird uns die Nächstenliebe umso mehr gelingen, wenn die Dankbarkeit einen hohen Stellenwert bei uns einnimmt. Dankbarkeit und Freude über Gottes Liebe zu uns und die von Menschen erhaltene Liebe machen uns stark, in der Mühe um die Liebe zum Nächsten nicht vorschnell aufzugeben. Denn wie wir selbst so wird jeder Mensch vor allem wachsen durch die Liebe, die ihm geschenkt und entgegengebracht wird.
Gottes- und Nächstenliebe als das eine Hauptgebot
Das Doppelgebot
Das heutige Evangelium steht im Zusammenhang von Streitgesprächen, die Jesus mit Sadduzäern und Pharisäern in Jerusalem führte. Ein Pharisäer wollte ihm eine Falle stellen und fragt ihn nach dem größten Gebot. Die Wertigkeit der vielen Gebote wurde im Judentum zur Zeit Jesu diskutiert. Jesus antwortet und spricht vom Grundgebot, das aus zwei gleichrangigen Geboten besteht: der Gottesliebe und der Nächstenliebe. Jesus hängt die beiden Gebote zusammen.
Gott lieben
Wie sollen wir die Gottesliebe leben? Es heißt: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit all deinen Denken. Das ist das wichtigste und erste Gebot“. Schauen wir auf Jesus! Er war mit dem Vater immerwährend im Gespräch. Die Evangelien zeigen uns Jubelrufe Jesu an den Vater, Bittgebete, die er die Jünger lehrt, Hilfeschreie in der Todesangst, Gebete, den Willen des Vaters zu finden, das Gebet im Abendmahlsaal um die Einheit. Jesus ging im Einklang mit dem Vater ans Kreuz für uns. Sterbend empfahl er „seinen Geist in des Vaters Hände“. Wir können wie Jesus das Gespräch mit dem Vater suchen, nach seinem Willen streben und ihn auch dann, wenn es schwer wird für uns, mit seiner Gnade umsetzen.
Den Nächsten lieben
„Ebenso wichtig ist das Zweite: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.“ Jesus lebte immer die reine Liebe zum Nächsten, besonders zu den Sündern und religiös Ausgegrenzten. Im Neuen Testament lässt Jesus die Nächstenliebe darüber entscheiden, ob unser Leben gelingt. In Matthäus 25 stellt der Herr die Prüfungsfrage unseres Lebens, wenn er zu Gericht kommt am Ende der Zeiten: Hast du den Bruder, die Schwester in ihrem Hunger, Durst, in dem Ausgestoßenen-Sein geliebt? Jesus setzt sich gleich mit den Kranken, Nackten, Gefängnisleuten, den "Ohne-Leuten": ohne Geld, ohne Bildung, ohne Wohnung, ohne Beziehungen, ohne Schönheit, ohne Land, ohne Lobby, ohne Macht. Er frägt uns: „Hast Du im geringsten Bruder, in der geringsten Schwester mich erkannt und mir geholfen?“
Im Johannesevangelium steigert Jesus das Gebot der Nächstenliebe: Er gibt uns das Neue Gebot: "Liebt einander so, wie ich euch geliebt habe; daran werden alle erkennen, dass ihr meine Jünger seid, wenn ihr einander liebt". Den andern lieben: nicht mehr wie sich selbst, sondern wie Jesus uns geliebt hat. Der neue Maßstab ist Jesus. Seine Liebe gibt alles: Als Sohn Gottes wird er Mensch, lässt seine Macht los und wird einer von uns; er wäscht uns die Füße und stirbt für uns. Das Neue Gebot, das uns der Herr im Abendmahlsaal schenkt, lädt ein zur Liebe bis zum Tod.
Wie kann man das leben?
Wie geht es uns mit der hohen Herausforderung des Neuen Gebotes? Kann man das leben? Wir Menschen reagieren unterschiedlich: Jeder kennt es von sich: wir sind nicht immer gleich gut und hilfsbereit. Oft fühlen wir uns blockiert und können nicht auf andere zugehen. Dazu kommt, dass oft gute Menschen mit Leuten leben, die ihnen das Leben schwer machen: um zu lieben, heißt es sehr geduldig bleiben.
Auch wenn wir nicht immer für den Mitmenschen leben: Dennoch - es geschieht täglich viel Gutes. Nur redet niemand davon, weil es selbstverständlich ist. Man hilft sich in der Nachbarschaft, passt auf Kinder auf, macht Alten- und Krankendienste, gestaltet Feste mit. Wie viel Einsatz gibt es auch bei Jugendlichen. Viele sind offen für die Fremden, helfen, investieren Zeit für andere.
Und tun nicht auch die Gutes, die nicht schimpfen, wenn was danebengeht, wenn nicht der perfekte Service geboten ist, wenn die Bedienung etwas vergisst, wenn Fehler gemacht werden, auch von denen vorne dran. Für das Klima im Alltag ist entscheidend, ob ich mit fadem Gesicht herumlaufe, meckere und nörgle, oder ob ich herzlich und verständnisvoll bin. Dazu gehört auch, dass ich mir mal helfen lasse. Der Satz: "Lieber geh‘ ich z'grund, als dass ich mir helfen lasse!" ist unmenschlich!
Die Weisungen zur Liebe, die uns Jesus gibt, legen die Latte hoch. Dennoch trotz Schwierigkeiten im Umgang miteinander, trotz Enttäuschungen und Grenzen unserer Liebesfähigkeit können wir um den Geist Jesu Liebe beten, täglich neu zu beginnen füreinander zu leben.
Nächstenliebe muss konkret werden
In der Zwickmühle
Die meisten werden das Brettspiel Mühle kennen. Wer es schafft, drei Steine in einer Reihe zu haben, nimmt dem anderen einen Stein weg. Wer am Ende noch Steine hat, ist Sieger. Um zu siegen, ist es oft das Ziel, mehrere Reihen zu bilden, dass jeder Zug ein Gewinn wird. Es ist die berühmte Zwickmühle. Wenn der Mitspieler die schafft, ist die Niederlage klar.
Mir kommt der Gesetzeslehrer vor wie in einer Zwickmühle. Seine Frage nach dem wichtigsten Gebot sollte eine Probe sein. Jesus sollte eine falsche oder nicht ausreichende Antwort geben. Damit hätten sie Jesus gehabt. Aber es kommt anders.
Die Antwort Jesu mit dem Doppelgebot macht den Mann wehrlos. "Liebe Gott und liebe deinen Nächsten wie dich selbst!" (Mt 22,37-39) lautet die bekannte Zusammenfassung. Damit hatte der Gesetzeslehrer nicht gerechnet. Nun blieb ihm keine weitere Frage mehr. Was immer er gegen Jesus anführen wollte, es war kein Handeln aus Liebe mehr. Aus und vorbei mit dem Versuch, Jesus aufs Glatteis zu führen. In allen Versuchen wäre es kein Handeln aus Liebe Jesus gegenüber. Es wäre ein Handeln gegen die Größe und Würde des Nächsten.
Eine Frage des Kaffees und der Gerechtigkeit
Liebe Gott und deinen Nächsten wie dich selbst - das ist weiter Gottes Anfrage an uns. Was ist möglich und was ist sinnvoll? Was hat welche Konsequenzen für alle Seiten?
Nehmen wir als Beispiel den Kaffee. Da hat jemand Geburtstag und soll von der Pfarrei ein Paket Kaffee bekommen. Oder es gibt den Kirchenkaffee nach der Messe oder das Frühstück nach der Morgenmesse. Welcher Kaffee wird gekauft? Mit Blick auf die Kasse das Sonderangebot aus dem Supermarkt? Oder mit Blick auf die Zusammenhänge der Transfairkaffee aus dem Eine-Welt-Laden? Welches Zeichen soll gegeben werden? Welche Botschaft bleibt dann bei den Menschen hängen?
Bei der Weihe einer neuen Kirche hörte ich einen Bischof sagen: "Es wird bei der Gelegenheit gern darauf hingewiesen, wie hoch die Spenden für die neue Kirche waren. Erlauben Sie mir aber die Frage: Wie war das mit den Kollektenergebnissen für Misereor, Adveniat oder andere Aktionen? Haben diese Werke weiter die Mittel bekommen wie bisher? Können sie weiter ihre Not wendende Hilfe leisten und Sie als Gemeinde freuen sich doch über ihre neue Kirche?"
Es steht auf manchen Einladungen zu runden Geburtstagen oder Jubiläen: "Ich habe schon alles. Darum bringen Sie bitte nichts mit, sondern unterstützen Sie das Projekt XY, das mir/uns am Herzen liegt." Wie reagieren wir darauf? Erfülle ich die Bitte, die da geäußert wird? Wie wohl oder unwohl fühle ich mich, wenn ich zur Feier wirklich mit leeren Händen komme? Alle anderen Gäste haben doch etwas dabei...
Nächstenliebe Fremden gegenüber
Die Lesung aus dem Buch Exodus ist mit dem Satz "einen Fremden sollst du nicht ausnützen oder ausbeuten" ist auch heute eine Herausforderung. Dahinter stand die Erfahrung des Volkes Israel, das selbst in der Fremde gewesen war. Es hatte erlebt, wie Menschen mit ihnen umgingen. Es hatte erlebt, was ihnen gut tat und was nicht. Sie brachten diese Erfahrung mit Gott in Verbindung. Er war es doch, der einen guten Lebensplan garantieren wollte. "Wenn du mich liebst, gib die Liebe weiter an die Menschen, die sie brauchen." So fasse ich die Worte zusammen. Was der Notleidende für das Leben braucht, soll er bekommen. Aber was ist das genau? Und wie soll das gegeben werden? Wie trifft uns dann das Wort des Papstes zur Kirche der Armen? Wo genau ist dann unser Platz angesichts der Flüchtlinge, die zu uns ins Land kommen? Was trifft mich, und was lässt mich kalt?
Die Anweisung aus dem Buch Exodus ist Jahrtausende alt. Es gab diese Probleme in der Menschheitsgeschichte immer wieder. Auch wir in Europa hatten in den Jahren nach Ende des Zweiten Weltkriegs Hilfe nötig. Da waren es andere, die sich von unserer Not ansprechen ließen. Heute werden wir gefragt: "Dürfen wir als Christen zuschauen?" Vielleicht tut es uns gut, wenn wir ab und an in die Geschichte schauen. Da finden wir konkrete Formen von Hilfe. Da finden wir Texte von Menschen, die sich und ihr Handeln erklären. Manche sagen: "So konnte ich Gott dienen, indem ich den Menschen diente."
Nächstenliebe und Missionssonntag (in Deutschland)
In diesem Sinne lohnt sich auch der Blick auf den heutigen Weltmissionssonntag. Wir sollen uns für Menschen in Pakistan öffnen. Sie sind für uns die Fremden. Sie erzählen uns von ihren Nöten. Es gibt viele Informationen dazu von Missio Aachen oder München, einige Broschüren stehen am Schriftenstand. Wollen wir uns auf das Teilen von Not, Anliegen, Zeit, Gebet und Geld einlassen?
Etliche Menschen aus Pakistan leben in Deutschland. Weiß ich, wo von uns aus die nächsten Unterkünfte für Menschen von dort sind?
"Dein Kummer wird sich in Freude verwandeln" (Jh 16,20b) steht über dem diesjährigen Sonntag. Ein Versprechen Jesu an seine verängstigten Apostel. Es soll zum Versprechen an Christen in Pakistan werden. Sie haben Angst, aber auch Mut und Hoffnung.
Eine Kirche für die Armen oder die Kirche der Armen
Eine Liebe ohne Abstriche
"Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst" (Mt 22,39)
Geht das überhaupt: den Nächsten lieben wie sich selbst? Heißt das nicht, dem Nächsten all das zu wünschen, zu gönnen und zu tun, was ich für mich selbst beanspruche und will? Gott zu lieben und die Nächsten ist für Jesus das Resümee des Gesetzes und der Propheten. Im Johannesevangelium geht Jesus noch weiter und erteilt seinen Jüngern den Auftrag: "Liebt einander, genauso wie ich euch geliebt habe". Auf dem "genauso wie" liegt die Betonung. Jesus will eine Liebe ohne Abstriche und ohne Grenzen, "bis zum Äußersten" (vgl. Joh 13,1 - 19,30).
Jesus fordert nichts Unerfüllbares und tausende Menschen haben diese Liebe tatsächlich gelebt, oft sogar bis zur Hingabe des eigenen Lebens. Wir nennen solche Menschen "Heilige".
Zum Nächsten werden
Die Zielgruppen dieser Liebe sind nach dem Beispiel Jesu vor allem die Armen, die Ausgeschlossenen, die Benachteiligten, alle jene, die in unserer Gesellschaft als überflüssig gelten. Gerade diesen Menschen neigt sich Jesus liebevoll zu. Er will aber nicht ein Reicher sein, der von seinem Reichtum etwas abgibt. Das Aufregende der Geschichte Jesu ist, dass er selbst arm wurde. "Er war Gott gleich, hielt aber nicht daran fest, wie Gott zu sein, sondern entäußerte sich und wurde wie zum Sklave." (Phil 2,6-7). Arm, in einem Stall, ist Jesus geboren. Arm, völlig entblößt und verlassen stirbt er am Kreuz.
Es ist diskriminierend, wenn Arme zu Objekten der Nächstenliebe werden. Die Pädagogik Jesu war eine ganz andere. In der ergreifenden Erzählung vom Barmherzigen Samariter (Lk 10,25-37) bleibt es nicht beim Mitleid. Die Schlussfrage heißt auch gar nicht: "Wer war der Nächste?" sondern "Wer ist zum Nächsten dessen geworden, der von den Räubern überfallen wurde" (Lk 10,36). Es ist Auftrag des Evangeliums, dass wir anderen zu Nächsten werden. Menschen "an der Peripherie", von denen Papst Franziskus spricht, sind nicht "Objekte" karitativer Einrichtungen der Kirche, sondern sie sind Kirche, Volk Gottes, haben also Subjekt-Status. So, jedenfalls, hat Jesus die an den Rand Gedrängten verstanden und sie sogar seliggepriesen.
Kirche - ein Zuhause für die Armen
Die Kirche ist dazu berufen, das Werk Jesu fortzusetzen. Das heißt, sie muss so sein wie Jesus sie wollte, also selbst arm und offen für die Armen und Notleidenden. Das Schlussdokument der Lateinamerikanischen Bischofskonferenz von Aparecida will, dass die Kirche wieder ein "Zuhause für die Armen" (DAp 524) wird. Nur wenn sie selbst arm ist, kann sie den Ausgegrenzten und den Menschen an der Peripherie zur Nächsten werden.
Das Thema der "Armen Kirche" ist gar nicht so neu. Am 11. September 1963, also rund vier Wochen vor der Eröffnung des II. Vatikanischen Konzils, sprach der gute Papst Johannes XXIII in einer Rundfunkansprache plötzlich von einer "Kirche der Armen" und wollte damit ganz sicher einen Standortwechsel für die Kirche in die Wege leiten.
Leider wurde unsere Kirche im Laufe der Jahrhunderte immer weniger zur Nächsten für die Leute an der Basis. Arme fühlten sich nicht mehr in der Kirche beheimatet. Gott sei Dank beginnt der Trend, wenn auch noch sehr zaghaft, heute anders zu laufen und viele Priester, ja sogar Bischöfe steigen herunter vom Thron, mischen sich unter die Leute und erfahren sich als Diener des Volkes Gottes, werden wieder den Armen zu Nächsten. Unser Papst Franziskus geht mit gutem Beispiel voran und sagte bereits kurz nach seiner Wahl bei einem Empfang für die Vertreter der Medien: "Ich möchte eine arme Kirche und eine Kirche für die Armen”. Gerade deshalb hat er auch als Papst den Namen des Franz von Assisi gewählt. Hoffentlich kommt der schon von Johannes XXIII. gewünschte Standortwechsel nun endlich zustande.
Der "Katakomben-Pakt"
Im Zusammenhang mit dem II. Vatikanischen Konzil (1962-1965) gab es bereits konkrete Ansätze. Am 16. November 1965, drei Wochen vor dem Abschluss des Konzils, trafen sich in den Domitilla-Katakomben außerhalb Roms 40 Bischöfe aus verschiedenen Erdteilen und legten ein Gelübde ab. Sie versprachen, mit der Option für die Armen ernst zu machen, ein einfaches Leben zu führen und Machtinsignien zu entsagen. Dieses Gelübde erhielt den Namen "Katakomben-Pakt". Den 40 Bischöfen schlossen sich später noch etwa 500 an. Unter anderem versprachen die Bischöfe:
- Wir werden uns bemühen, so zu leben, wie die Menschen um uns herum leben.
- Wir verzichten ein für alle Mal darauf, als Reiche zu erscheinen wie auch
wirklich reich zu sein.
- Wir lehnen es ab, mit Titeln oder Bezeichnungen angesprochen zu werden, in
denen gesellschaftliche Bedeutung oder Macht zum Ausdruck gebracht werden (Eminenz, Exzellenz, Monsignore...).
Leider ist dieser Pakt schnell in Vergessenheit geraten. Nun aber kam ein Papst aus Lateinamerika, der wieder auf diese im Evangelium begründete Haltung und Gesinnung hinweist. Ein neuer Wind möge zu wehen beginnen, der all den schwerfälligen Ballast in den Ortskirchen wegfegt. Die Kirche soll wiederum das werden, was sie ursprünglich war: eine Gemeinschaft, in der gerade die armen und einfachen Leute ihre Heimat fanden. Niemand ist ausgeschlossen. Die Kirche ist für alle da. Aber sie hat die Sendung, Armen und Ausgegrenzten und insbesondere auch Flüchtlingen Heimat zu bieten und für diese Menschen Nächste zu werden.
© Erwin Kräutler, Bischof vom Xingu
Gottes- und Nächstenliebe
Gott und Mensch – Wer braucht wen?
Viele sagen: Gott suche ich, Gott liebe ich. Ich will meine spirituellen Kompetenzen erweitern, aber die anderen interessieren mich nicht. Durch Mitmenschen wurde ich bisher nur enttäuscht. Ihnen lege ich ans Herz: Gott suchen und den Mitmenschen aus dem Weg gehen oder noch härter, sie ablehnen, sie als Störung im eigenen Leben betrachten, das geht nicht zusammen. Gott will über die Mitmenschen gefunden werden (siehe Mt 25,40).
Es gibt Menschen, die sagen Gott interessiert mich nicht. Ob es Gott gibt oder nicht, darum kümmere ich mich nicht. Aber wie es in der Welt ausschaut, das ist ein Ärgernis. Sie setzen sich für andere ein; begegnen ihnen wertschätzend, achtsam, liebevoll. Dabei stellen sie oft ihre eigenen Bedürfnisse hintan, um anderen Gutes zu tun. In ihrem Verhalten, in ihrem Streben schimmert das durch, was wir göttlichen Seinsgrund nennen. In Joh 15,12 fordert Jesus die Jünger und Jüngerinnen auf, einander zu lieben. Gott ist die Liebe. Das Göttliche wird dort erfahrbar, wo Menschen einander liebevoll, wertschätzend, achtsam zugetan sind!
Gott begegnet mir im anderen
In seinem Buch "Kontemplative Exerzitien" schreibt Franz Jalics: Die einzige Weise, mit Sicherheit zu erkennen, wie wir zu Gott stehen, liegt darin, alle unsere menschlichen Beziehungen zusammenzunehmen und anzuschauen. Damit meint er: solange ich einen einzigen Menschen geringschätze, verachte ich Gott. Solange ich einen einzigen Menschen hasse, ignoriere, demütige, ablehne, mache ich das auch mit Gott. Die Identifikation von Gottes- und Menschenbeziehung ist die einzige Chance, wie der Glaube voll im Leben verankert sein kann.
Das mag für manche Ohren radikal klingen, aber wenn wir genau nachspüren, ist es das, was Jesus im heutigen Evangelium sagt: Du sollst Gott aus ganzem Herzen lieben und den Nächsten, wie dich selbst! Gottes- und Nächstenliebe lassen sich nicht trennen!
Oder lassen Sie es mich anders formulieren: ich kann mich Gott nur über den Nächsten nähern. Die Sehnsucht nach Gott wird geweckt durch Vorbilder im Glauben, Begegnungen mit Menschen, durch die die Transzendenz, das Über-uns- hinausschreiten, erfahrbar wird. Das verdeutlicht Jesus zwei Kapitel weiter mit seiner Aussage: "Was ihr dem Geringsten meiner Brüder oder Schwestern getan habt, das habt ihr mir getan." (Mt 25,40). Gott begegnet mir im andern. Um Gott zu erfahren, muss ich mich öffnen, meine Egozentriertheit, das Kreisen um mich und meine Bedürfnisse loslassen.
Liebe ist Begegnung
Indem wir uns einander zuwenden, begegne ich dem/der anderen. Lieben heißt: sich in andere einfühlen, wertschätzend und achtsam mit deren Bedürfnissen umgehen. Davon spricht auch die heutige Lesung aus dem Buch Exodus. Sie beschreibt auf konkrete Weise, wie Menschen einander begegnen sollen: den Fremden nicht ausbeuten; Witwen und Waisen nicht ausnützen; die Armen nicht durch Wucher ausbeuten. Handelt das Volk Gottes gegen diese Gebote entbrennt Gottes Zorn.
Das Gebot der Gottes- und Nächstenliebe ist die Basis aller Gebote. Diese Gebote wurden uns gegeben, um das Zusammenleben von Menschen zu regeln. Halten sich die Menschen daran, wird es ihnen gut ergehen; wenn nicht, gibt es Ungerechtigkeit, Ausbeutung, Hass, Krieg...
Braucht Gott unsere Liebe?
Aber braucht Gott unsere Liebe? Oder brauchen nicht eher wir seine Liebe? - Ich bin überzeugt, dass es in uns allen eine Sehnsucht gibt: dieses uralte Wissen, dass wir nicht von dieser Welt sind und nicht in ihr bleiben. Diese Ahnung, dass es jenseits dieser Wirklichkeit und Erfahrung, eine Dimension gibt, in der wir immer schon gehalten, getragen, geliebt sind. Wir nennen es Gott oder göttlichen Seinsgrund. Dorthin zieht es uns wieder zurück.
So gibt es nicht nur in unseren heiligen Schriften die Paradieserzählung, die von einem Urzustand erzählt, in dem wir mit Gott eins waren. Auch andere Religionen berichten in ihren heiligen Schriften von diesem Urzustand des Einsseins mit Gott. In Brasilien, z.B. erzählen sich die Ureinwohner, die Indios von der "Terra sem males", dem Land ohne Übel, wo es kein Leid, kein Elend, kein Töten mehr gibt.
Der Mensch braucht Gott, damit es ihm gut geht
So kennen alle Religionen Gebote, die das Zusammenleben zwischen Menschen regeln. Die Gebote helfen, dass ein friedfertiges Miteinander möglich wird. Sie werden mit der Sehnsucht unseres Lebens, die auf Gott, den göttlichen Seins Grund ausgerichtet ist, begründet, bzw. autorisiert. Damit es uns gut geht in dieser Welt, brauchen wir Gott. Seine Gegenwart, seine Liebe fordert die Menschen auf, sich für ein friedfertiges und gerechtes Zusammenleben zu engagieren. Wo Menschen gut miteinander umgehen, wird der göttliche Seinsgrund spürbar und transparent.
Ich wage zu behaupten: Gott braucht uns nicht, aber wir brauchen ihn, damit wir uns immer neu bewusst machen, wie der Auftrag bzw. Sinn unseres Daseins in der Welt lautet: Liebe deinen Nächsten wie dich selbst, denn du bist schon gehalten, getragen, geliebt vom Urgrund, vom göttlichen Mutterboden deines Seins!
Wenn wir lernen, uns immer mehr in diesen Auftrag einzuüben, d.h. vertrauen, dass wir bereits geliebt sind und dies an andere weitergeben, dann wird unser Miteinander friedfertiger, achtsamer, wertschätzender; dann steckt diese Freude auch unsere Nächsten an.
Lassen Sie es mich abschließend anhand eines Vergleichs beschreiben: Die Sonne ist der Mittelpunkt unseres Planetensystems. Die Planeten kreisen um die Sonne. Sie sind von ihrer Schwerkraft abhängig. Ohne Sonne können die Planeten nicht existieren. Sie ist die Urkraft, die sie hält und trägt. Die Sonne für sich kann ohne Planeten existieren. Sie verströmt sich selber. Ähnlich ist es auch mit Gott. Gottes Liebe verströmt sich, ob wir sie annehmen oder nicht. Es braucht unsere Hinwendung, bzw. Ausrichtung auf Gott hin, damit die Liebe Gottes uns heilen kann.
Der Auftrag unseres Lebens lautet, diese Liebe an unsere Mitmenschen weitergeben: Damit es dir und deinen Nachkommen gut gehe (nach Dtn 12,28).
© Mag.a Franziska Mair, Pastoralassistentin
Mission heute
International
Immer öfter begegnen uns in den Diözesen und Ordensgemeinschaften Mitteleuropas Priester, Ordensfrauen, Ordensmänner aus ehemaligen Missionsländern. Zum Teil sind es Priester, die von ihrer Heimatdiözese nach Europa geschickt wurden, um hier ihre theologische Ausbildung zu vertiefen, damit sie dann in ihre Heimat zurückkehren und an den Hochschulen kompetent wirken können. Andere sind gekommen, um Immigranten und Flüchtlinge, die zu uns gekommen sind, seelsorglich zu betreuen. Wieder andere wurden herbeigeholt, um dem Priestermangel vor Ort abzuhelfen. Diese haben vor, bei uns zu bleiben.
Nicht wenige sehen in dieser Entwicklung eine Umkehrung der Missionsbemühungen. In den vergangenen Jahrhunderten sind Missionare aus Europa in alle Welt hinausgezogen, um in zuvor unbekannten Ländern das Evangelium zu verkünden und dort Kirche aufzubauen. Im Laufe des 20. Jahrhunderts sind jedoch die meisten Kirchen in den ehemaligen Missionsländern eigenständig geworden. Sie sind zwar immer noch dankbar für finanzielle Unterstützungen und für Solidaritätsaktionen, sind aber meist nicht mehr auf personelle Hilfe aus dem Norden angewiesen.
Bedeutet das nun das Ende der mehrere Jahrhunderte dauernden Missionsbewegung? Brauchen wir heute noch Mission? Oder ist mittlerweile Europa selbst zum Missionsland geworden? Manche wünschen sich, dass sich die Missionsrichtung umkehrt, dass nun Europa und Nordamerika Zielgebiete der Mission werden. Ein solches Denken ist wohl ein wenig einfältig und unterschätzt die geistige und religiöse Entwicklung, die weltweit im Gange ist. Sie nimmt auch das Wirken der bereits existierenden Kirchen nicht ernst. Zweifellos ist aber ein Umdenken im Gange, das vielen Menschen noch wenig bewusst geworden ist.
Wozu brauchen wir angesichts dieser Entwicklung heute noch einen Weltmissionssonntag? Mit dem Wandel der Mission hat sich auch die Bedeutung des Weltmissionssonntags geändert. Ich halte ihn aber nach wie vor für sehr wichtig.
Weltweite Solidarität
Der Weltmissionssonntag ist ein Tag der weltweiten Solidarität der Christen. In Europa ist es gefahrlos, sich zu Christus und zu einer christlichen Kirche zu bekennen. Das ist nicht überall so. In vielen Ländern der Erde werden Christen verfolgt und sind in ihrer Existenz bedroht. Sie leben mehr oder weniger im Untergrund. Zahlenmäßig sind es mehr denn je. Wir dürfen sie nicht vergessen, auch wenn wir zur Verbesserung ihrer Lage oft nur wenig beitragen können.
Seit Beginn des Christentums haben sich gerade die Schwachen, Benachteiligten und Unterprivilegierten vom Evangelium angesprochen gefühlt. Gott liebt alle Menschen gleich. Jesus hat sich besonders den Kleinen zugewandt und in der Tradition der Propheten auch soziale Gerechtigkeit eingefordert. Das gilt auch heute noch. Vielen Kirchen fehlt es an den nötigen Mitteln, ihre Aufgaben gut erfüllen zu können, weil sie Kirchen der Armen sind. Wir tun gut daran, sie auch weiterhin mit Spenden zu unterstützen und etwas von unserem Reichtum abzugeben.
Weltweite Einheit
Es gehört zum Wesen des Christentums, dass es in die jeweilige Kultur hinein Wurzeln schlägt und diese Kultur in christlichem Geiste mit- und umgestaltet. Die eine Kirche Christi hat daher viele Gesichter und auch nationale Ausprägungen. Bei allen Unterschieden ist es wichtig und notwendig, dass wir wenigstens einmal im Jahr die Einheit dieser Kirche hervorkehren und sichtbar machen. Diese Einheit bewusst zu machen und zu wahren, ist gerade in unserer Zeit, in der Nationalismen das Zusammenleben der Völker behindern, eine große Herausforderung.
Die Kraft des Evangeliums neu entdecken
Mission ist auch heute ein unverzichtbarer Aspekt kirchlichen Lebens. Und gerade deshalb finde ich es wichtig, mit dem Missionssonntag ein drittes Anliegen zu verbinden. Auch wenn es in allen Kontinenten und Ländern der Erde christliche Gemeinden und Kirchen gibt, ist damit die Mission der Kirche nicht erfüllt. Jesus Christus möchte nicht nur zu allen Menschen kommen. Er möchte die Menschen durch seinen Geist verwandeln. Das ist gemeint, wenn von Evangelisierung die Rede ist. Der Geist Jesu, der Geist des Evangeliums möchte immer tiefer in alle Lebensbereiche eindringen und so das Angesicht der Erde erneuern.
Wir spüren, wie weit wir von diesem Ziel noch entfernt sind. Wenn wir Mission so verstehen, geht es um mehr als um das Gewinnen neuer Mitglieder. Glaubenszeugnis meint nicht so sehr, dass wir auf Schritt und Tritt hervorkehren "ich bin Christ". Es geht um ein überzeugtes und überzeugendes Leben aus dem Geist des Evangeliums.
Gerade an den Bruchstellen des Lebens, wenn nicht alles so glatt geht, wie wir es möchten, kann der Same des Wortes Gottes in die glatte und abweisende Oberfläche auch der modernen Gesellschaften eindringen, sie aufbrechen und seine Kraft entfalten. In diesen Momenten sollten wir Auskunft geben können über das, was uns Hoffnung gibt und im Glauben Halt finden lässt. Viele Christen haben bei uns nie gelernt, über das zu sprechen, was sie im Innersten ihres Herzens bewegt, was ihrem Leben und ihrem Glauben Halt und Kraft gibt. Diesem Defizit abzuhelfen wäre ein lohnendes "Missionsprogramm" für unsere Tage.
Das Gebot der Gottes- und Nächstenliebe
Im Evangelium dieses Sonntags fasst Jesus das, was ihm an seiner Sendung (Mission) am wichtigsten ist, mit den Worten zusammen: "Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit all deinen Gedanken. Das ist das wichtigste und erste Gebot. Ebenso wichtig ist des zweite: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst." Jesus hat dafür gelebt und ist dafür gestorben, diese Liebe, die von Gott ihren Ausgang nimmt, den Menschen nahe zu bringen. Diese Sendung fortzusetzen ist unsere Mission.
Liebe, eine göttliche Lebenskraft
Die Erfahrung von Liebe verändert das Leben eines Menschen
Eine Mutter erzählte mir einmal, wie ihr Sohn ihr mit Herzklopfen mitteilte, dass er verliebt sei und eine Freundin habe. Sie verblüffte ihn, als sie ihm ziemlich genau den Zeitpunkt nannte, zu dem er sich verliebte. Auf die erstaunte Frage, woher sie das wisse, antwortete sie: Das habe ich gespürt. Seit dieser Zeit bist du ganz anders…
Die Erfahrung von Liebe und Verliebtsein verändert das Leben eines Menschen. Nicht selten löst sie eine Art seelischen Wachstumsschub aus. Dies ist auch leicht verständlich. Wenn sich jemand geliebt fühlt, festigt dies das Selbstwertgefühl und führt zu einer positiven Lebenseinstellung.
Im Evangelium dieses Sonntags streicht Jesus die Liebe zu Gott und dem Nächsten als das Wichtigste im Leben heraus. Wie sehr die Liebe zu einem Menschen oder von einem Menschen das Leben positiv verändern kann, können wir uns gut vorstellen. Aber wie weit kann man die Liebe zu Gott damit vergleichen? Fast möchte man fragen: Wie viel Liebe braucht Gott? Müssen wir ihn etwa erst positiv stimmen durch unsere Liebe? Ich kann mir schlecht vorstellen, dass Gott von unserer Liebe abhängig ist oder sich von unserer Liebe abhängig macht.
Die Liebe Gottes ändert unser Leben
Der Verfasser des ersten Johannesbriefes erinnert daran, dass Gott uns zuerst geliebt hat, noch bevor wir selbst ihn lieben konnten.
Wer daran glauben kann, dass Gott ihn von allem Anfang an liebt, und mit dem Wissen um diese Liebe Gottes im Leben steht, sieht und erlebt sich und die Umwelt unter einem positiven Vorzeichen und er geht auch anders mit seiner Umwelt um.
Wer in Gott jene Kraft sieht, die unsere Welt ins Dasein gerufen hat und diesen Gott liebt, wird mit der Schöpfung Gottes anders umgehen als ein Mensch, der seine eigene Existenz und die Existenz der Welt einer Kette von Zufällen zuschreibt.
Wer in seinen Mitmenschen Schwestern und Brüder und in Gott auch deren liebevollen Vater sieht, wird zu ihnen anders stehen als zu einem Mitbewohner dieser Erde oder zu einem Konkurrenten, gegen den er seinen Lebensraum verteidigen muss.
In der Lesung aus dem Buch Exodus haben wir eine Anordnung gehört, wie ein Israelit einerseits mit Fremden, die sich im Land aufhalten, andererseits mit den sozial Schwachen im eigenen Land umgehen soll. Man darf sie nicht ausbeuten und ausnützen. Es gilt nicht das Recht des Stärkeren. Hinter diesem Gebot steht eben die Vorstellung, dass Gott kein Unrecht an seinen Geschöpfen duldet.
Liebe ist eine wichtige Quelle der Spiritualität
Das Wechselspiel von lieben und geliebt werden ist nicht nur bedeutsam für unseren Umgang mit den anderen Menschen und mit unserer Umwelt, sie ist zugleich die Grundlage für das eigenen seelische Wachstum. Die Erfahrung von Liebe lässt uns bewusst werden, dass wir mehr sind als eines von unzähligen Lebewesen, und es hebt uns heraus aus dem Leiden am Werden und Vergehen, dem wir in allem Lebendigen begegnen. Liebe, auch die erotische und sexuelle Liebe, ist eine wichtige Quelle der Spiritualität, betonen Autoren wie Anselm Grün, Pierre Stutz und andere. Sie knüpfen mit dieser Einsicht an die Erfahrungen vieler Mystiker wie Johannes vom Kreuz oder Meister Eckehart an.
Wenn Liebe an Grenzen stößt
Wenn Liebe etwas so Großes und Zentrales ist, warum gelingt sie dann so oft nicht? Warum scheitern und zerbrechen so viele Menschen daran?
Ein Grund liegt in der Angst, sich zu verlieren oder etwas zu verlieren und selbst zu kurz zu kommen, wenn man den anderen, sei es ein Mensch oder sei es Gott, in den Mittelpunkt stellt. Sie führt zu einer Art Verkrampfung, die als Egoismus zutage tritt.
Ein weiterer Grund liegt meines Erachtens darin, dass viele Menschen geneigt sind, Liebe in erster Linie als etwas Naturhaftes zu betrachten. Die Fähigkeit zu lieben ist in der Natur des Menschen grundgelegt. Dies beginnt schon im innigen Verhältnis zwischen Mutter und Kind. Wer wollte leugnen, dass die die erotische Anziehung zwischen zwei Menschen eine Urkraft ist, die uns mit ins Leben gegeben ist. Als solche ist sie auch dem Werden und Vergehen unterworfen, wie alles in der Natur. Die Fähigkeit zu lieben braucht aber auch Pflege, Kultur, dass sie sich entfalten kann. Manchen Menschen ist dies zu mühsam…
Verwurzelung der Liebesfähigkeit in Gott
Ein wichtiger Grund, warum Liebe oft nicht gelingt, scheint mir darin zu liegen, dass sich viele Menschen der religiösen Dimension dieser Lebenskraft nicht bewusst sind. Als Liebende sind wir Menschen Abbilder Gottes, die die Welt aus Liebe geschaffen hat. Um auch noch lieben zu können, wenn die natürlichen Kräfte der Sympathie und menschlichen Anziehung erschöpft sind, braucht es eine Verwurzelung in Gott. Aus einer innigen Beziehung zu Gott gewinnen wir die Kraft zu lieben, wo unseren natürlichen Kräften Grenzen gesetzt sind.
Jesus greift im Gebot der Gottes und Nächstenliebe das Kernstück jüdischer Gläubigkeit auf. Die Liebe zu Gott ist bereits im ersten Bund das Hauptgebot. Ihm wurde das Gebot der Nächstenliebe an die Seite gestellt. Sie sind der Schlüssel zu einem erfüllten Leben sowohl des einzelnen wie auch des ganzen Volkes.
Gott lieben und die Menschen lieben
Fallensteller
Wer die Aufmerksamkeit auf sich lenkt durch Reden und Handeln, das anderen merkwürdig, vielleicht sogar anstößig vorkommt, ist gezwungen, sich immer wieder zu verteidigen und braucht ein gutes Sensorium, raffinierte Fragestellungen mit ihren oft unlauteren Absichten zu durchschauen. Wieder einmal sind es die Pharisäer, aber auch die Sadduzäer, die Jesus "ausrutschen" lassen wollen. Von den Sadduzäern hören wir in der Heiligen Schrift sehr wenig. Sie sind eine religiöse Gruppierung Israels, benannt nach dem Priester Zadok, zur Zeit Davids. Diese Menschen entwickeln sich zu einer adeligen Elite und weiter zu einem erblichen Hohenpriestertum. Obwohl sie mit den Pharisäern konkurrierten, arbeiteten sie doch vor allem beim Prozess gegen Jesus zusammen. Die Sadduzäer leugneten die Auferstehung der Toten (siehe Mk. 12,18ff. und Apg. 23,6ff). und glaubten nicht an die Existenz von Engeln und Dämonen. In Rechtsauffassungen und in Fragen kultischer Reinheit waren sie äußerst rigoros.
Vor diesem Hintergrund sind auch immer wieder manche Entscheidungsfragen zu sehen: "Ist es erlaubt, dem Kaiser Steuer zuzahlen oder nicht?"(Mt.22,17.- Evangelium vom 29. Sonntag im Jahreskreis) oder kaum erkennbare Suggestivfragen zu stellen: "Meister, welches Gebot im Gesetz ist das wichtigste?"(Mt.22,36). Mit diesen Fragen und den entsprechenden Antworten soll sich Jesus selber das Todesurteil sprechen. Matthäus stellt die Situation recht gut dar, wenn er sagt:"Jesus erkannte ihre böse Absicht und er sagte: IhrHeuchler, warum stellt ihr mir eine Falle?"(Mt. 22,18).
Das Gebot der Gottes- und Nächstenliebe
Diese beiden Sätze sind Brücke zu den Texten des heutigen Sonntags, vor allem zu Erstem Testament (=AT) und Evangelium. Jesus antwortet nämlich sehr traditionell mit Schriftstellen aus der Tora, genauer: aus dem Buch Deuteronomium und Levitikus: "Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit ganzerKraft."(Dtn. 6,5) und: "Du sollst deinen Nächsten lieben wie dichselbst."(Lev.19,18). Also, zunächst nichts Neues, oder doch?
Neu daran ist, dass diese beiden Gebote nicht mehr unabhängig voneinander gesehen werden können. Sie sind ineinander verwoben. Einfacher gesagt: Gott lieben und die Menschen lieben."Gott ist die Liebe." (1 Joh.4,8). Das ist allerdings in unserer Zeit des Umbruchs, der vielen sozialen Probleme und des damit verbundenen Leides und mancher Not unverständlich. Wie soll ich jemanden lieben, den ich nicht kenne, von dem ich nicht einmal sicher bin, ob es ihn gibt? Die Antwort im 1. Johannesbrief, aber auch in der Exodusstelle fällt sehr konkret aus: "Wer seinen Bruder (=Mitmenschen) nicht liebt, den er sieht, kann Gott nicht lieben, dener nicht sieht." (1.Joh.4,20).
Ein Gesetz ohne Liebe ist unbarmherzig, kalt
Gottes Liebe zeigt sich über den Mitmenschen, besonders über den, der in eine Ausnahmesituation oder sonst wie in Not geraten ist: in geistiger Not, wenn sein Leben unter Sinnlosigkeit leidet oder materielle Not, etwa durch Krankheit, Scheidung, Verlust des Arbeitsplatzes. Beinahe jeder Satz der ersten Lesung benennt deutlich eine schwierige Situation, die wir fast nahtlos in die Gegenwart übertragen können. Dieses Liebesgebot wird in der Bergpredigt nochmals radikal verschärft. Jesus, der keinen Konflikt mit den Schriftgelehrten aus dem Weg gegangen ist, um Menschen aus dem unerträglichen Druck mancher Gesetze zu befreien, will uns klar machen, dass penibles Einhalten des Rechts und der Gesetze ohne Wertschätzung des anderen, ohne Vertrauen, ohne Liebe sehr unbarmherzig, kalt, unmenschlich ist. Gesetze sind notwendig- im rechten Maß. Das Gewissen benötigt der Mensch im Übermaß der Liebe.
Gott unter die Leute bringen
Vor kurzer Zeit bekam ich die Herbstausgabe des Pfarrblattes von Hadersdorf/Kamp in die Hand und fand darin einen Text, der eine großartige Verbindung vom Matthäusevangelium des letzten sowie des heutigen Sonntags und der alttestamentlichen Lesung darstellt:
"Wir sind die Währung - Geld will unter die Leute.
Auch ich gehöre nicht mir selbst:
Gott bringt uns in Umlauf, sendet uns aus.
Und darum darf ich einem anderen Menschen in kleiner Münze 'heimzahlen',
weiterschenken, was ich in Gottes Augen bin:
mehr als eine Wertsache - ein Schatz!
Wir gehören unter die Leute, nicht in den Tresor."
- Liedvorschläge1
Hans Hütter (2017)
Lieder:
GL 148: Komm her, freu dich mit uns (2. Str.)
GL 210: Das Weizenkorn muß sterbenm
GL 215: Gott sei gelobet und gebenedeiet (3. Str.)
GL 273: O Herr, nimm unsre Schuld (3. und 4. Str.)
GL 342: Komm, Heilger Geist, der leben schafft (4. Str.)
GL 358: Ich will dich lieben, meine Stärke
GL 368: O lieber Jesu, denk ich dein
GL 381: Dein Lob, Herr, ruft der Himmel aus (3. Str.)
GL 392: Lobe den Herren, den mächtigen König
GL 399: Gott loben in der Stille (2. Str.)
GL 402: Danke Gott, denn er ist gut
GL 414: Herr, unser Herr, wie bist du zugegen
GL 425: Solang es Menschen gibt auf Erden (5. Str.)
GL 442: Wo die Güte und die Liebe wohnt, dort nur wohnt der Herr
GL 460: Wer leben will, wie Gott auf dieser Erde
GL 464: Gott liebt diese Welt
GL 487: Nun singe Lob, du Christenheit (3. und 5. Str.)
GL 489: Lasst uns loben, freudig loben (2. und 3. Str.)
GL 491: Ich bin getauft und Gott geweiht
Kehrverse und Psalmen:
GL 305,4 (751): Dies ist mein Gebot: Liebet einander, wie ich euch geliebt - Mit Psalm 15 (GL 34,2) oder mit Psalm 42 (GL 42,2) - VI.
GL 305,5 (811): Wo die Güte und die Liebe wohnt - Mit Psalm 15 (GL 34,2) oder mit Psalm 42 (GL 42,2) - VI.
- Einleitung5
Hans Hütter (2023)
Ein entscheidendes Thema unseres Lebens und auch unseres Glaubens ist die Liebe. In vielfältiger Weise wird sie besungen und bedacht. Bei so umfassenden Begriffen wie dem der Liebe kommt es allerdings darauf an, was man konkret damit meint und was man darunter versteht. Es besteht die Gefahr, dass wir zwar das gleiche Wort verwenden, aber dennoch an einander vorbeireden.
Jesus hat uns nicht nur die Liebe zu Gott und zu unseren Nächsten als oberstes Gebot aufgetragen, er hat uns selbst vorgelebt, was er darunter versteht. Ohne Liebe gibt es keinen dauerhaften Frieden zwischen den Menschen und ohne sie gibt es auch kein erfülltes Leben des einzelnen.
Am Beginn dieser Feier bitten wir Gott und einander um Vergebung für das, was wir an Liebe schuldig geblieben sind.
Manfred Wussow (2020)
Heute haben wir schon den 30. Sonntag im Jahreskreis! Wie viele Sonntage stehen schon unter dem Vorzeichen von Corona? Nicht einmal zwei Hände reichen, sie abzuzählen. Wir spüren die Verunsicherungen. Wir nehmen die Widerstände wahr. Wir sind nicht im Frieden mit uns.
Aber im Gottesdienst werden wir von Gott umgeben. Von seiner Liebe, von seiner Nähe. Er lädt uns zu seinem Mahl ein. Er schenkt uns seinen Geist. Mit dem 18. Psalm beten wir:
Ich will dich lieben, Herr, meine Stärke, *
Herr, du mein Fels und meine Burg und mein Retter;
mein Gott, mein Fels, bei dem ich mich berge, *
mein Schild und Horn meines Heils, meine Zuflucht.
Jörg Thiemann (2017)
Kein Wort fällt im Neuen Testament so oft wie das Wort "Liebe"! Die Liebe ist auch das, was unser Leben mit Gott und miteinander auszeichnet. Gottes Wort stärke in dieser Feier unsere Liebe. Das Mahl, in dem Jesus in Brot und Wein da ist, durchdringe uns mit der Liebe Gottes. Es gebe uns Kraft, selbst zu lieben,: Gott, den Nächsten und auch uns selbst!
Grüßen wir Jesus, dessen Liebe sich in Wort und Tat zeigte und dessen Liebe jetzt mitten unter uns ist, in unserer Mitte und bitten wir um sein Erbarmen.
Klemens Nodewald (2017)
In welchem Verhältnis stehen Gottes- und Nächstenliebe zueinander? Um diese Frage geht es im heutigen Evangelium. Der Evangelist Matthäus ist ein aufmerksamer Seelsorger. Er weiß, dass bei allem guten Willen die Nächstenliebe nicht stets leicht zu verwirklichen ist. Aber er hat eine Idee, die für viele eine Hilfe sein kann. Wahrscheinlich hat er sie selbst erprobt. Er kleidet sie in Worte Jesu, die dieser einigen Pharisäern zur Antwort gab, als sie ihn fragten: „Meister, welches Gebot im Gesetz ist das wichtigste?“
Norbert Riebartsch (2014)
Darf ich dich mal etwas fragen? Bei dieser Einleitung steigen bei manchem der Blutdruck und die Spannung. Was kommt jetzt wieder?
Wir werden im Evangelium auch einer Frage begegnen, die Jesus gestellt wird. Jesus bleibt die Antwort nicht schuldig. Es ist eine Antwort über die Liebe. Der Frager wird nun aber erst recht zu einem Menschen, der sich selbst nach seinem Handeln fragt
- Bußakt2
Beatrix Senft (2023)
Herr, Jesus Christus,
du forderst uns zur Gottes- und Menschenliebe.
Erbarme dich unserer Lieblosigkeit.
Herr, erbarme dich.
Du verkündest die Barmherzigkeit des Vaters.
Erbarme dich unserer Hartherzigkeit.
Christus, erbarme dich.
Du hast die Klagerufe der Menschen wahrgenommen und sie aufgerichtet.
Erbarme dich unserer Gleichgültigkeit.
Edith Furtmann (2023)
Herr Jesus Christus,
du hast uns gezeigt, was wichtig ist
Herr, erbarme dich.
Wir sollen Liebe in die Welt bringen
Christus erbarme dich.
Da wo Menschen geliebt werden, hat der Hass keinen Platz mehr.
Herr, erbarme dich.
- Kyrie6
Hans Hütter (2023)
Herr, Jesus Christus,
du hast uns die Liebe des Vaters geoffenbart.
Herr, erbarme dich.
Durch dich sind wir Kinder Gottes geworden.
Christus, erbarme dich.
Wer in deiner Liebe bleibt, bringt reiche Frucht.
Herr, erbarme dich.
Manfred Wussow (2020)
Herr,
eine Burg wäre jetzt gerade richtig!
Sich zurückziehen, die Brücke hochziehen,
die böse Welt draußen lassen.
Aber du öffnest Türen und machst die Tore weit.
Herr, erbarme dich.
Christus,
einen Felsen unter unseren Füßen wünschen wir uns sehr.
Während es stürmt und die Wellen hoch gehen,
möchten wir allen Widerfahrnissen trotzen.
Aber du hilfst uns, einander nicht untergehen zu lassen.
Christus, erbarme dich.
Herr,
eine Rüstung täte uns gut.
Gepanzert und mit Harnisch über dem Gesicht
könnte uns niemand zu nahe treten,
niemand in die Augen schauen.
Aber du hast dich wehrlos gemacht
und mit Liebe die Welt bezwungen.
Herr, erbarme dich.
Ich bin vergnügt, erlöst, befreit.
Gott nahm in seine Hände
meine Zeit, mein Fühlen, Denken, Hören, Sagen,
mein Triumphieren und Verzagen, das Elend und die Zärtlichkeit.
(H.D. Hüsch)
Ehre sei Gott in der Höhe...
Jörg Thiemann (2017)
Herr Jesus Christus,
wir sollen Gott, unseren Gott lieben mit ganzem Herzen.
Wenn uns anderes wichtiger, ja größer erscheint, rufen wir:
Herr, erbarme dich.
Herr Jesus Christus, wir sollen den Nächsten lieben.
Wenn wir Menschen verachten oder gering schätzen, rufen wir:
Christus, erbarme dich.
Herr Jesus Christus, wir sollen den Nächsten lieben wie uns selbst.
Wo wir uns nicht bejahen und wo wir hart sind zu uns selbst, rufen wir:
Herr, erbarme dich.
Klemens Nodewald (2017)
Gottes- und Nächstenliebe sind für Jesus die Themen,
die in allen seinen Worten direkt oder indirekt Niederschlag finden.
Wenden wir uns dem Herrn zu mit der Bitte:
Herr Jesus Christus,
die Liebe zu uns Menschen war der Grund, dass du unsere Erde betratst.
Herr, erbarme dich.
In Wort und Tat zeigtest du auf, welche Bedeutung die Liebe hat
und welcher Segen von gelebter Liebe ausgeht.
Christus, erbarme dich.
Deinem Beispiel zu folgen, dazu willst du uns bestärken.
Herr, erbarme dich.
Es erbarme sich unser der Herr,
damit unser Wollen, einander zu lieben, sich oft erfülle. – Amen.
Norbert Riebartsch (2014)
Herr Jesus,
treuer Zeuge der Liebe des Vaters zu seinem Volk.
Kyrie, eleison.
Herr Jesus,
unser Vorbild in der Liebe zum Nächsten.
Christe, eielson.
Herr Jesus,
an unserer Seite, wenn wir Wahrheit suchen.
Kyrie, eleison.
Sozialreferat der Diözese Linz (2014)
Jesus Christus,
du bist gekommen, uns die liebende Gegenwart des Vater zu verkünden.
Herr erbarme dich unser.
Jesus Christus,
du begegnest uns in jedem unserer Brüder und Schwestern.
Christus erbarme dich unser.
Jesus Christus,
du gibst uns die Kraft, einander die Hand zur Versöhnung zu reichen.
Herr erbarme dich unser.
© Mag.a Franziska Mair, Pastoralassistentin
- Tagesgebet3
Messbuch - TG 30. Sonntag: mehre in uns Glauben, Hoffnung und Liebe
Allmächtiger, ewiger Gott,
mehre in uns den Glauben,
die Hoffnung und die Liebe.
Gib uns die Gnade,
zu lieben, was du gebietest,
damit wir erlangen, was du verheißen hast.
Darum bitten wir durch Jesus Christus.
MB 30. Sonntag im Jahreskreis
Messbuch - TG 25. Sonntag: Das Gebot der Liebe als Erfüllung des ganzen Gesetzes
Heiliger Gott,
du hast uns das Gebot der Liebe
zu dir und zu unserem Nächsten aufgetragen
als die Erfüllung des ganzen Gesetzes.
Gib uns die Kraft,
dieses Gebot treu zu befolgen,
damit wir das ewige Leben erlangen.
Darum bitten wir durch Jesus Christus.
MB 25. Sonntag im Jahreskreis
Messbuch - TG 4. Sonntag: die Menschen lieben, wie du sie liebst
Herr, unser Gott,
du hast uns erschaffen, damit wir dich preisen.
Gib, daß wir dich mit ungeteiltem Herzen anbeten
und die Menschen lieben, wie du sie liebst.
Darum bitten wir durch Jesus Christus.
MB 4. Sonntag im Jahreskreis
- Eröffnungsgebet5
Beatrix Senft (2023)
Gott,
wieder lädst du uns ein,
mit allem, was uns ausmacht, zu dir zu kommen.
Wir sind deinem Ruf gefolgt.
Öffne uns für deine Worte, die du uns durch Jesus geschenkt hast,
und mache uns bereit, seinem Beispiel zu folgen.
Dir sei, mit deinem Sohn und dem Hl. Geist,
Lob und Ehre in Ewigkeit. - Amen.
Manfred Wussow (2020) - EG Wussow: 30. So. Jahreskeis A
An diesem Abend/Tag kommen wir zu dir,
Gott des Lichtes, Gott der Hoffnung.
Wir sind im Bann von Schlagzeilen,
Verlautbarungen und Krisenszenarien.
Manchmal haben wir Angst,
manchmal sind wir einfach nur wütend;
zu vieles wächst uns über den Kopf.
Bewahre uns davor,
uns von einem Virus gefangen nehmen zu lassen,
die Welt zu verdunkeln
und die Solidarität untereinander aufzugeben.
Du kannst auch in unseren Albträumen
die Hoffnung lesen
und die Sehnsucht nach der Liebe,
in der alles verwandelt wird
in Christus,
unserem Bruder, Freund und Herrn.
In der Kraft seines Geistes und
von Ewigkeit zu Ewigkeit.
Jörg Thiemann (2017)
Guter Gott,
Dich sollen wir lieben.
Das ist so einfach!
Die Schwester oder den Bruder zu lieben?
Das ist oft sehr schwer!
Uns selbst zu lieben?
Das scheint eher unmöglich.
Es wirkt eingebildet.
Doch du trägst uns die Liebe auf.
Du traust sie uns zu.
Stärke in uns die Liebe.
So können wir deine Zeugen sein. - Amen.
Norbert Riebartsch (2014)
Herr Jesus,
auf die Fragen der Menschen hast du geantwortet.
Damit hast du ihnen Wege geebnet,
manchmal auch einen falschen Weg entlarvt.
Hilf uns bei unseren Fragen an dich
und lass sie so gestellt sein,
dass deine Größe spürbar wird.
Darum bitten wir dich, die Wahrheit und die Antwort,
der du mit dem Vater und dem Geist
uns führst und begleitest. - Amen
Sozialreferat der Diözese Linz (2014)
Gott,
du Ziel unserer Sehnsucht,
du umhüllst uns mit deiner Gegenwart.
Du begegnest uns in unseren Mitmenschen.
Lass uns dich immer mehr erkennen,
durch Christus Jesus unseren Herrn. - Amen.
© Mag.a Franziska Mair, Pastoralassistentin
- Fürbitten13
Hans Schalk (2023)
Herr Jesus Christus,
unser Vorbild und unser Anwalt vor dem Vater,
wir rufen zu dir:
Wir beten um die Gabe der Liebe zu Gott und zum Nächsten!
Christus, höre uns! - Christus, erhöre uns!
Lass uns die Gaben, die uns geschenkt sind, erkennen und sie fruchtbar werden lassen!
Für das Miteinander der Völker und Staaten
Stärke die Beziehungen zueinander zum Wohle aller!
Für das Miteinander der kirchlichen Gemeinschaften.
Gib uns den Reichtum unserer Traditionen tiefer zu erkennen!
Für unsere Verstorbenen.
Führe sie in das ewige Reich der Liebe!
Denn du, Herr, bist uns vorausgegangen, uns eine Wohnung zu bereiten!
Dir sei Dank und Lobpreis in Ewigkeit! - Amen.
Sozialreferat der Diözese Linz (2023)
Menschenfreundlicher Gott, du Lebensbejahender,
zu dir kommen wir mit unseren Sorgen, Ängsten und Hoffnungen.
Wir bitten dich:
Für alle Menschen, die unter prekären Bedingungen ihren Lebensunterhalt verdienen müssen.
Sei bei ihnen und gibt ihnen Kraft und Mut, ihre Würde und ihre Rechte zu verteidigen.
Für alle Personen, die in Politik und Wirtschaft die Weichen stellen.
Weite ihren Blick und stärke ihre Einsicht, dass sie Verantwortung tragen für das gute, solidarische Miteinander aller.
Auch für uns, die wir hier sitzen, bitten wir um die nötige Sensibilität, wenn wir auf konkrete Arbeitsbedingungen schauen.
Lass uns die größeren Zusammenhänge erkennen und dort aktiv werden, wo unser Einsatz Verbesserungen bringen kann.
Für alle Getauften.
Dass sie in Verbindung zu dir, Gott, bleiben und die mutmachende Botschaft des Evangeliums weitertragen.
Gott, nimm auch alle Bitten auf, die unausgesprochen geblieben sind.
Auf deinen Beistand und deine Liebe vertrauend, wollen wir unseren Beitrag leisten, um Arbeit und Welt ein Stück gerechter zu gestalten.
Schenke DU uns das Fehlende dazu. – Amen.
© Elisabeth M. Zarzer, Referentin Team mensch & arbeit, Diözese Linz.
Renate Witzani (2023)
Nächstenliebe ist nicht trennbar von Gottesliebe und Selbstliebe.
Zu Gott, der der mit uns Menschen mitleidet und sich der Schwachen erbarmt, lasst uns beten:
In den letzten Wochen haben die Teilnehmer der Weltsynode versucht, einander zuzuhören.
Dein Geist begleite sie bis zur nächsten Sitzungsperiode, damit sie das Gehörte abwägen und einen gemeinsamen Weg überlegen können.
Allen abrahamitischen Religionen ist der Glaube an dich, den einen Gott, gemeinsam.
Hilf allen, deinen Namen nicht für die eigenen politischen Ziele zu missbrauchen sondern sich nach deinem Willen für das Heil aller Menschen einzusetzen.
Zukunftsängste und Orientierungslosigkeit machen sich oft gerade in der jungen Generation breit.
Schenke ihnen Begegnungen, durch die sie ihre eigene Mitte und hoffnungsvolle Lebensperspektiven finden.
Neben Großherzigkeit und Solidarität für Menschen in prekären Lebenssituationen gibt es unter uns auch das Phänomen der Neidgesellschaft.
Im Glauben an deine Liebe und Zuwendung, hilf uns ehrlich und von Herzen anderen das Gute zu gönnen.
Gerade in diesen Tagen betrifft uns der Tod unserer Lieben, um die wir trauern, aber auch der vielen, die Opfer von grausamer Gewalt und Kriegshandlungen geworden sind.
Lass sie alle deine tröstende und rettende Nähe spüren.
Dich, den Gott der Liebe und des Erbarmens loben wir, dir danken wir und preisen dich jetzt und allezeit. - Amen.
Edith Furtmann (2023)
Herr Jesus Christus,
du hast gesagt, das Wichtigste ist die Gottes- und die Menschenliebe.
Wir bitten Dich:
Für alle Menschen, die als Fremde in unserem Land leben, die gekommen sind, um ihr eigenes Überleben zu sichern.
Dass wir in ihnen unsere Nächsten erkennen.
Für alle Menschen, die am Rande unserer Gesellschaft leben, die ihr Leben nicht mehr in den Griff bekommen, die Ausgeschlossenen und Übersehen.
Für alle Menschen, die vor Krieg und Terror fliehen müssen oder auch nicht fliehen können.
Für alle Menschen, deren Lebensgrundlagen durch den Klimawandel schwinden.
Für alle, die sich selbst aus der Gemeinschaft zurückziehen.
Für unsere Kranken.
Für die Menschen, die von Hass zerfressen sind, die nie Liebe erfahren durften.
Guter Gott, der Du die Liebe bist:
Lass uns erkennen, wer unserer Liebe bedarf, damit wir so dem Hass in der Welt Deine Liebe entgegensetzen können.
Darum bitten wir Dich durch Jesus Christus, unseren Bruder und Herren. - Amen.
Manfred Wussow (2020)
Das Doppelgebot der Liebe wird uns geschenkt und anvertraut.
Die Liebe zu Gott, die Liebe zu den Menschen.
Heute denken wir an viele Menschen, Länder und Situationen,
die von Hass und Zwietracht zerrissen werden.
Sogar die Natur ächzt unter der Last, die ihr aufgebürdet wird.
Herr, du mein Fels und meine Burg und mein Retter,
wir bitten dich, erhöre uns!
Heute denken wir an die weltweite Bedrohung durch das Coronavirus,
das alte Sicherheiten und bewährte Ordnungen durcheinander bringt.
Die Welt ist noch kleiner geworden.
Heute denken wir an verjagte, vertriebene und bedrohte Menschen,
die auf der Flucht sind, in Lagern kampieren oder im Meer ertrinken.
Die eine Welt ist nur ein Traum.
Heute denken wir an die Konflikte, die an vielen Orten aufbrechen,
an die Gräben, die sich zwischen politischen Lagern auftun.
Worte und Geschichten trennen.
Heute denken wir an die kranken Menschen in Krankenhäusern, Hospizen und Altenheimen,
an alte Menschen, die dement sind und voneinander getrennt werden.
Die Einsamkeit bringt Menschen zum Schweigen.
Du, Gott, hast Menschen in den Blick genommen, die einen Mantel brauchen
für den Tag und für die Nacht.
Hilf uns, in der Kälte Wärme zu teilen,
in der Nacht Licht,
am Tag Vertrauen.
Dann werden wir in der Liebe doppelt groß.
In Christus, dem Anführer und Vollender des Glaubens. – Amen.
Renate Witzani (2020)
Zu dir, den Gott, der Mitleid mit seinen Geschöpfen hat,
wenden wir uns mit unseren Bitten:
Für alle, denen eine gelebte Glaubensgemeinschaft wichtig ist,
und für die, die deine große Liebe zu uns Menschen annehmen und darauf antworten wollen.
Für alle, die der in unserer Sozialgesetzgebung enthaltenen Moral konkrete Gestalt geben
und für die, die sich gegen Unterdrückung und Rechtlosigkeit einsetzen.
Für alle, die Dankbarkeit empfinden können,
und für die, deren Lebensziel nicht nur im Streben nach Erfolg, Geld und Macht besteht.
Für alle, die in der Liebe zu dir und zu ihren Mitmenschen scheitern,
und für die, die sich von dir trotz ihres Versagens angenommen fühlen.
Für die Verstorbenen, die deinen Worten in ihrem Leben trotz aller Bedrängnis gefolgt sind,
und für die wir das ewige Heil erhoffen.
Denn Jesus hat uns die Bedeutung des Doppelgebots der Gottes- und Nächstenliebe und damit die Kunst eines geglückten Lebens gelehrt.
Durch ihn und mit ihm preisen wir dich jetzt und bis in Ewigkeit. - Amen.
Jörg Thiemann (2017)
Guter Gott, du bist wie ein liebender Vater und eine liebende Mutter für uns da, als der Jahwe, als der Immanuel.
Wir bitten dich:
Menschen fühlen sich ungeliebt und unwillkommen.
Lass sie offene Herzen erleben.
Viele Menschen leben in Armut und fühlen sich ausgebeutet.
schenke ihnen tatkräftige Hilfe.
Die Liebe wird in vielen Ehen mit der Zeit geringer.
Hilf allen Verheirateten, immer wieder sich neu anzunehmen.
Der Glaube an deine Liebe zu uns ist für viele fragwürdig geworden.
Führe alle zweifelnden Menschen zu dir.
Viele Menschen sind unglücklich, weil sie sich selbst nicht bejahen können.
Lass sie erkennen wie wertvoll jeder Mensch vor dir ist.
Krieg und Hass sind Ergebnis von Lieblosigkeit und Egoismus.
Lenke die Herzen aller Menschen auf Wege des Friedens und der Gerechtigkeit.
Dir sei Lob und Preis, jetzt und in alle Ewigkeit. - Amen.
Klemens Nodewald (2017)
Herr Jesus Christus,
für die Liebe hast du alles gegeben – selbst dein Leben.
Wir bitten dich:
Bewahre uns davor, oberflächlich zu leben und die Liebe zueinander nicht genügend ernst zu nehmen.
Christus, komm uns zu Hilfe mit deiner Kraft!
Hilf uns, Menschen, mit denen wir uns schwer tun, was die Liebe betrifft, dennoch mit Achtung und Wohlwollen zu begegnen.
Christus, komm uns zu Hilfe mit deiner Kraft!
Stärke das Bemühen aller, Frieden durch Versöhnung zu erwirken.
Christus, komm uns zu Hilfe mit deiner Kraft!
Öffne die Herzen der Mächtigen und Reichen, sich der Not der Armen und Entrechteten anzunehmen.
Christus, komm uns zu Hilfe mit deiner Kraft!
Segne, die uns ihre Liebe schenkten und hilf uns, ihrem Vorbild zu folgen.
Christus, komm uns zu Hilfe mit deiner Kraft!
Stehe den Sterbenden bei und nimm die Verstorbenen auf dien die Gemeinschaft mit dir.
Christus, komm uns zu Hilfe mit deiner Kraft!
Herr Jesus Christus,
für deine uneingeschränkte Liebe danken wir.
Deinem Beispiel wollen wir folgen.
Du wirst uns dabei zu Hilfe kommen.
Darauf vertrauen wir. – Amen.
Renate Witzani (2017)
Jesus stellt das Gebot der Gottes- und Nächstenliebe gleichwertig nebeneinander.
Erst in der Liebe zu den Menschen, mit denen wir in vielfältigen Beziehungen stehen, wird Gottesliebe lebendig und sichtbar.
Lasst uns miteinander und für einander beten:
Um den Glauben an die Kraft des gemeinsamen Gebets für eine Kirche, in der Barmherzigkeit über Gebote und Verbote steht.
Um eine weltweite Gemeinschaft von Menschen, die einander im Bewusstsein stärken, dass das miteinander Teilen einen Mehrwert für alle bereit hält.
Um Verstand, Einsicht und Kraft im Umgang mit den Menschen, die auf unsere Zuwendung warten.
Um einen guten und gütigen Umgang mit uns selbst, weil wir nur im Wissen um unsere eigenen Schwächen gut und gütig zu anderen sein können.
Um den Glauben an deine barmherzige Liebe in unserer eigenen Todesstunde und für alle jene, die heute ihr irdisches Leben beenden werden.
Denn Christus hat uns deine Liebe verkündet und vorgelebt.
Schenke uns die Gnade, seinem Beispiel zu folgen
und dich und deine Güte immer und überall zu loben und zu preisen. - Amen.
Norbert Riebartsch (2014)
Herr Jesus,
du nennst die Gottes- und die Nächstenliebe das wichtigste Gesetz.
Dich bitten wir:
Herr, schenke uns etwas von deiner Liebe.
Du wusstest um die Sehnsucht deines Vaters
und hast getan, was er wollte.
Du konntest Suchende wahrnehmen
und ihnen hilfreiche Antworten geben.
Du hast Not gelindert mit dem,
was du zur Verfügung hattest.
Für dich waren die Fremden Menschen,
denen du offen begegnet bist.
Du begegnest uns manchmal in der Begegnung,
die wir mit anderen haben.
Denn deine Liebe trägt und hält uns.
Dafür danken wir dir. – Amen.
Norbert Riebartsch (2014)
gemeinsames Gebet:
"Herr, mach mich zu einem Werkzeug deines Friedens"
(Gotteslob 19,4)
Hans Hütter (2011)
Guter Gott,
am Sonntag der Weltkirche und der Weltmission tragen wir ir unsere Bitten vor:
Wir bitten für alle Menschen, die ihre Heimat verlassen haben,
um die Frohe Botschaft in anderen Ländern bekannt zu machen.
Lass ihr Missionswerk Früchte bringen.
Wir beten für alle Christen,
die um ihres Glaubens willen verfolgt werden.
Schenke ihnen Kraft und Freude aus dem Glauben.
Wir beten für alle Christen,
die Sauerteig der Frohen Botschaft sind,
wo immer sie leben.
Lass ihre Anstrengung nicht vergeblich sein.
Wir bitten dich für die Kirche in unserem Land,
die einen schwierigen Umbruch zu bewältigen hat.
Begleite sie mit deinem Heiligen Geist.
Wir beten für alle verstorbenen Christen,
die den Glauben durch die Jahrhunderte hindurch weitergegeben haben.
Lass sie die Freude des ewigen Lebens schauen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit
in Ewigkeit. Amen.
Hans Hütter (2008)
Gott und Vater im Himmel,
dein Sohn hat uns verheißen, dass du uns alles gibst,
worum wir dich in seinem Namen bitten.
So rufen wir zu dir:
Wir beten für alle, die als Fremde in unserem Land leben,
dass ihre Personwürde und ihre Rechte geachtet werden.
Wir beten für alle Kriegswaisen
und für alle im Stich gelassenen Kinder,
dass sie satt werden
und einen angemessenen Platz im Leben finden.
Wir beten für die alleinerziehenden Mütter und Väter,
dass sie jene Unterstützung der Öffentlichkeit erhalten,
die sie nötig haben.
Wir beten für alle Kinder und Jugendlichen,
dass sie zu liebesfähigen Menschen heranwachsen.
Wir beten für alle Heimat- und Obdachlosen,
dass sie mit dem Nötigsten versorgt werden.
Du, Herr, hast Mitleid mit denen,
die in ihrer Not zu dir schreien.
Dir empfehlen wir alle, die uns am Herzen liegen. Amen.
- Gabengebet2
Messbuch - GG 30. Sonntag: dir zur Ehre
Allmächtiger Gott,
sieh gnädig auf die Gaben, die wir darbringen,
und laß uns dieses Opfer so feiern,
dass es dir zur Ehre gereicht.
Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn.
MB 30. Sonntag im Jahreskreis
Messbuch - GG 15. Sonntag: in deiner Liebe wachsen
Gott,
sieh auf dein Volk, das im Gebet versammelt ist,
und nimm unsere Gaben an.
Heilige sie, damit alle, die sie empfangen,
in deiner Liebe wachsen und dir immer treuer dienen.
Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn.
MB 15. Sonntag im Jahreskreis
- Gebet zur Gabenbereitung3
Manfred Wussow (2020)
Herr,
wir bringen dir das ganze Elend,
das wir beklagen.
Wir bringen dir die große Hoffnung,
die wir zu bewahren versuchen.
Wir bringen dir die verlorenen Geschichten,
die uns aus den Händen fallen.
Wir bringen dir Brot und Wein.
Du bringst uns deine Liebe,
und das zerbrochene Vertrauen wird heil.
Du bringst uns deine Nähe,
und die alten Gräben tragen Brücken.
Du bringst uns eine neue Geschichte,
und alles, was verbraucht ist,
fängt neu zu leben an.
Du schenkst uns dich,
Leib und Blut unseres Herrn.
Den Anfang kennen wir nicht,
aber die Vollendung liegt uns schon auf der Zunge,
Christus, unser Herr.
Jörg Thiemann (2017)
Guter Gott,
Liebe, das sind Worte und Taten.
Als Zeichen deiner Liebe zu uns ist Jesus lebendig,
mitten unter uns,
in Brot und Wein,
Zeichen seiner Liebe,
die für uns lebt,
die uns annimmt,
alle, ohne Ausnahme
alle, egal wie schuldig oder sündenlos.
Möge dieses Mahl unsere Geschwisterlichkeit stärken in dir. - Amen.
Norbert Riebartsch (2014)
Du unser Gott,
Brot und Wein sind bereitet,
um dein Mahl miteinander zu feiern.
Wenn du diesen Gaben Segen gibst,
lass uns dir danken und jenen,
die die Arbeit damit hatten.
Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn. - Amen.
- Lobpreis1
Hans Hütter (2020)
Kehrvers:
Preiset den Herrn zu aller Zeit, denn er ist gut. (GL Ö875)
Oder:
Singt dem Herrn, alle Lander der Erde,
singt dem Herrn und preist seinen Namen. (GL 54,1)
Liebender und barmherziger Gott, wir treten vor dich,
um dir zu danken und dir unseren Lobpreis darzubringen,
denn du bist die Liebe und der Ursprung allen Lebens.
Kehrvers
Noch bevor wir dich erkennen konnten,
hast du uns bereits geliebt.
In deinen Sohn Jesus von Nazareth bist du uns nachgegangen
und hast du uns in deine Nähe zurück geholt.
Kehrvers
Mit dem Doppelgebot der Gottes- und Nächstenliebe
hat er uns den Weg zum wahren Leben gewiesen.
Wie er uns geliebt hat, sollen auch wir einander lieben.
Kehrvers
Für seine Liebe und sein Beispiel danken wir dir.
Mit den Heiligen und mit der ganzen Schöpfung
stimmen wir ein in den Lobgesang, der dir gebührt.
Danklied, z. B. Nun saget Dank und lobt den Herren (GL 385)
- Präfation2
Messbuch - Präfation Sonntage 7: Der Gehorsam Christi und unsere Versöhnung mit Gott
In Wahrheit ist es würdig und recht,
dir, Vater im Himmel, zu danken
und dein Gnade zu rühmen.
So sehr hast du die Welt geliebt,
daß du deinen Sohn als Erlöser gesandt hast.
Er ist uns Menschen gleich geworden
in allem, außer der Sünde,
damit du in uns lieben kannst,
was du in deinem eigenen Sohne geliebt hast.
Durch den Ungehorsam der Sünde
haben wir deinen Bund gebrochen,
durch den Gehorsam deines Sohnes
hast du ihn erneuert.
Darum preisen wir das Werk deiner Liebe
und vereinen uns mit den Chören der Engel
zum Hochgesang
von deiner göttlichen Herrlichkeit:
Heilig ....
MB Sonntage 7
Messbuch - Präfation Wochentage 2 - Schöpfung, Sünde und Erlösung
In Wahrheit ist es würdig und recht,
dir, Herr, heiliger Vater,
immer und überall zu danken für deine Liebe,
die du uns niemals entzogen hast.
Du hast den Menschen in deiner Güte erschaffen
und ihn, als er der gerechten Strafe verfallen war,
in deiner großen Barmherzigkeit erlöst
durch unseren Herrn Jesus Christus.
Durch ihn preisen wir
das Werk deiner Gnade und singen
mit den Chören der Engel
das Lob deiner Herrlichkeit:
Heilig ...
MB Wochentage 2
- Einleitung zum Vater unser1
Norbert Riebartsch (2014) - Einleitung zum Vater Unser:
Es kann ein Ausdruck unserer Liebe zu Gott sein,
wenn wir zu ihm rufen:
Vater Unser...
Einleitung zum Friedensgebet:
Herr Jesus Christus,
du hast dich nicht aus der Ruhe und aus dem Frieden bringen lassen,
als der Gesetzeslehrer dich auf die Probe stellen wollte.
Dein Beispiel wollen wir aufgreifen und bitten dich:
Schaue nicht auf unsere Sünde...
- Mahlspruch1
Bibel
Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen,
mit ganzer Seele und mit all deinen Gedanken.
Das ist das wichtigste und erste Gebot.
(Mt 22,37f)
Oder:
Gott ist die Liebe.
Und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott,
und Gott bleibt in ihm.
Oder:
Christus spricht:
Es gibt keine größere Liebe,
als wenn einer sein Leben für seine Freunde hingibt.
(Joh 15, 13)
- Schlussgebet4
Messbuch - SG 30. Sonntag: das Heil wirken
Herrn, unser Gott,
gib, daß deine Sakramente
in uns das Heil wirken, das sie enthalten,
damit wir einst
als unverhüllte Wirklichkeit empfangen,
was wir jetzt in heiligen Zeichen begehen.
Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn.
MB 30. Sonntag im Jahreskreis
Messbuch - SG 33. Sonntag: in der Liebe zu dir Christus nachfolgen
Barmherziger Gott,
wir haben den Auftrag deines Sohnes erfüllt
und sein Gedächtnis begangen.
Die heilige Gabe,
die wir in dieser Feier empfangen haben,
helfe uns,
daß wir in der Liebe zu dir und unseren Brüdern
Christus nachfolgen,
der mit dir lebt und herrscht in alle Ewigkeit.
MB 33. Sonntag im Jahreskreis
Messbuch - SG Votivmesse Herz Jesu: Gib, dass wir Christus ähnlich werden
Gütiger Gott,
wir haben das Sakrament deiner Liebe empfangen.
Gib, dass wir in diesem Leben
Christus ähnlich werden, damit wir auch
an seiner Herrlichkeit Anteil erhalten.
Darum bitten wir durch ihn, Christus, unseren Herrn.
MB Herz Jesu Votivmesse
Messbuch - SG Herz Jesu Fest: Entzünde auch in uns das Feuer deiner Liebe
Herr, unser Gott,
du hast uns gestärkt mit dem Sakrament jener Liebe,
durch die dein Sohn alles an sich zieht.
Entzünde auch in uns das Feuer deiner Liebe,
damit wir in unseren Brüdern ihn erkennen und ihm dienen.
Darum bitten wir durch ihn, Christus, unsern Herrn.
MB Herz Jesu
- Gebet zum Abschluss4
Beatrix Senft (2023)
Gott, Vater des Himmels.
Durch Jesus Christus hast du uns verkünden lassen,
dass es nur zwei Gebote gibt,
dich zu lieben und unsere Mitmenschen.
Lass uns, in der tiefen Erfahrung deiner Liebe zur Gegenliebe fähig werden.
Schenke uns Kraft und Segen dazu,
wenn wir jetzt wieder in unseren Alltag gehen.
Das erbitten wir, durch Jesus Christus, unseren Bruder und Herrn. – Amen.
Manfred Wussow (2020)
Jetzt, Herr, wo wir uns wieder auf den Weg machen,
erbitten wir deinen Segen.
Für den Gottesdienst in deinem Namen danken wir dir,
für die Gemeinschaft, die wir auch mit Masken spürten,
für die Blicke, die wir uns zu geworfen haben,
für dein Wort, das voller Liebe für uns ist.
Die Wochen, die vor uns liegen,
wissen wir in deiner Hand.
Schenke uns Geduld, Gelassenheit und Humor,
einander nicht auf die Nerven zu gehen
und die Kraft, einander gut zu tun.
Du zeigst uns dein freundliches Gesicht
in Christus, unserem Herrn,
in der Kraft deines Geistes,
von Ewigkeit zu Ewigkeit. – Amen.
Jörg Thiemann (2017)
Guter Gott,
gib uns Mut zur Liebe,
denn sie ist nötig.
Gib uns Mut zur Liebe,
im Mut, füreinander zu leben,
in der Bereitschaft, miteinander zu teilen,
in der Sorge für die Menschen, denen das Nötigste fehlt.
Gib uns Mut,
denn du sendest uns jetzt, dich zu bezeugen,
in Wort und Tat. - Amen.
Norbert Riebartsch (2014)
Gott des Lebens und der Liebe,
wir haben Liebe erfahren und deine Wunder gesehen.
Sie begleiten uns auf dem Weg nach Hause und in die Woche.
Wir danken dir für diese Erfahrung
und bitten dich um deine Begleitung,
wenn wir in deinem Namen Liebe üben.
Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn. – Amen.
Liebe – Grundmotiv des Existierens
„Der »neue Mensch« ist jener, in welchem das Bild, die Gesinnung Christi wirksam wird. Es ist die Liebe als Grundmotiv des Existierens – ein Begriff, der mit Sentimentalität, mit Nachgiebigkeit, Schwäche und dergleichen nichts zu tun hat. Schöpferische Liebe, die die Wahrheit in Großmut und Vertrauen verwirklichen will. Es ist im tiefsten jener Mensch, der aus dem Ich-Du zu Gott heraus zu leben, die Gemeinschaft mit dem Dreieinigen Gott zu verwirklichen sucht.
Aus Romano Guardini: Die Existenz des Christen, München 1976.
Gott des Mitleids
uns wurde verkündet
du bist der Gott des Mitleids
deine Anteilnahme an uns
unermesslich
genau wie deine Barmherzigkeit
deine Liebe
deine Milde für unser Versagen
deine Vergebungsbereitschaft
uns wurde verkündet
du verschonst uns vor dem ewigen Tod
du hast uns
in Jesus
ein Beispiel gegeben
wir sollen ihm folgen
und
meine Tür geht auf
was davon
werde ich
da draußen
wirklich leben
???
Beatrix Senft 2023.
Nicht ganz so einfach
Du sollst Gott lieben und Deinen Nächsten. So einfach es klingt, so schwierig ist der Auftrag immer wieder. Wer ist mein Nächster? Der kranke Nachbar, die trauernde Nachbarin, die Seniorin, die Hilfe braucht, der einsame ältere Herr, der sich nach Ansprache sehnt. Sicher auch der oder die Obdachlose, die wohlmöglich unschuldig in diese Lage gekommen sind, keine Frage. In der Lesung haben wir es ja gehört.
Aber dann geht es schon los: auch die, die vermeintlich oder tatsächlich an ihrer Lage selbst schuld sind? Was ist mit Menschen, die mich verletzt haben? Migranten ohne Asylgrund? Muslime? Russische Soldaten in der Ukraine? Palästinensische Bewohner im Gazastreifen?
Ja - jeder und jede, die unserer Liebe bedürfen, sind unsere Nächsten. Es ist so einfach. Und doch so unendlich schwer. Aber wir sollten es versuchen. Es lohnt sich.
Lieben heißt übrigens nicht, alles gutheißen- Lieben heißt nicht, alles durchgehen lassen. Lieben heißt, den Menschen als Menschen, als Gottes Ebenbild, anzunehmen. Auch dann, wenn ich nicht verstehe, warum er oder sie so ist und nicht anders. Wo Liebe lebt, ist für Hass kein Platz mehr. Und wir haben es durchaus in der Hand, jeder und jede dort, wo er oder sie steht.
Edith Furtmann 2023.
Glaube - Liebe - Hoffnung
Mit Glaube wird alles möglich.
Mit Liebe wird alles einfach.
Mit Hoffnung wird alles gut.
(In einem flotten Samba-Rhythmus und wird mit je 3 Klatschern am Ende jeder Zeile).
Liedblatt als PDF herunterladen
Text: Spruchweisheit, Musik: Reinhardt Burchhardt.
burchhardt-r@t-online.de
Songtext
Seit 2000 Jahren lebt die Erde ohne Liebe
Es regiert der Herr des Hasses
Hässlich, ich bin so hässlich
So grässlich hässlich:
Ich bin der Hass!
Hassen, ganz hässlich hassen
Ich kann's nicht lassen:
Ich bin der Hass!
Attention, attention
Unknown flying object approaching the planet
Identify unknown flying object
Codo der dritte
Aus der Sternenmitte bin ich der dritte von Links.
Unknown flying object identifies as: "Codo"
Und ich düse im Sauseschritt
Und bring die Liebe mit von meinem Himmelsritt
Denn die
Liebe
Die macht viel Spaß
Viel mehr Spaß als irgendwas
We do not need any love on this planet:
Tötet Codo!
Vernichtet die Liebe!
Zielansprache: Gamma
Delta
Sieben
Drei
Eins
Überraum
Codo aus der Ferne der leuchtenden Sterne:
Ich düse so gerne durchs All
Und ich düse...
Objekt überwindet den Hassschirm
Ätzend
Ich bin so ätzend
Alles zersetzend:
Ich bin der Hass
Und ich düse...
Ich bete an die Macht der Liebe
Ich bete an die Macht der Liebe,
die sich in Jesu offenbart;
Ich geb mich hin dem freien Triebe,
wodurch ich Wurm geliebet ward;
Ich will, anstatt an mich zu denken,
ins Meer der Liebe mich versenken.
Für Dich sei ganz mein Herz und Leben,
Mein süßer Gott, und all mein Gut!
Für Dich hast Du mir’s nur gegeben;
In Dir es nur und selig ruht.
Hersteller meines schweren Falles,
Für Dich sei ewig Herz und alles!
Ich liebt und lebte recht im Zwange,
Wie ich mir lebte ohne Dich;
Ich wollte Dich nicht, ach so lange,
Doch liebest Du und suchtest mich,
Mich böses Kind aus bösem Samen,
Im hohen, holden Jesusnamen.
Des Vaterherzens tiefste Triebe
In diesem Namen öffnen sich;
Ein Brunn der Freude, Fried und Liebe
Quillt nun so nah, so mildiglich.
Mein Gott, wenns doch der Sünder wüßte!
– sein Herz alsbald Dich lieben müßte.
Wie bist Du mir so zart gewogen,
Wie verlangt Dein Herz nach mir!
Durch Liebe sanft und tief gezogen,
Neigt sich mein Alles auch zu Dir.
Du traute Liebe, gutes Wesen,
Du hast mich und ich Dich erlesen.
Ich fühls, Du bist’s, Dich muß ich haben,
Ich fühls, ich muß für Dich nur sein;
Nicht im Geschöpf, nicht in den Gaben,
Mein Ruhplatz ist in Dir allein.
Hier ist die Ruh, hier ist Vergnügen;
Drum folg ich Deinen selgen Zügen.
Ehr sei dem hohen Jesusnamen,
In dem der Liebe Quell entspringt,
Von dem hier alle Bächlein kamen,
Aus dem der Selgen Schar dort trinkt.
Wie beugen sie sich ohne Ende!
Wie falten sie die frohen Hände!
O Jesu, daß Dein Name bliebe
Im Grunde tief gedrücket ein!
Möcht Deine süße Jesusliebe
In Herz und Sinn gepräget sein!
Im Wort, im Werk, in allem Wesen
Sei Jesus und sonst nichts zu lesen.
Text: Gerhard Tersteegen (1697-1769), Musik: Dmytri Bortniansky (1752-1826), 1822.
Wenn alles vergeht, die Liebe bleibt!
Leben heißt lieben - stimmt das? Ich meine ja; denn was wäre ein Leben ohne Liebe? Ich kann es mir nicht vorstellen. Es wäre die Hölle.
Und doch ist die Liebe so oft Mangelware. Bedenken wir nur, wie viele Menschen sich im Leben schwer tun, weil sie wenig Liebe erfahren haben. Wie viel missglückte und zerbrochene Liebe verbirgt sich in so manchem Menschenschicksal... Andere haben Scheu, sich dem Risiko der Liebe auszuliefern. Man möchte jedem die Erfahrung wünschen, von der die junge Gemeinde im ersten Johannesbrief begeistert erzählt: "Wir wissen, dass wir aus dem Tod in das Leben hinübergegangen sind, weil wir die Brüder und Schwestern lieben"(1 Johannes 3,14).
In der Begegnung mit Menschen, die sich als nichtgläubig bezeichnen, ist mir ganz stark aufgegangen, dass selbst da, wo uns der (Un-)Glaube trennt, die Liebe noch immer verbinden kann. Jene Liebe, die am Ende mehr als andere über die Qualität und den "Ertrag" eines Lebens aussagt: Wenn alles vergeht..., die Liebe bleibt!
Die Christinnen und Christen, denen wir den genannten Brief verdanken, wussten auch, warum die Sehnsucht und Kraft der Liebe in unser Wesen eingebrannt ist: "Gott ist die Liebe" (1 Johannes 4, 16). Liebe ist sein Wesen - und nach seinem Bild und Gleichnis sind wir gemacht! Teresa von Avila meinte einmal: "Als Gott den Menschen aus Erde formte, knetete er Liebe in ihn hinein."
Aus: Gerhard Bauer, Leben heißt Lieben, Drei-Minuten-Impulse, München 2014.
Alle lieben
Das für die Fokolarbewegung charakteristische Apostolat gründet im Leben nach dem Evangelium. "Unsere Aufgabe ist es, Gott zu lieben. Ihm gehört unser Sein, unsere Zeit, unsere Arbeit, unsere Liebe, unser Verstand. Um dem Ausdruck zu verleihen, muss unsere Aufmerksamkeit, Liebe und Fürsorge auch den Menschen gelten. Aber wir müssen es für ihn tun, um ihn zu lieben. Wir sollten Menschen sein, die fortwährend aus der Kontemplation Gottes schöpfen."
Wodurch sollte unsere Liebe zum Nächsten gekennzeichnet sein?
Die christliche Liebe ist eine Kunst. Die Kunst zu lieben mit ihren Merkmalen und Anforderungen gilt es genau zu kennen. Die Liebe, die Gott von uns möchte, ist eine universelle Liebe, die allen gilt. Im Gegensatz zur rein menschlichen Liebe, die auf bestimmte Menschen begrenzt ist, macht die keine Unterschiede, sondern liebt ausnahmslos alle Menschen. "Ein Christ liebt ohne Ansehen der Person. Kategorien wie sympathisch oder unsympathisch, hübsch oder hässlich, groß oder klein, Landsmann oder Fremder lässt diese Liebe nicht zu. Es gilt, alle zu lieben."
Die christliche Liebe hat die Liebe Jesu zum Vorbild, die in Seinem Tod am Kreuz ihren stärksten Ausdruck gefunden hat. Sie ergreift die Initiative, liebt als erste, nach dem Vorbild Gottes, ohne zu erwarten, dass der andere uns seine Liebe zeigt. Sie unterscheidet sich von dem, was in der Gesellschaft üblich ist. Liebe und Zuneigung sind dort häufig an bestimmte Absichten oder Bewegungsgründe gebunden. Man möchte seinerseits geliebt werden oder begegnet sich rein freundschaftlich.
Unser Handeln soll auf die Präsenz Jesu im anderen ausgerichtet sein. Wir dürfen niemanden vernachlässigen, sondern sollen den Nächsten aus Eigeninitiative lieben. Und nicht nur das: Es geht darum, den Nächsten wie sich selbst zu lieben. Dieses "wie" ist revolutionär.
Aus: Wie die Farben im Regenbogen, Zeugnis und Ausbreitung, Hrsg. Graziella De Luca und Gino Bondiami, Augsburg 2014.
Den Schwachen hebt er empor aus dem Staub
Die besondere Zuwendung Gottes gilt den Schwachen und den Armen. Die Erinnerung, dass Israel in Ägypten selbst arm war (Ex 22, 20; Dtn. 10, 19; 24, 22) und das Gott sein Volk mit erhobenem Arm herausgeführt und errettet hat (Ex 6,6; Dtn 5,15), wirkt nach. Im Land galt die besondere Liebe und Fürsorge Gottes den Armen und Schwachen. Sie zeigt sich besonders im Verbot von Unterdrückung und Ausbeutung von Fremden, Witwen und Waisen (Ex 22, 20-26), im Schutz des Armen vor Gericht (Ex 23,6-8) und im Verbot des Wuchers (Ex 22,24-26). Das Buch Levitikus kennt eine eigene Soziagesetzgebung (Lev 19,11-18; 25). Dabei kehrt sich bei Gott die normale Rangordnung geradezu um. Im Danklied der Hanna, die das Magnifikat Marias im Neuen Testament vorwegnimmt, heißt es: "Den Schwachen hebt er empor aus dem Staub und erhöht den Armen, der im Schmutz liegt; er gibt ihm einen Sitz bei den Edlen, einen Ehrenplatz weist er ihm zu. (1 Sam 2,8).
Aus: Walter Kardinal Kasper, Barmherzigkeit, Grundbegriff des Evangeliums -Schlüssel christlichen Lebens, Freiburg, 5. Auflage 2015.
Bilderverbot
Es ist bemerkenswert, dass wir gerade von dem Menschen, den wir lieben, am wenigsten aussagen könne, wie er sei. Wir lieben ihn einfach. - Max Frisch
Der Schweizer Dichter und Schriftsteller Max Frisch (1911 - 1991) ringt in seinen Werken um die eigene Identität: Wie finde ich meine Identität, meine Rolle? Wer bin ich eigentlich? Bin ich der, für den mich die Leute halten, oder wer steckt in meiner Rolle, die ich oft spiele? Was ist das Geheimnis meiner Existenz?
Es geht Max Frisch aber auch um das Geheimnis der Liebe. Dabei wird ihm deutlich, dass die Liebe oft misslingt, weil wir uns bestimmte Bilder vom anderen machen. Seine tiefe Einsicht, die ihm beim Nachdenken über die Liebe gekommen ist, hat er in dem Satz formuliert, dass wir uns gerade von dem Menschen, den wir wirklich lieben, kein Bild machen. Je mehr wir den anderen lieben, desto mehr lösen sich unsere Bilder auf, die wir uns vom anderen gemacht haben. Wir kommen dem anderen nahe, so wie er ist. Wir lieben ihn einfach. Wir brauchen dann keine Begründungen, warum wir ihn lieben.
Oft überlegen sich Menschen: Ich weiß gar nicht genau, warum ich ihn oder sie liebe. Oder sie fühlen sich von anderen gedrängt, genau begründen zu müssen, warum sie ausgerechnet diesen Menschen lieben. Sie spüren dann, dass sie das gar nicht begründen können. Max Frisch befreit uns von dem Zwang, unsere Liebe begründen zu müssen. Wir lieben diese Frau einfach, nicht, weil sie besonders schön ist, sondern weil wir sie lieben. Wir lieben diesen Mann nicht, weil er besonders attraktiv und menschlich ist. Wir lieben nicht ein bestimmtes Bild von ihm. Wir lieben ihn einfach. Es ist gut, sich das immer wieder vorzusagen. Ich brauche meine Liebe auch nicht vor mir selbst zu rechtfertigen. Ich liebe, weil ich liebe, weil ich bin.
Aber die Einsicht von Max Frisch sagt noch etwas anderes: Je näher ich dem anderen in der Liebe komme, desto mehr lösen sich alle Bilder auf, die ich mir von ihm gemacht habe. Ich liebe ihn in seinem Geheimnis. Letztlich kann ich den anderen nicht genau beschreiben. Ich kenne ihn, aber das, was ich kenne, kann ich nicht rein äußerlich fassen. Ich kenne sein Herz. Und sein Herz ist unbeschreiblich. Ich begegne ihm in der Person. Und so wie das Alte Testament den Menschen das Verbot auferlegt, uns von Gott ein Bildnis zu machen, so gilt das auch für den Menschen - vor allem für den, den ich liebe.
Aus: Anselm Grün, Verschenke dein Herz, Münsterschwarzach, 2012
Ohne Liebe
Pflicht ohne Liebe macht verdrießlich
Verantwortung ohne Liebe macht rücksichtslos
Gerechtigkeit ohne Liebe macht hart
Wahrheit ohne Liebe macht kritisch
Erziehung ohne Liebe macht widerspruchsvoll
Klugheit ohne Liebe macht gerissen
Freundlichkeit ohne Liebe macht heuchlerisch
Ordnung ohne Liebe macht kleinlich
Sachkenntnis ohne Liebe macht rechthaberisch
Macht ohne Liebe macht gewalttätig
Ehre ohne Liebe macht hochmütig
Besitz ohne Liebe macht geizig
Glaube ohne Liebe macht fanatisch
Weisheit aus Asien
Gott in der Welt
Das große Geheimnis des kontemplativen Lebens besteht nicht darin, Gott in der Welt zu sehen, sondern dass der Gott in uns den Gott in der Welt erkennt. Gott spricht zu Gott, Geist zu Geist, Herz zu Herz.
Die Missionarinnen der Nächstenliebe erfahren Gottes Gegenwart mitten unter den Ärmsten der Armen, weil sie seine Gegenwart in der Intimität ihrer Kontemplation erkannten.
Und daher findet jeder wahre geistliche Dienst seinen Ursprung in einem gut eingeübten Herzen, das Gottes Gegenwart schon vorher erfahren hat.
Um Gott in der Welt zu sehen, muss man ihn durch das Herz erkennen.
Aus: Henri J. M. Nouwen, Gottes Clown sein. Vom Beten und Dienen. Herder Verlag, Freiburg Basel Wien 1985.
Drei Dinge
Drei Dinge sind es, auf denen die Welt beruht:
Das Gesetz,
der Gottesdienst,
die Werke der Nächstenliebe.
Aus dem Talmud
Gebet
Du, der über uns ist,
du, der einer von uns ist,
du, der ist - auch in uns;
dass alle dich sehen - auch in mir,
dass ich den Weg bereite für dich,
dass ich danke für alles, was mir widerfuhr.
Dass ich dabei nicht vergesse, der anderen Not.
Behalte mich in deiner Liebe,
so wie du willst, dass andere bleiben in der meinen.
Möchte alles in diesem meinem Wesen zu deiner Ehre werden.
Und möchte ich nie verzweifeln.
Denn ich bin in deiner Hand
und alle Kraft und Güte sind in dir.
Aus: Dag Hammarskjöld, Zeichen am Weg. Verlag Freies Geistesleben & Urachhaus GmbH, Stuttgart 2011.
Sendung
Herr, guter Gott,
du sprichst uns an mit deinem Wort,
du richtest uns auf und machst uns Mut,
du erfüllst unsere Herzen mit deiner liebenden Gegenwart.
Überall auf der Welt lassen sich Menschen von dir ansprechen,
Männer und Frauen, Junge und Alte
machen dich zur Mitte ihres Lebens,
leben aus deinem aufmerksamen Zuspruch
und setzen sich dafür ein, dass deine Liebe spürbar wird.
Herr, es ist schön, zu deiner Gemeinschaft zu gehören.
Wir freuen uns, dass du mit uns unterwegs bist
und uns sensibel machst
und uns aufrüttelst, das unsere zu tun,
damit die Welt durch uns ein klein wenig liebevoller wird.
Berührt durch deine Liebe
und begleitet durch dein Wort
dürfen wir zu Freuden-Boten deiner Liebe werden.
Du schenkst uns deinen Heiligen Geist,
der unser Lebensatem ist,
uns stärkt und sendet, deine Liebe zu leben.
Hier. Heute. Immer. Überall. - Amen.
Aus: www.missio.com/medien
Lass uns ein Licht anzünden
Lass uns ein Licht anzünden,
unsere Hoffnung will aufleuchten:
Denn du, unser Gott, bist treu.
Du sorgst dich um deine Kinder
in Not und Bedrängnis.
Lass uns aufstehen in deinem Namen
gegen Bedrohung und Gewalt.
Lass uns einstehen mit deinem Wort
für Gerechtigkeit und Menschenwürde.
Lass uns eintreten in deinem Geist
für Verständigung und Versöhnung.
Öffne unsere Herzen und unsere Hände,
damit Kummer in sich Freude verwandelt,
wenn die Bedrängten deine Güte erfahren
durch Taten der Liebe. - Amen.
Ludwig Missionsverein
Aus: www.missio.com/medien
Darin zeigt sich etwas von Gott
Manchmal geschieht es,
dass Menschen gut zu anderen sind
und füreinander sorgen. -
Darin zeigt sich etwas von Gott.
Manchmal geschieht es,
dass Menschen einen Streit beenden
und sich wieder vertragen. -
Darin zeigt sich etwas von Gott.
Manchmal geschieht es,
dass Menschen sich einsetzen für Schwächere,
die am Rande unserer Gesellschaft stehen. -
Darin zeigt sich etwas von Gott.
Manchmal geschieht es,
dass Menschen teilen und verzichten,
damit es anderen besser geht. -
Darin zeigt sich etwas von Gott.
Manchmal geschieht es,
dass Menschen Worte sprechen
die andere trösten und Mut machen. -
Darin zeigt sich etwas von Gott.
Manchmal geschieht es,
dass Menschen sich zum
gemeinsamen Gebet versammeln. -
Darin zeigt sich etwas von Gott.
Manchmal geschieht es,
dass Menschen einfach da sind
und sich verbunden wissen -
Darin zeigt sich etwas von Gott.
Manchmal geschieht es,
dass Menschen gemeinsam
vom Frieden träumen.
Darin zeigt sich etwas von Gott.
Du friedvoller Gott,
zeige dich uns immer wieder
und lass uns deine Nähe spüren.
Aus: Petra Focke / Hermann Josef Lücker; Gott und die Welt. Gebete und Impulse für junge Menschen in allen Lebenslagen. (Ohne Verlags-, Orts- und Jahresangabe).
Unterschiede in der Tätigkeit im Rahmen der einen Mission der Kirche
33. Die Unterschiede in der Tätigkeit im Rahmen der einen Mission der Kirche ergeben sich nicht aus Gründen, die in der Sache selbst, also in der Sendung liegen, sondern aus den unterschiedlichen Umständen, in denen die Mission sich entfaltet.51 Wenn man die heutige Welt unter dem Gesichtspunkt der Evangelisierung betrachtet, kann man drei Situationen unterscheiden.
Zunächst jene Situation, an die sich die Missionstätigkeit der Kirche wendet: an Völker, Menschengruppen, soziokulturelle Zusammenhänge, in denen Christus und sein Evangelium nicht bekannt sind oder in denen es an genügend reifen christlichen Gemeinden fehlt, um den Glauben in ihrer eigenen Umgebung Fuß fassen zu lassen und anderen Menschengruppen verkündigen zu können. Das ist die eigentliche Mission ad gentes.52
Sodann gibt es christliche Gemeinden, die angemessene und solide kirchliche Strukturen besitzen, die eifrig sind im Glauben und im Leben, die mit ihrem Zeugnis vom Evangelium in ihre Umgebung ausstrahlen und die Verantwortung für die Weltmission spüren. In ihnen entfaltet sich die Seelsorgstätigkeit der Kirche.
Schließlich gibt es eine Situation dazwischen, vor allem in Ländern mit alter christlicher Tradition, aber manchmal auch in jüngeren Kirchen, wo ganze Gruppen von Getauften den lebendigen Sinn des Glaubens verloren haben oder sich gar nicht mehr als Mitglieder der Kirche erkennen, da sie sich in ihrem Leben von Christus und vom Evangelium entfernt haben. In diesem Fall braucht es eine »neue Evangelisierung« oder eine »Wieder-Evangelisierung«.
Ioannes Paulus PP. II: Redemptoris missio. Über die fortdauernde Gültigkeit des missionarischen Auftrages.
- 7.12.1990.
Wir als Kirche sind die ersten Adressaten der Mission
Die Kirche, Trägerin der Evangelisierung, beginnt damit, sich selbst zu evangelisieren. Als Gemeinschaft von Gläubigen, als Gemeinschaft gelebter und gepredigter Hoffnung, als Gemeinschaft brüderlicher Liebe muß die Kirche unablässig selbst vernehmen, was sie glauben muß, welches die Gründe ihrer Hoffnung sind und was das neue Gebot der Liebe ist. Als Volk Gottes, das mitten in dieser Welt lebt und oft durch deren Idole versucht wird, muß die Kirche immer wieder die Verkündigung der Großtaten Gottes (41) hören, die sie zum Herrn bekehrt haben, von neuem von ihm gerufen und geeint werden, wenn sie ihre Lebendigkeit, ihren Schwung und ihre Stärke bewahren will, um das Evangelium zu verkünden. Das Zweite Vatikanische Konzil hat daran erinnert (42), und auch die Synode von 1974 hat dieses Thema von der Kirche, die sich durch eine beständige Bekehrung und Erneuerung selbst evangelisiert, um die Welt glaubwürdig zu evangelisieren, mit Nachdruck aufgegriffen.
Paul VI.: APOSTOLISCHES SCHREIBEN EVANGELII NUNTIANDI.
"Zeit zur Aussaat"
Drei Beobachtungen drängen sich auf:
1. Missionarisch Kirche sein heißt immer auch, Bereitschaft zum missionarischen Zeugnis einzubringen. Dies gilt für jeden, der getauft und gefirmt ist, und es gilt an allen Orten, an denen Frauen und Männer als Christen leben. Wie das gemeinsame Priestertum der Getauften alle zum Aufbau der kirchlichen Gemeinschaft befähigt (Communio), so sind auch alle in die Sendung (Missio) und damit zum missionarischen Zeugnis gerufen. Dazu gibt der hier vorliegende Text viele Hinweise und Anregungen und will helfen, die Auskunftsfähigkeit über das, was unsere Hoffnung trägt, zu stärken (vgl. 1 Petr 3,15).
2. Zum missionarischen Kirchesein gehört ganz sicher der Mut zum eigenen, unverwechselbaren Profil. Christliches Leben gewinnt darin eine befreiende Kraft, die es befähigt zur Solidarität. Ohne ein Minimum an Bereitschaft, widerständig und anders zu sein gegen übliche 5 Plausibilitäten, kann es schwerlich christlichen Glauben geben. Ein unverwechselbares Profil des Christseins führt auch immer zu den Fragen, die das Zeugnis des Wortes provozieren.
3. Missionarisch Kirche sein bedeutet nicht, eine zusätzliche kirchliche Aktivität zu entfalten. Communio und Missio, Gemeinschaft und Sendung, sind immer die zwei Seiten ein und derselben Medaille. Alle kirchlichen Aktivitäten sind vor dem Hintergrund der missionarischen Dimension der Kirche zu verstehen und daraufhin zu stärken. Dies gilt für die Gemeinden wie für die Verbände, es gilt für die geistlichen Bewegungen und Gemeinschaften. Diesen Prozess will der vorliegende Text unterstützen.
Aus dem Geleitwort zu: "Zeit zur Aussaat", Missionarisch Kirche sein. Schreiben der deutschen Bischöfe am 26. November 2000
www.dbk.de/fileadmin/redaktion/veroeffentlichungen/deutsche-bischoefe/Db68.pdf
Den Glauben anbieten in der heutigen Gesellschaft
Die Krise, durch die die Kirche heute geht, ist weitgehend zurückzuführen auf ein ganzes Bündel schneller und tiefgreifender sozialer wie kultureller Veränderungen von weltweiten Dimensionen, die sich in der Kirche selbst wie im Leben ihrer Glieder auswirken.
...
Wir sind also dazu aufgerufen, das Neue der Gabe Gottes aus dem Inneren unseres Glaubenslebens unter Beweis zu stellen, eines Glaubens, den wir hier, in unserer verunsicherten Gesellschaft, leben sollen.
Wir selbst sollen also aus den Quellen des Glaubens den nötigen Mut und die Hoffnung schöpfen, um ohne Verkrampfung und ohne Ressentiment unsere Verantwortung wahrzunehmen.
Wir sind also dazu aufgerufen, den Menschen das Evangelium nicht als ein kulturelles oder gesellschaftliches Kontrastprogramm anzubieten, sondern als eine Kraft zur Erneuerung, die die Menschen, jedes menschliche Wesen, dazu aufruft, zu den Quellen des Lebens zurückzukehren.
Mit anderen Worten, die Notwendigkeit der Evangelisierung ist für uns ein Appell, den wir selbst vernehmen müssen; denn es geht darum, im Evangelium und in der Person Christi in der Gemeinschaft der Kirche einen Stütz- und Bezugspunkt zu suchen und zu finden, der sich in unsere eigene Existenz und in die Verunsicherungen unserer Gesellschaft einbringen lässt.
...
Was uns betrifft, so wollen wir als Bürger dieses Staates und als Glaubende einen Beitrag zur Lebendigkeit unserer Gesellschaft leisten und aktiv in deren Mitte zeigen, dass das Evangelium Christi im Dienste der Freiheit aller Kinder Gottes steht.
Aus: Den Glauben anbieten in der heutigen Gesellschaft. Brief an die Katholiken Frankreichs. 11. Juni 2000.
Dem Wesen nach missionarisch
2. Die pilgernde Kirche ist ihrem Wesen nach “missionarisch” (d. h. als Gesandte unterwegs), da sie selbst ihren Ursprung aus der Sendung des Sohnes und der Sendung des Heiligen Geistes herleitet gemäß dem Plan Gottes des Vaters.
Vaticanum II.: DEKRET ÜBER DIE MISSIONSTÄTIGKEIT DER KIRCHE. AD GENTES.
Wachsen und reifen
Die Geschichte Salomos zeigt uns aber auch die Ambivalenz des Liebhaber-Archetyps. In der Liebe zur Frau erfährt der Mann die Öffnung zur Transzendenz. Da erahnt er etwas von der geheimnisvollen Liebe Gottes. Doch wenn der Mann die Liebe zur Frau selbst vergöttlicht, wenn er in der Frau seine Erlöserin, seine Göttin sieht, dann verfällt er in eine ungesunde Abhängigkeit. Dann wird seine Seele gespalten wie bei Salomo. Die Liebe zur Frau hat etwas zu tun mit der Liebe zu Gott. Es genügt nicht, mit der protestantischen Theologie zu sagen, die Ehe sei ein »rein weltlich Ding«, die Liebe zwischen Mann und Frau sei etwas rein Irdisches. Damit schneide ich die erotische und sexuelle Liebe von ihrem göttlichen Wurzelgrund ab. Die sexuelle Liebe ist eine wichtige Quelle der Spiritualität. In ihr drückt sich die göttliche Liebe aus. Aber sie darf nicht mit Gott verwechselt werden. Sonst führt es zum Götzendienst.
Die Bibel moralisiert nicht, auch nicht beim Liebhaber Salomo. Sie zeigt die Gefahren der Liebe auf, aber sie bleibt dabei, ihre Schönheit zu besingen. In der Liebe werden wir immer auch Fehler machen, wie es Salomo getan hat. Der Liebhaber über-schreitet die Grenzen und hält sich nicht an die Gesetze. Doch Salomo sagt selbst: »Liebe deckt alle Vergehen zu.« (Sprichwörter 10,12) »Besser einen Fehler zu machen, indem man zu sehr liebt, als keinen zu machen, indem man gar nicht liebt.« (Arnold 229) Auch in der Liebe lernen wir nur über Fehler und Irrtum. Alle Weisheit, die wir mitbekommen, schützt uns nicht davor, in der Liebe auch mal blind zu sein. Die Liebe beschert uns nicht nur Freude und Ekstase, Verzauberung und Verschmelzung, sondern oft auch Trauer, Einsamkeit, Verlassenwerden, Depression. Sie führt uns in die Höhen und Tiefen der Leidenschaft, in den Himmel und in die Unterwelt, in das Licht und in die Dunkelheit. Sie hat eine enorme Kraft in sich, die unsere selbstgenügsame Welt aufbricht. Sie kann unsere Wunden heilen. Aber sie schlägt uns auch neue Wunden. Nur wer beide Seiten der Liebe zuläßt, wird von ihr in das Geheimnis wahrer Mannwerdung eingeführt. Der Mann, der nur von der Liebe schwärmt, benutzt sie als Fluchtweg vor der eigenen Wirklichkeit. Der Mann, der sich ihr verweigert, verschließt sich aus Angst vor der Verwandlung, die sie in ihm bewirken möchte.
Der Archetyp des Liebhabers stellt den Mann vor die Aufgabe, immer weiter zu wachsen und zu reifen. Die Liebe hindert den Mann daran, sich mit seiner Rolle zu identifizieren. Wer sich mit seiner Rolle als Firmenchef, als Rechtsanwalt oder als professioneller Helfer identifiziert, der fühlt sich zu wichtig, um sich noch auf das Abenteuer der Liebe einzulassen. Doch damit verweigert er seine innere Entwicklung und Reifung. Der Archetyp des Liebhabers öffnet den Mann aber nicht nur für die Liebe zu einer Frau oder für die Freundschaft mit einem Mann, sondern auch für die eigene »anima«. Die »anima« ist nach C. G. Jung die weibliche Seite im Mann. Der wahre Liebhaber geht auch zärtlich mit seiner eigenen anima um. Er spürt, daß in ihm die Fähigkeit zu lieben ist, die Fähigkeit, Liebe zu geben und zu empfangen. Und er ahnt, daß in ihm eine liebenswerte anima ist, eine Quelle von Inspiration, von Zärtlichkeit, von Mitgefühl und Liebe. Ohne anima vertrocknet der Mann. Nur wenn er seine anima integriert, wird er zum ganzen Mann.
Aus: Anselm Grün, Kämpfen und lieben. Wie Männer zu sich selbst finden. Vier-Türme-Verlag Münsterschwarzach 2003.
Liebendes Bezogensein
Diejenigen Bedürfnisse, die der Mensch mit dem Tier gemeinsam hat - Hunger, Durst und das Bedürfnis nach Schlaf und sexueller Befriedigung - sind deshalb wichtig, weil sie im chemischen Haushalt seines Körpers wurzeln und übermächtig werden können, wenn sie unbefriedigt bleiben. Aber selbst die volle Befriedigung dieser Bedürfnisse gewährleistet noch nicht die geistige und seelische Gesundheit. Diese hängt von der Befriedigung jener Bedürfnisse und Leidenschaften ab, die spezifisch menschlich sind und den Bedingungen der menschlichen Situation entstammen: des Bedürfnisses nach Bezogenheit, nach Transzendenz, nach Verwurzelung, nach Identitätserleben und nach einem Rahmen der Orientierung und einem Objekt der Hingabe.
Aus: Erich Fromm, Worte wie Wege. Herausgegeben und eingeleitet von Rainer Funk. Herder Verlag, Freiburg Basel Wien 1992. Zitat aus: Wege aus einer kranken Gesellschaft.
Mitleid
In einer Stadt lebte ein Mann, der ebenso reich wie geizig war. Er war egoistisch und hartherzig, spendete den Bedürftigen nie etwas und gab keinem einen Pfennig Almosen. Im Gegensatz zu ihm hatte seine Frau ein Herz voller Mitleid, und sie tat heimlich Gutes, soviel sie konnte. Doch gegen die Herzlosigkeit ihres Mannes vermochte sie nichts auszurichten.
Eines Tages im Winter erkrankte ihr Mann schwer. Hohes Fieber schüttelte ihn, und er spürte, daß sein Leben an einem dünnen Faden hing. Aufopfernd saß seine Frau Tag und Nacht bei ihm und pflegte ihn. In einem wachen Moment bemerkte der Kranke, daß Tränen der Sorge über ihre Wangen liefen, und sie erweichten sein hartes Herz.
Er gelobte Besserung. Wenn Gott ihn gesunden ließe, wolle er ein besserer Mensch werden. Nun, da er die Not am eigenen Leibe erfahre, wolle er nicht mehr so gefühllos gegen Bedürftige sein, und er versprach, in Zukunft Mitleid mit allen Menschen zu haben.
Der Geizige wurde gesund, und seine Frau hoffte auf eine Gelegenheit, daß er sein Gelöbnis würde einlösen können.
Eines Nachts peitschte draußen ein schrecklicher Sturm. Der Wind heulte und trieb den Schnee in gewaltigen Böen übers Land. Warm und geschützt lag das Ehepaar in seinem Bett, als es kräftig an die Türe klopfte.
"Laßt mich herein! Gebt mir Obdach! Ich erfriere!” rief es von draußen.
Als der Mann die Worte vernommen hatte, fing er an zu seufzen: "O Gott, es ist zum Erbarmen!"
"Habt Mitleid mit einem Obdachlosen!" rief die Stimme, und wieder pochte es heftig an die Tür.
Schwer seufzte der Mann auf, ja er schluchzte beinahe. "Ach, es ist ein Jammer, so ein Elend!' rief er und wälzte sich auf die andere Seite. Und je heftiger es an die Türe klopfte, desto größeres Wehklagen erhob der Mann und desto mehr ging ihm das Elend draußen vor der Tür zu Herzen.
Seine Frau hatte lange genug auf eine wohltätige Reaktion ihres Mannes gewartet. "Was soll dein Jammern? Wenn du schon Mitleid mit dem Obdachlosen hast, dann bitte ihn herein und laß ihn nicht da draußen erfrieren!” herrschte sie ihn an.
"Du verstehst gar nichts!” brüllte er zurück. "Ich habe geschworen, Mitleid zu haben. Aber wenn ich ihn herein-lasse, dann geht es ihm so gut wie mir. Und wie soll ich dann Mitleid haben?”
Aus: Norbert Lechleitner, Sonne für die Seele. 211 überraschende Weisheitsgeschichten, die jeden Tag ein wenig fröhlicher machen. Herder Verlag Freiburg Basel Wien 2008.
Liebe - Das Glück des "Siehe da!"
Zum Begriff "Liebe" fällt mir als erstes ein mittelalterliches Lied ein, das heute, durch die Taizé-Bewegung bekannt geworden, viel gesungen wird. Es geht auf einen Bibelvers zurück. "Ubi caritas et amor, ibi Deus est." Wo Liebe ist, da ist Gott. Nicht Gottesverehrung in Demut und Ergebenheit, nicht Anbetung eines höheren unbegreiflichen Wesens ist das Herz der Religion, sondern Liebe im Doppel-sinn dieses Wortes, das uns als Geliebte und als Liebende benennt. An die Liebe zu glauben, heißt sich selber zu erfahren als bejahte, gewollte, angenommene Wesen und zugleich als solche, die selber Liebe werden. Liebesfähig zu werden, ist das Ziel des Lebens. Was die Tradition mit dem – für uns oft missverständlichen – Ausdruck „die ewige Seligkeit” benennt, bedeutet nichts anderes, als dass Liebe und Gerechtigkeit ihre Kraft zeigen: in allen, für alle.
"Wer nicht liebt, hat von Gott nichts verstanden, denn Gott ist Liebe" (1 Johannes 4, 8). In diesem kleinen Satz "Gott ist Liebe" gibt das Neue Testament seine einzige "Definition" des nicht definierbaren Gottes an. Und gerade hier sind die beiden Qualitäten der Liebe, zu geben und zu nehmen, neu zu werden und neu zu machen, Leben zu schenken und lebendig zu werden, zusammen gegenwärtig. Sie sind untrennbar. Das patriarchale Verständnis von Sexualität, das genitale Sexualität abspaltet von dem großen Geflecht der Beziehungen unserer Körper und Seelen zu anderen Menschen und zur Welt, hat hier nichts zu suchen.
Agape ist die Fähigkeit der Selbsthingabe des Ego. "Im Anfang war die Beziehung", so drückt der jüdische Religionsphilosoph Martin Buber dieses Grunddatum menschlicher Existenz aus. Wir sind nicht einfach der wirtschaftsfähige Mensch, für den es genügt, seinem erleuchteten Selbstinteresse zu folgen, wir brauchen etwas mehr zum Leben als „self interest”. "Am Anfang" war nicht der Homo oeconomicus, dieses geschäfts- und genussfähige Einzelwesen, zu dem wir gemacht werden sollen, sondern die Selbsttranszendenz der Liebe.
Geliebt zu werden ruft unsere Fähigkeit zu lieben hervor. Aber ist, um das zu verstehen, eigentlich Religion notwendig? Genügt nicht die rationale Analyse? Leistet nicht die Psychologie das, was da zur Aufarbeitung der Eltern-Kind-Beziehung notwendig ist? Inwiefern ist da mehr notwendig? Ist die religio, die Rückbindung, zumal in ihren institutionalisierten Formen nicht eher ein verkrustetes Gewebe um diesen glühenden Kern herum, das eher ablenkt als aufbaut? Ich denke, dass unsere Beziehungsfähigkeit eine Sprache braucht, die mehr ist als die Sprache der Argumente. Das Geheimnis des Lebens, dem Menschen in den verschiedensten Religionen Namen wie der Ewige, der Dreieinige, Allah, die Energie, die Gütekraft, das Unaussprechliche gegeben haben, will geteilt werden. "Gott ist das Allermitteilsamste", sagt Meister Eckhart, ein Satz, der mich oft in Verzweiflung stürzt, weil es häufig absolut unmöglich scheint, auch nur das Mindeste von diesem Geheimnis weiterzugeben. Die Religion erwächst aus der Notwendigkeit, eine Sprache zu finden, die aufs Ganze geht, die mehr einklagt und herbeiruft als das, was ablesbar ist und machbar ist.
Es liegt im Interesse der Liebe, auf die Notwendigkeit einer Sprache hinzuweisen, die uns mit anderen und mit einer Tradition verbindet, die über die reine Subjektivität hinausgeht. Wir sind alle "unheilbar religiös", wie Nikolai Berdjajew gesagt hat. Sich von dieser Krankheit zu verabschieden, ist zugleich eine Aufgabe der Erotik Gottes, ohne die Leben nicht lebt. Meine Zweifel an den Menschen, die sich von dieser Krankheit "geheilt" glauben, die mit Religion "nichts am Hut" haben, sind mit der Totalisierung unserer Ökonomie immer mehr gewachsen.
Können wir denn ohne "die Liebe Gottes, die höher ist als alle Vernunft", leben? Ist nicht der Verzicht auf Religion ein Verzicht auf Eros? Von einem Menschen zu sagen, er oder sie sei "unerotisch", scheint mir eine Art Todesurteil. Die Zerstörung unserer anderen Wünsche und Träume vom Leben aller auf diesem Planeten schreitet mit der Erübrigung von Religion voran. Ist nicht das, was viele für eine Art aufgeklärterer Intelligenz halten, eher nach dem Muster "Behandlung (der Krankheit Religion) erfolgreich, Patient leider tot" zu beschreiben?
Manchmal frage ich mich, warum es gerade in den christlichen Konfessionen so wenig Sprache der Gottesliebe gibt, sondern meist nur ein abgeblasstes Reden vom uns liebenden, uns beschützenden, von uns kleinen Winzlingen bloß nichts erwartenden Herren-Gott. Eine der Ursachen für die Schwäche institutionalisierter Religion in unserer Welt scheint mir in einem religiösen Wunsch, möglichst lange, möglichst immer Kind bleiben zu wollen, begründet. Diese krampfhaft festgehaltene Kindlichkeit ist kindisch - und hat nichts mit den offenen staunenden Augen der Kinder, die Jesus im Sinn hatte, zu tun. Erwachsenwerden, gegen und mit den religiösen Institutionen zugleich, heißt vor allem, die Liebe in ihrer ganzen Gegenseitigkeit ernst zu nehmen. "Ich weiß, dass ohne mich/Gott nicht ein Nu könnt leben" (Angelus Silesius) ist mystischer Ausdruck dieser Gegenseitigkeit, gegen alle hierarchisch im Schema von oben und unten denkende Orthodoxie.
Du sollst Gott lieben "von ganzem Herzen, von ganzer Seele, von allem Vermögen": Wann tun wir denn etwas ganz, ohne Vorbehalte, ohne Wenn und Aber, ohne Lohnerwartung oder Strafbefürchtung, ohne Zwänge und ohne dieses tödliche "und dann?", das den Augenblick zerstört? Wann leben wir denn etwas, das reines Jetzt wird und in dem wir ganz das sind, was wir tun? "I am what I do" ist eine klassische mystische Formulierung für dieses Ganzsein. In der Liebe fallen Sein und Handeln zusammen. Wann erreichen wir diese Sammlung, diese unabgelenkte Aufmerksamkeit, die zur Liebe gehört?
Der buddhistische Mönch Thich Nhat Hanh drückt das gleiche Grunddasein mit der Formel aus: "Das Geschirr spülen, um das Geschirr zu spülen." Es ist ein Akt unabgelenkter Hingabe - und sie setzt die Fähigkeit des oder der Einzelnen, sich an das Ganze zu binden, voraus. Das Ego ist nicht der letzte Horizont des Selbst. Wir können aus uns selbst herausgehen, die Wolke werden, die wir vorüberziehen sehen, das Lied werden, das wir singen. Wir sind nicht nur das begrenzte und berechenbare Produkt, zu dem wir uns oft machen. Im Anfang war die Beziehung, die uns konstituiert. Wir existieren, wie Emmanuel Levinas das ausgedrückt hat, "im Akkusativ", angesprochen, angehaucht, angesehen und gebraucht. Ganzsein bedeutet dieses Glück des "Siehe da!"
Dorothee Sölle in: Was kommt. Was geht. Was bleibt. Herausgegeben von Markus Schächter. Herder Verlag Freiburg Basel Wien 2001.
Mutter Teresa über die Liebe
Mutter Teresa sagte über die Liebe:
"Die Armen müssen wissen, dass wir sie lieben, dass sie er-wünscht sind. Sie selbst haben nichts zu geben außer Liebe. Wir fragen uns, wie wir diese Botschaft der Liebe und des Mitfühlens verständlich machen können. Wir versuchen, der Welt durch unsere Arbeit Frieden zu bringen. Aber ist diese Arbeit nicht das Geschenk Gottes? Die Menschen von heute hungern nach Liebe, nach verstehender Liebe, die die einzige Antwort auf Einsamkeit und bittere Armut ist.
Deshalb können wir in Länder wie England und Amerika und Australien gehen, wo es keinen Hunger nach Brot gibt. Aber dort leiden die Leute unter schrecklicher Einsamkeit, schrecklicher Verzweiflung, schrecklichem Hass, fühlen sich unerwünscht, hilflos, hoffnungslos. Sie haben das Lächeln verlernt, sie haben die Schönheit menschlicher Berührung vergessen. Sie wissen nicht mehr, was menschliche Liebe ist. Sie brauchen jemand, der sie versteht und achtet” (Doig, S. 170).
Wichtiger als ihre Arbeit war für Mutter Teresa ihre Religiosität, ihre Liebe zu Gott. Sie sagte: "Mit Jesus ist alles möglich, denn Gott ist die Liebe”; und an anderer Stelle: "Erst im Himmel werden wir wissen, was wir den Armen schulden, weil wir ihretwegen Gott mehr lieben konnten.”
So waren für Mutter Teresa die beiden zentralen Gebote - Gottesliebe und Nächstenliebe - im Kern ein einziges Gebot; eigentlich kann man sie nicht voneinander trennen.
Aus: Roswitha Kornprobst, Mutter Teresa. Zeichen der Hoffnung. Topos plus Taschenbücher, Kevelaer 2007.
Über die Fähigkeit zur Liebe
Die Fähigkeit zur Liebe ist grenzenlos, bei jedem von uns. Doch manchmal kommen wir ihretwegen ganz durcheinander und glauben, wir hätten nur ein bestimmtes Maß an Liebe zu geben. Wir denken, die Liebe sei eine Art Spiel oder Wettbewerb, bei dem der Gewinn für den einen zwangsläufig zu einem entsprechenden Verlust für den anderen führt. Wir glauben, nur ein bestimmtes Maß an Liebe zu besitzen - so daß wir also, wenn wir etwas da-von hergeben, selbst um genau soviel weniger haben. Wir fangen an, unsere Liebe aufzuteilen - genauso wie das Geld, mit dem wir am Ende des Monats die Rechnungen bezahlen. Wir kommen all unseren »Liebes-Verpflichtungen« nach und versuchen, ein bißchen Liebe zur Seite zu tun und zu sparen - für den Notfall.
Kontrollierte Liebe ist keine Liebe. Liebe aus Pflicht ist keine Liebe. Wahre Liebe für andere entströmt jener tiefen Liebe, die wir für uns selbst empfinden. Es ist nicht möglich, einen Menschen zu lieben, wenn wir uns selbst weder kennen noch lieben.
Wenn wir uns wirklich selbst lieben, kennt die Liebe, die wir geben können, keine Grenzen. Doch immer gilt: Liebe läßt sich nicht künstlich erzeugen, nur weil wir etwas dafür bekommen sollten oder müssen oder wollen. Die Liebe ist eine Kraft, die wir mit anderen teilen können, weil wir selbst sie haben.
Aus: Anne Wilson Schaef, Nimm dir Zeit für dich selbst. Tägliche Meditationen für Frauen, die zuviel arbeiten. Ins Deutsche übertragen von Gabriel Stein. Wilhelm Heyne Verlag, München 1992.
Ars Amandi
Ein Mensch, der wüst ein Weib zertrümmert
Und sich nicht um die Scherben kümmert,
Ist zwar, als Mensch, oft minderwertig,
Doch schnell mit solchen Sachen fertig.
Und hat ein Herz er glatt gebrochen,
Dann heilt's auch, oft schon nach vier Wochen.
Ein andrer Mensch, der nicht so roh,
Macht es im Grunde ebenso,
Doch drängt's ihn seelisch, bei den Frauen,
Von Zeit zu Zeit noch nachzuschauen,
Wie großen Schaden sie gelitten.
Das Herz vermag er nicht zu kitten -
Nur dies erreicht der, ach, so Gute:
Daß immer frisch es wieder blute.
Der Mensch wirkt ärger, als ein frecher
Doch wohlgeübter Herzensbrecher.
Drum raten wir, daß er sich hüte
Vor Güte, die nur zweiter Güte.
Aus: Eugen Roth für Lebenskünstler. Heitere Verse mit farbigen Illustrationen von Hans Traxler. Carl Hanser Verlag, München Wien 1995.
Norbert Riebartsch (2014)
Gabi Ceric (1999)
Hans Hütter (1996)