Vor ein paar Wochen habe ich einen Vortrag gehalten über die Notfallseelsorge. Wie immer hatte ich ein Manuskript geschrieben, hatte mich wie immer vorbereitet. Doch was geschah? Mir gelang es, den Vortrag frei zu halten - nicht bloß auswendig gelernt. Ich spürte, während ich den Vortrag hielt, einfach, wie wichtig für mich der Dienst in der Notfallseelsorge ist, ja wie der Dienst mich erfüllt. Von den Rückmeldungen her habe ich auch immer wieder gehört: Man hat gespürt, wie sehr Sie von diesem Dienst erfüllt und begeistert sind. Da bin ich auch schon beim Stichwort: "begeistert sein", "erfüllt sein!"! Genau das hat dieses Erlebnis mit Pfingsten zu tun. Man muss einem Menschen anmerken, dass er von einer Sache begeistert ist, erfüllt ist. Entweder sprudelt es dann so heraus oder dieser Mensch strahlt einfach die Freude aus.
Ich glaube es war genauso bei den Aposteln. Jedes Jahr an Pfingsten hören wir in der Apostelgeschichte, wie begeistert die Jünger waren, wie sie - erfüllt vom heiligen Geist - in fremden Sprachen reden, wie die Menschen staunen. Die einen spüren sofort das Wirken Gottes, andere sind sehr bestürzt. Wenn ich mir die Apostelgeschichte anschaue, dann spüre ich: Die Apostel konnten gar nicht anders. Doch sie waren auch eines nicht - nämlich Marionetten. Sie hatten Gott so tief erfahren, dass sie spürten: Wir müssen jetzt alles verkünden, was wir erlebt haben. Bis sie wirklich so auftreten konnten, da brauchte es eine gewisse Zeit. Wir haben im Evangelium gehört: aus Furcht hatten sie die Türen verschlossen. Jesus kommt und haucht ihnen den Geist Gottes ein. "Empfangt den Heiligen Geist!" In der Apostelgeschichte hören wir von Zungen wie von Feuer. Alle wurden sie mit dem Heiligen Geist erfüllt. Dass aus den ängstlichen Aposteln so begeisterte Zeugen wurden, ist eindeutig dem Wirken Gottes zu verdanken. Die Apostel mussten an den Punkt kommen, an dem sie spürten: aus uns heraus sind wir nichts, aber mit Gott da sind wir alles. Wir brauchen und können nicht auf die eigene allein Kraft vertrauen. Es ist Gottes Kraft, die in uns wirkt. Das ist immer ein Geschenk, eine Gabe.
Wirkt der Heilige Geist auch heute?
Da kann ich mich fragen: Warum wird das heute in der Kirche, in den Gemeinden so wenig geschenkt. Hält Gott heute seinen Geist zurück? Ich höre da die Fragen vieler Eltern: Da sind wir stets in die Kirche gegangen - und unsere Kinder gehen heute nicht mehr! Ich denke an die Fragen derer, die sich bei der Vorbereitung auf die Sakramente Erstkommunion und Firmung: Da haben wir uns monatelang bemüht - wo sind denn die Jugendlichen? Ich höre das Fragen vieler Pfarrer, vieler Ehrenamtlicher: Wo sind die vielen Menschen, warum finden sie zu Esoterik mehr Zugang als zu dem Glauben an Gott?
Ja, es ist notwendig, sich immer wieder neu Gedanken darüber zu machen. Es gibt immer wieder neue Ideen, neue Programme, viele Aktionen. Doch das Entscheidende tut Gott, bewirkt sein heiliger Geist. Vielleicht sollten wir als Christinnen und Christen bewusst beten um diesen Heiligen Geist und darauf vertrauen, was der Priester im Tagesgebet betet: "Erfülle die ganze Welt mit den Gaben des Heiligen Geistes, und was deine Liebe am Anfang der Kirche gewirkt hat, das wirke sie auch heute in den Herzen aller, die an dich glauben."
Gott lässt die Kirche auch heute nicht allein
Kann ich auch keine großen Lösungen für die Probleme und Fragen präsentieren, so kann ich uns alle eben zu diesem Glauben einladen: Gott lässt die Kirche und auch uns heute nicht allein. Wie er zu der damaligen Zeit die Apostel aus Angst und Resignation herausgeholt hat, so möchte er auch uns aus dieser Resignation und Hoffnungslosigkeit herausholen. Wir können auch sagen: weil wir daran glauben, dass Gott uns immer wieder seinen Geist sendet, und uns erfüllen will, darum kann es eigentlich keine Hoffnungslosigkeit geben. Ja, es geht immer wieder weiter in der Kirche Gottes.
Ich blicke in meine Gemeinde. Da ist aus manch guten Ideen schon so vieles entstanden. Da kamen Menschen, mit denen ich nicht gerechnet habe. Da entstanden neue Ideen, von denen ich vorher nicht zu träumen gewagt hatte. Da kommen bei der Vorbereitung auf die Predigt Gedanken, an die man nicht gedacht hat. Ich spüre, die Gedanken sind ein Geschenk Gottes. Eine Religionsstunde läuft anders als vorbereitet, aber in den Kindern und Jugendlichen ist etwas aufgebrochen.
Ich schaue auf das, was in der gesamten Christenheit geschieht: Neue Bewegungen sind entstanden, vielfältig. Alle bezeugen auf verschiedene Weise Gottes Wirken und Gottes Liebe in der Welt von heute. Für mich gibt es viele Zeichen, dass Gott heute wirkt. Im eigenem Leben, wie im Leben der Gemeinde, wie auch in der ganzen Kirche. Immer wieder bewahrheitet sich auch das, was Paulus an die Korinther schreibt. Es gibt verschiedene Gnadengaben, es gibt verschiedene Dienste, verschiedene Kräfte - und immer ist es der eine Geist der wirkt, in uns und durch uns. Gott hat uns Gnadengaben geschenkt. Diese sollen wir in den Dienst des Reiches Gottes stellen.
Das Wirken des Geistes in der Stille
Die verschiedenen Gaben sind immer auch Aufgaben. Von Jesus begeistert zu sein, äußert sich nicht immer in Temperamentsausbrüchen. Ich muss nicht den ganzen Tag Halleluja rufen. Nicht jeder kann mitreißend reden. Aber es gibt auch die anderen Weisen zu zeigen, dass ich von Jesus begeistert bin. Eine Möglichkeit kann sein, dass ich immer da bin, wenn mich Menschen brauchen. Eine andere Möglichkeit ist durchaus der stille Dienst, das in Gott verborgene Leben. Es kann sein, dass ich meine Pflichten in Beruf und Familie ernst nehme. Es kann sich darin zeigen, dass ich versuche, fair und gerecht zu sein gegenüber meinen Mitmenschen. Begeisternd zu reden, schöne religiöse Lieder zu singen, das ist einfach, aber sich darum bemühen, den Glauben in die Tat umzusetzen, das ist oft schwer. Ich bin nicht meiner Verantwortung enthoben.
Für das Wirken des Heiligen Geistes bereit werden
Ich muss für das Wirken des Heiligen Geistes bereit sein und bereit werden. Die Apostel waren dieses. Dadurch wurden sie auch befreit von der Angst von den Menschen. Sie sagen das, was ihnen wichtig ist, was sie mit Gott erlebt haben. Sie fangen an, den Glauben auch wirklich zu leben. Damit stecken sie andere an. Das wird uns in der Apostelgeschichte erzählt. Wenn jeder die Apostel, einfache und ungebildete Männer, in seiner Sprache versteht, dann kann ich das auch symbolisch verstehen. Jeder sieht die Begeisterung. Das muss sich nicht nur in Worten ausdrücken. Diese Begeisterung, dieser Glaube soll alle Völker erfassen. Erfüllt zu sein von Gottes Geist - wie auch immer sie sich ausdrückt, befreit auch mich von Angst. Ich darf mich nicht in mein Schneckenhaus zurückziehen. Es schenkt auch mir eine große Freiheit, wie die Apostel "Gottes große Taten zu verkünden."
Was ist von mir als Christ gefordert? Einfach nur Mut, einfach das felsenfeste Vertrauen auf die Kraft Gottes. Ich bin ausgesendet, berufen, als Christ in der Welt zu leben. Gott hat seine Geschichte begonnen. Gott setzt sie in mir fort. Gott setzt sie mit mir fort, mit allen Menschen, die an Christus glauben, mit allen Menschen, die guten willens sind.
Ich komme auf eine wichtige Frage zurück. Warum sind anscheinend Menschen so wenig begeistert. Warum öffnen sie sich anscheinend nicht dem Wirken Gottes in der Welt? Warum scheint vielen Gemeinden der Schwung zu fehlen? Vielleicht müssen wir noch mehr erfahren, dass Gott das Entscheidende wirkt. Ich glaube auch: Wir müssen mehr Mut haben zum Zeugnis, wir müssen uns noch mehr gegenseitig stützen. Wir müssen uns noch mehr Gottes großer Taten in unserem Leben erinnern. Wo hat Gott uns Kraft gegeben? Wo hat Gott uns angerührt? Wo hat unser Leben Farbe bekommen, einen Halt bekommen? Das zu leben und zu verkünden, jeder mit seiner Gabe, dazu kann uns Pfingsten Mut machen. Beten wir um diesen Heiligen Geist. Haben wir den Mut dazu! Wir alle sind eingeladen, Werkzeuge zu sein für IHN. Denn es kann auch unser Leben gründlich ändern, in eine ganz positive Richtung! Wir sehen sie zwar jetzt nicht, aber wir werden es erfahren. Beten wir um Gottes Kraft - aber sehen wir auch unsere Verantwortung.