Angst-Lust am Weltuntergang
Mit der Angst vor dem Weltuntergang lassen sich nach wie vor gute Geschäfte machen. Anders ist es nicht zu erklären, dass sich Filme mit apokalyptischem Inhalt so gut verkaufen.
Kommt das Ende der Welt durch den unaufhaltbaren Klimawandel, durch einen Atomkrieg, einen Tsunami oder wird eine kosmische Katastrophe das Leben auf der Erde vernichten?
Keine dieser Katastrophen kann ausgeschlossen werden, auch wenn es tausendmal wahrscheinlicher ist, dass ich an einem Herzinfarkt, einer Gehirnblutung, einem Karzinom oder – wenn ich Glück habe – "nur" an Altersschwäche sterbe. Den größeren Nervenkitzel garantieren apokalyptische Gedankenspiele.
Im ersten Jahrhundert unserer Zeitrechnung waren viele Menschen überzeugt, dass die Welt nicht mehr lange steht - vielleicht auch Jesus von Nazareth. Es gab damals unzählige Schriften über den bevorstehenden Weltuntergang. Ihre Schreckensbilder zogen die Menschen in ihren Bann. Einige haben sogar in den Heiligen Schriften ihre Spuren hinterlassen.
Am einfachsten wäre es, sie einfach beiseite zu schieben oder sie zu überlesen, denn schließlich haben sie sich nun 2000 Jahre lang nicht bewahrheitet. Noch steht die Welt und die, die gemeint haben, dass diese Generation das alles noch erleben werde, haben sich offensichtlich geirrt.
Ich fände es aber schade, wenn man so das Kind mit dem Bade ausschüttete. Die hartnäckige Wiederkehr all dieser Themen zeigt, dass darin ein sehr ernsthaftes und wichtiges Anliegen enthalten ist. Die Angst vor dem Ende, die Angst vor einem Ende mit Schrecken ist eine ernst zu nehmende Sorge vieler Menschen. Sie ist nicht aus der Welt und aus den Köpfen zu bekommen.
Mit hinein verwoben ist auch das Thema Schuld, die Sehnsucht nach Bestrafung aller, die sich an der Schöpfung schuldig gemacht haben, und zugleich die Befürchtung, selbst nicht ganz unschuldig zu sein.
Die Frohbotschaft der Apokalyptik
Auf dieser Ebene kommt uns auch die Frohe Botschaft entgegen, die in diesen Texten enthalten ist: Wir werden aufgefordert, auf den Menschensohn zu schauen, der mit Macht und Herrlichkeit kommen wird, um die von ihm Auserwählten zusammenzuführen. Der Blick auf den Menschensohn ist das Gegenmittel gegen unsere Ängste und gegen unsere Schuldgefühle. Sich in das Vertrauen auf den Menschensohn einzustimmen, eine Vertrauensbasis zu ihm aufzubauen, bringt mehr als das Beobachten der Katastrophen-Anzeichen und das Rätseln über den Zeitpunkt.
Wir stehen 1 Woche vor dem Christkönigsfest. Der Wert des Königstitels, mit dem wir Christus huldigen, liegt in der Hoffnung, dass er der Herr der ganzen Schöpfung ist, dass er über allen kosmischen und geschichtlichen Vorgängen steht und dass er uns retten kann und wird; sogar dort, wo es nach menschlichen Vorstellungen keine Rettung gibt.
Die Mahnbotschaft der Apokalyptik
Neben dieser Glaubensbotschaft beinhaltet das Wälzen apokalyptischer Vorstellungen noch einen weiteren positiven Wert: Einige Faktoren eines drohenden Untergangs liegen im Gestaltungsbereich der Menschen. Die apokalyptischen Bilder zeigen uns, wohin Rüstungswahn und Kriegstreiberei führen und mahnen uns, alle Kräfte für den Frieden zu mobilisieren. Der Einsatz für weltweite Gerechtigkeit kann Konflikte kalmieren und Kriege verhindern. Ein behutsamerer Umgang mit der Umwelt und den Ressourcen der Erde kann negative Folgen verringern und drohende Katastrophen vermindern. Die Apokalyptik will nicht nur Angst schüren, sondern auch aufrütteln und zur Umkehr bewegen.
Wir tun gut daran, uns den Ängsten zu stellen, die tief in vielen Menschen stecken. Die Auseinandersetzung mit ihnen führt zur Hoffnung hin, die im Vertrauen auf den Menschensohn liegt. Sie kann uns darüber hinaus motivieren, uns in Gesellschaft, Politik und Wissenschaft für grundlegende Überlebensfragen zu engagieren.
Martin Stewen (2021)
Bernhard Zahrl (1997)