Die biblischen Lesungen wurden mit freundlicher Genehmigung der Ständigen Kommission für die Herausgabe der gemeinsamen liturgischen Bücher im deutschen Sprachgebiet den Lektionaren 2018 ff entnommen. - © 2024 staeko.net. - vgl. Impressum.
Die Katholischen Bibelwerke in Deutschland, Österreich und Schweiz stellen auf ihren Webseiten ausführliche Kommentare und Anleitungen zum Lesen der biblischen Lesungen für Sonn- und Feiertage zum Download im PDF-Format zur Verfügung. Mit freundlicher Genehmigung der Katholischen Bibelwerke übernehmen wir die Kurzeinleitungen zu den Lesungen.
Predigten vom 19. Feb. 2023 - 7. Sonntag im Jahreskreis (A)
06. Jan. 2025
Erscheinung des Herrn, Dreikönig (A/B/C)
05. Jan. 2025
2. Sonntag nach Weihnachten (A/B/C)
01. Jan. 2025
Neujahr - Fest der Gottesmutter Maria (A/B/C)
31. Dez. 2024
31. Dezember: Jahresschluss (Sonst.)
29. Dez. 2024
Fest der hl. Familie (C)
26. Dez. 2024
26. Dezember: hl. Stephanus (Fest)
25. Dez. 2024
Weihnachten, am Tag (A/B/C)
25. Dez. 2024
Weihnachten, am Morgen (A/B/C)
24. Dez. 2024
Weihnachten, in der Nacht (A/B/C)
24. Dez. 2024
Weihnachten, am Vorabend (A/B/C)
22. Dez. 2024
4. Adventsonntag (C)
15. Dez. 2024
3. Adventsonntag (C)
08. Dez. 2024
8. Dezember: Mariä Empfängnis (Fest)
01. Dez. 2024
1. Adventsonntag (C)
24. Nov. 2024
Christkönigsonntag (B)
17. Nov. 2024
33. Sonntag im Jahreskreis (B)
10. Nov. 2024
32. Sonntag im Jahreskreis (B)
03. Nov. 2024
31. Sonntag im Jahreskreis (B)
02. Nov. 2024
2. November: Allerseelen (A/B/C)
01. Nov. 2024
1. November: Allerheiligen (A/B/C)
27. Okt. 2024
30. Sonntag im Jahreskreis (B)
20. Okt. 2024
29. Sonntag im Jahreskreis (B)
13. Okt. 2024
28. Sonntag im Jahreskreis (B)
06. Okt. 2024
27. Sonntag im Jahreskreis (B)
29. Sep. 2024
26. Sonntag im Jahreskreis (B)
22. Sep. 2024
25. Sonntag im Jahreskreis (B)
15. Sep. 2024
24. Sonntag im Jahreskreis (B)
14. Sep. 2024
14. September: Kreuzerhöhung (Fest)
08. Sep. 2024
8. September: Mariä Geburt (Fest)
08. Sep. 2024
23. Sonntag im Jahreskreis (B)
01. Sep. 2024
22. Sonntag im Jahreskreis (B)
01. Sep. 2024
Erntedank - Schöpfungszeit (Sonst.)
25. Aug. 2024
21. Sonntag im Jahreskreis (B)
18. Aug. 2024
20. Sonntag im Jahreskreis (B)
15. Aug. 2024
15. August: Mariä Himmelfahrt (Fest)
11. Aug. 2024
19. Sonntag im Jahreskreis (B)
06. Aug. 2024
6. August: Verklärung des Herrn (Fest)
04. Aug. 2024
18. Sonntag im Jahreskreis (B)
28. Jul. 2024
17. Sonntag im Jahreskreis (B)
21. Jul. 2024
3. Sonntag im Juli: Heiligster Erlöser (Fest)
21. Jul. 2024
16. Sonntag im Jahreskreis (B)
14. Jul. 2024
15. Sonntag im Jahreskreis (B)
07. Jul. 2024
14. Sonntag im Jahreskreis (B)
30. Jun. 2024
13. Sonntag im Jahreskreis (B)
29. Jun. 2024
29. Juni: hl. Petrus und Paulus (Fest)
27. Jun. 2024
27. Juni: Fest der Mutter von der Immerw. Hilfe (Fest)
24. Jun. 2024
24. Juni: hl. Johannes des Täufers (Fest)
23. Jun. 2024
12. Sonntag im Jahreskreis (B)
20. Jun. 2024
20. Juni: Weltflüchtlingstag (Sonst.)
16. Jun. 2024
11. Sonntag im Jahreskreis (B)
09. Jun. 2024
10. Sonntag im Jahreskreis (B)
07. Jun. 2024
Heiligstes Herz Jesu (B)
02. Jun. 2024
9. Sonntag im Jahreskreis (B)
30. Mai. 2024
Fronleichnam (B)
26. Mai. 2024
Dreifaltigkeitssonntag (B)
20. Mai. 2024
Pfingstmontag - Maria, Mutter der Kirche (B)
19. Mai. 2024
Pfingstsonntag (A/B/C)
18. Mai. 2024
Pfingsten, am Vorabend (A/B/C)
12. Mai. 2024
7. Sonntag der Osterzeit (B)
09. Mai. 2024
Christi Himmelfahrt (B)
06. Mai. 2024
Bitttage (A/B/C)
05. Mai. 2024
6. Sonntag der Osterzeit (B)
01. Mai. 2024
1. Mai: Tag der Arbeit, hl. Josef (Fest)
30. Apr. 2024
1. Mai: Tag der Arbeit, hl. Josef (Fest)
28. Apr. 2024
5. Sonntag der Osterzeit (B)
21. Apr. 2024
4. Sonntag der Osterzeit (B)
14. Apr. 2024
3. Sonntag der Osterzeit (B)
08. Apr. 2024
25. März: Verkündigung des Herrn (Fest)
07. Apr. 2024
2. Sonntag der Osterzeit (B)
01. Apr. 2024
Ostermontag (A/B/C)
31. Mär. 2024
Ostersonntag (A/B/C)
30. Mär. 2024
Osternacht (B)
29. Mär. 2024
Karfreitag (A/B/C)
28. Mär. 2024
Gründonnerstag (A/B/C)
24. Mär. 2024
Palmsonntag (B)
19. Mär. 2024
19. März: hl. Josef (Fest)
17. Mär. 2024
5. Fastensonntag (B)
10. Mär. 2024
4. Fastensonntag (B)
03. Mär. 2024
3. Fastensonntag (B)
25. Feb. 2024
2. Fastensonntag (B)
18. Feb. 2024
1. Fastensonntag (B)
14. Feb. 2024
Aschermittwoch (A/B/C)
11. Feb. 2024
6. Sonntag im Jahreskreis (B)
04. Feb. 2024
5. Sonntag im Jahreskreis (B)
02. Feb. 2024
2. Februar: Darstellung des Herrn (Fest)
28. Jan. 2024
4. Sonntag im Jahreskreis (B)
21. Jan. 2024
3. Sonntag im Jahreskreis (B)
14. Jan. 2024
2. Sonntag im Jahreskreis (B)
07. Jan. 2024
Taufe des Herrn (B)
06. Jan. 2024
Erscheinung des Herrn, Dreikönig (A/B/C)
01. Jan. 2024
Neujahr - Fest der Gottesmutter Maria (A/B/C)
31. Dez. 2023
31. Dezember: Jahresschluss (Sonst.)
31. Dez. 2023
Fest der hl. Familie (B)
26. Dez. 2023
26. Dezember: hl. Stephanus (Fest)
25. Dez. 2023
Weihnachten, am Tag (A/B/C)
25. Dez. 2023
Weihnachten, am Morgen (A/B/C)
24. Dez. 2023
Weihnachten, in der Nacht (A/B/C)
24. Dez. 2023
Weihnachten, am Vorabend (A/B/C)
24. Dez. 2023
4. Adventsonntag (B)
17. Dez. 2023
3. Adventsonntag (B)
10. Dez. 2023
2. Adventsonntag (B)
08. Dez. 2023
8. Dezember: Mariä Empfängnis (Fest)
03. Dez. 2023
1. Adventsonntag (B)
26. Nov. 2023
Christkönigsonntag (A)
19. Nov. 2023
33. Sonntag im Jahreskreis (A)
12. Nov. 2023
32. Sonntag im Jahreskreis (A)
09. Nov. 2023
9. November: Weihe der Lateranbasilika (Fest)
05. Nov. 2023
31. Sonntag im Jahreskreis (A)
02. Nov. 2023
2. November: Allerseelen (A/B/C)
01. Nov. 2023
1. November: Allerheiligen (A/B/C)
29. Okt. 2023
30. Sonntag im Jahreskreis (A)
22. Okt. 2023
29. Sonntag im Jahreskreis (A)
15. Okt. 2023
28. Sonntag im Jahreskreis (A)
08. Okt. 2023
27. Sonntag im Jahreskreis (A)
07. Okt. 2023
Erntedank - Schöpfungszeit (Sonst.)
01. Okt. 2023
26. Sonntag im Jahreskreis (A)
24. Sep. 2023
25. Sonntag im Jahreskreis (A)
17. Sep. 2023
24. Sonntag im Jahreskreis (A)
14. Sep. 2023
14. September: Kreuzerhöhung (Fest)
10. Sep. 2023
23. Sonntag im Jahreskreis (A)
03. Sep. 2023
22. Sonntag im Jahreskreis (A)
27. Aug. 2023
21. Sonntag im Jahreskreis (A)
20. Aug. 2023
20. Sonntag im Jahreskreis (A)
15. Aug. 2023
15. August: Mariä Himmelfahrt (Fest)
13. Aug. 2023
19. Sonntag im Jahreskreis (A)
06. Aug. 2023
6. August: Verklärung des Herrn (Fest)
30. Jul. 2023
17. Sonntag im Jahreskreis (A)
23. Jul. 2023
16. Sonntag im Jahreskreis (A)
16. Jul. 2023
3. Sonntag im Juli: Heiligster Erlöser (Fest)
16. Jul. 2023
15. Sonntag im Jahreskreis (A)
09. Jul. 2023
14. Sonntag im Jahreskreis (A)
02. Jul. 2023
13. Sonntag im Jahreskreis (A)
29. Jun. 2023
29. Juni: hl. Petrus und Paulus (Fest)
27. Jun. 2023
27. Juni: Fest der Mutter von der Immerw. Hilfe (Fest)
25. Jun. 2023
12. Sonntag im Jahreskreis (A)
24. Jun. 2023
24. Juni: hl. Johannes des Täufers (Fest)
18. Jun. 2023
11. Sonntag im Jahreskreis (A)
16. Jun. 2023
Heiligstes Herz Jesu (A)
11. Jun. 2023
10. Sonntag im Jahreskreis (A)
08. Jun. 2023
Fronleichnam (A)
04. Jun. 2023
Dreifaltigkeitssonntag (A)
29. Mai. 2023
Pfingstmontag - Maria, Mutter der Kirche (C)
28. Mai. 2023
Pfingstsonntag (A/B/C)
27. Mai. 2023
Pfingsten, am Vorabend (A/B/C)
21. Mai. 2023
7. Sonntag der Osterzeit (A)
18. Mai. 2023
Christi Himmelfahrt (A)
14. Mai. 2023
6. Sonntag der Osterzeit (A)
07. Mai. 2023
5. Sonntag der Osterzeit (A)
30. Apr. 2023
4. Sonntag der Osterzeit (A)
23. Apr. 2023
3. Sonntag der Osterzeit (A)
16. Apr. 2023
2. Sonntag der Osterzeit (A)
10. Apr. 2023
Ostermontag (A/B/C)
09. Apr. 2023
Ostersonntag (A/B/C)
08. Apr. 2023
Osternacht (A)
07. Apr. 2023
Karfreitag (A/B/C)
06. Apr. 2023
Gründonnerstag (A/B/C)
02. Apr. 2023
Palmsonntag (A)
26. Mär. 2023
5. Fastensonntag (A)
25. Mär. 2023
25. März: Verkündigung des Herrn (Fest)
20. Mär. 2023
19. März: hl. Josef (Fest)
19. Mär. 2023
4. Fastensonntag (A)
15. Mär. 2023
15. März: Klemens Maria Hofbauer (Fest)
12. Mär. 2023
3. Fastensonntag (A)
05. Mär. 2023
2. Fastensonntag (A)
26. Feb. 2023
1. Fastensonntag (A)
22. Feb. 2023
Aschermittwoch (A/B/C)
19. Feb. 2023
7. Sonntag im Jahreskreis (A)
Einführungen zu den Gottesdienstlesungen - Ltg 0
1. Lesung - Lev 19,1-2. 17-18
Lesung aus dem Buch Levitikus.
Der HERR sprach zu Mose:
Rede zur ganzen Gemeinde der Israeliten
und sag zu ihnen: Seid heilig,
denn ich, der HERR, euer Gott, bin heilig.
Du sollst in deinem Herzen
keinen Hass gegen deinen Bruder tragen.
Weise deinen Mitbürger zurecht,
so wirst du seinetwegen keine Sünde auf dich laden.
An den Kindern deines Volkes sollst du dich nicht rächen
und ihnen nichts nachtragen.
Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.
Ich bin der HERR.
1. Lesung (ungekürzte Fassung) - Lev 19,1-18
Lesung aus dem Buch Levitikus.
Der HERR sprach zu Mose:
Rede zur ganzen Gemeinde der Israeliten
und sag zu ihnen: Seid heilig,
denn ich, der HERR, euer Gott, bin heilig.
Jeder von euch soll Mutter und Vater fürchten
und auf meine Sabbate achten;
ich bin der HERR, euer Gott.
Ihr sollt euch nicht anderen Göttern zuwenden
und euch nicht Götterbilder aus Metall gießen;
ich bin der HERR, euer Gott.
Wenn ihr für den HERRN ein Heilsopfer schlachtet,
opfert es so, dass ihr Wohlgefallen vor Gott findet.
An dem Tag, an dem ihr es schlachtet,
und am folgenden Tag soll es gegessen werden;
was davon am dritten Tag noch übrig ist,
soll im Feuer verbrannt werden.
Isst man davon am dritten Tag,
so ist es verfallen
und findet kein Wohlgefallen mehr.
Wer davon isst,
muss die Folgen seiner Schuld tragen;
denn er hat die Heiligkeit des HERRN entweiht.
Diese Person wird aus ihrer Geschlechterfolge
ausgemerzt werden.
Wenn ihr die Ernte eures Landes einbringt,
sollst du das Feld
nicht bis zum äußersten Rand abernten.
Du sollst keine Nachlese von deiner Ernte halten.
In deinem Weinberg sollst du keine Nachlese halten
und die abgefallenen Beeren nicht einsammeln.
Du sollst sie dem Armen
und dem Fremden überlassen.
Ich bin der HERR, euer Gott.
Ihr sollt nicht stehlen, nicht täuschen
und einander nicht betrügen.
Ihr sollt nicht falsch bei meinem Namen schwören;
du würdest sonst den Namen deines Gottes entweihen.
Ich bin der HERR.
Du sollst deinen Nächsten nicht ausbeuten
und ihn nicht um das Seine bringen.
Der Lohn des Tagelöhners soll nicht über Nacht
bis zum Morgen bei dir bleiben.
Du sollst einen Tauben nicht verfluchen
und einem Blinden kein Hindernis in den Weg stellen;
vielmehr sollst du deinen Gott fürchten.
Ich bin der HERR.
Ihr sollt beim Rechtsentscheid kein Unrecht begehen.
Du sollst weder für einen Geringen
noch für einen Großen Partei nehmen;
gerecht sollst du deinen Mitbürger richten.
Du sollst deinen Mitbürger nicht verleumden
und dich nicht hinstellen
und das Blut deines Nächsten fordern.
Ich bin der HERR.
Du sollst in deinem Herzen
keinen Hass gegen deinen Bruder tragen.
Weise deinen Mitbürger zurecht,
so wirst du seinetwegen keine Sünde auf dich laden.
An den Kindern deines Volkes sollst du dich nicht rächen
und ihnen nichts nachtragen.
Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.
Ich bin der HERR.
Antwortpsalm - Ps 103,1-4. 8. 10. 12-13
Kv - Gnädig und barmherzig ist der Herr,
voll Langmut und reich an Huld. - Kv
(oder GL 657,3)
Preise den HERRN, meine Seele,
und alles in mir seinen heiligen Namen!
Preise den HERRN, meine Seele,
und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat! - Kv
Der dir all deine Schuld vergibt
und all deine Gebrechen heilt,
der dein Leben vor dem Untergang rettet
und dich mit Huld und Erbarmen krönt. - Kv
Der HERR ist barmherzig und gnädig,
langmütig und reich an Huld.
Er handelt an uns nicht nach unsern Sünden
und vergilt uns nicht nach unsrer Schuld. - Kv
So weit der Aufgang entfernt ist vom Untergang,
so weit entfernt er von uns unsere Frevel.
Wie ein Vater sich seiner Kinder erbarmt,
so erbarmt sich der HERR über alle, die ihn fürchten. - Kv
2. Lesung - 1 Kor 3,16-23
Lesung aus dem ersten Brief des Apostel Paulus
an die Gemeinde in Korinth.
Schwestern und Brüder!
Wisst ihr nicht, dass ihr Gottes Tempel seid
und der Geist Gottes in euch wohnt?
Wer den Tempel Gottes zerstört,
den wird Gott zerstören.
Denn Gottes Tempel ist heilig
und der seid ihr.
Keiner täusche sich selbst.
Wenn einer unter euch meint,
er sei weise in dieser Welt,
dann werde er töricht, um weise zu werden.
Denn die Weisheit dieser Welt
ist Torheit vor Gott.
In der Schrift steht nämlich:
Er fängt die Weisen in ihrer eigenen List.
Und an einer anderen Stelle:
Der Herr kennt die Gedanken der Weisen;
er weiß, sie sind nichtig.
Daher soll sich niemand eines Menschen rühmen.
Denn alles gehört euch;
Paulus, Apollos, Kephas,
Welt, Leben, Tod, Gegenwart und Zukunft:
Alles gehört euch;
ihr aber gehört Christus
und Christus gehört Gott.
Ruf vor dem Evangelium - 1 Joh 2,5
Halleluja. Halleluja.
Wer sich an Christi Wort hält,
in dem ist die Gottesliebe wahrhaftig vollendet.
Halleluja.
Evangelium - Mt 5,38-48
Aus dem heiligen Evangelium nach Matthäus.
In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern:
Ihr habt gehört,
dass gesagt worden ist:
Auge für Auge und Zahn für Zahn.
Ich aber sage euch:
Leistet dem, der euch etwas Böses antut,
keinen Widerstand,
sondern wenn dich einer auf die rechte Wange schlägt,
dann halt ihm auch die andere hin!
Und wenn dich einer vor Gericht bringen will,
um dir das Hemd wegzunehmen,
dann lass ihm auch den Mantel!
Und wenn dich einer zwingen will,
eine Meile mit ihm zu gehen,
dann geh zwei mit ihm!
Wer dich bittet, dem gib,
und wer von dir borgen will, den weise nicht ab!
Ihr habt gehört,
dass gesagt worden ist:
Du sollst deinen Nächsten lieben
und deinen Feind hassen.
Ich aber sage euch: Liebt eure Feinde
und betet für die, die euch verfolgen,
damit ihr Kinder eures Vaters im Himmel werdet;
denn er lässt seine Sonne aufgehen
über Bösen und Guten
und er lässt regnen über Gerechte und Ungerechte.
Wenn ihr nämlich nur die liebt, die euch lieben,
welchen Lohn könnt ihr dafür erwarten?
Tun das nicht auch die Zöllner?
Und wenn ihr nur eure Brüder grüßt,
was tut ihr damit Besonderes?
Tun das nicht auch die Heiden?
Seid also vollkommen,
wie euer himmlischer Vater vollkommen ist!
Gewaltverzicht
Gewaltentrennung, Gewaltmonopol
Demokratische Staaten zeichnen sich dadurch aus, dass sie den Umgang mit Gewalt penibel regeln. Anwendung von Waffengewalt ist staatlichen und vom Staat kontrollierten Organen wie der Polizei oder dem Militär vorbehalten. Gewaltentrennung zwischen Exekutive, Legislative und Judikatur ist Kennzeichen moderner Demokratie.
In Israel gehen Zurzeit die Menschen auf die Straße, da die aktuelle Regierung diese Trennung aufweichen will. In autokratisch geführten Staaten setzen die Machthaber mit Gewalt ihren Willen durch.
So leicht lässt sich allerdings der gewaltsame Missbrauch von Macht nicht verhindern. Dies erleben wir Tag für Tag im persönlichen und privaten Bereich. Zwar wurde "die gesunde Watschen", mit der die Älteren von uns aufgewachsen sind, in den letzten Jahrzehnten geächtet, neu hinzugekommen sind jedoch neue Formen von Gewalt: Mobbing, verbale Gewalt, Hasspostings in sozialen Medien usw. Die Anwendung von psychischer und häuslicher Gewalt ist stärker in die Aufmerksamkeit der öffentlichen Wahrnehmung gerückt. Ein trauriges Kapitel ist die Zunahme der sog Femizide.
Gewaltanwendung
Jesus fordert in der Bergpredigt seine Zuhörer auf, Gewalt nicht mit Gewalt zu beantworten. Seine Forderung nach Gewaltverzicht und Feindesliebe erscheint vielen Menschen als Überforderung.
Die alte Regel "Auge für Auge und Zahn für Zahn" war einmal ein großer Fortschritt und beinhaltet nach wie vor den Anspruch von Gerechtigkeit, sie lässt aber wichtige Aspekte außer Acht, die es im Zusammenhang mit Gewaltanwendung zu bedenken gilt.
Gewaltanwendung, auch wenn sie gerecht erscheint, zieht meist eine Steigerung von Gewalt bis hin zu Eskalation nach sich. Wir kennen das aus dem Wettrüsten und dem Versuch, ein Gleichgewicht des Schreckens herzustellen.
Ein Zweites: Gegengewalt, auch wenn sie gerechtfertigt werden kann, ist immer ein Mehr an Gewalt, schafft eine Art Inflation von Gewalt, stumpft ab, macht Gewalt "salonfähig", verharmlost sie.
Noch ein Drittes: Die Anwendung von Gewalt beinhaltet noch keinen Ansatz zur Lösung des Konflikts.
Gewaltverzicht
Jesus selbst hat Gewaltverzicht bis zum Äußersten geübt und uns damit ein Beispiel gegeben. Zu Petrus sagt er: "Steck dein Schwert in die Scheide; denn alle, die zum Schwert greifen, werden durch das Schwert umkommen" (Mt 26,52). Jesu persönliches Beispiel fordert uns mehr heraus als seine Worte.
Forderungen aufzustellen und gute Ratschläge zu geben allein sind wenig hilfreich. Wie schwierig es ist, ungerechter Gewaltanwendung wirksam und nachhaltig zu begegnen, zeigt uns der gegenwärtige Krieg in Europa. Er ist aber auch ein aufschlussreiches Beispiel dafür, in welche Sackgasse Gewalt und Gegengewalt führen.
Gewalt, die sich im Kleinen, im Alltäglichen, im Familiären, im wirtschaftlichen Alltag abspielt, läuft meist nach dem gleichen Muster. Die Welt im Kleinen ist ein wichtiges Übungsfeld, auf dem wir die friedliche Lösung von Konflikten versuchen können. Hier erleben wir, wie leicht wir versucht sind, den häuslichen Frieden, die betriebliche Atmosphäre oder auch die staatliche Ordnung aufs Spiel zu setzen. Hier können wir aber auch neue Wege der Konfliktlösung und kreative Auswege entdecken und einüben.
Setzt dem Bösen keine Gewalt entgegen!
Sich alles gefallen lassen?
„Leistet dem, der Böses tut, keinen Widerstand“ lautet ein Kernsatz der Bergpredigt Jesu, die Papst Benedikt XVI. als Magna Charta der christlichen Gewaltfreiheit bezeichnete. Noch bekannter ist das Bild vom Hinhalten der anderen Wange, zu dem uns Jesus in diesen Versen des Matthäusevangeliums aufruft. Aber seien wir ehrlich, so richtig anfreunden konnten sich die Christ*innen - wie der Blick in die Geschichte zeigt - mit diesen Versen des Neuen Testaments nicht. Immer wieder haben auch Politiker*innen darauf hingewiesen, dass sich mit der Bergpredigt nicht regieren lasse. Ein ehemaliger deutscher Verteidigungsminister meinte überhaupt, dass die Bergpredigt nur für Bettelmönche praktizierbar sei. Damit hatte er indirekt das traditionelle katholische Umgehen mit dieser Bibelstelle angesprochen, wonach die radikalen Ratschläge der Bergpredigt nur für Ordensleute gelten, während für normale Christ*innen die Zehn Gebote genügen würden. Auch im privaten Bereich scheint vielen von uns das Hinhalten der anderen Wange unannehmbar zu sein. Muss man sich von den anderen wirklich alles gefallen lassen? Bedeutet Christ*insein, alle Gewalt und alles Unrecht einfach stumm und widerstandslos hinzunehmen?
Zur Beantwortung dieser Fragen müssen wir etwas genauer auf den Schrifttext hinschauen. Jesus empfiehlt, bei einem Schlag auf die rechte Wange, auch die andere Wange hinzuhalten. Das klingt auf den ersten Blick banal und leicht verständlich, ist aber in Wirklichkeit komplizierter. Bitte probieren sie das jetzt selbst aus. Verpassen Sie bitte - ganz sanft und nur andeutungsweise natürlich - mit der gewöhnlich gemeinten rechten Hand einen Schlag auf die rechte Wange eines ihrer Nachbar*innen. Wenn Sie das versuchen, werden Sie sofort bemerken, dass ein solcher Schlag nur mit dem Handrücken möglich ist. Es geht also nicht um einen gewöhnlichen Schlag, den man einfach hinzunehmen hätte, sondern um eine beleidigende Geste einer höher gestellten Person gegen eine gesellschaftlich untergebene Person. Walter Wink, ein US-amerikanischer Exeget hat Beispiele für solche ungleichen Verhältnisse genannt, die uns die Bibelstelle besser verstehen lassen: „Sklavenhalter schlugen mit der Rückhand ihre Sklaven, Ehemänner ihre Frauen, Eltern ihre Kinder, Römer Juden.“ Die Worte Jesu bedeuten also nicht, Schläge reaktionslos hinzunehmen, sondern fordern die Täter auf, nicht herablassend und entwürdigend zu handeln, sondern - wenn schon - gleiche Augenhöhe einzunehmen. Jesus fordert dazu auf, sich nicht entwürdigend und herablassend behandeln zu lassen. Er selbst gab ein Beispiel, als er den Diener des Hohenpriesters fragte, warum er ihn schlagen würde (Joh 18,23).
Ansteckende Gewalt
Warum fordert Jesus aber dazu auf, nicht zurückzuschlagen? Dazu müssen wir die Natur von Gewalt besser verstehen. Gewalt ist ansteckend und schaukelt sich im Konfliktgeschehen sehr leicht auf. Der aus Österreich stammenden Psychoanalytiker und Aggressionsforscher Friedrich Hacker hat das einmal mit der These „Gewalt ist ansteckend wie Cholera“ auf den Punkt gebracht. Jesus rät also in der Bergpredigt nicht dazu, das Böse einfach widerstandslos hinzunehmen, sondern das Böse nicht dadurch zu verstärken, dass mit gleicher Münze geantwortet wird.
Bei dieser Stelle in der Bergpredigt besteht für Christ*innen die Gefahr, sich antijüdisch über das Alte Testament zu erheben. Doch wie schon die heutige Lesung zeigt, argumentiert Jesus auf dem Hintergrund der jüdischen Tradition. Der jüdische Religionsphilosoph Pinchas Lapide verwies beispielsweise auf Psalm 37 (Ps 37,1.8), um zu verdeutlichen, dass es in der Bergpredigt um ein Ausbrechen aus der Spirale der Vergeltung geht. Er übersetzt Mt 5,39 mit „Wetteifert nicht im Unrecht-Tun!“. Die Bergpredigt weist uns also einen dritten Weg zwischen einem gleichgültigen Hinnehmen von Unrecht auf der einen Seite und einer durch Vergeltung angefeuerten Gewalteskalation auf der anderen Seite. Natürlich sollen wir uns dem Unrecht entgegenstellen, ohne allerdings dadurch die Gewalt zu verdoppeln.
Geschwisterlicher Kampf gegen Unrecht
Schauen wir auf das griechische Zeitwort, das in diesem Bibelvers verwendet wird, so legt sich folgende Übersetzung nahe: „Setzt dem Bösen keine Gewalt entgegen!“ Ähnlich hat das der russische Schriftsteller Leo Tolstoi schon Ende des 19. Jahrhunderts verstanden, als er betonte, dass es keinen gewaltsamen Widerstand gegen das Böse geben dürfe. Durch Tolstoi entdeckte Mahatma Gandhi, der Befreier Indiens, die aktive Gewaltfreiheit Jesu in der Bergpredigt. Gandhis Friedenslehre ließ auch viele Christ*innen die eigene Botschaft neu entdecken. Das berühmteste Beispiel dafür ist der US-amerikanische Bürgerrechtler Martin Luther King, der - von Bibel und Gandhi inspiriert - gewaltfrei gegen die Rassendiskriminierung kämpfte. Auch der inzwischen selig gesprochene oberösterreichische Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus Franz Jägerstätter erkannte, dass die Bergpredigt keine passive Gleichgültigkeit empfiehlt, sondern eine geschwisterliche Haltung dem Kampf gegen Unrecht überordnet. In seinen Aufzeichnungen bemerkt er zur heutigen Bibelstelle: „Wir dürfen unser Recht suchen, höher jedoch als kaltes Recht steht die Bruderliebe.“ Aus biblischer Sicht gilt es, nicht auf Gewalt mit Gewalt zu antworten, sondern das Böse mit dem Guten zu besiegen. Sowohl der Psalm 37 als auch der Römerbrief von Paulus (Röm 12,21) unterstreichen das.
Gibt es Beispiele, wie wir durch gutes Handeln Wege aus der Gewalt finden können? Auf politischer Ebene ist der ehemalige Präsident Südafrikas und Friedensnobelpreisträger Nelson Mandela ein gutes Beispiel. Sein nicht immer gewaltfreier Widerstand gegen die Apartheid brachte ihn für siebenundzwanzig Jahre ins Gefängnis. Statt sich dort aber Vergeltungsphantasien zu überlassen, wählte er den Weg der Versöhnung. Er eignete sich im Gefängnis freiwillig Afrikaans, die Sprache seiner Unterdrücker, an und befreundete sich mit einigen seiner Gefängniswächter. Sein Verzicht auf Vergeltung und seine Bereitschaft zur Versöhnung ermöglichten es ihm, nach seiner Freilassung den Grundstein zu einem Südafrika des Miteinanders zu legen.
Aktive Gewaltfreiheit
Wir selbst können in unseren Familien den Frieden stärken. Papst Franziskus hat in seiner Botschaft zum Weltfriedenstag am 1. Jänner 2017 die Gewaltfreiheit ins Zentrum gestellt und die „häusliche Atmosphäre“ als „Wurzel für eine gewaltfreie Politik“ bezeichnet: „Die Familie ist der unerlässliche Schmelztiegel, durch den Eheleute, Eltern und Kinder, Brüder und Schwestern lernen, sich zu verständigen und uneigennützig füreinander zu sorgen; hier müssen Spannungen oder sogar Konflikte kraftvoll, aber durch Dialog, Achtung, Suche nach dem Wohl des anderen, Barmherzigkeit und Vergebung überwunden werden.“ Ähnlich wie Jägerstätter weiß der Papst um die Notwendigkeit von Konflikten, unterstreicht aber gleichzeitig, dass der Weg der aktiven Gewaltfreiheit darin besteht, die Einheit über den Konflikt zu stellen.
Die Bergpredigt ist kein Programm, das auf die ethische Überforderung des einzelnen Menschen zielt, sondern an eine Gemeinschaft gerichtet ist, sich gemeinsam an der Gewaltfreiheit zu orientieren. Wie Papst Franziskus in seiner Enzyklika „Laudato si‘“ schreibt, ist die isolierte Einzelperson überfordert, sich ethisch gegen Strukturen der Sünde zu behaupten. Deshalb empfiehlt er, „Netze der Gemeinschaft“ zu bilden (Laudato si‘ Nr. 219). Unser gewaltfreier Einsatz für Friede, Gerechtigkeit und Schöpfungsverantwortung braucht solche Netzwerke. Der 21. September ist seit 1981 UN-Weltfriedenstag. Dieser Tag gewinnt an Bedeutung, wenn sich Menschen vernetzen, um ein gewaltfreies Zusammenleben im privaten und politischen Bereich zu stärken. Friedenspfarren, die sich an der Bergpredigt orientieren, können dafür ein nachahmenswertes Vorbild sein.
© Prof. Dr. Wolfgang Palaver, Vorsitzender Pax Christi Österreich.
Es darf etwas wachsen
Viele mögen eine Art von Sport
ob aktiv oder auch im Zuschauen.
Im Stadion haben sie ihren Ort
und können sich dort auch trauen,
die Leistung der Aktiven zu kommentieren.
Sie kennen Rekorde, sie kennen Tabellen,
sie wissen das Mittel, um nicht zu verlieren
und immer zu sein bei den Guten und Schnellen.
Doch frage ich mich: Was ist der Rekord?
Ist es schon dann, wenn ich laufe nicht fort?
Ist‘s wichtig, der Gute und Starke zu sein,
wenn es ist verbunden mit täglichen Nein,
an Menschen, denen man so viel verdankt,
wenn manchmal auch unsere Selbstachtung wankt?
Rekordverdächtig, so sagt es die Schrift,
ist jeder, der auf seinen Feind einmal trifft,
und dabei nicht zuschlägt oder laut schreit.
Der ihm sogar zutraut: „DU bist gescheit!“
Dann schenkt er Beachtung. Dann ist sein Wort gut.
Ich glaube, dazu fehlt häufig der Mut.
Denn wir lernten leider: Zuerst komme ICH.
Und später vielleicht, da sehe ich dich!
Doch wenn’s einer lebt, verlier ich die Ruh:
Es ist also möglich. Wie kommt der dazu?
Was hat er erfahren, was prägte sein Leben,
dass er tatsächlich die Liebe kann geben?
Ich will ähnlich werden, doch was ist der Preis?
Darüber nachdenken macht die Stirne mir heiß.
Der andere Kranke, der andre Betagte,
der mich dreißig Mal dasselbe nur fragte,
der meint es nicht böse. Sein Kopf wird nur schwach.
Er sucht doch auch selbst nach dem schützenden Dach!
Ich las einen Leitspruch, den ein Großer genannt:
„In der Höhle des Löwen, so hab ich erkannt,
wohnt öfters ein Lamm, das Angst hat wie ich.
Wir sind nicht mehr nur Feinde. Das tröstet mich!“
Der Königsweg scheint mir im Herz zu beginnen.
wenn ich einen Feind als Freund will gewinnen.
Das Herz ändert die Weise, wie ich höre und schaue
und wem ich - wie mir - das Gutsein zutraue!
Pater Norbert Riebartsch, Kamillianer
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Es ist die Liebe, die uns heilig macht
Heilig
Das Zauberwort heute: heilig! Vielleicht ein wenig abschreckend, womöglich unheimlich? Wir nähern uns mutig, aber auch ein wenig vorsichtig dem Heiligen. Ein kluger Kopf – Rudolf Otto - hat vor 100 Jahren beschrieben, dass das Heilige fasziniert und gleichzeitig abschreckt, lockt und ängstigt. Richtig professionell hört sich das bei ihm an: mysterium tremendum und mysterium fascinans. Schauern stellt sich ein. Mit ihm aber auch eine große Sehnsucht.
Im dritten Buch der Thora, Leviticus genannt, heißt es: Ihr sollt heilig sein, weil Gott heilig ist. Es gibt in diesem Buch sogar ein Heiligkeitsgesetz! Das ist schon etwas Besonderes. Hören wir Paulus dazu, werden wir zu einem Tempel Gottes, in dem der Heilige Geist wohnt – also, zu Hause ist. Und Jesus lässt uns alt aussehen, wenn wir nicht besser sind oder mehr tun als die Alten. Was fasziniert uns daran? Was erschrickt uns?
Herausgehobenes
Schauen wir einmal im Internet nach, finden wir da auf vielen Seiten die ziemlich einfache Beschreibung – oder auch Behauptung -, dass heilig etwas Besonderes, Verehrungswürdiges und Herausgehobenes meint. Jedenfalls etwas „Abgetrenntes“, „Abgegrenztes“. Dass das Wort geschichtlich von „Heil“ abstammt, überrascht uns dann auch nicht. Heil meint, dass etwas „ganz“ ist, vollendet, perfekt. Die Folge: Heilig ist die Sphäre des Göttlichen, Absoluten, eben auch des Übermenschlichen, des Außermenschlichen, des Außergewöhnlichen. Wir sprechen von dem Heiligen Geist, von heiligen Schriften, von den Heiligen, von heiligen Orten oder heiligen Gegenständen. Neben den vielen Vätern gibt es auch einen Heiligen Vater, der (normalerweise) niemals Vater wurde. Die Gegensätze sind auch klar: profan, weltlich, irdisch. Und es kommt, wie es kommen muss: Menschen zerbrechen an Bildern. An Vorbildern und an Selbstbildern. Sie zerbrechen an sich. Es ist nicht gut, sich selbst zu einem Heiligen zu machen. Oder machen zu lassen.
Es schleicht sich wie ein Schatten in unsere Kirche, dass wir Menschen davon träumen, heilige Orte, heilige Menschen, heilige Überlieferungen in unserer Nähe zu haben – und dann von sexuellem Missbrauch, mühsam verbrämter Macht und verlorenem Vertrauen überrumpelt zu werden. Das Heilige, das Heiligste ist dreckig geworden. Von Menschen, die sich lange im Schutz des Heiligen wähnten. Die den Schutz des Heiligen missbrauchten. Die den Schutz des Heiligen anderen verweigerten. Manche versuchen jetzt, das dreckig gewordene Heilige von dem rein gebliebenen irgendwie zu trennen, um die Fiktion aufrechterhalten zu können, dass das eigentlich Heilige unverletzt bleibt – und aus allem Schmutz herausgehalten werden muss. Dann könnte alles beim Alten bleiben. Wir spüren die Spannungen. Die Enttäuschungen. Die Wut. Viele Menschen haben keine Sprache mehr dafür. Die Worte sagen nichts mehr. Sie sind leer geworden – wie das Heilige, das verloren gegangen ist.
Liebe
Kann das Heilige verloren gehen? Eine gewisse Traurigkeit stellt sich bei diesem Gedanken schon ein. Wir brauchen etwas, woran wir glauben können. Das größer ist als wir. An dem wir uns messen können. Da kommt der Priester gerade recht, der uns im Buch Leviticus Gott zeigt! Ihn uns vor Augen stellt. Als den Heiligen! Fremd? Unnahbar? Nein! In der Liebe ist er heilig. In seiner Liebe zu uns. Ist das abgehoben? Abgetrennt? So fremd und unnahbar uns Gott manchmal scheint, er ist mit uns unterwegs. Mit seinem Volk. An ihm können wir uns aufrichten! Von ihm können wir fasziniert sein! Vor ihm auch erschauern. Was ist hier Angst? Befürchtung? Glück?
Paulus, der den Priester gut kennt, der uns im Buch Leviticus begegnet, beschreibt das Glück. Glück ist, geliebt zu sein, geliebt zu werden. Das macht uns so groß und so schön, dass wir Tempeln gleichen. Nicht die aus Stein, nein, die aus Geist. Wo der Geist Gottes wohnt, wohnt die Liebe. Wohnt er! Ich stelle mir den Tempel vor. In der Liebe kommen wir in das Allerheiligste. Die Trennmauer zwischen „profan“ und „heilig“ ist Stein für Stein säuberlich abgebaut. Gott selbst lädt seine Gäste, seine Pilger ein – und die vielen Schutzsuchenden und Verängstigten auch. Hier gibt es ein Nachtlager, ein Essen, ein Gespräch – und die Tür bleibt offen. Für die, die wieder gehen wollen. Die Mut getankt haben. Denen eine unbändige Kraft zugewachsen ist. An einem heiligen Ort. Was alles geschieht, wenn wir Tempeln gleichen! Wir bereiten den Tisch! Wir hören zu! Wir säubern die Wunden! Wir machen uns schmutzig! Dabei bekommen wir reine Hände.
Worauf es ankommt, sagt Paulus auch:
„Alles gehört euch;
Paulus, Apollos, Kephas,
Welt, Leben, Tod, Gegenwart und Zukunft:
Alles gehört euch;
ihr aber gehört Christus
und Christus gehört Gott.“
Zu Christus gehören
Jetzt ist es heraus: Heilig hebt nicht heraus, heilig braucht keine Distanz, heilig schmückt sich mit keinem Heiligenschein – heilig heißt, zu Christus zu gehören. Sondert er uns aus? Hebt er uns auf einen Sockel? Macht er uns zu einer Elite?
Es ist die Liebe, die uns heilig macht. Es ist die Liebe, die uns mit Christus verbindet. Darum können wir uns auch nicht damit abfinden, nur das Selbstverständliche und Übliche zu tun. Es ist doch keine Kunst, mit lieben und vertrauten Menschen lieb umzugehen. Aber Feinde zu lieben, Fremde zu achten, Hass zu überwinden, ist Lebenskunst. Es ist doch keine Kunst, mit Geschäftspartnern auf Augenhöhe Geschäfte zu machen. Aber anderen Menschen Vertrauen entgegenzubringen, ohne gleich davon profitieren zu können, ist Liebeskunst. Es ist doch keine Kunst, Heilige zu verehren. Aber Menschen in ihrer Schwäche anzunehmen, ist Heiligenkunst.
Ihr habt gehört! Sagt Jesus! Was haben wir nicht alles gehört!
„Wenn ihr nämlich nur die liebt, die euch lieben,
welchen Lohn könnt ihr dafür erwarten?
Tun das nicht auch die Zöllner?
Und wenn ihr nur eure Brüder grüßt,
was tut ihr damit Besonderes?
Tun das nicht auch die Heiden?
Seid also vollkommen,
wie euer himmlischer Vater vollkommen ist!“
Vollkommen ist ein verräterisches Wort! Aber was verrät es? Das Geheimnis der Liebe. Das Geheimnis der Liebe ist, ganz und gar in Gott selbst zu Hause zu sein.
„Er lässt seine Sonne aufgehen
über Bösen und Guten
und er lässt regnen über Gerechte und Ungerechte.“
Angelockt und verschämt
Schauen wir noch einmal zurück auf das verletzte, verratene und missbrauchte Heilige. Wir sehnen uns nach Reinheit und trauern über den Schmutz. Wir möchten das Erhabene sehen und entsetzen uns über das Deformierte. Wir wünschen uns, vorbehaltlos vertrauen zu können und fürchten, enttäuscht zu werden. Aber Gott macht sich in seiner Liebe klein – das ist seine Heiligkeit. Er möchte mit seinem Geist unter uns wohnen – das macht uns heilig. Nichts Besonderes! Ich bin fasziniert und erschrocken bin ich auch. Ich bin angelockt und auch ein wenig verschämt.
Und der Friede Gottes,
der höher ist als unsere Vernunft,
bewahre unsere Herzen und Sinne
in Christus Jesus,
unserem Herrn.
Feindesliebe für immer
Liebe Schwestern und Brüder, die den Sonntagsgruß nutzen
Sie brauchen nicht verwundert das Brillenglas putzen.
Tatsächlich ist der Text für heute in Reimen erstellt
als Geschenk an unsere manchmal närrische Welt.
Als Sonntagsgruß nimmt er Bezug auf eine Bibelstelle,
die lang zu bedenken sich lohnt, nicht nur auf die Schnelle.
Denn Feindesliebe muss wachsen und kräftig werden,
damit sie verändert manch Leiden auf der Erden.
Die Narretei im Leben ist
für manchen Menschen wie der Mist.
Er riecht nicht gut, wenn er ist frisch,
doch steht auch vieles auf dem Tisch
was nur gut wuchs, weil Mist im Spiel,
ob etwas nur oder auch viel.
So ist vielleicht es auch mit dem,
was hilfreich ist und unbequem.
Wie ist es mit der Feindeslieb
die Jesus einst als Wert beschrieb?
Es war ja die Predigt vor einer Schar
die auf der Suche nach Neubeginn war.
Sie wollten von diesem Mann doch ein Wort,
das sie begleitet an den heimischen Ort.
„Sag du uns, Meister, wie soll ich verstehn,
als einfacher Mensch auf Gottes Weg gehn?“
Gib Beispiele uns, die im Alltag wir kennen,
die wir als Herausforderung gerne benennen.
So stehen die Worte vom Nein zur Rache,
das soll nicht sein der Christen Sache.
So steht die Bitte: Überrasche durch Zeichen,
die auch steinharte Herzen können erweichen.
Vielleicht kommt aber auch ins Wort,
dass manche Hoffnung lebt noch fort.
Die Hoffnung wächst aus dem, was war,
aus dem, was uns vor Jahren machte klar:
Ich hab den Schlüssel für Frieden gefunden,
als er war lebendig für einige Stunden.
Es war ganz besonders, zerbrechlich und fein:
In solcher Weise sollte öfters es sein.
Jetzt ist dafür eine sehr gute Zeit,
zumal der eigene Schmerz ist nicht weit.
Er macht uns empfindlich. Nur ein falscher Blick
macht die Luft im Zimmer manchmal schon dick.
Doch ein Wort des Friedens nimmt Spannung heraus
verändert das gereizte Klima in so manchem Haus.
Jetzt ist die Zeit, da beim nun anderen Tun,
jetzt, da so manche Aufgaben ruhn.
Jetzt kann ich entscheiden: „Was mache ich neu?
Wo werde ich mutig? Wo hilft mehr die Scheu?“
Die Scheu davor, das Wort „Dummkopf“ zu sagen.
Oder dem Nächsten einen Streit lange nachzutragen.
Die Scheu zu verbittern und hartherzig zu sein,
denn dadurch werden wir ganz klein.
Ich hab schon erlebt: Eine Zeile im Reim
zaubert hin und wieder hervor einen Keim,
aus dem eine Blume wird oder ein Baum,
so schön und so stark wie in manchem Traum.
Dann wird auch daraus echtes und persönliches Leben,
zu dem unser Herr den Segen wird geben.
Habt dafür den Mut,
denn er tut euch gut!
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Macht Jesu Weg der Friedfertigkeit Sinn?
Liebe Besucher und -innen heute,
Ihr seid wirklich brave Leute!
Kommt an diesem Faschingstage her
und gebt dem Herrn der Welt die Ehr.
Sogar Jesu Mahnung hört Ihr Euch an,
„Aug um Auge, Zahn um Zahn!“ –
so sagten die Alten.
Als Christen soll'n wir uns anders verhalten.
Halt dem, der dich schlägt, auch die andre Wange hin.
Macht so etwas tatsächlich Sinn?
Für die Taktiker im ganzen Land(e)
ist das eher eine Schand(e).
Für sie braucht's Waffen und Militär,
um zu zeigen: Wir sind der Herr.
Doch wo endet das, wo führt das hin.
Da frage ich: Macht solches Sinn?
Einäugig und zahnlos wird die Welt,
wenn sich jeder so verhält.
Natürlich bereitet Jesu Weg auch Schmerzen,
doch vielleicht geht's dem Angreifer doch zu Herzen.
Mag sein, dass er sich besinnt und kehrt um.
Das macht die Waffen stumm.
Jesus selber hat's erlitten.
Er hat nicht gegen die Peiniger gestritten.
So ging er uns voran und lebte,
was immer schon vor ihm schwebte:
Die Idee von einer besseren Welt,
wo nicht Gewalt und Macht nur zählt.
Das ist Jesu Beispiel,
sicher ein hohes Ziel!
Aber es lohnt sich, darauf hin zu leben
und eine solch friedvolle Welt zu erstreben.
Das ist auch das, was ich als Grundbotschaft find
im Brief des Paulus an die Gemeinde von Korinth.
Gottes Tempel seid ihr
und Gottes Geist wohnt in dir und mir.
Torheit ist die Weisheit der Welt,
weil sie vor Gott nicht zählt.
Wer Jesus liebt
und sich auf seinen Weg begibt,
der schlägt neue Wege ein,
um gottgefällig zu sein.
Was dann zählt
sind nicht die Wege der Welt,
geprägt von Egoismus und Streben nach Macht,
auch wenn mancher drüber lacht
und sagt: Dann bist du ein Narr,
da wirst du ausgenutzt fürwahr!
So war Jesu Leben,
er hat uns ein Beispiel gegeben
von einer Welt,
in der allein die Liebe zählt.
Und so soll’s sein in Gottes Namen.
Ja, so ist‘s gut, drum sag ich: Amen.
© Stefan Durner, Pastoralreferent im Pfarrverband Flossing
Kirchenplatz 2, D-84570 Polling, stefandurner@web.de
Leben in der Freiheit, wie sie Gott uns schenkt
Bis hierher und nicht weiter
Vor gut 20 Jahren hat sich für die Pastoral unserer Gemeinden ein neues Format in der Weitergabe des Glaubens entwickelt: Glaubenskurse. In einer angenehmen Atmosphäre, getragen von gemeinsamen Gebet und Gesang werden wichtige Fragen des Glaubens aufgegriffen. Nach einem kurzen thematischen Impuls werden die Inhalte in Kleingruppen in gemeinsamen Gesprächen vertieft.
Spannend werden diese Gespräche dann, wenn Menschen daran teilnehmen, die Kirche und Gemeinde eher distanziert gegenüber stehen. Und denen unsere biblische Erzählungen und liturgischen Tradition nicht sehr vertraut sind. Denn oft hinterfragen sie scheinbare Sicherheiten. Und können dabei helfen, biblische Geschichten auf eine neue Weise zu lesen und zu verstehen.
So auch bei einem Gespräch über das bekannte Gleichnis vom barmherzigen Vater. Zwei unterschiedliche Söhne eines Vaters. Einer lässt sich das Erbe auszahlen, zieht in die Welt hinaus und verprasst das ganze Geld. Als er nahe am Verhungern ist, erinnert er sich an zu Hause und beschließt heimzukehren. Um zumindest als Tagelöhner seines Vaters überleben zu können. Wir alle kennen die überwältigende Reaktion des Vaters: Mein Sohn war tot und er lebt wieder. Wie schön, dass Gott uns diese Möglichkeit der Umkehr und Vergebung schenken möchte. Wir alle haben gelernt: Gott verzeiht. Immer wieder. So schlimm es auch sein mag, wir dürfen immer wieder zu Gott zurückkehren.
Für Menschen, denen diese Texte nicht so vertraut sind, ist diese Interpretation nicht so eindeutig. Denn die erleben in ihrem Umfeld eine ganz andere Haltung. Väter und Mütter, die in der Erziehungsverantwortung stehen sprechen davon, dass man irgendwann auch mal einen Riegel vorschieben muss. Bis hierher und nicht weiter. Eheleute schätzen sich gegenseitig so ein, dass sie sich deutlich machen: Irgendwann ist Schluß. Alles lasse ich mir nicht gefallen.
Manchmal gelingt es dann im Gespräch, nach den Motiven zu fragen. Warum fällt es schwer, mehrmals zu verzeihen? Immer wieder mit einem Menschen einen neuen Anfang zu wagen? Bittere Enttäuschung kann ein solches Motiv sein. Wut. Trauer. Es verletzt mich. Ich lasse nicht auf meinen Gefühlen herumtrampeln. All diese und andere Gefühle machen es Menschen schwer, sich wie der barmherzige Vater zu verhalten.
Gott kann sich barmherzig zeigen, weil sein Verhalten eben nicht von diesen Gefühlen geleitet wird. Deshalb kann er mich mit reiner Liebe anschauen. Deshalb nimmt er mich immer wieder als Sohn oder Tochter an. Deshalb schenkt er mir immer wieder einen neuen Anfang.
Unser Glaube sagt, dass Christus am Kreuz nicht nur unsere Sünden auf sich genommen hat. Sondern auch all das, was es uns schwer macht zu glauben. Am Kreuz nimmt er auch all unsere Wut, Trauer, Enttäuschung und Unvermögen auf sich. So werde ich frei, wirklich lieben zu können. Er gibt mir die Freiheit zurück, selber gut zu sein. Immer wieder neu!
Aggression und Gewalt
Ich lade Sie ein, auf diesem Hintergrund die Botschaft des heutigen Evangeliums zu lesen. Die Kirche setzt heute die Weisungen der Bergpredigt fort, die uns schon seit einigen Sonntagen begleiten. Denn in ihnen zeigt uns Jesus diesen Weg in die Freiheit.
Gerade die heutigen Texte greifen das schwierige Thema von Aggression und Gewalt auf. Auf der einen Seite gehören Aggression und Gewalt zur evolutiven Geschichte des Menschen. Als Teil der Natur unterliegen wir den Gesetzen der Natur. Zu diesen Gesetzen gehört das aggressive Durchsetzen der eigenen Interessen, denn nur so kann das eigene Leben oder das Überleben des Rudels gesichert werden.
Zur Entwicklung des Menschen gehört aber auch die Erkenntnis, dass unsere Spezies nur dann überleben kann, wenn sie diesen aggressiven Wesenszug der Evolution Grenzen setzt. Die Theologen des ersten Testamentes haben dies erkannt und überwanden die Regel der Blutrache. Keine Sippenhaftung mehr, sondern Auge für Auge und Zahn für Zahn. Aber dann muss der Lauf der Aggression ein Ende haben.
Leben in der Freiheit, wie sie Gott uns schenkt
Dies dämmt zwar den Schaden, den die Aggression uns Menschen zufügt, tatsächlich ein. Gehorcht aber immer noch den Gesetzen der Natur. Christus lehrt uns aber, dass Gott den Menschen dazu ruft, dieses Gesetz zu überwinden und in der Freiheit zu leben, die Gott uns schenkt.
Und in dieser Freiheit ist der Mensch dann fähig, auch die andere Wange hinzuhalten. Dem, der uns Böses antut, keinen Widerstand zu leisten. Und dem, der mir das Hemd wegnehmen will, auch noch den Mantel zu lassen. Unter dem Gesetz der Natur ist es für den Einzelnen wichtig, dass das eigene Rudel überlebt. Sonst hat er keine Chance. In der neuen Freiheit, die Gott uns ermöglicht, können wir aber diese engen Grenzen überwinden: Wir können nicht nur unsere Brüder grüßen, sondern auch die Anderen. Nicht nur unsere Freunde lieben, sondern auch unser Feinde. Nicht nur in unseren eigenen Anliegen beten, sondern auch in den Anliegen der ganzen Welt.
Als Menschen, die schon lange auf dem Weg der Nachfolge Christi sind, wissen wir: Das mit den Geboten der Bergpredigt ist gar nicht so einfach. Immer wieder fallen wir in die alten Verhaltensmuster hinein. Deshalb ist es gut, dass das Evangelium in vielen Bildern und Geschichten von Gott erzählt. Wie zum Beispiel im Gleichnis des barmherzigen Vaters, das in den Glaubenskursen eine so große Rolle spielt. Und wie schön ist es, wenn Menschen, denen die Texte der Heiligen Schriften nicht mehr vertraut sind, uns durch ihre Fragen einen neuen Zugang ermöglichen. Dass Gott uns in der Freiheit seiner Liebe die Möglichkeit eines Neuanfangs schenkt. Nicht nur einmal, sondern immer wieder.
Reich Gottes nach den Gesetzen Gottes
Die andere Wange
Der hl. Klemens Maria Hofbauer betrat um das Jahr 1800 in Warschau ein Gasthaus der Vornehmen und Reichen, um Geld für seine Waisenkinder zu sammeln. An einem Tisch saßen zwei preußische Offiziere. Pater Hofbauer bat sie: „Geben Sie mir bitte eine Spende für mein Waisenheim!“ Einer der Herren warf sich in Positur, verzog verächtlich das Gesicht, räusperte sich tief und spuckte Hofbauer voll ins Gesicht: „Nimm das und hau ab, du Pfaff!“ Klemens Hofbauer blieb ruhig stehen, zog sein Taschentuch, wischte sich das Gesicht ab, schaute dem aggressiven Offizier in die Augen und sprach: „Meine Herren, das war für mich, und jetzt geben Sie mir etwas für meine Waisenkinder“! Das brachte die Herren durcheinander. Ihr Hohn wandelte sich in Verlegenheit. Schließlich zogen sie ihre Börse und spendeten eine respektable Summe.
„Dem, der dich auf die eine Wange schlägt, halte auch die andere hin!“ Die Gewaltlosigkeit hat der Aggression den Giftzahn gezogen. Nicht jeder von uns kann in solchen Momenten ruhig bleiben. Wir reagieren aufgebracht, gedemütigt. Hofbauer selbst war auch nicht immer so gelassen. Sein Temperament war heftig. Manchmal beklagte er sich, dass ihm sein starker Charakter einen Streich spiele.
Feindesliebe
"Liebt eure Feinde!" Das Wort stellt unsere Denkweise auf den Kopf. Machen wir uns nichts vor: irgendeinen Feind hat jeder. Vielleicht ist er hinter der Wohnungstür nebenan, in der streitsüchtigen Frau, der ich jedes Mal ausweiche, um nicht mit ihr in den Aufzug einsteigen zu müssen. Oder in den Leuten, die politisch anders denken, die ich vorschnell als Angeber bezeichne und die deshalb meine Feinde sind. Sie und andere, die wir Feinde nennen, gilt es zu lieben. Es genügt nicht, Hassgefühle in ein wenig oberflächliches Wohlwollen zu verwandeln. Den tiefsten Grund gibt uns die Schrift: Gott selbst liebt seine Feinde. Er hasst die Sünde, aber liebt die Sünder, wie Augustinus schreibt. Gott ist barmherzig auch mit den Unbarmherzigen. Schauen wir beim anderen auf den inneren Punkt, wo ihn Gott unendlich liebt. Machen wir, wie es Jesus getan hat, den ersten Schritt auf den für uns schwierigen Menschen zu. Dieser absichtslose Liebeserweis vermag oft beim Feind Umkehr auslösen.
Alte Verwundungen
Dass ich den anderen ablehne und zum Feind erkläre, hat oft mit mir selbst zu tun. Der sogenannte Feind hat mich verletzt und traf dabei in eine Wunde, die ich schon sehr früh in meinem Leben geschlagen bekommen habe. Vielleicht war es schon im Elternhaus eine unabsichtliche Ungerechtigkeit, dann hat die Schule die Wunde offen gehalten und als Erwachsener musste ich wieder einstecken. So ist sie nicht zugeheilt, nur leicht vernarbt und wenn jemand wieder auf diese kritische Stelle drückt, tut es schnell sehr weh. Dabei meine ich, das längst überwunden zu haben. Sofort aber stelle ich einen Mitmenschen, der sich wegen nur einer Kleinigkeit ähnlich verhält, in die Liste derer, die ich ablehne als meine Feinde. Ich mag sie nicht und sie regen mich schnell auf. Vergeben befreit mich und die anderen. Ich ändere mich und der andere kann sich befreien. Oft sagt er dann: Auch ich muss mich entschuldigen! Feindesliebe setzt auf die Liebe. Wer in den kleineren Dingen das gewaltlose Verzeihen und sich Versöhnen übt und lebt, kann diese Haltung mit Gottes Gnade in Verfolgung oder grober Ungerechtigkeit leben.
Angst vor Fremdem
In unserem Land sind Ausländer angekommen. Viele Deutsche tun sich mit Fremden schwer und lehnen sie ab. Es kommt nicht zum persönlichen sich gegenseitig Kennenlernen, das Vorurteile abbauen könnte. Dazu verstärken der Terrorismus und Menschen, die bewusst Hass schüren, die Negativstimmung. Entscheiden wir uns für das Evangelium! Das Gleichnis vom Weltgericht lässt uns in jedem Flüchtling Jesus selbst erkennen: "Ich war fremd und obdachlos, und ihr habt mich aufgenommen".
Fürbitte auch für den Feind
Ein weiterer Weg der Versöhnung und Entfeindung besteht im fürbittenden Gebet. Seine befreiende und Sünde lösende Kraft liegt darin, dass es Menschen, die wir als „Feinde“ sehen, in Brüder und Schwestern zu wandeln vermag. Es ist deshalb kein Zufall, dass Jesus seine Verpflichtung zur Feindesliebe mit der weiteren Zumutung präzisiert und motiviert: „Betet für die, die euch verfolgen.“ Im Gebet rufen wir Gott an, dass er einen Weg aus dem Hass zur Liebe bahnt. Durch mein Beten lerne ich, den in meinen Augen schuldig gewordenen Menschen mit neuen Augen, gleichsam mit den Augen Gottes, zu betrachten. Es kann in für mich aussichtslosen Fällen zu Versöhnung und zur Vergebung kommen. Oft hindern große Blockaden im Anderen, dass er den Schritt der Versöhnung gehen kann. Jeder von uns muss Versöhnung wollen. Gott achtet unseren Willen.
Gewaltfreiheit
Den Königsweg zur Entfeindung ruft uns Paulus zu: "Lass dich nicht vom Bösen besiegen, sondern besiege das Böse durch Gutes". Unser verstorbener Mitbruder, Pater Bernhard Häring, der nach dem zweiten Vatikanum die Moraltheologe in unserer Kirche stark mitgeprägt hat, schrieb ein Buch mit dem Titel: „Von der Heilkraft der Gewaltfreiheit“. Er lädt darin ein, uns vertrauensvoll zum gewaltfreien Jesus hinzuwenden. Der will unsere Beziehungen von Hindernissen befreien und sie heilen. Pater Häring spannt den Bogen weiter hin zur Gewaltfreiheit des öffentlichen Lebens und der Beziehungen unter den Völkern. Die Heilkraft der Gewaltfreiheit kann uns das Geschenk des Friedens der Völker bringen.
Überwindung der Logik von Hass und Gewalt
Feindesliebe - eine große Herausforderung
Sie gehört wohl zu den größten Herausforderungen jeder Christin und jedes Christen: die Herausforderung der Feindesliebe. Da sagt Jesus im Evangelium zu seinen JüngerInnen, dass sie auch die Feinde und Feindinnen lieben und für diejenigen, die sie verfolgen, bitten sollen.
Vermutlich geht es Ihnen so wie mir, wenn Sie denken, dass das schon eine sehr gewaltige Herausforderung ist, ja dass Jesus hier so etwas wie eine übermenschliche Leistung verlangt. Aber er tut es und er verlangt die Einhaltung nicht bloß von den ganz talentierten Jüngerinnen und Jüngern, sondern von allen. Alle, die Jesus nachfolgen wollen, sollen sich in der Feindesliebe üben. Das bedeutet wiederum, dass er uns alle für fähig hält, Feindesliebe zu praktizieren.
Aber schauen wir etwas genauer hin: In der Theorie ist es ja völlig klar: Jesus verkündigt in den Jahren seines Wirkens ein Welt- und Menschenbild, in welchem alle Menschen Kinder Gottes sind. Wir sind als Christinnen und Christen aufgefordert, Gott und unsere Nächsten zu lieben, so wie wir uns selbst lieben sollen (vgl. Lk 10,27). Das Reich Gottes wird dann sichtbar, wenn uns das gelingt. »Die Nächsten« schließt natürlich auch die FeindInnen mit ein, also auch jene, die wir hassen oder nicht mögen. Gerade im Umgang mit den FeindInnen zeigt sich also, wie ernst es uns mit der christlichen Botschaft ist. Die Feindesliebe war und ist ein Wesensbestandteil der christlichen Lehre, der übrigens in der Urkirche ganz stark betont wurde: Der Theologe Walter Wink meint, dass die Passage der Feindesliebe in den ersten vier Jahrhunderten der Kirche öfter als jede andere zitiert wurde. (vgl. Wink 2014: 113.)
Nach christlicher Überzeugung ist Gott wesenseins mit der Liebe, und diese Liebe erstreckt sich auf alle Menschen. So heißt es im 1. Brief des Johannes: „Gott ist Liebe, und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott, und Gott in ihm." (1 Joh 4,16). Folglich wird das Göttliche in uns überlagert, wenn in uns Aggression oder Hass aufkommt. Jesus begründet die Notwendigkeit der Feindesliebe damit, dass Gott „seine Sonne aufgehen lasse über Böse und Gute und es über Gerechte und Ungerechte regnen lässt.“
Feindesliebe - ein Widerspruch in sich
Eines wird ihnen schon aufgefallen sein: Feindesliebe ist eigentlich ein Widerspruch in sich. Denn wenn es mir gelingt, einem Feind wohlwollend zu begegnen, hört er ja auf, mein Feind zu sein. Also bedeutet Feindesliebe die Überwindung der Logik von Hass und Gewalt. Dort wo Feindesliebe und Gewaltfreiheit gegenwärtig sind, dort ist das Reich Gottes, sie sind eine Wesenseigenschaft des Reiches Gottes. (vgl. Wink 2014: 113ff)
Eine weitere Wesenseigenschaft ist die Gerechtigkeit: Reich Gottes wird dort wahr, wo alle Menschen mit allem Nötigen wie Nahrung (Mk 4,26-29), Unterkunft (Mk 4,30-32; Lk 13,18-21) und Schutz (Mk 4,30-32) versorgt sind. Friede und Gerechtigkeit gehören also untrennbar zusammen.
Kommen wir nun zur Praxis der Feindesliebe: Wie ich schon gesagt habe: Jesus hält uns alle für fähig, diese Feindesliebe zu leben. Das ist nicht nur eine Sache für die Super-ChristInnen. Ja, er glaubt sogar daran, dass sich immer mehr Menschen dieser Idee anschließen werden und sich so das Reich Gottes unaufhaltsam ausbreiten wird, bis es überall verbreitet sei.
Was heißt das aber nun praktisch? Wenn wir versuchen, das Gebot der Feindesliebe in unsere Zeit umzulegen, so könnte es bedeuten:
- Wir sollen versuchen, all den Menschen wohlwollend zu begegnen, die uns im Alltag den Nerv ziehen.
- Wir sollen versuchen, den politischen Gegnerinnen freundlich zu begegnen.
- Ja, wir sollten als Christinnen und Christen sogar für die Islamisten und TerroristInnen bitten, die Hass auf unsere westliche Gesellschaft haben und wahllos Menschen töten.
Das ist schon ein ziemlicher großer Brocken, den uns da Jesus zumutet.
Aufs erste Hinsehen könnte das Gebot der Feindesliebe nun so verstanden werden, dass wir als Christinnen und Christen keine negativen Emotionen haben sollen: Man könnte meinen, dass Jesus verlangt, dass wir als Christinnen und Christen keinen Ärger empfinden dürfen, wir nicht wütend werden sollen und erst gar keinen Hass in uns aufsteigen lassen dürfen. Man könnte meinen, als Christinnen und Christen sind wir zur Verdrängung von Gefühlen aufgefordert.
Keine Unterdrückung von Emotionen
Nun: Das ist ganz sicher nicht der Fall, denn - wenn das wirklich so gemeint wäre - dann hätten wir es ja mit einer Verletzung der Selbstliebe zu tun. Wir müssten ständig etwas bekämpfen, was in uns da ist. Ich denke, genau das Gegenteil ist der Fall: Aus der Konfliktforschung (zum Beispiel aus der Gewaltfreien Kommunikation nach Marshall Rosenberg) wissen wir, dass das Ernst-Nehmen von Gefühlen ganz wesentlich zu einer guten Konfliktregelung gehört. Denn hinter negativen Gefühlen verbergen sich in der Regel unerfüllte bzw. missachtete Bedürfnisse. Ein Gefühl wie Ärger oder Hass ist ein Botschafter.
Wenn ich mich also zum Beispiel darüber ärgere, dass meine Nachbarinnen abends laut sind oder ihren Müll nicht ordentlich entsorgen, so kann ich mich auch fragen, was mir dieser Ärger sagen will:
- Will er mir sagen, dass ich besser auf mich achten soll und meine Anliegen ruhig, aber selbstbewusst gegenüber den Nachbarinnen darstelle?
- Will er mir sagen, dass es mir noch nicht gelungen ist, eine gute Basis zu den Nachbarinnen zu entwickeln?
- Will er mir sagen, dass ich mit viel zu vielen Dingen beschäftigt bin und mir diese Störung einfach zu viel wird?
- Oder will mir mein Ärger vielleicht ganz etwas anderes sagen?
Es ist oft gar nicht so einfach, genau zu ergründen, was hinter unseren Gefühlen steht. Oft braucht es eine gewisse Zeit, um wirklich dahinter zu kommen, was mir ein Gefühl genau sagen will: Meditation, still werden und gut in sich hineinhören können dabei ein guter Wegweiser sein. Ich bin überzeugt, dass es sich lohnen kann, dabei sehr achtsam mit sich umzugehen. Denn als Christinnen und Christen haben wir den Zuspruch, dass wir das Leben haben und es in Fülle haben. (Joh 10,10).
Noch schwieriger wird es freilich, wenn wir mit physischer Gewalt konfrontiert werden: Wie soll ich dem Selbstmord-Attentäter, der Dutzende Menschen mit dem LKW niederfährt, begegnen? Soll ich den Terroristen, der in einer Einkaufspassage wild um sich schießt, nicht hassen?
Strukturelle Gewalt
Ähnlich wie bei der direkten persönlichen Betroffenheit soll ich mich als Christin und Christ auch fragen, was psychologisch oder strukturell hinter diesen Taten stehen könnte:
- Ist nicht die Gewalt ein hilfloser, völlig missglückter Schrei nach Anerkennung?
- Ist nicht diese Gewalt ein freilich untauglicher Protest gegen die Ausgrenzung und Marginalisierung von immer mehr Menschen?
- Erinnert uns diese Gewalt nicht auch daran, dass Friede nicht sein kann, wenn es so eine himmelschreiende globale Ungerechtigkeit gibt?
Jenseits von Psychologie: Feindesliebe hat bei Jesus nie bedeutet, dass er die herrschenden Verhältnisse einfach so hingenommen hat, im Gegenteil: Jesus war ein durch und durch politischer Mensch: Immer wieder kritisiert er die Mechanismen der Herrschaft, der Ungerechtigkeit und der Unterdrückung. Jesu Gleichnisse sind voll von Schuldnern, die - in einem ungerechten System - um ihr Überleben kämpfen, denn Verschuldung war im Palästina des ersten Jahrhunderts eine große Plage; durchaus ähnlich zu unserer heutigen globalen Situation. Seine Botschaft vom werdenden Reich Gottes sagt, dass es grundlegende strukturelle Veränderungen braucht, damit wir fähig werden, in geschwisterliche Liebe, einem Wohlwollen gegenüber allen Menschen leben zu können.
Wenn strukturelle Veränderungen notwendig werden
Zur Feindesliebe gehört also dazu, dass wir Ungerechtigkeit und Unterdrückung bekämpfen. Die Gewalt von TerroristInnen mag uns beispielsweise daran erinnern, dass wir noch viel engagierter gegen die Strukturen von Ausbeutung und Krieg vorgehen sollen. Jesu Kritik galt ganz häufig dem ungerechten System, nicht den Menschen. Er verwehrt sich gegen die Personalisierung von systemischen Ursachen.
Feindesliebe als Übungsfeld
Abschließend möchte ich Ihnen noch eines mit auf den Weg geben: Wenn wir versuchen, Feindesliebe zu praktizieren, so werden wir auf dem Weg dorthin wohl immer auch Rückschläge erleiden. Es wird uns nicht immer gelingen, allen Feinden wohlwollend zu begegnen. Wir werden mal wieder direkt vom Gefühl zur Handlung schreiten und es nicht schaffen, hinter das Gefühl zu schauen. Ein anderes Mal werden wir ungerechte Zustände einfach hinnehmen. Das gehört auch zu unserem Menschsein dazu. Aber wir können den Feind und die unangenehmen Gefühle, die er in uns auslöst, auch als Übungsfeld betrachten und so das Reich Gottes in dieser Welt mehr und mehr Wirklichkeit werden lassen.
Ich wünsche Ihnen und ich wünsche mir, dass uns das - mit Gottes Zuspruch - immer besser gelingen möge.
© Mag. Markus Pühringer, Referent im Urbi@Orbi, Diözese Linz.
Literaturhinweis:
Wink Walter: Die Verwandlung der Mächte. Eine Theologie der Gewaltfreiheit, Verlag Friedrich Pustet 2014.
Gott verbindet sich mit kleinen Menschen
Hohe Töne
Was für hohe Töne! Gleich dreifach! Ich bin überrascht, auch ein wenig überfahren und hilflos. Erst ist davon die Rede, heilig zu sein, dann, Gottes Tempel zu sein, schließlich, vollkommen zu sein - wie auch euer himmlischer Vater. Maß genommen wird an - ihm. Nur an ihm. Mir wird dabei ganz schummrig. Ich bin doch nur ein kleiner Mensch!
Aber: Halt! Hat Gott mit kleinen Menschen nicht immer schon eine große Geschichte gehabt?
Große Geschichten mit kleinen Menschen
Fangen wir mit der ersten Lesung an. Das Buch Levitikus führt uns zum Volk Gottes. Es ist alles andere als ein unbeschriebenes Blatt Papier. Erst machen sie sich vollmundig und großspurig auf den Weg in das gelobte Land, dann entpuppen sie sich, als es durch die Wüste geht, als zweifelnd, nörgelnd und enttäuscht. Man spürt selbst den alten Texten die Aggressivität ab. Auch die Aggressivität Gottes. Er hält die Menschen kaum noch aus. Nur: er ist heilig. Dabei ist "heilig" nur ein anderes Wort für groß, erhaben, über den Dingen stehend. Gottes Größe ist seine Liebe und Treue. Darum geht er mit den Menschen mit. Darum bleibt er bei den Menschen. Darum lässt er sich von den Menschen nicht klein kriegen.
Die Konsequenz daraus: Wir sollen es ihm gleich tun. Das Beispiel, das genannt wird, hat es in sich: Wir sollen allem Hass abschwören. Wie er! Das macht uns heilig. Auf einmal bekommt das Wort "heilig" einen besonderen Glanz. "Heilig" macht uns menschlich. "Heilig" hebt uns aus den Niederungen heraus. "Heilig" lässt uns Gott schauen. "Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. Ich bin der Herr". Eine große Geschichte mit kleinen Menschen, die immer irgendwo eine Rechnung aufhaben!
Wohnung des Geistes Gottes
Dann die zweite Lesung. Wir treffen auf den Apostel Paulus. Lange danach. Das Christentum schickt sich an, Weltreligion zu werden. Der kleinen, lebendigen, aber auch zerstrittenen Gemeinde in Korinth schreibt Paulus ins Stammbuch, sie sei doch Tempel des Heiligen Geistes. "Wisst ihr nicht, dass der Geist Gottes in euch wohnt?" Das ist keine rhetorische Frage. Wer so fragt, ahnt, dass viele andere Geister hier hausen - nur nicht der Geist Gottes. Menschen wollen groß "raus" kommen, sich einen Namen machen, andere hinter sich scharen. Streitbar und provokativ nennt Paulus die Tendenzen und Versuchungen beim Namen. Ihm geht es darum, dass wir Christen unseren Namen von Christus tragen, zu ihm gehören, an seinem Weg teilhaben. Das war in Korinth längst nicht ausgemacht. Hier schlug einer dem anderen seine Weisheit um die Ohren, hier setzen sich die Menschen - in einer Gemeinde! – von einander ab, hier zählte nur, was jemand war.
Zu Christus gehören, bedeutet aber, sich seinem Wort anzuvertrauen, Schwache - auch Schwache im Glauben - anzunehmen, von den hohen Rössern herabzusteigen. Da leuchtet wieder das alte Wort: "Du sollst deinen Nächsten lieben wir dich selbst. Ich bin der Herr". Eine große Geschichte mit kleinen Menschen, die sich so klug vorkommen.
Schließlich hören wir das Evangelium. Jesus holt uns bei unseren Lebenserfahrungen ab. " Ihr habt gehört..." Tatsächlich. Was haben wir nicht alles gehört, was nicht alles gelernt, was nicht alles verbogen. Vieles ist uns zu Lebensweisheiten geronnen. Auch "Auge um Auge, Zahn um Zahn". Wenn nur die Mittel verhältnismäßig sind - denken wir. Gelegentlich müssen wir uns wehren, uns auch wehren dürfen. Wir unterscheiden zwischen Freunden und Feinden. Wir wägen Worte und Strategien ab. Wir verfolgen Interessen. Dazwischen schaffen wir Grauzonen. Als ausgemacht gilt, dass wir mit Naivität nicht weiter kommen, mit frommer Naivität schon gar nicht.
Mutig der Gewalt entgegentreten
Doch: Ist Jesus naiv? Sind wir naiv, wenn wir - wie er - der Gewalt zuvorkommen, ihr die Spitze abbrechen, ihr den Teufelskreislauf nehmen? Im Evangelium wird aktiv formuliert, was wir machen können - nicht ergeben, passiv, abwartend: Wir können mutig aus der Gewalt aussteigen - und ihr souverän entgegentreten. Mit einem offenen Gesicht, mit einem offenen Mantel, mit einem gemeinsamen Stück Weg. Auf diese Weise glänzt das Evangelium, es glänzt weltfremd - und weltüberlegen. Sonst bliebe alles beim Alten. Auge um Auge, Zahn um Zahn, wie du mir, so ich dir. Auf subtile Weise ist Gewalt allgegenwärtig. Viele Menschen leider darunter - und können doch nicht aussteigen. "Ihr habt gehört" … Habe ich wirklich zugehört? Alles gehört?
"Ihr habt gehört, dass gesagt worden ist: Du sollst deinen Nächsten lieben und deinen Feind hassen. Ich aber sage euch: Liebt eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen, damit ihr Söhne eures Vaters im Himmel werdet; denn er lässt seine Sonne aufgehen über Bösen und Guten, und er lässt regnen über Gerechte und Ungerechte."
Eine große Geschichte mit kleinen Menschen, die sich alle nach der Sonne sehnen.
Vollkommenheit
Wir werden heute mit zwei Lesungen und dem Evangelium reich beschenkt. Zugegeben: Die Überraschung ist schon sehr groß. Uns wird nicht nur etwas zugemutet - es wird uns großes zugetraut!
Auf behutsame Weise führen uns die Geschichten, Bilder und Zumutungen dieses Gottesdienstens in ein "gelobtes Land" und in einen "Tempel". Sie führen uns - zu uns. Hilflose Reaktionen und ängstliche Bedenken werden sich auch immer wieder neu einstellen.
Im landläufigen Sinn ist "heilig" etwas Elitäres - und passt dann gut zur Ehre der Altäre - nur nicht für uns. Aber das Wort "heilig" hat den Klang des geöffneten Himmels. "Heilig" ist ein Geschenk für Menschen, die sich nicht mit sich zufrieden geben, die sich auch nicht hinter dem angeblich Normalen verstecken, die sich in Teufelskreisläufen nicht gefangen nehmen lassen - "heilig" ist ein Geschenk für Menschen, die Maß nehmen an der Barmherzigkeit und Liebe Gottes. Er ist der Herr. Das zieht sich wie ein roter Faden durch unser Leben.
Heilig
"Ich bin der Herr". In diesem Satz liegt die ungeheure Befreiung. Die Befreiung von selbst gemachten Zwängen, von aufgeschaukelten Ressentiments, von sakrosankt erklärten Abwehrmechanismen. Jesus hat dafür sein Gesicht hingehalten, Jesus hat den Mantel geteilt, Jesus hat sich mit auf den Weg gemacht. Im Hebräerbrief wird er der Anführer in das Leben genannt.
Kein Zweifel: Gott verbindet sich mit kleinen Menschen in einer großen Geschichte! Nachdem wir oft so klein von uns denken - oder denken lassen, tut sich uns eine neue Welt auf. Von hohen und schönen Tönen werden wir begleitet: Heilig, Tempel des Heiligen Geistes, vollkommen - wie der Vater im Himmel.
Und der Friede Gottes,
der höher ist als unsere Vernunft,
stärke und bewahre
unsere Herzen und Sinnen
in Christus Jesus,
unserem Herrn.
Die Spirale von Gewalt und Gegengewalt durchbrechen
Ein Stein
Ein Stein (Stein in der Hand halten - bewegen), Baumaterial. Damit lässt sich etwas schaffen und bauen. Aber auch Waffe. Wer mit einem Stein beworfen wird kann sich schwer verletzen, sogar sterben. Es war zu biblischer Zeit und ist es auch heute noch an manchen Orten ein Todesurteil gesteinigt zu werden. Dort wo Steine fliegen drohen Menschen zu Opfern zu werden.
Er lädt auch zum Anschauen ein. Vielleicht sogar zum Meditieren.
Ein Stein. Baumaterial oder Waffe oder nur schön anzusehen?
In einer kleinen Geschichte von zwei Jungen geht es auch um einen Stein. Zwei Jungen, nennen wir sie Klaus uns Max, waren unzertrennliche Freude. Es gab kaum etwas was sie nicht gemeinsam machten. Sie gingen gemeinsam zur Schule und auch wieder nach Hause. Sie spielten Fußball und saßen auch gemeinsam am Computer. Sie standen füreinander ein und wenn einer etwas ausgeheckt hieß es: einer für den anderen. So kannten sie fast alle und einige bewunderten die beiden auch.
Doch eines Tages war irgendetwas passiert, niemand wusste was und ob sie es selber noch wussten, konnte auch niemand sagen. Sie stritten und prügelten sich, wo sie sich nur begegneten. Jeder von beiden versuchte dem anderen zu schaden und andere aufzuhetzen. Sie hatten Angst voreinander.
Wochen später, es hatte lange und intensiv geregnet doch die Sonne zeigte erste Strahlen, gehen Klaus und Max nach draußen. Beide stehen auf dem großen Bauplatz, nahe der Siedlung, jeder an einer anderen Seite vor einer großen Pfütze. Max nimmt einen Stein in die Hand, hält ihn hoch. Klaus denkt wenn er wirft werfe ich auch. Ich lasse mir nichts gefallen. Doch Max legt den Stein ins Wasser und nimmt einen neuen, legt ihn wieder in Wasser und wieder einen. Klaus tut es ihm auf der anderen Seite nach und so bauen sie langsam und stetig aufeinander zu, bis sie sich gegenüber stehen. Wenn Du mir, dann ich auch… Max gibt Klaus die Hand und beide gehen eng miteinander verbunden weiter. Dass die Füße jetzt nass werden ist nicht mehr schlimm, was die Mütter sagen werden, na ja.
Ein Stein. Baumaterial oder Waffe, oder nur schön anzusehen? Was er ist, entscheiden wir. Entscheide ich. Entscheidet der andere.
Die fordern schon einiges von uns. Die beiden biblischen Stellen dieses Sonntags sind keineswegs harmlos, oder einfach, oder auch nur nett gemeint. Sie fordern uns, jeden.
Regeln sind notwendig
Sei heilig, weil Gott heilig ist. Und weil das so ist, sollt ihr anders miteinander umgehen als es langläufig üblich ist. Es heißt nicht einfach alles dulden, oder für alles Verständnis haben: Weise deinen Stammesgenossen zu Recht! Also sag ihm schon, wenn etwas nicht in Ordnung ist. Sag ihm wo er sich falsch verhält, sag ihm auch, wo du dich ärgerst. aber sag es nicht, um in klein zu machen, sondern als Partner, als Freund.
Die Regeln, die schon im Alten Testament galten, Auge um Auge, Zahn um Zahn waren ein kultureller Fortschritt, weil sie die gegenseitige Vergeltung beschränkten. Man sollte nicht stärkere Rache üben, als einem selber an Unrecht zugefügt wurde. Also nicht den Verlust eines Auges mit dem Verlust beider Augen des Gegners bestrafen. Ein kultureller Fortschritt.
Aber Jesus geht noch einen Schritt weiter, weil es ihm in Gottes Namen nicht reicht, dass man das Unrecht nicht vergrößert, sondern jeder soll aktiv etwas dafür tun, dass Unrecht nicht geschieht und dass Gewaltspiralen durchbrochen werden. Nicht nur den Freund lieben, was ist schon dabei, sondern ebenso den Feind und gerade ihm ein Angebot machen, das die Feindschaft beendet.
Und das fängt klein an. Jemanden grüßen, das heißt jemanden beachten, den ich eigentlich nicht mag, der mir eventuell schon einmal geschadet hat.
In der Bibel sind es eher private Verhaltensmaßnahmen, politische Verhaltensregeln für Staaten und Regierungen hat Jesus nicht aufgestellt. Doch haben sie politische Auswirkungen. Nur da wo wir als Menschen die Spirale von Gewalt und Gegengewalt durchbrechen, kann wieder etwas Menschliches wachsen. Dies wird auch bedeutsam in einem Jahr, in dem deutsche Soldaten Afghanistan verlassen aber in dem an so vielen Orten neue Krisenherde entstehen.
Was hier richtig ist, wird kaum jemand endgültig sagen können. Solange Menschen nicht aufeinander zugehen, werden Waffen sicherlich keinen Frieden schaffen.
Ein Stein. (Stein noch mal in die Hand nehmen). Schön anzusehen? Waffe? Baumaterial?
Auch der Feind ist ein von Gott geliebtes Kind
Sich alles gefallen lassen?
Wir hörten durch mehrere Sonntage hindurch Teile aus der Bergpredigt, nicht immer leicht verständlich. Wer das heutige Evangelium liest oder hört, oder ein Fernstehender ist gar wütend auf die Kirche und ihre Glaubensinhalte, wird diese Perikope für blanken Unsinn halten. Ja, so sind sie, die ChristInnen, leidensverliebt und antrittsbereit zum Watschentango, einfach weltfremd.
Wer so denkt, hat die Absicht dieser Stelle nicht verstanden, und tatsächlich bedarf es einer genauen Erklärung, die ich mit Ihnen anhand zweier Beispiele versuchen will.
Schon in der ersten Lesung im Buch Levitikus steht ein Satz, der recht gut in die Überlegungen zum Evangelium passt: "Du sollst in deinem Herzen keinen Hass gegen deinen Bruder (und deine Schwester) tragen. Weise deinen Stammesgenossen zurecht, so wirst du seinetwegen keine Schuld auf dich laden." (Lev.19,17). In diesem 19. Kapitel finden wir Hinweise zum Sozialverhalten dem Mitmenschen gegenüber. Sehr oft gelingt aber schon die Zurechtweisung nicht, sondern verstärkt eher die Wut. Das Ausrichten und Tuscheln ist wohl bedeutend leichter.
Hass führt zu Gewalt
Hass führt sehr leicht zur Gewalt, physisch, psychisch, verbal. Damit sind wir schon beim ersten Bild mit dem Schlag auf die Wange. Die jesuanische Ethik ist eine andere als unsere menschlichen Vorgangsweisen bei Konflikten, die sehr oft Rachegefühle und Vergeltungsdenken auslösen: "Lass dir nichts gefallen, hau hin! Komm nur in meine Gasse!" Das Gegenteil will Jesus: "Wenn dich einer auf die rechte Wange schlägt, dann halte ihm auch die andere hin." (Mt.5,39).
Es gilt somit zu klären: Wie kommt man mit Niederlagen, Streit, Scheitern, Mobbing, Verleumdung zurecht? Das eben zitierte Bibelwort vom Schlag auf die Wange habe ich bei einer Rauferei zweier hasserfüllter Menschen miterlebt. Einer gab dem anderen eine schallende Ohrfeige. Daraufhin hielt der Geohrfeigte seine Wange dem anderen hin und sagte: "So, jetzt hau’ nochmals hin, dann kannst du was erleben!" Der andere zögerte und tat es nicht. Wieso eigentlich? Zwischen den Schlägen links und rechts entsteht eine sekundenkurze Pause, in der der Rasende Zeit hat, von weiterer Gewalt Abstand zu nehmen, nicht mehr hinzuprügeln, sich bewusst zu machen, dass hier Schreckliches passiert ist. Der Hass, die ganze Wut und Rachsüchtigkeit soll hintangestellt werden. Aber wie geht das, wenn man wutzerfressen ist? Vielleicht ist diese Sekundenpause vor dem nächsten Schlag jener Moment, wo das Herz über den Hass siegt und die Vernunft auch vor weiteren Folgen Oberhand gewinnt. Ich gebe zu, dass dieser Schritt nicht immer gelingt und auch nicht leicht ist.
Die Gewaltspirale unterbrechen
Dieses Bild sagt: Ein Problem oder Konflikte durch Gewalt zu lösen, erzeugt eine Gewaltspirale, die nie Versöhnung bringen kann. Aber auch wenn es schwerfällt: Probieren sollte man diesen Schritt im Vertrauen darauf, dass Gott Heilung bringt.
Noch ein Satz lässt aufhorchen: "Liebet eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen!" (Mt 5,44). Lange habe ich diesen Satz nicht begriffen. Zu klären wäre zunächst, was Feindschaft ist, nicht mit Gegnerschaft zu verwechseln, auch nicht mit Meinungsverschiedenheit. Aus diesem Blickwinkel wären schon die Begriffe "Feind", "Feindschaft" anders zu sehen.
Der letzte Satz des Evangeliums "Ihr sollt vollkommen sein, wie es auch euer himmlischer Vater ist" (Mt 5,48) ist für mich der Schlüssel zur Erklärung. Der Mensch, geschaffen nach Gottes Bild, ist auf Vollkommenheit ausgerichtet. Ja, auch der Feind, der Unsympathler, auch der, den ich nicht einmal riechen kann, ist ein von Gott geliebter Mensch, ausgestattet mit königlicher, priesterlicher und prophetischer Würde. Eine starke Ansage für den Sonntag!
So haben wir aus dem heutigen Evangelium Anregungen bekommen, wie wir Licht unter den Menschen sein könnten und können - auch ein Bild aus der Bergpredigt -, damit anderen wegen unseres beispielhaften Verhaltens ein Licht aufgeht. Die Bergpredigt als ganze ist ein Appell, eine Herausforderung an unser Herz, ohne Gefühlsduselei Liebe zu verbreiten- sehr anstrengend! Aber mit Gottes Hilfe, mit unserem Gebet lohnt sich dieser Weg, den Gott mit uns geht.
Feinde lieben - wieso ich?
"Er war's...”
Wenn man Kinder fragt, die sich gerade prügeln, warum sie das tun, kann man ja auf die Antwort wetten: "Weil der andere...”
Wenn man sich den gerade mal wieder aktuellen Konflikt zwischen den beiden Koreas anschaut und versucht, die Hintergründe herauszubekommen, ist die Antwort ungefähr nach dem Muster: "Weil der andere...”
Wenn der isrealische Staat ein riesiges Bollwerk baut zur Verteidigung gegen das Volk der Palästinenser und dieses wiederum Raketen auf israelisches Hoheitsgebiet schießt, und man fragt, warum das geschieht, ist die Antwort ziemlich genau so: "Weil die anderen...” Und so weiter.
Weil die einen in irgendeinem Zusammenhang sicher glauben, ihre Ansprüche, ihre Autonomie, ihr Hab und Gut gegen die anderen verteidigen zu müssen, hören, sehen und erleben wir tagtäglich Konflikte unterschiedlichen Ausmaßes - überall in der Welt, aber durchaus auch in direktem Umfeld.
Und schauen wir doch gar nicht so weit in den Umkreis, sondern lieber in den Spiegel: Wann haben wir das letzte Mal Gewaltakte in irgendeiner Form versucht zu rechtfertigen mit dem Satz oder dem Gedanken: "Weil der andere...”?
Das scheint irgendwie schon fast naheliegend zu sein. Das Gute dieser Welt begründen wir durch unser eigenes Können und Bewirken, das Schlechte und Falsche durch das Wirken Anderer - das ist der Mensch, wie er leibt und lebt.
Realitätsfern?
Der Gottessohn kommt nun und macht das ganz anders: Er predigt Nachgeben, Aufgabe jeglicher Rechte und Ansprüche - noch mehr: Feindesliebe.
Eine Botschaft, die selbst in der Nachfolge Jesu - etwa in den Kirchen - so wenig Resonanz findet - man denke an die Gehässigkeiten und an so viel Gezänk, mit dem sich mehr oder weniger Verantwortliche in unseren Kirchen stets reichlich torpedieren. Viel ist von diesem Wort Jesu in unserer Zeit wohl anscheinend nicht geblieben.
Es ist ja nun auch ein schwieriges. Und ein revolutionäres noch dazu. Noch die Welt des Alten Israels hatte ganz andere Vorstellungen - heißt es doch im Buch Exodus: "Und wer seinen Nächsten verletzt, dem soll man tun, wie er getan hat: Schaden für Schaden, Auge für Auge, Zahn für Zahn; wie er einen Menschen verletzt hat, so soll man ihm auch tun." (Lev 24,19f). Wer einen Schaden erlitt, hatte das Recht auf Wiedergutmachung. Wer Schaden zufügte, war zur Wiedergutmachung verpflichtet oder musste Strafe empfangen: Das nachvollziebare und ja auch heute noch vollgültige Recht auf Schadlosigkeit steht hier ganz weit oben.
Einfühlung ist gefragt
Ob Jesus mit diesem Gesetz hat brechen wollen, ist dabei nun nicht so sehr die Frage. Jesus ist nicht Jurist und Richter, sondern Künder des Gottessreiches. Ihm geht es nicht um neue Gesetze, sondern um neue Sichtweisen. Und noch vielmehr darum, unumschränkte Selbstbezogenheit aufzugeben zugunsten des freien Blicks auf den Anderen. Wer einfach juristische Schemata anwendet, der droht abzugleiten in ein erstarrtes Rechtssystem, das nur noch kalt in Anwendung gebracht wird. Die Menschen, um die es geht, gehen dabei verloren.
Jesus nimmt sie wieder in Blick und lädt ein, nicht zuerst nach eigenen Bedürfnissen zu fragen, sondern zu schauen, was der Andere braucht, warum er in einer bestimmten Weise denkt und handelt. Kurzum: Jesus setzt als besondere christliche Tugend das Einfühlungsvermögen. Warum? - weil es Gott mit den Menschen genauso macht.
Gar nicht so einfach
Dadurch wird die Lebenspraxis allerdings nicht einfacher. Denn Gesetze und Spielregeln für das Leben der Welt kann man nicht einfach aufheben oder überspringen. Auch Jesus wollte das nicht. Wie zu seiner Zeit werden wir täglich mit Situationen konfrontiert, in denen wir einfühlsam entscheiden müssen zwischen dem Wohl eines Menschen und Regeln und Gesetzen, die angewendet werden sollen, und unseren eigenen Bedürfnissen.
Das beginnt auf höchsten Ebenen: Einerseits weiß ein Staat um Not und Elend von Menschen auf der Flucht, andererseits gibt es Anforderungen und Gesetze. - Wie entscheiden? Das geht hinein in kleinere Zusammenhänge: Zeige ich auf Unrecht, das ich in meinem Betrieb sehe, und verstoße damit vielleicht gegen meine dienstliche Schweigepflicht oder schweige ich geduldig, damit das Betriebsklima nicht noch mehr gestört wird?
Ertrage ich Konflikte in Partnerschaften und Familien still und leise, damit noch ein bisschen Frieden bleibt, oder drücke ich die Stopptaste, beschwöre damit einen Riesenkrach herauf, aber vielleicht auch die Klärung einer verfahrenen Situation?
Mensch werden
Paulus ruft den Menschen zu: "Ihr seid Tempel Gottes und der Geist Gottes wohnt in euch.” Damit hält er seinen Zuhörerinnen und Zuhörern eindringlich vor Augen: Ihr seid auch Zeuginnen und Zeugen für die Liebe und Barmherzigkeit Gottes. Entscheidet und handelt entsprechend.
Das - wie gesagt - ist nicht einfach. Das erfordert, wie Gott einfühlsam zu sein, - genau hinzusehen, was es braucht, dass die Schöpfung gut wird - wie Gott es einst wollte. Wir müssen den Anderen dazu fest in den Blick nehmen und dürfen ihn nicht verlieren. Selbst dann wenn's richtig schwierig wird: Jesus fordert auf, sogar die Feinde zu lieben. Und das braucht dann wirklich Kraft und Willen.
Oft ist es dann vielleicht nötig, das eine oder andere an Schlechtem in dieser Welt zu ertragen; vielleicht aber erfordert es manchmal auch, sich in den Gegen-Wind zu stellen und den Widerstand wagen. Auf keinen Fall aber geht es an, Gesetze und Regeln wie Schablonen über diese Welt und ihre Menschen zu legen - damit wird man der Wirklichkeit nicht gerecht.
Selig die Barmherzigen
Ein mitfühlendes Herz haben.
Das Wort "barmherzig", im Althochdeutschen "armherzi", ist eine Lehnübersetzung aus dem lat. misericors, in der Zusammensetzung von miser = arm und cor = Herz. Damit ist ausgedrückt: ein Herz für die Armen haben; für alle jene, die darauf warten, dass wir ihnen mitfühlend begegnen. Glücklich, die ein mitfühlendes Herz haben.
"Barmherzigkeit" hat manchmal einen fast gönnerhaften Klang; jedenfalls in unserem Sprachgebrauch. Auf welche Weise ist Gott barmherzig? Er schenkt uns Barmherzigkeit nicht von oben herab. Er ist mit seinem Herzen uns zugewandt Nicht mitleidig, sondern mit uns leidend, wenn es uns schlecht ergeht. Um Gottes Art, barmherzig zu sein, zu erkennen, kann es hilfreich sein, das hebräische Wort für Barmherzigkeit zu reflektieren. Das Wort rachum (barmherzig) ist sinnverwandt mit rechem (Mutterschoß). Barmherzigkeit ist die den Menschen zärtlich umschließende, ihn bergende mütterliche Liebe.
Wollen wir wahrnehmen, wie wir barmherzig sein sollen, dann müssen wir uns von Gottes barmherziger Liebe bewegen lassen. "Seid barmherzig, wie es auch euer Vater im Himmel ist", sagt Jesus (Lk 6,36). Schaut auf euren Vater, eure Mutter im Himmel! In den Chassidischen Erzählungen sagt ein gewisser Rabbi Alexander: "Der Mensch mag keine zerbrochenen Gefäße benutzen. Nicht so Gott, denn alle seine Diener sind zerbrochene Gefäße, wie die Schrift sagt: Nahe ist der Ewige denen, die zerbrochenen Herzens sind, und den Niedergeschlagenen" (Ps 34,19).
Bereit sein zur Vergebung.
Zum Bedeutungsfeld Barmherzigkeit gehört in der biblischen Tradition auch die Vergebungsbereitschaft. Sie soll ebenfalls Maß nehmen an der unbegrenzten Vergebungsbereitschaft Gottes, auch denen gegenüber, die uns feindlich gesonnen sind. "Ihr aber sollt eure Feinde lieben und sollt Gutes tun und leihen, auch wo ihr nichts davon erhoffen könnt. Dann wird euer Lohn groß sein, und ihr werdet Söhne des Höchsten sein; denn auch er ist gütig gegen die Undankbaren und Bösen" (Lk 6,35).
Dies will uns auch das Gleichnis vom unbarmherzigen Schuldner sagen (Mt 18,23-35). Diese Geschichte bedarf keines Kommentars, weil sie die Ungleichheit des Handelns Gottes und unseres Handelns offenkundig macht. Sie richtet an mich die Frage: Handle ich nicht manchmal ähnlich wie der, dem eine große Schuld erlassen wurde, der indessen seinerseits hingeht und seinem Mitmenschen die kleine Schuld nicht erlässt? Wenn wir uns die Großherzigkeit Gottes zu Eigen mache, dann wird unsere Praxis des Vergebens mehr und mehr die Züge des Handelns Gottes annehmen. Wir werden ihm gleich gesinnt sein, zur Familie Gottes gehören als seine Töchter und Söhne.
Gott liebt vorbehaltlos.
"Selig die Barmherzigen, denn sie werden Erbarmen finden" (Mt 5,7) könnte sich so anhören, als stelle Gott Vorbedingungen. Wir dürfen dies aber nicht so verstehen, als wenn Gott erst dann barmherzig wäre, wenn wir es sind; oder als wenn er unbarmherzig wäre, wenn wir es sind. Vielmehr, wenn unser Herz verhärtet bleibt, verschließen wir uns selbst der Barmherzigkeit Gottes. Gott findet dann keine Möglichkeit, uns innerlich umzuwandeln, das Herz von Stein aus unserer Brust zu entfernen und uns ein Herz von Fleisch einzupflanzen (vgl. Ez 36,26).
Von der Sünderin, die Jesus im Hause des Pharisäers Simon begegnete, sagt er: "Ihr sind ihre vielen Sünden vergeben, weil sie so viel Liebe gezeigt hat. Wem aber nur wenig vergeben wird, der zeigt auch nur wenig Liebe" (Lk 7,47). Diese Frau hat sich dem Zug der Liebe Gottes hingegeben und hat so selber Vergebung erfahren. Und umgekehrt: Weil ihr so viel vergeben wurde, konnte sie so sehr ihrer Liebe Ausdruck verleihen. An die selbstgerechten Pharisäer dagegen, die es nicht nötig hatten, sich von Gott lieben zu lassen, richtet Jesus dagegen das Wort: "Darum lernt, was es heißt: Barmherzigkeit will ich, nicht Opfer" (Mt 9,13). Im Jakobusbrief werden wir aufgefordert, sozusagen alles auf eine Karte zu setzen, auf die Karte der Barmherzigkeit: "Das Gericht ist erbarmungslos gegen den, der kein Erbarmen gezeigt hat. Barmherzigkeit aber triumphiert über das Gericht" (Jak 2,13).
Albertus Magnus hat einmal gesagt: "Wer seinem Nächsten zu Hilfe kommt - es sei geistlich oder leiblich -, der hat mehr getan als derjenige, der von Köln bis Rom an jedem Meilenstein ein Münster errichtet aus purem Gold. Denn der Menschensohn ist nicht gekommen um eines Münsters wegen, dass darin gelesen werde bis zum Jüngsten Tag, sondern um des Menschen willen." Noch einmal das Wort aus dem Jakobusbrief: "Das Gericht ist erbarmungslos gegen den, der kein Erbarmen gezeigt hat. Barmherzigkeit aber triumphiert über das Gericht" (Jak 2,13).
Die Frau mit der Zwiebel,
eine Geschichte von Fjodor Dostojewski
"Es lebte einmal ein altes Weib, das war sehr, sehr böse. Eines Tages starb sie. Diese Alte hatte in ihrem Leben keine einzige gute Tat vollbracht. Da kamen denn die Engel, ergriffen sie und warfen sie in den Feuersee. Ihr Schutzengel aber stand da und dachte: Kann ich mich denn keiner einzigen guten Tat von ihr erinnern, um sie Gott mitzuteilen? Da fiel ihm etwas ein, und er sagte zu Gott: Sie hat einmal aus ihrem Gemüsegärtchen ein Zwiebelchen herausgerissen und es einer Bettlerin gegeben. Und Gott antwortete ihm: Nimm dieses selbe Zwiebelchen und halte es ihr in den See, so dass sie es ergreifen und sich herausziehen kann, und wenn du sie aus dem See herausziehen kannst, so möge sie in das Paradies eingehen, wenn aber das Zwiebelchen reißt, dann soll sie bleiben, wo sie ist. Der Engel lief zu dem Weib und hielt ihr das Zwiebelchen hin: Nun, sagte er zu ihr, fass an, und wir wollen sehen, ob ich dich herausziehen kann. Und er begann vorsichtig zu ziehen - und zog sie beinahe schon ganz heraus. Als aber die anderen Sünder im See bemerkten, dass sie herausgezogen wurde, klammerten sie sich alle an sie, damit man auch sie mit ihr zusammen herauszöge. Aber das Weib war böse, sehr böse und stieß sie mit ihren Füßen zurück und schrie: Nur mich allein soll man herausziehen und nicht euch; es ist mein Zwiebelchen und nicht eures. Wie sie aber das ausgesprochen hatte, riss das kleine Pflänzchen entzwei. Und das Weib fiel in den Feuersee zurück und brennt dort noch bis auf den heutigen Tag. Der Engel aber weinte und ging davon."
Verantwortung für den Bruder
Den Kreislauf aufbrechen
Die linke Wange hinhalten, wenn mich jemand auf die rechte geschlagen hat. Jemanden zwei Meilen zu begleiten, wenn er mich zur ersten schon gezwungen hat. Jemanden noch den Mantel geben, den ich so nötig brauche, wenn er mir vorher schon mein Hemd abgenommen hat, beten für die, die mich verfolgen und den Feind auf einmal Freund nennen?
Unter uns, mal ganz ehrlich. Wer so redet, wer so etwas von einem anderen fordert, steht der ganz in der Welt, weiß der wovon er redet? Soll ich mich denn anderen willenlos ausliefern, mich zum Gespött oder zum Hampelmann machen, mich sogar in Gefahr bringen?
Kain und Abel
Der Urgeschichte des Streits zwischen Menschen, die Urgeschichte des Neides, des Umgangs mit Opfern und Tätern ist die Geschichte der Brüder Kain und Abel. Niemand von uns möchte Kain sein, der Täter ist, aber noch viel weniger möchten wir Abel sein, der zum Opfer wird. Was Kain betrifft, wissen wir was zu tun ist. Er braucht seine gerechte Strafe, aber Abel, das Opfer, hat er eine Aufgabe, damit die alte Geschichte wieder gerade gerückt wird. Hilde Domin fasst ihre Gedanken dazu in einem Gedicht zusammen:
Abel steh auf
es muß neu gespielt werden
täglich muß neu gespielt werden
täglich muß die Antwort noch vor uns sein
die Antwort muß ja sein können
wenn du nicht aufstehst Abel
wie soll die Antwort
diese einzig wichtige Antwort
sich je verändern
wir können alle Kirchen schließen
und alle Gesetzbücher abschaffen
in allen Sprachen der Erde
wenn du nur aufstehst
und es rückgängig machst
die erste falsche Antwort
auf die einzige Frage
auf die es ankommt
steh auf
damit Kain sagt
damit er es sagen kann
Ich bin dein Hüter
Bruder
wie sollte
ich nicht dein Hüter sein
Täglich steh auf
damit wir es vor uns haben
dies Ja ich bin hier
ich
dein Bruder
Damit die Kinder Abels
sich nicht mehr fürchten
weil Kain nicht Kain wird
Ich schreibe dies
ich ein Kind Abels
und fürchte mich täglich
vor der Antwort
die Luft meiner Lunge wird weniger
wie ich auf die Antwort warte
Abel steh auf
damit es anders anfängt
zwischen uns allen
Die Feuer die brennen
das Feuer das brennt auf der Erde
soll das Feuer von Abel sein.
Hilde Domin
Verantwortung für den Bruder
Das Gedicht entstand zur Zeit des Wettrüstens zwischen Ost und West, zu einer Zeit, in der sich viele Sorgen um den Frieden in der Welt machten. Was will Hilde Domin, welche Perspektive nimmt sie ein? Das Opfer Abel soll aufstehen, er soll für den Frieden und für den Neuanfang verantwortlich sein, er der friedliebende den Umtriebigen und Mörder ändern. Kann dass die Antwort auf soviel Gewalt, Krieg und Ungerechtigkeit in der Welt sein.
War das die Antwort der Demonstranten auf Mubarak, kann so die Antwort der westlichen Staaten gegen den Terror der Taliban, oder den Krieg in Afghanistan aussehen, oder ganz konkret meine Antwort gegen die Anfeindungen die mir begegnen?
Ist die Antwort Abels, wie Hilde Domin sie fordert die Antwort der Bergpredigt? Gib die Antwort, die die heutigen Kains nicht erwarten, verwirre sie, geh du, der du dich als Abel fühlst zwei Meilen wo eine gefordert ist und bring so dich und Kain in eine neue Form der Beziehung in der die Kains dieser Welt ihren Panzer ablegen können und ohne Angst ihre Schwäche zeigen können und er, der du Abel lernst ohne Angst zu leben.
Lieben wie Gott liebt
mehr...
Die Evangelien des letzten und heutigen Sonntags gehören inhaltlich zusammen. Sie stellen uns verschiedene Punkte vor Augen, in denen sich Jesus deutlich vom Denken der Juden und der Welt unterscheidet. Dabei geht es nicht darum, das Denken der anderen madig zu machen, sondern es zu Gunsten tieferen Menschseins weiter zu entwickeln. Jesus möchte uns sagen: Du kannst wesentlich mehr als die geltenden Gesetze vorschreiben, wenn du dein Herz zum Zuge kommen lässt. Mit Beispielen aus dem Alltagsleben wird dann dargestellt, wie dies in der Praxis aussehen könnte.
Das Gebot "Aug um Auge, Zahn um Zahn", das sich im AT findet (Ex 21,24), übernahmen die Israeliten wahrscheinlich von den Babyloniern, wo es in der Gesetzessammlung des Königs Hammurabi schon sehr früh schriftlich festgehalten ist. Dieses Gebot schützte vor zügelloser Rache. Wenn also jemand ein Schaf gestohlen hatte, durfte ihm aus Wut darüber nicht ein Esel als Wiedergutmachung abverlangt werden. Oder wenn im Streit jemand einem anderen das Auge verletzt oder einen Zahn ausgeschlagen hatte, durfte ihm dafür nicht die Hand abgeschlagen werden. "Aug um Auge, Zahn um Zahn" war also nicht ein Aufruf zum Gegenangriff, sondern eine Aufforderung, sich zu mäßigen.
Der Mensch als Ebenbild Gottes
Mit seinem "Ich aber sage euch..." möchte Jesus uns dazu einladen, über eine geordnete Widervergeltung hinaus noch einen Schritt weiter zu gehen, nämlich auf Rache überhaupt und ebenso auf unbedingte Forderung nach Wiedergutmachung zu verzichten. Anstelle des "wie du mir, so ich dir" sollen wir den Weg der Liebe antreten.
Jesus begründet seine Aufforderung an uns mit seinem Hinweis auf Gott, der die Sonne aufgehen lässt über Guten und Bösen und der seinen Regen fallen lässt auf Gerechte und Ungerechte. Es ist die Liebe, die Gott dies tun lässt. Der Mensch als Gottes Ebenbild - so will uns Jesus sagen - soll diesem Verhalten Gottes nacheifern als Sohn oder Tochter des himmlischen Vaters. Wie Gott keine Rache nimmt und auf einer Wiedergutmachung nicht beharrt, so sollen auch wir uns davon verabschieden.
Dem Bösen das Gute entgegen setzen
Von diesem Denken her sind die Bilder und Beispiele Jesu zu deuten, die uns zunächst wahrscheinlich überzogen erscheinen und nicht realistisch vorkommen. Aber durch die Art seiner Beispiele macht Jesus deutlich: Er möchte, dass seine Anhänger dem Bösen das Gute entgegen setzen, ja das Böse regelrecht durch die Liebe unterlaufen. Dabei ist festzuhalten: Jesus hat nicht alles und jedes Böse geschluckt und widerspruchslos hingenommen. Er hat zum Bösen nicht geschwiegen. Ganz im Gegenteil. Aber er hat sich stets geweigert, dem Unrecht mit Unrecht zu begegnen. Die Liebe dem Bösen entgegen zu setzen, ist kein schwächliches Nachgeben gegenüber dem Bösen, sondern ein höchst aktiver Kampf, dem Bösen, das sich bei Widervergeltung gern hochschaukelt und endlos ausweitet, den Boden zu entziehen.
Bespiele für uns, den Erwartungen Jesu in unserer Zeit und in unserem Alltag gerecht zu werden, könnten z.B. sein:
- Im Streit jede Form von Gehässigkeit unterlassen
- Vorwürfen nicht mit neuen Vorwürfen begegnen, sondern prüfen, ob ein Stückchen Wahrheit in dem vorgebrachten Vorwurf steckt
- Einen Fehler oder ein Versagen nicht stets neu auftischen
- Bei Enttäuschung nicht postwendend die Beziehung für immer abbrechen
- Einen Ungeschickten nicht zum Trottel stempeln oder ihm Schlampigkeit unterstellen
- Jemanden nicht hängen lassen, weil er bockig den guten Rat, der ihm von uns geschenkt wurde, nicht annahm
- Hilfe und Beistand in der Not nicht verweigern, obwohl man schon öfters ausgenutzt wurde.
Maßlose Liebe
Neben dem Verzicht auf Rache und Widervergeltung spricht Jesus sodann unseren oft gängigen Umgang mit der Liebe an, sofern er darin besteht, mit Liebe auf den anderen nur dann zu reagieren, wenn wir zuvor von diesem selbst mit Liebe bedacht wurden.
Sicher ist es schon einmal gut und schön, wenn wir auf geschenkte Liebe mit Gegenliebe antworten. Wie viel mehr an Freude und Herzlichkeit gäbe es unter uns, wenn wir aufmerksamer im Danken und Widervergelten im Guten wären. Nur um dieses Verhalten der Dankbarkeit an den Tag zu legen, dafür muss man nicht notwendig ein Christ sein. Das praktizieren auch die Heiden und Menschen, die nicht an einen Gott glauben.
Jesus will uns die Augen dafür öffnen, dass wir zu weit Größerem fähig sind. Er möchte, dass wir dieses normale, allgemein menschliche Verhalten der Gegenseitigkeit in der Liebe übersteigen, weil es noch zu sehr in dem "wie du mir, so ich dir" verwurzelt ist. Jesu Anhänger, den Christen, soll das Bild Gottes vor Augen stehen. Er wartet mit dem Geschenk seiner Liebe nicht, bis ihm von uns Liebe entgegen gebracht wird. Gott begrenzt und dosiert sein Liebe nicht, sondern lebt sie zu jeder Zeit unverbrüchlich und uneingeschränkt.
Vollkommen sein wie der himmlische Vater
Jesus hatte mit Sicherheit genügend Realitätssinn, um zu wissen, dass wir Menschen nie und nimmer eine ungebrochene Liebe leben können. Aber er wusste auch, wie schnell und leicht wir versucht sind, die Mühe beiseite zu schieben, Liebe, zu der wir fähig wären, in ihrem Umfang und in ihrer Tiefe auszuschöpfen. Hier will Jesus bei uns ansetzen. Wir sollen jenen Menschen der Liebe aus uns machen, der wir sein könnten. Darum fordert er uns auf, "vollkommen zu sein wie der himmlische Vater". So wie Gott sich durch seine uneingeschränkte Liebe als Gott erweist, so sollen wir Menschen bemüht sein, unsere Liebe in jenes Ausmaß und in jenen Umfang zu bringen, wo ein "Gibst du mir, gebe ich dir" weit übersprungen wird. Weil wir dies können, darum sollen wir es nicht unterlassen und unsere Liebe nur auf Sparflamme setzen. Jeder Versuch, das Gängige zu überschreiten, bringt uns der möglichen Größe in unserem Menschsein und dem Abbild Gottes, das wir sind, näher.
In der Liebe wachsen
Bitten wir in diesem Gottesdienst um ein Wachsen in der Liebe und lodernde Liebesglut in unseren Herzen.
Verstärken wir die Sehnsucht in uns, immer neu aus dem gängigen Alltagschristen auszusteigen, um begeistert jener Christ zu werden, der wir sein könnten.
Vergleichen wir uns nicht mit anderen, die wir vielleicht an Liebe, Hilfsbereitschaft, Freundlichkeit übertreffen. Gott ist unser Vorbild, sagt uns Jesus. Ihm ähnlich werden, ist unser Ziel als Christ.
Danken wir Gott, dass er uns seine Liebe nicht entzieht, wenn wir zeitweise oder gar auf lange Strecken hinter dem zurück bleiben, wozu wir mit seiner Gnade und Kraft fähig wären.
- Liedvorschläge1
Hans Hütter (2017)
Lieder:
GL 210: Das Weizenkorn muß sterben
GL 281: Also sprach beim Abendmahle
GL 358: Ich will dich lieben, meine Stärke
GL 381: Dein Lob, Herr, ruft der Himmel aus (3. Str.)
GL 384: Hoch sei gepriesen unser Gott (2. Str.)
GL 392: Lobe den Herren, den mächtigen König
GL 395: Den Herren will ich loben
GL 414: Herr, unser Herr, wie bist du zugegen
GL 437: Meine engen Grenzen, meine kurze Sicht
GL 440: Hilf, Herr meines Lebens
GL 442: Wo die Güte und die Liebe wohnt
GL 464: Gott liebt diese Welt
GL 468: Gott gab uns Atem, damit wir leben
GL 474: Wenn wir das Leben teilen wie das täglich Brot
GL 543: Wohl denen, die da wandeln
Kehrverse und Psalmen:
GL 57: Meine Seele, preise den Herrn. - Mit Psalm 103 - II.
GL 305,4: Dies ist mein Gebot: Liebet einander wie ich euch geliebt - Mit Psalm 15 (GL 34,2) oder mit Psalm 133 (GL 73,2) - VI.
GL 305,5: Wo die Güte und die Liebe wohnt - Mit Psalm 15 (GL 34,2) oder mit Psalm 133 (GL 73,2) - VI.
GL 445: Ubi caritas et amor, ubi caritas Deus ibi est - Mit Psalm 15 (GL 34,2) oder mit Psalm 133 (GL 73,2) - VI.
- Einleitung7
Sozialreferat der Diözese Linz (2023)
Ein zentrales Thema, wenn wir von Frieden sprechen, ist Gewaltfreiheit. Doch was bedeutet es frei von Gewalt zu sein und zu leben? Wir weigern uns schlicht Gewalt anzuwenden. Weder um unsere eigenen, noch um die Interessen anderer durchzusetzen und zu unterstützen, bedienen wir uns des Mittels der Gewalt. Der weltbekannte Friedensaktivist Mahatma Gandhi sagte einmal: „Auf sanfte Weise können Sie die Welt erschüttern.“ Doch was meinte er damit? Vielleicht, dass wir mehr bewegen können, wenn wir mit sanfter Stimme sprechen, wenn wir frei von Groll und Ärger sind? Vielleicht, dass wir die Welt verändern, nicht indem wir fluchen und beleidigen, sondern indem wir einander liebevoll und achtsam begegnen. Und welche Rolle spielt jede*r Einzelne und unsere Gemeinschaft dabei? Damit werden wir uns im Rahmen dieses Gottesdienstes beschäftigen.
© Prof. Dr. Wolfgang Palaver, Vorsitzender Pax Christi Österreich.
Manfred Wussow (2020)
Als Kinder Gottes feiern wir diesen Gottesdienst.
Wir sagen in einem großen Lobpreis „danke“.
Dann beten wir: Vater unser im Himmel.
Jesus sagt uns:
Liebt eure Feinde
und betet für die, die euch verfolgen,
damit ihr Kinder eures Vaters im Himmel werdet;
denn er lässt seine Sonne aufgehen
über Bösen und Guten
und er lässt regnen über Gerechte und Ungerechte.
Als Menschen, die hin- und hergerissen sind
und Angst davor haben, missbraucht zu werden,
bitten wir unseren Herrn um seine Barmherzigkeit.
Bernd Kösling (2017)
Manchmal sehen wir den Wald vor lauter Bäumen nicht, Oder wir sind einfach betriebsblind geworden. Wenn wir diese oder ähnliche Sprichwort gebrauchen, dann meinen wir: Manche Abläufe sind uns so vertraut geworden, dass es schwer fällt, Veränderungen wahrzunehmen, neue Ideen zuzulassen. Die Anliegen von Menschen, die anders denken, ernst zu nehmen.
Sicher gehören auch die Texte der Bergpredigt, die wir seit einigen Sonntagen im Evangelium hören auch dazu. Sie sind uns so vertraut, dass wir sie oftmals mitsprechen können.
Bitten wir den Herrn zu Beginn unseres Gottesdienstes um die Kraft, diese Weisungen in unserem Alltag zu leben.
Manfred Wussow (2014)
Große Dinge werden uns heute zugesagt und anvertraut: Heilig sollen wir sein, wie der Herr, unser Gott. Als Tempel des Heiligen Geistes werden wir einander vorgestellt. Im Evangelium schließlich wird uns zugetraut, Feinde zu lieben und Gewaltspiralen ins Leere laufen zu lassen. An der Vollkommenheit des Vaters im Himmel sollen wir Maß nehmen.
In unserem Leben spielen wir viele Rollen. Viele Rollen sind uns auf den Leib geschneidert, andere einfach nur übergestülpt. Manchmal wachsen uns die Anforderungen über den Kopf. Wir haben auch in der letzten Woche erfahren, wie unvollkommen wir Menschen sind. Manchmal schweigen wir ratlos, manchmal reden wir an einander vorbei, manchmal reden wir uns gar um Kopf und Kragen.
Bevor wir Gottes Wort hören, bitten wir um seine Barmherzigkeit für unser Leben.
Bernhard Rathmer (2014)
Das passt nicht. Das geht nicht. Es hat noch nie funktioniert. Und am Ende, am Ende bin ich selber nur der Dumme. Wer kann schon wirklich dem anderen die linke Wange hinhalten, wenn er auf die rechte geschlagen wird? Werden Menschen dann nicht zwangsläufig zu Opfern vielleicht sogar lebensuntüchtig?
Wir sehen die Opfer dieser Welt durch eine Spirale von Gewalt. In Syrien, in der Ukraine, in Afghanistan hier bei uns? Also doch die Wange hinhalten? Anderes wagen?
Martin Stewen (2011)
Gott wendet sich den Menschen zu - in Mittlern und Propheten, in Zeichen, in seinem Sohn. Wir, die Menschen sollen das weitermachen - ohne Wenn und Aber, konsequent über natürliche Logiken hinweg. Wir hören heute davon.
Klemens Nodewald (2011)
Wir Menschen orientieren uns oft an dem, was gängig ist und sind leicht und schnell zufrieden, wenn wir uns obendrein sagen können, dass wir im Großen und Ganzen die Gebote einhalten.
Diese Haltung wird im heutigen Evangelium von Jesus in den Blick genommen. Nicht um uns zu tadeln, sondern um uns zu einem Mehr hin zu führen, stellt Jesus gegen das Übliche und Gängige seine höheren Anforderungen. Damit wir sie nicht auf die leichte Schulter nehmen, trägt er sie betont vor: "Ich aber sage euch..."
Wenn uns das, was Jesus uns sagen möchte, gleichgültig wäre, hätten wir uns hier nicht eingefunden. Bitten wir ihn daher in unserem gemeinsamen Beten um die Kraft, seinen Weisungen mit Hingabe folgen zu können.
- Bußakt3
Manfred Wussow (2020)
Herr,
wir haben die Welt längst aufgeteilt zwischen Gut und Böse.
Schwarz-weiß gemalt wird aber alles grau.
Hinter Feindbildern verstecken wir unsere Ängste.
Herr, erbarme dich.
Herr,
wir sehen uns danach,
dass das Heilige heilig und das Reine rein sein soll.
Menschliche Schuld macht auch vor unseren Herzen nicht Halt.
Enttäuscht und sprachlos bricht uns oft eine Welt auseinander.
Christus, erbarme dich.
Herr,
wir hören, dass du heilig bist. I
n den Gesang der Engel stimmen wir mit ein.
Abgegrenzt hast du dich nicht von uns.
Du bist einer von uns geworden.
Glücklich sind wir in deiner Liebe.
Herr, erbarme dich.
Manfred Wussow (2014)
Bösen Gedanken geben wir Raum, Herr.
Sie wachsen und wuchern,
sie nehmen unsere Herzen gefangen.
Herr, erbarme dich.
Um deinen Geist, Herr, bitten wir,
um neue Gedanken, um den Mut,
Gemeinschaft und Frieden zu schenken.
Christus, erbarme dich.
Du lässt die Sonne scheinen, Herr, über deine Welt.
Dein Licht geht auf und macht alles hell.
Auch die Liebe blüht auf.
Herr, erbarme dich.
Zitat (2014)
Worauf sollen wir hören, sag uns, worauf?
So viele Geräusche, welches ist wichtig?
So viele Beweise, welcher ist richtig?
So viele Reden! Ein Wort ist wahr.
Herr erbarme dich.
Wohin sollen wir gehen, sag uns wohin?
So viele Termine, welcher ist wichtig?
So viele Parolen, welche ist richtig?
So viele Straßen! Ein Weg ist wahr.
Christus erbarme dich.
Wofür sollen wir leben, sag uns, wofür?
So viele Gedanken, welcher ist wichtig?
So viele Programme, welches ist richtig?
So viele Fragen! Die Liebe zählt.
Herr erbarme dich.
- Kyrie5
Beatrix Senft (2023)
Herr, Jesus Christus, '
du hast die Gebote des Vaters zur gelebten Wirklichkeit werden lassen.
Herr, erbarme dich.
Du bist deinen Mitmenschen begleitend, aufrichtend und heilend begegnet.
Christus, erbarme dich.
Du bist auch vor der Schwere deines Weges nicht zurückgeschreckt.
Herr, erbarme dich.
Edith Furtmann (2023)
Kyrie
Herr Jesus Christus,
du erinnerst an die alten Gebote.
Herr erbarme Dich.
Du willst, dass wir unsere Feinde lieben.
Christus erbarme Dich.
Du traust uns das zu.
Herr erbarme Dich.
Bernd Kösling (2017)
GL 151 als Kyrieruf
Oder:
Herr Jesus Christus,
Du bringst uns die Liebe des Vaters.
Herr, erbarme Dich unser.
Du zeigst uns den Weg zum Leben.
Christ, erbarme Dich unser.
Du bist mit uns auf dem Weg.
Herr, erbarme Dich unser.
Martin Stewen (2011)
Jesus Christus
Du rufst uns zu, den Nächsten zu lieben
Herr, erbarme dich.
Du mahnst uns, unsere Feinde zu lieben.
Christus erbarme dich.
Du ermutigst uns, uns selbst zu lieben.
Herr erbarme dich.
Der gute Gott erbarme sich unser,
er befreie uns von zu viel 'Ich',
nehme von uns Schuld und Sünde,
er mache uns immer fähiger zum 'Du'
und stärke uns in der Liebe zum Nächsten.
Klemens Nodewald (2011)
Herr Jesus Christus,
nicht um uns Lasten aufzubürden,
bist du in die Welt gekommen,
sondern zu unserem Heil.
Herr, erbarme dich.
Wege, die uns untereinander tiefer zusammenführen
und enger mit dem Vater im Himmel verbinden,
hast du uns aufgezeigt.
Christus, erbarme dich.
Dass Gottes Sonne auch dann über uns aufgeht,
wenn wir uns in Sünde verstrickt haben,
hast du bezeugt.
Herr, erbarme dich.
In seiner Güte und Liebe zu uns Menschen
erbarme sich unser der Herr.
Er verzeihe uns all unser Versagen
und schenke uns neu seine Kraft und Gnade. Amen
- Tagesgebet4
Messbuch - TG 7. Sonntag: über dein Wort nachsinnen
Barmherziger Gott,
du hast durch deinen Sohn zu uns gesprochen.
Laß uns immer wieder über dein Wort nachsinnen,
damit wir reden und tun, was dir gefällt.
Darum bitten wir durch Jesus Christus.
MB 7. Sonntag im Jahreskreis
Messbuch - TG Auswahl 6: Dein Wort bringt Freude, Frieden Versöhnung
Gott Dein Wort bringt Licht und Freude in die Welt.
Es macht das Leben reich,
es stiftet Frieden und Versöhnung.
Gib, dass wir es nicht achtlos überhören.
Mach uns aufnahmebereit.
Bring dein Wort in uns zu hundertfältiger Frucht.
Darum bitten wir durch Jesus Christus.
MB Auswahl 6
Messbuch - TG Auswahl 21: Welt voll Spannung und Streit
Gott, unser Vater.
Um deinen Frieden zu bringen
in unsere Welt voll Spannung und Streit,
ist dein Sohn zu uns gekommen
und hat sein Leben eingesetzt.
Er lebte nicht für sich, sondern gab sich dahin.
Laß uns erfassen, was er getan hat.
Hilf uns,
mit ihm dem Frieden und der Versöhnung zu dienen,
der in der Einheit des Heiligen Geistes
mit dir lebt und herrscht in alle Ewigkeit.
Amen.
MB Auswahl 21
Messbuch - TG Auswahl 34: dem Frieden und der Versöhnung Raum schaffen
Guter Gott.
Durch deinen Sohn Jesus Christus
hast du begonnen,
unter uns Menschen
dem Frieden und der Versöhnung Raum zu schaffen.
Mach uns
zu einer offenen und brüderlichen Gemeinde.
Hilf uns, daß wir um seinetwillen
einander annehmen und zu verstehen suchen,
auch wo wir verschiedener Meinung sind.
Darum bitten wir durch Jesus Christus.
Amen.
MB Auswahl 34
- Eröffnungsgebet5
Sonntagsbibel (2021) - das Böse durch das Gute überwinden
Vater im Himmel,
dein Sohn wollte Beziehung stiften
zwischen dir und den Menschen
und unter uns Menschen.
Hilf uns,
das Böse durch das zu Gute zu überwinden
und so das Werk deines Sohnes weiterzuführen,
durch ihn, der mit dir lebt und herrscht in Ewigkeit.
Beatrix Senft (2023)
Vater im Himmel,
belastet von den Schrecken der Welt, kommen wir zu dir.
Alles legen wir in deine Hände –
alle Schrecken, alle Last, aber auch alle Freude und alle Hoffnungen.
Schenke du uns in diesem Gottesdienst neu deine segnende Kraft,
damit wir dem Beispiel deines Sohnes folgen können.
Hilf uns, unseren Mitmenschen - und auch uns selbst –
nachsichtig, ja liebend, zu begegnen,
damit die Welt sich wandeln kann, wie du es erdacht hast.
Das erbitten wir mit Jesus,
unserem Bruder und Herrn, und durch den Hl. Geist. – Amen.
Manfred Wussow (2020)
Wir erleben dich, Gott, der du heilig bist,
oft als unnahbar und fremd,
unheimlich und weit weg.
Doch alle unsere Gedanken gehen zu dir.
Was wir in dieser Woche erlebt haben,
was offen geblieben ist,
was unsere Hoffnungen ausmacht,
wissen wir bei dir geborgen.
Wir bitten dich nicht um einen Heiligenschein,
aber um ein helles Gesicht,
nicht um einen Sockel,
aber um einen freien Weg.
Wir danken dir, dass du deine Heiligkeit mit uns teilst
in der Liebe, die uns zu deinen Kindern macht
in Christus, unserem Herrn.
Manfred Wussow (2014)
Treuer, barmherziger Gott,
noch haben wir viele Erfahrungen und Erlebnisse
der letzten Woche nicht geordnet,
noch gehen uns viele Dinge durch den Kopf.
Schenke uns Ruhe, mit uns ins Reine zu kommen,
andere Menschen zu verstehen
und ohne Angst zu leben.
Hilf uns, Tempel deines Geistes zu sein
und einander Frieden zu schenken.
Durch Christus, unserem Herrn.
Bernhard Rathmer (2014)
Vater im Himmel,
dein Sohn wollte Beziehung stiften
zwischen dir und den Menschen
und unter uns Menschen.
Hilf uns, das Böse durch das zu Gute zu überwinden
und so das Werk deines Sohnes weiterzuführen,
darum bitten wir durch Jesus Christus,
unserem Bruder Freund und Erlöser. - Amen.
- Fürbitten12
Sozialreferat der Diözese Linz (2023)
Wir tragen Gott unsere Bitten vor:
Gott, unser Vater, wir bitten dich für die Menschen, die auf der Flucht sind oder die aus ihrer Heimat vertrieben werden.
Lass sie wieder Heimat finden und schenke ihnen ein Herz, das zur Versöhnung bereit ist.
Gott, unser Vater, wir bitten dich für alle, die durch Krieg, Gewalt oder Terror einen lieben Menschen verloren haben.
Tröste sie in ihrem Leid und gebiete der Vergeltung Einhalt.
Gott, unser Vater, wir bitten dich für alle, die Krieg, Gewalt und Terror über andere Menschen bringen.
Schenke ihnen Einsicht und Umkehr, damit sie Wege des Friedens finden.
Gott, unser Vater, wir bitten dich für alle Menschen, reinige unsere Herzen von Hass, Neid, Habsucht und Vergeltung.
Schenke uns Gedanken und Wege der Verständigung und Versöhnung.
Gott, unser Vater, hilf uns, nicht nachzulassen im Einsatz für Frieden und Versöhnung, um Mut zur Verständigung, um Kraft und Ausdauer.
Allmächtiger Gott, du schenkst den Frieden, den die Welt nicht geben kann. Sende uns den Geist des Friedens.
Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn.
© Prof. Dr. Wolfgang Palaver, Vorsitzender Pax Christi Österreich.
Renate Witzani (2023)
Immer wieder müssen wir erkennen, wie sehr wir in unserem Handeln unseren Idealen nachhinken. Der Glaube, dass uns Gott auch in unserer Schwachheit beisteht, kann uns trösten und uns helfen, gelassen mit unseren Defiziten umzugehen.
Ihn lasst uns bitten:
In und außerhalb der Kirche ist Kritik und Jammern über unerträglich erscheinende Zustände zum Alltag geworden.
Mehre in uns die Zuversicht, dass du deine Gemeinde stets begleitest.
Die Erdbeben der letzten Tage haben zigtausende Opfer gefordert.
Schenke ihnen und allen, die im Rahmen der internationalen Solidarität dort arbeiten Trost und Stärke.
Es ist ein alter Menschheitstraum über alle ethnischen, religiösen und gesellschaftlichen Grenzen hinweg in Frieden miteinander zu leben.
Lass uns offen und mit Humor zwischen den eigenen Vorstellungen und denen der anderen einen Ausgleich suchen.
In jedem von uns schlummert die Sehnsucht, von den anderen wahrgenommen und beachtet zu werden.
Hilf allen im Pflegebereich Tätigen, die Bedürfnisse der ihnen Anvertrauten wahrzunehmen und mit ihren eignen Möglichkeiten in Einklang zu bringen.
Du bist der Gott allen Lebens.
Dir vertrauen wir unsere Verstorbenen an und beten für sie.
Dein Geist ist in uns lebendig. An uns liegt es, aus diesem Geist zu leben und unser Miteinander zu gestalten.
Dich loben wir und danken dir jetzt und allezeit. - Amen.
Edith Furtmann (2023)
Wir wollen nun Fürbitte halten.
Herr Jesus Christus, Du hast die alten Gebote verschärft unter dem Spiegel der Nächstenliebe. Wir bitten Dich:
Lass statt Hass und Verdruss in unseren Herzen die Liebe einziehen.
Lass unser Handeln von Liebe geleitet sein.
Lass uns erkennen, wenn Menschen in Not sind, und ihnen bedingungslos beistehen.
Lass uns auch den Menschen positiv und zugewandt begegnen, die wir eigentlich nicht mögen und ablehnen.
Lass uns im Streit nicht danach streben, die Oberhand zu haben, sondern Versöhnung zu suchen.
Lass uns den Kranken, den Sterbenden und den Trauernden beistehen.
Denn das ist das Leben, das Du von uns forderst: dass wir an guten Taten erkennbar sind und so Dein Reich verkünden. – Amen.
Manfred Wussow (2020)
Wir wären gerne heilig. Über allen Dingen erhaben.
Immer auch etwas Besonderes.
Fein abgegrenzt von dem Dreck dieser Welt.
Doch Gott selbst macht sich schmutzig,
kommt in die Niederungen der Welt
und baut seine Tempel inmitten verlorener, verängstigter, heimatloser Menschen.
Wir beten heute:
Für alle heiligen Institutionen.
Dass sie sich nicht selbst verraten,
Versteck spielen und ihr Erbe verlottern lassen.
Wir rufen zu dir: Lass uns in der Liebe vollkommen sein!
Für alle dreckigen Orte.
Dass Menschen Hoffnungen haben, Kinder eine Zukunft
und eine gelangweilte Welt eine Aufgabe.
Wir rufen zu dir: Lass uns in der Liebe vollkommen sein!
Für alle traurigen Geschichten.
Dass Worte ein Licht anzünden,
hinter die Kulissen schauen und von Auswegen erzählen.
Wir rufen zu dir: Lass uns in der Liebe vollkommen sein!
Für alle Feindbilder.
Dass sie aus ihren Rahmen fallen,
übermalt werden und vergessen werden können.
Wir rufen zu dir: Lass uns in der Liebe vollkommen sein!
Für alle Träume.
Dass sie aus der Nacht herauswachsen,
der Liebe einen Raum geben und jeden Tag schön machen.
Wir rufen zu dir: Lass uns in der Liebe vollkommen sein!
Wenn du, Herr, deine Tempel baust,
dann lass uns das Allerheiligste sein:
Mit einem Tisch für die Hungrigen,
einem Bett für die Müden,
ein Wort für die Stummen.
Heilig bist du, Herr, unter uns.
In Jesus, der das Licht der Welt ist.
Norbert Riebartsch (2020)
Herr Jesus, du forderst deine Jüngerschar heraus. Du zeigst ihr aber auch den Weg zu dem, was dir wichtig ist.
So bitten wir dich:
Herr, begleite dein Volk
In vielen Gegenden erleben wir eine Spirale von Gewalt.
Dein Wort sagt: Nicht Zahn für Zahn, sondern Friede.
Manche fragen sich, ob die Kirche auf dem richtigen Weg ist.
Dein Wort sagt: Sucht Segen für die Menschen.
Engagierte Menschen sind manchmal frustriert und müde.
Dein Wort sagt: Erinnert euch an meine Ermutigung.
Wir suchen den Weg für morgen und die Woche.
Dein Wort sagt: Dann tut es in Liebe.
Menschen stellen gegenseitig hohe Ansprüche aneinander.
Dein Wort sagt: Du kannst immer vollkommener werden.
Herr, dein Wort kann ich uns nachklingen. Darauf vertrauen wir heute, die kommende Woche und in den wichtigen Momenten unseres Lebens. - Amen.
Renate Witzani (2020)
Fürbitten für den 7. Sonntag im Jahreskreis / 23.2.2020
Wer im festen Glauben an Gott verankert ist, fühlt sich nicht allein und auf sich selbst zurückgeworfen. Daraus ergibt sich die Chance, angstfrei und großzügig zu agieren.
Um Gottes Geist, der uns leitet und stärkt, lasst uns den Vater bitten:
Auch innerhalb der Gemeinschaft der Kirche kann es vorkommen, dass verschiedene Gruppierungen ihre Meinung mit fragwürdigen Mitteln durchzusetzen versuchen.
Stärke die Geduld und Nachsicht aller, die auf deinen Geist bauen.
Unserer demokratischen Gesellschaft fällt es schwer, verschiedene Standpunkte zu akzeptieren.
Stärke alle, die das Gemeinsame in einer Demokratie vor das Trennende stellen.
Menschen mit psychischen Problemen oder geringer Frustrationstoleranz sind mitunter eine Gefahr für ihre Mitmenschen.
Stärke alle, die versuchen der Bereitschaft zu Gewalt Einhalt zu gebieten.
Hinter einer Maske sein eigentliches Ich zu verstecken, ist nicht nur im Fasching gefragt.
Stärke alle, die loyal und friedvoll zu ihren eigenen Positionen und Werten stehen.
Alter, Krankheit und Tod werden von vielen als persönliche Niederlage empfunden.
Stärke in uns das Bemühen, uns mit den vielen unvermeidlichen Situationen menschlichen Lebens auszusöhnen.
Du hast Gewaltlosigkeit und Liebe als Grundprinzip deiner Schöpfung mitgegeben.
Der Mensch kann zwar versuchen, sich immer wieder dagegen zu entscheiden, wird aber letztlich nicht darüber verfügen können.
Dafür gebührt dir unser Dank und Lobpreis jetzt und allezeit. - Amen.
Bernd Kösling (2017)
Der Regen erreicht Gerechte und Ungerechte.
Gottes Sonne scheint über Guten und Bösen.
Im Vertrauen darauf, dass unser Gebet Frucht bringt,
bitten wir:
Beten wir für die Staaten und Nationen, die miteinander verfeindet sind.
Für die Länder, in denen Krieg herrscht.
Für die Menschen, die Opfer von Krieg und Feindschaft sind.
Beten wir für die, die politische und gesellschaftliche Verantwortung tragen.
Für die, die sich um Einheit und Kooperation bemühen.
Für die, die Frieden und Versöhnung stiften.
Beten wir für die christliche Kirche, die gespalten ist in so viele unterschiedliche Konfessionen.
Für die, die sich für die Einheit in Vielfalt einsetzen und dafür arbeiten.
Für die, die in konfessionsverbindenden Ehen und Beziehungen leben.
Beten wir für die, die uns Gewalt antun.
Für die, die meinen aus religiösen Gründen töten zu müssen.
Für die, die in unsere Wohnungen einbrechen.
Für die, die uns bewußt Schaden zufügen.
Beten wir für die, die im Unfrieden aus dieser Welt geschieden sind.
Für die, die mit schwerer Schuld beladen vor das Angesicht Gottes getreten sind.
Beten wir aber auch für unsere lieben Toten, die wir so sehr vermissen.
Herr, unser Gott.
Du liebst uns ohne Vorbehalte und Misstrauen.
Dafür danken wir dir uns loben wir dich,
heute und alle Tage unseres Lebens bis in Ewigkeit. – Amen
Renate Witzani (2017)
Lasst uns durch Jesus Christus den Vater bitten,
dass wir so leben können wie es ihm gefällt:
Für alle christlichen Gemeinden, die aufrichtig versuchen, dein Wort anzunehmen und nach deinem Liebesgebot zu leben.
Für die vielen Menschen, die durch die Macht gewalttätiger Regime, vorschnell urteilender Medien oder Rachegelüste Einzelner Unrecht erleiden.
Für alle, die es aufgegeben haben, sich den schwierigen Entscheidungen des eigenen Lebens zu stellen und die Verantwortung für ihr Tun auf vorgegebene Regeln abschieben.
Für uns selbst, wenn es uns schwer fällt für jene zu beten, die uns durch Wort oder Tat gekränkt und enttäuscht haben.
Für unsere Verstorbenen, für die wir uns wünschen, dass sie als deine Kinder in dein Reich aufgenommen sind.
Denn in Jesus Christus, unserem Erlöser, hast du an uns deine Barmherzigkeit gezeigt.
Dafür danken wir dir und preisen dich jetzt und bis in Ewigkeit. - Amen.
Manfred Wussow (2014)
Wir kennen den Hass in der Welt,
wir kennen die alten Denk-Muster,
wir kennen Teufelskreisläufe und Schuldverstrickungen.
Im Evangelium wird uns eine andere Welt gezeigt.
Herr, wir bitten dich:
für die Menschen, die mit Hass viel Geld verdienen,
die Angst schüren, um ihren Einfluss zu sichern,
die auch vor Gewalt nicht zurückschrecken, um an der Macht zu bleiben.
Wir rufen zu dir: Schenke uns das Maß deiner Liebe.
für die Menschen, die in der Ukraine um ihre Zukunft kämpfen,
die in den Teufelskreislauf der Gewalt geraten sind,
die im Brennpunkt der Öffentlichkeit stehen.
Wir rufen zu dir: Schenke uns das Maß deiner Liebe.
für die Menschen, die in Somalia von einer Hungerkatastrophe heimgesucht werden,
die als Flüchtlinge Unterschlupf und Heimat suchen,
die für ihre Kinder keine Hoffnungen mehr haben.
Wir rufen zu dir: Schenke uns das Maß deiner Liebe.
Für die Kardinäle, die zu einem Konsistorium zusammen gekommen sind,
die über Ehe und Familie beraten,
die eine große Verantwortung für die Kirche haben.
Wir rufen zu dir: Schenke uns das Maß deiner Liebe.
Für Traurige und Verzagte, die sich als Verlierer ihres Lebens sehen,
für Missmutige und Verbitterte, die keinen Frieden mit sich und anderen Menschen schließen können.
Wir rufen zu dir: Schenke uns das Maß deiner Liebe.
Für Einsame und Verlassene, die sich dem Leben neu öffnen.
Wir rufen zu dir: Schenke uns das Maß deiner Liebe.
Herr, wir bitten dich:
Lass deine Sonne aufgehen über Böse und Gute,
lass es regnen über Gerechte und Ungerechte.
Uns aber lass Maß nehmen an deiner Liebe.
In Christus, unserem Herrn.
Bernhard Rathmer (2014)
Guter Gott,
mit allen, was wir sind und wollen,
aber ebenso mit den Wünschen und Bedürfnissen anderer
kommen wir zu dir und bitten wir dich:
Für die Opfer von Gewalt, Krieg und Ungerechtigkeit,
dass die Spirale der Gewalt durchbrochen
oder erst gar nicht in Gang gesetzt wird.
Gott unser Vater...
Für das Miteinander von Religionen und Konfessionen,
dass wir als glaubende Menschen lernen,
den anderen zu achten und die Wahrheit zu sehen,
die auch in seinem Glauben steckt.
Für Menschen, die in Konflikten und Streitigkeiten schnell untergehen,
dass sie lernen für ihre Belange einzutreten
und für die, die immer die Oberhand behalten wollen,
dass sie lernen auf den anderen zu hören.
Für uns selbst, dass wir einfühlsam abwägen können,
was wir selber und Andere brauchen
und dass wir lernen auf die zu achten,
die wir nicht mögen.
Für alle Sterbenden,
dass sie auf deine Liebe und Nähe vertrauen können.
Guter Gott, du hast uns aufgetragen,
den Nächsten zu lieben wie uns selbst.
Stärke uns dazu - in Christus unserem Bruder, Freund und Erlöser.
Martin Stewen (2011)
Guter Gott,
wir haben Bedürfnisse und kennen unsere Rechte.
Die anderen Menschen aber auch.
Das macht das Leben manchmal ganz schön schwierig.
Wir kommen zu dir und bitten dich:
Für uns selbst, dass wir einfühlsam abwägen können,
was ein Anderer braucht -
vor allem jener, den wir nicht mögen:
Lass uns über unseren Schatten springen können.
Für alle, die Regeln uns Gesetze anwenden müssen,
dass sie klug bleiben:
Lass sie das Gute im Menschen entdecken und fördern.
Für alle, die in Konflikten und Auseinandersetzungen schnell klein beigeben,
dass sie sich wehren können:
Lass sie sich selbst und ihren Wert entdecken.
Für alle, die die Schuld immer beim Anderen suchen,
dass sie den Blick in den Spiegel wagen:
Hilf ihnen, zu entdecken,
dass Fehler menschlich und verzeihlich sind.
Guter Gott, du hast uns aufgetragen, den Nächsten zu lieben wie uns selbst.
Stärke uns dazu - in Christus unserem Herrn.
Klemens Nodewald (2011)
Herr Jesus Christus,
nicht halb, ganz soll uns die Liebe erfüllen
und unser Leben bestimmen.
Wir bitten dich:
Um große Weite in unserem Herzen,
damit wir niemanden von unserer Liebe ausschließen.
Christus, höre uns.
Um Geduld und Ausdauer mit Menschen,
die unser Leben belasten.
Christus, höre uns...
Um Fairness und Versöhnungsbereitschaft in Auseinandersetzungen.
Christus, höre uns.
Um offene Augen für Menschen in Not
und für Leid, das wir beseitigen könnten.
Christus, höre uns.
Um Offenheit und Wohlwollen gegenüber Menschen,
für die wir keine Sympathie empfinden.
Christus, höre uns.
Um Kraft, Sterbenden in guter Weise beizustehen.
Christus, höre uns.
Herr Jesus Christus,
du kommst mit deiner Liebe und deinem grenzenlosen Wohlwollen immer neu auf uns zu.
Dir vertrauen wir uns an, damit wir in der Begegnung mit dir in unserer Liebe wachsen und erstarken.
Dank und Lobpreis sei dir, der du uns trägst und hältst in deiner Liebe. Amen.
- Gabengebet2
Messbuch - GG 7. Sonntag: aus diesem Opfer Heil empfangen
Allmächtiger Gott,
in der Feier der göttlichen Geheimnisse
erfüllen wir den Dienst, der uns aufgetragen ist.
Gib, daß wir deine Größe würdig loben und preisen
und aus diesem Opfer Heil empfangen.
Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn.
MB 7. Sonntag im Jahreskreis
Messbuch - GG 23. Sonntag: eines Sinnes werden
Herr, unser Gott,
du schenkst uns den Frieden
und gibst uns die Kraft, dir aufrichtig zu dienen.
Laß uns dich mit unseren Gaben ehren
und durch die Teilnahme
an dem einen Brot und dem einen Kelch
eines Sinnes werden.
Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn.
MB 23. Sonntag im Jahreskreis
4. Januar, 7.Januar
- Gebet zur Gabenbereitung2
Manfred Wussow (2020)
Was du, Herr, mit Brot und Wein machst,
geht über unser Bitten und Verstehen:
Du verschenkst dich selbst,
du verwandelst alle Dinge,
du selbst wirst Brot und Wein.
Was wir, Herr, mit Brot und Wein machen,
hast du uns in das Herz gelegt:
deine Gaben zu teilen,
den Hunger zu stillen,
alle Feindschaft zu überwinden.
Wir werden Brot und Wein
in Christus, unserem Herrn.
Manfred Wussow (2014)
Brot und Wein, Herr,
sind deine Gaben für uns.
Wir hungern nach Liebe,
wir suchen Wege des Friedens,
wir möchten in unserem Vertrauen
nicht enttäuscht werden.
Du schenkst uns Brot und Wein
als Leib und Blut unseres Herrn.
Er ist für uns gestorben,
er wurde für uns auferweckt,
er schenkt uns das Leben bei dir.
Wir danken dir.
Brot und Wein, Herr,
machst du zu Zeichen deines Reiches.
Dein Reich komme.
- Lobpreis1
Hans Hütter (2020)
(für Wortgottesfeiern)
Kehrvers:
Lobet den Herrn, preist seine Huld und Treue. (GL 401)
Guter Gott,
wir feiern diesen Gottesdienst,
um dir unseren Dank darzubringen,
denn du bist der Urheber allen Lebens.
Kehrvers
Wir danken dir für die Gesetze,
die du den Menschen ins Herz gelegt hast,
dass sie Gutes von Bösem unterscheiden können
und dass du sie befähigst,
für Recht und Gerechtigkeit einzutreten.
Kehrvers
Du lässt deine Sonne aufgehen über Bösen und Guten
und lässt regnen über Gerechte und Ungerechte.
Du leitest uns an, den Hass zu überweinden,
einander zu vergeben
und den Nächsten zu lieben wie sich selbst.
Du gebietest, Böses nicht mit Bösem zu vergelten,
und auch jenen Gutes zu tun, die unrecht gehandelt haben.
Kehrvers
Du vergibst uns unsere Fehler und Sünden,
denn du bist vollkommen
und willst, dass auch wir vollkommen zu werden.
Du bist heilig und heiligst uns als deine Töchter und Söhne.
Kehrvers
Dafür danken wir dir
und singen wir dir mit der ganzen Schöpfung zum Lob:
Danklied, z. B. "Nun lobet Gott im hohen Thron" (GL 393)
- Präfation2
Messbuch - Präfation Sonntage 7: Der Gehorsam Christi und unsere Versöhnung mit Gott
In Wahrheit ist es würdig und recht,
dir, Vater im Himmel, zu danken
und dein Gnade zu rühmen.
So sehr hast du die Welt geliebt,
daß du deinen Sohn als Erlöser gesandt hast.
Er ist uns Menschen gleich geworden
in allem, außer der Sünde,
damit du in uns lieben kannst,
was du in deinem eigenen Sohne geliebt hast.
Durch den Ungehorsam der Sünde
haben wir deinen Bund gebrochen,
durch den Gehorsam deines Sohnes
hast du ihn erneuert.
Darum preisen wir das Werk deiner Liebe
und vereinen uns mit den Chören der Engel
zum Hochgesang
von deiner göttlichen Herrlichkeit:
Heilig ....
MB Sonntage 7
Hochgebete Besondere Anliegen - Präfation Anliegen 3: Jesus, unser Weg
Wir danken dir, Vater,
Herr des Himmels und der Erde,
und preisen dich
durch unseren Herrn Jesus Christus.
Durch ihn, dein Wort, hast du die Welt geschaffen
und lenkst sie in deiner Weisheit.
Ihn, deinen menschgewordenen Sohn,
hast du uns zum Mittler gegeben.
Er hat deine Botschaft verkündet
und uns gerufen, ihm zu folgen.
Er hat uns erlöst durch sein Kreuz
und mit deinem Geiste besiegelt.
Er ist der Weg, der uns zu dir führt,
er ist die Wahrheit, die uns frei macht;
er ist das Leben und erfüllt uns mit Freude.
Durch ihn führst du deine Söhne und Töchter zusammen
zu einer einzigen Familie.
Darum rühmen wir jetzt und in Ewigkeit dein Erbarmen
und singen mit den Chören der Engel
das Lob deiner Herrlichkeit:
Heilig...
MB Besondere Anliegen 3
- Mahlspruch1
Bibel (2020)
Seid heilig,
denn ich, euer Gott, bin heilig,
spricht der Herr:
(vgl. Lev 19,2)
- Meditation3
Helene Renner (2020)
Aug um Aug
Zahn um Zahn
Auch wir handeln oft so
und meinen
das sei doch gerecht
aber Jesus
hat andere Maßstäbe
Liebt die,
die euch etwas nehmen
tut denen Gutes,
die euch hassen
liebt eure Feinde
und betet für eure Verfolger
denn nur so
könnt ihr euch
Kinder Gottes nennen
Gott ist die vollkommene Liebe
und er will
dass wir daran teilhaben
Bernd Kösling (2017) - Dein Wort berührt mich
Herr, Dein Wort hat etwas Faszinierendes. Dein Wort berührt mich. Es bringt eine gute Lebenssaite in mir zum schwingen. Es löst in mir eine tiefe Sehnsucht nach einem heilen und gelingenden Leben aus.
Manchmal bin ich traurig, wenn ich sehe, wie wenig von deinem Traum in unserer Welt lebendig ist. Wie machtvoll das Gesetz der Natur in ihr wirkt. Wie sehr Menschen, ja ganze Völker und Nationen auf die Kraft des Stärkeren setzen. Und das Wohl des eigenen Landes über das Wohlergehen anderer Länder setzen.
Und dann sehe ich auf mein eigenes Leben und spüre: Es gibt keinen Grund zur Überheblichkeit. Ich halte selbst nicht immer die andere Wange hin, grüße oft auch nur die, die ich kenne und kann manchmal noch nicht einmal meinen nervenden Nachbarn lieben, geschweige denn meine Feinde.
Und trotzdem bist du in der Kommunion zu mir gekommen. Du wendest Dich nicht ab. Du bist da. mit Deiner Zärtlichkeit, deiner Liebe, deiner Kraft. Ich bitte dich, Herr: Nimm mir meine Trägheit, meine Mutlosigkeit und mein Unvermögen. Gib mit den Mut, es noch einmal zu versuchen, für den zu beten, der mir Unrecht tut, den nicht abzuweisen, der mich um einen warmen Ort und um Heimat (in meinem Land) bittet. Den zu lieben, der mich hintergeht.
Ich danke dir, dass du mir immer wieder einen neuen Anfang schenkst.
Bernd Kösling
Bernhard Rathmer (2014)
Guter Gott,
mit allen, was wir sind und wollen,
aber ebenso mit den Wünschen und Bedürfnissen anderer
kommen wir zu dir und bitten wir dich:
Für die Opfer von Gewalt, Krieg und Ungerechtigkeit,
dass die Spirale der Gewalt durchbrochen
oder erst gar nicht in Gang gesetzt wird.
Gott unser Vater...
Für das Miteinander von Religionen und Konfessionen,
dass wir als glaubende Menschen lernen,
den anderen zu achten und die Wahrheit zu sehen,
die auch in seinem Glauben steckt.
Für Menschen, die in Konflikten und Streitigkeiten schnell untergehen,
dass sie lernen für ihre Belange einzutreten
und für die, die immer die Oberhand behalten wollen,
dass sie lernen auf den anderen zu hören.
Für uns selbst, dass wir einfühlsam abwägen können,
was wir selber und Andere brauchen
und dass wir lernen auf die zu achten,
die wir nicht mögen.
Für alle Sterbenden,
dass sie auf deine Liebe und Nähe vertrauen können.
Guter Gott, du hast uns aufgetragen,
den Nächsten zu lieben wie uns selbst.
Stärke uns dazu - in Christus unserem Bruder, Freund und Erlöser.
- Schlussgebet4
Messbuch - SG 7. Sonntag: Unterpfand der kommenden Herrlichkeit
Getreuer Gott,
du hast uns das heilige Sakrament
als Unterpfand der kommenden Herrlichkeit gegeben.
Schenke uns einst das Heil in seiner ganzen Fülle.
Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn.
MB 7. Sonntag im Jahreskreis
Messbuch - SG Advent 20. Dez: Reinige unser Herz
Allmächtiger Gott,
das heilige Sakrament, das wir empfangen haben,
sei uns Nahrung und Schutz.
Es mache uns froh
und schenke uns den wahren Frieden.
Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn.
MB Advent 20. Dezember
Messbuch - SG Fastenzeit 4 Fr: neu werden in Heiligkeit und Gerechtigkeit
Allmächtiger Gott,
du hast uns von den alten
zu den neuen Zeichen des Heils hinübergeführt.
Lass uns die Gewohnheiten des alten Menschen ablegen
und neu werden in Heiligkeit und Gerechtigkeit.
Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn.
MB Freitag der 4. Woche der Fastenzeit
Messbuch - SG Fastenzeit 5 Mi: Heilmittel gegen das Böse in unserem Herzen
Herr, unser Gott,
das Sakrament, das wir empfangen haben,
sei uns Heilmittel gegen das Böse in unserem Herzen
und Schutz in jeder Gefahr.
Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn.
MB Mittwoch der 5. Woche der Fastenzeit
- Gebet zum Abschluss3
Beatrix Senft (2023)
Gütiger Gott,
du weißt um uns,
du weißt, was uns auf der Seele liegt und was wir benötigen.
Du schenkst uns die kommende Woche
mit allen Möglichkeiten und Herausforderungen.
Hilf uns, dir und uns treu zu bleiben
und dich in dieser Welt zu bezeugen
durch unser Reden und Handeln. - Amen.
Manfred Wussow (2020)
Treuer Gott,
mancher von uns muss heute wieder arbeiten,
andere denken schon an morgen.
Wir brauchen unsere vertrauten Wege,
Menschen, die wir kennen,
Verhältnisse, in denen wir zu Hause sind.
Für unseren Alltag erbitten wir deinen Segen,
Schutz für unsere Familien,
für Nachbarn, Kolleginnen und Kollegen,
ein offenes Herz für Fremde.
Schenke uns die Freundlichkeit der Heiligen,
die Klarheit deiner Engel
und die Freude des Himmels.
Wir sehen Christus, unseren Herrn.
Manfred Wussow (2014)
Wir danken dir,
Gott des Friedens und der Versöhnung,
für das Wort, das uns einen neuen Weg weist,
für das Mahl, das wir zusammen feiern,
für den Segen, der uns behütet.
Lass und nicht alleine,
wenn wir vor Fragen stehen,
auf die wir keine Antwort wissen,
wenn wir die Mittel abwägen,
wie wir zu unserem Recht kommen,
wenn wir den Mut brauchen,
auf einander zu zugehen.
Wir danken dir für den Sonntag.
Hilf uns, Kraft zu schöpfen für eine neue Woche.
Wir befehlen sie dir
In deiner Liebe sind wir geborgen
In Christus, unserem Herrn.
Weg mit-gehen
Auf meinem Weg bleiben, Herr,
das fällt mir oft schwer.
Bei den vielen Lichtern und Irrlichtern der Welt
und in ihren Dunkelheiten –
eine tägliche Herausforderung.
Und doch immer weiter-gehen
Und nun, forderst du mich auf,
mit jemandem mit-zugehen.
Nicht nur eine Meile, sondern zwei.
Weißt du, wie lang dieser Weg werden kann?
Wie viel Hilfe wird er brauchen,
Pausen, die mich viel Zeit kosten?
Orientierungshilfen,
die ich vielleicht doch selber gar nicht habe.
Werden wir ankommen am Ende der zweiten Meile?
Und wie geht es dann weiter?
Kann ich ihn dann einfach lassen,
darf ich mich dann
aus der Verantwortung zurückziehen?
Heißt es nicht,
was man sich vertraut gemacht hat,
dafür soll man einstehen?
Doch du sagst, ich soll mich darauf einlassen,
ich soll zwei Meilen mit ihm gehen.
Gib mir die Kraft und den Mut dazu.
Beatrix Senft 2023.
Kann Gott uns noch ernst nehmen???
kannst du
Gott
uns noch ernst nehmen
wenn wir uns Christen nennen
kannst du es
obwohl immer noch
deine Kirchen gegeneinanderstehen
jede meint
sie sei es
die die Botschaft deines Sohnes
in „reinster Weise“
verkündet
die IHN festschreiben
in Vorschriften und Dogmen
obwohl doch SEINE Botschaft
ganz klar und deutlich
schon alles ausgesagt hat
und
deren „Fürsten“ –
ob große oder kleine –
sich selbst vergreifen und versündigen
im „Spiel ihrer Macht“
die deinem Geist nicht zutrauen
dass er zu allen spricht
weil er weht
wo er will
kannst du
Gott
uns noch ernst nehmen
wenn wir Christen meinen
DU
wärest nur durch uns zu finden
und herabschauen auf die
die dich auf andere Weise suchen
kannst du uns noch ernst nehmen
wenn wir es zulassen
dass immer noch die Waffen –
vermeintlich sogar in deinem Namen –
mehr gelten als von dir gewollter
FRIEDEN
mehr gelten
als dein Gebot der Liebe
und
des Miteinanders
bist du noch nicht an uns
verzweifelt
Gott
oder schaust du auf die
die dich -
mit ganz unterschiedlichen Zugängen -
wirklich suchen
so
wie du schon zu allen Zeiten
auf sie geschaut hast
wie auf Moses
der bereit war
sich -
mitten im alltäglichen Hüten der Herde -
von deinen Flammen rufen zu lassen
wie dein Sohn
auf Zachäus schaute -
dem Unwürde zugesprochen wurde -
aber der
auf einen Baum stieg
um etwas vom Vorbeigehen
deines Sohnes
mitzubekommen
wie auf so viele
die dich suchen
und
vielleicht -
nur in kleinen Momenten -
ein Stück -
von deinem MIT-UNS-SEIN
erahnen und spüren dürfen
und
die in ihrer Suche
unterwegs bleiben
hoffend
glaubend
ersehnend
dass du mit uns bist
auch in dieser Zeit
und
die in ihrer ganzen Unvollkommenheit
nicht aufgeben
dass durch dich
und
die Botschaft deines Sohnes
auch heute noch
Heil zu finden ist
wir hoffen und ahnen
dass du uns nicht aufgibst
Gott
auch wenn du manchmal an uns
verzweifeln magst
DU bist und bleibst
in deiner Liebe
und
Gnade zu uns
noch immer für uns
DANK sei dir
Beatrix Senft 2023.
Volle Diesseitigkeit
Man lernt erst in der vollen Diesseitigkeit des Lebens glauben. Wenn man völlig darauf verzichtet hat, aus sich selbst etwas zu machen – sei es einen Heiligen oder einen bekehrten Sünder oder einen Kirchenmann (eine sogenannte priesterliche Gestalt!), einen Gerechten oder einen Ungerechten,
einen Kranken oder einen Gesunden – und dies nenne ich Diesseitigkeit, nämlich in der Fülle der Aufgaben, Fragen, Erfolge und Misserfolge, Erfahrungen und Ratlosigkeiten leben, – dann wirft man sich Gott ganz in die Arme, dann nimmt man nicht mehr die eigenen Leiden, sondern das Leiden Gottes in der Welt ernst, dann wacht man mit Christus in Gethsemane, und ich denke, das ist Glaube, das ist Umkehr und so wird man ein Mensch, ein Christ. (Vgl. Jeremia 45) Wie sollte man bei Erfolgen übermütig oder an Mißerfolgen irre werden, wenn man im diesseitigen Leben Gottes Leiden mitleidet? […] Ich bin dankbar, daß ich das habe erkennen dürfen und ich weiß, daß ich es nur auf dem Wege habe erkennen können, den ich nun einmal gegangen bin. Darum denke ich dankbar und friedlich an Vergangenes und Gegenwärtiges. Gott führe uns freundlich durch diese Zeiten; aber vor allem führe er uns zu sich.
https://www.dietrich-bonhoeffer.net/zitat/568-man-lernt-erst-in-der-volle/
Dietrich Bonhoeffer, 21. Juli 1944
Heiligkeit im Blickfeld des Neuen Testaments
Die Gegner der Heiligkeit
Franziskus wäre aber nicht Franziskus, würde er nicht auch die Gegner der Heiligkeit ausmachen und benennen, die „Feinde der Heiligkeit“, subtile Versuchungen wider den Geist. Es sind seine alten Gegner, der Pelagianismus und der Gnostizismus in ihrer heutigen Ausprägung.
Christlichkeit werde in Nächstenliebe „gemessen“, nicht in gesammelten Mengen von Information und Wissen, sagt er gegen den Gnostizismus. Heiligkeit bestehe eben nicht im Verstehen von Lehren. Ein solcher Individualismus sehe seine eigene Sicht der Wirklichkeit als vollkommen an. Christen können aber nicht „beanspruchen, dass unsere Art, die Wahrheit zu verstehen, uns ermächtigt, eine strenge Überwachung des Lebens der anderen vorzunehmen.“
Gegner Nummer zwei ist der Pelagianusmus; wenn der Gnostiker im Verstand die oberste Instanz sieht, dann sieht der Pelagianer sie im Willen, in der eigenen Anstrengung. Dagegen setzt der Papst und setzt der Glaube das Handeln Gottes, die Gnade. Nur wer die Grenzen des eigenen Willens und des eigenen Tuns anerkenne, lasse dem Geist Gottes Raum. Wer alles durch eigene Anstrengung schaffen wolle, verleugne letztlich diese Gnade, dieses Wirken Gottes. Franziskus greift hier das Wort des Apostels Paulus auf, das für die lutherische Theologie prägend geworden ist: Menschen werden nichts durch Werke gerechtfertigt, sondern allein durch Gnade. Heiligkeit ist in diesem Sinn ein Mitwirken am Tun Gottes, nichts selbst Geschaffenes.
Wer nur auf eigene Anstrengung setzt, leugnet die Gnade
Solch eine „pelagianische“ Haltung kann der Papst aber auch in der Kirche erkennen. In Worten, die in Deutlichkeit und Heftigkeit an das Schreiben Evangelii Gaudium erinnern, schreibt er: „Dennoch gibt es Christen, die einen anderen Weg gehen wollen: jenen der Rechtfertigung durch die eigenen Kräfte, jenen der Anbetung des menschlichen Willens und der eigenen Fähigkeit; das übersetzt sich in eine egozentrische und elitäre Selbstgefälligkeit, ohne wahre Liebe. Dies tritt in vielen scheinbar unterschiedlichen Haltungen zutage: dem Gesetzeswahn, der Faszination daran, gesellschaftliche und politische Errungenschaften vorweisen zu können, dem Zurschaustellen der Sorge für die Liturgie, die Lehre und das Ansehen der Kirche, der mit der Organisation praktischer Angelegenheiten verbundenen Prahlerei, oder der Neigung zu Dynamiken von Selbsthilfe und ich-bezogener Selbstverwirklichung.“ Das Leben der Kirche werde so zum „Museumsstück“ oder zum „Eigentum einiger weniger“.
Und ganz im Sinn seiner immer wiederkehrenden Aufrufe zur Selbstprüfung schließt der Papst diesen Teil über die Versuchungen mit der Bitte, genau hinzusehen, wo diese -ismen im je eigenen Leben auftauchen könnten.
https://www.vaticannews.va/de/papst/news/2018-04/papst-franziskus-papstschreiben-heiligkeit-christsein-heute.html
P. Bernd Hagenkord - Vatikanstadt - vaticannews.va - 9.4.2018
GAUDETE ET EXSULATATE
Apostolisches Schreiben GAUDETE ET EXSULATATE des Heiligen Vaters Papst Franziskus über den Ruf zur Heiligkeit in der Welt von heute.
http://www.vatican.va/content/francesco/de/apost_exhortations/documents/papa-francesco_esortazione-ap_20180319_gaudete-et-exsultate.html
Dietrich Bonhoeffer, 21. Juli 1944
Kommt, Kinder, lasst uns gehen
Kommt, Kinder, lasst uns gehen,
der Abend kommt herbei;
es ist gefährlich stehen
in dieser Wüstenei.
Kommt, stärket euren Mut,
zur Ewigkeit zu wandern
von einer Kraft zur andern;
es ist das Ende gut.
Es soll uns nicht gereuen
der schmale Pilgerpfad;
wir kennen ja den Treuen,
der uns gerufen hat.
Kommt, folgt und trauet dem;
ein jeder sein Gesichte
mit ganzer Wendung richte
fest nach Jerusalem.
Man muß wie Pilger wandeln,
frei, bloß und wahrlich leer;
viel sammeln, halten, handeln
macht unsern Gang nur schwer.
Wer will, der trag sich tot;
wir reisen abgeschieden,
mit wenigem zufrieden;
wir brauchen's nur zur Not.
Schmückt euer Herz aufs beste,
sonst weder Leib noch Haus;
wir sind hier fremde Gäste
und ziehen bald hinaus.
Gemach bringt Ungemach;
ein Pilger muß sich schicken,
sich dulden und sich bücken
den kurzen Pilgertag.
Kommt, Kinder, laßt uns gehen,
der Vater gehet mit;
er selbst will bei uns stehen
bei jedem sauren Tritt;
er will uns machen Mut,
mit süßen Sonnenblicken
uns locken und erquicken;
ach ja, wir haben's gut.
Kommt, Kinder, lasst uns wandern,
wir gehen Hand in Hand;
eins freuet sich am andern
in diesem wilden Land.
Kommt, lasst uns kindlich sein,
uns auf dem Weg nicht streiten;
die Engel selbst begleiten
als Brüder unsre Reihn.
Sollt wo ein Schwacher fallen,
so greif der Stärkre zu;
man trag, man helfe allen,
man pflanze Lieb und Ruh.
Kommt, bindet fester an;
ein jeder sei der Kleinste,
doch auch wohl gern der Reinste
auf unsrer Liebesbahn.
Drauf wollen wir's denn wagen,
es ist wohl wagenswert,
und gründlich dem absagen,
was aufhält und beschwert.
Welt, du bist uns zu klein;
wir gehn durch Jesu Leiten
hin in die Ewigkeiten:
Es soll nur Jesus sein.
Gerhard Tersteegen (1697 - 1769), in: EG 393
Machtverzicht und Machtmissbrauch
In der Politik ist Machtmissbrauch unvermeidlich, es gibt ihn aber auch in einer Kirche des prinzipiellen Machtverzichts.
Macht erringen zu wollen gehöre zur Politik, sei aber auch eine Versuchung, sagen Skeptiker und zitieren Lord Acton, wonach Macht korrumpiere - und absolute Macht absolut korrumpiere.
Was ist „Macht“? Nach der Definition von Max Weber bedeutet Macht „jede Chance, innerhalb einer sozialen Beziehung den eigenen Willen auch gegen Widerstreben durchzusetzen, gleichviel worauf diese Chance beruht“.
Quelle der Macht kann also Überredung oder Vorteilsgewährung sein, Sanktionsdrohung oder Gewalt usw. Macht kann nicht einfach aus der Gesellschaft verschwinden. Den Vorrang hat zwar die Freiheit, aber will einer seine Freiheit realisieren, muss er von „Macht“ - in welcher Form immer - Gebrauch machen. Macht steckt in allen gesellschaftlichen Verhältnissen, auch in sexuellen und in Erkenntnisbeziehungen, wie Michel Foucault gezeigt hat. Macht, so stellte der Philosoph fest, „ist nicht eine Institution, ist nicht eine Struktur, ist nicht eine Mächtigkeit einiger Mächtiger. Macht ist der Name, den man einer komplexen strategischen Situation in einer Gesellschaft gibt“.
Die zweideutige Macht
Wenn Macht das Apriori unseres Handelns ist, dann, so könnte man meinen, ist Macht zwar missbrauchsanfällig, aber eine prinzipiell wertneutrale Gegebenheit.
Doch nach den Erfahrungen des 20. Jahrhunderts wollen die meisten Menschen der Macht nicht einfach ein Unbedenklichkeitszeugnis ausstellen. Politische Macht gilt als zweideutig, gefährlich und oft zum Schlechten geneigt. Sie orientiert sich nicht nach der Wahrheit, strebt immer wieder nach Übermacht und bedarf zu ihrer Zivilisierung ausgeklügelter Gegenmacht und Kontrolle. Wie steht es mit der Macht im institutionell verfassten Christentum? Soll es sie überhaupt geben?
„Jesus verkündete das Reich Gottes; gekommen ist die Kirche.“ Dieses 110 Jahre alte Wort des Theologen Alfred Loisy, den Rom später (als einen der Begründer des „Modernismus“) exkommunizierte, wird von Kritikern gern - und oft einseitig - zitiert. Sei nicht die Papstkirche einer absoluten Monarchie nachgebildet? Wie oft hätten Christen daran Anstoß genommen!
Gewiss brennen keine Scheiterhaufen mehr, der Papst ruft nicht zu Kreuzzügen auf, der Index librorum prohibitorum ist längst verschwunden. Aber, so fragen Kritiker, wann spüre man in der Kirche die unbedingte Geltung von Jesu Satz: „Ihr wisst, dass die Mächtigen die Macht über die Menschen missbrauchen. Bei euch soll es nicht so sein, sondern wer bei euch groß sein will, der muss euer Diener sein.“ Wo spürt man das noch? Hat sich die Kirche der „Welt“ nicht viel zu sehr angepasst? Solcherart räsonieren viele und empfinden eine schmerzhafte Distanz zwischen dem weihnachtlichen Bild vom machtlosen Kind in der Krippe und der kanonisch abgesicherten Macht auf dem Thron.
Die sündenanfällige Kirche
Die meisten werden heute bei der Macht der katholischen Kirche an Geld und Besitz denken, an Schulen und in Konkordaten verbriefte Vorteile. Doch das soll hier weniger interessieren als der prinzipielle Machtaspekt in einer ursprünglich auf Machtverzicht durch das Pfingstereignis gegründeten Kirche. Ja, es gibt die an Petrus (und die Jünger) übertragene Vollmacht, „zu binden und zu lösen“, es gibt die Autorität des Lehramts und den Gehorsamsanspruch der Bischöfe, kulminierend im römischen Jurisdiktionsprimat.
Wo es Macht gibt, gibt es auch Missbrauch. Die Kirche war nie frei davon - von den Gewaltexzessen bei den Kreuzzügen und einzelnen Phasen der Missionierung bis hin zur Pädophilie in Abhängigkeitsverhältnissen, von der römischen Missachtung ortskirchlicher Mitspracherechte bis hin zur verbreiteten Doppelmoral (wenn etwa die Kirchenleitung den Zölibat fordert, doch dessen faktische Nichteinhaltung routiniert duldet).
Für Theologen stammt Macht „aus der Sünde“ (ohne damit selbst Sünde sein zu müssen), ist also erlösungsbedürftig. In der Geschichte haben Christen immer wieder die extensive Institutionalisierung der Kirche für macht- und sündenanfällig gehalten.
Die Radikalität der Bergpredigt
Die einen glaubten, das Problem (wenigstens für sich selbst) durch Weltflucht oder Askese lösen zu können, andere (wie die Anhänger Joachim von Fiores) setzten auf eine rein gewaltlose Kirche des Heiligen Geistes - alles teils schwärmerische, teils gnostische Vorstellungen, die der irdischen Wirklichkeit nicht standhalten konnten.
Also ist Jesu Bergpredigt doch nur ein Gleichnis und keine lebbare Botschaft? Genau hier würde der nächste Fehler eines vermeintlich „geerdeten“ Christentums und seiner Hierarchen beginnen.
Auch die Kirche neigt nicht selten dazu, die Radikalität der Bergpredigt umzuinterpretieren: Sie gelte nur für die innere Einstellung oder das Privatleben, als Zielgebot, aber nicht als konkrete Verhaltensregel. Wer so denkt, für den war Jesus vermutlich kein Realist. Weiß die Kirche überhaupt noch - so hat der Theologe Norbert Lohfink einmal gefragt -, dass ihr Ursprung etwas mit Gewalt und Gewaltlosigkeit zu tun hat? Will sie überhaupt noch „Kontrastgesellschaft“ sein?
Lohfink bekannte, „ratlos vor der Verschwisterung der Kirche mit einer Gesellschaft zu stehen, die man beim besten Willen nicht auf der Seite Jesu, sondern nur auf der Seite derer einordnen kann, die Jesus vernichtet haben“.
Die Bestandsgarantie für die Kirche stützt sich nicht auf noch so große Buchstaben, wie sie in der Peterskuppel das (nicht authentische) Jesuswort verkünden „Tu es Petrus, et super hanc petram aedificabo ecclesiam meam“. Überlebt hat die Kirche in den Katakomben - auch Prachtkathedralen sind letztlich vergänglich. Und doch bleibt es die Kirche (und sind es nicht „Einzelkämpfer“), der der Auftrag Jesu auf dem Weg durch die Zeit anvertraut ist.
Heilige und Sünder
Deshalb versagen hier die gewöhnlichen Kategorien des Nachdenkens über die Macht. Das Konzil nennt die Kirche ein „Zeichen der Einheit und Werkzeug des Heils“. Doch zugleich haben wir es mit einer Kirche der Heiligen und der Sünder zu tun. Die Aufhebung dieses Widerspruchs für „machbar“ zu halten, wäre ebenso Täuschung wie jede Selbstbewunderung einer Kirche, die ihre innere Orientierungsspannung (das „Anderssein“) durch allzu viel Konformismus sediert.
Das Übel liegt nicht darin, dass die Kirche stets von Neuem eine Selbstreinigung braucht. Das Übel beginnt dann, wenn sich die Kirche dieser Einsicht und ihren Konsequenzen verweigert.
Wer seinen gedanklichen Weg beim Kind in der Krippe begonnen hat, weiß, dass dieser Weg beim Kreuz endet. Ohne den Glauben an die Auferstehung wäre der ganze christliche Glaube null und nichtig.
Die Überwindung des Todes, der Gewalt und des Sündenbock-Mechanismus hat schon mit der Geburt im Stall begonnen. Vor der Krippe werden alle „Throne“ zuschanden.
Paul Schulmeister in "Die Presse", Print-Ausgabe, 13.12.2010
Dem Terror überlegen sein
Dem Terror überlegen sein. Gibt es ein kläglicheres Bild als angebliche Gotteskrieger, die Wehrlose niedermetzeln? Europa muss zeigen, dass es sich nicht von seinem Weg abbringen lässt.
Die Gewalt gegen Wehrlose ist in besonderem Maß ehrlos. Sogar der Selbstmord am Ende macht mit seinem „Und ihr kriegt mich nie“-Gehabe die Feigheit der Anschläge von Paris nur noch größer. Sollten die Terrorakte tatsächlich das Werk von IS-Anhängern sein, kann man nur sagen: Was für eine verdrehte Logik haben die, die ihrer Sache nützen wollen, indem sie der Welt ein so klägliches und verachtenswertes Bild islamischen Kampfgeistes bieten?
Mir scheint der Schlüssel zum Verständnis dessen, was in Paris geschehen ist und sicher noch anderswo geschehen wird, nicht in der Logik des Krieges zu liegen, nicht in der Kultur des arabischen Raums und nicht in der Religion des Islam. Der Schlüssel ist die Faszination einzelner Menschen an der puren Gewalt, die immer irgendwelche Rechtfertigungen finden wird. Entsprechen nicht gerade die KalaschnikowSchießereien von Paris dem Habitus des organisierten Verbrechens, des natürlichen Habitats neurotischer Gewalttäter?
Solche Gewaltbiografien gibt es fast ausschließlich dort, wo ein Mensch selbst Gewalt erfahren hat. Das hat Relevanz, wenn man nach der richtigen Antwort auf die terroristische Gewalt sucht. Bloße Vergeltung nützt nichts. Verschärfte Überwachung kann einiges verhindern, reicht aber, wie Paris zeigt, nicht. Freilich wird man nicht umhin können, die wilde Einreise der Flüchtlinge, unter denen sich Terroristen mit ihren Waffen verstecken können, einer vernünftigen Kontrolle zu unterziehen.
Der Kampf gegen den Terror ist mit Investitionen in die Sicherheitskräfte nicht getan. Das Wichtigste scheint mir ein unbeirrtes Festhalten an der Kultur der Gewaltlosigkeit zu sein, die die Mission Europas in den vergangenen 70 Jahren war, und die keine Kultur der Ermattung, sondern der Weisheit ist. Gewaltlosigkeit ist aber nicht Passivität. Europa muss sich dringend überlegen, wie es der Gewalt im Nahen und Mittleren Osten auf eine Weise beikommen kann, die die Traumatisierung der dortigen Menschen nicht vergrößert, sondern beendet. Vielleicht rüttelt Paris ja Europa auf.
Was ich mir in dieser Stunde am meisten wünsche, freilich idyllische 1000 Kilometer von Paris entfernt, wäre eine Demonstration der inneren Stärke: dass die Menschen weitermachen wie bisher. Nicht ängstlich in den Häusern bleiben, sondern essen, trinken, Musik hören, Fußball schauen gehen. Solidarisch bleiben mit den Millionen friedfertigen Muslimen unter uns, auch jenen auf der Flucht. Wir Europäer müssen zeigen, dass der Terrorismus nicht wirkt, weil wir seinem Schrecken überlegen sind.
Michael Prüller in "Die Presse", Print-Ausgabe, 15.11.2015 - Der Autor war stv. Chefredakteur der „Presse“ und ist nun Kommunikationschef der Erzdiözese Wien.
Auge um Auge - Zahn um Zahn
Die Welt ist sich einig: So geht es nicht. Was der neue amerikanische Präsident sich leistet, wird zunehmend grotesker: Es ist gar nicht so lange her, da wurde der Fall einer Mauer zu Recht als große menschliche Errungenschaft gefeiert. Nun errichtet Donald Trump eine neue.
Seit Jahrhunderten ringen Menschen um Religionsfreiheit, sie gilt als großes und schützenswertes Gut. Religionsfreiheit gilt als Merkmal entwickelter Demokratien, sie ist Ausweis von Toleranz und Vernunft. Präsident Trump dagegen grenzt Menschen aus, die die vermeintlich falsche Religion haben. Das ist nicht nur unvernünftig, das ist auch unchristlich. Ich sage das deswegen, weil der Präsident im Wahlkampf auch von seiner Religion gesprochen hat und seine Konfession als Presbyterianer hervorgehoben hat. Die Bibel sei sein Lieblingsbuch, sagte er in einem Interview vom vergangenen August. Bezeichnenderweise ist sein Lieblingsbibelvers "Auge um Auge, Zahn um Zahn".
Nun kann man sagen, dass Wahlkampf und Realität nicht viel miteinander zu tun haben - nicht nur in den USA. Weiters kann man in den USA (noch) keinen Wahlkampf ohne ein deutliches Bekenntnis zum Christentum gewinnen. Abgesehen davon wechselte Trump ja die Partei - wurde vom Demokraten zum Republikaner. Das rechnen ihm konservative Christen in den USA nach wie vor hoch an. Auch ist Trump für viele weiße evangelikale Christen jemand, der den Verfall der Sitten stoppt. So bedeutet in ihren Augen sein Slogan "Make America great again" nichts anderes, als dass Homosexualität wieder geächtet wird oder dass gegen die vermeintliche Sünde der Abtreibung massiv angegangen wird.
Das mag auch mit ein Grund sein, warum Trump seine Konkurrentin Hillary Clinton besiegt hat, stand sie doch für einen liberalen Umgang mit diesen und anderen Themen. Das machte sie für viele amerikanische konservative Christen unwählbar. So ist Trump auch mit vielen evangelikalen und konservativen christlichen Stimmen Präsident geworden.
Trump, der Christ, grenzt nun Menschen aus, die das falsche Bekenntnis haben. Da mutet es nahezu absurd an, dass gerade viele Christen ihm ihre Stimme gegeben haben. So zeigt sich, dass der Missbrauch von Religion auch im Christentum Einzug gehalten hat. Leider geht dieser Missbrauch nicht selten mit Gewalt einher.
Gefährlich bei Trump ist seine Machtfülle. Was er damit anrichten kann, hat die vergangene Woche gezeigt: Verzweifelte Menschen auf Flughäfen, aufgrund ihrer Religion und Herkunft buchstäblich ausgegrenzt. Zum Glück gibt es viele Menschen, die gegen diese Diskriminierung auf die Straße gehen, die ein anderes Verständnis von Religion haben. Denn es sei auch hier grundsätzlich festgehalten: Mit dem Christentum lassen sich niemals und nirgendwo Menschen ausgrenzen, sei es auf Grund ihrer Religion, ihrer Hautfarbe, ihrer Sexualität. Selbstverständlichkeiten eigentlich, so habe ich es gedacht bis letzte Woche.
So gewinnen die Gedanken der Reformatoren traurige Aktualität: Sie haben Religionsfreiheit und Religionsmündigkeit vor 500 Jahren angestoßen und dafür gekämpft. So wie ihre Nachkommen sich nach wie vor dafür einsetzen. Freiheit und Verantwortung stehen im Zentrum der Feiern zum Reformationsjubiläum. Betont wird damit die Freiheit der Menschen von allen weltlichen Zwängen und Hierarchien. Maßstab ist das Gewissen und die Verantwortung gegenüber den christlichen Werten und der darin begründeten Menschenwürde. Daraus fließen die Menschenrechte. Freiheit und Verantwortung - beides wird in den USA derzeit mit Füßen getreten.
Und weil zuvor von des Präsidenten biblischem Lieblingsvers die Rede war: Auge um Auge - Zahn um Zahn. Jesus Christus hat diesen Satz aus dem Alten Testament (2 Mos 21,24) übrigens kommentiert: Im Matthäusevangelium heißt es dazu: Wenn dich jemand auf deine rechte Backe schlägt, dem biete die andere auch dar. Und wenn dich jemand eine Meile nötigt, so geh mit ihm zwei. Gib dem, der dich bittet, und wende dich nicht ab von dem, der etwas von dir borgen will.
Pfarrer Marco Uschmann (Wien)
Wohl denen, die da wandeln
Wohl denen, die da wandeln
vor Gott in Heiligkeit,
nach seinem Worte handeln
und leben allezeit;
die recht von Herzen suchen Gott
und seine Zeugniss' halten,
sind stets bei ihm in Gnad.
Von Herzensgrund ich spreche:
dir sei Dank allezeit,
weil du mich lehrst die Rechte
deiner Gerechtigkeit.
Die Gnad auch ferner mir gewähr;
ich will dein Rechte halten,
verlaß mich nimmermehr.
Mein Herz hängt treu und feste
an dem, was dein Wort lehrt.
Herr, tu bei mir das Beste,
sonst ich zuschanden werd.
Wenn du mich leitest, treuer Gott,
so kann ich richtig laufen
den Weg deiner Gebot.
Dein Wort, Herr, nicht vergehet,
es bleibet ewiglich,
so weit der Himmel gehet,
der stets beweget sich;
dein Wahrheit bleibt zu aller Zeit
gleichwie der Grund der Erden,
durch deine Hand bereit
Cornelius Becker, in: EG 295.
Dazu: www.ekd.de/reformation-und-musik/download/10_EG_295_Gestaltungsvorschlaege.pdf
Auge um Auge
Auch in neuzeitlichen Koalitionen sind gelegentlich noch Gerechtigkeitsvorstellen wie im Alten Testament anzutreffen: Auge um Auge, Zahn um Zahn, Minister um Fraktionsvorsitzenden. Das Blut Friedrichs, das die Union vergoss, nachdem die SPD ihn als ihren Tippgeber im Fall Edathy verpfiffen hatte, schreit nach Blut von der anderen Seite; nach dem Oppermanns, den die CSU auch geopfert haben will, auf dass ihre gequälte Seele wieder Ruhe habe …
Berthold Kohler, Leitartikel: In den Koalitionsgräben, FAZ 18.02.2014, Seite 1
Vergeltung
Angemessener Schadenersatz
Wenn es darum geht, harte Vergeltung in eine griffige Formel zu fassen, muss zumeist das Bibelwort "Auge um Auge, Zahn um Zahn" herhalten. Die sprichwörtlich gewordene moderne Verwendung des Zitates wird dem biblischen Befund jedoch in keinem Fall gerecht. Manfred Oeming, Ordinarius für alttestamentliche Theologie und Prorektor der Hochschule für Jüdische Studien, weist schlüssig nach, dass es sich bei der üblichen Auslegung des Bibelwortes um eine Verzerrung, ja böswillige Verdrehung seines wahren Sinnes handelt.
"Auge um Auge: Der biblische Krieg" - so titelte der "Spiegel" im Jahr 2002 über einer Fotomontage von Arafat und Scharon: Es ging um die Strategie der Selbstmordanschläge von Palästinensern und Israels Schutzversuch durch Vergeltungsschläge.
Das ist typisch: Immer wieder wird dieses Bibelwort zitiert, wenn grausame Gewaltanwendung mit einer griffigen Kurzformel angeprangert werden soll. Das ius talionis meine die harte Vergeltung einer strafbaren Rechtsgüterverletzung an dem Täter durch Zufügen eines gleichartigen Übels…
Wissenschaftliche Exegese muss gegen verbreitete Vorurteile ankämpfen und ihnen um der historischen Wahrheit und interreligiösen Gerechtigkeit willen durch Aufklärung den Boden entziehen.
Der Rechtssatz spielt hinüber zu einem Glaubenssatz: Die passivistische Formulierung kann als passivum divinum verstanden werden und besagt dann, dass es Gott ist, der die Talionsforderung erfüllen wird. Er wird dafür sorgen, dass jeder Verbrecher für seine Taten haftbar gemacht wird. Solche Metaphorisierung gehört in die Sprache der Katechetik, die die Strafe in den Raum der Zukunft Gottes verlegt. Die "Höllenpredigt" von der gerechten Vergeltung zielt auf eine gegenwärtige ethische Bewusstseinsbildung. Der Täter soll wissen, wie seine Untat von Gott gesehen wird und dass sie auf keinen Fall folgenlos bleibt. Dabei ist zu beachten, dass Rechtstext und tatsächliche Praxis der Exekutive durchaus auseinander treten können. Rechtssätze beschreiben nicht die real vollzogenen Strafen, sondern formulieren - mit didaktischer Übertreibung - moralische Grundgedanken der juristisch-theologischen Weisheit. Dabei kennt die Weisheit selbst schon die Mahnung, auf die rigide Durchsetzung der Talio zu verzichten: "Sprich nicht: »Wie einer mir tut, so will ich ihm auch tun und einem jeglichen sein Tun vergelten«" (Prov 24,29). Vielmehr ist jeder auf Erbarmen angewiesen. Jesu Satz in der Bergpredigt hebt diese weisheitliche Tendenz nicht auf, sondern verstärkt sie vielmehr. Die Bergpredigt ist eine Exegese der alttestamentlichen Überlieferung, und zwar im Sinne einer Radikalisierung der Gebotsobservanz: Der Geschädigte soll - in seinem privaten Umgang - nicht nur auf übertriebene Rache verzichten, sondern auf gerechte Wiedergutmachung überhaupt. Er soll über das durchaus legitime Maß zeichenhaft hinausgehen, weil er weiß, dass auch er darauf angewiesen ist, dass Gott ihm über das legitime Maß hinaus Vergebung schenken wird.
Mein Resümee: Wissenschaftliche Forschung gibt biblischen Texten durch Verknüpfung mit altorientalischen Parallelen, vor allem aber durch immer präzisere Wahrnehmung ihrer innerbiblischen Kontexte die Chance, das zu sagen, was sie von sich aus wirklich sagen wollten. Dabei zeigt sich an so wirkmächtigen und scheinbar eindeutigen Stellen wie dem ius talionis, dass der Wortlaut durchsaus interpretationsbedürftig ist. "Auge um Auge, Zahn um Zahn" ist kein törichtes Prinzip der Rache, sondern ein weises Prinzip der Mäßigung von Rachegelüsten. Es tut der Gemeinschaft gut, auf Rache, ja sogar auf Strafe zu verzichten und "nur" den gerechtem Ausgleich zwischen allen Gliedern der Gesellschaft ohne Ansehen der Person und des Standes zu suchen. Wie Paragraph 249 des BGB ist die Talio als Grundsatz des angemessenen Schadenersatzes zu verstehen. In seiner theologischen Perspektive will dieses Recht zu ethischer Verantwortung erziehen, leichtfertige Täter abschrecken, die Hoffnung auf Gottes Gerechtigkeit stärken und gerade dadurch Wege zum Gewaltverzicht eröffnen (Prediger Salomo, Jesus).
Der jüdisch-christliche Dialog muss uns lehren, viel differenzierter mit dem religiösen Erbe anderer Kulturen umzugehen; über die häufigen und verzerrenden Vorurteile sollten wir erschrecken. ..
Manfred Oeming, in: www.uni-heidelberg.de/presse/ruca/ruca03-3/auge.html
Durchbrechen der Gewaltdynamik
In den Zeiten nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 wird ein biblisches Wort immer wieder in die Diskussionen und Kommentare zu diesem Ereignis und seinen Folgen aufgenommen wie eine Beschwörungsformel. Es ist das Wort "Auge um Auge, Zahn um Zahn" aus der hebräischen Bibel (Ex 21,24). Das Wort wird meist benutzt, um sich selbst abzugrenzen von einer Reaktionsweise, die damit als unreflektiert und rücksichtslos hingestellt werden soll. "Auge um Auge" stehe für unbedingte Vergeltung ohne menschliches Maß. Ein Gott, der solches Recht setze, wird dann ein "rachsüchtiger" Gott genannt, seine Weisung "alttestamentarisch" und damit überholt, antiquiert, einer modernen demokratischen und sozialen Gesellschaft unwürdig.
Es ist erschreckend, mit wie wenig Rücksicht auf den zu Grunde liegenden sprachlichen und inhaltlichen Zusammenhang dieses "Zitat" so von aller Welt - je nach Temperament und eigenem Standpunkt - warnend, drohend oder bestürzt angewendet wird. Das Wort hat sich vollkommen verselbständigt, es führt ein unkontrolliertes Eigenleben. Dabei unterstelle ich, dass kaum jemand einmal den Text selbst herangezogen hat, um zu sehen, was denn da wirklich geschrieben steht. Ein solcher Umgang mit biblischen Texten ist heute die Regel. Im Zeitalter der flotten Schlagzeile und der zur schnellen geistigen Verdauung durch die Medien aufbereiteten Information bleibt Nachdenklichkeit und genaue Beobachtung vielfach auf der Strecke…
Selbstverständlich ist die Vorstellung völlig abwegig, ein Mensch könne in diesem Fall tatsächlich einen Körperteil, Auge, Zahn, Fuß oder was auch immer hergeben, um den Schaden auszugleichen, ganz zu schweigen von einem Einsatz des eigenen Lebens. Deshalb hat die jüdische rabbinische Tradition in vielen Auseinandersetzungen um diese Stelle immer darauf verwiesen, dass als Ersatz für den körperlichen Ausgleich eine Geldzahlung nicht nur ausdrücklich in Frage kommt, sondern sogar das gebotene Verfahren ist (z.B. im Talmud: Bawa kamma 83b/84a). Entscheidend ist eben nicht die "materielle" Wiedergutmachung, sondern die Ermöglichung von Buße und damit die Eröffnung eines Weges der Versöhnung…
Bei den gravierenderen Folgen für Leib und Leben jedoch ist es nicht länger der Mensch, der die Buße festsetzt, sondern Gott. Der biblische Text, verstanden als Wort Gottes, definiert die vom Schuldigen zu erbringende Leistung. Das Gesetz des Ausgleichs - man sollte besser sagen: das Gesetz der Eindämmung - ist deshalb gerade nicht menschliches, sondern göttliches Gesetz. So wenig dieser Gott rachsüchtig ist (wofür sollte er eigentlich Rache nehmen?), so wenig hat das "Auge für Auge" mit Vergeltung durch das Opfer zu tun.
Gegen diese angeblich lieblose Gesetzesmechanik des "Alten Testaments" samt ihrem furchterregenden Gottesbild wird häufig genug die Ethik Jesu ins Feld geführt, gestützt auf den Text aus der Bergpredigt bei Mt 5,38-39:
"Ihr habt gehört, dass gesagt worden ist 'Auge für Auge, Zahn für Zahn'. Ich aber sage euch: Leistet dem, der euch etwas Böses antut, keinen Widerstand, sondern wenn dich einer auf die rechte Wange schlägt, dann halt ihm auch die andere hin".
Die gängige Interpretation des "Auge um Auge" verdankt sich allein dieser Rede Jesu und nicht der Lektüre des hebräischen Originaltextes. Das hat - wie wir gesehen haben - schwerwiegende Folgen für das Verständnis. Aber schauen wir auch hier genau hin und lassen uns nicht von traditionellen Denkmustern beirren:
Recht betrachtet zieht diese starke Aussage Jesu nicht den Wortlaut der hebräischen Bibel in Zweifel, sondern wendet sich gegen das falsche Hören und die sich daraus ergebende falsche Handlungsweise. Jesus stellt ganz analog dem Text in Ex 21,24 heraus, dass nicht das Opfer Widerstand gegen den Täter leisten soll. Ein Widerstand führt offenbar zwangsläufig dazu, die Spirale der Gewalt nur noch weiter zu drehen. Nein, die Gewalt soll nicht fortgesetzt, sondern beendet werden. Das ist auch die Intention der Vorschriften im Buch Exodus. Der Unterschied zwischen beiden Texten betrifft nicht den Inhalt, sondern die Adressaten: Ex 21,24 weist den Täter an: "Du sollst geben: Auge an Stelle von Auge ...", Jesus fordert dagegen das Opfer auf: "Leiste dem, der dir Böses tut, keinen Widerstand". Das sind hinsichtlich der angesprochenen Personen grundverschiedene Perspektiven, die nicht in einem antithetischen Verhältnis stehen. In beiden Texten drückt sich vielmehr dieselbe Absicht aus: Es geht um das Durchbrechen der drohenden Gewaltdynamik. Die Texte verhalten sich daher synthetisch zueinander, nicht antithetisch. Falsch ist hier wie dort ein menschliches Verhalten, das Rache und Vergeltung nach den eigenen Maßstäben fordert und auch eigenmächtig durchsetzt. Hier wie dort wird das Maß der Gerechtigkeit nicht nach menschlichem, sondern nach göttlichem Ermessen gesetzt. Jesu Ethik ist daher nicht die "bessere" oder "größere" Gerechtigkeit auf dem dunklen Hintergrund eines überwundenen oder abgelösten alttestamentlichen "Gesetzes" oder in Abgrenzung gegen einen angeblichen "Gott der Rache". Auch nach dem Neuen Testament gilt dieser selbe Gott als der liebende Vater Jesu. Von seiner Weisung, der Tora (oft falsch als "Gesetz" verstanden), wird von Jesus nichts zurückgenommen.
Friedhelm Wessel, Auge um Auge…
Eine biblische Klärung, in:
Heiligenschein
Heilige haben einen Heiligenschein, jedenfalls in der Bildüberlieferung des abendländischen Christentums. Der Kopf der heiligen Person ist von einer golden oder gelb strahlenden Scheibe umgeben. Dieses tellerartige, strahlende Licht um das Haupt des Heiligen ist keine Erfindung der christlichen Kunst. Die Bildhauer und Maler unter den Christen haben dieses Zeichen aus der Antike übernommen. Der Sonnengott Helios - im lat. der Sol Invictus, im dt. die Unbesiegbare Sonne - wurde stehend auf seinem himmlischen Wagen dargestellt mit einem von der Sonne umgebenen Haupt, vom dem auch strahlenförmige Flammen ausgehen können.
Die unbesiegbare Sonne ist für die christliche Gemeinde Christus selbst, dessen Geburtstag auf den Tag der antik-römischen Feier des Sol Invictus gelegt wurde. Die Geburt unseres Erlösers - Weihnachten - ist ein Sonnenfest und darum ist das Haupt Christi mit der Sonne geziert. Der Nimbus, wie der Heiligenschein im Lateinischen und in der Kunstwelt heißt, drückt etwas aus, von dem wir heute gerne reden: Er bringt die Ausstrahlung der Person ins Bild. Jeder Betrachter, der ein Bild mit Heiligenschein vor sich hat, kann auf Anhieb ausmachen, wo Christus steht. An der ins Bild gebrachten Ausstrahlung - am Nimbus um den Kopf, am Strahlenkranz um die ganze Person, an der Mandorla und am Goldgrund hinter der Person - ist er zu erkennen. Und die anderen, die bei ihm sind und mit ihm gehen, haben Teil an dieser Ausstrahlung und darum tragen auch sie einen Heiligenschein.
www.bdkj-darmstadt.de/download_file.php?download=66&source=3
Rabbi Isaaks Geduld
Rabbi Isaak war von liebenswürdigem und großherzigem Wesen. Noch nie hatte ihn jemand wütend gesehen. Seine Schüler dachten, daß es vielleicht daran läge, daß er noch nie gehörig gereizt wurde. So schmiedeten sie einen Plan und gewannen einen einfältigen Mann für ihren Streich.
Als der Meister im Bethaus mit Gebetsmantel und Gebetsriemen bekleidet im Kreise seiner Schüler betete, stupste dieser Mann ihn von der Seite an und bat um eine Prise Schnupftabak. Dieser unterbrach sein Gebet, gab dem Bittsteller eine Prise und betete unverdrossen weiter. Eine kurze Weile später war der Mann jedoch schon wieder da und wollte noch eine Prise. Der Rabbi bediente ihn geduldig und setzte ohne den leisesten Anflug von Ärger sein Gebet fort. Dieses wiederholte der einfältige Mann noch viele Male, bis der Meister sein Gebet beendet hatte. So sehr die Schüler auch hingeschaut hatten, sie hatten nicht einmal eine Spur von Ungehaltenheit wahrnehmen können.
Wie aber der Rabbi, nachdem er den Gebetsmantel und die Gebetsriemen abgelegt hatte, den Mann zu sich rief, dachten die Schüler, daß nun das Donnerwetter über diesen hereinbrechen würde. Doch der Meister holte ruhig die Tabaksdose hervor und sagte schmunzelnd: "Wie ich gesehen habe, liebst du das Schnupfen mehr als ich. So nimm du die Dose, und wenn ich Lust habe, etwas Tabak zu schnupfen, werde ich einfach zu dir kommen und dich um eine kleine Prise bitten."
Aus: Öster D. Bünker, Die Güte des Meisters wiegt mehr als ein Berg. Weisheitsgeschichten. Herder Spectrum, Freiburg Basel Wien 1998.
Heimzahlen, was uns kränkt?
Herr, in deinen Leidenstagen
haben dich deine Jünger verlassen.
Deine Antwort ist, uns zu versprechen:
»Ich bin bei euch alle Tage.«
Wer sind wir, dass wir einem Menschen
heimzahlen wollen, was uns kränkt?
Wer sind wir, dass wir uns schwer tun,
dem Nächsten zu verzeihen?
Wie halten wir deine Nähe aus,
du Erzähler des Vaters,
wenn Vergebung sich nicht
von selbst versteht?
Aus: Das Lächeln Gottes. Gebete unserer Zeit. Herausgegeben von Maria Otto und Ludger Hohn-Morisch. Herder Verlag, Freiburg Basel Wien 2003.
Als Zeuge vor Gericht
Wer als Zeuge vor Gericht geladen ist, kann dazu beitragen, der Wahrheit zum Recht zu verhelfen. Uns Menschen soll schon auf dieser Welt Gerechtigkeit zuteil werden. Leider ist das oft nicht der Fall; und manche sagen deshalb bedrückt, "dass es auf dieser Welt keine Gerechtigkeit gibt". Und trotzdem bin ich froh, dass ein Staat sich Mühe gibt, zugefügtes Unrecht aufzuklären, ein gerechtes Urteil zu fällen und auch die entsprechende Strafe zu vollstrecken. Gerade die Demokratie zeichnet sich durch richterliche Urteile aus, die frei und unbeeinflusst von Regierungsgewalt oder anderen Machtgruppierungen zustande kommen.
Es darf nicht Recht durch neues Unrecht entstehen. Jedem Staatsbürger sind in einem Rechtsstaat Schutz und Sicherheit garantiert. Deshalb darf sich niemand zum Richter und Vollstrecker über den anderen machen. Mein Recht hört dort auf, wo das Recht des anderen beginnt. Meine Freiheit hört dort auf, wo die Freiheit des anderen anfängt. Ein demokratischer Staat kommt ins Schleudern, wenn er von Kräften unterhöhlt wird, die sich über diese Prinzipien hinwegsetzen und wenn es ihm nicht gelingt, z. B. Terroristen einem Richter zuzuführen.
In der Demokratie ist es gut, wenn ich als Zeuge vor einem rechtmäßigen Gericht erscheinen kann, bei dem über Schuld und Unschuld geurteilt werden soll. Geschworene und Richter werden ihre Urteile sprechen in Gerechtigkeit; davon bin ich überzeugt. Gott allein aber wird sein letztes Urteil über uns fällen, in Gerechtigkeit und Barmherzigkeit.
Aus: August Janisch, Mit weitem Herzen. Gedanken eines Grenzgängers. Styria Verlag, Graz Wien Köln 2002.
Unbewaffnet und nackt
Machen wir uns jedoch nichts vor, der Anspruch Jesu ist ungeheuerlich: Der nackt mit aufgerissenem Herz am Kreuz Hängende ist der, der mit göttlicher Hoheit von sich sagt: »Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben. Wer mich sieht, sieht den Vater!« Er sagt nicht: »Ich zeige euch den Weg«, sondern: »Ich bin der Weg.« Er sagt nicht: »Ich lehre euch die Wahrheit«, sondern: »Ich bin die Wahrheit.« Er sagt nicht: »Ich bringe euch das Leben«, sondern: »Ich bin das Leben.« Er sagt nicht: »Ich habe den Vater gesehen und erzähle euch vom Vater«, sondern: »Wer mich sieht, der sieht den Vater.« Diese Wahrheit aber offenbart sich, so sagt derselbe Evangelist Johannes, der diese provozierenden Worte Jesu berichtet, am Kreuz: in sich selbstlos verschenkender Liebe.
Das Zeugnis Jesu ist: Gott ist sich verschenkende Liebe, und du und ich und wir finden zu Gott und den anderen nur, wenn ich mich, wir uns, du dich von Ihm in diese Bewegung mitnehmen lässt. Unbewaffnet und nackt geht diese Wahrheit in die Welt. Diese Wahrheit zwingt nicht, sie vertraut. Sie passt nicht in die Alternativen von »intolerant« oder »relativer Gesprächsbeitrag«. Die Gestalt Jesus ruft mit geöffnetem, wehrlosem Herzen zur Entscheidung. Der Missbrauch des Anspruchs Jesu gehört zur Schuldgeschichte der Kirche bis heute, das sei hier nicht geleugnet, sondern bekannt. Die Kirche steht unter dem Anspruch Jesu, und dieser wird ihr selbst zum Gericht, wo sie ihn verrät. Die Kirche gibt es letztlich nur, damit Gott gesehen wird und damit im Ausblick auf Gott der Mensch und die Schöpfung neu gesehen werden und in seine Gegenwart gelangen können. Christen glauben nicht an die Kirche, sondern an Gott, und zwar in der Kirche, dank der Kirche und manchmal auch trotz der real existierenden Gestalt der Kirche.
Aus: Ludger Schulte, Gott suchen – Mensch werden. Vom Mehrwert des Christseins. Herder Verlag, Freiburg Basel Wien 2006.