Die biblischen Lesungen wurden mit freundlicher Genehmigung der Ständigen Kommission für die Herausgabe der gemeinsamen liturgischen Bücher im deutschen Sprachgebiet den Lektionaren 2018 ff entnommen. - © 2024 staeko.net. - vgl. Impressum.
Die Katholischen Bibelwerke in Deutschland, Österreich und Schweiz stellen auf ihren Webseiten ausführliche Kommentare und Anleitungen zum Lesen der biblischen Lesungen für Sonn- und Feiertage zum Download im PDF-Format zur Verfügung. Mit freundlicher Genehmigung der Katholischen Bibelwerke übernehmen wir die Kurzeinleitungen zu den Lesungen.
Predigten vom 18. Feb. 2024 - 1. Fastensonntag (B)
02. Mär. 2025
8. Sonntag im Jahreskreis (C)
23. Feb. 2025
7. Sonntag im Jahreskreis (C)
16. Feb. 2025
6. Sonntag im Jahreskreis (C)
09. Feb. 2025
5. Sonntag im Jahreskreis (C)
02. Feb. 2025
2. Februar: Darstellung des Herrn (Fest)
26. Jan. 2025
3. Sonntag im Jahreskreis (C)
19. Jan. 2025
2. Sonntag im Jahreskreis (C)
12. Jan. 2025
Taufe des Herrn (C)
06. Jan. 2025
Erscheinung des Herrn, Dreikönig (A/B/C)
05. Jan. 2025
2. Sonntag nach Weihnachten (A/B/C)
01. Jan. 2025
Neujahr - Fest der Gottesmutter Maria (A/B/C)
31. Dez. 2024
31. Dezember: Jahresschluss (Sonst.)
29. Dez. 2024
Fest der hl. Familie (C)
26. Dez. 2024
26. Dezember: hl. Stephanus (Fest)
25. Dez. 2024
Weihnachten, am Tag (A/B/C)
25. Dez. 2024
Weihnachten, am Morgen (A/B/C)
24. Dez. 2024
Weihnachten, in der Nacht (A/B/C)
24. Dez. 2024
Weihnachten, am Vorabend (A/B/C)
22. Dez. 2024
4. Adventsonntag (C)
15. Dez. 2024
3. Adventsonntag (C)
08. Dez. 2024
2. Adventsonntag (C)
08. Dez. 2024
8. Dezember: Mariä Empfängnis (Fest)
01. Dez. 2024
1. Adventsonntag (C)
24. Nov. 2024
Christkönigsonntag (B)
17. Nov. 2024
33. Sonntag im Jahreskreis (B)
10. Nov. 2024
32. Sonntag im Jahreskreis (B)
03. Nov. 2024
31. Sonntag im Jahreskreis (B)
02. Nov. 2024
2. November: Allerseelen (A/B/C)
01. Nov. 2024
1. November: Allerheiligen (A/B/C)
27. Okt. 2024
30. Sonntag im Jahreskreis (B)
20. Okt. 2024
29. Sonntag im Jahreskreis (B)
13. Okt. 2024
28. Sonntag im Jahreskreis (B)
06. Okt. 2024
27. Sonntag im Jahreskreis (B)
29. Sep. 2024
26. Sonntag im Jahreskreis (B)
22. Sep. 2024
25. Sonntag im Jahreskreis (B)
15. Sep. 2024
24. Sonntag im Jahreskreis (B)
14. Sep. 2024
14. September: Kreuzerhöhung (Fest)
08. Sep. 2024
8. September: Mariä Geburt (Fest)
08. Sep. 2024
23. Sonntag im Jahreskreis (B)
01. Sep. 2024
22. Sonntag im Jahreskreis (B)
01. Sep. 2024
Erntedank - Schöpfungszeit (Sonst.)
25. Aug. 2024
21. Sonntag im Jahreskreis (B)
18. Aug. 2024
20. Sonntag im Jahreskreis (B)
15. Aug. 2024
15. August: Mariä Himmelfahrt (Fest)
11. Aug. 2024
19. Sonntag im Jahreskreis (B)
06. Aug. 2024
6. August: Verklärung des Herrn (Fest)
04. Aug. 2024
18. Sonntag im Jahreskreis (B)
28. Jul. 2024
17. Sonntag im Jahreskreis (B)
21. Jul. 2024
3. Sonntag im Juli: Heiligster Erlöser (Fest)
21. Jul. 2024
16. Sonntag im Jahreskreis (B)
14. Jul. 2024
15. Sonntag im Jahreskreis (B)
07. Jul. 2024
14. Sonntag im Jahreskreis (B)
30. Jun. 2024
13. Sonntag im Jahreskreis (B)
29. Jun. 2024
29. Juni: hl. Petrus und Paulus (Fest)
27. Jun. 2024
27. Juni: Fest der Mutter von der Immerw. Hilfe (Fest)
24. Jun. 2024
24. Juni: hl. Johannes des Täufers (Fest)
23. Jun. 2024
12. Sonntag im Jahreskreis (B)
20. Jun. 2024
20. Juni: Weltflüchtlingstag (Sonst.)
16. Jun. 2024
11. Sonntag im Jahreskreis (B)
09. Jun. 2024
10. Sonntag im Jahreskreis (B)
07. Jun. 2024
Heiligstes Herz Jesu (B)
02. Jun. 2024
9. Sonntag im Jahreskreis (B)
30. Mai. 2024
Fronleichnam (B)
26. Mai. 2024
Dreifaltigkeitssonntag (B)
20. Mai. 2024
Pfingstmontag - Maria, Mutter der Kirche (B)
19. Mai. 2024
Pfingstsonntag (A/B/C)
18. Mai. 2024
Pfingsten, am Vorabend (A/B/C)
12. Mai. 2024
7. Sonntag der Osterzeit (B)
09. Mai. 2024
Christi Himmelfahrt (B)
06. Mai. 2024
Bitttage (A/B/C)
05. Mai. 2024
6. Sonntag der Osterzeit (B)
01. Mai. 2024
1. Mai: Tag der Arbeit, hl. Josef (Fest)
30. Apr. 2024
1. Mai: Tag der Arbeit, hl. Josef (Fest)
28. Apr. 2024
5. Sonntag der Osterzeit (B)
21. Apr. 2024
4. Sonntag der Osterzeit (B)
14. Apr. 2024
3. Sonntag der Osterzeit (B)
08. Apr. 2024
25. März: Verkündigung des Herrn (Fest)
07. Apr. 2024
2. Sonntag der Osterzeit (B)
01. Apr. 2024
Ostermontag (A/B/C)
31. Mär. 2024
Ostersonntag (A/B/C)
30. Mär. 2024
Osternacht (B)
29. Mär. 2024
Karfreitag (A/B/C)
28. Mär. 2024
Gründonnerstag (A/B/C)
24. Mär. 2024
Palmsonntag (B)
19. Mär. 2024
19. März: hl. Josef (Fest)
17. Mär. 2024
5. Fastensonntag (B)
10. Mär. 2024
4. Fastensonntag (B)
03. Mär. 2024
3. Fastensonntag (B)
25. Feb. 2024
2. Fastensonntag (B)
18. Feb. 2024
1. Fastensonntag (B)
Einführungen zu den Gottesdienstlesungen - Ltg 0
1. Lesung - Gen 9,8-15
Lesung aus dem Buch Genesis.
Gott sprach zu Noach
und seinen Söhnen, die bei ihm waren:
Ich bin es.
Siehe, ich richte meinen Bund auf
mit euch und mit euren Nachkommen nach euch
und mit allen Lebewesen bei euch,
mit den Vögeln, dem Vieh und allen Wildtieren der Erde bei euch,
mit allen, die aus der Arche gekommen sind,
mit allen Wildtieren der Erde überhaupt.
Ich richte meinen Bund mit euch auf:
Nie wieder sollen alle Wesen aus Fleisch
vom Wasser der Flut ausgerottet werden;
nie wieder soll eine Flut kommen und die Erde verderben.
Und Gott sprach:
Das ist das Zeichen des Bundes,
den ich stifte zwischen mir und euch
und den lebendigen Wesen bei euch
für alle kommenden Generationen:
Meinen Bogen setze ich in die Wolken;
er soll das Zeichen des Bundes werden
zwischen mir und der Erde.
Balle ich Wolken über der Erde zusammen
und erscheint der Bogen in den Wolken,
dann gedenke ich des Bundes,
der besteht zwischen mir und euch
und allen Lebewesen, allen Wesen aus Fleisch,
und das Wasser wird nie wieder zur Flut werden,
die alle Wesen aus Fleisch verdirbt.
Unsere Perikope steht am Ende der Sintfluterzählung, gehört aber zugleich auch zum Finale der Priesterschrift in der Urgeschichte (Gen 1 bis 10).
Die "sehr gute" Schöpfung ist durch die Gewalttat des Menschen verdorben worden (6,11-13). Über die aus der Ordnung geratene Schöpfung ergeht das Gericht Gottes (Sintflut), aber über ihr waltet die Treue Gottes und seine erbarmende Liebe.
Der Text der ersten Lesung läßt zwei Teile erkennen:
Die erste Rede (9, 8 –11) kündigt den Bundesschluß an. Noach und seinen Nachkommen, alle kommenden Geschlechter (d. h. allen Menschen), aber auch die Tiere sind Partner dieses Bundes. Gott garantiert die Beständigkeit dieser Schöpfung und gibt die Zusicherung, daß eine Sintflut sich nicht wiederholen wird.
Die zweite Rede (9,12–16) beschreibt diesen Bundesschluß. Für den Menschen des Altertums bedeuten die Gewitter die Bedrohung, dass das Chaos ausbrechen kann. Der Regenbogen nach dem Unwetter ist das natürliche Zeichen des Aufatmens. Dieses natürliche Zeichen wird aufgegriffen und zum Zeichen dafür gemacht, dass Gott das Chaos ein für allemal überwunden hat. Indem er den Bogen in die Wolken setzt, stiftet Gott zugleich ein dauerhaftes, ewiges Zeichen des Bundes. Jedes neue Erscheinen dieses Bundeszeichens erneuert den "Noachbund" und erinnert die Menschen an die Treue Gottes zur ganzen Schöpfung.
Israel ist ein Volk, das auf seinen Gottesbund setzt. Dieser Bund wird in den 5 Büchern Mose immer wieder thematisiert. Der Noahbund ist ein Mosaikstein der großen Aussage: Gott steht zu uns.
Besonders in der Zeit des Exils war dieser Bund wichtig. Wenn Gott nicht mehr will, dass alles ausgerottet wird, dann muss die aktuelle Not in der Verbannung einen glücklichen Ausgang finden.
Ein Zeichen der Schöpfung, das sich in allen Gegenden finden lässt, wird zum Zeichen des Bundes. Es gibt keinen Ort, an dem Gott sich nicht zu seinem Bund und seiner Treue bekennen kann.
Die Schriftlesungen zum Beginn der österlichen Bußzeit beginnen mit einer Verheißung. Aus der Sintflutgeschichte hören wir die Zusage Gottes, daß Gott weiterhin den Menschen zugewandt bleibt. Und daß er ein Gott des Beistandes ist.
Im Zentrum der priesterlichen Schrift steht der Bundesschluß. Es geht dabei nicht um einen beiderseitigen Abschluß eines Bundes oder Vertrages, sondern Gott selbst gibt hier eine feierliche Bindung und Zusage. Die Menschen sind hingegen die beschenkten Bundespartner. Im Zeichen des Regenbogens wird diese Zusage besiegelt. Gott selbst will sich an die Zusage immer wieder erinnern.
Hintergrund dieser Erzählung ist auch die Erfahrung des babylonischen Exils. Hinter all den negativen und schlimmen Erfahrungen, dürfen sich die Menschen doch immer wieder an den geschenkten Bund und die Treue Gottes halten und auf ihn bauen.
1. Lesung (ungekürzte Fassung) - Gen 9,1-15
Lesung aus dem Buch Genesis.
Dann segnete Gott Noach und seine Söhne
und sprach zu ihnen:
Seid fruchtbar, mehrt euch und füllt die Erde!
Furcht und Schrecken vor euch
soll sich auf alle Tiere der Erde legen,
auf alle Vögel des Himmels,
auf alles, was sich auf dem Erdboden regt,
und auf alle Fische des Meeres;
in eure Hand sind sie gegeben.
Alles, was sich regt und lebt,
soll euch zur Nahrung dienen.
Das alles übergebe ich euch wie die grünen Pflanzen.
Nur Fleisch mit seinem Leben, seinem Blut,
dürft ihr nicht essen.
Wenn aber euer Blut vergossen wird,
fordere ich Rechenschaft für jedes eurer Leben.
Von jedem Tier fordere ich Rechenschaft und vom Menschen.
Für das Leben des Menschen fordere ich Rechenschaft
von jedem, der es seinem Bruder nimmt.
Wer Blut eines Menschen vergießt,
um dieses Menschen willen wird auch sein Blut vergossen.
Denn als Bild Gottes hat er den Menschen gemacht.
Ihr aber, seid fruchtbar und mehrt euch;
regt euch auf der Erde und mehrt euch auf ihr!
Gott sprach zu Noach
und seinen Söhnen, die bei ihm waren:
Ich bin es.
Siehe, ich richte meinen Bund auf
mit euch und mit euren Nachkommen nach euch
und mit allen Lebewesen bei euch,
mit den Vögeln, dem Vieh und allen Wildtieren der Erde bei euch,
mit allen, die aus der Arche gekommen sind,
mit allen Wildtieren der Erde überhaupt.
Ich richte meinen Bund mit euch auf:
Nie wieder sollen alle Wesen aus Fleisch
vom Wasser der Flut ausgerottet werden;
nie wieder soll eine Flut kommen und die Erde verderben.
Und Gott sprach:
Das ist das Zeichen des Bundes,
den ich stifte zwischen mir und euch
und den lebendigen Wesen bei euch
für alle kommenden Generationen:
Meinen Bogen setze ich in die Wolken;
er soll das Zeichen des Bundes werden
zwischen mir und der Erde.
Balle ich Wolken über der Erde zusammen
und erscheint der Bogen in den Wolken,
dann gedenke ich des Bundes,
der besteht zwischen mir und euch
und allen Lebewesen, allen Wesen aus Fleisch,
und das Wasser wird nie wieder zur Flut werden,
die alle Wesen aus Fleisch verdirbt.
Antwortpsalm - Ps 25,4-9
Kv: Deine Wege, Herr, sind Huld und Treue
für alle, die deinen Bund wahren. - Kv
Oder GL 623, 2
Zeige mir, HERR, deine Wege, *
lehre mich deine Pfade!
Führe mich in deiner Treue und lehre mich; /
denn du bist der Gott meines Heils. *
Auf dich hoffe ich den ganzen Tag. - Kv
Gedenke deines Erbarmens, HERR, /
und der Taten deiner Gnade; *
denn sie bestehen seit Ewigkeit!
Gedenke nicht meiner Jugendsünden und meiner Frevel! *
Nach deiner Huld gedenke meiner, HERR, denn du bist gütig! - Kv
Der HERR ist gut und redlich, *
darum weist er Sünder auf den rechten Weg.
Die Armen leitet er nach seinem Recht, *
die Armen lehrt er seinen Weg. - Kv
2. Lesung - 1 Petr 3,18-22
Lesung aus dem ersten Brief des Apostels Petrus.
Schwestern und Brüder!
Christus ist der Sünden wegen ein einziges Mal gestorben,
ein Gerechter für Ungerechte,
damit er euch zu Gott hinführe,
nachdem er dem Fleisch nach zwar getötet,
aber dem Geist nach lebendig gemacht wurde.
In ihm ist er auch zu den Geistern gegangen,
die im Gefängnis waren,
und hat ihnen gepredigt.
Diese waren einst ungehorsam,
als Gott in den Tagen Noachs geduldig wartete,
während die Arche gebaut wurde;
in ihr wurden nur wenige, nämlich acht Menschen,
durch das Wasser gerettet.
Dem entspricht die Taufe, die jetzt euch rettet.
Sie dient nicht dazu,
den Körper von Schmutz zu reinigen,
sondern sie ist eine Bitte an Gott
um ein reines Gewissen
aufgrund der Auferstehung Jesu Christi,
der in den Himmel gegangen ist;
dort ist er zur Rechten Gottes
und Engel, Gewalten und Mächte sind ihm unterworfen.
Karl Gravogl (2000)
Lorenz Walter Voith (1997)
Norbert Riebartsch (2003)
Der erste Petrusbrief ist bemüht, der leidenden Kirche Trost zu spenden. Die vorläufig heillos erscheinende Lage ist keineswegs aussichtslos. Der Blick auf Jesus gibt Hoffnung auf die endgültige Rettung.
Der (unter Verfolgung) leidenden Gemeinde wird das Sühneleiden Jesu als Vorbild hingestellt, zugleich aber wird die Einmaligkeit und die unvergleichliche Heilswirkung des Leidens Jesus betont.
Die Rede vom "Höllenabstieg" Christi, die eine große theologiegeschichliche Bedeutung erfahren hat, weist darauf hin, dass die Erlösungsmacht Jesu Christi überall hin reicht. Der Hinweis auf Noach ist eine Mahnung an die Hörer, angesichts des drohenden Gerichtes dem Ruf zur Umkehr zu folgen. Von der Rettung der "Acht Seelen" in der Noacherzählung wird die Parallele zur Taufe gezogen. Dort wie da geschieht die Rettung "durch das Wasser". Das rettende Handeln Gottes bleibt dasselbe. Die Taufe aber bezieht ihre Kraft allein aus der Auferstehung Christi.
Der Abschnitt aus dem 1. Petrusbrief, der ein Hirtenbrief an die junge Kirche ist, verweist in erster Linie auf das kommende Osterfest. Es werden die Grundaussagen über den Glauben an Christus, seinen Tod und seine Auferstehung festgehalten. Der Christ selbst ist auf den Tod und die Auferstehung Jesu hin getauft.
Die Taufe wird hier sozusagen auch als Gegenbild zur Sintflut gesehen. Die Taufe befähigt zu einem Leben in Christus (reines Gewissen) und orientiert hin auf das Ziel des Lebens bei Christus.
Der erste Petrusbrief, der sicher nicht von Petrus selbst ist. Es gibt eher formale Nähen zu Paulusbriefen. Auf ihn wird schon in Schriften Bezug genommen, die es im 1. Jahrzehnt des 2. Jahrhunderts gab.
Der Brief stellt sich die Frage, ob Leiderfahrung positiv gedeutet und bewältigt werden kann. Entsprechend ist die Sinndeutung im ersten Vers der heutigen Lesung gegeben. Und diese Deutung wird konkretisiert in der Verbindung zur Noaherfahrung.
Ruf vor dem Evangelium - Mt 4,4b
Lob dir, Christus, König und Erlöser!
Nicht nur vom Brot lebt der Mensch,
sondern von jedem Wort aus Gottes Mund.
Lob dir, Christus, König und Erlöser!
Evangelium - Mk 1,12-15
Aus dem heiligen Evangelium nach Markus.
In jener Zeit
trieb der Geist Jesus in die Wüste.
Jesus blieb vierzig Tage in der Wüste
und wurde vom Satan in Versuchung geführt.
Er lebte bei den wilden Tieren
und die Engel dienten ihm.
Nachdem Johannes ausgeliefert worden war,
ging Jesus nach Galiläa;
er verkündete das Evangelium Gottes
und sprach: Die Zeit ist erfüllt,
das Reich Gottes ist nahe.
Kehrt um
und glaubt an das Evangelium!
Karl Gravogl (2000)
Lorenz Walter Voith (1997)
Norbert Riebartsch (2003)
Die Verse 1-15 im ersten Kapitel bilden den "Prolog" des ältesten der vier Evangelien. Das Stichwort "Evangelium" im Vers 1 und in den Versen 14 und 15 bildet gleichsam den Rahmen dieses Prologs. Die prophetische Rede und Wirksamkeit des Johannes wird von der Verkündigung Jesu und den Ereignissen um seine Person (Taufe, Versuchung) überboten. Jesus, zu dem sich im Bericht von der Taufe der Vater bekennt, soll schon hier als Hauptperson des ganzen Evangeliums herausgestellt werden.
Der knappe und sprachlich markante Bericht vom Wüstenaufenthalt und der Versuchung Jesu steht in engem Zusammenhang mit der Taufe im Jordan. Der Geist, der auf Jesus herabgekommen ist, führt ihn in die Wüste, den Ort der Gottesbegegnung, aber auch den Ort, an dem das Böse mächtig ist.
Jesus ist dem Satan überlegen. Gottes Geist ist unvergleichlich stärker als die Macht des Bösen. Das friedliche Zusammensein mit den wilden Tieren deutet darauf hin, dass mit dem Anbrechen der Gottesherrschaft paradiesische Zustände einkehren. Eine Adam-Christus-Typologie wird angedeutet. Die messianische Zeit bricht an. Boten Gottes bedienen den Gesalbten des Herrn.
Der Hinweis auf die Gefangennahme des Täufers Johannes (Vers 14) will sicher nicht nur einen zeitlichen Zusammenhang herstellen, er hat auch eine theologische Bedeutung. Der unbegreifliche Plan Gottes steht dahinter: Auch Jesus wird ausgeliefert werden. Der Ausdruck "Evangelium Gottes", der nur hier bei Markus steht, hat höchstwahrscheinlich seinen Ursprung im Freudenboten von Jesaia 52,7. Jesus ist der Bringer der Freudenbotschaft Gottes. Seine Verkündigung bedeutet Heil und Frieden.
Der Vers 15 faßt in vier knappen Aussagen, von denen je zwei zusammengehören, die Predigt Jesu zusammen: "Die Zeit ist erfüllt!" und "Das Reich Gottes ist nahe!" – "Kehrt um!" und "Glaubt an das Evangelium!". Jetzt ist der "Kairos", der rechte Augenblick. Jesu Heilsverkündigung steht in der Spannung zwischen dem "Schon jetzt" und "Noch Nicht", zwischen Heilsgegenwart und Heilszukunft (... ist nahe). Wer auf den Ruf Jesu mit der totalen Hinwendung seines Lebens auf Gott antwortet, der wird auch die rettende Macht des Glaubens erfahren.
Die Schriftstelle ist zweigeteilt. Der erste Teil besteht aus der Versuchungsgeschichte, die eigentlich mehr den Abschluß der vorausgehenden Tauferzählung bildet.
Der zweite Teil wird bei den meisten Übersetzungen (so auch in der Einheitsübersetzung) mit einer eigenen Überschrift versehen, also abgehoben.
Der Vers 14 ist das "Summarium der Verkündigung Jesu", eine Zusammenfassung der Predigt Jesu (nämlich "das Evangelium Gottes"), während der Vers 15 konkreter ausformuliert, was Jesus verkündete:
"Die Zeit ist erfüllt": Hinter diesem Ausspruch "steht das Wissen, das Gott die Zeiten festlegt. So hat Gott den Zeitpunkt des Auftretens Jesu im voraus bestimmt." Mit ihm vollzieht sich die Zeitenwende, der Anbruch der Endzeit. Damit ist die Nähe der Gottesherrschaft eindeutig festgemacht.
Die Gottesherrschaft stellt sich aber "nicht als kosmisches Ereignis mit herabstoßenden Engelscharen", sondern "als ein verborgener Anfang, den nicht jedes Auge wahrnahm, sondern nur der Glaube."
Umkehr: Im Gegensatz zum Aufruf zur Umkehr und Buße bei Johannes, ruft Jesus zur Umkehr angesichts der nahendenn Gottesherrschaft auf, und es setzen die Zwölf Apostel diesen Ruf auch fort.
Mit Umkehr ist biblisch gesprochen die "Kehre des Lebens, die den Lebensweg radikal umwenden will und den gedanklichen Bereich selbstverständlich miteinbezieht und die sich im praktischen Leben auswirken muß. Ziel der Wandlung auf dem Weg, der also bis dahin ein falscher war, ist Gott, weil die Gottesherrschaft hier alle Bereiche des menschlichen Lebens des einzelnen, den privaten und öffentlichen, den ethischen und politischen, umgreift."
Die Forderung hinter all dem ist der Glaube an das Evangelium von Jesus Christus.
Nach der Wüste beginnt Jesu Auftritt. Wüste ist Ort der Erinnerung an die Gottesbegegnung im Sinai. Und es ist die Erinnerung an die vielen Erfahrungen beim Exodus. An diese Erinnerungen knüpft der Geist an, der Jesus in die Wüste führt (Mk 1,12).
Aus der "Fülle der Geschichte" verkündet Jesus die Botschaft der Umkehr. Sie ist Botschaft zur Erinnerung an die Fülle der Zuwendungen Gottes.
Von Jesus fasten lernen
Fastenboom
Auf die Faschingszeit mit ihren Umzügen, Bällen und Faschingssitzungen folgt die Hochsaison der Fastenprogramme. Nach dem ausgelassenen Faschingstreiben ist die Fastenzeit für viele ein willkommener Anlass, eine Entschlackungskur zu starten oder mit einem Frühlingsfitnessprogramm zu beginnen. Fasten ist zu einem Wohlfühlprogramm geworden. Kirchliche Fasteninitiativen propagieren neue Varianten des Fastens: Autofasten, Handyfasten, Alkohol- oder Nikotinverzicht, Verzicht auf ausgelassene Unterhaltungsveranstaltungen. Hier liegt der Akzent meistens auf dem Verzichten.
So lobenswert all diese Fastenvarianten sein mögen, werfen sie dennoch die Frage auf: Hat dieser Fastenboom noch etwas mit der liturgischen Fastenzeit zu tun? Worum geht es beim Fasten? Um Gewichtsreduktion? Um gesündere Ernährung? Um Verzichten?
Jesus nimmt sich eine Auszeit
Im Evangelium haben wir gehört, dass Jesus nach seiner Taufe im Jordan von Geist für vierzig Tage in die Wüste geführt wurde. Der Evangelist Markus deutet die näheren Umstände nur sehr vage an. Wir wissen nicht, was Jesus zum Fasten motiviert hat. Ich stelle mir vor, dass er vielleicht eine Auszeit gebraucht hat, nach allem, was er als junger Mann bis dahin erlebt hat. Sein späteres Wirken lässt darauf schließen, dass er sich gründlich mit vielen politischen und religiösen Bewegungen seiner Zeit auseinandergesetzt hat. Der Rückzug in die Wüste bot ihm Gelegenheit, all das aus einem gewissen Abstand zu betrachten und in sein Leben einzuordnen.
Die Wüste war damals nicht nur Lebensraum wild lebender Tiere, sie galt in der Antike auch als Rückzugsort der Dämonen und Geister. Mit diesem ungewohnten Lebensraum zurechtzukommen, war ein Überlebenstraining für besonders Mutige. Es erinnerte an das Überlebenstraining des Volkes Israel, nachdem es der Unterjochung Ägyptens entflohen war und vierzig Jahre in der Wüste festsaß, bevor es im verheißenen "gelobten Land" Fuß fassen konnte.
Am Fasten Jesu Maß nehmen
Bevor wir uns ins Fasten stürzen, tun wir gut daran, unsere Vorsätze am Fasten Jesu zu messen und zu überprüfen. Für Christen ist ja er das Maß alles Guten.
Auszeit
Es tut uns gut, uns von Zeit zu Zeit eine Auszeit zu nehmen; nicht erst, wenn ein Burnout droht; nicht erst, wenn gesundheitliche Probleme uns keine andere Wahl mehr lassen.
Für eine Auszeit ist es jedoch wichtig, dass wir uns nicht in eine neue Stresssituation hineinbegeben, um dem alten Stress zu entkommen. Es bringt nichts, wenn wir den alten Stress durch einen neuen ersetzen. Auch Fasten- und Fitnessprogramme können ganz schön stressig werden.
Oft habe ich den Eindruck, dass wir versucht sind, um die Wette zu fasten, uns beim Fasten gegenseitig zu übertreffen. Den stärksten Druck machen wir uns oft selbst, wenn wir das oder jenes unbedingt erreichen wollen. Den Erwartungen und Ratschlägen guter Freunde gerecht zu werden, kann auch zu einem erheblichen Stressfaktor werden.
Besinnungszeit
Um dem Stress zu entkommen, hilft es zu fragen: Was will ich in meinem Leben? Und nicht: Wie werde ich den vielen Erwartungen gerecht? Darin sehe ich eine zweite Dimension des Fastens nach der Art Jesu.
Dazu kommen mir kritische Anmerkungen zu vielfach geübten religiösen Praktiken der Fastenzeit hoch. Bei Exerzitien, Einkehrtagen und Besinnungstagen habe ich immer wieder erlebt, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit einer Fülle gescheiter Gedanken überhäuft werden. Meist sind sie gut gemeinte Rezepte für ein besseres und gottgefälligeres Leben, oft bewirken sie jedoch eine Überfütterung statt einer Konzentration auf das Wesentliche und meinem Leben Angemessene. Ein guter Therapeut gibt keine Ratschläge, sondern begleitet einen Ratsuchenden auf seiner Entdeckungsreise zum nächsten Schritt seiner Heilung.
Wie kann man jedoch ohne inhaltliche Vorgaben Besinnung halten? – Mir sagt am meisten "absichtsloses Bibellesen" zu. Das ist meist ein längeres Verweilen beim Lesen der liturgischen Lesungen der Fastenzeit oder auch das fortlaufende Lesen von Abschnitten eines biblischen Buches, das mir noch wenig vertraut ist. Dabei lese ich nicht, um Neues herauszufinden, sondern horche in das Gelesene und in mich hinein und beobachte, was es in mir auslöst. Hilfreich ist dazu, alles, was mich ablenken könnte, beiseite zu lassen.
Aufbruchzeit
Im Evangelium vom Fasten Jesu nimmt ein dritter Schritt eine wichtige Rolle ein. Seine Auszeit hat für ihn Konsequenzen. Am Ende entscheidet er sich dazu, das Werk des Täufers weiterzuführen, nachdem dieser gefangengenommen wurde. Er bricht auf und beginn in Galiläa zu predigen: "Die Zeit ist erfüllt, das Reich Gottes ist nahe. Kehrt um und glaubt an das Evangelium!"
Welche Früchte trägt unser Fasten? Geben wir uns mit ein wenig Entschlackung zufrieden? Sind wir lediglich stolz auf uns, es mehrere Wochen ohne Alkohol ausgehalten zu haben? Reicht uns die vorübergehende Verkleinerung des ökologischen Fußabdrucks? All das mag lobenswert und befriedigend sein, aber verändert sich nach unserem Fasten das Leben? Beginnen wir nach der Fastenzeit ein neues Leben?
Fasten nach der Art Jesu möchte uns zu neuem Leben, zu neuer Lebendigkeit führen, denn auf die Fastenzeit folgt Ostern, Auferstehung, Aufbruch…
Vorbereitung auf das große Fest
Ballast abwerfen
Durch die Texte der Schriftlesungen des 1. Fastensonntags bekommen wir Hinweise, wie unsere Vorbereitungen auf das große Fest von Tod und Auferstehung aussehen könnte, worauf wir besonders achten sollten.
In der Fastenzeit bitten wir darum - so das Tagesgebet - „in der Erkenntnis Jesu voranzuschreiten“. Das heißt: Ballast abwerfen, nicht nur körperlich, wie das viele tun, abzuspecken, Diät zu halten. Gemeint ist vielmehr, geistig frei zu werden für die wesentlichen Dinge des Lebens, besondere Ereignisse unseres Daseins in den Blick zu nehmen. Was ist uns gelungen, wo haben wir uns verzettelt? Welchen Versuchungen haben wir (wieder einmal) stattgegeben? Es geht nicht allein ums leibliche Übermaß.
Gier und sehr viele Versuchungen schaffen innere Leere. Immer mehr zusammenzuraffen und zu besitzen, ist hinderlich für einen Bund mit Gott. Das Volk Israel bricht ihn dauernd und bekommt dafür die Rechnung: Untergang des Königreichs Israels 722 v. Chr., Untergang des Königreichs Juda 587 v. Chr., Deportation, Exil. „Meinen Bogen setze ich in die Wolken; er soll das Zeichen des Bundes werden zwischen mir und der Erde.“ (Gen 9,13) und „allen Wesen aus Fleisch auf der Erde.“ (Gen 9,17).
Ein neuer Bund mit Gott
Schuldhaftes Verhalten des Menschen wird im Buch Genesis in einer Reihe von Bildern dargestellt: Vertreibung aus dem Paradies, Brudermord, Sintflut, alles Brüche mit Gott. Der Regenbogen enthält viel Symbolik, ist auch beeindruckend anzusehen. Hier bestätigt er eine neue Verbindung zwischen Gott, den Menschen und seiner bunten Schöpfung. Im Regenbogen spiegeln sich alle Farben der Welt, dadurch wird er auch zum Zeichen der Buntheit des Lebens und der Vollkommenheit.
Dieser Regenbogen ist auch Grundlage für den Bund, in dem Wahrheit und Gerechtigkeit zum Leuchten gebracht werden, indem wir Gott um ein reines Gewissen bitten. „Gott wartete geduldig in den Tagen Noahs, während die Arche gebaut wurde … in ihr werden nur wenige durch das Wasser gerettet“ (1 Petr 3,20). Da geht es um eine lebensbedrohende Flut.
In der Taufe werden wir daran erinnert, dass dieser Bund mit Gott durch Wasser und Heiligem Geist wieder erneuert wurde durch das Wegwaschen der Ursünde. Wasser zur Reinigung in doppelter Weise: außen und innen mit der Kraft des Heiligen Geistes, der in uns wohnt und Beziehung schaffen soll zwischen menschlichem und göttlichem Geist.
Selbsterkenntnis
An der Person Jesu finden wir auch für uns Lebensorientierung. Auch unser Lebensweg führt durch Wüsten, so wie es bei Jesus war. Die Wüste als Symbol für Grundsituationen, die ein Mensch sich selber schafft oder die ihm zugeteilt werden, kaum ein Abenteuerurlaub. Wüste als Reduktion der Lebensmöglichkeiten und all das, was ihm sonst noch begegnet. Jesus geht in die Wüste. Es heißt sogar: „Der Geist trieb Jesus in die Wüste.“ (Mk 1,12), um durch Fasten innerlich gestärkt zu werden, zu Erkenntnissen, zu Selbsterkenntnissen zu kommen, sich selbst zu finden, um Gott zu finden. Jesus lebte bei den wilden Tieren: existenzgefährdend, Lebensängste gibt es auch heute. Wir erleben Situationen, die einer Wüste gleichen: öd, leer, ausgebrannt. Da besteht aber auch die Möglichkeit, persönliche Lebenssituationen zu reflektieren und dann gestärkt aus dieser Niedergeschlagenheit herauszukommen.
Neustart
Zentrum der Verkündigung ist die Botschaft vom Reich Gottes. „Die Zeit ist erfüllt, das Reich Gottes ist nahe.“ (Mk 1,14). Wir brauchen den richtigen Moment (kairos), um etwas zu verändern. Neubeginn als Chance, Wiederherstellung des Paradieses, das würde heißen: Wiederherstellung des inneren Friedens, den die Welt nicht geben kann, den wir aber so dringend brauchen.
„Das Reich Gottes ist nahe“, also schon unmittelbar unter uns. Versuchen wir es durch unser Leben auch unserer Umgebung sichtbar zu machen.
Abenteuer Wüstenzeit
40 Tage
Sind 40 Tage viel oder wenig? Und 40 Tage Wüste? 40 Tage bei den wilden Tieren? Dass die Engel Jesus dienen, hört sich wenigstens schon einmal gut an. Aber ob sie aus der Wüste das Paradies machen?
Markus geizt mit Worten. Er erzählt nur, dass Jesus in die Wüste getrieben wurde – vom Geist – und in die Versuchung geführt - vom Satan. Mehr nicht. Geist und Satan scheinen sogar gemeinsame Sache zu machen. Die beiden, Gott und Teufel zusammen? Jesus soll wohl auf Herz und Nieren geprüft werden. Aber: warum? Warum jetzt?
Schauen wir uns um, sehen wir, wie der Evangelist Markus den Anfang Jesu beschreibt. Sein erster Satz im Evangelium: Dies ist der Anfang des Evangeliums von Jesus Christus, dem Sohn Gottes. Ein grandioser Auftakt. Zugegeben. Die ersten Sätze haben es immer in sich! Dann erzählt Markus von Johannes dem Täufer, um ohne große Umschweife auf die Taufe Jesu zuzueilen. Schmucklos wird von ihr erzählt. Es geht auch alles rasend schnell. Sie erinnern sich vielleicht sogar. Da kommt eine Stimme aus dem Himmel: „Du bist mein lieber Sohn, an dir habe ich Wohlgefallen.“ Eine Liebeserklärung ist das auch. Zunächst und vor allem anderen aber eine Offenbarung. Für uns! Spätestens jetzt sind wir mittendrin. Was dann folgt? Nun, „alsbald trieb ihn der Geist in die Wüste“.
Alsbald, umgehend, sofort. Darf ich das frei übersetzen: Der Sohn wird in die Wüste geschickt. Sieht so Wohlgefallen aus? Väterliche Liebe? Wenn ihnen das jetzt merkwürdig vorkommt (oder spanisch) – genau darauf hat es der Evangelist abgesehen.
40 Tage können die Hölle sein! Umgeben von wilden Tieren – sie schauen uns an, haben uns im Visier. Dabei sehen wir sie nicht einmal. Geahnt sind sie überall. Wappnen können wir uns nicht. Schlangenaugen. Und Jesus ist alleine. Die Engel lassen wir jetzt erst einmal aus dem Spiel.
Wüsten
40 Tage. Wie lange geht jetzt schon Corona? Viel, viel länger als 40 Tage. Gefühlt eine Ewigkeit. Im Kalender könnte ich nachrechnen, aber was bringt‘s? Jeden Tag zählen? Ich sehe eine Wüste. Mitten in der Stadt! Mitten in der Zivilisation! Wir leben jetzt zwar nicht mit wilden Tieren. Doch Corona ist heimtückisch. Ein unsichtbarer Feind. Er kommt nicht nur von heut auf morgen, er schleppt den Tod mit sich herum. Auch den Tod von Geschäften und Existenzen, von Hoffnung und von Mut. 40 Tage – sie lassen sich nicht zählen und auch nicht abwiegen. Werden wir auch auf Herz und Nieren geprüft? Sind wir mit Jesus gerade darin verbunden?
Ich will jetzt aber auch von einem alten Freund erzählen. Schon über die Achtzig. Einmal im Jahr muss er in die Wüste! Seine Frau merkt irgendwann im Jahr die Unruhe, die mit jedem Tag wächst. Ihre Bedenken finden kein Ohr. Sie kann ihn dann zum Bahnhof begleiten. Er sehnt sich danach, ohne jeden Komfort, Wüste um sich zu haben. Er liebt die Stille und die Weite. Er liebt die Kälte der Nacht. Die Sonne scheint ganz anders und der Mond auch. Er liebt aber auch, mit sich alleine zu sein. Wer das einmal probiert hat, weiß, wie abenteuerlich das ist: mit sich alleine sein! Das kann die Hölle sein. Wilde Tiere in der Seele.
Wüsten haben es in sich. Schon am Anfang des Christentums sind die sog. Wüstenväter in die Wüste gezogen. Sie flohen dem Lärm, den Ablenkungen, der Sicherheit - sie flohen der Welt. Viele Menschen suchten sie dann aber auf, sogar in Scharen, um einen Rat von ihnen zu bekommen. Seelsorger in der Wüste! Nicht im Chat! Man muss schon hinausgehen. In die Wüste. Zu erprobten Menschenkennern. 40 Tage müssen es nicht sein. - Warum nur wird Jesus in die Wüste geschickt?
Versuchung
40 Tage erinnern an 40 Jahre. 40 Jahre war Israel, nach der Flucht aus Ägypten, in der Wüste. Das gelobte Land, wie es hieß, war unendlich weit weg. So weit, dass es in immer weiterer Ferne entschwand. Von Tag zu Tag mehr! Wir drehen uns im Kreis, sagen die Menschen. Wir sind in die Irre geführt. Wir wissen nicht mehr, wo wir sind. Mose, der das Volk führt, gerät immer mehr in die Defensive. Er weiß es doch auch nicht – schaut euch das an. Sagen sie. Alles sieht gleich aus. Jeden Tag. Es beginnt mit dem Morgen und endet in der Nacht. Eine endlose Schleife. Kein Silberstreif am Horizont. Kein gelobtes Land. Nur entsetzliche Weite. Nichts, was den Augen Halt, den Füßen Schwung, den Seelen Mut geben würde. Der Frust wächst. Der Unglaube wächst. Die Wüste wächst.
Obwohl es eine alte Geschichte ist – sie kommt mir doch sehr bekannt vor. Das Warten. Die Unsicherheit. Die Vorwürfe. Ich sehe auch die Versuchungen, an Gott zu zweifeln, nach dem berühmten starken Mann zu rufen und Schuldige zu suchen. Letzteres besonders! Jetzt sind wir mit Jesus in der Wüste, umgeben von wilden Tieren. Markus zählt sie nicht auf, lässt sie auch nicht auf die Bühne. Aber wir spüren ihre Nähe. Unheimlich ist es schon.
Ich fühle mich wie jemand, der Indizien sammelt. Wir müssen doch herausbekommen, warum Jesus in die Wüste geschickt wird! Je größer das Geheimnis – umso größer die Neugier. Auch wenn ich das alles nicht auf die Kette bekomme, eine Spur ist zu finden. Der Weg Jesu wird in einer kleinen Szene schon am Anfang deutlich mit Wohlgefallen betrachtet. Geht er nicht tatsächlich in die Hölle? Teilt er nicht sein Leben mit Menschen, die angefochten, zweifelnd, verzweifelt sind? Die schuldig sind oder schuldig gesprochen werden? Die sich übernehmen und in die Wüste geschickt werden? Ist er nicht der Seelsorger in der Wüste?
Ungewohnte Bilder stellen sich ein. Aber der erste Satz leuchtet: Dies ist der Anfang des Evangeliums von Jesus Christus, dem Sohn Gottes. Jetzt ist die Zeit erfüllt und das Reich Gottes nahe herbeigekommen. Tut Buße und glaubt an das Evangelium. So predigt Jesus. Als er aus der Wüste kommt. In der Wüste hat er sozusagen seinen Schliff bekommen. Sage keiner, der Sohn Gottes sei fertig gewesen, als er sich taufen ließ! Er teilt mit uns die Menschlichkeit.
40 Tage Evangelium. Fein abgemessen. Kein Tag zu viel, kein Tag zu wenig. Aber jeder Tag Himmel. In der Wüste. In der Hölle. Dass sogar der Satan dabei mitmachen muss - ist das der Schalk des Evangelisten oder der Übermut Gottes? Sein Wohlgefallen?
Predigt in der Unterwelt
Als Petrus, wohl längere Zeit nach dem Evangelium, einen Brief schrieb – den wir in Auszügen auch vorhin gelesen haben -, hat er ziemlich treffsicher die Frage aufgenommen, die uns bewegt: Warum wurde Jesus in die Wüste geschickt?
Christus ist der Sünden wegen ein einziges Mal gestorben,
ein Gerechter für Ungerechte,
damit er euch zu Gott hinführe,
nachdem er dem Fleisch nach zwar getötet,
aber dem Geist nach lebendig gemacht wurde.
In ihm ist er auch zu den Geistern gegangen,
die im Gefängnis waren,
und hat ihnen gepredigt.
Die Geister im Gefängnis – das sind die Menschen, die in der Unterwelt, in der Hölle, die auf die Auferstehung warten. Auf Liebe, die ihr Leben gut macht. Sie wird ihnen geschenkt!
Übrigens: Satan ist der, der alles durcheinanderbringt, aufmischt, gegeneinander kehrt, sprich: der alles kaputt macht. Vertrauen zersetzt er gekonnt, Zweifel sät er professionell, Angst schürt er mit Tücke. Er nistet sich in unsere Seelen ein, nimmt uns von innen gefangen – und tut dann so, als gäbe es ihn nicht. Wie der Satan aussieht? Sein Gesicht zeigt er in der Wüste. Manchmal fühlen wir uns auch so, als würden sich dunkle Mächte in unseren Herzen breit machen, die wir weder gerufen haben noch im Zaum halten können.
Darum geht Jesus mit uns in die Wüste! Und Engel dienen uns.
Und der Friede Gottes,
der höher ist als unsere Vernunft,
bewahre unsere Herzen und Sinne
in Christus Jesus,
unserem Herrn.
Solidarität
Innehalten, um zu reflektieren
Im heutigen Evangelium wird berichtet, dass Jesus in der Wüste war. Ganze vierzig Tage lang ist er dort gewesen. Eine Zeit, in der er sich ganz seiner Beziehung zu Gott gewidmet hat.
Auch für uns hat jetzt wieder mit dem Aschermittwoch die Fastenzeit begonnen. Eine Zeit, die wir nutzen können um innezuhalten, um zu reflektieren, den Alltag genauer unter die Lupe zu nehmen. Fastenzeit als eine Zeit in den Rückspiegel zu blicken, um wieder Boden unter den Füßen zu gewinnen und um sich wieder neu auf Gott auszurichten, neu zu beginnen, im Wissen um Gottes Versprechen da zu sein und zwar immer, wie uns in der Noah-Geschichte versichert wird. Er wird weder uns Menschen, noch den anderen Lebewesen den Rücken kehren, wie wir gerade eben in der Noah-Erzählung gehört haben. Das Angebot gilt! Und es wurde uns noch mehr angekündigt, im Evangelium spricht Jesus vom Reich Gottes, das nahe ist.
Reich-Gottes-Erfahrung
Was ist daraus geworden? Wie schaut es bei Ihnen derzeit mit Reich-Gottes-Erfahrungen aus? Wie geht es Ihnen? Bei mir ist es so, dass ich mich herausgefordert fühle durch die aktuelle Situation. Lockdown oder soft Lockdown, impfen oder nicht oder gar nicht möglich… wie auch immer, die Unruhe ist da.
Ja, ich bin etwas aus der Bahn geworfen. Seit einem Jahr verzichte ich weitgehend auf Sozialkontakte, mit allem Drum und Dran. Stattdessen gibt es vermehrt Video-Gespräche, die unterbrochen sind von schlechter Netzqualität, das Bild pixelt, der Ton fällt aus, ... ich sehe von jenen, die weiter weg leben und die ich meine Freunde und Freundinnen nenne, nicht wie sie gehen und stehen, wie sie sich befinden. Eine Wüstenzeit in gewisser Weise. Wo bleibt hier das Reich Gottes, das Jesus hier ankündigt, frage ich mich? Es versteckt sich wohl in der Hoffnung, dass es in absehbarer Zeit zu einer Verbesserung der Situation kommen wird. Sicher wird sich hier ein Weg finden.
Solidarität im Nah-Raum
Wo wir auch noch genau hinsehen sollten, ist die Frage welche Auswirkungen die Pandemie auf unser Zusammenleben ganz grundsätzlich und im Hinblick auf unsere demokratische Kultur hat. Was heißt das für die Solidarität als Grundlage unseres guten Miteinanders?
Die Entstehungsvoraussetzungen für Solidarität funktionieren derzeit anders. Solidarität entwickelt sich zuallererst mit den Menschen, die uns in irgendeiner Weise nahe sind, mit jenen in unserem nächsten Umfeld, mit jenen die wir für Unseresgleichen halten. Jenen, die die gleichen Hobbys und Interessen haben, beim selben Verein sind, sei es ein Sportverein oder eine Hilfs- oder Umweltorganisation oder eben auch bei der Kirche. Solidarität regt sich jedenfalls dort, wo wir mit Menschen vertraut sind. Genau dieser Nahbereich ist von der Pandemie betroffen und hat sich verändert.
Zudem wird derzeit von uns eine Solidarität erwartet, die sich im Abstandhalten zeigt, im Mangel an persönlichen physischen Begegnungen. Das geforderte Verhalten ist ein Widerspruch zu dem, wie wir sonst Solidarität im Nah-Raum entwickeln und leben. Wir sind angehalten etwas zu tun, was zumindest meinen Bedürfnissen zutiefst widerspricht, was aber wichtig ist. Hier braucht es viel Zuversicht. Ich denke, es wird uns gelingen, unser Beziehungsgeflecht nach dieser Zeit der Herausforderung wieder neu zu vertiefen. Denn die Pandemie hat sehr deutlich werden lassen, wie sehr Begegnungen fehlen, wie sehr sie unser Leben ausmachen.
Solidarität mit Menschen am Rand der Gesellschaft
Solidarität hat aber noch eine weitere Seite, die Solidarität, die jenen gilt, die am Rand der Gesellschaft leben, die Hilfe brauchen. Wie sieht ihre Lebenssituation derzeit aus?
Werfen wir zuerst einen Blick auf Menschen auf der Flucht. Die Frage ihrer Lebensqualität und -chancen, ist derzeit wieder medial stark präsent, weil Schulkinder in einer Nacht- und Nebel-Aktion abgeschoben wurden und uns Bilder von Menschen erschüttern, die unter unwürdigen Umständen hausen: Keine schutzbietenden Unterkünfte gegen Kälte oder andere Gefahren, Hunger, keine ausreichende Infrastruktur, weder Bildungsangebote, noch medizinische Versorgung. Wie kann hier Vertrauen und Zuversicht aufgebaut werden? Wo bleibt der sorglose Spaß, die Entspannung und Ruhe oder der Genuss, die unser Leben lebenswert machen? Diese Ereignisse und Bilder haben erschüttert. Immer mehr beteiligen sich an verschiedenen Initiativen wie Aufrufen, Spenden oder Unterbringungsangeboten, die dem Leid ein Ende bereiten wollen.
Die Angebote zu helfen, sind teilweise sehr konkret. Gemeinden, Pfarren und unterschiedlichste Gruppierungen wollen die Verantwortung übernehmen. Doch diese Ansinnen werden zerredet. Es wird von einer Verantwortungsethik im Gegensatz zur Gesinnungsethik gesprochen. Aber wie geht das, Verantwortung ohne Gesinnung? Ich hoffe doch, dass den guten Taten auch eine gute Absicht zugrunde liegt und nichts Anderes.
Die Sprache des Versuchers heute
Eine weitere Wortwahl finde ich auch sehr besorgniserregend: flexible Solidarität. Was heißt das, »flexible Solidarität«. Und was heißt flexible Solidarität mit Menschen dort in anderen Ländern und hier bei uns für unser Miteinander? Stellen Sie sich vor, das wird zur allgemeingültigen Regel erklärt und zum Erziehungsziel. Welche Folgen hätte das? Zu welchem Verhalten wird hier aufgerufen? Geht es darum, uns abbringen zu lassen, von dem, was unser Impuls ist, nämlich Leben zu ermöglichen, zu teilen.
Stellen Sie sich vor, Solidarität gilt nur noch denen, die mir gerade angenehm sind. Was heißt das, wenn ich in Not gerate, wird mir jemand beim Aufstehen helfen, wird die Krankenkasse im Falle eines Unfalls, die Kosten für meine Behandlung übernehmen, wird sich jemand für mich einsetzen, wenn mir Unrecht widerfahren ist, ich ausgegrenzt werde? Was heißt das ganz konkret für jene, die in der Krise arbeitslos geworden sind oder geblieben sind, für jene, die in Kurzarbeit sind und bei denen es dann nicht reicht, weil das Geld auch vorher schon knapp war oder bei (kleineren) Unternehmen, die monatelang zusperren mussten? Nicht auszudenken.
Eine beliebige, unzuverlässige, eine eingeschränkte Solidarität, ein eingeschränkter Blickwinkel, das ist eine Versuchung vor der wir heute stehen. Auch Jesus wurde in der Wüste versucht nur an das eigene Wohl, den eigenen Erfolg und das eigene Weiterkommen zu denken, aber das war und ist nicht der Weg zum guten Miteinander. Wir können die Fastenzeit nutzen, um Sackgassen zu erkennen und Kraft zu sammeln, um uns aufzumachen in Richtung Reich Gottes, in Richtung gutes Leben aller Menschen auf dieser einen Erde und das Angebot annehmen, das Noah und uns allen gemacht wurde und wird, dass Gott jederzeit für uns da ist und mit uns ist.
© Mag.a Lucia Göbesberger, Leiterin der Abtlg. Gesellschaft & Theologie, Pastoralamt Linz.
Gott ist nahe, kehrt um!
Gottvertrauen
Viele fragen sich: Ist in der schon lange dauernden Pandemie das Vertrauen zu Gott gewachsen oder schwächer geworden? Auf diese Frage können wir keine wissenschaftliche Antwort geben. Aber jeder kann für sich die Frage beantworten. Immer wieder begegne ich Menschen, die Gott misstrauen oder Menschen, bei denen der Glaube im Leben wenig oder gar keine Bedeutung mehr hat.
Wie kann ich den Satz der heutigen Frohbotschaft verkündigen: „Das Reich Gottes ist nahe. Kehrt um und glaubt an das Evangelium“. (Mk 1,15) Gott ist uns nicht nur nahe, er ist in Jesus schon erschienen. Als Auferstandener bleibt er sogar bei uns bis zum Ende der Welt. Wer sich Jesus nähert, nähert sich Gott. Wenn ich das glaube, kann sich mein Leben total ändern. Doch in meiner Kindheit wurde Gott zum Erziehungsmittel degradiert. Der Höchste und Ewige wurde als strafender und nicht als liebender Gott dargestellt. In Wirklichkeit hat Jesus selbst unsere Schuld an sein Kreuz geheftet. Wir brauchen nicht mehr bestraft werden. Der rechte Schächer hat seine Vergehen bereut und kam noch am selben Tag in das himmlische Paradies. Als ich dies verstand, ist für mich das Evangelium zur Frohbotschaft geworden.
Kehrt um und glaubt an das Evangelium. Gott straft nicht, er verzeiht. „Wären unsere Sünden rot wie Scharlach. Sie sollen weiß werden wie Schnee. Wären sie rot wie Purpur, sie sollen weiß werden wie Wolle“ (Jes 1,18). Warum haben wir Mistrauen gegenüber Gott? Er macht doch alles gut. Vielen Menschen dauert die Pandemie schon zu lange. Sie fragen: Ist das ein guter Gott, der dies zulässt. Es gibt so viele Warum-Fragen. Jesus hat auch seiner Mutter das Leid zugemutet. Aber hinter jedem Leid steht die Liebe Gottes, die Sorge um unser Heil. Jesus kann auch das Kreuz in Segen verwandeln.
Ein neuer Exodus
Die ersten Christen nannten sich Menschen eines neuen Weges (Apg 9,29, vgl. Ps 1). Gehen wir diesen Weg, führt er zur Auferstehung. Wir machen mit Jesus einen neuen Exodus, der aus dieser Welt hinaus zum Vater führt. Wir bleiben nicht bei der Pandemie stehen. Christus ist für uns der Weg zur Fülle des Lebens. In einem Lied heißt es: „Wir sind nur Gast auf Erden (siehe Hebr. 13,14) und wandeln ohne Ruh der ewigen Heimat zu“. Das macht uns gelassener gegenüber allen Ereignissen dieser Welt. „Muss ich auch wandern im Tal des Todesschattens, ich fürchte kein Unheil, denn der Herr ist bei mir“ (Ps 23,4).
Auf den Wegstrecken zu Gott stehen Rasthäuser (Gotteshäuser), in denen wir das Brot des Lebens empfangen dürfen. Nur ist das in der Zeit der Pandemie weniger oft möglich. Die heilige Katharina de Ricci (gest. 1590) sagt: „Die Vereinigung mit Jesus in der Kommunion sind Momente des Himmels auf Erden“. Kehren wir um! Glauben wir dem Evangelium. „Ich bin überzeugt, dass die Leiden der gegenwärtigen Zeit nichts bedeuten im Vergleich zu der Herrlichkeit, die an uns offenbar werden soll“ (Röm 8,18).
Sintflut und Regenbogen
Die Welt ist schon oft untergegangen
Ich bin noch ganz berührt und beeindruckt. Mir fehlen fast die Worte, wenn ich an die erste Lesung denke: Gott schließt nicht nur einen Bund mit Noach und seiner Familie – er schließt den Bund sogar mit den Vögeln, mit den Kühen und Schweinen – und mit den Schlangen auch. Alles Getier ist gemeint. Wir wollen da auch nichts wegnehmen. So steht es geschrieben: Nie wieder soll die Erde verderben. Nie wieder! Als sein Zeichen setzt Gott den Regenbogen. Wenn er in allen Farben schimmert und den Horizont abschließt, ist es ein Lebenszeichen, ein Versprechen, eine Zusage: Nie wieder.
Die Geschichte von der Sintflut, die den Lebensraum der Menschen zerstört, wird in vielen Variationen in der altorientalischen Welt erzählt. In der Bibel auch: Einmal ging die Welt schon unter. Einmal? Vom Hörensagen wissen es alle Menschen. In ihren Geschichten erzählen sie das auch. In den ältesten Epen werden Erinnerungen aufbewahrt, die immer neu aufbrechen. Wie Wunden.
Wir wissen von Flüssen, die über die Ufern gehen; wir wissen von Sturmfluten und versunkenen Inseln; wir wissen von Sandstürmen und wachsenden Wüsten. Wir wissen heute auch, wie alle Dinge zusammenhängen. Nicht alles ist Schicksal, was wir Schicksal nennen. Eine schreckliche, fast schon apokalyptische Vision: Menschen spielen mit der Natur, werden aber von ihr erschlagen. Meistens trifft es die, die ohnehin nichts haben – und sie sind so weit weg, dass wir sie nicht sehen. Über verwüsteten Häusern und Bäumen geht kalt der Mond auf, über Kadaver und Leichen scheint die Sonne.
Schon in den ältesten Geschichten erzählen Menschen voller Angst, dass auch Kriege, Plünderungen und Hungersnöte sintflutartig über Menschen hereinbrechen – und nichts und niemanden schonen. Die Welt ist schon oft untergegangen. Die kleine Welt der Menschen. Wir sehen sie an vielen Stellen auch heute zerbrechen. Menschen kriegen alles kaputt. Menschen, Pflanzen, Tiere. Wie alt mag diese Geschichte sein? Ein paar Stunden? Gerade erst erzählt? Arten sterben, das Klima bäumt sich auf, Lebensräume gehen zugrunde. Jeder Flüchtling steht für eine verlorengegangene Welt. Fatal, dass wir diese Geschichte immer so anders erzählen müssen – als würde bei uns alles untergehen.
Wie die Geschichte in der Bibel erzählt wird, wird sie von Anfang an – kaum, dass die Welt gut geschaffen ist – mit menschlicher Schuld in Verbindung gebracht. Es gibt so viel Bosheit auf der Erde, dass die Schöpfung nicht mehr leben kann. Es ist die Geschichte einer großen Hoffnungslosigkeit und Enttäuschung. Offen ist nur, wer hier was und wie zu verantworten hat.
Gott fängt noch einmal neu an
Die alten Geschichten verraten, dass Menschen Gott ein Urteil fällen lassen – und ihm ein Urteil zutrauen. Ihm vertrauen sie sich an, ihm unterwerfen sie sich auch. Und Gott fängt noch einmal neu an. Mit den Menschen, die er geformt hat, denen er sein Bild einprägte – und die sich nichts sehnlicher wünschen, als selbst Gott zu sein. Oder wenigstens Gott zu spielen.
So steht es aber geschrieben: Nie wieder soll die Erde verderben. Nie wieder! In keinem Braunkohlentagebau. In keinem Schlachthof. In keinem Hinterzimmer. Als sein Zeichen setzt Gott den Regenbogen. Wenn er in allen Farben schimmert und den Horizont abschließt, ist es ein Lebenszeichen, ein Versprechen, eine Zusage: Es ist meine Welt. Ich liebe sie. „Meinen Bogen setze ich in die Wolken; er soll das Bundeszeichen sein zwischen mir und der Erde.“
Wilde Tiere und Engel
Heute begehen wir den 1. Fastensonntag. 40 Tage dauert die Fastenzeit. Eine karge Zeit ist das nicht, eher eine reiche. Sie beginnt heute mit der Zusage Gottes, dass er seine Welt nicht fallenlässt. Das ist ein glückliches Vorzeichen für alles, was uns begegnet, was wir machen können und was uns entgleitet.
Die große Zusage Gottes verwandelt sich in einen Auftrag: „Die Zeit ist erfüllt, das Reich Gottes ist nahe. Kehrt um, und glaubt an das Evangelium!“ Das ist auch ein Regenbogen – nur in Worte gefasst. Mit der Umkehr zu den Menschen hat Gott angefangen. Lange, bevor wir uns bitten lassen. Davon erzählt das Evangelium.
Verglichen mit den anderen Evangelisten – Matthäus, Lukas und Johannes – fasst sich Markus sehr kurz. Er erzählt von der Wüstenzeit Jesu. 40 Tage. Er wird vom Geist geführt. Von Gott also. In der Wüste tritt der Satan auf und versucht Jesus. Jesus soll von seinem Weg abgebracht werden. Sind 40 Tage dafür viel oder wenig? Vermutlich ist jeder Tag einer zu viel. Was ist mein Weg? Meine Sendung? Mein Auftrag? Der Gegner hat sich in Jesu Kopf eingenistet, sein Herz in Beschlag genommen. Schön, dass ihm die wilden Tiere dabei Gesellschaft leisten. Das passt zu den Dämonen, die hier hausen. In dieser öden, vertrockneten, verbrannten Welt. Fällt aber Regen, blüht die Wüste auf. Selbst Sand ist dann nicht mehr nur tot, selbst Steine wachen auf. Ein Ort des Lebens. Schön ist, auch von den Engeln zu hören, denen die Wüste nichts auszumachen scheint. Wenn wilde Tiere und Engel sich begegnen, fällt der Himmel in die Wüste. Ob wir den Regenbogen sehen?
wüst und leer
Die Wüste spielt in der Bibel eine ganz eigenartige Rolle. Sie steht sozusagen am Anfang von allem.
Die Erde war wüst und leer, heißt es da – Tohuwabohu. Nichts ist geordnet – alles offen. Als Gott unsere Welt erschuf, gab er ihr nicht nur das vielversprechende und vielfältige Leben, er schenkte ihr vor allem eine Ordnung, eine Struktur – eine Verlässlichkeit, die mit Sonne und Mond jeden Tag, jede Nacht neu wird. Das Unheil wird abgetrennt und verbannt. So entsteht ein Lebensraum. Hier können Menschen, Pflanzen und Tiere leben.
Als das Volk Israel die ägyptische Gefangenschaft hinter sich lassen konnte und durch das Meer in die Freiheit zog, musste es durch die Wüste. Strafe war auch dabei. Strafe für ständiges Murren. Strafe für Unglauben. Es sollen 40 Jahre gewesen sein. Das ist eine lange Zeit. Eine lange Zeit für Läuterungsprozesse. Aber in der Wüste lernt Israel Gott und sich kennen. In der Wüste wurden Versuchungen überwunden. In der Wüste wurde Israel Volk Gottes. Immer unterwegs, aber auf dem Weg in ein neues, gelobtes Land. Jeden Tag mit Gott. So viel Nähe hat Israel später nie mehr mit ihm gehabt. Trotz Priester, trotz Tempel.
Die Wüstenzeit entpuppt sich als Glückszeit. Als Glück eines neuen Anfangs. Propheten erzählen diese Geschichte später tatsächlich als Liebesgeschichte. Gott ist mit seinem Volk auf und davon. Wie ein junger Liebhaber, der seine Freundin entführt. Erzählt wird von einer intensiven, ganz dichten Zeit, die tatsächlich die Lebenszeit eines Menschen ganz abdeckt. 40 Jahre sind mehr als 40 Jahre – unseren Kalendern ist da nicht zu trauen. Es könnten auch 40 Tage sein. Oder 40 Stunden... Nur: das Maß muss voll sein! Eben das ganz große Glück!
Jetzt ist Jesus in der Wüste. Gottes Sohn wird versucht. Versucht wie wir. Versucht wie Israel in der Wüste. Noch ist nichts klar. Nicht einmal, was Gottes Weg ist. Nicht einmal, wer Gottes Sohn ist. Jesus ist alleine. Ich nehme die Einsamkeit wahr. Es wird sie noch oft geben in seinem Leben. Doch das Bild ist wuchtig, es hat ein großes Format: Gott ist in Jesu Nähe. Der Himmel umgibt ihn. Mitten in der Wüste. Selbst auf die wilden Tiere fällt ein glückliches Licht. Schließlich werden wir jeden Tag neu versucht, aus Angst oder aus Rache der Liebe von hinten in den Rücken zu fallen.
Umkehr und Glauben
Der kurze Abschnitt aus dem Buch der Anfänge – Genesis – hat uns Gottes Versprechen kundgetan, die Welt, uns, zu lieben und zu erhalten. Ich höre das große Aufatmen. Dabei ist die Schöpfung gefährdet. Paulus hat sogar von ihrem Seufzen geschrieben. Die Schöpfung wartet auf die Erlösung von uns Menschen.
Das Evangelium entführt uns kurz in die Wüste. 40 Tage muss sich Jesus auf seinen Weg einlassen und sich vorbereiten. In der Wüste, umgeben von wilden Tieren und Engeln, lernt er, seinen Auftrag anzunehmen. Seine Botschaft: "Die Zeit ist erfüllt, das Reich Gottes ist nahe. Kehrt um, und glaubt an das Evangelium!"
Wer darauf wartet? Noach! Wer hätte das gedacht? Mit ihm warten die Menschen, Pflanzen und Tiere. Von Anfang an. Gott hat einen Bund mit uns geschlossen. Mit unseren Haus- und Nutztieren. Mit unseren Feldern und Wäldern. Was er versprochen hat, wird in seinem Reich sichtbar. Wird bei Jesus sichtbar. Wer dem Evangelium glaubt, sieht eine neue Welt wachsen und kehrt sich ihr zu.
Der Regenbogen wird zum Symbol des Paradieses. Der ganze Horizont, schaut, wird von ihm eingenommen.
40 Tage – eine Glückszeit. 40 Jahre – eine Glückszeit! Den wilden Tieren wünschen wir, dass sie eine Zukunft haben und den Engeln, dass sie uns finden.
Und der Friede Gottes,
der höher ist als unsere Vernunft,
bewahre unsere Herzen und Sinne
in Christus Jesus,
unserem Herrn.
Gott bietet uns seinen Bund an
Gottes Bund mit seinem Volk
Gott hatte die Welt und das All erschaffen und den Menschen die Erde als Paradies übergeben. Im vierten Hochgebet, das sich am Bibeltext orientiert, heißt es: „Den Menschen hast du, Heiliger Vater, nach deinem Bild geschaffen und ihm die Sorge für die Welt anvertraut.“ Aber die Menschen versagten und es kam zur Sintflut.
Doch eine zerstörte Erde kann Gott offensichtlich nicht ertragen. Neu ergreift er die Initiative, wendet sich an Noach und seine Familie, um ihnen kundzutun: „Hiermit schließe ich meinen Bund mit euch und euren Nachkommen“. Wenn man genauer hinschaut, ist es nicht im eigentlichen Sinne ein Bund in unserem heutigen Sinne. Denn ein Bündnis schließen Partner, die mit der Bereitschaft gegenseitigen Verpflichtungen aufeinander zugehen, um sich in einem Abkommen aneinander zu binden. Im Bundesschluss Gottes mit Noach fehlt jede Bedingung, die Noach und seine Familie erbringen müssen. Es ist eine einseitige Zusage, eine Art grundlegende Selbstverpflichtung Gottes an die Menschen, denen er mit der gesamten Schöpfung Schutz und Segen verspricht. Es ist ein Neuanfang mit den Erdenbürgern, die wissen sollen: Gott ist für sie da. Er steht ihnen zur Seite, schützt und begleitet sie.
Erneuert wurde dieser Bundesschluss mit Noach noch einmal mit Abraham und dem durch die Wüste wandernden Gottesvolk unter der Leitung des Moses. Abraham, dem Gottes Segen zugesprochen wird, befolgt Gottes Weisung. Er verlässt mit seiner Groß-Familie sein Vaterland, in dem die Götter verehrt werden, um in Treue einen neuen Weg zu gehen im Glauben an Jahwe als alleinigen Gott. Und er erfährt die Hilfe und den Schutz Jahwes. Unter der Leitung des Moses wiederholt sich, was Abraham erlebte. Es ist Jahwe, der Moses beauftragt, die Israeliten nicht nur von der Knechtschaft Ägyptens zu befreien, sondern ihren Glauben an Jahwe zu erneuern und die Verbundenheit mit ihm zu vertiefen. Mit der Niederschrift der Zehn Gebote gibt Moses dem Volk Grundsätze an die Hand, wie gottverbundenes Leben zu gestalten ist. Die Beachtung dieser Gebote betrifft jene Sorge für die Welt und ihre Bewohner, die Gott einst von Anfang an den Menschen übergab und anvertraute.
Neuanfang
Im Evangelium erleben wir, wie der Mensch Jesus, ganz vom Geist Gottes erfüllt, nicht vom Teufel überlistet werden kann. Durch Jesus wird der Bund Gottes mit den Menschen zum ersten Mal ohne Einbruch seitens eines Menschen gelebt und eingehalten. Himmel und Erde sind in Jesus zu einer lückenlosen Einheit verschmolzen. Ein neuer Anfang ist damit gesetzt. Und wie schon Moses durch die Zehn Gebote den Menschen den Weg wies, so zeigt Jesus mit seinem Leben totaler Liebe und lebendiger Verbundenheit mit dem Vater den in der Praxis vollzogenen Weg auf, wie Gottes Reich zu gestalten ist. Auch wenn wir Menschen die Liebe nicht vollkommen zu leben vermögen, trägt unser Stückwerk dazu bei, dass die Welt heiler wird. Ja, wir können durch unsere Mühe in der Liebe vieles zum Wohl der Menschen und der Welt beitragen.
„Kehrt um, glaubt an das Evangelium“ gibt Jesus uns Menschen als Faustregel mit auf den Weg. Evangelium, das ist die von Jesus immer wieder vorgetragene Hilfsbereitschaft Gottes, seine Zusage, dass er uns ohne „Wenn“ und „Aber“ liebt und die Verbundenheit mit uns sucht. „Kehrt um!“ ist die Aufforderung an uns, im Versagen nicht hocken zu bleiben, sondern aus der von Gott angebotenen und geschenkten Gnade einen neuen Anfang zu setzen.
Verlockungen
Dass es für uns Menschen nicht leicht ist, den Versuchungen zu widerstehen, weiß Jesus. Versuchungen beginnen oft mit Verlockungen. Matthäus, der die Versuchungen Jesu durch den Teufel ausführlicher berichtet als Markus nennt sie: Nach vierzig Tagen Fastenzeit in der Wüste verspürt Jesus deutlich Hunger. Brich aus dem Fasten und deiner ständigen Besinnung auf Gott aus, sagt der Teufel. Verwandle die Steine in Brot. Du hast doch selbst die Macht, dir Nahrung zu verschaffen. Dazu benötigst du doch nicht eine besondere Verbindung mit Gott.
Da Jesus dem Teufel eine Absage erteilt, versucht der Teufel ihn über den Ehrgeiz zu packen. Er stellt ihn auf die Zinne des Tempels und sagt: Stürz dich hinab, du bist doch Gottes Sohn, die Engel fangen dich auf.
Da der Versucher auch damit keinen Erfolg hat, startet er einen dritten Versuch. Er führt Jesus auf einen hohen Berg und zeigt ihm alle Reiche der Welt. Sie alle übergebe ich dir, sagt er, wenn du vor mir niederfällst.
Es sind die Verlockungen, die Wünsche in uns Menschen – etwas Besonderes zu sein und es zu demonstrieren, reich und angesehen werden, herrschen können – die der Teufel nützt, um uns zu verführen. Und auch das Leid, das uns trifft, kann uns vom Weg der Liebe abbringen. Selbst Jesus gerät am Ölberg in harte Versuchung, zumal er von seinen Jüngern keinerlei Unterstützung erfährt. Jesus hätte fliehen, ins Ausland gehen können. Aber er bleibt seiner Aufgabe, Messias und Heiland für das Gottesvolk Israel zu sein, treu.
Ein Bundesangebot Gottes
„Kehrt um!“ ruft Jesus den Menschen zu und will damit im Auftrage Gottes einen neuen Anfang mit ihnen setzen. In seiner Botschaft wiederholt er, was Gott stets und immer neu den Menschen zugesichert hat: seinen Beistand und Schutz, seine Kraft und seinen Segen, um Gutes zu vollbringen und Schweres durchzustehen. Fehler oder Versagen aus der Vergangenheit sollen niemanden entmutigen oder hindern, neu aufzuschauen, neu an Werk zu gehen. Durch einen Neu-Anfang mit Eifer vergangenem Versagen Gutes entgegensetzen oder zur Seite stellen, das ist die Antwort, zu der wir durch Gottes Bundesangebot ermutigt werden sollen. Denn dadurch nehmen wir teil an der uns von Gott anvertrauten Sorge um die Welt und ihre Bewohner und am Aufbau des Reiches Gottes. Dies zu tun, wäre die schönste Antwort an Gott für sein Angebot des Bundes mit uns.
Nutzen wir die Fastenzeit, dies neu zu bedenken und neu die Liebe nicht nur auf unsere Fahnen zu schreiben, sondern kraftvoll zu leben.
Sich vom Heiligen Geist infrage stellen lassen
Fasten
Am Beginn der Fastenzeit haben Ratgeber für das richtige Fasten Hochsaison. Der Zeitpunkt ist auch für Menschen günstig, die sich aus anderen als aus religiösen Gründen zum Fasten entschließen. Bald kommt der Frühling und man möchte auch in leichterer Bekleidung eine gute Figur machen. Menschen, die im Laufe der Jahre alle möglichen Arten des Fastens ausprobiert haben, haben entweder den für sie passenden Modus gefunden und lassen sich dabei nicht mehr dreinreden oder sie sind allergisch gegen jede Art guter Ratschläge für das Fasten geworden.
Wenn es um persönliche Dinge geht, lässt sich niemand gerne infrage stellen. Noch mehr als für das Fasten gilt das für persönliche Lebenseinstellungen. Oft bekomme ich gesagt: Ich habe meinen Glauben und lasse mir von niemand etwas vorschreiben; schon gar nicht von Menschen, die Wasser predigten und selbst Wein trinken oder von Menschen, die von meinen Lebensumständen wenig Ahnung haben.
Umkehren
Unter solchen Bedingungen ist es gar nicht so einfach, die Botschaft Jesu auszulegen, die da lautet: "Kehrt um, und glaubt an das Evangelium!".
Seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil gibt die Kirche dem Einzelnen viel Freiheit, dieser Aufforderung Jesu nachzukommen. Sie traut einem jeden zu, selbst herauszufinden, wie er oder sie dem Aufruf zur Umkehr am besten nachkommt, und sie lässt auch offen, wie der Einzelne das Fasten gestaltet. Vorbei sind die Zeiten, wo einfach an bestimmten kein Fleisch auf den Tisch gekommen ist. Nun müssen sich auch jene Gedanken über das Fasten machen, die ohnehin Kaiserschmarren und Zwetschkenkompott einer Fleischspeise vorziehen. Und außerdem ist es mit einer Ernährungsumstellung allein nicht getan. Fasten und Umkehr bedeuten mehr, als sich für einige Wochen beim Essen einzuschränken.
Seine eigene Lebensweise und die eigenen Lebensziele infrage zu stellen, ist nicht minder unangenehm, als sich von jemand anderem infrage stellen zu lassen. Fasten kann dabei eine Hilfe sein. Wenn ich bewusst und konsequent auf etwas verzichte, wird mir erst richtig bewusst, wovon ich mein Leben oft bestimmen lasse. Kann ich mir ein Leben ohne Facebook, Whatsapp, ohne Auto oder ohne Schnitzel und Schweinsbraten überhaupt noch vorstellen?
Unvergesslich bleibt mir ein Erlebnis, das ich vor vielen Jahren im Krankenhaus machte. In mein Zimmer wurde ein Mann nach einem schweren Herzinfarkt gelegt. Nach der Erstversorgung und der Erleichterung, dass alles glimpflich verlaufen ist, haben die Ärzte den Patienten damit konfrontiert, dass er seinen Lebensstil überdenken müsse. Das versetzte ihn in eine heftige Krise: Welchen Sinn hat das Leben noch, wenn ich nicht mehr essen darf, worauf ich Lust habe und obendrein das Rauchen einstellen muss, fragte er sich und seine Zimmerkollegen?
Vom Heiligen Geist angestiftet
Im Evangelium haben wir gehört, dass Jesus vom Geist in die Wüste geführt wurde und dass er dort in der Wildnis lebte. Einerseits dienten ihm die Engel, andererseits führte ihn der Satan in Versuchung. Es war wohl derselbe Geist, der unmittelbar davor bei der Taufe im Jordan auf ihn herabgekommen war und den wir in unserer theologischen Sprache als Heiligen Geist bezeichnen. Dieser Heilige Geist veranlasste ihn zum Fasten und führte ihn damit in eine Krise, in der er sein Leben überdachte; hin- und hergerissen zwischen himmlischen und teuflischen Versuchungen.
Versuchungen begleiteten Jesus wie jeden Menschen das ganze Leben. Die Evangelisten Matthäus und Lukas haben diese bildhaft ausgemalt mit Motiven, die ihn als Messias das ganze Leben begleiteten. Markus ist da wortkarger und lässt unserer Fantasie mehr Raum. Im bewussten Verzicht auf alles, was wir nicht unbedingt zum Leben brauchen, werden grundsätzliche und existentielle Fragen provoziert, die wir uns sonst nicht (mehr) stellen. Sie drängen auf Klärung und Entscheidung.
Krise und Klärung
In der Fastenzeit will der Heilige Geist auch uns zum Nachdenken und zur Klärung wichtiger Lebensfragen führen, die wir uns sonst nicht (mehr) stellen: Auf welche Ziele gehe ich zu? Von wem lasse ich mein Leben bestimmen? Benötige ich eine Kurskorrektur? Führt meine Lebensweise auf diese Ziele hin oder verplempere ich meine Energie und Zeit mit Dingen, für die es sich nicht lohnt zu leben? Diese Fragen können ganz schön unangenehm werden und uns in eine Krise führen. Vielleicht bliebe manches Burnout erspart, hätten wir eher den Mut, uns solchen Fragen zu stellen.
Niemand lässt sich gerne von anderen Menschen infrage stellen. Auch selbst stellen wir uns nicht gerne infrage. Wenn wir uns vom heiligen Geist infrage stellen lassen und uns von ihm führen lassen, können wir darauf vertrauen, dass es uns gut bekommen wird. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine heilsame Fastenzeit.
Die Tiere – Bundespartner Gottes
Verträge schützen
Mit wem schließen Sie gerne einen Vertrag? Mit Ihrem Arbeitgeber vermutlich schon. Denn Ihr (hoffentlich fairer) Arbeitsvertrag sichert Ihnen ein festes Gehalt, eine geregelte Arbeitszeit, einen Anspruch auf Urlaub und freie Tage, schützt Sie vor ungerechter Kündigung und vieles mehr. Natürlich hat auch Ihr Arbeitgeber etwas von dem Vertrag. Aber in vielen Belangen ist er in der Position des Stärkeren und könnte sich im Zweifel auch ohne Vertrag durchsetzen. Für Sie hingegen ist der Vertrag lebenswichtig.
Würden Sie genauso gerne einen Vertrag schließen, wenn es darum ginge, einem Langzeitarbeitslosen Ihre Wohnung zu vermieten? Wohl eher nicht. Denn da wären Sie als VermieterIn in der Rolle des/der Stärkeren und würden durch den Vertrag mehr gebunden als der Mieter.
Verträge schützen die jeweils Schwächeren gegen die Macht der jeweils Stärkeren, das ist ihr Sinn. Und wer häufiger in der Rolle des Schwächeren sein wird, schließt den Vertrag lieber als der, der sich häufiger in der Rolle des Stärkeren befinden dürfte.
Gottes Bund mit der Schöpfung
In der heutigen Lesung wird ebenfalls von einem Vertragsabschluss gesprochen: Gott bietet dem Noach einen "Bund" an. Noach als der Schwächere wird diesen Vertrag gerne annehmen, denn er garantiert ihm und seinen Nachkommen, dass keine Sintflut mehr über die Erde kommt, die alles vernichtet. Und damit auch der letzte Zweifel über diese Zusage Gottes beseitigt wird, gibt Gott dem Noach das Zeichen des Regenbogens: Was für die Menschen der damaligen Zeit eigentlich ein Kriegsbogen war, mit dem Gott die Blitze als Pfeile vom Himmel herabschießt, wird nun zum Zeichen des Friedens und der Schonung.
Doch Gott hat eine Bedingung für die Annahme seines Bundes: Auch die Tiere sollen Bundespartner werden. Furcht und Schrecken hat sich auf sie gelegt, denn sie wissen, dass der Mensch sie töten kann und unter gewissen Umständen auch darf. In Maßen darf er sogar ihr Fleisch essen, anders als im Paradies, wo ihm nur die grünen Pflanzen zur Nahrung dienten (Gen 1,29). Keine Frage, die Tiere sind damit in der schwächeren Position gegenüber dem Menschen. Deswegen will Gott sie vor übermäßiger Ausbeutung und ungerechter Behandlung schützen. Die fünf Bücher Mose, aus denen der Lesungstext stammt, sind voll von Beispielen, wie die Tiere, insbesondere die Nutztiere, vor einem übermäßigen Zugriff des Menschen in Schutz genommen werden.
Ein unteilbarer Bund
Gottes Bund gibt es nur im Paket - entweder ganz oder gar nicht. Entweder akzeptiert der Mensch, dass die Tiere gleichberechtigte Bundespartner sind, oder Gott selbst zieht sich vom Bund mit dem Menschen zurück. Für Noach ist das kein Problem. Anders als seine ZeitgenossInnen hat er schon vor der Flut auf Gottes Weisung gehört. Er hat gespürt, wie sehr Gott all seine Geschöpfe liebt - nicht nur die Menschen. So war es für ihn selbstverständlich, die Tiere mit ins Boot zu nehmen und vor der vernichtenden Flut zu retten.
Auch Jesus teilt die Liebe Gottes zu allen Geschöpfen. Noch ehe er seine Botschaft vom Reich Gottes verkündet, so erzählt das heutige Evangelium, geht er in die Wüste und lebt mit den wilden Tieren. Das ist Herrschaft Gottes, will er sagen: Wenn Mensch und Tier die Erde miteinander besiedeln - in Frieden und Gerechtigkeit. Das ist Herrschaft Gottes, wenn der Mensch dem Tier faire Möglichkeiten zum Leben gibt. So ist Jesus der neue Noach. Wie der erste wendet er sich allen Geschöpfen Gottes zu.
Für Noach und Jesus wäre es nicht nötig, die Tiere in den Gottesbund hineinzunehmen. Sie handeln ohnehin richtig. Aber die meisten Menschen damals wie heute handeln nicht so selbstlos. Sie soll der Bund gegenüber Menschen und Tieren verpflichten - im Namen Gottes.
Gehen wir den Bund mit den Tieren ein?
Liebe Schwestern und Brüder, sind wir bereit, Gottes Bundesvertrag mit den Tieren zu unterschreiben? Das hätte einschneidende Konsequenzen. Denn die Realität ist so, wie ich es eingangs geschildert habe: Mit den großen und starken Tieren gehen wir noch am ehesten einen Bund ein. Mit den kleinen und schwachen hingegen kaum. Von den verschiedenen landwirtschaftlichen Nutztieren dürfte es derzeit den Rindern vergleichsweise am besten gehen. Nicht überall, auch da gibt es große Unterschiede, und auch nicht immer wirklich gut. Aber das Elend vieler Schweine und des Geflügels ist doch weit größer. Wollen wir daran etwas ändern? Wollen wir Schritte zu einer umfassenden Tiergerechtigkeit gehen?
Wohlgemerkt möchte ich nicht verallgemeinern. Es gibt landwirtschaftliche Betriebe mit vorbildlicher, tiergerechter Haltung. Aber das ist, wenn wir ehrlich sind, nicht der Normalfall. Die Schuld daran dürfen wir allerdings nicht einfach den LandwirtInnen zuschieben. Wie sollen sie denn die Tiere gut und gerecht halten, wenn wir ihnen immer weniger für ein Schnitzel oder ein Ei zahlen? Faire Preise müssen fair für die LandwirtInnen und fair für die Tiere sein - und das sind sie momentan bei weitem nicht. Würde nicht ein halb so großes Schnitzel zum doppelten Preis besser schmecken, wenn wir wüssten, dass das Schwein ein glückliches Leben hatte? Würde ein Ei nicht deutlich besser munden, wenn wir wüssten, dass das Huhn das Tageslicht sehen und sich frei bewegen durfte? Prinzipiell haben wir die Wahl - es gibt das Angebot tiergerechter Produkte. Und wenn wir unsere Konsumgewohnheiten zu ändern bereit sind, muss es nicht einmal teurer sein, solche Produkte zu kaufen.
Jeder Vertrag hat seinen Preis - und lohnt sich doch!
Jeder Vertrag hat seinen Preis. Auch der Bund mit Gott. Gott fragt uns nicht, ob es uns passt, dass in seinen Bund auch die Tiere mit eingeschlossen sind. Er liebt sie, weil sie seine Geschöpfe sind, und deswegen lässt er uns keine Wahl. Aber er verspricht uns, dass wir mehr gewinnen als wir geben, wenn wir in seinen Schöpfungsbund eintreten. Wenn wir nur sehen, wie gut es der Schöpfer mit uns meint, dann kann Gerechtigkeit gegenüber den Tieren keine Frage mehr sein. So wie für Noach, so wie für Jesus.
© Michael Rosenberger
Mit Gott im Bund
Der Regenbogen, ein Symbol des Bundes Gottes mit uns
"Meinen Bogen setze ich in die Wolken; er soll das Bundeszeichen sein zwischen mir und der Erde", heißt es in der Lesung. Der Regenbogen wird zum Bundeszeichen erklärt. Nun weiß heute jeder, dass der Regenbogen seiner physikalischen Gesetzmäßigkeit entsprechend überall dort entsteht, wo Regen und Sonne zugleich auftreten. Wir können getrost annehmen, dass es den Regenbogen schon vor Noah, ja seit Milliarden von Jahren gab. Doch die Schrift nimmt nun diese längst bekannte Erscheinung der zauberhaften Schönheit des Regenbogens und macht daraus ein Symbol. Ein Symbol des Bundes mit Gott, durch das die Schönheit, Weisheit und Güte des Schöpfers sichtbar wird. Dieser Bund Gottes ist aber durch die naturwissenschaftliche Erklärung des Regenbogens nicht aufgehoben.
Zu jeder Zeit gilt, dass Gott seinen Bund und seine Freundschaft mit uns Menschen erneuert.
Jesus, mit Gott im Bund
Wie auch im heutigen Evangelium, in dem wir hören, dass sich Jesus auf sein Wirken durch eine Fastenzeit von 40 Tagen in der Einsamkeit der Wüste vorbereitet hat. Und am Ende wurde er vom Satan, dem listigen Gegenspieler, versucht.
Im Gegensatz zu den Evangelisten Matthäus und Lukas berichtet Markus eher wortkarg. Ganz knapp und schlicht schreibt er nur, dass Jesus vom Satan in Versuchung geführt wurde und lässt uns damit eigentlich einen großen gedanklichen Freiraum.
Jesus lernt in der Einsamkeit alleine zu sein und seinen Weg zu finden. Noch aber ist auch ihm nicht klar, wie dieser Weg aussehen und ausgehen wird. Wir haben ja den Vorteil schon zu wissen, wie dieses Leben des Jesus ausgehen wird. Wir kennen die Geschichte von ihrem Ende her und wissen, dass ihm die Einsamkeit der Wüste im Garten Gethsemane und am Kreuz wieder zuteil wurde, bevor er auferstanden ist.
Als Söhne und Töchter mit Gott im Bund
Aber unsere Geschichte kennen wir nicht bis zum irdischen Ende. Der geheimnisvolle und trickreiche Versucher ist auch bei uns präsent. Er ist allseits gegenwärtig. Vierzig Jahre? Vierzig Tage? Viel Zeit! Jede Stunde!
Wir und unser Glaube werden ein Leben lang auf die Probe gestellt. Jesus sagt, die Zeit ist erfüllt, die Zeit ist da - es ist Zeit - jetzt oder nie. Jetzt, immer wieder, müssen wir uns entscheiden, ob wir Täter, Mittäter oder Wohltäter sind. Oft werden wir alles sein.
Jesus hat seinen Auftrag angenommen, auf ihn gründet der neue, unauflösliche Bund Gottes mit den Menschen. Das erfordert von uns, dass wir mitdenken und manchmal umdenken, dass wir vielleicht ganz neu denken über uns selbst und über Gott, damit wir werden, wozu wir von Anfang an bestimmt sind: Söhne und Töchter Gottes. Nicht gespalten zwischen Gut und Böse, sondern mit Gott und mit uns selbst versöhnte Menschen.
© Eva Trauner, evatrauner@aon.at
Vierzig Tage Probezeit
Vierzig Tage Zeit
Am Aschermittwoch beginnt nach unserem Sprachgebrauch die Fastenzeit. Besonders prägnant aber heißt es in den Niederlanden und Belgien: 40-Tage-Zeit. Sehr nüchtern. Fast schon zum Abzählen. Vierzig Tage.
Vierzig Tage begegnen uns im Evangelium. Jesus wird in die Wüste geführt - Jesus wird in Versuchung geführt. Markus, der uns die Szene überliefert, vermeidet alles, um die Neugier zu befriedigen. Ich bin ihm ein bisschen böse. Ich möchte gerne wissen, wo die Wüste ist, was das für eine Wüste ist - und was hier Versuchung heißt.
Das Volk Gottes in der Wüste
Wir werden zurückschauen müssen, heute. Es gibt Spuren. Viele. Mehr als gedacht, mehr auch als erwartet. Markus ist ein Meister seines Fachs. Er deutet nur an - und öffnet doch eine Geschichte, die sich uns wie ein weites Land auftut. Auf einmal sehe ich das Volk Israel - nein, nicht 40 Tage, 40 Jahre durch die Wüste ziehen. Das Sklavenhaus Ägypten haben sie hinter sich gelassen. Besser: Sie wurden aus dem Sklavenhaus Ägypten geführt. Mit starker Hand, wie es in den alten Bekenntnissen heißt. Gott selbst hat sich zum Anführer bestellt. Seinem Namen macht er alle Ehre: Ich gehe mit euch.
Aber die vielen Geschichten, die seit alters her kursieren und als Heilige Schrift betrachtet werden, erzählen in immer neuen Wendungen von dem Unglauben und der Treulosigkeit seines Volkes. Ich kann mir keinen Reim darauf machen, aber die vierzig Jahre stehen für eine Zeit der Läuterung, der Bewährung - ja, auch der Strafe. Vierzig Jahre stehen für eine Zeit der Reife. Gottes Volk soll seine Identität - in der Wüste finden. Ob das wirklich vierzig Jahre waren? Ich nehme den Kalender lieber nicht zur Hand. Und doch sind die Tage abzuwägen und zu zählen. Vierzig Jahre stehen für etwas - sie stehen für einen langen und mühsamen Weg. Vierzig Jahre stehen - bei der durchschnittlichen Lebenserwartung der Menschen früher - für ein ganzes Leben.
Unser Glauben wird ein Leben lang auf die Probe gestellt. Wir werden versucht, ja, wir lassen uns versuchen - und wir versuchen andere. Ein schönes Wort steckt in "Versuchung": wir sind auf der Suche. Manchmal ist uns sogar das Ziel entschwunden. Wir - irren herum. Wir reden durcheinander. Wir spielen nur. Manchmal könnte uns dann selbst ein schöner Raum zur Wüste werden. In der bildreichen Sprache der Psalmen: uns klebt der Gaumen fest. Wir schmecken das Leben nicht mehr. Uns schmeckt das Leben nicht mehr. Alles ist trocken, vertrocknet. Die Seele auch. Sie schmachtet.
Jesus in der Wüste
Und dann das! Im Evangelium heißt es lapidar: In jener Zeit trieb der Geist Jesus in die Wüste. In jener Zeit? In welcher Zeit? Wir werden stutzig. Es ist die Zeit, in der Jesus anfängt. Alles, was Jesus sagen und tun wird, muss er in der Wüste beginnen. Es gibt keine Vorschusslorbeeren, keine großen Antrittsreden, nicht einmal einen Stern. Aber: einen Versucher gibt's!
Wenn wir von den wilden Tieren einmal absehen und uns auch nicht von Engeln auf eine falsche Fährte locken lassen: Jesus lernt in der Einsamkeit, alleine zu sein - und seinen Weg zu finden. Noch ist nicht ausgemacht, wie dieser Weg aussehen - und: ausgehen - wird. Alles ist noch offen. Ob Jesus gewusst, geahnt, befürchtet hat, dass sein Weg zum Kreuz führt? Wir lesen gewöhnlich seine Geschichte von ihrem Ende her. Manchmal schon gelangweilt, manchmal auch einfach nur abgestumpft. So gelangweilt und abgestumpft, wie wir oft menschliches Leben betrachten - und übergehen. So sehen wir Jesus in der Wüste die Einsamkeit kennenlernen, die ihm im Garten Gethsemane zuteil wird. Er lernt die Verlorenheit kennen, die ihm auf Golgota ereilen wird.
Sie möchten jetzt gerne wissen, wie der Versucher ausgesehen hat? Die mittelalterlichen Künstler und Erzähler waren sehr mutig, aber was sie darstellten, war letztlich nicht mehr als der Schrecken, den wir als Menschen kennenlernen, wenn wir vor Abgründen stehen. Abgründen des Bösen, des nicht mehr Verständlichen, nicht mehr Einzuordnenden. Ja, den Schlund der Hölle kann man sehen - und die Menschen, die verschlungen werden auch. So kamen die widerlichsten Figuren ins Bild, nicht ohne einen gewissen Voyeurismus ihrer Zuschauer und - Maler. In das Spiel mit dem Feuer haben sich immer schon Menschen verliebt.
Der Gegenspieler Gottes
Aber hier - im Evangelium - wird der Satan als der geheimnisvolle und trickreiche Gegenspieler Gottes auf die Bühne gebracht. Er wird vorgeführt. Dabei macht er seinem Namen alle Ehre: er verwirrt alles. Was vorher klar war, ist nicht mehr klar. Was Vertrauen ausmachte, geht ins Leere. Was Berufung ist, geht im Zweifel unter. Der Satan nistet sich einfach ein. Besetzt Gedanken. Gräbt sich ins Herz. Gekonnt - und immer vernünftig. Ob sich Jesus gefragt hat: Soll ich einen anderen Weg gehen? Muss ich denn den Sohn spielen, den Sohn Gottes? Ist denn Liebe wirklich so grenzenlos? Wenn Gedanken, Überlegungen und Zweifel so mächtig werden, dass sie sich sogar mit Gott anlegen - dann lugt aus ihnen der Versucher hervor. Schade - Markus erzählt nicht viel von dem Versucher, nur, dass er allseits gegenwärtig war. Vierzig Tage. Viel Zeit. Jede Stunde kann dann zu viel sein.
Wir umschleichen jetzt zwar mit gebührendem Abstand die Szene, die der Evangelist ohne viele, schon gar nicht mehr großen Worten erzählt, aber die ganze Zeit schon habe ich das Gefühl, dass sogar von mir die Rede ist.
Manchmal weiß nicht mehr, was ich noch glauben kann.
Manchmal fühle ich mich wie ein Träumer, manchmal wie hereingelegt.
Manchmal halte ich die Welt nicht mehr aus.
In der Wüste wächst mir Jesus ans Herz. In der Wüste! Noch mehr Nähe - und das von Anfang an - kann es nicht mehr geben. Ich fühle mit. Oder: Fühlt er mit mir? Es ist immerhin der Geist, der Jesus in die Wüste führt. Der wird sich schon was dabei gedacht haben!
Die Zeit ist erfüllt
Was sind schon vierzig Tage? 4 x 2 Hände Tage (Prediger zeigt seine Hände). Fast schon an den Fingern abzuzählen. Eine Probezeit. Die Probezeit? Jesus hat zu seinem Weg, zu seiner Botschaft gefunden:
Die Zeit ist erfüllt, das Reich Gottes ist nahe. Kehrt um, und glaubt an das Evangelium!
Eine Kurzformel, zugegeben - was Jesus aber gesagt und getan hat, wird an anderen Stellen eindrücklich und ausführlich bezeugt. So kommt er uns jeden Sonntag nah. Er hat Sünden vergeben, Verlorene gesucht, Kranke geheilt ... Tatsächlich: das Reich Gottes ist nahe.
Probezeit
Für uns ist das jetzt auch - Probezeit. Ich weiß nicht, was Sie gerade bewegt. Auch nicht, woran Sie gerade leiden. Schon gar nicht, was Ihren Glauben bedrängt. Vielleicht finden wir eine Gelegenheit, miteinander zu reden. Vielleicht auch, miteinander zu schweigen. Aber der Gedanken, dass wir eine Probezeit vor uns haben, berührt mich sehr. Ich muss nicht einfach weiter laufen. Mich auch nicht weiter treiben lassen. Ich kann einhalten - und dem Versucher, der aus meinen Gedanken, Überlegungen und Zweifeln lugt, ins Auge schauen. Dann ist er - durchschaut! Dann habe ich ihn - durchschaut.
Probezeit - Parolizeit! Der Geist hat Jesus in die Wüste geführt, um dem Versucher da, wo er am stärksten war, Paroli zu bieten.
Die Zeit ist erfüllt, das Reich Gottes ist nahe. Kehrt um, und glaubt an das Evangelium!
Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft,
bewahre unsere Herzen und Sinne
in Christus Jesus,
unserem Herrn.
Die Krise nützen
Krisen rundum
Vor wenigen Tagen wurde ich Ohrenzeuge eines Gesprächs, in dem ein Unternehmer seine verzwickte wirtschaftliche Situation schilderte. Er erzählte von wechselseitigen Abhängigkeiten der Firmenteilhaber, der Lieferanten, der Abnehmer usw. Der Konkurrenzkampf sorge dafür, dass einige Beteiligte dieses Systems an der Existenzgrenze ihres Betriebes wirtschaften. Freuen darf sich bestenfalls der Konsument über die niedrigen Preise. Doch der weiß gar nichts von seinem Glück. Jeder Mitspieler möchte aus dieser Konstellation den größtmöglichen Gewinn ziehen, muss aber vermeiden, die wirtschaftliche Existenz eines Beteiligten zu gefährden. Das könnte unabsehbare Folgen für alle haben.
Nach diesem Gespräch war mir noch mehr bewusst als vorher, welche Bedeutung die enge Verflechtung der Wirtschafts- und Finanzsysteme auf internationaler Ebene hat. Das große Zittern, das gegenwärtig umgeht, ist mir durchaus verständlich. Selbst die sonst Weisen tun sich gegenwärtig schwer, Ratschläge zu erteilen. Offenbar hat niemand ausreichenden Durchblick. Weder Beruhigung noch Panikmache bringen uns an diesem Punkt weiter. Was der Wirtschaft gut täte: Zu wissen, auf wen man sich verlassen kann
Unabhängig von der Wirtschaft erlebt zurzeit auch die Kirche eine Krise. Das zeitliche Zusammentreffen der Aufhebung der Exkommunikation einiger Bischöfe mit der umstrittenen Bestellung eines Weihbischofs mögen Zufall gewesen sein. Das Maß der Empörung, das beide Male ausgelöst worden ist, zeigt jedoch, dass im Untergrund viel Unzufriedenheit brodelt und für eine gereizte Atmosphäre sorgt.
Auch diese Krise resultiert aus der Unüberschaubarkeit vieler Zusammenhänge und gegenseitiger Abhängigkeiten. Auch wenn es gelungen ist, die Wogen vorerst zu glätten, so sind die anlassgebenden Probleme damit noch nicht gelöst. Alle Beteiligten und Betroffenen werden gut daran tun, die Situation nicht zum Ausbau des eigenen Einflusses zu missbrauchen. Zu viel steht auf dem Spiel. - Aber was tun? Wie damit umgehen?
Auszeit
Im Evangelium wurde uns vom Beginn des Wirkens Jesu erzählt. Auch da liegt viel Spannung in der Luft. Die Vorgänge um Johannes den Täufer zeigen, dass sowohl politisch wie auch religiös eine gereizte Atmosphäre herrschte. Viele Gruppierungen bildeten sich, um etwas zu verändern. Wir werden kaum fehlgehen, wenn wir annehmen, dass Jesus sich alle geistigen Strömungen seiner Zeit gut angesehen hat, bis er sich schließlich in die Wüste zurückzog, um seinen ganz persönlichen Weg zu finden.
Das Markusevangelium nennt drei Dinge, die Jesus bewegten. Zunächst heißt es, dass der Satan ihn in Versuchung geführt habe. Jede Entscheidung beinhaltet, dass man Wege, die man für falsch erkannt hat, zurück lässt. Matthäus und Lukas malen diese verworfenen Möglichkeiten weiter aus. Dass der Versucher als Satan erkannt wird, unterstreicht, wie bedeutsam und grundsätzlich die Entscheidungen waren, die Jesus zu treffen hatte.
Als zweites Motiv wird das Leben mit den wilden Tieren genannt. Anders als im Dschungel-Camp ist Jesus in dieser Situation ganz auf sich gestellt. Er lernt und übt sich darin, mit den vitalen Kräften der Natur umzugehen und sie für sein Leben fruchtbar zu machen. Die wilden Tiere können als Bilder jener Kräfte angesehen werden, die in der Tiefe unserer Seele vorhanden sind und mit denen umzugehen jeder Mensch lernen muss.
Neben den unheimlichen Kräften gibt es auch Mächte, die zu Hilfe kommen und die uns dienen. Die vielen Helfer um uns und in uns zu entdecken und dienstbar zu machen, ist Aufgabe jeder gesunden menschlichen Entwicklung.
Aus dieser Zeit des Rückzugs und inneren Auseinandersetzungen heraus beginnt Jesus sein Wirken als Prophet und Messias. "Er verkündete das Evangelium Gottes und sprach: Die Zeit ist erfüllt, das Reich Gottes ist nahe. Kehr um, und glaubt an das Evangelium!"
Fastenzeit
Das Kirchenjahr lädt uns alljährlich ein, uns eine ähnliche Auszeit zu nehmen, wie Jesus sie sich genommen hat, bevor er an die Öffentlichkeit ging. Diese Auszeit soll dem Sammeln der Kräfte und der Klärung von Zielen dienen. Sie kann auch genutzt werden, um sich umzusehen, von welcher Seite wir Hilfen und Unterstützung erwarten können.
In der Seelsorge begegnen mir immer wieder Menschen, die fragen: Was soll ich tun? Was kann ich tun? Was habe ich zu tun? Oft habe ich Sorge, dass jene die diese Frage an mich richten, sich das eigene Suchen ersparen möchten. Das Leben als einfacher "Soldat an der Basis", der sich sagen lässt, was er tun oder lassen soll, ist eine Versuchung, sich an der eigenen Berufung vorbeizumogeln. Die Antworten auf die grundlegenden Fragen muss jeder Mensch selbst finden. Nur dann wird er auch die entsprechenden Kräfte und Helfer für den persönlichen Lebensweg entdecken. Persönliche Lebenskrisen sind nicht selten Folgen der Weigerung, sich diesen Fragen zu stellen. Sie fordern uns heraus, in die Tiefe zu gehen und unsere ureigenen Ressourcen zu entdecken.
Bezüglich der Wirtschaftskrise und auch der Kirchenkrise betonen viele Kommentatoren, dass sie auch ihr Gutes haben können. Diesem Gedanken kann ich etwas abgewinnen, wenn die Beteiligten die Zeit nützen, um in die Tiefe zu gehen, und sich fragen: Wo liegen unsere Stärken und Kräfte? Worauf können wir uns verlassen? Mit wem können wir kooperieren? Mit welchen Helfern können wir uns vernetzen.
Die Fastenzeit ist eine Zeit des Rückzugs in die Besinnung, eine Art Auszeit. Es geht nicht um Programme und Aktionen, nicht um therapeutische Maßnahmen. Sie führt uns zu den Kräften hin, die in der Tiefe unserer Seele wirken und die wir nützen können. Sie lässt uns die vielen Helfer kennen lernen, die einem erfüllten Leben dienen können. Vor allem will sie uns zeigen, in welche Richtung unser Weg weiterführt. – Nützen wir diese Gelegenheit!
Leben mit Symbolen
Der bekannte Benediktinerpater Anselm Grün schreibt in seinem Buch: "Dem Alltag eine Seele geben" über den Wahlspruch des Hl. Benedikt "Bete und Arbeite": "Diese Devise meint, dass mir Gott mitten im Alltag begegnet, dass die Art und Weise meiner Arbeit anzeigt, ob ich aus der Quelle des Heiligen Geistes lebe oder aus anderen Quellen. Wie ich mit den Dingen umgehe, zeigt meine Spiritualität. . ."
Das Symbol des Regenbogens
Unsere heutige Lesung aus dem Buch Genesis bietet zu dieser Aussage eine besondere Illustration. Die Sintflut ist vorüber, und Gott spricht zu Noach: "Meinen Bogen setze ich in die Wolken; er soll das Bundeszeichen sein zwischen mir und der Erde." Der Regenbogen wird also zum Bundeszeichen erklärt. Nun weiß heute jeder, daß der Regenbogen mit physikalischer Notwendigkeit überall entsteht, wo Regen und Sonne zugleich auftreten, so dass wir getrost annehmen dürfen, dass es den Regenbogen schon vor Noah, ja seit Milliarden von Jahren schon gibt. Doch der Schrift nimmt nun diese längst bekannte Erscheinung der zauberhaften Schönheit des Regenbogens und macht daraus ein Symbol. Im Regenbogen kann der Mensch eine Verdichtungsstelle der Schöpfung erkennen, in welcher die Welt durchsichtig wird für die Schönheit, Weisheit und Güte ihres Schöpfers. Die Hl. Schrift sieht in allen Dingen, die ich sehe, erlebe, mit denen ich umgehe, nicht nur ihre platte, vordergründige Gegenständlichkeit, sondern immer auch ihr Herkommen aus der Hand Gottes. Anders ausgedrückt: Alle Dinge können zu Symbolen werden, zu Zeichen, die hinüberweisen auf den göttlichen Schöpfungsgrund.
Die Schrift ist voll von Symbolen
So macht die Schrift nicht nur den Regenbogen zum Symbol, sondern ist übervoll von Symbolbildungen: Jerusalem, die Stadt Gottes, ist ein Hinweis auf die ewigen Wohnungen Gottes, Der Frühregen ist ein Zeichen der Gnade, die Zedern des Libanon verkünden: Der gotterfüllte Mensch wankt nicht unter den Schlägen des Schicksals und Fährnissen des Lebens. Das lebendige Wasser ist Sinnbild der Kraft Gottes, aus der wir leben.
All diese Symbole und Zeichen - und das ist entscheidend - sind Symbole des biblischen Alltags, die auf Schritt und Tritt begegnen, nicht solche der besonderer Situationen.
Christliche Symbolik des Alltags
Genau diese Haltung, Gott in den Dingen, die täglich vorkommen, zu sehen, zeigt die ganze Geschichte der christlichen Frömmigkeit, die Geschichte des christlichen Brauchtums. In einer landwirtschaftlich geprägten Kultur, wie sie bei uns bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts hinein bestand, an manchen Stellen weiter, sogar bis nach dem Zweiten Weltkrieg, hörten die Menschen nicht nur am Sonntag in der Predigt von Gott, nein, ihr Tagewerk, ob in Feld und Wald, Küche oder Werkstatt, war begleitet von Symbolen der Gegenwart Gottes. Das Samenkorn, das in die Erde gesenkt wird, das Wachsen der Saat, das Unkraut, die Ernte, all diese Dinge und Geschehnisse erinnerten an die Bilder und Gleichnisse der Hl. Schrift und sprachen von göttlicher Nähe. Der Glaube erwachte nicht erst in den Tagen schwerer Schicksalsschläge und Heimsuchungen, sondern umgekehrt konnten diese Grenzsituationen durchgetragen werden in der Kraft des Glaubens, der von den göttlichen Zeichen der alltäglichen Tätigkeiten genährt wurde.
Symbolik in einer technischen Welt
Nun wird man vielleicht einwenden: Ja freilich, früher, in der altbäuerlichen Welt, da umstand ja die Natur den Menschen, die unmittelbare Schöpfung Gottes. Da war es nicht schwer, Gottes Zeichen zu finden. Aber heute, im Zeitalter der Technik, wo uns nur noch menschliches Werk, menschliches Gemächte umgibt, ist die Welt nicht mehr so durchsichtig auf Gott hin.
Wirklich nicht? Waren der Tempel und die Stadt Jerusalem ein Werk der Natur und nicht vielmehr technisches Menschenwerk. In der lauretanischen Litanei wird Maria genannt: Starker Turm Davids, Pforte des Himmels, Arche des Bundes. Turm, Pforte, Arche sind menschliche und für damalige Zeiten hochtechnische Gebilde. Die zentralen Symbole der Gegenwart Christi in der Hl. Messe, Brot und Wein, sind keine unmittelbar gegebenen Naturdinge, sondern Produkte weit fortgeschrittener Agrar- und Handwerkstechnik.
Wir denken nur zu wenig nach, um auch in unserer heutigen technischen Welt Gottes Zeichen seines Wirkens wahrzunehmen.
Zwei Beispiele
Wenn wir das Licht einschalten, oder den Computer oder die Waschmaschine, so ist es doch der elektrische Strom, der alles funktionieren läßt. Dieser aber ist eine der vier Urkäfte der Schöpfung. Im elektrischen Strom ist uns deshalb die Entstehung der Welt vor 14 Milliarden Jahren unmittelbar nahe, damit aber auch der, der diesen Hintergrund der Welt in zeitloser Schöpferhand trägt und erhält.
Das momentan liebste Kind der Technik, das Handy, arbeitet mit unsichtbaren Funksignalen,. Diese elektromagnetischen Wellen gibt es seit Erschaffung der Welt, aber bis vor 200 Jahren hatte kein Mensch von diesem Wellenmeer jenseits des sichtbaren Lichts eine Ahnung davon. So kann uns dieses technische Spielzeug daran erinnern, wie viel Kräfte und Wirklichkeiten uns schon im irdischen Bereich umgeben, die wir direkt nicht sehen und wahrnehmen können. Können da nicht auch noch ganz andere Wirklichkeiten, göttliche Wirklichkeiten am Werk sein, deren Sein sich unserem Nachdenken erschließt.
Die Schwierigkeiten der Gegenwart
Die Christen haben freilich zu spät erkannt oder erkennen es heute noch nicht, dass die Welt der bäuerlichen Symbolik nicht mehr die unseres Alltags ist. Die Christen müssen durch ihre Nachdenklichkeit im Alltag den Dingen wieder neue Symbolkraft geben. Freilich wird sich mancher abwenden und sagen: Schaut euch doch an, wie lieblich ein reifes Feld ist, oder das Samenkorn in der Hand. Dagegen diese ganzen technisch-maschinellen Scheußlichkeiten. Aber wir schauen die vergangene bäuerliche Welt heute mit sehr verklärenden, romantischen Augen an. Das Samenkorn, das wogende Ährenfeld und der Pflug, das bedeutete härteste Arbeit. Trotzdem erwuchs daraus Frömmigkeit und Glaube. So ist es heute die Aufgabe in hartem Nachdenken in den Dingen des Alltags ihren göttlichen Hintergrund wieder sichtbar zu machen.
"Meinen Bogen setze ich in die Wolken; er soll das Bundeszeichen sein zwischen mir und der Erde", hieß es in der Lesung. Nicht nur den Regenbogen sondern zahllose andere Zeichen setzt Gott in die Welt um uns an ihn und unser eigenes Menschsein zu erinnern. Wir sind aufgefordert, diese Zeichen zu lesen.
- Liedvorschläge1
Hans Hütter
Lieder:
GL 211: Wir rühmen dich, König der Herrlichkeit
GL 266: Bekehre uns, vergib die Sünde
GL 267: O Mensch, bewein dein Sünde groß
GL 268: Erbarme dich, erbarm dich mein
GL 269: Du Sonne der Gerechtigkeit, Christus
GL 271: O Herr, aus tiefer Klage
GL 272: Zeige uns, Herr deine Allmacht und Güte
GL 273: O Herr, nimm unsre Schuld
GL 274: Und suchst du meine Sünde, flieh ich von dir zu dir
GL 277: Aus tiefer Not schrei ich zu dir
GL 389: Dass du mich einstimmen lässt (1. Str.)
GL 422: Ich steh vor dir mit leeren Händen, Herr
GL 423: Wer unterm Schutz des Höchsten steht
GL 425: Solang es Menschen gibt auf Erden
GL 427: Herr, deine Güt ist unbegrenzt
GL 428: Herr, dir ist nichts verborgen
GL 436: Ach bleib mit deiner Gnade
GL 440: Hilf, Herr meines Lebens
GL 453: Bewahre uns Gott, behüte uns Gott (1. Str.)
GL Ö814: O höre, Herr, erhöre mich
GL Ö815: Sag ja zu mir, wenn alles nein sagt
Psalmen und Kehrverse:
GL 276: Verbirg dein Gesicht vor meinen Sünden, erschaffe mir ein reines Herz - Mit Psalm 130 (639,4) - II.
GL 517: Der Herr vergibt die Schuld und rettet unser Leben - Mit Psalm 51 (GL 639,2) - IV.
GL 518: Beim Herrn ist Barmherzigkeit und reiche Erlösung - Mit Jer 14,17-21 (GL 623,2) - VII.
GL 639,1+2: Erbarme dich meiner, o Gott, erbamre dich meiner - Mit Psalm 51 (GL 639,2) - IV.
GL 639,3+4: Beim Herrn ist Barmherzigkeit und reiche Erlösung - Mit Psalm 130 - II.
639,5+6: Bekehre uns, vergib die Sünde, schenke, Herr, uns dein Erbarmen - Mit Jes 55,6-7
- Einleitung5
Hans Hütter (2024)
Mit dem Aschermittwoch haben wir die 40-tägige Fastenzeit begonnen, um uns auf das Fest der Auferstehung vorzubereiten.
Der erste Sonntag der Fastenzeit erinnert uns an die vierzig Tage, die Jesus in der Wüste zugebracht hat, bevor er mit seiner Sendung an die Öffentlichkeit trat.
Auch wir bedürfen von Zeit zu Zeit eine Phase der Klärung unserer Lebensziele, unserer Beziehungen, nicht zuletzt unserer Beziehung zu Gott. Die Fastenzeit gibt uns dafür den nötigen Raum und schafft die entsprechende Atmosphäre.
Treten wir am Beginn dieser Feier vor den Herrn hin und bitten wir ihn, dass er sich uns zuwende:
Manfred Wussow (2021) - Jesus wird in die Wüste geschickt
Heute ist der erste Sonntag der österlichen Bußzeit. Wir nennen sie auch die Vierzigtagezeit. Jesus wird in die Wüste geschickt. Da spielen der Geist Gottes, aber auch Satan eine Rolle. Gegenspieler, die sich jetzt wohl einmal einig sind. Einig darin, Jesus zu versuchen, ihn auf die Probe zu stellen, ihn fertig zu machen.
Oft haben wir auch das Gefühl, fertig gemacht und in eine Wüste geschickt zu werden. Wie lange das jetzt schon geht mit Corona? 40 Tage und mehr. Werden wir unser Vertrauen bewahren oder neu finden können?
Klemens Nodewald (2018) - am Beginn der Fastenzeit
Wir stehen am Beginn der Fastenzeit und werden eingeladen, neu unseren Glauben zu überprüfen. Die Einladung geschieht nicht vorwurfsvoll mit dem Hinweis, was wir alles falsch gemacht haben. Vielmehr sollen wir neu bedenken, mit welcher Liebe und Sorge sich Gott uns Menschen zuwendet. Wer dies tief bedenkt und immer wieder verinnerlicht, den wird sein Herz bewegen, trotz wiederholten Versagens von der Liebe nicht zu lassen. Er wird Kraft und Mühe darauf verwenden, Gott mit Werken der Liebe zu antworten.
Gastautor*in (2018)
Im heutigen Sonntagsevangelium hören wir das Jesus für 40 Tage in die Wüste geführt wurde. Menschen machen aus verschiedenen Situationen Wüstenerfahrungen in ihrem Leben.
Herr, hilf uns gerade in diesen 40 Tagen der österlichen Bußzeit abzulegen, was uns belastet, und neu zu beginnen und umzukehren, wo du es für nötig hältst.
Möge in den kommenden 40 Tagen Glaube, Hoffnung und Liebe in dir zur Freude wachsen und uns zum Heil werden.
Bitten wir den Herrn im Kyrie um sein Erbarmen.
© Pfarrer Hans Tinkhauser <hans.tinkhauser@aon.at>
Manfred Wussow (2012)
Wir begehen heute den ersten Fastensonntag. Wir haben noch viele Fastensonntage vor uns. In dieser Zeit begleiten wir Jesus auf seinem Weg auf seinem Weg zum Kreuz.
In dieser Zeit gerät auch unser eigenes Leben in ein besonderes Licht. Kehrt um, heiß es im Evangelium. Das Reich Gottes ist nahe!
Lasst uns um Gottes Erbarmen bitten:
- Bußakt2
Gastautor*in (2018)
Herr Jesus Christus,
der Geist Gottes führte dich 40 Tage in die Wüste,
um gegen die Versuchungen standhaft zu bleiben.
Hilf uns im Glauben an dich beharrlich den Weg,
den du uns vorgeben hast, zu gehen.
Herr, erbarme dich unser.
Herr Jesus Christus,
wenn wir vom Weg deiner Botschaft abweichen, rüttle uns wach,
damit wir dir auf den Wegen des irdischen Lebens entgegen gehen.
Christus, erbarme dich unser.
Herr Jesus Christus,
hilf uns durch deinen Heiligen Geist umzukehren,
wenn wir von dir abweichen
und den Weg mit dir nicht mehr weiter finden.
Herr, erbarme dich unser.
Herr, hilf uns in den kommenden 40 Tagen,
den richtigen Weg zu dir zu finden.
Hilf uns umzukehren wo es nötig ist.
Verzeihe uns, wenn wir schuldig geworden sind.
Erweise uns deine Barmherzigkeit
durch Jesus Christus unseren Herrn. – Amen.
© Pfarrer Hans Tinkhauser <hans.tinkhauser@aon.at>
Manfred Wussow (2012) - gewohnte Wege zu verlassen, fällt uns schwer
Herr,
gewohnte Wege zu verlassen, fällt uns schwer,
wir haben uns in unseren Gedanken eingerichtet,
manchmal drehen wir uns nur noch um uns.
Herr, erbarme dich.
Herr,
Schuld einzugestehen, fällt uns schwer,
Wir suchen uns zu entlasten,
manchmal geben wir den schwarzen Peter einfach weiter.
Christus, erbarme dich.
Herr,
Menschen anzunehmen, die anders sind als wir, fällt uns schwer.
Wir pochen auf unsere Traditionen,
manchmal verschwinden hinter Ordnungen und Regeln Gesichter, die wir lieben könnten
Herr, erbarme dich.
Oder:
GL 168: O Herr, nimm unsre Schuld, mit der wir uns belasten
- Kyrie5
Hans Hütter (2024)
Herr, Jesus Christus,
du hast dich vom Geist Gottes in die Wüste führen lassen.
Herr, erbarme dich.
Du hast dich den Versuchungen des Satans ausgesetzt.
Christus, erbarme dich.
Als die Zeit erfüllt war, hast du zur Umkehr aufgerufen
und das Evangelium Gottes verkündet.
Herr, erbarme dich.
Edith Furtmann (2024)
Guter Gott,
du hast Noah den Regenbogen geschenkt als Zeichen des Neuanfangs.
Herr, erbarme dich.
Du hast uns deinen Sohn gesandt, um uns zur Umkehr aufzurufen.
Christus, erbarme dich.
Du lädt uns immer wieder ein, einen Neuanfang zu wagen und unser Leben auf dich auszurichten.
Herr, erbarme dich.
Manfred Wussow (2021) - Das Vertrauen wird auf eine harte Probe gestellt
Herr,
dein Weg beginnt in der Wüste.
Mit bösen Geistern musst du kämpfen.
Sie wollen nicht, dass du uns liebst.
Herr, erbarme dich.
Christus,
in unseren Herzen und Köpfen rumort es.
Wir sind hin- und hergerissen.
Das Vertrauen wird auf eine harte Probe gestellt.
Christus, erbarme dich.
Herr,
von der Weite der Wüste sind wir fasziniert.
Ob wir es aushalten, mit uns allein zu sein?
Deine Engel sind uns nah.
Herr, erbarme dich.
So spricht der Herr:
Er ruft mich an, darum will ich ihn erhören;
ich bin bei ihm in der Not,
ich will ihn herausreißen und zu Ehren bringen
(Ps 91 = Invokavit)
Beatrix Senft (2021) - Kraft zum Neubeginn
Vater im Himmel,
du schaust uns an und willst, dass wir nicht in den Fluten des Lebens untergehen.
Herr, erbarme dich.
Du setzt uns Zeichen in den Himmel und in unsere Herzen als Zusage deiner Liebe.
Christus, erbarme dich.
Unserer Schwachheit und unseren Irrwegen schenkst du die Zusage, bei uns zu sein und uns Kraft zum Neubeginn zu geben.
Herr, erbarme dich.
Klemens Nodewald (2018)
Wenden wir uns dem uns liebenden Gott zu, um ihn zu bitten.
Vater im Himmel,
dein Erbarmen und deine Huld kennen keine Grenzen.
Herr, erbarme dich.
Du schenkst es ohne Bedingung und Vorleistung.
Christus, erbarme dich.
Schwachen und Verirrten gibst du Kraft zur Umkehr.
Herr, erbarme dich.
Es erbarme sich unser der Herr.
Er stärke uns in unserem Bemühen um das Gute und Richtige.
Dank sei ihm für seine Liebe und allen Beistand. – Amen.
- Tagesgebet2
Messbuch - TG Fastenzeit 1 So: in der Erkenntnis Jesu Christi voranschreiten
Allmächtiger Gott,
du schenkst uns die heiligen vierzig Tage
als eine Zeit der Umkehr und der Buße.
Gib uns durch ihre Feier die Gnade,
daß wir in der Erkenntnis Jesu Christi voranschreiten
und die Kraft seiner Erlösungstat
durch ein Leben aus dem Glauben sichtbar machen.
Darum bitten wir durch ihn,
der in der Einheit des Heiligen Geistes
mit dir lebt und herrscht in alle Ewigkeit.
MB 1. Fastensonntag
Messbuch - TG Fastenzeit 1 Mo: gib uns die Gnade, umzukehren zu dir
Gott, unser Heil,
gib uns die Gnade, umzukehren zu dir.
Erleuchte unseren Verstand
und stärke unseren Willen,
damit uns diese Zeit der Buße zum Segen wird.
Darum bitten wir durch Jesus Christus.
MB Montag in der 1. Woche der Fastenzeit
- Eröffnungsgebet4
Sonntagsbibel
Allmächtiger und treuer Gott,
du willst unser Heil und unsere Rettung.
Öffne unser Ohr für die Frohe Botschaft
deines Sohnes, damit wir umkehren zu dir.
Durch Christus, unseren Herrn.
Manfred Wussow (2021) - Jesus wird in die Wüste geschickt
Herr,
vierzig Tage sind zu viel für uns.
Für was sollen wir Buße tun,
was verändern,
was neu beginnen?
Vierzig Tage sind zu wenig für uns,
dich zu finden und zu lieben,
in unsere Herzen zu blicken,
einander Gemeinschaft zu schenken.
Deinen Geist erbitten wir.
Dann wird uns an vierzig Tagen Glück zuteil.
Durch Christus, unserem Herrn. - Amen.
Gastautor*in (2018)
Herr unser Gott,
begleite uns durch diese österliche Bußzeit
und lass uns umkehren,
damit wir dein Wort wahrnehmen
und deine Liebe und Barmherzigkeit neu erfahren.
Darum bitten wir durch Jesus Christus unseren Herrn. – Amen.
© Pfarrer Hans Tinkhauser <hans.tinkhauser@aon.at>
Manfred Wussow (2012) - vierzig Tage der Besinnung und der Einkehr
Wir danken dir, guter Gott, für die Fastenzeit,
für vierzig Tage der Besinnung und der Einkehr.
Du schenkst uns dein Wort,
du lässt uns den Weg Jesu mitgehen,
du hilfst uns, einen neuen Blick auf unser Leben zu werfen.
Wir bitten dich, hilf uns,
die Dinge in unserem Leben abzuwägen,
Abhängigkeiten zu entdecken
und alten Ballast abzuwerfen.
Trägheit und Resignation legen wir in deine Hände.
Du führst uns in die herrliche Freiheit deiner Kinder.
Durch Christus, unserem Herrn.
- Fürbitten10
Hans Hütter (2024)
Herr, Jesus Christus,
du hast vierzig Tage in der Wüste gelebt und gefastet.
Wir bitten dich um deine Hilfe, dass auch unser Fasten und Beten Heil bringt.
Wir beten für alle Menschen, die unfreiwillig hungern und nicht genug Nahrung haben.
Wecke die Bereitschaft, ihnen zu helfen.
Wir beten für alle Menschen, der Lebensmöglichkeiten durch Terror und Krieg zerstört worden sind.
Erfülle ihre Sehnsucht nach Frieden.
Wir beten für alle Menschen, die sich im Einsatz für Notleidende verausgabt haben und sich ausgebrannt fühlen.
Lass sie die nötige Unterstützung finden und schaffe ihnen Gelegenheit, neue Kraft zu tanken.
Wir beten für alle, die in der Fastenzeit Stille und Besinnung suchen.
Lass sie die Frohe Botschaft als Quelle der Kraft entdecken.
Wir beten für alle Kranken und für alle, die eine persönliche Krise erleben.
Lass sie deine Nähe spüren und die Gewissheit, dass du in ihrer Not bei ihnen bist.
Wir beten für unsere Verstorbenen.
Lass sie teilhaben am ewigen Leben, das du schenkst.
Du, Herr, hast dich vom Heiligen Geist führen und leiten lassen und dich mit den lebensfeindlichen Mächten auseinandergesetzt. Hilf auch uns, den rechten Weg zu finden. – Amen.
Renate Witzani (2024)
Im Vertrauen auf Gottes bedingungslose Zuwendung zu seiner Schöpfung bitten wir:
Um deinen Geist für die, die deine Botschaft verkünden, und für die, die sie annehmen und daraus zu leben versuchen.
Um unsere eigenen Anstrengungen zur Bewahrung deiner Schöpfung aber auch um die Erkenntnis, dass wir Menschen allein die Welt nicht im Griff haben können.
Um Achtsamkeit für eigene und fremde Bedürfnisse besonders die Kinder und Jugendlicher in den Ländern des Südens, die im Rahmen der heurigen Fastenaktion gefördert werden.
Um Zeiten der Stille, in denen wir zur inneren Ruhe finden und erkennen können, wer oder was für uns wichtig und lebensnotwendig ist.
Um das ewige Leben für unsere Verstorbenen, wie du es allen Getauften zugesagt hast.
Im Glauben, dass dein Reich bereits jetzt unter uns begonnen hat und einst in dir vollendet wird, danken wir dir und preisen dich jetzt und bis in Ewigkeit. - Amen.
Edith Furtmann (2024)
Jesus hat 40 Tage in der Wüste gelebt und den Versuchungen des Teufels widerstanden. Er ruft auch uns zur Umkehr auf.
Wir bitten:
Für uns alle, die wir uns in dieser Bußzeit auf das Osterfest vorbereiten.
Lass uns deinen Ruf zur Umkehr hören, damit wir versuchen, unser Leben nach dir auszurichten.
Für alle Menschen, deren Leben so voller Beschäftigung und Ablenkung ist, dass sie keine Zeit und Muße mehr zu Gebet und Einkehr haben.
Lass sie erkennen, wie wertvoll und kräftigend Zeiten der Stille und Einkehr sein können.
Für die Menschen, die immer wieder neue Ausreden finden, weshalb sie glauben, Notleidenden nicht helfen zu können.
Lass sie begreifen, dass tätige Nächstenliebe auch aus der eigenen Gefangenschaft befreit.
Für alle Menschen, deren Sicht auf ihr eigenes Leben verengt ist, und die nur noch das sehen, was ihnen fehlt.
Löse ihre Verbitterung und lass sie den Reichtum auch ihres Lebens erkennen.
Für alle Menschen, die unter Krieg, Terror und Naturkatastrophen leiden, die auf der Flucht vor Terror und Not in den Flüchtlingslagern gestrandet sind.
Schicke ihnen Helfer, die durch ihre selbstlose Hilfe dein Reich erkennen lassen.
Für alle, die um einen lieben Menschen trauern und deinen Weg mit ihnen nicht mehr erkennen können.
Lass sie Menschen finden, die ihnen Trost und Hoffnung schenken.
Für unsere Kranken.
Stärke sie in ihrem Leid.
Nimm unsere Verstorbenen auf in dein Reich und schenke ihnen bei dir Geborgenheit und neues Leben.
Treuer Gott,
du stehst uns bei in allem, was geschieht. Dafür danken wir dir, darauf hoffen wir, heute und alle Tage unseres Lebens und in Ewigkeit. - Amen.
Manfred Wussow (2021) - Jesus wird in die Wüste geschickt
Jesus wird in die Wüste geschickt.
Wie ein verlorener, aufgegebener Mensch, den man loswerden möchte.
Aber er geht sogar in die Hölle, um die Verdammten zu befreien.
Darum beten wir heute in seinem Namen
Für alle verfluchten, verfemten und aufgegebenen Menschen.
Sie haben keine Heimat mehr in dieser Welt.
Herr, lass Engel bei ihnen sein!
Für alle, die Hass und Angst verbreiten.
Sie wissen nichts von der Kraft der Liebe.
Für alle, die einsam und traurig unter Corona leiden.
Sie sehnen sich nach menschlicher Nähe.
Für alle, die Verordnungen aufsetzen.
Sie müssen Freiheitsrechte einschränken, aber auch verteidigen.
Für alle, die politischen Streit ausfechten müssen.
Sie brauchen ein dickes Fell und offene Ohren.
Du, Herr, hast in der Wüste deinen Weg zu uns gefunden.
Du rufst uns zur Umkehr auf, zu einem neuen Leben.
Das Reich Gottes ist nahe.
In Jesus, der es mit Tod und Teufel aufnimmt. – Amen.
Renate Witzani (2021) - Den Versuchungen widerstehen
Den Versuchungen in unserem Leben können wir aus eigener Kraft nicht widerstehen.
Auch Christus ist in seinem irdischen Leben Versuchungen ausgesetzt gewesen.
Er konnte sie bestehen.
Ihn lasst uns bitten:
Um eine Kirche, die ehrlich mit ihren menschlichen Schwächen umgeht
und gerade darin den Menschen nahe ist.
Um Frieden und Gerechtigkeit für die Menschen,
die versuchen, sich gegen Korruption, Gewaltherrschaft und Missachtung ihrer Würde in ihren Ländern zu wehren.
Um einen verantwortungsvollen und vorsichtigen Umgang mit den vielen Informationen,
die uns täglich durch die digitalen Medien erreichen.
Um Kraft aus dem Glauben an dich, der uns hilft, trotz der gegenwärtigen Einschränkungen die Beziehung zu dir, zu unseren Mitmenschen und zu uns selbst nicht zu verlieren.
Um Hoffnung für unser Verstorbenen,
weil du, Jesus, uns alle vom ewigen Tod befreit hast.
In deinem Leben, Jesus, können wir die Kraft Gottes erkennen.
Auch wir sind durch die Taufe in diese Kraftquelle hineingenommen.
Dass wir uns nicht aus dieser Beziehung zu dir entfernen,
erbitten wir durch dich vom Vater im Heiligen Geist. Amen.
Klemens Nodewald (2018)
An dich, den die Menschen liebenden Gott,
wenden wir uns mit unseren Herzen und unseren Bitten.
Stärke uns in der Mühe, mit Hingabe die Liebe zu leben und einander wertzuschätzen.
Gott, du Liebhaber der Menschen...
Segne alle, die Kranken, Armen, Vertriebenen und Menschen in sonstigen Nöten beistehen.
Gott, du Liebhaber der Menschen...
Unterstütze alle, die sich um Frieden, Versöhnung, Ausgleich und Gerechtigkeit mühen.
Gott, du Liebhaber der Menschen...
Hilf Menschen, Irrtümer und Fehler zu erkennen, und stärke sie in der Bereitschaft zu Umkehr.
Gott, du Liebhaber der Menschen...
Stehe bei allen Verzagten, Vereinsamten, Verbitterten und Lebensmüden.
Gott, du Liebhaber der Menschen...
Die Verstorbenen nimm auf in die Gemeinschaft mit dir.
Gott, du Liebhaber der Menschen...
Dir, dem uns liebenden Gott, möge jedes Herz sich öffnen
für deine Liebe, Nähe und Hilfe. – Amen.
Gastautor*in (2018)
Bittend wenden wir uns an dich,
Herr du Großer Gott:
Für alle Menschen, die sich in der kommenden österlichen Bußzeit neu zu dir hinwenden.
Für unsere Pfarrgemeinden, damit sie die 40 Tage nützen, füreinander zu beten, damit Glaube, Hoffnung und Liebe wachsen können.
Für die Opfer von Kriegen, Terror, Naturkatastrophen und Unfällen.
Schenke den Betroffenen deinen heilenden tröstenden Geist.
Für die Verantwortlichen in Politik und Wirtschaft.
Lass sie erkennen, dass es nicht immer mehr sein muss.
Für unsere Kinder, die sich auf die Sakramente vorbereiten.
Lass sie in der Vorbereitungszeit erkennen,
dass Jesus Christus das Ziel von allem ist.
Für alle unsere Verstorbenen,
nimm sie auf in das Reich deiner ewigen Herrlichkeit
und lass sie durch dich das Heil schauen.
Herr unser Gott,
wir danken dir und preisen dich
jetzt und in Ewigkeit. - Amen.
© Pfarrer Hans Tinkhauser <hans.tinkhauser@aon.at>
Hans Hütter (2015)
Herr, Jesus Christus,
du kennst die leiblichen und seelischen Nöte der Menschen.
Dich bitten wir:
Für alle Menschen,
die von kriegerischen Auseinandersetzungen aus ihrer Heimat vertrieben worden sind.
Lass sie Menschen finden, die bereit sind, ihnen uneigennützig zu helfen.
Für alle Menschen, die aus Hass und Unfrieden Kapital schlagen.
Lass sie ihr Unrecht einsehen und bewege sie zur Umkehr.
Für alle Menschen, die unfreiwillig fasten, weil sie nicht genug zu essen haben.
Schaffe ihnen Gerechtigkeit und lindere ihre Armut.
Für alle Menschen,
die den Sinn der Fastenzeit nicht mehr verstehen.
Wecke in ihnen die Sehnsucht nach einem erfüllten Leben.
Für alle, die das Evangelium
nicht als Frohe Botschaft vom Reich Gottes wahrnehmen.
Schenke ihnen die Gnade der Hinkehr zu Gott.
Für unsere Verstorbenen.
Gib ihnen das volle Leben im Reich Gottes.
Du, Herr, Jesus Christus,
hast das Reich Gottes angekündigt.
Führe uns in dieses Reich deines Vaters. - Amen.
Renate Witzani (2015)
In Jesus Christus ist uns Gott auf allen geraden und ungeraden Wegen unseres Lebens nahe.
Durch ihn beten wir zum Vater:
Für Papst Franziskus, der sich unermüdlich für die sozialen und existenziellen Probleme aller Menschen einsetzt.
Für alle Politiker, die nicht nach populistischen Motiven entscheiden, aber es sehr wohl verstehen, ihre richtigen Entscheidungen populär zu machen.
Für alle Menschen, die den Wert deiner Schöpfung erkennen und durch ihr ökologisches Handeln bewahren wollen.
Für uns selbst, dass uns bewusster Verzicht zu größerer Dankbarkeit deiner Gaben führt.
Für unsere Verstorbenen, die im Vertrauen auf deine Treue ihr irdisches Leben beendet haben.
Um Glaubensstärke in den Stunden der Bewährung bitten wir Gott, dich, den Vater, durch Jesus Christus, der in der Gabe des Heiligen Geistes stets an unserer Seite bleibt und uns stärkt. - Amen.
Manfred Wussow (2012)
Jesus beginnt seine öffentliche Wirksamkeit in der Wüste.
Der Geist führt ihn in die Einsamkeit.
Dort findet er seinen Weg zu uns.
Wir beten:
Für die Menschen, die eine Durststrecke durchmachen,
ein tiefes Tal durchschreiten,
kein Licht am Horizont sehen.
Schenke ihnen Mut, sich nicht aufzugeben
Wir rufen zu dir: Herr, erbarme dich!
Für die Menschen, die von einer Diagnose aufgeschreckt werden,
die dem Tod ins Gesicht sehen,
die ihren letzten Weg alleine gehen müssen.
Schenke ihnen Mut, sich in deine Hände fallen zu lassen.
Für die Menschen, die das laute Leben nicht mehr aushalten,
der Hetze entkommen möchten,
die Frage nach dem Sinn ihres Lebens stellen.
Schenke ihnen Mut, die Stille zu suchen.
Für die Menschen, die verbrannte Erde zurücklassen,
Lebensräume in Wüsten verwandeln,
Angst und Schrecken verbreiten.
Schenke uns Mut, uns ihnen in den Weg zu stellen
Für die Menschen, die von Wüsten erzählen,
von ihrer Weite schwärmen
und Spuren des Lebens in harter Umgebung aufspüren.
Schenke uns Mut, einander Oasen zu schenken.
Du, Herr,
lässt in den Wüsten neues Leben wachsen,
was vertrocknet ist, fängt zu grünen an,
was sich im Sande verläuft, wird zu einem Weg.
Über allem steht dein Wort:
Kehrt um, das Reich Gottes ist nahe.
- Gabengebet2
Messbuch - GG Fastenzeit 1 So: Opfer zum Beginn dieser Fastenzeit
Herr, unser Gott,
wir bringen Brot und Wein für das heilige Opfer,
das wir zum Beginn dieser Fastenzeit feiern.
Nimm mit diesen Gaben uns selbst an
und vereine unsere Hingabe
mit dem Opfer deines Sohnes,
der mit dir lebt und herrscht in alle Ewigkeit.
MB 1. Fastensonntag
Messbuch - GG Fastenzeit 1 Mo: Übe Nachsicht mit unserem Versagen
Herr, unser Gott,
wir bringen diese Gaben dar
und weihen uns dir im Opfer deines Sohnes.
Nimm den Dienst deiner Kirche an.
Übe Nachsicht mit unserem Versagen
und heilige unser Leben.
Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn.
MB Montag in der 1. Woche der Fastenzeit
- Gebet zur Gabenbereitung3
Manfred Wussow (2021) - In der Wüste ist Brot das Paradies
In der Wüste, Herr, ist Brot das Paradies,
Wein das vollendete Glück.
Dir bringen wir unseren Hunger nach Leben,
die Sehnsucht nach Liebe,
die Hoffnung einer neuen Welt.
Du verwandelst alles,
Trauer in Freude,
Angst in Mut.
Und Brot und Wein lässt du uns werden
Leib und Blut unseres Herrn.
Du lässt uns den Himmel schmecken.
In Christus, unserem Herrn.
Gastautor*in (2018)
Herr unser Gott,
wir bringen am Beginn der 40 Tage dir unser Opfer dar.
Nimm du es an als Zeichen unserer Liebe und Dankbarkeit.
Darum bitten wir durch Jesus Christus unseren Herrn. – Amen.
© Pfarrer Hans Tinkhauser <hans.tinkhauser@aon.at>
Manfred Wussow (2012)
Herr, unser Gott,
wir können dich nicht fassen.
Groß bist du.
Aber du schenkst dich uns in Brot und Wein.
Unsere Mühen und Sorgen,
aber auch unsere Sehnsucht
heiligst du.
Was wir mit unseren Augen sehen,
was auf der Zunge zergeht,
bist du.
Klein wirst du für uns.
Brot und Wein.
Wir danken dir.
- Lobpreis1
Hans Hütter (2021) - Du schenkst uns Zeiten der Besinnung und Umkehr
Kehrvers
Singet dem Herrn alle Länder der Erde,
singt dem Herrn und preiset seinen Namen.
(GL 54,1)
Wir kommen zu dir, Gott und Vater,
um dir unseren Dank und Lobpreis darzubringen.
Du schenkst uns Zeiten der Besinnung und Umkehr
und gehst jenen entgegen, die dich mit aufrichtigem Herzen suchen.
Kehrvers
Obwohl die Menschen sich immer wieder von dir abwandten,
hast du ihnen deinen Bund angeboten.
Nach der großen Flut hast du der Menschheit zugesagt,
dass du ein Gott des Lebens bist,
der nicht den Tod des Sünders will,
sondern, dass er umkehrt und lebt.
Kehrvers
Wir danken dir für die Frohe Botschaft vom Reich Gottes,
die uns dein Sohn Jesus Christus verkündet hat.
Durch sie haben wir das wahre Leben gefunden.
Kehrvers
Durch die Taufe hast du uns Anteil am ewigen Leben der Kinder Gottes gegeben
und uns aus der Not des Sterbens errettet.
Dafür danken wir dir und preisen wir dich mit allen,
die in deiner Gegenwart leben.
Danklied, z. B. Lasst uns loben, freudig loben (GL 489)
- Präfation2
Messbuch - Präfation Fastensonntag 1: Jesu Fasten und unsere Buße
In Wahrheit ist es würdig und recht,
dir, Herr, heiliger Vater,
allmächtiger, ewiger Gott,
immer und überall zu danken
durch unseren Herrn Jesus Christus.
Denn er hat in der Wüste vierzig Tage gefastet
und durch sein Beispiel diese Zeit der Buße geheiligt.
Er macht die teuflische List
des Versuchers zunichte und läßt uns
die Bosheit des Feindes durchschauen.
Er gibt uns die Kraft,
den alten Sauerteig zu entfernen,
damit wir Ostern halten mit lauterem Herzen
und zum ewigen Ostern gelangen.
Darum preisen wir dich mit den Cherubim und Serafim
und singen mit allen Chören der Engel
das Lob deiner Herrlichkeit:
Heilig ...
MB Fastensonntag 1
Messbuch - Präfation Fastenzeit 1: Der geistliche Sinn der Fastenzeit
In Wahrheit ist es würdig und recht,
dir, Vater im Himmel, zu danken
und dein Erbarmen zu preisen.
Denn jedes Jahr
schenkst du deinen Gläubigen die Gnade,
das Osterfest in der Freude
des Heiligen Geistes zu erwarten.
Du mahnst uns in dieser Zeit der Buße
zum Gebet und zu Werken der Liebe,
du rufst uns zur Feier der Geheimnisse,
die in uns die Gnade der Kindschaft erneuern.
So führst du uns mit geläutertem Herzen
zur österlichen Freude und
zur Fülle des Lebens
durch unseren Herrn Jesus Christus.
Durch ihn rühmen wir deine Größe
und vereinen uns mit den Chören der Engel
zum Hochgesang von deiner göttlichen Herrlichkeit:
Heilig ...
MB Fastenzeit 1
- Einleitung zum Vater unser1
Gastautor*in (2018) - Einleitung zum Vater unser
hat in einer großen Tiefe zum Vater gebetet.
Beten wir das Gebet, welches Christus uns selber zu beten gelehrt hat,
mit der gleichen großen Ehrfurcht.
Vater unser...
© Pfarrer Hans Tinkhauser <hans.tinkhauser@aon.at>
- Mahlspruch1
Bibel
Christus spricht:
die Zeit ist erfüllt,
das Reich Gottes ist nahe.
(Mk 1,13)
Christus ist der Sünden wegen gestorben,
um euch zu Gott hinzuführen.
(vgl. 1 Petr 3,18)
Christus spricht:
Nicht vom Brot allein lebt der Mensch,
sondern von jedem Wort,
das aus Gottes Mund kommt.
(Mt 4,4)
- Meditation2
Helene Renner (2021) - ans Licht bringen, was in mir dunkel ist
Ich bin da vor dir, mein Gott
du kennst und verstehst mich besser
als ich mich kenne und verstehe
Vor dir darf ich alles ans Licht bringen
auch das, was in mir dunkel ist
dir muss ich nichts vormachen
Vor dir darf ich meine Masken ablegen
ich darf sein, wie ich bin, wer ich bin
vor dir darf ich auch zulassen
was ich vor meinen Mitmenschen verberge
Du gibst mir dein Wort
und sagst zu mir
ich liebe dich so wie du bist
mit deinen Stärken und deinen Talenten
aber auch mit all deinen Fehlern und Schwächen
ich bitte dich heute
gib mir Kraft und Mut zur Umkehr
wo es nötig ist
Schenke mir das Vertrauen und die Hoffnung
dass sich auch das Dunkel in mir
in Licht und Leben verwandelt
Ich danke dir für die Erlösung durch Jesus Christus
und für die Kraft des Heiligen Geistes
die mich zu neuem Leben führt.
Helene Renner (2021) - Wir danken dir, dass du uns von Neuem rufst
Wir danken dir, Gott,
dass du Frieden bringst und uns Menschen rufst
sich für den Frieden einzusetzen.
Dass du diese Welt geschaffen hast,
damit Glück und Frieden sich ausbreiten können.
Wir danken dir, dass du nicht zulassen willst,
dass Menschen in Hunger und Elend bleiben
und sich gegenseitig töten.
Wir danken dir,
dass du uns in Jesus Christus
einen Bruder gegeben hast,
der unsere Nöte und Ängste erlebt hat,
der zuerst die Leidenden und Hilflosen sah
und die Verachteten und Ausgestoßenen.
Der nicht schwieg, wo alle schwiegen,
und der bereit war,
für den Frieden am Kreuz zu sterben.
Wir danken dir, dass du uns in dieser Fastenzeit
von Neuem rufst
unsere Irrwege und Umwege zu verlassen
und dir zu folgen,
damit dein Reich wachsen kann
dein Reich der Liebe und des Friedens.
- Schlussgebet2
Messbuch - SG Fastenzeit 1 So: Stärke uns mit jedem Wort aus deinem Mund
Gütiger Gott,
du hast uns das Brot des Himmels gegeben,
damit Glaube, Hoffnung und Liebe in uns wachsen.
Erhalte in uns das Verlangen nach diesem wahren Brot,
das der Welt das Leben gibt,
und stärke uns mit jedem Wort,
das aus deinem Mund hervorgeht.
Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn.
MB 1. Fastensonntag
Messbuch - SG Fastenzeit 1 Mo: Anteil am heiligen Mahl
Allmächtiger Gott,
du hast uns Anteil gegeben am heiligen Mahl.
Laß uns an Leib und Seele gesunden.
Schenke uns durch dieses Sakrament deine Hilfe
und die ewige Vollendung.
Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn.
MB Montag in der 1. Fastenwoche
- Gebet zum Abschluss4
Manfred Wussow (2021) - Jesus wird in die Wüste geschickt
Herr,
am Anfang der österlichen Bußzeit danken wir dir,
dass uns 40 Tage geschenkt sind,
mit dir und mit uns in Reine zu kommen.
Hilf uns, unsere Ideen, Fragen und Zweifel
in deinem Licht abzuwägen,
alte Denkmuster zu öffnen und
alles, was selbstverständlich ist,
noch einmal neu zu entdecken.
Und wenn unsere Wege
Wegen in der Wüste gleichen,
schenke uns,
einander Engel zu werden.
In der Kälte wird es dann warm,
in der Hitze des Tages kühl,
in der Weite nah
und im Sand wachsen Blumen.
In Christus verheißen
von Horizont zu Horizont. – Amen.
Beatrix Senft (2021) - Durststrecken und Anfechtungen
Herr, Jesus Christus,
dir sind die Wege, die Durststrecken und die Anfechtungen des Lebens vertraut.
Die Menschen durften dir in ihrer ganzen Bedürftigkeit begegnen.
Du hast vom verzeihenden Vater Kunde gebracht und uns zugerufen:
Die Zeit ist erfüllt, das Reich Gottes ist nahe. Kehrt um und glaubt an das Evangelium.
Gib uns die Kraft, immer wieder auf das zu schauen,
was unser Leben wirklich ausmachen soll
und lass uns Wege der Umkehr und des Neubeginns finden.
Tritt du immer wieder vor dem Vater für uns ein. – Amen.
Manfred Wussow (2012)
Gütiger Gott,
wir gehen in unseren Alltag zurück.
Wenn eine Hoffnung in uns abstirbt,
die Zunge am Gaumen klebt,
Wege wie zugeschüttet und verbaut sind,
dann sei uns nah!
Wenn wir Durststrecken gemeinsam gehen,
am Horizont ein Licht ausmachen,
es mit allen Gefahren aufnehmen,
dann sei uns nah!
Wir danken dir, dass du die Wege,
die wir gehen, schon einmal abgegangen bist.
Du kennst die Abkürzungen,
die Kreuzungen und die Sackgassen.
Dir vertrauen wir unsere Wüsten an,
du schenkst uns den Himmel.
Durch Christus.
Gastautor*in (2018)
Herr unser Gott,
in der Feier der Eucharistie haben wir dir unseren Dank dargebracht.
Erhöre unsere Gebete und lass uns dein Heil schauen.
Darum bitten wir durch Jesus Christus unseren Herrn. – Amen.
© Pfarrer Hans Tinkhauser <hans.tinkhauser@aon.at>
- Segen2
Beatrix Senft (2021) - Zeichen seines Bundes mit uns
Es segne uns Gott der Vater,
der die Buntheit des Regenbogens,
als Zeichen seines Bundes mit uns,
in den Himmel setzte.
Es segne uns Gottes Sohn, unser Bruder,
der uns liebend zur Umkehr gerufen hat.
Es segne uns die Kraft des Hl. Geistes,
dass sie uns befähigt und stärkt.
So segne uns der dreieinige Gott…
Gastautor*in (2018) - du hast deinen Sohn in die Wüste geführt
Gott unser Vater
du hast deinen Sohn in die Wüste geführt,
damit wir in der Freiheit der Kinder Gottes leben können.
Segne unsere Tage in der österlichen Bußzeit.
Lass uns Christus nahe kommen,
damit wir Ostern als Fest des Lebens und der Freude feiern
durch die Erlösungstat, die Herr für uns vollbracht hat.
So segne uns der dreieinige Gott,
der Vater und der Sohn und der heilend tröstende Geist. – Amen.
© Pfarrer Hans Tinkhauser <hans.tinkhauser@aon.at>
Verzicht und der Anspruch auf das Bessersein
Askese und Enthaltsamkeit sind alles andere als rein christliche Tugenden. Alle große Religionen beschäftigen sich mit dem Verzicht aus unterschiedlichsten Motiven. Verzicht, nicht zuletzt der frei gewählte, macht Verzichtende nicht nur für sich selbst besser. Wer verzichtet, ist Vorbild und will das in einer Gesellschaft, in der staatlich geforderter Verzicht mittlerweile als Freiheitsberaubung gesehen wird, auch gerne sein.
Ganzer Beitrag:
https://topos.orf.at/askese100
Gerald Heidegger (Text), ORF Topos, Markus Marschalek (Video), ORF Religion, für ORF Topos.
Neuanfänge
Gottes Neuanfänge
Zwei Anfänge, Neuanfänge, finden wir in den Texten des ersten Fastensonntags: den Neuanfang der Menschheit und des Tierreiches nach der Sintflut und den Neuanfang durch Jesus Christus.
Was am Genesistext auffällt: Gott schließt seinen Bund nicht nur mit uns Menschen. Er schließt ihn auch mit allen anderen Lebewesen. Wer also sind wir, dass wir meinen, es mache nichts aus, wenn wir andere Lebewesen ausrotten? Wir sollten in Zukunft genauer hinsehen, wie wir mit der uns anvertrauten Natur umgehen, was wir essen usw. Dann kann der Regenbogen auch ein Hoffnungszeichen dafür sein, dass die Menschheit die Erde nicht zu Tode ausbeutet.
Der Regenbogen ist Symbol des Neuanfanges. „Balle ich Wolken über der Erde zusammen und erscheint der Bogen in den Wolken, dann gedenke ich des Bundes“, sagt Gott zu Noah und seinen Weggefährten und Weggefährtinnen. Dieses Angebot Gottes ist auch heute noch aufrecht. Er hat mit uns einen Bund geschlossen. Diesen hat er dadurch bekräftig, dass er seinen Sohn hat Mensch werden lassen. Wir bezeichnen diesen als „der neue Bund“.
Neu anfangen
Wenn ich den Kindern in Schul- und Kindergartengottesdiensten das Aschekreuz ausgeteilt habe, habe ich immer gesagt: Kehr um und lebe so, dass Jesus seine Freude an dir hat. Was das bedeutet, haben wir vorher gemeinsam überlegt. Die Kinder begreifen das: sie schauen, was in ihrem Leben falsch läuft, und wo sie selbst etwas ändern können. Selbst die kleinsten finden da Ansatzpunkte.
Das heißt jedoch nicht, dass in unserem Leben alles falsch sei. Wir gehen normalerweise in die richtige Richtung. Wir sollten jedoch immer wieder den eingeschlagenen Weg überprüfen. Vielleicht ist eine Neubetrachtung unseres aktuellen Lebensweges notwendig, vielleicht ist es notwendig, liebgewonnene Gewohnheiten loszulassen und sich auf unbekanntes Neues einzulassen.
Ich wünsche uns allen, dass es uns gelingen möge, die Fastenzeit genau dazu zu nutzen: Zeit und Muße zu finden, unseren Weg mit dem Evangelium zu überdenken, dem nachzuspüren, was Jesus von uns erwartet und unser Leben mit dem Blick auf ihn neu zu justieren. Auch wir sind eingeladen so zu leben, dass Gott seine Freude an uns hat.
Libreria Editrice Vaticana am 10. Januar 2024
In die Wüste
„In die Wüste?… Du?“ – Mein Gegenüber schaut mich ungläubig an. Ja, ich gehe in die Wüste.
Nächste Woche schon geht’s los. Zwölf Tage – mit Rucksack, Schlafsack und Isomatte. Kein Auto. Kein Handy. Keine Uhr.
Nicht in die Sandwüste nach Afrika, sondern nach Jordanien. Dort gibt’s auch Sand, aber vor allem Steine und Felsen.
Ich gehe in die Wüste zum Wandern. Das auch. Aber vor allem, weil ich mal rauskommen will aus der Tretmühle.
Abschalten, frei werden von all dem, was da jeden Tag auf mich einstürmt – an Bildern, an Worten, an Reizen, an Aufgaben und Verpflichtungen. Manchmal habe ich das Gefühl, ich werde von all dem getrieben.
Darum gehe ich in die Wüste. Ich suche die Einsamkeit… und Gott. Dazu braucht es vor allem eins: Stille.
Ich glaube: Gott redet. Auch heute. Aber um mich herum ist es so laut. Ständig bin ich abgelenkt.
Und auch in mir ist es laut. Mein Kopf ist so voll. Und da kreisen so viele Gedanken: An das muss ich noch denken. Und das wollte ich noch besprechen. Und das andere nicht vergessen…
Thomas Drumm
https://www.kirche-im-swr.de/?page=beitraege&id=19169
In die Wüste
Die Steppe wird blühen
Die Steppe wird blühen,
die Steppe wird lachen und jauchzen.
Die Felsen, die stehen seit
den Tagen der Schöpfung,
stehn voll Wasser, doch dicht,
sie werden sich öffnen.
Das Wasser wird strömen,
das Wasser wird glitzern und strahlen,
Durstige kommen und trinken.
Die Steppe wird trinken,
die Steppe wird blühen,
die Steppe wird lachen und jauchzen.
Verbannte, sie kommen
mit leuchtenden Garben nach Hause.
Die gingen in Trauer
bis zum Ende der Erde,
hin auf immer, allein –
vereint kehrn sie wieder.
Wie Bäche voll Wasser,
wie Bäche voll sprudelndem Wasser,
brausend herab von den Bergen.
Mit Lachen und Jauchzen –
die säten in Tränen,
kehrn wieder mit Lachen und Jauchzen.
Der Tote wird leben.
Der Tote wird hören: Nun lebe.
Zu Ende gegangen,
unter Steinen begraben:
Toter, Tote, steht auf,
es leuchtet der Morgen.
Da winkt eine Hand uns,
uns ruft eine Stimme: ich öffne
Himmel und Erde und Abgrund.
Und wir werden horen,
und wir werden aufstehn
und lachen und jauchzen und leben.
Übersetzung: Anette Rotherberg-Joerges, © Ekklesia Music Publishing EMP. For the world: Small Stone Media bv, Holland
https://www.koormuziek.nl/files/lyrics/ECC17.1086.03L.pdf
Wüstenlied
Überall Sand
Kinderlieder zum Mitsingen von Thomas Koppe
https://www.youtube.com/watch?v=u0kkflX-yf8
Kinderlieder zum Mitsingen von Thomas Koppe
https://www.youtube.com/watch?v=u0kkflX-yf8
"Wüstenwind" (Sahara)
Lass uns den Weg der Gerechtigkeit gehen
Lass uns den Weg der Gerechtigkeit gehen,
dein Reich komme, Herr, dein Reich komme.
Dein Reich in Klarheit und Frieden,
Leben in Wahrheit und Recht.
Dein Reich komme, Herr, dein Reich komme.
Lass uns den Weg der Gerechtigkeit gehen,
dein Reich komme, Herr, dein Reich komme.
Dein Reich des Lichts und der Liebe
lebt und geschieht unter uns.
Dein Reich komme, Herr, dein Reich komme.
Lass uns den Weg der Gerechtigkeit gehen,
dein Reich komme, Herr, dein Reich komme.
Wege durch Leid und Entbehrung
Führen zu dir in dein Reich.
Dein Reich komme, Herr, dein Reich komme.
Lass uns den Weg der Gerechtigkeit gehen,
dein Reich komme, Herr, dein Reich komme.
Sehen wir in uns einen Anfang,
endlos vollende dein Reich.
Dein Reich komme, Herr, dein Reich komme.
Nach dem spanischen Anunciaremos tu reino Senor von Maria Pilar Figuerea 1965, übertragen von Diethard Zils und Christoph Lehmann 1983 in: EG 675.
Die Erde ist des Herrn
Die Erde ist des Herrn. Geliehen ist der Stern, auf dem wir leben.
Drum sei zum Dienst bereit, gestundet ist die Zeit, die uns gegeben.
Gebrauche deine Kraft. Denn wer was Neues schafft, der lässt uns hoffen.
Vertraue auf den Geist, der in die Zukunft weist. Gott hält sie offen.
Geh auf den andern zu. Zum Ich gehört ein Du, um Wir zu sagen.
Leg deine Rüstung ab. Weil Gott uns Frieden gab, kannst du ihn wagen.
Verlier nicht die Geduld. Inmitten aller Schuld ist Gott am Werke.
Denn der in Jesus Christ ein Mensch geworden ist, bleibt unsre Stärke.
Jochen Rieß 1985 in: EG 677.
Die Apokalypse ist gut für die Menschheit
Seit 2000 Jahren denkt der Mensch über das Ende der Welt nach. Das hinterlässt Spuren, sagt Historiker Johannes Fried: ohne Apokalypse kein Atomausstieg und keine Flüchtlingshilfe.
Interview von Hannes Vollmuth
Ganzer Beitrag:
www.sueddeutsche.de/kultur/kulturgeschichte-die-apokalypse-ist-gut-fuer-die-menschheit-1.3075776
www.sueddeutsche.de/kultur/kulturgeschichte-die-apokalypse-ist-gut-fuer-die-menschheit-1.3075776 - 14. Juli 2016
Weltende
Dem Bürger fliegt vom spitzen Kopf der Hut,
In allen Lüften hallt es wie Geschrei,
Dachdecker stürzen ab und gehn entzwei
Und an den Küsten – liest man – steigt die Flut.
Der Sturm ist da, die wilden Meere hupfen
An Land, um dicke Dämme zu zerdrücken.
Die meisten Menschen haben einen Schnupfen.
Die Eisenbahnen fallen von den Brücken.
Weltende ist ein Gedicht von Jakob van Hoddis und ein Werk der in der Wiege liegenden expressionistischen Apokalypse. 1911 wurde es in der Berliner Zeitschrift Der Demokrat erstmals veröffentlicht.
In der ersten Strophe beschreibt der lyrische Sprecher das Weltende mit ungewöhnlichen Bildern: Bürger haben spitze Köpfe, Dachdecker „gehn entzwei“. Nur die steigende Flut ist ein Bild, das zumindest der judäo-christlich geprägte Leser erwarten würde, doch dieses realer erscheinende Bild wird nur durch ein Medium vermittelt, während die Verse davor eine unmittelbare Schilderung boten.
Die Flut wird in der zweiten Strophe wieder durch ein ungewöhnliches Bild aufgenommen: Die Meere hupfen. Gleichzeitig wird den Meeren eine Intention unterstellt (Personifizierung), nämlich „dicke Dämme zu zerdrücken“ (Stabreim). Der dritte und vierte Vers setzen wieder den Reihungsstil aus der ersten Strophe fort. Dabei kontrastiert der „Schnupfen“ mit dem Szenario, dass Eisenbahnen von den Brücken fallen.
Um 1910 existierte eine reale apokalyptische Angst vor dem Halleyschen Kometen: Man hatte Angst, dass er mit der Erde zusammenstößt...
Der Text sucht die Expression für die sich stark ändernde Wirklichkeit (das bröckelnde Kaiserreich, der technische Fortschritt) und entgleist semantisch wie die Eisenbahn. Die Bildlichkeit vermittelt dabei eine neue Art der Wahrnehmung, demgegenüber bleiben die formalen Aspekte (Metrum, Reim, Strophenbau) konventionell. Inwiefern das Gedicht sich über die Untergangsängste der Zeitgenossen lustig macht, muss offen bleiben. Die 1912 beginnende geistige Umnachtung des Dichters liefert eine weitere Interpretation für den in kuriosen Einzelbildern imaginierten Weltuntergang.
Fasten aus Solidarität: Kirche rät zu Auto- und Fleischverzicht
Nachhaltigkeit und Suchtprävention im Fokus von"Autofasten" und "Fleischfasten" - Auch eigene Verzichtsaktionen für Familien, Kindergärten und Schulen.
Salzburg-Graz, 13.2.2015 (KAP) Die Fastenzeit regt dazu an, den eigenen Lebensstil zu überdenken und auf seine Zukunftsfähigkeit hin zu überprüfen: Mit dieser Motivation lädt die Kirche in der 40-tägigen Vorbereitungszeit auf Ostern zum bewussten Verzichten ein, besonders rund um die Aspekte Mobilität und Ernährung. Durchaus lasse sich hier ökologisch verantwortbares Handeln mit innerem Gewinn verbinden, sei es doch auch eine geistliche Übung, "die Freiheit der Lebensgestaltung zu nutzen, das richtige Maß zu finden und aus dem wahllosen Trott auszubrechen", wie Johann Neumayer, Umweltreferent der Erzdiözese Salzburg, in einer Aussendung zur Fastenzeit erklärte.
So rufen die katholische und evangelische Kirche bereits zum zehnten Mal gemeinsam österreichweit zu einem "Autofasten" während der Fastenzeit auf. Wer sich für die Teilnahme auf der Plattform www.autofasten.at registriert, erhält einen wöchentlichen Newsletter, Zugang zu einem Autofasten-Tagebuch und zu einem Mobilitätskalender, der über die eingesparten Autokilometer die Höhe der CO2-Einsparungen berechnet. Als Motivationshilfe winken zudem die kostenlose Rechtsschutz-, Haftpflicht- und Unfallversicherung beim Verkehrsclub Österreich und die Teilnahme an einer Verlosung von Urlaubs- und Bahnpreisen. Österreichweiter Auftakt bildet am 20. Februar ein Symposium an der TU Wien.
"Jeder Einzelne hat bei der Mobilität einen beträchtlichen Entscheidungsspielraum", skizzierte Neumayer den Ausgangspunkt der Aktion, an der sich im Vorjahr 14.600 Menschen beteiligten und dabei 8,7 Millionen Autokilometer "einsparten". Das Autofasten animiere zum Erproben von Fahrgemeinschaften, öffentlicher Verkehrsmittel, des Fahrrads, der Elektromobilität, des Gehens oder anderer Alternativen zum motorisierten Individualverkehr. Durchaus sollten dabei auch neue Aspekte von Lebensqualität - wie "Entschleunigung, Zeitwohlstand, intensive Naturwahrnehmung, Wellness und Begegnungen" - wahrgenommen werden. Neumayer: "Im Ausprobieren entdeckt man Handlungsspielräume und eine neue Freiheit, gepaart mit gutem Gewissen."
Vegetarisch aus Solidarität und Schöpfungsliebe
Einen weiteren Verzichts-Schwerpunkt für die Fastenzeit setzt die Kirche bei der Ernährung, konkret beim Fleischkonsum. Dieser habe globale Auswirkungen, die von den Konsumenten durchaus beeinflusst werden können, betont etwa die Fastenaktion "Gerecht leben-Fleisch fasten" der Diözese Graz-Seckau (Anmeldung: www.fleischfasten.at oder per Post: Aktion Gerecht leben - Fleisch Fasten, Bischofsplatz 4, 8010 Graz). Fleischfasten solle anregen, Alternativen zum teils enormen Fleischkonsum - in Österreich jährlich 70 Kilo pro Person - auszuprobieren und so zu mehr lokaler und globaler Gerechtigkeit, zur eigenen Gesundheit und zum Umwelt- und Tierschutz beizutragen.
Die globale Fleischproduktion benötige enorme Ressourcen und verursache mehr Treibhausgase als der gesamte weltweite Verkehr, begründen die Initiatoren; sie beanspruche zudem 70 Prozent aller Agrarflächen und mache Kleinbauern im Süden wie auch Österreichs Landwirte - über den Wettbewerbsdruck - in letzter Folge zu Systemverlierern. Durchaus könne der Ernährungsstil das "ungerechte System durchbrechen und eine nachhaltige und fair bezahlte Landwirtschaft fördern", betonte Elisabeth Fritzl vom Grazer Pastoralamt in einer Aussendung. Wird der Fleischkonsum verringert, dafür aber Wert auf Bio-Qualität und faire Preise gelegt, habe dies viele positive Auswirkungen: "Auf die Lebensumstände von Menschen weltweit, auf unsere Umwelt und das Klima, auf unsere Landwirte und die Tiere - und nicht zuletzt auf unsere Gesundheit", so Fritzl.
Verzicht für Familien, Kindergärten und Schulen
Speziell an Familien, Kindergärten, Schulen und Jugendzentren richtet sich die "Aktion Verzicht", mit der der Katholische Familienverband (KFÖ) die sechswöchige Fastenzeit begeht. Ob dabei auf Alkohol, Süßigkeiten, Konsumgüter oder Fleisch verzichtet wird, legt jeder selbst fest, zentral geht es darum, "gutes Gespür für eigene Gewohnheiten zu entwickeln". Anregungen und Materialien dazu können über die Homepage (www.aktion-verzicht.net) und über die Diözesanverbände bezogen werden. Unterstützt wird die bereits zum 14. Mal durchgeführte Aktion von je nach Bundesland verschiedenen Partnern, darunter auch die Suchtpräventionsstellen der Länder, aus naheliegenden Gründen: "Sich von eigenen Gewohnheiten immer wieder zu distanzieren beugt Suchtverhalten vor", so KFÖ-Präsident Alfred Trendl.
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Zwangsbefreiung mit spirituellem Mehrwert
Linzer Moraltheologe Rosenberger: Geänderte Alltagspraxis in der Fastenzeit birgt Chance auf neue Kurssetzung im Leben - Wache Sinne, offeneres Bewusstsein und Beschäftigung mit Grundfragen als Benefits.
Linz, 13.2.2015 (KAP) In der Fastenzeit wird sich so mancher wieder im Verzicht üben - auf Süßigkeiten, das abendliche Glas Bier oder Fernsehen. Für den Linzer Moraltheologen Prof. Michael Rosenberger ist dieser Verzicht ein essenzieller Bestandteil des Fastens, der vor allem zur "Kursüberprüfung" des eigenen Lebens dient. "Wenn ich erkannt habe, wo meine Schwachpunkte liegen, kann ich durch bestimmte praktische Übungen versuchen, eine neue Richtung einzuschlagen", so Rosenberger im "Kathpress"-Gespräch. Der Verzicht diene in diesem Zusammenhang letztlich dazu, einen besseren Kurs für das eigene Leben zu finden und freier von Zwängen zu werden.
Worauf sich die Entsagung richtet, sei individuell sehr verschieden. Es gelte sich die Frage zu stellen: "Wo ist meine Alltagspraxis so, dass ich zu sehr an etwas hänge?", riet Rosenberger. Grundsätzlich wüssten Menschen zumeist gut Bescheid über ihre Schwächen. Die Frage nach der Art des Verzichts sei somit eine "Frage der Ehrlichkeit" sich selber gegenüber.
Für Rosenberger stellt sich mit dem Abbau von Zwängen gleichzeitig die Frage nach der Zielrichtung der dadurch neu gewonnenen Freiheit. Der Moraltheologe verdeutlicht das am Beispiel des Fernseh-Verzichts: Wer in der Fastenzeit weniger fernsieht, habe mehr Zeit zum Lesen.
Auch säkulare Anknüpfungspunkte
Mit dem Zugewinn an Freiheit habe die Fastenzeit auch einen guten Anknüpfungspunkt in der säkularen Gesellschaft, die oft von übermäßigem Konsum geprägt sei. "Die Leute spüren, dass Konsum nicht nur etwas Positives darstellt und auch Zwang bedeutet", ist Rosenberger überzeugt. Ein nicht zu unterschätzender Aspekt sei auch der "sportliche Ehrgeiz". Die Frage "Schaffe ich es, sieben Wochen auf etwas zu verzichten?" stehe oft hinter der Entscheidung zum Fasten. Eine Rolle würden auch die Gesundheit und manchmal auch Geldersparnis spielen.
Oft bekomme das zunächst durch solch "weltliche" Aspekte angeregte Fasten aber schnell einen "spirituellen Mehrwert". Vor allem der Verzicht im Zusammenhang mit Essen und Trinken gehe "unter die Haut". Essensfasten treffe den Mensch noch einmal existenzieller als etwa Auto- oder Fernsehfasten und führe schon auf Grund körperlicher Reaktionen oft zu einer spirituellen Dimension. "Die Sinne werden nach etwa drei Tagen sehr viel wacher, und auch das Bewusstsein wird offener", weiß der Theologe. Das führe schließlich dazu, dass "man sich mit Grundfragen des eigenen Lebens intensiver auseinandersetzt".
Die größte "Weisheit der Fastenzeit" liegt für Rosenberger in der Haltung der Bescheidenheit und Demut. Das spiegle sich nicht nur im Fastenziel, sondern auch im Umgang mit dem Scheitern wider. Dabei gelte: Zu radikale Vorschriften seien meistens mit Scheitern verbunden, während eine zu niedrige Latte oft zu keinerlei Veränderung führe. Wichtig sei außerdem, von "Tag zu Tag" zu fasten. "Es bringt gar nichts, sich ständig die gesamte Osterzeit vor Augen zu führen." Sollte an einem Tag das erwünschte Ziel nicht erreicht werden, gelte es, "barmherzig sich selbst gegenüber" zu sein.
Jesus als Fasten-Vorbild
Fastenerfahrung könne man grundsätzlich auch ohne Glauben zu machen, doch biete der christlichen Kontext durchaus einen Mehrwert, so Rosenberger. Für den gläubigen Menschen mische sich in die Konfrontation mit dem Eigenleben unweigerlich die Frage nach der Berufung durch Gott. Das sei die genuine Aufgabe der Fastenzeit als Vorbereitungszeit auf Ostern; nämlich den eigenen Lebensweg neu auszurichten vor dem Hintergrund der Osterbotschaft. Ostern stehe so nicht nur für die Auferstehung Christi, sondern sei auch mit einer Art Auferstehung des gläubigen Menschen verbunden.
Als Vorbild für den Verzicht und das Widersagen von Verlockungen bezeichnete Rosenberger Jesus Christus selbst, der laut Bibel 40 Tage in der Wüste fastete und den Versuchungen des Teufels widerstand. Dies sei nicht nur eine "hervorragende Motivation", sondern gleichzeitig eine Art Anleitung, so der Moraltheologe. Zentrales Moment sei für Jesus in seiner Fastenzeit die Heilige Schrift gewesen, die auch für das christliche Fasten in der Gegenwart eine wichtige Rolle spiele.
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Fasten der Benediktiner: Verzichten, Entrümpeln, Lesen und Beten
Abt Johannes Perkmann im "Kathpress"-Interview: Mönche verschriftlichen am Aschermittwoch ihre Vorsätze - Verzichtsübung soll Blick für die anderen Menschen, die Umwelt und Gott schärfen.
Salzburg, 13.2.2015 (KAP) Ordensleute gelten als Profis, wenn es um das Fasten geht: In den meisten Klöstern wird die 40-tägige Fastenzeit streng als Vorbereitungszeit auf Ostern eingehalten. Der Verzicht im Orden sei sehr "bewusst und konsequent, mit einer religiösen Ausrichtung und mit Teilen verbunden", erklärte der Michaelbeurer Abt Johannes Perkmann im "Kathpress"-Interview. Doch auch außerhalb der Klostermauern könne die Fastenübung sowohl Körper als auch Geist und Seele zugleich erfassen und klarmachen, "dass viel weniger wesentlich mehr bedeuten kann", so der Benediktinermönch.
Benediktiner starten die Fastenzeit mit der Abgabe schriftlich verfasster Vorsätzen an den Abt, die ein jeder am Ende der Zeit wieder zurückbekommt - "als Art Selbstkontrolle", wie Perkmann erklärte. Nach Maßgabe des heiligen Ordensgründers Benedikt umfassen diese Vorsätze außer den Dingen, auf die man bewusst verzichten will, auch die Titel der Bücher, die man lesen möchte, die persönliche Gebetszeit im Tagesablauf, verbunden mit der Erstellung einer Inventur der eigenen Besitztümer und dem bewussten Trennen von Gegenständen, die nicht mehr gebraucht werden.
Entsprechend den Benedikts-Vorgaben, folgt für den Michaelbeurer Abt nach Inventur und Vorsätzen am Aschermittwoch eine Fastenwoche nur mit Säften, bei der er eine Gruppe mit geistlichen Impulsen begleitet. Auch in den Folgewochen wird die Essensmenge reduziert, begleitet auch mit Einschnitten bei Knabbereien und Zusatzmahlzeiten, wie Perkmann verriet. "Ich wähle ein Buch und nehme mir täglich eine Zeit zum Lesen und zum Stillsein. Fixpunkte sind in dieser Zeit weiters geistliche Begleitung und Beichte." Bereits beruflich bedingt ist für den Abt die Ostervorbereitung, die in Verbindung mit den Seelsorgediensten in Schule und Pfarre läuft.
Blick für "rechtes Maß"
Durchwegs positiv bewertete Perkmann die hohe Popularität, die das Fasten in der Gesellschaft dank einer Hochkonjunktur von Gesundheitsthemen genieße. Zwar sei Verzicht bei alleinigem Gesundheits-Fokus bloß "Nabelschau des eigenen Wohlbefindens", doch könnten jene, die für die geistliche Ebene aufgeschlossen sind, von der 40-tägigen Askese in der Fastenzeit durchaus auf vielen Ebenen profitieren.
Vor allem schärfe Verzicht den "Blick für das rechte Maß" wieder. Dies geschehe gleich auf mehreren Ebenen: Individuell bringe das Fasten Vorteile etwa bei der eigenen Gesundheit und Seelenhygiene, es verhelfe zu mehr Achtsamkeit auf den eigenen Körper - "ob man noch Herr im Hause ist, oder ob die Gewohnheiten schon alles bestimmen".
Doch auch auf gesellschaftlichen Ebene, "dort wo der Blick auf das Rechte Maß in mehr Solidarität mit den Armen und in Bemühungen zur Bewahrung der Schöpfung mündet", könne die Fastenzeit zu positiven Änderungen beitragen. Schließlich benötige auch die Schöpfung menschliche Haltungen des Bewahrens und des Verzichts, "damit nicht der maßlose Konsum, die Abgase und die Umweltverschmutzung unsere Lebensgrundlagen zerstören", betonte Perkmann.
Christliches Fasten gehe jedoch weit über gesundheitliche oder gesellschaftliche Aspekte hinaus und sei immer auch eine "Übung der Umkehr zu Gott", so der Abt. "Sind wir nicht vollgestopft, dann bleibt Platz für das Wesentliche - für Gott." Fasten sei deshalb ein Freiwerden für Gott und für die Nöte der Menschen, die man aufmerksamer nachzufühlen und wahrzunehmen lerne.
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Daß Jesus siegt, bleibt ewig ausgemacht
1. Daß Jesus siegt, bleibt ewig ausgemacht,
sein wird die ganze Welt;
denn alles ist nach seines Todes Nacht,
in seine Hand gestellt.
Nachdem am Kreuz er ausgerungen,
hat er zum Thron sich aufgeschwungen.
Ja, Jesus siegt!
2. Ja, Jesus siegt, obschon das Volk des Herrn
noch hart darniederliegt.
Wenn Satans Pfeil ihm auch von nah und fern
mit List entgegenfliegt,
löscht Jesu Arm die Feuerbrände;
das Feld behält der Herr am Ende.
Ja, Jesus siegt!
3. Ja, Jesus siegt! Seufzt eine große Schar
noch unter Satans Joch,
die sehnend harrt auf das Erlösungsjahr,
das zögert immer noch:
so wird zuletzt aus allen Ketten
der Herr die Kreatur erretten.
Ja, Jesus siegt!
4. Ja, Jesus siegt! Wir glauben es gewiß,
und glaubend kämpfen wir.
Wie du uns führst durch alle Finsternis,
wir folgen, Jesu, dir.
Denn alles muß vor dir sich beugen,
bis auch der letzte Feind wird schweigen.
Ja, Jesus siegt!
Johann Christoph Blumhardt (1852) in: EG 375.
Jesu, hilf siegen, du Fürste des Lebens
1. Jesu, hilf siegen, du Fürste des Lebens;
sieh, wie die Finsternis dringet herein,
wie sie ihr höllisches Heer nicht vergebens
mächtig aufführet, mir schädlich zu sein.
Satan, der sinnet auf allerhand Ränke,
wie er mich sichte, verstöre und kränke.
2. Jesu, hilf siegen. Wenn in mir die Sünde,
Eigenlieb, Hoffart und Mißgunst sich regt,
wenn ich die Last der Begierden empfinde
und sich mein tiefes Verderben darlegt:
hilf mir, daß ich vor mir selbst mag erröten
und durch dein Leiden mein sündlich' Fleisch töten.
3. Jesu, hilf siegen und laß mich nicht sinken;
wenn sich die Kräfte der Lügen aufblähn
und mit dem Scheine der Wahrheit sich schminken,
laß doch viel heller dann deine Kraft sehn.
Steh mir zur Rechten, o König und Meister,
lehre mich kämpfen und prüfen die Geister.
4. Jesu, hilf siegen im Wachen und Beten;
Hüter, du schläfst ja und schlummerst nicht ein;
laß dein Gebet mich unendlich vertreten,
der du versprochen, mein Fürsprech zu sein.
Wenn mich die Nacht mit Ermüdung will decken,
wollst du mich, Jesu, ermuntern und wecken.
5. Jesu, hilf siegen. Wenn alles verschwindet
und ich mein Nichts und Verderben nur seh,
wenn kein Vermögen zu beten sich findet,
wenn ich vor Angst und vor Zagen vergeh,
ach Herr, so wollst du im Grunde der Seelen
dich mit dem innersten Seufzen vermählen.
6. Jesu, hilf siegen und laß mir's gelingen,
daß ich das Zeichen des Sieges erlang;
so will ich ewig dir Lob und Dank singen,
Jesu, mein Heiland, mit frohem Gesang.
Wie wird dein Name da werden gepriesen,
wo du, o Held, dich so mächtig erwiesen.
Johann Heinrich Schröder (1695): EG 373.
Invokavitpredigt
Wir sind alle zum Tode gefordert, und wird keiner für den Andern sterben, sondern ein jeglicher in eigener Person für sich mit dem Tod kämpfen. [...] Ich werde dann nicht bei dir sein noch du bei mir. Derhalben muß ein jedermann selbst die Hauptstücke, so einen Christen belangen, wohl wissen, dadurch er in diesen ernsten Kampf gerüstet komme.
Martin Luther , 4. Invokavitpredigt 1522.
Zwielicht
Es ist die Stunde des Anfangs. Noch wirft die Nacht ihre Schatten. Noch ist der Morgen im Zwielicht. Gotteserkenntnis, Theologie, auch die der großen Meister des Faches, beginnt immer im Zwielicht. Aber es ist nicht jenes Zwielicht einbrechender Abenddämmerung, bei dem die Eule der Minerva ihren Flug beginnt. Auch in diesem Zwielicht stellt sich Erkenntnis ein, beginnt, was man früher einmal philosophische Erkenntnis genannt hat. Die malt ihr Grau in Grau bekanntlich, wenn eine Welt alt geworden ist. Und mit Grau in Grau - sagt Hegel - lässt sich die Welt nicht verjüngen. Das Zwielicht hingegen, in dem wahre Gotteserkenntnis ihren Sitz im Leben hat, ist das Zwielicht des beginnenden Morgens. Er hat die Nacht hinter sich: es geht dem Tag entgegen. Und was für einem Tag - nach solcher Nacht!
Eberhard Jüngel, Unterbrechungen - Predigten IV, Stuttgart: Radius Verlag 2003.
Zeit zur Umkehr
Inzwischen hat sich der moralische Riss durch unverantwortliches wirtschaftliches und politisches Handeln so verbreitet, dass die Mauern des Weltwirtschaftssystems in ihrer Stabilität gefährdet sind. Die Stimmen, die ein solches Wanken der Mauern voraussagten, wurden lange ignoriert. Zyniker behaupten, nun sei es zu spät. Wir sagen: Es ist noch Zeit zur Umkehr.
Denn sich vom Wort eines Propheten leiten zu lassen, der den Zusammenbruch ankündigt, heißt nicht, den Untergang zu beschwören. Es heißt im Gegenteil: innezuhalten und neue Wege zu beschreiben - in der Hoffnung, dass nicht nur die alten, sondern auch neue Fehler vermieden werden. Die Kirche bietet nicht die besseren ökonomischen und politischen Konzepte an. Aber die Motive, die den Glauben bestimmen, können uns Wege zu einer verantwortbaren Gestaltung der Zukunft weisen. Die Motive der Schöpfung, der Umkehr, der Liebe und der Hoffnung wecken in uns Zuversicht statt Resignation ...
Jürgen Habermas, der vor kurzem seinen achtzigsten Geburtstag beging, hat uns Kirchen die Verpflichtung ins Stammbuch geschrieben, die "Intuitionen von Verfehlung und Erlösung, vom rettenden Ausgang aus einem als heillos erfahrenden Leben" lebendig zu halten, die sich in unseren religiösen Überlieferungen artikulieren.
Wolfgang Huber, Rede zum Johannisempfang der Evangelischen Kirche in Deutschland am 2.7.2009 in der Französischen Friedrichstadtkirche zu Berlin, in: ders., Wenn ihr umkehrt, wird euch geholfen oder: Anmerkungen zur globalen Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise, Frankfurt: Hansisches Druck- und Verlagshaus 2010.
Politik des Brotes
Bewegt Glaube noch? Und wenn ja - wo bewegt er sich hin? Bewegt der mich bewegende Glaube auch den anderen? Diese Fragen stellen sich für mich täglich in meinem Beruf als Redakteur. Mein Glaube ist ständig bei mir, ganz gleich ob privat oder dienstlich. Beim Auswählen der Nachrichten und Themen, beim Formulieren und Zuspitzen einer These, beim Blick in Zeitungen und Bücher - immer. Und mit jedem Satz, den ich - bewegt von meinem Glauben - schreibe, wird er öffentlich, und im besten Fall bewegt er.
Was sich - zugegeben - anhört wie das Bekenntnis eines er-leuchteten Charismatikers, will auf einen Glauben hinweisen, der angesichts der Privatisierung der Religion in Vergessenheit zu geraten droht oder in seiner Verzerrung durch fundamentalistische Gewalttäter und Scharfmacher diskreditiert wird. Doch Glaube ist öffentlich. Denn so, wie ich nur in Gemeinschaft mit anderen bin, ist auch mein Glaube nur in Gemeinschaft. Damit kann das »Mein« nicht in einem ausschließenden, sondern nur in einem (mit)teilenden Sinn gebraucht werden. Angesichts der weitverbreiteten Einstellung, Glaube sei das Produkt des eigenen Auswählens aus den Regalen der verschiedenen Anbieter auf dem spirituell-religiösen Markt, erscheint die Idee eines Glaubens in Gemeinschaft entweder als Relikt aus längst überwunden geglaubten befreiungstheologischen Zeiten oder als Versuch, eine fundamentalistisch-weltabgewandte Gruppe zu gründen.
Wenn ich aber glaube, dass wir nicht das Produkt unseres eigenen Machens sind, sondern uns der guten Schöpfung Gottes verdanken, wenn ich aber glaube, dass Gott uns und seiner Schöpfung so sehr zugetan ist, dass er selbst in die Welt kam, um ihr ein menschliches Antlitz zu geben, und wenn ich aber glaube, dass Gott dort mitten unter uns ist, wo wir das Leben teilen, wie wir es sakramental verdichtet im Brechen des Brotes und Teilen des Kelches feiern - dann hat dieser Glaube Folgen. Er lässt sich nicht ins private, stille Kämmerlein einsperren. Dieser Glaube rebelliert, will sich Gehör verschaffen, begehrt gegen Ungerechtigkeiten, Menschenverachtung und Lieblosigkeit auf.
Klingt politisch. Ist es auch. Glaube in Gemeinschaft und in der Welt muss politisch sein, genauso, wie er sich nicht auf Knopf-druck abschalten lässt. Da tut es weh, wenn in der Kirche der Trend zu einer Liturgie wieder obenauf ist, der den Gedanken der Communio zugunsten einer der Gemeinschaft abgewandten priesterzentrierten Form opfert. Da tut es weh, wenn in der Gesellschaft ein Klima der Gleich-Gültigkeit herrscht, das jede - ob voll-kommen abstruse oder sinnvolle - Glaubensaussage mit einem Schulterzucken als Privatsache hinnimmt. Da tut es weh, wenn der freie Markt die Politik übernimmt und ethisch-religiöse Werte hinten runterfallen.
Und während ich die Zeilen schreibe, spüre ich, wie mein Glaube mich aufwühlt, wie er sich gegen die Verbannung ins Kuschelig-Meditative wehrt, wie er die allzu engen Grenzen eines blinden Traditionsgehorsams sprengen will - kurz: wie er mich bewegt.
Stephan U. Neumann, Redakteur der Wochenzeitschrift CHRIST IN DER GEGENWART, Freiburg i. Br.
in: Mein Glaube in Bewegung. Stellungnahmen aus Religion, Kultur und Politik, hrsg von Johannes Röser. Herder Verlag Freiburg Basel Wien 2008.
Verbittert
Verbittert
Deine Gerechtigkeit suche ich
jene gerechte Verteilung der Güter der Erde
die alle Menschen leben läßt
Mein Herz ist verbittert
mir bohrte der Schmerz in den Nieren
als ich sah wie wir weiterhin die Entrechteten ausbeuten
Unser Reichtum entsteht nicht nur
durch unsere gute Arbeit
sondern durch die ungerechten Hungerlöhne
die wir beim Kauf von billigem Kaffee
und Bananen bezahlen
Du Gott weißt es
darum suche ich Deine Gerechtigkeit
bei denen
die täglich um das Kommen Deiner neuen Welt bitten
Nach Psalm 73,21
Aus: Pierre Stutz, Du hast mir Raum geschaffen. Psalmengebete. Claudius Verlag 1997(2).
Meine Zeit in deinen Händen
Meine Zeit in deinen Händen
Herr
ein neuer Tag liegt vor uns
Geschenk des Lebens
Geschenk deiner Liebe
er ist nicht selbstverständlich
dieser neue Tag
Pläne und Hoffnungen
Angst und Mutlosigkeit
Termine und Begegnungen
Enttäuschungen und Zuversicht
was wird dieser Tag für uns sein?
du rufst uns heraus
aus dem Dunkel der Nacht
du öffnest die Zeit
vertraust uns Minuten
Stunden a
hilf uns
dass wir behutsam und liebevoll
sorgsam und behütend
mit dieser Zeit umgehen
keine Stunde kehrt zurück
lass uns die Zeit nutzen
aber uns nicht von ihr gefangen nehmen
lass uns die Zeit verschenken
aber nicht verschleudern
lass uns die Zeit genießen
uns aber nicht in ihr verlieren
gib unseren Stunden und Minuten
dein Gesicht
hinterlasse deine Spuren
kerbe dich ein
begleite uns an diesem Tag
zeichne dich ein
in unser Mühen
unsere Freude
sprich dein gutes Wort
über Angst und Vertrauen
sei du der Herr
unserer Stunden und Minuten
segne unser Lassen und Tun
segne du
unsere Zeit
Aus: Andrea Schwarz, Du Gott des Weges segne uns. Herder Verlag Freiburg Basel Wien, o. J.
Eine Kirche, die die Gesellschaft braucht
Welches sind nun die "Antriebe”, die man gerade von der christlichen Grundhaltung erwarten kann?
Eine Nächstenliebe, die sich das Maß an der Liebe Christi nimmt. Die Gesellschaft ist von Egoismen aller Art, individuellen und gemeinschaftlichen, zutiefst bedroht. Die karitative Tätigkeit der Kirchen wird in der Gesellschaft allemal noch sehr geschätzt. Für manche Fernstehende wird gerade dadurch Kirche noch akzeptabel, erweist sie sich als "nützlich” für die Gesellschaft. Aber das Potenzial christlicher Nächstenliebe ist noch viel größer. Christen hätten etwas von der Nächstenliebe Jesu einzubringen, die keine Grenzen kennt. Wer, wenn nicht die Christen, sollte dem der Nächste werden, der am Wegrand der Gesellschaft hilflos liegt, wie es uns Jesus im Gleichnis vom barmherzigen Samariter vorwurfsvoll lehrt? Das tut Kirche dann, wenn sie sich zum unbestechlichen Anwalt jener macht, die am Rande stehen, die keine Lobby haben. Das sind ungeborene Kinder, alte Menschen in der letzten Lebensphase, die der Gesellschaft zur pflegerischen und finanziellen Last geworden sind, das sind Arme und "Andere” jeder Art, Ausländer und Migranten, aber auch solche, die anders denken und anders geartet sind. Christliche Nächstenliebe geht nach der Lehre und dem Vorbild Jesu sogar bis zur Torheit der Feindesliebe.
Braucht die Gesellschaft nicht immer wieder die Provokation und die Vorbilder solcher Liebe? Woher sollen sie kommen, wenn nicht von den Christen? Wenn doch die Kirche nicht nur anderen solche Liebe predigte, sondern sie in aller Demut und Geduld vorlebte! Wenn es ihr doch gelänge, selbst "Feinde” zu lieben, solche die von außen kommen oder sich in der Kirche außerhalb von "Norm” und Disziplin gestellt haben.
Die Gesellschaft braucht Antriebe, um Vergebung statt Vergeltung zu lernen. Unversöhnlichkeit entzweit die Völker, verhindert oft notwendige Gemeinsamkeit in der Politik, lässt immer mehr Partnerschaften und Ehen zerbrechen, reißt sogar innerhalb christlicher Gemeinden, auch zwischen den christlichen Kirchen selbst, neue Gräben auf. Jesus lehrt uns im Gleichnis vom barmherzigen Vater Vergebung ohne jede Vorleistung, und er betet noch in seinen letzten Atemzügen am Kreuz für seine Verfolger. Eine Kirche wird künftig auch daran gemessen werden, wie ehrlich sie im Vaterunser betet: "Vergib uns unsere Schulden, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern”.
Die Gesellschaft braucht taugliche Friedensstifter. Die Geschichte der Menschheit ist zumeist mit dem Blut von Kriegen geschrieben. Die Friedensschlüsse dieser Welt sind oft so kurzlebig, vielleicht auch, weil sie meist aus dem Diktat des Mächtigeren kommen. Der Auferstandene hat den Seinen einen Frieden hinterlassen und gesagt: "Meinen Frieden gebe ich euch, nicht einen Frieden, wie die Welt ihn gibt.” (Job 14,27) Eine Kirche wird in Zukunft umso mehr Ansehen genießen, je mehr sie zum Frieden verhilft. Friedensinitiativen der Päpste finden in aller Welt Achtung. Aber um den Frieden »von unten" her zu sichern, braucht es eine Gesinnungsänderung. Die kann nur kommen, wenn sich immer mehr Menschen trotz vieler Rückschläge unermüdlich für den Frieden einsetzen. Aber zu Recht erwartet man von der Kirche auch, dass sie vorlebt, was "in Frieden leben” heißt. Dass Friede auch in den eigenen Reihen nie erzwungen werden darf, sondern Einmütigkeit mühsam errungen wer-den muss.
Böckenförde hat auch von Bindungskräften gesprochen, die der säkulare, neutrale Staat braucht. Über alle Formen der Bindung durch gemeinsame Geschichte, Kultur, Sprache, Nation reden wir Christen vom Einssein in Christus. Alle, die auf Christus getauft sind, sollten wissen, »es gibt nicht mehr Juden und Griechen, nicht Sklaven und Freie, nicht Mann und Frau, denn ihr alle seid ,einer' in Christus" (Gal 3,28). Das bedeutet eine Kraft aus dem Glauben, die Nationalitäten, Sprachen, Rassen bei allem Respekt vor der Identität des anderen innerlich verbindet. Was hätten da die Christen in Europa, das noch immer statistisch mehrheitlich christlich ist, für eine Aufgabe! Wie könnten Christen weltweit einigend wirken, da sie doch zusammen fast zwei Milliarden ausmachen! Kirchen werden in der säkularen Gesellschaft danach gemessen, welchen Beitrag sie zum besseren Zusammenleben leisten. Aber das wird man von ihnen nur erwarten, wenn sie selbst mehr eins sind, untereinander, aber auch die christlichen Kirchen zueinander.
Eine noch weiter reichende Bindungskraft aus dem Glauben ist aber die Verehrung des einen Gottes, zu dem sich alle monotheistischen Religionen bekennen. Sie alle glauben an den einen Gott, der die Welt geschaffen hat, der barmherzig ist und vor dem sich jeder einmal verantworten muss. Eine säkulare Gesellschaft wird den Wert des Religiösen erst wie-der erkennen, wenn Religionen nicht mehr nur über das Trennende diskutieren, sich gegenseitig abgrenzen, sondern sich zuallererst als Geschöpfe des einen Gottes in ihm verbunden wissen.
Damit ist aber auch schon jene Dimension berührt, die Christen dieser Gesellschaft eröffnen sollen, nämlich den Blick auf das Transzendente. Die wachsende Suche nach Spiritualität, die Soziologen und Religionsforscher allenthalben feststellen, zeigt die Sehnsucht nach mehr als nur Materiellem. Eine Kirche von morgen muss noch überzeugender als bisher diesen Blick zu Gott wieder eröffnen und offenbaren, was das für das Leben bedeutet. Die Christen sind der Welt auch schuldig, aus ihrem Glauben heraus Antwort auf das "Danach” zu geben. Eine Hoffnung, die nicht leichtfertig auf "später” vertröstet, sondern ein ganz eigenartige Kraft verleiht, auch im scheinbar Unlösbaren schon hier nicht aufzugeben.
Aus: Helmut Krätzl, Eine Kirche, die Zukunft hat. 12 Essays zu scheinbar unlösbaren Kirchenproblemen. Styria Verlag Wien Graz Klagenfurt 2007.
Und dann müssten den schönen Worten noch konkrete Taten folgen
Die katholische Kirche ist stets für Überraschungen gut. Das hat sie in den vergangenen Wochen wieder eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Zuerst zaubert man Gerhard Maria Wagner aus dem Hut. Und mit ihm seine ganz persönliche Meinung zu Naturkatastrophen und Homosexualität. Bischof Elmar Fischer konnte da noch nachlegen: Homosexualität sei eine "psychische Krankheit wie Alkoholismus". Damit hat man nur die Angesprochenen vor den Kopf gestoßen.
Überraschend war auch der jüngste Schritt, überraschend positiv: Der Wiener Erzbischof Christoph Kardinal Schönborn hat mit der raschen Einberufung einer Sondersitzung der Bischofskonferenz reagiert. Und damit ein deutliches Signal gesetzt: einerseits in Richtung der vielen Kritiker, die der Kirche angesichts der aktuellen Krise ein Aussitzen selbiger unterstellten. Andererseits in Richtung der zahlreichen Katholiken, die derzeit in ernster Sorge um ihre Kirche sind. Probleme zu erkennen und diejenigen, die darunter leiden, ernst zu nehmen, ist ein erster Schritt in Richtung Deeskalation.
Und es nährt die Hoffnung auf einen generellen Umdenkprozess; nicht zuerst die Schäfchen mahnen, nicht von kritischen Dechanten Gehorsam und Loyalität einfordern, sondern sich an die eigene Bischofsmütze fassen und zu fragen: Was können wir als zuständige Ortsbischöfe tun? Viele Katholiken würden sich über überraschend deutliche Worte von Schönborn und seinen Kollegen freuen. Und dann müssten den schönen Worten noch konkrete Taten folgen.
Markus Rohrhofer in: DER STANDARD, Printausgabe, 14./15.2.2009)
Wie wär's mit Nachdenken?
In den Zeiten des Börsenbooms konnte man uns alles erzählen. Jetzt, in Zeiten der Krise, auch. Interessant.
Irgendwo in Frankreich gab es einmal einen Bankmanager, der seinen gut bezahlten Job an den Nagel hängte. Die Eigentümer der Bank, für die er arbeitete, wollten die märchenhaften Erträge ihrer Mitbewerber auch im eigenen Haus sehen und legten dem Vorstand nahe, größeres Augenmerk auf das sogenannte Investmentbanking zu legen. Weil er nichts tun wollte, was er nicht vollständig verstand, verließ der Manager die Bank.
Ein bekannter österreichischer Schriftsteller erzählte kürzlich in kleinerer Runde von den Beratungsattacken, denen er ausgesetzt war, als es darum ging, den Erlös aus dem Vorlass, den er einer öffentlichen Institution übergeben hatte, zu veranlagen. Der Autor, konservativ im Habitus, aber nicht der Ideologie nach, verlangte nach einer Konstruktion, die es ihm erlaubte, sein Geld nach und nach wie eine regelmäßige Pension zu erhalten. Wichtig sei ihm nur gewesen, dass dieser Vorgang auf Basis einer Wertsicherung ablaufe. Die Berater hingegen hätten ihm den Kauf von "Produkten" vorgeschlagen, die zu einer Verdoppelung seines Vermögens innerhalb von drei Jahren führen würden. Er habe, erzählt der Schriftsteller, abgelehnt. Weil er die Produkte nicht verstanden habe.
Solche Geschichten kann man derzeit in großer Zahl hören. Vermutlich ist ein guter Teil davon erfunden. Wenn sie stimmen, sind sie aber imponierend: Wer während der vergangenen Jahre bereit war, auf 20-Prozent-Renditen, die versprochen und über kurze Zeit geliefert wurden, zu verzichten, weil er nicht verstand, wie diese Produkte funktionierten, muss ein solides Vertrauen in seinen Hausverstand haben.
Wenn jemand einen Sachverhalt oder ein Produkt unter Verwendung von Begriffen und Formulierungen beschreibt, die mit durchschnittlicher Intelligenz und ebensolcher Bildung nicht nachvollziehbar sind, heißt das nicht, dass er sich besonders gut auskennt. Das Gegenteil ist der Fall. Wer etwas versteht, kann es auch verständlich beschreiben.
Was derzeit geschieht, deutet darauf hin, dass man aus Schaden eher dumm wird: Denn schon wieder können uns Wirtschaftswissenschaftler, Politiker und Manager erzählen, was sie wollen, ohne dass der gesunde Hausverstand der Bürger und Konsumenten sofort laut "Moment mal!" ruft. Dieselben Ratingagenturen, denen wir einen guten Teil der Subprime-Misere verdanken - weil sie die "Produkte", die man aus Schuldtiteln bastelte, zwar auch nicht verstanden, ihnen aber beste Bonität attestierten -, erklären uns jetzt, dass Osteuropa zusammenbricht und Österreich mit in den Abgrund gerissen wird. Wie kann man ernstlich glauben, dass Leute, die durch ihr uneingestandenes Unverständnis eine Weltkrise mitverursacht haben, eineinhalb Jahre und keine einzige strukturelle Änderung später mit ihren apokalyptischen Abhandlungen die Wirklichkeit abbilden? Sie vertrauen darauf, dass fehlerhafte Negativszenarien Realität werden, wenn alle daran glauben, während falsche Positivszenarien irgendwann an der Realität zerschellen.
Wenn jetzt über Möglichkeiten nachgedacht wird, wie man Systemzusammenbrüche künftig verhindern könnte, wird in der Regel über Regulierungsinstrumente geredet, die von jenen, die sie beschließen sollen, genauso wenig verstanden werden wie die Märkte und Produkte, die sie regulieren sollen. Interessant, oder? Entscheidender wäre der Einsatz eines Regulierungsinstruments, das keines parlamentarischen Beschlusses bedarf: des gesunden Menschenverstandes. Wir sollten wieder lernen zu sagen, dass wir etwas nicht verstehen, und den Umstand, dass wir es nicht verstehen, für das Problem des Anbieters zu halten, nicht für unseres.
Ob es sich um Finanzminister handelt, die erklären, unsere Banken seien nicht in Gefahr, während sie in der EU für ein Osteuropa-Paket zur Rettung dieser nicht gefährdeten Banken kämpfen, ob es sich um einen linken Ökonomen handelt, der für das Verbot jeglicher Rohstoffspekulation eintritt und gleichzeitig erklärt, dass die AUA nur verkauft werden muss, weil die Idioten im Vorstand nicht ausreichend auf steigende Ölpreise spekuliert hätten: Misstrauen gegenüber den "Experten" und Vertrauen in den Hausverstand ist angesagt. Wir dürfen uns nicht weismachen lassen, dass man Autokonzerne, die dumme Autos bauen, retten muss, dass prinzipiell jede Bank eine Stütze der Volkswirtschaft ist oder ein AUA-Konkurs eine nationale Katastrophe wäre. Wer den gegenwärtigen Akteuren blind vertraut, kauft ein Produkt, das nicht einmal von seinem Anbieter verstanden wird. Wohin das führt, haben wir doch gerade erlebt.
MICHAEL FLEISCHHACKER in: DiePresse.com - 20.02.2009 | 19:00
michael.fleischhacker@diepresse.com
Der Super-Mega-Giga-Wahn
Die Blase ist geplatzt, weil jede Blase irgendwann platzt. Wer noch vor zwei Jahren Experten fragte, wo denn der reale Gegenwert der gewaltigen Gewinne auf den Finanzmärkten sei, wurde groß angeschaut: Welcher Gegenwert? Die Gewinne sind ja da- erklären sich also von selbst und damit den Erfolg des Systems, dessen Prinzip lautet: je größer, desto besser; je mehr, desto erfolgreicher.
Die menschliche Gier sei schuld, heißt es jetzt. Die hat es freilich schon immer gegeben. Bloß, dass ihr die globalisierte Welt ein unbegrenztes Betätigungsfeld geschaffen hat. Scheinbar.
Aber das Streben nach materiellem Reichtum allein kann die Blase nicht erklären, die jetzt geplatzt ist. Es ist eine andere, sozusagen abstrakte Gier. Oder besser: ein Wahn. Der Wahn, dass "mehr" und "größer" etwas grundsätzlich Besseres, also Erstrebenswertes seien. So folgt auf "groß" "super", auf "super" "hyper", auf "hyper" "mega", auf "mega" "giga", auf "giga" - was?
Vor der Globalisierung sorgten nationale oder technische Grenzen dafür, dass die Bäume nicht in den Himmel wuchsen, wie die alte Redewendung so schön sagt. Die weltweite Kommunikations- und Ökonomie-Vernetzung hat diese Korrektive beseitigt. Aber sind mit den Möglichkeiten auch die menschlichen Fähigkeiten gewachsen, sie zu beherrschen? Die Antwort erhalten wir soeben. Nicht mehr kontrollierbares Wachstum führt zum Tod, wie wir aus der Biologie wissen.
Eindringlichstes Sinnbild des Super-Mega-Giga-Wahns ist der globale Wettlauf um den höchsten Wolkenkratzer. Welchen Sinn macht es, ein tausend Meter hohes Gebäude zu errichten? Und wer fühlt sich wohl darin? Die Wüsten-"Metropole" Dubai, die in diesem Wettbewerb mitmacht, ist selbst eines der drastischsten Beispiele für wahnwitziges Wachstum.
Es gibt auch andere, weniger spektakuläre Beispiele, hinter denen aber dieselbe Philosophie steckt. Den Event-Wahn etwa: je größer ein Ereignis welcher Art auch immer, desto aufregender. Eine Fußball-EM mit Publikum in den Stadien oder vor den Fernsehschirmen tut's längst nicht mehr - da müssen Events in Form groß aufgezogener Fanmeilen dazu. Wenn die sich im Nachhinein als Defizit in jeder Beziehung herausstellen - wenn kümmert's dann noch? Und wer wird so kleinlich sein, die behauptete Umwegrentabilität infrage zu stellen. Hauptsache, es war ein Mega-Event.
Oder die Modellpolitik, mit der nicht nur die amerikanischen Autokonzerne in die Sackgasse gefahren sind? Möglichst groß, möglichst stark.
Um zurück zum Finanzmarkt zu kommen: Wenn selbst biedere österreichische Gemeindeverwaltungen der Gier nach möglichst hohen Renditen verfallen und Steuergelder in mehrstelliger Millionenhöhe verzocken, ist jedes menschliche Augenmaß verloren gegangen.
Und wenn jetzt so viel von Nachhaltigkeit die Rede ist: Jeder Euro, der in Bildung, Qualifikation, Integration, Förderung von innovativen Klein- und Mittelbetrieben, also direkt in Menschen investiert wird, rechnet sich letztlich um ein Vielfaches besser als die höchste Rendite auf dem Kapitalmarkt oder die (vermeintliche) höchste Umwegrentabilität von Mega-Events.
Was also folgt auf "giga", wenn wir die Botschaft der Krise verstanden haben? Die (Rück-)Besinnung auf den Menschen als kleinste und zugleich größte Einheit. Isolierte Humanbiotope und geschützte Werkstätten kann es in einer durch und durch vernetzten Welt nicht mehr geben. Die Globalisierung verpflichtet nicht nur die Entscheidungsträger in Wirtschaft und Politik, sondern jeden Einzelnen dazu, auch in seiner persönlichen Lebensweise immer die Welt mitzudenken. Und diese Aufgabe ist groß genug.
Josef Kirchengast in: DER STANDARD, Printausgabe, 23.2.2009
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