Die biblischen Lesungen wurden mit freundlicher Genehmigung der Ständigen Kommission für die Herausgabe der gemeinsamen liturgischen Bücher im deutschen Sprachgebiet den Lektionaren 2018 ff entnommen. - © 2024 staeko.net. - vgl. Impressum.
Die Katholischen Bibelwerke in Deutschland, Österreich und Schweiz stellen auf ihren Webseiten ausführliche Kommentare und Anleitungen zum Lesen der biblischen Lesungen für Sonn- und Feiertage zum Download im PDF-Format zur Verfügung. Mit freundlicher Genehmigung der Katholischen Bibelwerke übernehmen wir die Kurzeinleitungen zu den Lesungen.
Predigten vom 11. Feb. 2024 - 6. Sonntag im Jahreskreis (B)
02. Mär. 2025
8. Sonntag im Jahreskreis (C)
23. Feb. 2025
7. Sonntag im Jahreskreis (C)
16. Feb. 2025
6. Sonntag im Jahreskreis (C)
09. Feb. 2025
5. Sonntag im Jahreskreis (C)
02. Feb. 2025
2. Februar: Darstellung des Herrn (Fest)
26. Jan. 2025
3. Sonntag im Jahreskreis (C)
19. Jan. 2025
2. Sonntag im Jahreskreis (C)
12. Jan. 2025
Taufe des Herrn (C)
06. Jan. 2025
Erscheinung des Herrn, Dreikönig (A/B/C)
05. Jan. 2025
2. Sonntag nach Weihnachten (A/B/C)
01. Jan. 2025
Neujahr - Fest der Gottesmutter Maria (A/B/C)
31. Dez. 2024
31. Dezember: Jahresschluss (Sonst.)
29. Dez. 2024
Fest der hl. Familie (C)
28. Dez. 2024
28. Dezember: Unschuldige Kinder (Fest)
26. Dez. 2024
26. Dezember: hl. Stephanus (Fest)
25. Dez. 2024
Weihnachten, am Tag (A/B/C)
25. Dez. 2024
Weihnachten, am Morgen (A/B/C)
24. Dez. 2024
Weihnachten, in der Nacht (A/B/C)
24. Dez. 2024
Weihnachten, am Vorabend (A/B/C)
22. Dez. 2024
4. Adventsonntag (C)
15. Dez. 2024
3. Adventsonntag (C)
08. Dez. 2024
2. Adventsonntag (C)
08. Dez. 2024
8. Dezember: Mariä Empfängnis (Fest)
01. Dez. 2024
1. Adventsonntag (C)
24. Nov. 2024
Christkönigsonntag (B)
17. Nov. 2024
33. Sonntag im Jahreskreis (B)
10. Nov. 2024
32. Sonntag im Jahreskreis (B)
03. Nov. 2024
31. Sonntag im Jahreskreis (B)
02. Nov. 2024
2. November: Allerseelen (A/B/C)
01. Nov. 2024
1. November: Allerheiligen (A/B/C)
27. Okt. 2024
30. Sonntag im Jahreskreis (B)
20. Okt. 2024
29. Sonntag im Jahreskreis (B)
13. Okt. 2024
28. Sonntag im Jahreskreis (B)
06. Okt. 2024
27. Sonntag im Jahreskreis (B)
29. Sep. 2024
26. Sonntag im Jahreskreis (B)
22. Sep. 2024
25. Sonntag im Jahreskreis (B)
15. Sep. 2024
24. Sonntag im Jahreskreis (B)
14. Sep. 2024
14. September: Kreuzerhöhung (Fest)
08. Sep. 2024
8. September: Mariä Geburt (Fest)
08. Sep. 2024
23. Sonntag im Jahreskreis (B)
01. Sep. 2024
22. Sonntag im Jahreskreis (B)
01. Sep. 2024
Erntedank - Schöpfungszeit (Sonst.)
25. Aug. 2024
21. Sonntag im Jahreskreis (B)
18. Aug. 2024
20. Sonntag im Jahreskreis (B)
15. Aug. 2024
15. August: Mariä Himmelfahrt (Fest)
11. Aug. 2024
19. Sonntag im Jahreskreis (B)
06. Aug. 2024
6. August: Verklärung des Herrn (Fest)
04. Aug. 2024
18. Sonntag im Jahreskreis (B)
28. Jul. 2024
17. Sonntag im Jahreskreis (B)
21. Jul. 2024
3. Sonntag im Juli: Heiligster Erlöser (Fest)
21. Jul. 2024
16. Sonntag im Jahreskreis (B)
14. Jul. 2024
15. Sonntag im Jahreskreis (B)
07. Jul. 2024
14. Sonntag im Jahreskreis (B)
30. Jun. 2024
13. Sonntag im Jahreskreis (B)
29. Jun. 2024
29. Juni: hl. Petrus und Paulus (Fest)
27. Jun. 2024
27. Juni: Fest der Mutter von der Immerw. Hilfe (Fest)
24. Jun. 2024
24. Juni: hl. Johannes des Täufers (Fest)
23. Jun. 2024
12. Sonntag im Jahreskreis (B)
20. Jun. 2024
20. Juni: Weltflüchtlingstag (Sonst.)
16. Jun. 2024
11. Sonntag im Jahreskreis (B)
09. Jun. 2024
10. Sonntag im Jahreskreis (B)
07. Jun. 2024
Heiligstes Herz Jesu (B)
02. Jun. 2024
9. Sonntag im Jahreskreis (B)
30. Mai. 2024
Fronleichnam (B)
26. Mai. 2024
Dreifaltigkeitssonntag (B)
20. Mai. 2024
Pfingstmontag - Maria, Mutter der Kirche (B)
19. Mai. 2024
Pfingstsonntag (A/B/C)
18. Mai. 2024
Pfingsten, am Vorabend (A/B/C)
12. Mai. 2024
7. Sonntag der Osterzeit (B)
09. Mai. 2024
Christi Himmelfahrt (B)
06. Mai. 2024
Bitttage (A/B/C)
05. Mai. 2024
6. Sonntag der Osterzeit (B)
01. Mai. 2024
1. Mai: Tag der Arbeit, hl. Josef (Fest)
30. Apr. 2024
1. Mai: Tag der Arbeit, hl. Josef (Fest)
28. Apr. 2024
5. Sonntag der Osterzeit (B)
21. Apr. 2024
4. Sonntag der Osterzeit (B)
14. Apr. 2024
3. Sonntag der Osterzeit (B)
08. Apr. 2024
25. März: Verkündigung des Herrn (Fest)
07. Apr. 2024
2. Sonntag der Osterzeit (B)
01. Apr. 2024
Ostermontag (A/B/C)
31. Mär. 2024
Ostersonntag (A/B/C)
30. Mär. 2024
Osternacht (B)
29. Mär. 2024
Karfreitag (A/B/C)
28. Mär. 2024
Gründonnerstag (A/B/C)
24. Mär. 2024
Palmsonntag (B)
19. Mär. 2024
19. März: hl. Josef (Fest)
17. Mär. 2024
5. Fastensonntag (B)
10. Mär. 2024
4. Fastensonntag (B)
03. Mär. 2024
3. Fastensonntag (B)
25. Feb. 2024
2. Fastensonntag (B)
18. Feb. 2024
1. Fastensonntag (B)
14. Feb. 2024
Aschermittwoch (A/B/C)
11. Feb. 2024
6. Sonntag im Jahreskreis (B)
Einführungen zu den Gottesdienstlesungen - Ltg 0
1. Lesung - Lev 13,1-2. 43ac. 44ab. 45-46
Lesung aus dem Buch Levitikus.
Der Herr sprach zu Mose und Aaron:
Wenn sich auf der Haut eines Menschen
eine Schwellung, ein Ausschlag oder ein heller Fleck bildet
und auf der Haut zu einem Anzeichen von Aussatz wird,
soll man ihn zum Priester Aaron
oder zu einem seiner Söhne, den Priestern, führen.
Der Priester soll ihn untersuchen.
Stellt er eine hellrote Aussatzschwellung fest,
die wie Hautaussatz aussieht,
so ist der Mensch aussätzig;
er ist unrein.
Der Priester muss ihn für unrein erklären.
Der Aussätzige mit dem Anzeichen
soll eingerissene Kleider tragen
und das Kopfhaar ungekämmt lassen;
er soll den Bart verhüllen
und ausrufen: Unrein! Unrein!
Solange das Anzeichen an ihm besteht,
bleibt er unrein;
er ist unrein.
Er soll abgesondert wohnen,
außerhalb des Lagers soll er sich aufhalten.
Die Lesung ist dem sog. Reinheitsgesetz des Alten Testamentes (Lev 11-15) entnommen. Dieses ist im späten 6. und/oder im frühen 5. Jh. v. Chr. schriftlich niedergelegt worden. Sein Inhalt ist aber wesentlich älter.
Die Reinheitsgebote hatten und haben in Israel große Bedeutung. Die Welt wird in rein und unrein eingeteilt. Rein ist die Sphäre des Schönen, des Sauberen, des Hygienischen. Unrein ist der Bereich des Schmutzigen. Rein und unrein hat sowohl für das gesellschaftliche Zusammenleben als auch für den Umgang mit Gott Bedeutung. Unrein ist alles, was man einem anderen Menschen nicht zumuten kann oder will, da es Abscheu oder Ekel erregt. Die kultischen Reinheitsvorschriften wollten sicherstellen, dass Gott der Anblick des Unreinen, Ekeligen, Abscheu-Erregenden nicht zugemutet wird.
Es gab vier Bereiche des Unreinen: körperliche Ausflüsse (Schleim, Eiter, Samenfluss, Menstruationsblut...), Leichen, Hautkrankheiten und gewisse Fleischsorten, deren Verzehr als widerwärtig empfunden wurde.
Die Unterscheidung zwischen rein und unrein deckte sich nicht mit der Unterscheidung von heilig (dem Bereich Gottes zugehörig) und profan (dem Bereich des Menschen zugeordnet) und auch nicht mit der Unterscheidung sündig und nicht-sündig. Unreinheit durch eine Krankheit (vor allem Hautkrankheiten) war zwar keine Sünde, konnte aber als symbolischer Ausdruck der Sünde angesehen werden (z.B. die Krankheiten des Ijob).
Die Lesung wählt einige Verse aus den Reinheitsvorschriften des Buches Levitikus aus, um ein Bild zu geben, was Aussatz bedeutet hat, und bereitet auf diesem Wege auf die Evangeliumperikope vor.
1. Lesung (erweiterte Fassung) - Lev 13,1-2. 43-46
Lesung aus dem Buch Levitikus.
Der Herr sprach zu Mose und Aaron:
Wenn sich auf der Haut eines Menschen
eine Schwellung, ein Ausschlag oder ein heller Fleck bildet
und auf der Haut zu einem Anzeichen von Aussatz wird,
soll man ihn zum Priester Aaron
oder zu einem seiner Söhne, den Priestern, führen.
Der Priester soll das Anzeichen auf der Haut untersuchen.
Wenn das Haar an der kranken Stelle weiß wurde
und die Stelle tiefer als die übrige Haut liegt, ist es Aussatz.
Nachdem der Priester das Anzeichen untersucht hat,
soll er den Erkrankten für unrein erklären.
Stellt er auf der Hinterkopf- oder auf der Stirnglatze
eine hellrote Aussatzschwellung fest,
die wie Hautaussatz aussieht,
so ist der Mensch aussätzig; er ist unrein.
Der Priester muss ihn für unrein erklären;
sein Kopf weist das Anzeichen auf.
Der Aussätzige mit dem Anzeichen
soll eingerissene Kleider tragen
und das Kopfhaar ungekämmt lassen;
er soll den Bart verhüllen
und ausrufen: Unrein! Unrein!
Solange das Anzeichen an ihm besteht,
bleibt er unrein;
er ist unrein.
Er soll abgesondert wohnen,
außerhalb des Lagers soll er sich aufhalten.
Antwortpsalm - Ps 32,1-2. 5. 10-11
Kv: Du bist mein Schutz, o Herr,
du rettest mich und hüllst mich in Jubel. – Kv
(Oder GL 431)
Selig der, dessen Frevel vergeben *
und dessen Sünde bedeckt ist.
Selig der Mensch, dem der Herr die Schuld nicht zur Last legt *
und in dessen Geist keine Falschheit ist. – (Kv)
Da bekannte ich dir meine Sünde *
und verbarg nicht länger meine Schuld vor dir.
Ich sagte: Meine Frevel will ich dem Herrn bekennen. *
Und du hast die Schuld meiner Sünde vergeben. – (Kv)
Der Frevler leidet viele Schmerzen, *
doch wer dem Herrn vertraut, den wird er mit seiner Huld umgeben.
Freut euch am Herrn und jauchzt, ihr Gerechten, *
jubelt alle, ihr Menschen mit redlichem Herzen! – Kv
2. Lesung - 1 Kor 10,31 - 11,1
Lesung aus dem ersten Brief des Apostels Paulus
an die Gemeinde in Korinth.
Schwestern und Brüder!
Ob ihr esst oder trinkt oder etwas anderes tut:
Tut alles zur Verherrlichung Gottes!
Gebt weder Juden noch Griechen,
noch der Kirche Gottes
Anlass zu einem Vorwurf!
Auch ich suche allen in allem entgegenzukommen;
ich suche nicht meinen Nutzen,
sondern den Nutzen aller, damit sie gerettet werden.
Nehmt mich zum Vorbild,
wie ich Christus zum Vorbild nehme!
Hans Hütter (2000)
Die für die Lesung ausgewählten Verse des Ersten Korintherbriefes bilden den Abschluss der Kapitel 8 bis 10.
In Kapitel 8 setzt sich Paulus mit den Problemen auseinander, die sich durch die Teilnahme von Christen an Ereignissen, bei denen Opferfleisch verzehrt wurde, ergaben. Einige nahmen daran Anstoß und wollten dies verboten wissen. Von da her ist die von Paulus gegebene Regel, niemand Anlass zu einem Vorwurf zu geben, zu verstehen.
In Kapitel 9 geht es um das Beispiel des Apostels. Er ahmt Christus nach, die Korinther sollen darin ihm folgen. Wie er und Barnabas sollen die Christen darauf achten, niemand Grund zum Anstoß zu bieten.
Ohne diesen Hintergrund könnten die für die Lesung ausgewählten Verse zu einer Allerweltsnorm "nur nicht anecken" herabgewürdigt werden. Das Verhalten, das Paulus fordert, geht von der Christusnachfolge aus. Die Freiheit, die dem Christen geschenkt ist, ist gebunden an die Liebe zu einander, wie sie Christus vorgelebt hat.
Ruf vor dem Evangelium - Lk 7,16
Halleluja. Halleluja.
Ein großer Prophet wurde unter uns erweckt:
Gott hat sein Volk heimgesucht.
Halleluja.
Evangelium - Mk 1,40-45
Aus dem heiligen Evangelium nach Markus.
In jener Zeit
kam ein Aussätziger kam zu Jesus
und bat ihn um Hilfe;
er fiel vor ihm auf die Knie
und sagte: Wenn du willst,
kannst du mich rein machen.
Jesus hatte Mitleid mit ihm;
er streckte die Hand aus,
berührte ihn
und sagte: Ich will - werde rein!
Sogleich verschwand der Aussatz
und der Mann war rein.
Jesus schickte ihn weg,
wies ihn streng an
und sagte zu ihm:
Sieh, dass du niemandem etwas sagst,
sondern geh, zeig dich dem Priester
und bring für deine Reinigung dar,
was Mose festgesetzt hat - ihnen zum Zeugnis.
Der Mann aber ging weg
und verkündete bei jeder Gelegenheit,
was geschehen war;
er verbreitete die Geschichte,
sodass sich Jesus in keiner Stadt mehr zeigen konnte;
er hielt sich nur noch an einsamen Orten auf.
Dennoch kamen die Leute von überallher zu ihm.
Hans Hütter (2000)
Der Form und dem Aufbau nach ist die vorliegende Erzählung eine Wundergeschichte: Ein Leidender tritt an den Wundertäter heran und bittet um Heilung, der Wundertäter ist vom Bittsteller berührt bzw. erschüttert, er heilt ihn. Die Umstehenden staunen...
In unserem Zusammenhang erhält die Erzählung jedoch zusätzliche Akzente. Dem Evangelisten geht es um die Reinheit. Er sieht die Krankheit unter dem Aspekt der kultischen Reinheit. Aussätzige waren durch ihre Krankheit unrein und von jedem Kontakt mit der übrigen Bevölkerung ausgeschlossen (siehe erste Lesung dieses Sonntags).
Das hatte zwar einen hygienischen Hintergrund, es ging aber auch um das Reinsein vor Gott. Der Aussatz war ein äußeres Zeichen der Sünde, des Von-Gott-getrennt-seins. Das Böse/der Böse hatte nach dieser Vorstellung sich des Aussätzigen bemächtigt. Seine Situation ist mit der eines Besessenen vergleichbar. Jesus ist von seiner Not erschüttert (dies ist mehr als nur Mitleid), er berührt ihn (damit hebt er die Ausgrenzung auf), reinigt ihn vom Bösen und gliedert ihn wieder in das Volk Gottes ein.
Dieser Vorgang ist einerseits öffentlich - er kann nicht verborgen bleiben. Er verlangt auch öffentliche Anerkennung durch die Priester. Andererseits ist er aber auch ein intimes Geschehen zwischen dem betroffenen Menschen und Gott bzw. seinem Bevollmächtigten. Das auferlegte Schweigegebot unterstreicht diese Intimität.
Bedeutsam ist auch das Reinigungsopfer, das Jesus anordnet. Nicht eindeutig ist, wofür es Beweis sein soll. Nur für die Gesetzestreue Jesu, wie es die Einheitsübersetzung nahelegt? Die Kontrolle und Anerkennung durch einen Priester vollzieht nach außen hin die Eingliederung ins Gottesvolk. Die Heilung kann auch als Hinweis auf die besondere Vollmacht Jesu verstanden werden, den Jesus an die Priester richtet, damit auch sie seine Sendung erkennen.
Faschingshöhepunkt und zugleich Welttag der Kranken
Kranke haben meist nicht viel zu lachen
Meine Schulzeit als Gymnasiast erlebte ich in einem Internat der österreichischen Redemptoristen; eine Zeit, an die ich mich gerne erinnere. Den Fasching feierten wir alljährlich nicht nur in unserem Haus. Am Donnerstag vor dem Faschingssonntag gingen wir alle zusammen in das Nachbardorf und gestalteten dort im Alten- und Pflegeheim ein Programm für die alten, schwerbehinderten und auf Pflege angewiesenen Frauen und Männer. Wir musizierten, sangen im Chor und spielten zur Freude der Heimbewohner Theater. Das war immer auch für uns selbst ein besonderes Erlebnis.
Kranke und Pflegebedürftige haben meist nicht viel zu lachen. Allerdings stellte ein todkranker Freund, den ich die letzten Monate seines Lebens begleiten durfte, die These auf: Solange du über deine Krankheit nicht auch Witze erzählen kannst, hast du sie noch nicht akzeptiert. Jede Krankheit ist ein sehr persönlicher Prozess und ich bewundere jede und jeden, der seine Krankheit und sein Schicksal annehmen kann.
Es ist noch nicht lange her, dass wir alle, die ganze Gesellschaft, unter der Covid-19-Pandemie zu leiden hatten; ganz gleich, ob wir uns selbst mit dem Virus angesteckt haben, ob wir um Angehörige oder Freunde gebangt haben, oder ob wir gar liebe Menschen durch die Pandemie verloren haben. Wir mussten, ob wir wollten oder nicht, Quarantäne-Maßnahmen akzeptieren, haben erlebt, wie der unterschiedliche Umgang damit die Gesellschaft gespalten hat, Freundschaften entzweit hat und wie vor allem Kinder und alte Menschen durch die Zwangsmaßnahmen zu Schaden gekommen sind.
"Ich will…
Die Evangelienstelle, die uns heute vorgetragen worden ist, passt gar nicht zum Faschingssonntag. Nun gut, Fasching ist kein kirchliches Fest. Am 11. Februar gedenkt die Kirche weltweit der Kranken. Der Termin wurde von Papst Johannes Paul II. mit dem Gedenktag "Unserer lieben Frau von Lourdes" verbunden.
Seit der Pandemie hören wir die Erzählung vom Aussätzigen, der Jesus um Heilung bat, vermutlich mit anderen Ohren. Wir können uns mehr als davor in die Not von an Aussatz Erkrankten hineinversetzen. Sie mussten sich meist bis an ihr Lebensende in Quarantäne fernab von Dörfern und Städten begeben und waren als "unrein" abgestempelt.
Was will uns der Evangelist mit dieser berührenden Erzählung sagen? - Im Mittelpunkt steht für mich das Wort Jesu: "Ich will – werde rein!" Er will die Gesundung dieses Menschen. Er will, dass alle Menschen heil, gesund und in die Gesellschaft integriert leben können.
Dieses Jesuswort ist eine ausdrückliche Absage an alle Bestrafungsphantasien, die im Zusammenhang mit ansteckenden Krankheiten oder Unfällen immer wieder aufflammen. Krankheiten können jeden treffen, manche Krankheiten sind angeboren oder ererbt. In manchen Fällen kann man vielleicht sagen "selbst schuld; hätte er oder sie besser aufgepasst oder gesünder gelebt…". Dies gilt längst nicht für alle Kranken. Wenn sich Gesunde über Kranke erheben, ist dies immer großes Unrecht!
… werde rein!"
Zugleich wissen wir aber auch – und wussten auch schon die Menschen zur Zeit Jesu – wie wichtig Hygienemaßnahmen zum Selbstschutz und zum Schutz der Mitmenschen sind, bis hin zu Quarantäneanordnungen. Hier lohnt es sich jedoch, genauer hinzuschauen. In archaisch geprägten Gesellschaften werden diese notwendigen Maßnahmen schnell mit archaischen Vorstellungen von »Reinheit« in Verbindung gebracht. Meist werden diese auch noch religiös verbrämt und kultisch überhöht. Die Reinheitsgesetze des Alten Testamentes sind dafür ein gutes Beispiel. Die Überhöhung verstärkt zwar ihre Wirkung auf die Menschen, hat aber gefährliche Nebenwirkungen. Wenn etwa die "Reinheit des Volkes" gefordert wurde oder Frauen wegen ihrer Monatsblutung oder nach einer Entbindung für unrein erklärt und vom religiösen Leben ausgeschlossen wurden. Es lohnt sich, auf dem Boden der Medizin zu bleiben. Niemand ist gänzlich "rein" von Bazillen und Viren. Als gesund gilt, wer genügend Kraft hat, mit ihnen in Balance zu leben und klug umzugehen. Hygiene und Sauberkeit sind Gebote der Mitmenschlichkeit und Nächstenliebe und nicht der kultischen Reinheit.
"… und berührte ihn"
Noch ein Drittes: Jesus berührte den Aussätzigen, ein höchst riskantes Verhalten. Dies war wohl mit ein Grund, warum er sich anschließend nirgends mehr sehen lassen konnte. Berührungen können für manche Menschen gefährlich sein. Berührungen können übergriffig sein. Jeder Mensch hat das Recht, Berührungen zu verweigern. Andererseits braucht jeder Mensch Berührung. Viele hungern danach berührt zu werden. Hier stehen wir vor der großen Herausforderung, das rechte Maß und die rechte Form zu finden. In der Zeit der Pandemie haben wir gelernt, dass wir auch mit den Augen berühren und den Friedensgruß anders gestalten können. Man muss sich nicht immer die Hände schütteln. Doch auch Blicke müssen diskret, behutsam und respektvoll sein. Auch Worte können berühren. Sie können aber auch verletzen.
Der Welttag der Kranken lädt uns ein, einen heilsamen Umgang mit Kranken und Leidenden zu erlernen und einzuüben. Das Beispiel Jesu kann uns dabei heute noch wegweisend sein.
Es kommt nicht darauf an, dass wir jetzt im Fasching Kranke zum Lachen bringen. Viel wichtiger ist, dass diese sich freuen können, sich nicht abgeschoben oder vom Leben ausgeschlossen fühlen, sondern einen Platz inmitten unserer Gesellschaft haben.
Jesus und ein Aussätziger
Seuchenschutz
Wir haben in der 1. Lesung über die strengen Regeln für den Umgang mit Aussätzigen gehört. Diese Vorschriften gehen schon auf Mose zurück und sind nach Markus auch noch zur Lebenszeit Jesu gültig. Sie haben den Sinn, die israelitische Gemeinschaft vor der Ausbreitung von Seuchen zu beschützen.
Für den betroffenen Kranken bedeutet ihre Anwendung den Ausschluss aus der Gemeinde, soziale Isolation inklusive eingeschränkter Versorgungs- und Wohnmöglichkeit. Das Leben mit seinen vielfältigen Ausformungen und Möglichkeiten verkommt nun zum ausschließlichen Überlebenskampf. Ausschluss, aber auch Rückkehr in die Gesellschaft sind von einer Untersuchung durch einen Priester und seiner abschließenden Erklärung abhängig.
Wenn jemand in unserer Welt krank wird, wenden wir uns an den Arzt, nicht an den Priester. Der schickt uns – außer in Pandemiezeiten – nicht in die totale soziale Isolation. Aber Einschränkungen im gesellschaftlichen Umgang bedeuten Krankheiten meistens. Im Fall eines Krankenhausaufenthaltes können sich diese Einschränkungen je nach Schwere der Erkrankung auch ausweiten.
Krankensorge
In vielen Jahren als Krankenhausmitarbeiterin und Krankenseelsorgerin habe ich viele Menschen erlebt, die sich urplötzlich auf einem Nebengeleise ihres Lebens abgestellt sahen. Die gewohnten Lebensabläufe sind nicht mehr relevant, fremde, oft unangenehme und schmerzhafte Abläufe werden einem einfach zugemutet und der Kopf, der gerade eben noch voller Lebenspläne war, ist besetzt von einem einzigen Wunsch: gesund zu werden. Trotz moderner Kommunikationsmöglichkeiten ist man gezwungen viele Stunden in ungewohnter Isolation zu verbringen. Und manchmal wird die Not groß.
Jeder, der diese Finsternis wahrnimmt und reagiert wird zum wärmenden Licht. Sei es eine aufmerksame Pflegerin, ein lieber Besuch, ein aufmerksamer Arzt oder eine nette Bettnachbarin. Sie alle können zum Gottesgeschenk werden.
Jesus und ein Aussätziger
Auch Jesus wendet sich dem Aussätzigen zu. Die Not, der er teilhaftig wird, verursacht eine starke emotionale Reaktion. Was in der Einheitsübersetzung als »Mitleid haben« beschrieben wird, klingt im griechischen Urtext viel deftiger. Dort ist davon die Rede, dass ihm seine Beobachtung ins Gedärm gefahren ist. Und in einer anderen Auslegung ist von seinem Zorn über den bösen Dämon die Rede, der den Mann so lähmt.
Daraus lässt sich ablesen, was Jesus wirklich zum Ärgernis wird. Es ist die Einschränkung eines Menschen ausschließlich auf Überlebensstrategien. Das lähmt jede andere Lebensenergie. Nur nackte Existenz ist möglich, kein Leben.
Er weiß aber, Gott hat uns als Wesen gedacht, das alle in ihm angelegten Möglichkeiten ausleben solle im Sinne eines erfüllten persönlichen Lebens und eines guten friedlichen Miteinanders auf der Welt. Diese Freiheit fehlt den Armen, Kranken, Witwen und Waisen. Ihre große Not lähmt sie. Das ist der Grund weshalb er uns immer wieder bittet, auf diese Personengruppen besonders achtzugeben.
Jesu tiefe Betroffenheit über den Zustand des Mannes ist eine zutiefst menschliche. Jeder von uns kennt ähnliche Reaktionen, wenn er unglaublicher Not begegnet. Sie bewegt unser Innerstes. Jesus ist hier ganz Mensch.
Die Begegnung zwischen dem Wanderprediger und dem Notleidenden hätte so nah nie stattfinden dürfen. Der Mann bemerkt die Kraft, die von Jesus ausgeht, und spricht: Wenn du willst, kannst du mich rein machen. Jetzt kann Jesus nicht anders. Er muss den Mann berühren, obwohl es verboten ist. In der Berührung wirkt die Kraft Gottes. Der Mann ist geheilt. Dabei geht Jesus ein hohes Risiko ein. Was er tut, ist gefährlich, nicht nur für ihn selbst, sondern auch für seine Begleiter. Aber der Glaube und das große Vertrauen des kranken Mannes konnten einfach nicht unbeantwortet bleiben. Die dynamis, die Kraft Gottes, die den Aussätzigen geheilt hat, weist Jesus als Sohn Gottes aus. Zunächst ganz Mensch und jetzt ganz Gott.
Die Kraft Gottes macht rein, heil, ganz
Die Kraft Gottes ist auch Antwort auf unsere immer wieder gebetete Vater-unser-Bitte „Dein Wille geschehe“. Diese Bitte, aus ganzem Herzen gesprochen und gemeint, macht rein, macht heil, macht ganz. Sie hat die Energie, mich zu jenem Kind Gottes zu machen als welches ich gedacht bin.
Jesus will den Kranken nicht nur gesund machen, sondern ihm wieder Leben inmitten seiner sozialen Bezüge schenken. Leben in Fülle. Deshalb schickt er ihn zum Priester, der ihm die Bestätigung über seine Reinheit bescheinigen solle. Er solle aber nicht erzählen was geschehen war.
Jesus weiß, um die Versuchung des Volkes in einem Mann mit großen Geistesgaben gleich den neuen politischen Führer für die Befreiung aus der römischen Herrschaft zu sehen. Das will er tunlichst vermeiden. Deshalb meidet er zunächst die großen Städte.
Er ist als Gottesknecht in diese Welt abgesandt worden. Damit die Erniedrigten und Geknechteten sich auf ihrem schweren Weg begleitet wissen, von einem der nicht nur redet, sondern auch mit ihnen lebt.
In seinem Sieg über den Tod am Kreuz hat er auch den Stachel entfernt, der uns alle schmerzt. Der Auferstandene musste das Leiden und den Tod durchleben, damit wir uns jeden Tag an der Freude an seiner göttlichen Kraft, die immer unter uns spürbar ist und bleibt, aufrichten können.
Ein Hoffnungsgedicht
Liebe Hörer oder Leser von diesem Text,
als leidend oder alt ist es an Fasnet verhext.
Zu Sitzungen können Sie nicht kommen in diesem Jahr,
der Körper sagt nein und die Schmerzen sind wahr.
Doch hoff ich für Sie mit gereimten Zeilen
dass ein Lächeln in Ihrem Gesicht darf weilen.
Es sei ein Lächeln über heilende Hände,
über Ansätze, die Ihnen schaffen die Wende,
zumindest für Stunden und gerne auch Tage,
auch Monate nehmen Sie gern, ohne Frage.
Die Versuche, den richtigen Weg zu finden
werden zunächst viele Kräfte binden.
Doch wenn es klappt, sind die Tränen vergessen.
Und zur Belohnung gibt‘s etwas Süßes zu essen.
Welttag der Kranken
Im Februar mit dem elften als Tag
ich gerne den Blick in die Ferne mag.
Dann wär' ich in Lourdes zum Welttag der Kranken
und würde für etliche Wunder wohl danken
die Heilung und Trost und Stärkung gewesen.
Als Pilger nach dort hab’ ich Berichte gelesen,
die davon sprachen, was Menschen aufbaute
und unter ihnen das Eis auch auftaute,
weil sie merkten: „Ich bin nicht allein.
Wie heilend kann Gemeinschaft sein.“
Und das Sonntagsevangelium
An diesem Sonntag wird – passend zum Fest –
eine Heilung berichtet von Aussatz, von Pest.
Ein kranker Mann, der versteckt sollte bleiben,
der kannte Geschichten von Jesu Lehre und Treiben.
Er setze nun alles auf eine Karte:
„Vielleicht heilt er auch mich und ich warte
bis er vorbei kommt. Dann werd‘ ich es wagen,
Kontakt aufzunehmen und ihn dabei zu fragen.
Hilft er mir, verheilt meine Wunde
der Lobpreis kommt laut dann aus meinem Munde.“
Wie loben
Ein Lobpreis des Mannes ist wie ein Gedicht.
In Lourdes macht man es auch mit dem Licht.
Man denkt an die Not und an jene, die Nähe schenken.
An sie soll die Kerze den Segen auch lenken.
So weitet sich der Wunsch auf Sie und andere im Haus:
Bleibt offene Menschen und löscht Hoffnung nicht aus!
© Jänner 2024 Pater Norbert Riebartsch, Kamillianer und Freund der Fasnetsreime
Sonntagsgruß, ein Angebot der Kamillianer (Orden der Krankendiener) für Sie.
im Internet: www.doncamillo.de
Alles ist geregelt
Fast ist es ein Jahr vorbei
es fehlen sieben Tage
dass mich gepackt die Dichterei
doch ist es keine Plage
für Euch die Predigt in Reim zu bringen
zu den Bibeltexten von diesem Tag.
Denn was wir beten, hören, singen,
soll möglichst sein an jedem Tag.
Notwendige Regeln
Nicht nur ein Jahr, es sind mehr als dreitausendacht,
da hat man schon die Beobachtung gemacht,
dass manche Krankheiten von einem zum andern
in ungeliebter und schwerer Weise wandern.
Zum Schutz des Volkes, gemeinsam auf dem Weg,
schuf man sinnvolle Regeln. Levitikus ist der Beleg.
„So sollst du handeln, wenn du der Kranke bist!
Tust du es nicht, dann haben wir alle den Mist!“
Das Buch Levitikus
Regeln werden formuliert und bedacht
und mancher Betroffene sagt: „Gebt acht!
Wir sind betroffen und verstehen den Grund.
Doch leben wir auch und tuen euch kund:
Wir wollen noch leben trotz all unsrer Not.
Wir brauchen noch mehr als Wasser und Brot.
Wir brauchen Gesichter, die wir oft gesehen.
Im Kreis der Familie kann es dann geschehen,
dass wir haben Mut und Hoffnung auf morgen
trotz aller Verzweiflung, trotz all meinen Sorgen.
Ich kann euch verstehen doch fällt es mir schwer.
Zeigt mir einen Ausweg. Ich bitte euch sehr!“
Der Aussätzige
Der Aussätzige, der geheilt wollte werden,
der länger wollt bleiben bei der Sippe auf Erden,
er tat, was verboten. Er hielt sich nicht verborgen.
Er suchte Kontakt und konnte so für sich sorgen.
Zum Heiland er lief. Seine Chance auf Leben,
die Jesus ihm dann auch tatsächlich gegeben.
Zugleich gab er zwei Aufträge wohl schwer und nicht heiter:
„Zeig dich den Verantwortlichen und erzähle nicht weiter
wer dir geholfen. Dich zu heilen, das soll sein ein Zeichen,
dass die Versöhnung mit Gott kann neues Leben erreichen.
Sie wirkt heilend. Sie hebt Einsamkeit auf.
Das will ich vermitteln Landab und Stadtauf!“
Der Mann tut es nicht. Ich kann es verstehn.
Denn jeder ihn fragt: „Wie ist das geschehn?
Wie kann es denn sein, dass du bist genesen?
Deine Haut sieht so aus als wär‘ nie was gewesen.“
Der Mann muss seine Geschichte doch teilen,
und Freunde ermutigen, zu Jesus zu eilen.
Aus ihm spricht die Freude. Er ist voll Dank.
Für Jesus ist es wie ein bitterer Trank.
Vorbei ist es hier mit offenen Ohren und Herzen.
Wer will eine Predigt wenn ihn plagen die Schmerzen?
Die Konsequenz des „Danke“ musste Jesus tragen.
So kann Gutes Handeln auch in Last umschlagen.
Und Paulus
Ein Vorwurf ist das nicht an den Geheilten.
Doch Vorwürfe machen wir uns zu allen Zeiten.
Dann ist er verständlich, dass der Apostel Paul
für sich geprüft hat ganz genau:
„Wie lebe ich, kann jemand mir übelnehmen
dass ein Lob für meinen Dienst ich kann nehmen?“
Er sagt für sich: „Die Mühe war richtig. Ich tat sie gern.
Mein Eifer diente dem Reich unsres Herrn!“
Durch meine Reisen und durch manchen Brief
ich manche Menschen in die Nähe Gottes rief.
Sie lernten ihn kennen. Sie leben seine Gaben
damit ihre Familien und Freunde sich laben
an einem gutes Beispiel, dass der viel schafft,
der offen ist und empfänglich für Gottes Kraft.
Dann wird Gott gepriesen, der Kontakt belebt.
Die Wange wird heiß und die die Seele schwebt
zwischen Himmel und uns, das hin und zurück.
Am Ende wird stehen: Für mich ist es Glück!
Eine Portion Mut
Dies Glück will ich wünschen den Zuhörern heute.
Von hier scheint es mir: „Ihr seid rechte Leute!“
Wenn Ihr den Vorrat an guten Taten vermehrt,
ist dies auf keinen Fall für unsere Gemeinde verkehrt.
Am Mittwoch wird es heißen: „Kehre um und glaube!“
Es hilft der Heilige Geist in Gestalt einer Taube,
den gerne man spürt und dem man vertraut.
Auch darauf wird unsere Zukunft gebaut!
© Pater Norbert Riebartsch Februar 2024
Zum Nutzen aller
Das Göttliche spiegeln...
Der Hl. Benedikt hat in seiner Regel vorgeschrieben, dass die Mönche ihr Leben, Beten und Arbeiten so gestalten sollen, dass in allem Gott verherrlicht werde. Wichtiger Punkt dabei war: Es gibt für einen Mönch nicht die Zweiteilung in fromme Zeit beim Gebet im Chorgestühl und in der Kirche und andererseits den Rest des Lebens vor der Kirchtür. Beides gehört untrennbar zusammen und muss miteinander harmonieren. Das Leben des Mönchs soll sich im Gebet widerspiegeln und die Gottesbeziehung soll auch das Leben außerhalb der Kirche prägen. Stimmt das nicht überein, wird religiöses Leben schnell einmal Frömmelei und der Rest des Lebens verliert seine Leitplanken.
... zum Lobe Gottes
Die Worte Benedikts gelten aber nicht nur für den frommen Benediktiner, die fromme Benediktinerin. Sie gelten für jeden Christenmenschen. Und das auch immer schon – lange vor Benedikt, seit den Anfängen der Christenheit. Und wir alle wissen: Das ist schneller und einfacher gesagt als getan.
Die scheinbar wohl ziemlich verlotterte Hafenstadt Korinth mit deren Einwohnerschaft muss dem Völkerapostel Paulus immer wieder Kopfschmerzen bereitet haben, schreibt er doch an seine christliche Gemeinde und drängt sie so zu gottgefälligem Benehmen: Ob ihr esst oder trinkt oder etwas anderes tut: Tut alles zur Verherrlichung Gottes! Gebt weder Juden noch Griechen, noch der Kirche Gottes Anlass zu einem Vorwurf!
Wo ist deine Mitte?
Was Paulus da von den Gemeindemitgliedern verlangt, war wesentlich mehr als nur beständige Imagepolitur. Paulus ruft die Menschen zu einem Leben auf, das nicht nur dem Anschein nach der christlichen Botschaft entspricht, sondern bis tief an die Wurzel. Und Paulus weiß auch (vor allem mit Blick auf sein eigenes Leben): Das ist eine knochenharte Übung. Wer sich dieser Anforderung stellt, hat keinen Grund zu Hochmut, denn Scheitern ist eine beständig lauernde Gefahr.
So verurteilt er in seinen Schreiben immer wieder nicht solche, die Fehler begehen, sondern jene, die bei den Fehlern bleiben. Die Idee des Paulus: Wenn du in aller Demut Gott als Dreh- und Angelpunkt deines Lebens einrichtest, kannst du nicht fehllaufen. Und zugleich wird so zunächst jeder Christ und schließlich die Kirche als ganze, was sie sein soll: eine Institution, die Gott verherrlicht. Verliert die Kirche, das heißt: jeder Christ, jede Christin, diesen Dreh- und Angelpunkt aus den Augen, dreht sie sich um sich selbst und wird äußerst fehleranfällig. Das galt damals wie heute: Eine Kirche heute etwa, die sich des geistlichen wie körperlichen Missbrauchs von Menschen überführen lässt und sich nicht mit allen Konsequenzen dem stellt, ist keine Kirche, die Gott als Dreh- und Angelpunkt hat, sondern eine, die ihn verloren hat. Eine, die voller Hochmut nur um sich selbst dreht.
Hin und wieder in den Spiegel schauen
Eine gläubige Christenheit hingegen, die sich ihrer Fehler und Schwächen bewusst ist und an ihnen arbeitet, kommt daher wie der Aussätzige im heutigen Evangelium. Ihm ist sein Krankheitsbild bewusst. So stellt er sich vor Jesus hin und bittet ihn um Hilfe. Das erfordert einiges. Doch dem Mann geht Heilwerden über alles. Bei seinem Handeln fällt eines sehr ins Auge: Mit diesem Schritt setzt der Mann alles auf eine Karte. Er macht sich vollständig abhängig von der Gnade Jesu: Wenn du willst, sagt er zu Jesus. Er schließt mit Jesus keinen Deal, er verhandelt nicht. Er unterwirft sich dem Willen des Gottessohnes: Wenn du willst. Und - der will.
Umkehr - Grundbewegung der Kirche
Eine gläubige Christenheit, eine glaubende Kirche macht es genauso: Sie ist sich ihrer Fehler bewusst, die immer wieder passieren, weil Menschen nun mal schwach sind: Das ist keine Entschuldigung, aber eine Erklärung. Sowohl als einzelne Christen wie auch als ganze Kirche sind wir auf das barmherzige Wollen unseres Gottes angewiesen. Immer. Wenn wir glaubwürdig bleiben wollen, bleibt uns oft nichts anderes als die zähneknirschende Umkehr. Eine Kirche, die sich in Machtspielchen und Vertuschung ihrer Fehler ergeht, büßt diese Glaubwürdigkeit ein. Das gilt von der Kirchenspitze hinab bis ins Leben jeder einzelnen Pfarrei und jeder Gruppierung.
Heilwerden ist nichts fürs stille Kämmerlein
Die Heilung des Aussätzigen bekommt zum Schluss noch eine spezielle Wende - so hörten wir. Wer von Aussatz geheilt wurde, musste das bestätigen lassen. Im Buch Levitikus der Thora ist das genau beschrieben. Geh, zeig dich dem Priester und bring für deine Reinigung dar, was Mose festgesetzt hat – ihnen zum Zeugnis. Heilung und damit auch Re-integration war und ist nicht nur Angelegenheit des Einzelnen, sondern auch immer Thema der ganzen Gemeinschaft. Die Gemeinschaft der Glaubenden muss sich mit demjenigen Menschen, der sich da in seinem Leben verändert, auseinandersetzen. Das muss sie nicht nur bei Aussatz - dass muss sie immer, mit allen Menschen, die sich im Raum der Kirche bewegen.
Wer auch immer etwas im Umfeld der Kirche tut - sei es gut oder auch nur gut gemeint, der bewirkt eine Auswirkung auf die Kirche. - Manchmal tut beunruhigendes Handeln der Kirche ja auch mal ganz gut und ist erweckend - aber das muss gut überlegt sein. Gerade in jüngster Zeit erleben wir allerdings viel zu oft, wie Taten, die in der Kirche begangen werden, zu Ärger, Frustration und kirchlicher Depression führen. Von Heilung und Heilwerden einer kirchlichen Gemeinschaft wenig Spuren.
Statt sich nun aber darüber zu beschweren und zu ärgern, gibt es für jeden einzelnen Gläubigen eine ganz einfache Methode, einen Gegentrend einzuläuten. Man werde einfach selber Botschafter, Botschafterin des Guten in unserer Kirche. Man gestalte diese Kirche selbst mit statt auf andere zu warten. Dem Motto folgend, das uns Paulus wissen lässt: Ich suche nicht meinen Nutzen, sondern den Nutzen aller, damit sie gerettet werden.
Liebe trotz Abstand und Corona
Ihr Frauen und Männer hier in den Bänken,
zu Karneval will ich Reime euch schenken.
Ich schenk sie auch jenen, die online verbunden
wünsch schöne Minuten und auch drei Sekunden,
bei denen ihr spürt:
Gott hat mich berührt!
Was ist das Thema? Wovon lass ich mich leiten?
Der 14. Februar – es ist nicht zu bestreiten,
ist der Tag der Liebe und ein Sonntag dazu.
Dieser Anlass wäre für heut doch der Clou.
Oder denk ich: Corona – das bedeutet Abstand
von ein Meter 50 zum Menschen, zur Wand.
Und Abstandsregeln das Buch Levitikus nennt.
Damit keiner in eine tödliche Ansteckung rennt.
Das Thema heißt Liebe
Zuerst also Liebe. Wer kennt sich da aus?
Wer spürt ihre Wärme? Wer hat sie im Haus?
Wer hebt seinen Finger und sagt: Sie ist mein?
Erwachsne wohl nicht. Ein Kind könnt es sein.
Denn das ist direkter und herzlich dazu.
Es sieht dich nur an und handelt im Nu.
Es spürt bei der Umwelt, ob wir etwas brauchen,
das mehr ist als Brot und Tabak zum Rauchen.
Es spürt deine Furcht, deine Leere, dein Wanken,
es spürt, dass du manchmal hast dumme Gedanken.
Es lächelt dich an mit strahlendem Blick
und diese Augen sind für dich wie ein Klick:
Darin darfst du wachsen in Herzen und Sinnen
den Alltag verändern von außen und innen.
Die Liebe lässt wachsen, denn sie weiß genau
die verborgene Perle bei Mann und bei Frau.
Die Perle beim Partner, die zog uns einst an.
Sie ließ uns träumen vom Ja irgendwann.
„Wie lange ist’s her?“ frag ich jetzt die Paare.
Was hat sich verändert über all diese Jahre?
Durft‘ wachsen das Gute? Wer hat es bestärkt?
Oder hat diese Chance gar niemand gemerkt?
Um was musstet ihr kämpfen oder mühsam auch ringen?
Waren es eure Werte? Hing es eher an alltäglichen Dingen?
Ihr habt es geschafft. Seit gern auf euch stolz.
Euer Bund ist geschnitzt aus sehr gutem Holz!
Das Thema heißt Abstandsregeln
Abstand wir halten in Stadt und Land.
Der Grund dafür der liegt auf der Hand.
„Ist gegen Corona“ erklärt ein Mensch uns scheu.
Was früher passierte, ist manchem noch neu.
Schon war es Gesetz vor tausenden Jahren
als Juden auf dem Weg durch den Sinai waren:
Wer sich infiziert, soll andere verschonen
und ganz allein für sich nur noch wohnen.
Ist er unterwegs, dann soll er auffallen,
die Zeichen bekannt bei fast wirklich allen.
Es sei nicht für immer. Ein Zurück ist gewollt.
Dem Wort der Autoritäten wird Folge gezollt.
Wenn sie sagen: „Ende – du bist jetzt genesen,“
wurd Unrat beseitigt mit Feuer und Besen.
Dann sagt die Familie: „Was sind wir jetzt froh!
Deine Freunde und Du sehen das ebenso.“
Die Regel, die gilt. Das war allen klar.
Doch für den Betroffenen es Hölle schon war.
Allein und mit Schmerzen, bei Wind und bei Regen
da denkt man an Vieles, nur kaum noch an Segen.
Wie groß die Verzweiflung, wie groß auch der Mut
dass jemand dann zum Herrn rufen tut.
„Wenn’s einer kann, dann doch nur er!“
So holt er Jesus zu sich her.
Das Thema heißt Heilung
Es geschieht dieses Wunder, das keiner gedacht,
nur der Kranke und Jesus. Denn der Herr hat bedacht,
das Wort vom Reich Gottes in ein Zeichen zu bringen,
damit Freudenlieder der Geheilte durft‘ singen.
Er hatte gewonnen, konnt‘ Zeuge nun werden,
dass Gottes Verlangen wird wahr auf der Erden.
Denn der, der ihn heilte, er war Gottes Sohn,
der Heil uns verkündet. Das wissen wir schon.
Geheilt kann der Aussätzige ins Dorf nun gehen
dass sich die Verantwortlichen und Führer ansehen,
den properen Körper, der ihm wurde zuteil.
Sie bestätigten allen: Dieser Mensch, der fand Heil!
Es kann auch, wer krank ist und alt und allein,
am Valentinsssonntag voll Hoffnung noch sein,
dass ein kleines Glück den Tag verschönt
und Sie mit dem Schicksal ein wenig versöhnt.
Ich wünsch Ihnen Hilfe, was immer das heißt!
Ich wünsch Ihnen Trost vom Heiligen Geist.
Ich wünsch Ihnen Menschen mit brennendem Herzen
die mit ihrem Wissen verringern die Schmerzen.
Ich wünsch Ihnen alles und weiß auch zugleich:
Wo das geschieht, da lebt Gottes Reich.
Es lebt bei den Menschen, die dafür sind offen,
und das will für Euch ich immer neu hoffen.
© Februar 2021 Pater Norbert Riebartsch, Kamillianer
ER wird uns trösten und uns heilen, wenn wir Not und Elend mit ihm teilen.
Liebe Schwestern, liebe Brüder!
Fasching ist es wieder.
Eine Predigt, mal wieder gedichtet –
dazu fühl ich mich nahezu verpflichtet.
Ich will es wagen
und heuer was zu Corona sagen.
Die Lesung aus dem Buch Levitikus heute
ist schwere Kost, liebe Leute.
Was galt bei Aaron und Mose in jener Zeit,
scheint auch wieder aktuell für heut‘.
Es geht darum, sich selbst zu schützen;
guter Wille allein scheint nichts zu nützen.
Der Aussatz ist‘s, der die Menschheit damals bedroht,
heute ist’s Corona; die bereitet uns größte Not.
„Gott, warum lässt du das zu?“ -
Diese Frage bringt viele aus der Ruh.
Die Welt behüten und gestalten,
dabei muss der Mensch selbständig walten.
Diese Aufgabe hat Gott uns gegeben
und entsprechend sollen wir leben.
Dass die Menschheit hier oft genug versagt,
das ist kein Geheimnis – und dann plagt
man sich von einer Katastrophe zur nächsten - und
meint, jetzt schlägt die letzte Stund‘.
Dann kommt der Ruf nach Gott:
„Mach’s wieder gut – und wenn’s geht, recht flott!“
Doch Gott sieht zu und weist uns an,
dass wir uns schützen, so gut jede und jeder kann.
Ein Gesundheitsamt muss her!
Sonst ist diese Aufgabe viel zu schwer.
Zur Zeit des Mose der Priester es war,
der prüfte, wer in Quarantäne musste gar.
Heute werden unsere Virologen
dafür in die Verantwortung gezogen.
„Wer krank ist, soll abgesondert wohnen“ – liebe Leute,
das ist die Botschaft damals wie heute.
Und noch was Nettes lässt sich finden,
auch das will ich Euch verkünden.
Schaut mich an! – wie meine Frisur so mies.
„Das Kopfhaar ungekämmt!“- so die Weisung hieß.
Und noch eins drauf: „Man soll den Bart verhüllen.“
Die Maske lässt uns diese Pflicht erfüllen.
Nehmt’s nicht gar so schwer und verzaget nicht!
Die Pandemie ist nicht das jüngste Gericht.
Und noch ein Lichtblick ist zu seh’n,
wenn wir zum heutigen Evangelium geh’n:
Jesus ist’s. Er zeigt uns Gottes Willen,
den er gekommen ist, zu erfüllen.
Obwohl des Menschen Auftrag bleibt,
ER dem Leidenden sein Mitleid zeigt.
So dürfen wir in jeder Angst und Not
uns mit unsrer Bitte wenden an den großen Gott.
ER wird uns trösten und uns heilen,
wenn wir Not und Elend mit ihm teilen.
Das ist mein Glaube – in Gottes Namen -
vertrau auf Gott und bitt ihn. Amen.
© Stefan Durner, Pastoralreferent, Kirchenplatz 2, D-84570 Polling, Mail: stefandurner@web.de
Vom Rand in die Mitte
Ausgegrenzt
Ausgegrenzt sein - was bedeutet das? Von den Menschen gefürchtet. Keine Freunde! Keine Familie mehr! Niemand der sich für mich interessiert! Kein Zuhause, keine Heimat! Vermutlich von allen verachtet! Ablehnung in jedem Wort durch andere! Ungewiss die Gegenwart und zukunftslos, nur mehr Vergangenheit, die nicht mehr zu ändern ist. Keine Gespräche! Keine Berührungen. Keine Zärtlichkeiten. Ablehnung und Unwohlsein im eigenen Körper. Ausgegrenzt bis ins Innerste des eigenen Ich!
Ausgegrenzt sein hat viele Gesichter
Ausgegrenzt sein hat in unserer Zeit sehr unterschiedliche Gesichter. Es zeigt sich in unterschiedlicher Weise mit einem deutlichen Muster. Bei einer Flüchtlingsfamilie, die Mühe hat sich sprachlich verständlich zu machen und von anderen als Bedrohung ihres Wohlstandes empfunden wird. Der psychisch kranke Mensch, der nicht als krank, sondern als abnormal wahrgenommen wird. Die an AIDS erkrankte Frau, die aus Unkenntnis der konkreten Umstände von den anderen gemieden wird und der ein unmoralischer Lebenswandel unterstellt wird. Der alte Mensch, von der eigenen Familie vergessen wird und der zum Sterben in ein Heim abgeschoben wird. Der straffällig gewordene Mensch, für den sich alle ehemaligen Freunde und seine Familie schämen.
Unzählig und facettenreich ließen sich diese Aufzählungen noch fortführen. Das Muster ist immer gleich: Der einzelne Mensch wird isoliert, abgeschottet, alles was ihn ermutigen könnte, wird ihm genommen.
Jesus begegnet einem Ausgegrenzten
Erstaunlich ist: der namenlose Aussätzige, der wohl für die vielen Ausgegrenzten steht, bittet nicht um Heilung, sondern seine Bitte lautet „mach mich rein“. Diese Bitte zeigt wie existentiell die Eingliederung von Menschen in menschliche Gemeinschaftsstrukturen ist. Es könnte bedeuten, mach mich fähig, Gott und den Menschen zu begegnen, mach mich fähig für meinen eigenen Lebensunterhalt zu sorgen, mach mich fähig mit Menschen in Begegnung und Beziehung zu treten, gib mir wieder die Möglichkeit, Nähe und Berührung zu erfahren. Erlöse mich aus meinem lebenden Todsein.
Was macht Jesus auf diese Bitte hin? Er spricht ihm das von Gott verheißene Heil zu. Und damit ist es noch nicht genug, er tut dieses Heil auch, indem er ihn berührt. Für den aussätzigen Ausgegrenzten ist dieser Moment wohl die Erfahrung der radikalen Veränderung seiner Lebenswirklichkeit. Er erfährt sich als berührbar, er darf langsam wieder lernen zu berühren und seinen Berührungen zu vertrauen. Für Jesus sind in diesem Moment die Gesetze und Vorschriften seiner Zeit zweitrangig, der leidende Mensch steht im Mittelpunkt.
Ein Universum neuen Lebens mag sich für den Aussätzigen ausgegrenzten aufgetan haben. Das zeigt uns allein die Realität, dass er darüber unmöglich schweigen konnte, obwohl Jesus ihm das aufgetragen hat.
Trotz allem ist es für ihn noch ein weiter Weg. Ein Weg mit seinem Bedürfnis nach Liebe und Angenommensein und mit den Menschen seiner Zeit umgehen zu lernen.
Vom Rand in die Mitte
Was kann denn dieses Evangelium für mich bedeuten? Am Anfang des Markusevangeliums, aus der unsere Heilungserzählung stammt, wird über das beginnende Reich Gottes erzählt. Das Heilwerden von Menschen ist eines der vielen deutlichen Merkmale des beginnenden Reiches Gottes. Das Reich Gottes ist kein spirituelles Angebot, wo der getaufte Christ möglichst fußfrei passiv zuschaut. Das Reich Gottes ist Geschenk und Aufgabe zugleich.
Hilfreich kann es sein, in den Spuren Jesu zu gehen. Überall dort wo mir Ausgrenzung auf meinem Lebensweg begegnet, kann ich heilend handeln. Kann ich durch meine Begegnung, mein Berührtsein, mein Berührenlassen und mein Berühren, die oder den Ausgegrenzten vom Rand in die Mitte holen. Einem Menschen die Würde zurückgeben, einem Menschen einen Zugang zur Gemeinschaft eröffnen, wenn es auch nur durch einen Menschen ist.
Auf den Spuren Jesu gehen heißt auch, die traurige Wirklichkeit des Lebens in meinem mystischen Leben vor Gott zu tragen. Für die zu beten, für die niemand betet, für die zu beten, die selbst nicht mehr beten können.
Auf den Spuren Jesu gehen heißt auch: Die traurige Wirklichkeit ausgegrenzter Menschen in die Gesellschaft zu tragen. Sei es im Gespräch mit Freunden, im Engagement in Vereinen und Organisationen oder in politische Gremien. Veränderungen zum Guten in unserer Gesellschaft haben sehr oft klein und ganz unten angefangen. Das Beginnen des Gottesreiches zeigt sich immer wieder konkret in heilvollen Begegnungen zwischen Menschen.
© Diakon Hans Wachter, Ausbildungsleiter für Diakone der ED Wien ausbildung.pastoraleberufe(at)edw.or.at
Reintegration
»Shades Tours«
Das Evangelium von der Heilung eines Aussätzigen konfrontiert uns mit jenen, die im Schatten des gesellschaftlichen Todes leben. Am Rande der Gesellschaft, obdachlos, leben die heutigen „Aussätzigen“, deren Erscheinungsbild oft abschreckend ist und Berührungsängste auslöst. Diese Ängste sind unsichtbare Trennwände zwischen der Zivilgesellschaft und denen, die aus der Normalität des bürgerlichen Alltags hinausgefallen sind. Die Gründe für ihre Obdachlosigkeit sind facettenreich und können nur authentisch von den Betroffenen selbst erklärt, beschrieben werden.
In den sogenannten »Shades Tours« in Wien und in anderen europäischen Großstädten, geschieht das Unglaubliche: Obdachlosigkeit wird durch Obdachlose thematisiert. Es sind Führungen, wo Obdachlose als bezahlte Guides in die Welt der Obdachlosen an ihre Originalschauplätze, begleiten, in eine von uns ungesehene Welt. Dazu erzählen sie ihre Geschichte, wie die Schattenseiten des Lebens ihr Leben verändert haben, sie obdachlos und „gesellschaftsfremd“ werden ließen und sie am äußersten Rande der Gemeinschaft gelandet sind.
Sich wieder sehen lassen können
So ein Mensch, unrein, vom Aussatz befallen, was immer auch den Ausschluss aus der Gemeinschaft zur Folge hatte, kam zu Jesus und bat ihn um Hilfe: "Wenn du willst, kannst du machen, dass ich rein werde. Jesus hatte Mitleid mit ihm; er streckte die Hand aus, berührte ihn und sagte: Ich will es - werde rein! Im gleichen Augenblick verschwand der Aussatz, und der Mann war rein." - ... und konnte sich nun sehen lassen!
Hören wir dazu, welche Veränderungen ein Obdachloser durch seine Führungen bei Shades Tours 2000 Jahre später erfahren hat:
„Ich bin nun seit neun Monaten bei SHADES TOURS und bin seit über zwei Monaten nicht mehr obdachlos, habe eine Krankenversicherung, bin überall gemeldet und empfinde auch oft Stolz. Nicht nur wegen den Veränderungen in meinem Leben, sondern auch durch die vielen Nachrichten, Briefe, Anrufe und Mails von früheren SHADES TOURS Teilnehmerinnen, denen ich auch eine komplette neue Sicht auf dieses schwierige und komplexe Thema geben konnte und die mir immer das Gefühl gaben, auf Augenhöhe mit ihnen reden zu können und keine Verurteilung zu sehen, sondern Verständnis. Wie heißt es so schön: ein Mensch ohne Zweck wandert ziellos. SHADES TOURS gab mir und meinem Leben wieder einen Sinn!“
Kaum zu glauben, wie ähnlich diese Erzählung aus der Situation des an den Rand der Gesellschaft gedrängten Menschen und die Erzählung von der Heilung ist. Berührt zu werden, von der Zuwendung, der Liebe, der Anerkennung und als Mensch in Not wahrgenommen zu werden. Das lässt hoffen, führt aus dem Todesraum der Obdachlosigkeit, der Krankheit, der Ausgrenzung und wie all diese Schattenseiten des Lebens heißen, heraus in lichtvolle Seiten des Lebens, letztlich in die menschliche Gemeinschaft zurück.
Vorurteile abbauen
Auch die Veränderungen im Leben dieser beiden Männer haben Gemeinsamkeiten. Hören wir, was das Evangelium, also die Frohbotschaft, weiter erzählt: "Jesus schickte ihn, den geheilten Mann, weg und schärfte ihm ein: Nimm dich in acht! Erzähl niemand etwas davon, ... Der Mann aber ging weg und erzählte bei jeder Gelegenheit, was geschehen war; er verbreitete die ganze Geschichte,."
Auch jener Mann, der als Guide für Schades Tours führt, erzählt bei jeder Führung immer wieder seine Geschichte, seine Geschichte der Heilung. Armut, körperlicher Verfall, Verzweiflung, Gewalt, Leben auf der Straße stören unser Wohlbehagen. Obdachlosigkeit, ein immer dagewesenes Phänomen, nimmt derzeit wieder an Bedeutung zu. Eine Sozialarbeiterin, die bei Shades Tours in Wien mitarbeitet, verweist auf die ansteigende Obdachlosigkeit hin. Sie sagt: „Wir glauben, dass es zu viele Stigmata und Vorurteile gegenüber obdachlosen Menschen gibt! Dies hemmt die Re-Integration“.
Integration
"Geh, zeig dich dem Priester..."
Die Erkrankung, der Aussatz, hat vor 2000 Jahren den betroffenen Menschen aus dem „Volk Gottes“ ausgeschlossen. Denn jeder, der vom Aussatz befallen war, galt als kultisch unrein. Er war somit ein „lebendiger Toter“. Wie geht Jesus als gläubiger Jude mit dieser Tatsache um? Er fordert den vom Aussatz geheilten Mann auf, sich nun den Priestern zu zeigen. Dieser Schritt war damals die Voraussetzung, zur vollen Integration. Dieser Mann wird wieder in der Gesellschaft akzeptiert und kann am gesellschaftlichen Leben teilnehmen.
"... und bring das Reinigungsopfer dar, das Mose angeordnet hat. Das soll für sie ein Beweis meiner Gesetzestreue sein." - Man weiß es nicht genau, warum Jesus diese Worte von der Gesetzestreue in dem Zusammenhang mit der Heilung in den Mund gelegt worden sind. Will er sich gegenüber der jüdischen Autorität „absichern“, will er auf seine eigene Gesetzestreu verweisen? Die Antwort bleibt offen. Was jedoch aus dieser Botschaft der Heilung bis auf den heutigen Tag klar heraus kommt: „Ein Mensch, als gottgeliebter angeschaut, wächst über jedes Alltagsmaß hinaus, ist ein ganz anderer und vermag ganz anderes zu tun.“ (Gereon Kühr in Schätze im biblischen Acker, S. 44).
Diese Botschaft gilt es für die Kirche zu verkündigen und so im Leben der Gesellschaft als Werkzeug der Inklusion und der Integration zu wirken. Denn die Menschen, die am Rande der Gesellschaft gedrängt werden, und so aus dem Blickfeld der Gesellschaft verschwinden, fordern uns als Kirche auf: anzuhalten, hinzusehen, sich berühren zu lassen, sie als Menschen, als Teil unserer Gesellschaft zu sehen und sie so anzunehmen und aufzunehmen. Obdachlose, Migranten, Flüchtlinge, Bettler sind Menschen und nicht ein Problem. Wenn wir uns durch die Not dieser Menschen in die Pflicht nehmen lassen, dann kann heilsame Veränderung auch heute unter uns geschehen.
Vom Aussatz geheilt
Lebendig tot
Das Markusevangelium zeigt uns Jesus, der mit Vollmacht predigt, Jünger beruft, Kranke heilt und Dämonen austreibt. Markus schildert auch den betenden Jesus, der aus der tiefen Einheit mit seinem Vater lebt. Heute ist Jesus in Galiläa unterwegs. Da „kam ein Aussätziger zu ihm und bat ihn um Hilfe“. Aussatz bedeutete im damaligen Israel, lebendig tot zu sein. Diese Krankheit ist nicht nur das, was wir als Lepra bezeichnen. Aussatz war ein Sammelbegriff für vielerlei gefährliche Hautkrankheiten. Wegen der Ansteckungsgefahr waren die Aussätzigen von der Gemeinschaft ausgeschlossen. Das galt auch für die Glaubensgemeinschaft. Ihre Krankheit wurde sogar als Strafe für eine Schuld angesehen. Wie wir aus der Ersten Lesung wissen, mussten Aussätzige außerhalb der Städte leben. „Überleben" ist wahrscheinlich die angemessene Bezeichnung. Ein Aussätziger weiß, dass er ein hoffnungsloser Fall ist. Nach dem Buch Levitikus müssen sie die Passanten schon von Ferne auf ihren Zustand aufmerksam machen. Sie müssen rufen „unrein, unrein".
Der Aussätzige im heutigen Evangelium missachtet diese Regeln und Jesus lässt es zu. Markus schreibt: Ein Aussätziger „fiel vor Jesus auf die Knie und sagte: Wenn du willst, kannst du mich rein machen. Jesus hatte Mitleid mit ihm; er streckte die Hand aus, berührte ihn und sagte: Ich will - werde rein!“ Jesus durchbricht die festgefügten Mauern, die sich um einen Aussätzigen gebildet hatten. Er bleibt ohne Begegnungsangst stehen, lässt sich ansprechen, berührt ihn und heilt den Mann. Gottes heilendes Erbarmen begegnet ihm in Jesus. Er erweckt den Aussätzigen, der bereits im „Todesschatten“ lebte, zum neuen Menschsein.
Wiedereingliederung
Wie im Buch weiter Leviticus vorgeschrieben, schickt Jesus ihn nach der Heilung zum Priester. Jesus achtet das Gesetz. Der Priester hat seine Heilung offiziell festzustellen. Erst dann ist er wieder in die Gemeinschaft eingegliedert. Jesus verbietet ihm, anderen von seiner Heilung zu erzählen. Er befürchtet, dass die Menschen ihn als Wunderdoktor missverstehen. So finden wir auch heute das „Schweigegebot". Es gibt mehrere Stellen im Markusevangelium, wo Jesus entweder die Geheilten oder die Augenzeugen zum Schweigen auffordert. Er will nicht falsch verstanden werden. Doch das Schweigen wird nicht eingehalten. Bei solch großen Dingen, die die Menschen bei Jesus erleben, können sie nicht schweigen, sie loben Gott und reden. Erst Jesu Weg in die Schwäche, seine freiwillige Hingabe im Kreuzestod und das unerhörte Wunder der Auferstehung enthüllen die eigentliche Sendung Jesu. Der Geheilte und die Menschen, die vom Wunder reden, zwingen Jesus, sich nur noch außerhalb der Städte aufzuhalten. Trotz des Rückzuges Jesu, kommen die Leute zu ihm.
Vor den Mauern der Stadt zwischen Himmel und Erde
Am Ende seines Lebens, wenn Jesus sein Leben für uns hingibt am Kreuz, wird er selbst zum Aussätzigen, den man verbannt aus dieser Welt. Wer war Isolierter und Alleingelassener als Jesus am Kreuz? Wer war verachteter, ausgeschlossener als der, von dem die Schrift sagt: Er hat unsere Krankheiten getragen? Von dem Paulus schreibt: Er wurde am Kreuz für uns zur Sünde?
Es sind nicht nur Infektionskrankheiten, die uns absondern. Schwierige Situationen, Erkrankungen an Leib und Seele, Schuld, in die wir geraten sind, all das kann das Leben so verändern, dass gute, tragende Kontakte plötzlich reißen und die Betroffenen das Gefühl haben, sie seien an den Rand gedrängt, isoliert und allein. Das Evangelium lädt uns heute ein, mit einem unerschütterlichen Glauben zu rufen: „Herr, wenn Du willst, kannst Du mich heilen und herausholen!“ Wir haben die Zusage, dass Er hilft und Kraft schenkt, uns zu öffnen.
Rollentausch - Jesus und der Aussätzige
Ist es meine Zeit?
Warum feiern Menschen diese Tage
Fasnet, Fasching, Karneval?
Gibt es Antwort auf die Frage,
die sich stellt doch überall?
Man feiert in Gemeindesälen,
ein Gedicht im Sonntagsgruß.
Statt von Krankheit zu erzählen
oder auch vom wehen Fuß,
will von Freude ich erzählen,
die ein Kranker einst erfuhr.
Er konnte ganz auf Jesus zählen,
der ihm schenkte Heilung pur.
Aussatz war das Krankheitsbild,
das der Mann am Leibe trug.
Die Angst der Menschen war nicht mild.
weil Ansteckung die andren schlug.
Doch geheilt kann er ins Dorf,
erzählt bei allen, was geschah.
Auf seiner Haut gab’s keinen Schorf
Das Wunder jeder Mensch nun sah.
Zum Fluch wurd dieses gute Tun
für Jesu Wunsch, von Gott zu sprechen.
Denn zu ihm kamen alle nun
mit ihrem Schmerz, ob Druck, ob Stechen.
Auch sie wollten das Zeichen erfahren,
die Worte waren für sie nicht wichtig.
Sie kamen zu Fuß, auf Krücken, auf Bahren.
Die Hoffnung hieß: Der Mann macht es richtig!
Ich kann diese Menschen gut verstehen,
denn ihre Gedanken die waren ganz nah.
Sie konnten den weiten Bogen nicht sehen,
sie wollten nur, dass auch an ihnen geschah
das Wunder der Heilung. Und aufrecht stehen.
dass das Dorf die Freude in ihren Augen sah.
So verstehe ich auch bei Ihnen sofort
wenn Sie auf die Frage: „Was wünschen Sie sich?“
die Antwort lautet: „Meinen heimischen Ort,
Vertrautes und die Katze, denn sie wärmt mich!“
Bis dahin geben andere Ihnen die Hand und den Blick
dass wieder sich wendet für Sie das Geschick!
Liebe, Hoffnung, Vertrauen sind ansteckend
Abgesondert wohnen
Der Eindruck täuscht nicht: heute geht es um Aussatz! Um Aussätzige! Um Menschen, die "abgesondert wohnen" sollen, wie es in der Lesung aus dem Alten Testament, dem Buch Levitikus, heißt. Hand aufs Herz! Es gibt Krankheiten, die anstecken, vor denen Menschen eine große Angst haben, vor der sich die Gesunden schützen wollen - und müssen. Regeln, die allen Beteiligten klar sind - und auch einleuchten - helfen, eine Durststrecke zu durchstehen. Aber was es heißt, "abgesondert wohnen" zu müssen, wissen nicht die Gesunden - es sind die Kranken, die draußen bleiben. Die auch darunter leiden, stigmatisiert zu werden. Nicht mehr dazu zu gehören. Angst einzuflößen. "Unrein! Unrein" sollen sie sogar rufen - und vor sich selbst warnen. Nähe kann es dann nicht mehr geben. Gemeinschaft auch nicht. Wie gut, dass das alles lange her ist - denke ich.
Abgeschoben werden
Große Lust, über die Hautkrankheiten von einst zu reden, verspüre ich nicht. Trotzdem könnten wir über Hautausschläge reden - schließlich sind Hautausschläge richtige "Hingucker". Es soll sogar Menschen geben, die Juckreiz verspüren, wenn sie "so etwas" sehen. Dann ist auch ein Handschlag schon eine Zumutung. Aber worüber wir reden müssen, ist, dass über alle Hautkrankheiten hinaus Menschen ausgegrenzt werden - und "abgesondert wohnen" sollen.
Ich denke jetzt an viele Flüchtlinge, die zu uns kommen. Zu uns... Viele von ihnen sind minderjährig. Sie haben schreckliche Erfahrungen hinter sich. Oft aber auch vor sich. Die Vorbehalte bekommen sie an vielen Orten mit. Meistens pauschal, einfach so. Vorbehalte werden auf die Straße getragen, in Slogans zugespitzt, mit Fahnen in den Wind gehangen - was durchaus in einem demokratischen Staatswesen auch rechtens ist. Aber geboten? Gut verantwortet? Mit Zukunftsaussichten? Auch für die Menschen, die von vorne anfangen müssen? Die nichts haben?
Es sind nur kleine Zeichen: Der Kölner Dom (wie viele andere Kirchen) macht das Licht aus, Gegendemonstrationen gehen auch auf die Straße, Zeitungen berichten von Menschen und ihren Schicksalen.
In den Sinn kommt mir auch, wie heftig diskutiert, wie heftig gestritten wird, wenn es um Wohnraum für Flüchtlinge und Asylanten geht - außerhalb der "schönen" Siedlungen, in Extra-Heimen, Übergangsheimen, Containern, manchmal sogar unter unmenschlichen Bedingungen. Aus meiner eigenen Stadtgeschichte kenne ich den Ort, der außerhalb der Stadtmauer liegt, einst die Lepra- und Pestkranken aufnahm - und Melaten heißt. "Melaten" kommt aus dem Französischen und heißt "krank". Dass hier auch der Galgen stand, macht diesen Ort nicht nur unheimlich, sondern auch zu einem Ort der Verworfenen. Unter anderen Namen haben wir an vielen Orten immer noch ein Melaten. Nicht einmal das Denken hat sich geändert. Geblieben ist die Angst - vor Ansteckung. Als ob Menschen, die zu uns kommen, uns das Leben nehmen. Ist nicht vielleicht nur unsere Angst ansteckend? Raubt sie uns Verstand und Herz? Dann werden wir nicht "überfremdet", wir werden uns selbst fremd.
Rein!
Es tut gut, Markus zu hören. Er ist der erste Evangelist, der das Leben Jesu erzählt - so erzählt, dass von Anfang an Wunder geschehen. Kaum hat Jesus angefangen, wird schon ein Mensch "rein" - und, was für ein Wortspiel, kommt "rein" in ein neues Leben. Er sieht jetzt gut aus! Es sieht jetzt gut für ihn aus! Wir können mit ihm feiern!
"Werde rein!" sagt Jesus - und es ist wie eine Verheißung, wie ein Auftrag, Menschen nicht nach draußen zu schicken, sondern rein zu holen. "Werde rein!" heißt auch "Komm rein!" Das Reich Gottes ist nahe, sagt Jesus. Das schenkt auch einen neuen Blick auf die Menschen und ihre Geschichten, auf die Welt und ihren Verstrickungen, auf die verwundete Haut und die Schönheit eines Gesichtes.
Die Ebene, auf der Menschen in Quarantäne gehen und in Quarantäne schicken, haben wir längst verlassen. Quarantäne ist immer auf Zeit. Mit Aussicht auf Heilung und Besserung. Für alle.
In der Zusage, in dem Zuspruch "Werde rein!" wird ein neues Urteil über Menschen gesprochen. Der Evangelist verrät: Jesus hat Mitleid mit ihm. Jesus leidet mit ihm und spricht dann das Wort, das befreit und ansteckt.
Liebe ist ansteckend.
Hoffnung ist ansteckend.
Vertrauen ist ansteckend.
Vor dieser Ansteckung ist die Angst machtlos. Aber sie macht das Gesicht schön.
Eigentlich kann ich jetzt Schluss machen. Aber etwas muss ich doch noch loswerden: Wir kennen bei uns und anderen Ängste und Sorgen, die uns bei vielen Veränderungen und Herausforderungen beschleichen. Das Evangelium lässt uns in einen Wunder-Spiegel sehen, der uns mehr zeigt, als wir sehen können. Ängste und Sorgen machen uns "aussätzig" und zeichnen uns. Manchmal verzeichnen sie uns sogar. Wir sind dann auch nicht im Reinen mit uns. Wir können es nicht einmal verbergen. Man sieht es uns an. Jesu Wort aber will uns "rein" machen. "Werde rein!" meint auch: in der Liebe könnt ihr mutig leben!
Das Evangelium endet überraschend: Wir verbreiten die ganze Geschichte, und die Leute kommen von überall her zu ihm! Der Eindruck täuscht nicht: Heute geht es um Menschen, die nicht länger gezeichnet sind.
Und der Friede Gottes,
der höher ist als unsere Vernunft,
bewahre unsere Herzen und Sinne
in Christus Jesus,
unserem Herrn.
Alles zur größeren Ehre Gottes
Liebe Brüder, liebe Schwestern!
Nicht erst seit gestern
ist’s bekannt
im ganzen Land,
dass der Apostel Paulus Gemeinden hat gegründet,
in denen sich so mancher findet,
der seinen Glauben lebt mit ganzer Kraft -
und so ein Stück Reich Gottes schafft.
Doch auch damals war nicht alles ideal.
Die Gemeinde schritt durch manches Tal,
weil - so sind die Menschen halt -
so manche Weisung schlicht verhallt.
Paulus kommt das zu Ohren,
doch er gibt die Sache nicht verloren,
seine Briefe sollen den Glauben stärken
und sichtbar machen in Taten und Werken.
So muntert er uns heute auf, wenn wir trinken oder essen,
dann sollen wir Gott dabei nicht vergessen.
Alles was wir tun - im Reden und in Werken
soll Gottes Herrlichkeit verstärken.
Unser Leben, unser Alltag sei darauf getrimmt,
dass keiner Anstoß daran nimmt,
weder Juden noch Griechen noch Christen,
das ist’s wonach wir uns richten müssten.
Unser Leben sei ein großes Entgegenkommen
in allem - das habe ich von Paulus vernommen.
Es sei zu aller Nutzen und zum Heil,
dass jeder an der Rettung habe Teil,
die Christus hat versprochen
- und dieses Versprechen wurde nie gebrochen.
Das ist auch des heutigen Evangeliums Kunde,
es berichtet von Jesu heilsamer Stunde,
in der er voller Liebe den berührt,
der sonst nur noch Ablehnung spürt.
Durch seinen Aussatz ausgeschlossen
hat er wohl schon viele Tränen vergossen.
In größter Verzweiflung er schreit:
"Herr, wenn du willst, hab die Freundlichkeit!"
Und er, der Herr, streckte aus seine Hand
und der Aussatz verschwand.
Von Gott berührt:
so sehr, dass er sein Leben wieder spürt!
Das ist auch das, was Paulus schreibt,
was ihn richtiggehend umtreibt:
Im Christsein geht es um aller Menschen Heil.
Mach mit, nimm daran teil!
Hier schließt sich der Rahmen.
Amen.
Stefan Durner
Pastoralreferent im PV Flossing
Kirchenplatz 2
84570 Polling
"Tut alles zur Verherrlichung Gottes"
Liebe Gott und die Menschen!
Den Gemeinden, die Paulus gegründet hatte, schreibt er immer wieder Briefe, um sie im Glauben zu stärken und lebendig zu erhalten. Bewusst und kraftvoll soll jeder Getaufte seinen Glauben leben. Hatten die Israeliten, die im Grunde ja das gleiche Ziel verfolgten, immer wieder neue Vorschriften und Gebote aufgestellt, so verzichtet schon Jesus darauf, die Menschen mit Geboten und religiösen Vorschriften zu überschütten. Jesus kennt grundsätzlich nur ein Gebot, das er mit einem einzigen Wort ausdrücken kann: Liebe! Liebe Gott und die Menschen! Mit wahrer und echter Liebe lassen sich alle weiteren Gebote und Vorschriften einhalten. Vor allem: Wer mit ganzem Herzen liebt, unterlässt nicht nur das Negative und Böswillige, sondern baut das Positive, Bereichernde und alles ihm mögliche Gute umfangreich aus.
Paulus hat sich Jesus zum Vorbild genommen, wie er in der Lesung eigens betont, und er möchte, dass die Gläubigen in den Gemeinden es ebenso tun. In zahllosen Beispielen gibt er in seinen Briefen konkrete Anregungen, wie ein Leben in der Nachfolge Jesu verwirklicht werden kann. Denken wir nur an das "Hohelied der Liebe". Aber auch darin ist Jesus dem Apostel ein Vorbild: Paulus will nicht einen neuen Gebotekatalog mit zahllosen Einzelvorschriften aufstellen. Ihm geht es um eine Grundeinstellung, die sich jeder Christ aneignen soll, damit er leicht den Weg der Nachfolge gehen kann. Hatte Jesus kurz und bündig gesagt: "liebe!", so formuliert Paulus als Faustregel den Satz: "Tut alles zur Verherrlichung Gottes!".
Es ist eine gute Faustregel. Denn schon der Gedanke "Ich will durch mein Denken und Handeln dich, meinen Gott, ehren und dir danken" bewegt uns zu positivem Denken, regt sofort unsere Kreativität an, dämpft deutlich unsere negativen Gefühle. Ja, es legt sich spürbar so etwas Frohes und Mutiges in unser Herz, das uns zum Guten hinzieht und den Blick auf Ungenügendes, Halbes oder gar Böses gar nicht erst richtig aufkommen lässt. Gott ehren wollen weckt innerlich Energie.
Lobpreis, Dank und Anbetung Gottes
Die Verherrlichung Gottes wird bei uns oft die Form von Lobpreis, Dank und Anbetung Gottes haben. Es ist die Weise, die uns wohl am ehesten und einfachsten gelingt. Wir können unsere ganze Freude über Gott und den Jubel unseres Herzens jederzeit sehr persönlich Gott entgegenbringen.
Zur Verherrlichung Gottes gehört sodann die Ehrfurcht vor dem, was Gott geschaffen hat: die Welt mit ihren Pflanzen und Tieren, die Menschen mit ihren Hoffnungen, Erwartungen und ihrem Sehnen, geliebt zu werden.
Ehrfurcht und Staunen
Ehrfurcht lässt uns immer wieder einmal innehalten und die Natur in ihrer Schönheit und Vielfalt aufmerksam bestaunen. Ja es bedarf des Staunens, um Gottes Größe und seine Erhabenheit intensiver zu erahnen und gebührend zu würdigen.
Ehrfurcht bewegt uns, auch den Menschen mit Achtung und Vorsicht zu begegnen - selbst jenen, die uns unsympathisch sind, als Gegner gegen uns auftreten oder sogar Unrecht zufügen. Denn Ehrfurcht lässt uns die Frage stellen: Wie sieht und beurteilt eigentlich Gott den anderen? Und wenn uns diese Frage dann dazu anspornt, schnelle Verurteilungen zu meiden, bei erlittenem Unrecht nicht zornig zu reagieren, sondern besonnen zu handeln, dann ehren wir Gott auf die schönste Weise, die uns Menschen möglich ist. Denn nichts ehrt Gott mehr, als sein Wesen der Güte und des Erbarmens nachzuahmen. Es wird uns Kraft und Überwindung kosten; aber dafür ist der Verzicht auf Widervergeltung oder gar Rache auch die Höchstform der Verherrlichung Gottes.
Gutes tun
Was uns leichter fällt, aber dennoch ebenso als eine wunderbare Verherrlichung Gottes einzuordnen ist, betrifft unser Wollen und Streben, Gutes in vielfältiger Weise zu tun. Es sind oft Kleinigkeiten, die gar nicht viel Mühe kosten, aber ihre oft erstaunliche Wirkung haben. Das freundliche Wort, die ehrliche Anteilnahme, Hilfsbereitschaft, Anerkennung, Schwieriges mit durchtragen und durchstehen, bei der Wahrheit bleiben - all das ist Verherrlichung Gottes, weil wir die guten Anlagen, die Gott uns geschenkt hat, nicht brach und ungenutzt liegen lassen, sondern gebrauchen. Gott ehrt, wenn wir seine Geschenke an uns nicht nur bestaunen, sondern lebendig und vielfältig nützen und zur Geltung bringen.
Bei aller Begeisterung für das Gute sollten wir nicht übersehen, dass uns geschehen kann, was Jesus widerfuhr. Im Evangelium wird uns berichtet, dass Jesus nach seiner guten Tat, der Heilung des Aussätzigen, ins Abseits kam. Dies kann auch uns geschehen. Zum Beispiel: Sie machen nicht mit, einen schwierigen Nachbarn oder Verwandten zu schneiden, verweigern, sich gängigem Mobbing gegen jemanden anzuschließen, Streitigkeiten aufrecht zu erhalten, auf vagem Hintergrund gefasste Verdächtigungen zu übernehmen und damit zu stützen. Nicht wenige haben in diesen Fällen den Zorn anderer auf sich gezogen und Ablehnung erfahren. Paulus würde uns sagen: Lass dich nicht beirren oder in deiner Haltung umstimmen. Gott ist es wert, dass wir Leiden, die uns aus unserem Gut-Sein erwachsen, mutig tragen. Und hinzufügen würde der Apostel: Glaube daran, dass es dir ergehen wird wie Jesus, zu dem sich Menschen in seine Abgeschiedenheit aufmachten. So werden sich auch bei dir Menschen, die wie du die Verherrlichung Gottes suchen, an deine Seite stellen.
Lassen wir uns von Paulus einladen, unser Denken und Handeln so zu gestalten, dass es einer Verherrlichung Gottes entspricht. Sprechen wir es aus "Dich, Gott, will ich ehren!" und spüren wir die Kraft, die bei diesem Gedanken und Entschluss in uns einströmt.
Mitleid und behutsamer Umgang mit einem Kranken
Nehmen wir an, zwei Freunde/Ehepartner... haben ausgemacht, miteinander das Sonntagsevangelium zu studieren und zu besprechen. Könnte sich das Gespräch vielleicht so oder so ähnlich abspielen?
A: Das ist wieder einmal eine dunkle Stelle. Wie soll ich sie verstehen? Soll ich in Jesus einem Zauberer glauben und vertrauen? Außerdem: Ich bin noch keinem Aussätzigen begegnet - und hoffe, dass das auch in Zukunft nicht der Fall ist.
B: Ja, mir geht es ähnlich. Und diese "Geheimniskrämerei": niemandem etwas zu erzählen, was da geschehen ist. Fragen über Fragen...
A: Es könnte wohl ein kleines Abenteuer werden, wenn wir trotzdem versuchen, gemeinsam diesen Text zu entschlüsseln, zu knacken wie eine Nuss. Fangen wir doch einfach einmal damit an, über das nachzudenken, was uns anspricht? Da fällt mir gleich einmal auf, dass Jesus Mitleid hatte mit dieser armen Haut und diesen Menschen berührte.
B: Ja, wenn ich mir das so vorstelle: Jemand ist voller Geschwüre, verstoßen, ausgegrenzt. Es ist wirklich ein berührender Gedanke, dass Jesus Mitleid hat, stehen bleibt, diesem Menschen nicht ausweicht, sondern seine Hand ausstreckt, ihn anfasst, anschaut, sich mit ihm auseinander setzt.
A: Ist dir auch aufgefallen, dass dieser "Aussätzige" zu Jesus kommt und ihn voll Vertrauen um Heilung bittet?
B: Ja. Er unternimmt etwas und durchbricht damit eine Barriere. Könnte mit »Aussatz« etwas gemeint sein, was uns isoliert, den Kontakt zu den Mitmenschen erschwert?
A: Meinst du, weil die Haut krank ist? Ich möchte auch manchmal »aus der Haut fahren«, wenn ich mich über andere ärgere; zu vieles geht mir »unter die Haut« und macht es mir schwer, auf andere zuzugehen.
B: Ist es nicht eine schöne Ermutigung, gerade dann aufzubrechen und Heilung zu suchen? Zu wissen, dass Einer stehen bleibt, seine Hand ausstreckt und heilen kann?
A: Wahrscheinlich ist da auch eine Einladung gemeint, dass wir auf Menschen, die es schwer haben, auf Außenseiter, Ausgestoßene, Hilflose zuzugehen.
B: Jetzt bekomme ich auch eine Ahnung davon, warum dieser Mensch überall erzählen musste, was er erlebt hat.
A: Könnte es sein, dass Jesus nicht wollte, dass der Geheilte gleich von seiner Erfahrung erzählt, um eben nicht als »Zauberer« dazustehen? Wie so vieles andere können wir diese Botschaft des Evangeliums in ihrer Tiefe wohl erst im Nachhinein - nach seiner Auferstehung - zumindest ansatzweise verstehen.
B: "...und die Leute kamen von überall her zu ihm".
A: Es war schön, mit dir zu reden.
B: Ja, danke!
Berta Wolf, Wien
Jesus und die Quarantäne
Zum Auftrag da hatte Paulus einst Mut:
Verherrlicht den Herrn in dem, was ihr tut.
Gebt mit euren Worten und euren Gedanken
symbolisch dem Volke die helfenden Planken,
die sie dazu führen, auf Gott zu vertrauen
und mit ihm das Morgen im Glauben zu schauen.
Und gebt nicht nur ihnen, nein, schaut auch darauf,
dass nicht bei einem der Unmut bricht auf
über eure Art, das Leben zu leben
und darin den Anlass zum Ärger zu geben.
Bestärkt mehr die einen, ermutigt die andern
auf dass sie wie Ihr auf Gottes Weg wandern.
Niemanden ärgern, das ist schon mal gut,
doch Christen, ich mache zu mehr auch euch Mut.
Vermeidet nicht Ärger, ermutigt doch auch,
damit christlich Leben bleibt ein guter Brauch.
Wir können was bieten, wir stehen für Werte
und legen auch gerne den Menschen die Fährte
zu dem, was dem Leben gibt Inhalt und Sinn.
Daran ich fest glaube und erfahren auch bin.
Ein Evangelium mit Heilung das hörten nun wir
verbinden den Text mit dem heute und hier.
Was gilt nur für Jesus, was kommt bei uns vor?
Welch Lied wolln wir singen in Sopran, im Tenor?
Ist in der Klinik jemand ansteckend krank
dann sagen wir es durch die Bank:
Wir schützen dann uns und auch seine Lieben
indem wir den Zugang zu ihm ein wenig nur sieben.
Es sollen in den ansteckenden Tagen,
die Menschen gerne nach ihm fragen.
Doch nicht zu viele – das gilt immer –
sollen gleichzeitig sein im Krankenzimmer.
An der Tür ist ein Hinweis angebracht
der allen es ersichtlich macht,
wie sie sich richtig sollen kleiden,
damit nicht später sie auch leiden.
Gleichwohl, es kommen in das Zimmer
die Pflegenden und Ärzte immer.
Kein Kranker bleibt allein zurück
Dieser Satz, er gilt zum Glück.
Da war es schlimmer in Jesu Zeit.
Der Kranke musste ganz, ganz weit
von seinem Dorf allein in die Öde gehen
und sollte nie mehr Menschen sehen.
Denn Aussatz war die Diagnose
bei dem das Herz rutscht in die Hose,
vom Kranken und von seinen Leut‘,
ein wenig gilt es auch noch heut.
Wie groß die Verzweiflung, wie groß der Mut
dass dann jemand nach Jesus rufen tut:
„Wenn’s einer kann, dann doch nur er!“
So holt er Jesus zu sich her.
Dort geschieht dieses Wunder, das keiner gedacht,
nur der Kranke bat Jesus um Hilfe und das mit Bedacht.
Er konnt nur gewinnen, konnt Zeuge auch werden,
dass Gottes Verlangen wird wahr auf der Erden.
Denn der, der ihn heilte, er war Gottes Sohn,
der Heilsworte bestätigt. Das wissen wir schon.
Geheilt kann der Aussätzige ins Dorf nun gehen
dass sich die Verantwortlichen und Führer ansehen,
den heilen Körper, der ihm wurd zuteil.
Sie bestätigten allen: Dieser Mensch, der fand Heil!
„Hilft mir das jetzt weiter?“ – so können Sie fragen –
„denn ich muss weiter mein Päckchen tragen.“
„Nur das nicht so einsam“ meine Antwort dann heißt,
wie die Zahl Ihrer Kontakte wohl allen beweist.
So kann auch, wer krank ist und alt und allein,
am Faschingssonntag voll Hoffnung noch sein,
dass ein kleines Glück den Tag verschönt
und Sie mit dem Schicksal ein wenig versöhnt.
Ich wünsch Ihnen Hilfe, was immer das heißt!
Ich wünsch Ihnen Trost vom Heiligen Geist.
Ich wünsch Ihnen Menschen mit brennendem Herzen
die mit ihrem Wissen verringern die Schmerzen.
Ich wünsch Ihnen alles und weiß auch zugleich:
Wo das geschieht, da lebt Gottes Reich.
Es lebt bei den Menschen, die dafür sind offen,
und das will für Euch ich immer neu hoffen. Amen.
Mit Grenzen gut umgehen
In Quarantäne
Auf dem spanischen Jakobswegkam ich an einem weit von Siedlungen abgelegenen Platz vorbei, auf den früher, als es die Krankheit noch gab, Aussätzige verbannt wurden. Sie mussten abseits von der übrigen Gesellschaft leben, damit die Krankheit nicht durch menschliche Kontakte weitergegeben wird. Mich berührte damals die Einsamkeit dieses Ortes. Was muss wohl in den Menschen, die von diesem Schicksal getroffen waren, vorgegangen sein?
Der Aussatz gilt heute im Großen und Ganzen als besiegt. Er ist zumindest in der sog. zivilisierten Welt nicht mehr anzutreffen. Dennoch ist "Aussatz" ein Synonym für Ausgrenzung geblieben.
Jesus überschreitet Grenzen
Im Evangelium haben wir gehört, wie Jesus einem Aussätzigen begegnet, sich von seiner Not berühren lässt und ihn berührt. Er heilt ihn, mahnt ihn, alles zu tun, was das Gesetz vorschreibt, wenn jemand meint, vom Aussatz geheilt zu sein, und schickt ihn weg. Er möchte, dass diese Begegnung nicht in aller Öffentlichkeit bekannt wird. Dies funktioniert verständlicherweise nicht und hat zur Folge, dass der Kontakt mit Jesus gemieden werden sollte. Er hatte ja Kontakt mit einem Aussätzigen. Auch dieses Verbot funktioniert nicht.
Das Besondere an dieser Erzählung: Jesus überschreitet Grenzen, um eine Ausgrenzung aufzuheben. Über die wunderbare Heilung hinaus setzt er einen symbolträchtigen Akt der Wiedereingliederung. Jesus nimmt in Kauf, dass er infolge seines gewagten Umganges mit dem Aussätzigen selbst ausgegrenzt wird. Diese Erzählung hält uns vor Augen, dass wir unsere Grenzziehungen und Ausgrenzungen immer wieder überprüfen müssen, selbst dann, wenn es für uns selbst unbequem wird.
Ausgrenzung heute
Ausgrenzung gibt es in jeder Gesellschaft, in jeder Menschengruppe; auch in der Kirche. In vielen Bereichen ist es notwendig, klare Grenzen zu ziehen und deutlich zu machen, wer drinnen und wer draußen ist. Wer nicht den Gruppennormen entspricht, ist out.
Menschen, die anderen gefährlich werden könnten, müssen weggeschlossen werden. Dies gilt für ansteckend Kranke - sie werden auf Isolierstationen streng getrennt von den übrigen Patienten versorgt. Auch für gemeingefährliche Täter gibt es Einrichtungen, in die sie weggeschlossen werden.
Ein Leben ohne Grenzen ist nicht möglich. Der notwendige Schutz der Gesellschaft darf uns allerdings nicht hindern, menschlich mit den jeweils Betroffenen umzugehen.
Ausgegrenzt werden nicht nur ansteckend Kranke und potentiell gefährliche Menschen. Ausgrenzung gibt es auch im Kleinen. Wenn jemand eine vom mainstream abweichende Meinung vertritt, unpassend gekleidet ist oder sonstwie aus der Reihe tanzt...
Viele junge Menschen machen eine Phase durch, in der sie sich selbst außerhalb der gängigen Lebensgewohnheiten stellen, um ihre Identität zu finden.
Wir neigen dazu, alle auszugrenzen, die irgendwie anders sind. Eine große Rolle spielt dabei die Angst vor allen, die anders sind. Besonders deutlich wird dies z.B. im Umgang mit Immigranten.
Grenzziehungen hinterfragen
Das Beispiel Jesu zeigt uns aber, dass wir unsere Grenzziehungen immer wieder überprüfen müssen und uns fragen müssen: Brauchen wir diese Grenzen noch? Schaffen sie vielleicht sogar Unrecht oder verstoßen sie gegen die Menschenwürde? Wie können wir die Not Menschen, die unter ihrer Ausgrenzung leiden, lindern?
Menschen, die in irgend einer Hinsicht anders sind, können auch eine Bereicherung für die Gesellschaft sein. Manche große Firmen - IBM z.B. - haben ein sog. "diversity management" eingeführt. Dieses arbeitet heraus, welche von der erwarteten Norm abweichende Eigenheit eines Menschen eine Bereicherung für das Unternehmen sein kann und deshalb gefördert werden muss. Bei den Unterschieden handelt es sich sowohl um äußerlich wahrnehmbare wie Geschlecht, Ethnie, Alter oder Behinderung, aber auch um sehr subjektive Unterschiede wie sexuelle Orientierung, Religion und Lebensstil. Damit wollen sie ein Bewusstsein dafür schaffen, dass jede besondere Eigenheit eines Mitarbeiters positiv genutzt werden kann.
Integration als Chance
Braucht es nicht auch im Umgang mit Immigranten ein Umdenken? Häufig treten wir ihnen skeptisch gegenüber, weil uns alles Fremde bedrohlich vorkommt. Wäre es nicht eine große Chance, ihre besonderen Begabungen für unsere Gesellschaft zu nutzen? Fremdsprachen zu beherrschen, in mehreren Kulturen zuhause zu sein und den Erfahrungsschatz einer anderen Kultur mitbringen, sind Werte, die wir schätzen lernen und nutzen sollten.
Auch die Kirche kämpft mit der Vielfalt von Spiritualitäten, Lebensformen, Formen des Feierns. In der Tradition neigte sie dazu, alles zu vereinheitlichen, und alle, die sich dem Einheitsgeschmack nicht fügen wollten, hinauszudrängen. Die Kirchenbasis war und ist in diesem Bestreben oft eifriger als die Kirchenleitung.
Auch hier gilt es meines Erachtens den Segen der Vielfalt zu entdecken und nebeneinander leben zu lassen.
Einen ersten Schritt können wir Jesus abschauen: Er lässt sich von der Not des Ausgeschlossenen berühren und geht auf ihn zu. Das Weitere folgt wie von selbst.
"Ich will es, werde rein!"
Während meines Urlaubs im vergangenen Jahr wurde ich auf einer Insel Indonesiens mit Aussatz konfrontiert. Eine als Krankenschwester ausgebildete Ordensschwester führte uns zu einer Frau Mitte vierzig und bat meinen Mitbruder, diesen Fall von Lepra mit der Kamera zu dokumentieren. Denn in der Gegend gibt es schätzungsweise noch dreißig bis vierzig andere Fälle. Dagegen wird von Regierungsseite behauptet, es gebe diese Krankheit nicht mehr. So bleiben die Menschen dort unbehandelt, obwohl heute eine Heilung möglich ist.
Die Menschen gehen mit dieser Frau so um, wie es schon aus biblischen Zeiten berichtet wird. Sie "soll abgesondert wohnen, außerhalb des Lagers soll sie sich aufhalten.", heißt eine Anordnung im Buch Levitikus (13,46) des Alten Testamentes. Entsprechend haben ihr die Dorfbewohner abseits eine Hütte gebaut und versorgen sie mit Essen, meiden aber sonst den Kontakt. Schlimmer als die Krankheit ist also noch die Not der sozialen Isolation.
So ist es gut zu verstehen, dass im Markusevangelium ein Aussätziger Jesus anfleht: "Wenn du willst, kannst du machen, dass ich rein werde." (Mk 1,40) Und Jesus ziert sich nicht lange. Er hat Mitleid, berührt ihn und sagt: "Ich will es - werde rein!" (Mk 1,41) Und um die soziale Isolation aufzuheben, fordert Jesus den Geheilten auf: "Geh, zeig dich dem Priester und bring das Reinigungsopfer dar, das Mose angeordnet hat." (Mk 1,44)
Illusion und Ignoranz
Heute zählt Lepra nicht mehr zu den unheilbaren Krankheiten. Deshalb bedarf es auch einer Wunderheilung im Stile Jesus nicht mehr. Aber auch heute braucht es Voraussetzungen, dass Betroffenen geholfen werden kann. Das größte Hindernis dürfte sein, die Illusion zu verbreiten, Lepra sei endgültig besiegt und komme nicht mehr vor. Tatsächlich wollte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) 2005 diesen finalen Sieg verkünden. Aber angesichts mehrerer hunderttausend neuer Fälle ist sie davon abgerückt und betont die Notwendigkeit des Kampfs gegen diese Infektionskrankheit. Noch dramatischer sieht es die Deutsche Lepra- und Tuberkulosehilfe (DAHW). Sie warnt: "Wir müssen davon ausgehen, dass auch in den nächsten Jahrzehnten Millionen Menschen Opfer der Lepra werden."
Mit Antibiotika, die über einen Zeitraum von neun bis zwölf Monaten eingenommen werden müssen, sind die Lepra-Erreger mittlerweile gut zu besiegen. Aber dafür müssen die Erkrankten aufgesucht und motiviert werden, sich rechtzeitig behandeln zu lassen. Dreh- und Angelpunkt der Lepra-Arbeit ist also die Früherkennung, damit die Kranken niemanden anstecken und ihnen Verstümmelungen erspart bleiben. Denn wo die Nerven schon zerstört sind oder sich Entzündungen in die Knochen gefressen haben, können auch die Medikamente nichts mehr ausrichten. Nicht selten verlieren Lepra-Opfer Finger und Zehen, Hände und Füße.
Bei der Ordensschwester, die meinen Mitbruder und mich zu der Leprakranken geführt hat, ist wie bei Jesus der Wille zu heilen da. Ich kann mit ihr nur hoffen, dass die zuständigen Regierungsstellen die Wirklichkeit zur Kenntnis nehmen und nicht länger nach dem Motto handeln: "Was nicht da sein darf, ist nicht da."
Stolz und Prestigedenken
An Hilfsangeboten und Medikamenten fehlt es nämlich weltweit nicht. Im Hinblick auf die Not der Kranken müsste jede Form von nationalem Stolz und Prestigedenken überwunden werden.
Leider sieht es im Moment noch so aus, dass die Ordensschwester das Schicksal Jesu erleidet. Er selbst gerät ja in soziale Isolation, wird zum Außenseiter der Gesellschaft. Weil der Geheilte sich nicht an die Weisung hält, niemand davon zu erzählen, "konnte sich Jesus in keiner Stadt mehr zeigen; er hielt sich nur noch außerhalb der Städte an einsamen Orten auf." (Mk 1,45) Wegen ihrer Behauptung, es gebe Lepra auf der Insel, darf sie bisher nicht als Krankenschwester Medikamente verabreichen, sondern lediglich Vitamine verteilen. Ich hoffe, dass es bald auch für sie wie für Jesus das Happyend geben wird, von dem das Markusevangelium berichtet: "Dennoch kamen die Leute von überallher zu ihm."
Von der Not eines Menschen berührt
ausgesetzt
Zur Zeit Jesu war Aussatz eine unheilbare, ansteckende Krankheit und Seuche. Aussätzige wurden daher ausgesetzt. Sie mussten ihre Familie, vielleicht sogar Frau und Kinder, ihren Wohnort, Freunde und Nachbarn für immer verlassen und sich an einsamen, isolierten Plätzen aufhalten. Wenn sich jemand, z.B. ein Fremder, dem Gebiet von Aussätzigen näherte, waren diese verpflichtet, durch Zurufen auf sich aufmerksam zu machen, damit der Gesunde Abstand hielt und sich durch Nähe oder Berührung nicht ansteckte.
Trostlos und hoffnungslos war das Leid der Aussätzigen: Sie litten unter wahnsinnigem Juckreiz. Zunehmend wurde ihr ganzer Körper eitrig und verunstaltet. Der sichere Tod stand ihnen vor Augen. Wenn sie in Gruppen zusammenlebten, konnte man an den Kränkeren miterleben, wie schrecklich man selbst einmal enden würde.
Solch ein Aussätziger sah Jesus kommen. Vielleicht war es eine Verzweiflungstat, vielleicht allerletzte Hoffnung, die diesen Menschen trieb, etwas für damalige Zeiten unerhört Schlimmes zu tun. Der Aussätzige warnt Jesus nicht, sondern durchbricht alle Vorschriften und geht auf Jesus zu. Dieser schaut ihn an, weicht nicht entrüstet zurück, erbarmt sich seiner und heilt ihn. Dann schickt er ihn weg mit dem eindringlichen Gebot, über das Geschehene mit niemandem auch nur eine Silbe zu reden.
Unrein geworden
Auf den ersten Blick werden wir dieses Verhalten merkwürdig finden. Aber aus der Sicht Jesu wird es verständlich. Denn Jesus ist mit Aussatz in Berührung gekommen. Wer immer davon erfährt, wird ihn meiden wie die Pest.
Doch der Geheilte hält sich nicht an das Verbot Jesu. Überall erzählt er, dass er durch die Berührung Jesu heil geworden ist. Die Freude des Geheilten ist zu verstehen. Aber er handelt furchtbar naiv. Weil er den Mund nicht halten kann, kommt Jesu ins Aus, ins Ausgesetztsein. Im Text heißt es: "Darum konnte Jesus nicht mehr öffentlich in eine Stadt gehen, sondern hielt sich draußen an einsamen Orten auf". Die Situation hat sich völlig gedreht. Durch seine gute Tat ist Jesus jetzt der Ausgesetzte. Er muss sich an einsamen Orten aufhalten.
Gutes tun wird nicht immer belohnt. Es kann an den Rand bringen, in die Isolierung oder in eine Ächtung durch die Menge führen.
ausgesetzt und isoliert
In unserem Land gibt es keine Aussätzige mehr. Und doch sind bei näherem Zusehen mehr Menschen ausgesetzt und isoliert, als es zunächst scheinen mag. Wie oft gehören
- geistig oder körperlich Behinderte zu ihnen,
- psychisch Kranke,
- Obdachlose, Asylanten, schwierige Ausländer,
- Alkohol- und Drogenabhängige,
- entlassene Strafgefangene.
Sodann alle,
- denen wir schon lange kein gutes Wort mehr gesagt haben,
- gegen die wir unseren Groll und unsere Abneigung aufrecht erhalten,
- die wir endgültig abgestempelt und abgeschrieben haben,
- über die wir lachen und uns lustig machen.
Durch Mitmenschen ins Abseits geschoben werden, wird vor allem dann sehr schmerzlich empfunden, wenn es infolge einer guten Tat geschieht, für die man eher Lob und Anerkennung verdient hätte.
* Wie viele Schüler z.B., die einem Außenseiter in ihrer Klasse beistanden, haben das Gegenteil von Anerkennung erfahren!
* Wie viele Erwachsene, die sich gegen Vorurteile, ungerechte Behandlung anderer oder deren Ehrabschneidung wandten, gerieten dadurch selbst in die Tretmühle!
* Wie viele Gutmütige werden schamlos ausgenutzt und obendrein als Trottel hingestellt.
Risiko
Menschen, die für ihre guten Taten kein Lob und keine Anerkennung erhalten, möchte Markus zur Seite stehen. Ja er möchte sogar dafür werben, dass wir im Blick auf Jesus den Mut aufbringen und es riskieren, selbst zu denen zu gehören, die den Weg der Liebe gehen, uns auf die Seite der Verkannten zu stellen - unabhängig davon, ob wir Anerkennung finden oder nicht.
Jesus sind Menschen so wertvoll, dass er das Sichtbar- und Spürbarmachen seines Erbarmens höher stellt als die Sicherheitsmaßnahmen vor körperlicher Ansteckung. Denn er hätte den Aussätzigen ja auch in einem größeren Abstand zu ihm heilen können. Nein, Jesus geht in seiner Liebe so weit, dass er den Aussätzigen anfasst. "Ganz nah bin ich dir", will er dem Aussätzigen damit sagen.
Wir selbst tun gut daran, medizinische Vorschriften einzuhalten; aber lernen sollen wir von Jesus, dass wir als Christen gerade den Ausgesetzten und Abgeschobenen Aufmerksamkeit schenken sollen. Dabei ungewohnte Wege zu gehen, die vom allgemeinen Verhalten abweichen, würde Jesus immer gutheißen und loben.
Isolierung aufbrechen
Für diese Haltung und innere Einstellung möchte Markus uns gewinnen. Er ist Realist genug, um zu wissen, dass er uns die gebührende Annerkennung für ein Gutsein nicht erzwingen kann von denen, die uns ihre Anerkennung verweigern. Um uns für diese Situationen Trost zu schenken, berichtet er uns, wie es Jesus ergangen ist, der für seine gute Tat ins Abseits und ins Ausgesetztsein kommt.
Beachten wir: Jesus wird nicht offiziell unter großem Jubel von der Allgemeinheit in die Gemeinschaft zurückgeholt. Es sind einzelne, die nach und nach von überall her zu ihm kommen und ihn in die Gemeinschaft zurückholen.
Markus ist überzeugt, dass Gott niemanden an einem einsamen Ort verkommen lässt, an den jemand infolge seiner guten Taten geraten ist. Mag die Öffentlichkeit die ungerechtfertigte Ächtung auch nicht aufheben, so wird Gott zur rechten Zeit die Isolierung aufbrechen durch einzelne Menschen, die er den Betroffenen von irgendwoher über den Weg schickt.
Diese Überzeugung sollen wir uns zu Eigen machen, um im Blick auf Jesus Kraft zu schöpfen, aus Liebe zu den Menschen gegen den Strom zu schwimmen.
Grenzen überschreiten
Hilfe!
Ich höre einen Hilferuf. Oder war es ein Schrei? Hiiilfe! Hiiilfe! Eigentlich hätte sich der Mann nicht in die Gesellschaft von Menschen wagen dürfen. Wo ihm doch ein Leben vor dem Dorf zugewiesen war. Als von Aussatz Gezeichneter war er verbannt. Wenn es schon nicht zu vermeiden war, gelegentlich in die Nähe der Menschen zu kommen, dann immer mit einer Rassel in der Hand - und dem obligatorischen, weit zu hörenden Ruf: Aussätzig! Aussätzig! Wie das verletzte! Der Mann musste vor sich warnen, musste sich selbst ausschließen.
Wie oft ihm das schon so gegangen war - er weiß es nicht. Irgendwann hörte er auf zu zählen. Er zählte nicht mehr die Enttäuschungen - er zählte nicht mehr dazu.
So hätte dieses Leben auch zu Ende gehen können. . . es zählt nicht.
Allein gelassen
Markus, der die Geschichte am Anfang seines Evangeliums erzählt, malt die Leidensgeschichte nicht aus. Was hätte er auch erzählen können? Eine Krankheitsgeschichte? Die Geschichte eines langsamen, unaufhaltsamen Verfalls? Die Geschichte von Vorwürfen, von Angst?
Die Menschen kannten die alte Weisung zum Schutz der Gesunden, Reinen und Ansehnlichen:
Ich zitierte aus dem Buch Leviticus:
"Wenn sich auf der Haut eines Menschen eine Schwellung, ein Ausschlag oder ein heller Fleck bildet, liegt Verdacht auf Hautaussatz vor. Man soll ihn zum Priester Aaron oder zu einem seiner Söhne, den Priestern, führen.
Der Priester soll ihn untersuchen. Stellt er eine Schwellung fest, die wie Aussatz aussieht, ab so ist der Mensch aussätzig; er ist unrein. Der Priester muss ihn für unrein erklären.
Der Aussätzige, der von diesem Übel betroffen ist, soll eingerissene Kleider tragen und das Kopfhaar ungepflegt lassen; er soll den Schnurrbart verhüllen und ausrufen: Unrein! Unrein!
Solange das Übel besteht, bleibt er unrein; er ist unrein. Er soll abgesondert wohnen, außerhalb des Lagers soll er sich aufhalten."
Wie Gesetze so sind! Sie formulieren Bedingungen, Tatbestände, sogar Regelungen. Objektiv, klar, eigentlich sich von selbst verstehend. Nur: der Mensch, der in die Maschinerie gerät, wird allein gelassen. Über ihn wird entschieden. Ab sofort ist er - kein Mensch mehr. Eingerissene Kleider! Ungepflegtes Haar! Verhülltes Gesicht!
Mitleid
Behutsam, geradezu zärtlich beschreibt Markus anderes: das Mitleid. Das Mitleid Jesu. Sein Mitleid gibt diesem Menschen das Gesicht wieder. Die Würde. Die Freiheit. Um das zu erzählen, genügt ein Satz - aber in ihm versteckt sich der Himmel: "Jesus hatte Mitleid mit ihm; er streckte die Hand aus, berührte ihn und sagte: Ich will es - werde rein!"
Was in diesem einen Wort steckt! Berührung! Berührung ist Nähe, körperliche Nähe. Berührung hebt einen Menschen auf. Berührung überwindet Fremdheit und Angst. Berührung schenkt dieses wunderschöne Kribbeln - das Verliebte kennen.
Rein und unrein
Ich weiß nicht, ob es Ihnen aufgefallen ist: diese Geschichte erzählt nicht nur davon, dass ein Mensch wieder zu den Lebenden gehört - diese Geschichte erzählt auch von der großen Macht, einem Menschen die Reinheit wieder zu geben, die ihm zukommt.
Von Jesus heißt es, bevor seine Begegnung mit dem Aussätzigen erzählt wird: Und er kam und predigte in ihren Synagogen in ganz Galiläa und trieb die bösen Geister aus (Mk. 1,39)
Das ist das Programm, sein Programm. Die größte Kunst der bösen Geister ist, über Menschen einen Fluch zu verhängen - sagen wir: sie "unrein" zu nennen. Auszusondern. Nähe zu versagen. Jesus treibt die bösen Geister - aus. Seine Liebe macht "rein", nicht "unrein" - schenkt Nähe, nicht Angst - holt in das Leben zurück, vertreibt es nicht. Das ist ein bemerkenswerter Blick - für alle, die sich an die bösen Geister gewöhnt haben. Mit unwiderstehlichen Argumenten.
Muss ich jetzt sagen, dass "rein" nicht heißt, seine Hände in Unschuld zu waschen? So viele haben das versucht, wurden aber immer nur schuldiger. Bis sie in ihrem Leben eingesperrt waren. Pilatus war einer von ihnen.
Das Geheimnis der Berührung ist, auch vor Schuld keine Angst zu haben, sich ihr zu stellen - und einen Menschen in die Hand, an die Hand zu nehmen. Reinheit hat viele Namen. Einer heißt "Vergebung", ein anderer "Wahrheit", ihr größter Name ist "Liebe".
Grenzen überschreiten
Aber gehen wir noch einmal zu dem Mann zurück, der gegen alle Ordnung nicht mehr die Rassel schwingt, auch nicht schreit: Aussätzig! Aussätzig! - sondern voller Vertrauen von sich aus die gewohnten Grenzen überschreitet und zu Jesus geht. Hiiilfe! Hiiilfe!
Ein mutiger Hilferuf. Schließlich weiß er nicht, in welche Situation er jetzt gerät. Wird er abgewiesen? Gar verscheucht, beschimpft? Oder vielleicht doch angehört? Alles ist offen. Nur sein Vertrauen nicht. Die anderen Menschen sieht er nicht. Sie machen ihm auch keine Angst. Meine Bewunderung wächst für ihn.
Markus erzählt sogar, dass die Bitte Jesu um Stillschweigen von ihm ignoriert wird. Er drückt der Geschichte einen, seinen Stempel auf. Er zwingt Jesus in die Einsamkeit - während er redet, redet und noch mal redet. Ich würde ihn so gerne kennen lernen. Markus hat ihm ein Denkmal gesetzt: "Der Mann aber ging weg und erzählte bei jeder Gelegenheit, was geschehen war; er verbreitete die ganze Geschichte…"
Jetzt weiß ich nicht, was ich mehr bewundern soll: Jesu freimütige Art, einen Aussätzigen zu berühren - oder die Frechheit des von seinem Aussatz befreiten, in dieser Geschichte das letzte Wort zu haben.
Ich glaube: von dieser Geschichte muss ich mir zwei Scheiben abschneiden!
Am besten heute noch.
Und der Friede Gottes,
der höher ist als alle Vernunft,
bewahre unsere Herzen und Sinne
in Christus Jesus,
unserem Herrn.
"Jesus streckte die Hand aus und berührte ihn"
suspekt
Wenn jemand sagt, dass er einen bestimmten Menschen "wie die Pest meidet", dann brandmarkt er ihn auf schlimme Weise. Er möchte ihn von sich fernhalten, so wie man sich einen von der Pest oder vom Aussatz befallenen Menschen vom Leibe hält. Menschen, die mit einer ansteckenden Krankheit behaftet waren, hat man ja immer gemieden. Sie sind ausgegrenzt, abgeschoben worden in die Randzonen der Gesellschaft. Denken wir an die Leprosenspitäler des Mittelalters, die außerhalb der Wohngebiete lagen. Verständlich ist eine solche Vorsorge, wenn man damit beabsichtigt, dass die Krankheit nicht weiter um sich greift. Ganz anders sieht das jedoch aus, wenn man vom Aussatz befallene Menschen in moralischer Hinsicht für suspekt hält und sie deswegen von den übrigen Menschen isoliert werden. So war es in vielen alten Kulturen und Religionen, auch in Israel.
Gemäß dem Mosaischen Gesetz galten Aussätzige als unrein, was auch kultische Unreinheit bedeutete. Darum mussten sie abgesondert leben. Man sah die kultische und religiöse Ausgrenzung der Aussätzigen als von Gott selbst angeordnet. "Der Herr sprach zu Mose und Aaron: Wenn sich auf der Haut eines Menschen eine Schwellung, ein Ausschlag oder ein heller Fleck bildet, liegt Verdacht auf Hautaussatz vor. Man soll ihn zum Priester Aaron oder zu einem seiner Söhne, den Priestern führen. Der Priester soll ihn untersuchen. Stellt er eine Schwellung fest, die wie Aussatz aussieht, so ist der Mensch aussätzig; er ist unrein. Der Priester muss ihn für unrein erklären. Der Aussätzige, der von diesem Übel betroffen ist, soll eingerissene Kleider tragen und das Kopfhaar ungepflegt lassen; er soll den Schnurrbart verhüllen und ausrufen: 'Unrein! Unrein!' Solange das Übel besteht, bleibt er unrein; er ist unrein. Er soll abgesondert wohnen, außerhalb des Lagers soll er sich aufhalten" (Lev 13).
Gewiss wollte man damit einer möglichen Epidemie Einhalt gebieten. Doch vor allem ging es darum, sich von den mit einem moralischen Makel behafteten Menschen abzuschirmen. Nach dem damaligen Verständnis war nämlich das äußere Krankheitsbild nur ein Spiegelbild des von der Sünde befallenen Menschen. Besonders der Aussatz, der den Menschen dermaßen verunstaltete, ließ schließen auf das im Menschen wuchernde Böse.
Abstand
Mit einem solchen Menschen, vom Aussatz befallen, verwildert aussehend, mit zerrissenen Kleidern und ungepflegtem Haar, kommt Jesus in engere Berührung. Wie es der Evangelist Markus berichtet, geht der Aussätzige auf Jesus zu und bittet ihn um Hilfe. Er fällt vor ihm auf die Knie und sagt. "Wenn du willst, kannst du machen, dass ich rein werde." Was hat da der Aussätzige gewagt! Wir hören nichts davon, dass er vorher Jesus mit einem "Unrein, unrein!" vor sich gewarnt hat. Vielleicht konnte er diesen Mut aufbringen, weil es ihm irgendwie zu Ohren gekommen war, dass Jesus nie einen Menschen abgewiesen hat, der ihn um Hilfe anrief. Und dass Jesus es vermochte, Menschen von Krankheiten zu heilen. Denn sonst hätte er nicht zu Jesus gesagt: "Wenn du willst, kannst du mich rein machen". Anders der Vater eines von einem unreinen Geist besessenen Jungen, der zu Jesus sagt: "Wenn du kannst, hilf uns; hab Mitleid mit uns!" (Mk 9, 22). Nein, der Aussätzige sagt: Du kannst es - Du brauchst es nur zu wollen. Er zweifelt also nicht an der Jesus zugeschriebenen Fähigkeit, Kranke zu heilen.
Da streckt Jesus, von Mitleid gerührt, seine Hand aus, berührt den Aussätzigen und sagt zu ihm: "Ich will es - werde rein!" (Mk 1, 11). Jesus lädt es nicht bei einem Heilungswort bewenden. Er verbindet das heilende Wort mit einem sinnfälligen Zeichen. Jesus scheut nicht davor zurück, den Aussätzigen zu berühren, womit er nach dem Mosaischen Gesetz selber unrein geworden wäre. Nachdem "im gleichen Augenblick", wie es heißt, der Aussatz verschwand und damit der Mann rein geworden war, sagt er dem vom Aussatz Geheilten, er solle sich dem Priester zeigen. Denn nur ein Priester, wiederum nach dem Gesetz, war imstande, so wie er einen Menschen für unrein erklärt hatte, nun auch die Reinheit zu diagnostizieren. Jesus, der von den Gesetzeswächtern immer wieder dem Verdacht ausgesetzt war, das Mosaische Gesetz zu brechen, hält sich diesmal an die gesetzliche Vorschrift. Er will auf diese Weise dem vom Aussatz geheilten Menschen die Möglichkeit verschaffen, sich wieder unter die Menschen zu wagen, in seine Familien- und Dorfgemeinschaft zurückzukehren.
Keine Berührungsängste
In dieser Heilungsgeschichte spricht mich vor allem die Art an, wie Jesus dem von einer Ekel erregenden Krankheit befallenen Menschen begegnet. Jesus kennt keine Berührungsängste, hat keine Angst, sich selber unrein zu machen. Damit setzt sich Jesus über religiös verordnete Schranken hinweg, über kultische Ausgrenzung. Auch die gesetzlich vorgeschriebenen Reinigungsriten entlarvt Jesus als ein veräußerlichtes Gesetzesdenken, als ein Buchstabendenken, mit dem man sich selber etwas vormacht oder rein waschen will.
Einigen von Jerusalem gekommenen Schriftgelehrten und Pharisäern hat er einmal folgendes zu verstehen gegeben: "Hört mir alle zu und begreift, was ich sage: Nichts, was von außen in den Menschen hineinkommt, kann ihn unrein machen, sondern was aus dem Menschen herauskommt, das macht ihn unrein . . . Denn von innen, aus dem Herzen der Menschen kommen die bösen Gedanken, Unzucht, Diebstahl, Mord, Ehebruch, Habgier , Bosheit, Hinterlist, Ausschweifung, Neid, Verleumdung, Hochmut und Unvernunft. All dieses Böse kommt von innen und macht den Menschen unrein" (Mk 7, 14f. u.21-23).
In der Aufforderung Jesu, der Aussätzige solle sich den Priestern zeigen, sieht Eugen Drewermann so etwas wie einen "gehorsamen Aufstand". "Denn was die Priester hier sehen werden, wenn sie den ehedem Aussätzigen im Tempel mustern, wird ein einziger Beweis ihrer Ohnmacht sein und, denken sie näher nach, ein Exempel ihrer eigenen Schuld. Denn wenn es möglich ist, dass sogar die Grenzen sich auftun, die die scheinbar Gesunden von den Kranken, die Reinen von den Unreinen, die Mitdazugehörigen von den Ausgesetzten trennen, dann ist die Machtsphäre Gottes größer als die seines Tempels, dann ist der Raum seiner Heiligkeit weit umfassender, als die Machtsphäre der priesterlichen Religionsverwaltung, dann ist Jesus in einer Art priesterlich, die keinerlei Absonderung und Abgrenzung mehr zulässt." (in: Und er legte ihnen die Hände auf - Predigten über die Wunder Jesu, Patmos 1993, S. 15).
Keiner ist ohne Sünde
Jeder ist auf seine Art heilungsbedürftig. Ich vermute, dass der Aussätzige nicht frei war vom Bösen. Nur darf man nicht von der Krankheit, vom Aussatz, darauf schließen. Wer ist frei vom Bösen? Darum möchte ich mich nicht auf die Seite derer stellen, die sich aufgrund rigoroser Gesetzeserfüllung als rein und unschuldig gebärden. Die Schranken, die wir aufgerichtet haben zwischen sündigen Menschen und vermeintlich Guten, will Jesus durchbrechen. Und er durchbricht sie gerade dadurch, dass er niemanden von seiner Liebe ausschließt und alle heilen will, die seinem Leben spendenden Wort glauben und sich seinen heilenden Händen anvertrauen.
Keiner von uns ist ohne Sünde. Deshalb werden wir keinen Stein auf einen Menschen werfen, der in Schuld gefallen ist. Und sicher werden wir keinen Menschen meiden wie die Pest, als wäre er ein Aussätziger. Aber vielleicht ist es manchmal doch so, dass ich einem bestimmten Menschen lieber aus dem Weg gehe, nichts mit ihm zu tun haben möchte. Oft sind es ja auch nur Kleinigkeiten, an denen ich mich stoße und dann "einen Stein werfe". Bin ich denn so viel besser? Der behutsame und einfühlsame Umgang mit dem andern in seinen Schwächen, die Achtung vor ihm, kann heilend auf mich selber wirken. Von Jesus kann ich lernen, wie er mit denen umgegangen ist, die ich so leicht abschreibe. Von ihm kann ich lernen, wie er Menschen berührte, sie heil und gesund machte. Zu ihm darf auch ich kommen mit all dem, was noch krank in mir ist. Jesus wird es heilen.
- Liedvorschläge1
Gertrude Schmid (2024)
Lieder:
GL 225: Wir ziehen vor die Tore der Stadt (2. Str.)
GL 365: Meine Hoffnung und meine Freude
GL 372: Morgenstern der finstern Nacht
GL 384: Hoch sei gepriesen unser Gott
GL 395: Den Herren will ich loben
GL 416: Was Gott tut das ist wohlgetan
GL 421: Mein Hirt ist Gott der Herr
GL 422: Ich steh vor dir mit leeren Händen, Herr
GL 423: Wer unterm Schutz des Höchsten steht
GL 424: Wer nur den lieben Gott lässt walten
GL 425: Solang es Menschen gibt auf Erden
GL 427: Herr, deine Güt ist unbegrenzt
GL 428: Herr, dir ist nichts verborgen
GL 435: Herr, ich bin dein Eigentum
GL 437: Meine engen Grenzen
GL 440: Hilf Herr meines Lebens
GL 453: Bewahre uns Gott
GL 456: Herr, du bist mein Leben
GL 464: Gott liebt diese Welt, und wir sind sein Eigen
GL 551: Nun singt ein neues Lied dem Herren
GLÖ 896: Mit dir gehe ich alle meine Wege
GLÖ 907: Meine Zeit steht in deinen Händen
Psalmen und Kehrverse:
GL 34: Herr, wer darf Gast sein in deinem Zelt, wer darf weilen auf deinem heiligen Berg – Mit Psalm 15 oder mit Psalm 116 (GL629,4) – VI.
GL 285: Ubi caritas et amor, Deus ibi est - Mit Psalm 30 (GL 629,1) – I.
GL 305,4: Dies ist mein Gebot: Liebet einander, wie ich euch geliebt - Mit Psalm 8 (GL 33,2) oder mit Psalm 19 (Gl 35,2) oder mit Psalm 146 (Gl 77,2) – VII.
GL 307,5: Meine Hilfe und mein Retter bist du. Säume doch nicht, du mein Gott - Mit Psalm 30 (GL 629,1) – I.
GL 312,5: Aus der Tiefe zogst du mich empor; dich will ich rühmen in Ewigkeit – Mit Psalm 8 (GL 33,2) oder mit Psalm 19 (Gl 35,2) oder mit Psalm 146 (Gl 77,2) – VII.
GL 518: Beim Herrn ist Barmherzigkeit und reiche Erlösung - Mit Psalm 8 (GL 33,2) oder mit Psalm 19 (Gl 35,2) oder mit Psalm 146 (Gl 77,2) – VII.
GL 629: Du führst mich hinaus ins Weite; du machst meine Finsternis hell - Mit Psalm 30 – I.
- Einleitung6
Hans Hütter (2024)
In wenigen Tagen beginnen wir mit dem Aschermittwoch die Fastenzeit. Die Tage davor werden in vielen Gebieten ausgiebig und ausgelassen gefeiert. Als Kirche sind wir am heutigen Tag noch mit einem anderen Anlas konfrontiert. Papst Johannes Paul II. hat den 11. Februar, den Gedenktag "Unserer lieben Frau von Lourdes", zum Welttag der Kranken erklärt.
Gott freut sich mit uns mit, er leidet jedoch auch mit uns. Er freut sich, wenn wir uns freuen, er nimmt jedoch auch die seelischen und leiblichen Nöte der Leidenden wahr.
Ihm legen wir Freude und Leid aller Menschen ans Herz.
Martin Stewen (2021) - heil und ganz werden
Heil und ganz werden können wir auf viele verschiedene Weisen: körperlich, seelisch, geistig, als Einzelne, als Gemeinschaften. Die Verkündigung dieses Sonntags lädt uns ein, das neu zu bedenken.
Gastautor*in (2018)
Der Faschingssonntag ist der letzte Sonntag vor Beginn der Fastenzeit. Fasching, das ist eine Zeit die den Menschen Freude bereiten soll, gerade in den kalten und grauen Tagen dieser Jahreszeit.
Im heutigen Evangelium hören wir wie Jesus durch Berührung den Aussätzigen heilt und damit einem Menschen große Freude bereitet. Möge Jesus auch uns berühren und heilen was in uns verwundet ist, damit wir seine Botschaft mit Freude in diese kalte und graue Welt hinaus tragen.
Bitten wir den Herrn im Kyrie für das Heil in unserem Leben.
Pfarrer Hans Tinkhauser <hans.tinkhauser@aon.at>
Hans Hütter (2018)
Jesus hatte keine Berührungsängst mit Personen, die zu seiner zeit von den Frommen gemieden wurden. Ihm waren alle willkommen, Kleine und Große. An seinem Tisch haben alle Platz gefunden, die aufrichtig nach Gott gesucht haben. Das Mahl, das uns heute noch an Jesus erinnert, nimmt das himmlische Festmahl vorweg, zu dem Gott alle Menschen ohne Unterschied geladen hat.
Am Beginn der Feier treten wir vor den Herrn und huldigen wir ihm als die Mitte unserer Gemeinschaft.
Manfred Wussow (2015)
In einem alten Lied Israels hören wir die Menschen singen:
"Sei mir ein schützender Fels,
eine feste Burg, die mich rettet.
Denn du bist mein Fels und meine Burg;
um deines Namens willen wirst du mich führen und leiten."
(Ps. 31,3-4)
Es ist ein Gebet. Eine Klage. Ein Hilferuf. Hilferufe begegnen uns heute auch im Evangelium. Und nicht nur dort. Auf viele Herausforderungen reagieren wir aber oft hilflos. Wir sind überfordert. Dann brauchen wir selbst Hilfe.
Wir bitten um Gottes Erbarmen.
Klemens Nodewald (2015)
Wir werden heute in der Lesung aus dem Brief des Apostels Paulus an die Korinther aufgerufen, einen grundsätzlichen Schritt zu tun: Unser Leben bewusst als einen Lobespreis Gottes zu gestalten. "Tut alles zur Verherrlichung Gottes!" gibt Paulus uns als Leitgedanken mit auf den Weg.
Weil wir genau dies anstreben, haben wir uns hier versammelt. Bitten wir den Herrn um die nötige Kraft, unser Wollen immer wieder in die Tat umsetzen zu können.
- Bußakt2
Manfred Wussow (2015) - Du hast Mitleid mit Menschen, die krank sind
Herr,
wir haben Angst, in das Leben anderer Menschen hineingezogen zu werden.
Wir möchten gerne unter uns bleiben.
Herr, erbarme dich.
Christus,
du hast Mitleid mit Menschen, die krank sind und aufgegeben werden.
Bedenken und Sorgen verwandelst du.
Christus, erbarme dich.
Herr,
von dir erbitten wir ein weites Herz.
Lass uns mutig eintreten für Menschen, die sich selbst nicht helfen können.
Herr, erbarme dich.
Klemens Nodewald (2015)
Herr Jesus Christus,
auf deinen Beistand verlassen wir uns, dir vertrauen wir.
Herr, erbarme dich.
So bitten wir dich um Kraft für unser Leben,
durch das wir dich verherrlichen wollen.
Christus, erbarme dich.
Lass uns deine Hilfe besonders spürbar erfahren,
wo wir Bitteres und Leidvolles bewältigen müssen.
Herr, erbarme dich.
Du, Herr, bist uns Vorbild und Stärke.
Sei uns ein Helfer in der Not und nach jedem Versagen.
Dich wollen wir ehren und verherrlichen
alle Tage unseres Lebens. - Amen.
- Kyrie4
Hans Hütter (2024)
Herr, Jesus Christus,
wir sehnen uns nach Unversehrtheit, Ganzheit und Gesundheit.
Herr, erbarme dich.
Du hast mit den Menschen gelacht und geweint
und mit ihnen Freude und Leid geteilt.
Christus, erbarme dich.
Du willst, dass alle Menschen glücklich werden
und die Fülle des Lebens genießen.
Herr, erbarme dich.
Edith Furtmann (2024)
Herr Jesus Christus,
Du hast dich vom Leid des Aussätzigen berühren lassen.
Herr, erbarme dich.
Du hast ihm nicht nur seine Gesundheit, sondern auch seine Würde zurückgegeben.
Christus erbarme dich.
Du siehst auch unsere Not und hast Erbarmen mit uns.
Herr erbarme dich.
Martin Stewen (2021) - heil und ganz werden
Herr Jesus Christus:
Du rufst uns zu Umkehr und Neuanfang
Herr, erbarme dich.
Herr Jesus Christus:
Du heilst uns von innen und außen.
Christus, erbarme dich.
Herr Jesus Christus:
Du nimmst uns an, wie wir sind.
Herr, erbarme dich.
Der gute Gott erbarme sich unser,
er mache uns gut und heil,
er nehme von uns, was uns belastet und bedrückt,
er schenke uns Frieden - mit ihm und unter einander.
Hans Hütter (2018) - Du hast dich von der Not der Menschen berühren lassen
Herr, Jesus Christus,
du hast dich von der leiblichen und seelischen Not der Menschen, denen du begegnet bist, berühren lassen.
Herr, erbarme dich.
Du hast ihre Menschenwürde und ihr Ansehen wieder hergestellt.
Christus, erbarme dich.
Du hast auch uns mit Gott versöhnt und uns zu Kindern Gottes gemacht.
Herr, erbarme dich.
- Tagesgebet3
Messbuch - TG 6. Sonntag: gib uns ein neues und reines Herz
Gott, du liebst deine Geschöpfe,
und es ist deine Freude,
bei den Menschen zu wohnen.
Gib uns ein neues und reines Herz,
das bereit ist, dich aufzunehmen.
Darum bitten wir durch Jesus Christus.
MB 6. Sonntag im Jahreskreis
Messbuch - TG Auswahl 11: dein Sohn hat unser Leben geteilt
Ewiger Gott.
Dein Sohn hat unser Leben geteilt,
hat Freude erfahren und Leid ertragen - wie wir.
Gib, daß wir in guten und in bösen Tagen
mit ihm verbunden bleiben.
Darum bitten wir durch ihn, Jesus Christus.
MB Auswahl 11
Messbuch - TG Advent 1 Di: in unserer Bedrängnis rufen wir zu dir
Herr und Gott,
in unserer Bedrängnis rufen wir zu dir,
erhöre die Bitten deines Volkes.
Bewahre uns vor aller Ansteckung des Bösen
und tröste uns durch die Ankunft deines Sohnes,
unseres Herrn Jesus Christus,
der in der Einheit des Heiligen Geistes
mit dir lebt und herrscht in alle Ewigkeit.
MB 1. Dienstag im Advent
- Eröffnungsgebet3
Sonntagsbibel
Großer Gott,
dein Sohn ist gekommen, um die Grenzen
und Mauern zu überwinden, die uns
Menschen oft voneinander trennen.
Laß auch uns durch Worte und Taten
Leben und Gemeinschaft stiften.
Durch Christus, unseren Herrn.
Martin Stewen (2021) - du willst das Heil aller Menschen
Guter Gott
du willst das Heil aller Menschen,
gleich, ob wir an körperlichen, psychischen
oder sozialen Beschwerden leiden.
Denn so offenbart sich dein Heil schon hier und heute.
Hilf uns, einander wahrzunehmen in unseren Nöten
und als Botinnen und Boten deines Heils
Gesandte deines Reiches in dieser Welt zu sein.
So bitten wir durch Jesus Christus… - Amen.
Manfred Wussow (2015) - Du hast dem Tod die Macht genommen
Herr,
wir freuen uns, dass heute Sonntag ist.
Dein Tag!
Du hast dem Tod die Macht genommen,
das letzte Wort über unser Leben zu haben.
Du lädst uns ein, mit dir über den Lauf der Dinge ins Reine zu kommen,
an Menschen zu denken, die uns begegnet sind
und an deinem Tisch Gemeinschaft mit dir zu haben.
Wir bringen alles mit, was uns umtreibt,
Angst einjagt und klein macht.
Aber auch alles, was uns Flügel verleiht.
Du bist die Quelle der Hoffnung!
Für uns und für alle Menschen.
Lass uns aus deiner Liebe leben.
Durch Christus, unserem Herrn.
- Fürbitten9
Hans Hütter (2024)
Guter Gott, du willst, dass alle Menschen heil und gesund sind.
Angesichts der Not so vieler Menschen bitten wir dich:
Für alle, die aus heiterem Himmel von einer schweren Erkrankung überrascht worden sind.
Lass sie wieder festen Boden unter den Füßen finden und Menschen, die sie in ihrer Krankheit gut begleiten.
Für alle chronisch Kranken, die keine Aussicht haben, dass sie vollständig geheilt werden.
Gib ihnen die Kraft, mit ihrer Krankheit leben und gut umgehen zu können.
Für alle Sterbenskranken, die nur mehr eine kurze Lebenszeit vor sich haben.
Lass sie inneren Frieden finden und schenke ihnen die Gewissheit, dass sie bei dir geborgen sind.
Für alle, die Kranke pflegen und begleiten.
Schenke ihnen Ausdauer und Geduld und stärke sie durch Wertschätzung und Hochachtung seitens der Angehörigen und der ganzen Gesellschaft.
Für alle, die in diesen Faschingstagen Heiterkeit und Spaß erleben wollen.
Lass sie Entspannung, Freude und Lebenslust spüren und diese mit anderen teilen.
Gott, unser Vater,
du teilst mit uns Freude und Leid, Trauer und Hoffnung, und gehst mit uns alle Wege, die schönen und schweren.
Führe uns alle an ein gutes Ziel unseres Lebens. – Amen.
Renate Witzani (2024)
Gesetze sind für das Funktionieren unserer Gesellschaft wichtig. Jesus durchbricht manche von ihnen in seiner göttlichen Vollmacht. Er erweist sich als der erhoffte Heiland.
Durch ihn lasst uns den Vater bitten:
Für alle, die aus diversen Gründen in unserer Gemeinschaft der Kirche keinen Platz finden.
Für alle, die als Außenseiter abgestempelt nicht in unsere Leistungsgesellschaft passen.
Für alle Kranken, die unter körperlicher, seelischer und sozialer Beeinträchtigung leiden.
Für alle, die andere ausgrenzen und sich damit selbst auch eingrenzen.
Für unsere Verstorbenen um Teilhabe an der Gemeinschaft aller Heiligen in deinem Reich.
Gott, nur in dir finden alle Menschen ihr Heil. Dein Handeln an uns ist von Liebe geprägt. Dir vertrauen wir uns an und danken dir jetzt und bis in Ewigkeit. - Amen.
Edith Furtmann (2024)
Guter Gott,
dein Sohn hat sich von dem Schicksal des Aussätzigen berühren lassen und ist auf ihn zugegangen und hat ihn in die Gesellschaft zurückgeholt.
Wir bitten dich:
Für alle Menschen, die aus unserem Blick geraten sind, die vereinsamen, weil niemand mehr da ist, der zu ihnen hält.
Lass sie nicht allein und namenlos zurückbleiben.
Für alle Menschen, die die Welt nicht in Gut und Böse einteilen, die die Welt nicht schwarz-weiß sehen, sondern Zwischentöne erkennen, auf andere zugehen, sich für sie interessieren und sie zu verstehen suchen.
Lass sie nicht müde werden in ihrem Tun.
Für alle Menschen, die aus ihrer Heimat auf Grund von Krieg, Terror, Gewalt oder Hungersnot flüchten müssen.
Lass ihre Zukunft nicht an unseren Ängsten und Vorurteilen scheitert, sondern wir sie in unserer Mitte aufnehmen
Für alle Menschen, die sich im Heiligen Land, in der Ukraine und in der ganzen Welt um Frieden und Gerechtigkeit bemühen.
Lass sie Lösungen finden, die allen Menschen gerecht werden.
Für alle Menschen, die auf Grund von Krankheit oder Behinderung vom gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen sind, etwa weil sie ausgegrenzt werden, weil ihnen Hindernisse in den Weg gelegt werden oder sie sich selbst aus der Gesellschaft zurückziehen:
Lass sie nicht von ihren Mitmenschen alleingelassen werden.
Für alle Menschen, die in diesen Tagen Karneval feiern.
Lass sie das mit viel Freude und Wertschätzung den Mitfeiernden gegenüber tun.
Für unsere Verstorbenen.
Lass sie bei Dir geborgen sein.
Gott unser Vater,
du siehst jeden Menschen in seiner Einzigartigkeit. Hilf auch uns, die Würde unserer Mitmenschen zu bewahren, uns vom Leid unserer Mitmenschen berühren zu lassen und ihnen, wo es uns möglich ist, zur Seite stehen.
Darum bitten wir dich durch Christus, unseren Bruder und Herrn. - Amen.
Martin Stewen (2021) - Versöhnung, Heilung, Heiligung
"Jubelt alle, ihr Menschen mit redlichem Herzen!", heißt es im Psalm 32.
Manchmal fällt aber der Jubel nicht so leicht.
Darum rufen wir zu dir:
Wir beten für alle, die von anderen missachtet und aus Gemeinschaften verstoßen werden:
Zeigen ihnen ihren Platz in dieser Welt und lass sie Zufriedenheit und Heimat erfahren.
Wir beten für alle, die in Kirche, Politik und Wirtschaft Schuld auf sich laden:
Hilf ihnen, Prestige und Streben nach Macht hinten anzustellen und zuerst der Sache zu dienen.
Wir beten für alle, die sich gegen gesellschaftliche Normen und Traditionen für Benachteiligte und Entrechtete einsetzen:
Hilf ihnen, Frustration und Zurückweisung zu ertragen und an der guten Sache dran zu bleiben.
Wir beten für alle, die heimgegangen sind zu dir, vor allem für alle, die nicht glücklich auf ihr irdisches Dasein zurückschauen:
Lass sie bei dir eine ewige Heimat finden und lass sie Versöhnung erfahren mit dem, was gewesen ist.
Guter Gott, so rufen wir zu dir, denn bei dir ist Versöhnung, Heilung und Heiligung.
Nicht nur heute, sondern für alle Zeit bis in Ewigkeit. – Amen.
Renate Witzani (2021) - Du nimmst jeden einzelnen in seiner Not wahr
Dein Wort, Herr, gibt uns Richtung und weist uns den Weg in den verschiedenen Situationen unseres Lebens.
Dir vertrauen wir unsere Bitten an:
Dein Wort leite deine Kirche im Ausgleich zwischen dem Schutz der Gemeinschaft und dem Heil des Einzelnen in diesen Zeiten der Pandemie.
Stärke unseren sozialen Zusammenhang, indem jeder versucht den Nutzen der Gemeinschaft vor den eigenen Nutzen zu stellen.
Hilf uns, einander zuzuhören und andere Aspekte zu verstehen.
Schenke allen jungen Menschen gerade in diesen Faschingstagen Trost, Hoffnung und Lebensfreude trotz ihrer ungewohnten, sozialen Einsamkeit.
Gewähre allen, die versucht haben, in ihrem Leben den Blick auf dich nicht zu verlieren, die ewige Freude deiner Nähe.
Denn du streckst uns immer und überall deine Hand entgegen.
Dir gebührt unser Lobpreis und Dank jetzt und bis in Ewigkeit. - Amen.
Hans Hütter (2018) - Für alle, die an Krankheiten leiden
Barmherziger Gott,
du hast uns in deine Nähe gerufen,
zu deinen Töchtern und Söhnen gemacht
und an deinen Tisch geladen.
Wir tragen dir unsere Bitten vor:
Wir bitten dich für alle, die an Krankheiten leiden,
durch die sie ins soziale Abseits geraten sind.
Heile sie und lass sie Anschluss an eine Gemeinschaft finden.
Wir bitten dich für alle, die sich durch Arbeitslosigkeit
an den Rand unserer Gesellschaft geschoben fühlen.
Lass sie einen Platz finden,
wo sie ihre Fähigkeiten und Begabungen entfalten können.
Wir bitten dich für alle, die sich durch ihr Fehlverhalten
aus der Gesellschaft ausgeschlossen haben.
Lass sie ihre Fehler einsehen, sie bereuen
und einen Weg zurück in die Gesellschaft finden.
Wir bitten dich für alle, die Anschluss an unsere Gesellschaft suchen;
für die Fremden, für die Obdachlosen und alle sozial Schwachen.
Lass sie Verständnis und Hilfe finden.
Wir bitten dich für alle,
die sich um straffällige Jugendliche bemühen.
Gib ihnen Kraft für ihren Einsatz
und Unterstützung durch die Gesellschaft.
Wir bitten dich für alle jungen Menschen,
die noch um ihre Identität ringen
und noch nicht wissen, wo sie dazugehören wollen.
Begleite sie in ihrem Suchen.
Du, Herr, bietest uns deine Gemeinschaft an
und öffnest unsere Herzen füreinander.
Lass uns deiner Nähe würdig sein. - Amen.
Manfred Wussow (2015) - Jesus hört den Hilferuf und hat Mitleid
Im Evangelium hören wir von einem Menschen,
der dazu verurteilt ist, draußen zu bleiben.
Jesus hört seinen Hilferuf.
Jesus hat Mitleid mit ihm.
Darum beten wir heute besonders
Für alle Menschen, die durch ihre Krankheit nicht mehr am Gemeinschaftsleben teilnehmen können, die sich selbst zurückziehen oder von anderen dazu gedrängt werden.
Herr, berühre uns!
Für alle Menschen, die als Flüchtlinge zu uns kommen und eine Zuflucht suchen, aber vor einer Mauer aus Vorurteilen und Ängsten stehen.
Herr, berühre uns!
Für alle Menschen, die in der Ukraine hin und hergerissen werden, die ihre Nationalitäten neu entdecken, aber sich dann als Feinde gegenüberstehen.
Herr, berühre uns!
Für alle Menschen, die um ihres Glaubens willen fliehen müssen, Angst um ihr Leben haben, aber mit ihren Gesichtern im Nachrichtendschungel untergehen.
Herr, berühre uns!
Für alle Menschen, die die Welt nicht einteilen in Freund und Feind, dafür aber auf andere zugehen, ihre Geschichten hören und sich um Verständigung mühen.
Herr, berühre uns!
Für alle Menschen, die in diesen Tagen Karneval oder Fasching feiern, gemeinsam lachen, aber die Achtung voreinander nicht verlieren.
Herr, berühre uns!
Für alle Menschen, die einsam geworden sind, die nicht mehr wahrgenommen werden, die namenlos sterben.
Herr, berühre uns!
Herr,
du streckst deine Hand aus, du gehst auf Menschen zu,
du birgst die kleinsten Hoffnungen und die größten Schmerzen.
Hilf uns, unsere Hände auszustrecken
und gib ihnen die Kraft, fest und zärtlich zu sein.
Renate Witzani (2015)
Christus! Du lebst uns vor, wie wir aus allen Begegnungen in unserem Leben Kraft für den Glauben schöpfen können und umgekehrt wie unser Leben aus unserem Glauben heraus gelingen kann.
Durch dich bitten wir den Vater:
Um Hirten und Seelsorger, die durch ihre eigene Freude am Glauben in ihrem Amt unsere Gesellschaft mitgestalten.
Um gemeinsame politische Anstrengungen zur Bekämpfung der großen Jugendarbeitslosigkeit besonders in den südlichen Ländern Europas.
Um eine große innere Freiheit, die es uns ermöglicht unbeschwert miteinander zu feiern aber auch uns zur Besinnung und zu Gebet zurückzuziehen.
Um Mut, den wir brauchen, um in den kommenden Wochen der österlichen Bußzeit uns selbst mit all unseren Vorzügen und Schattenseiten zu begegnen.
Um deine liebende Nähe für unsere Verstorbenen.
Guter Gott!
In Jesus Christus bist du uns in allen Situationen unseres Lebens nahe.
Bei dir sind wir geborgen.
Dafür danken wir dir und preisen dich jetzt und bis in Ewigkeit. - Amen.
Klemens Nodewald (2015)
Herr Jesus Christus,
das Gute wollen - ist der Anfang.
Um das Gute vielfältig tun zu können,
benötigen wir aber auch von dir geschenkte Kraft.
Wir bitten dich:
Hilf uns, mit Ehrfurcht und Wohlwollen allen Menschen zu begegnen.
Christus, du unser Kraft- und Gnadenspender...
Stehe bei den Friedensstiftern
und allen, die sich um das Wohl von Menschen mühen.
Christus, du unser Kraft- und Gnadenspender...
Erbarme dich derer, die ins Abseits gerieten
und Ablehnung erfahren, weil sie am Guten und Rechten festhielten.
Christus, du unser Kraft- und Gnadenspender...
Segne die Arbeit und das Bemühen jener,
die in der Kirche, im Staat und in der Gesellschaft
besondere Verantwortung tragen.
Christus, du unser Kraft- und Gnadenspender...
Schenke Geduld und Kraft allen,
die in der Betreuung von Kranken, Verwundeten,
Gefangenen und Hilfsbedürftigen tätig sind.
Christus, du unser Kraft- und Gnadenspender...
Die Verstorbenen nimm auf in die Gemeinschaft mit dir.
Christus, du unser Kraft- und Gnadenspender...
Herr Jesus Christus,
du schenkst Kraft allen, die dich darum bitten.
Dafür wollen wir dir danken mit Worten und durch
- Gabengebet3
Messbuch - GG 6. Sonntag: es helfe uns, nach deinem Willen zu leben
Barmherziger Gott,
das heilige Opfer reinige uns von Sünden
und mache uns zu neuen Menschen.
Es helfe uns, nach deinem Willen zu leben,
damit wir den verheißenen Lohn erlangen.
Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn.
MB 6. Sonntag im Jahreskreis
Messbuch - GG 17. Sonntag: Lass deine Kraft in ihnen wirken
Gütiger Gott,
nimm die Gaben an,
die wir von deiner Güte empfangen haben.
Laß deine Kraft in ihnen wirken,
damit sie uns in diesem Leben heiligen
und zu den ewigen Freuden führen.
Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn.
MB 17. Sonntag im Jahreskreis
Messbuch - GG Fastenzeit 4 Do: Das heilige Opfer festige uns im Guten
Allmächtiger Gott,
hab Erbarmen mit unserer Gebrechlichkeit
und nimm diese Gaben an.
Das heilige Opfer reinige uns von allem Bösen
und festige uns im Guten.
Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn.
MB Donnerstag der 4. Woche der Fastenzeit
- Gebet zur Gabenbereitung2
Martin Stewen (2021) - Verantwortung füreinander
Allmächtiger Gott
du rufst uns um deinen Tisch
als eine Gemeinschaft deiner Geschöpfe.
So wie du dich um uns sorgst,
tragen wir füreinander Verantwortung.
Dieses Mahl stärke und nähre uns
auf dem Weg zur Einheit aller und zu dir.
So bitten wir durch Christus unseren Herrn.
Manfred Wussow (2015)
Wir bringen dir, Gott,
unsere Sehnsucht nach gelungenem Leben,
unsere alltägliche Arbeit,
unsere Sorgen und Mühen.
Vor dir breiten wir aus,
was wir von dir haben.
Brot und Wein.
Wir danken dir für Jesus,
der von Anfang an bei dir war,
von dir kommt,
zu dir geht.
Als das Wort, das die Welt verwandelt.
Als das Licht, das alle Finsternis überwindet.
Du schenkst uns die Gemeinschaft mit ihm.
Du lässt uns ihn sehen und schmecken.
Als das Brot des Lebens
und den Kelch des Heils
Komm, unser Herr!
- Lobpreis2
Gertrude Schmid (2024) - Vertrauen in die Kraft Gottes
Schwestern und Brüder, Gott hat zu uns gesprochen in den heiligen Schriften. Wir haben sein Wort gehört. Im sonntäglichen Lobpreis geben wir ihm Antwort. Wir vereinen uns mit allen auf der Erde, die heute den Tag des Herrn feiern und singen:
Kehrvers:
Die Freude an Gott, Halleluja,
ist unsere Kraft. Halleluja.
(GLÖ 980,1)
In Zeiten der Not weiß ich dich immer an meiner Seite.
Meine vertrauensvolle Bitte: „dein Wille geschehe“ genügt
und du machst mich heil.
Du hörst meine Bitte auch an außergewöhnlichen Orten.
Du lässt dich betreffen und berührst mich - bis tief in mein Innerstes.
Kehrvers
Du willst keine angebetete Ikone sein.
Dein Ziel ist mein Vertrauen in die Kraft Gottes.
Wer mit dir geht muss manchmal auch Grenzen überschreiten,
damit das Werk des Heiles vollendet werden kann.
Kehrvers
Wenn wir jubeln über deine heilsamen Taten freust du dich,
auch wenn dadurch dein Geheimnis zu deinem Nachteil öffentlich wird.
Du lehrst uns der Not direkt ins Gesicht zu schauen,
denn echte Betroffenheit führt uns zu gutem Tun.
Kehrvers
Großer, erhabener Gott,
dir gebührt unser Lobpreis und Dank,
den wir nun mit dem Hymnus "Ich singt dir mein Lied…"
dir darbringen.
(GLÖ 867)
Hans Hütter (2021) - Du nimmst jeden einzelnen in seiner Not wahr
Kehrvers:
Danket dem Herrn, denn er ist gütig,
denn seine Huld währt ewig. (GL 558,1)
Guter Gott,
wir kommen zu dir, um dir zu danken
und dich für deine Barmherzigkeit zu loben:
Du nimmst jeden einzelnen in seiner Not wahr
und hast Mitleid mit allen, die unter der Last ihres Lebens leiden.
Kehrvers
Du bist ein Gott des Lebens
und willst, dass jedes deiner Geschöpfe heil und gesund ist.
Du hörst die Hilferufe aller,
denen der Zugang zum Leben verwehrt wird.
Kehrvers
Du duldest nicht, dass als unrein behandelt wird,
was du für rein erklärt hast.
Du siehst auf das Herz der Menschen und achtest darauf,
was aus dem Herzen der Menschen hervorkommt.
Kehrvers
Dein Sohn Jesus von Nazareth scheute sich nicht,
mit Menschen in Berührung zu kommen,
die von der Gemeinschaft ausgeschlossen waren.
Er hat alle in das Volk Gottes zurück geholt,
die auf dich ihre Hoffnung setzten.
Kehrvers
Mit allen,
die unsere Sehnsucht nach dem Kommen deines Reiches teilen,
singen wir dir unser Lob:
Danklied, z. B. Erfreue dich, Himmel, erfreue dich Erde (GL 467)
- Präfation2
Messbuch - Präfation Schweizer Hochgebet 3: Jesus geht an keiner Not vorüber
Wir danken dir, treuer und barmherziger Vater,
für Jesus, deinen Sohn unseren Herrn und Bruder.
Seine Liebe galt den Armen und Kranken,
den Ausgestoßenen und Sündern.
An keiner Not ging er vorüber.
Sein Leben und seine Botschaft lehren uns,
daß du ein Gott bist, der sich der Menschen annimmt
wie ein Vater sich um seine Kinder sorgt.
Darum loben und preisen wir dich,
wir rühmen deine Güte und Treue
und verkünden mit allen Engeln und Heiligen
das Lob deiner Herrlichkeit:
Heilig...
Präfation aus dem Schweizer Hochgebet 3
Messbuch - Präfation Fastenzeit 2: Innere Erneuerung durch Buße
Wir danken dir, Vater im Himmel,
und rühmen deinen heiligen Namen.
Denn jetzt ist die Zeit der Gnade,
jetzt sind die Tage des Heiles.
Du hilfst uns, das Böse zu überwinden,
du schenkst uns von neuem die Reinheit des Herzens.
Du gibst deinen Kindern die Kraft,
in dieser vergänglichen Welt
das unvergängliche Heil zu wirken
durch unseren Herrn Jesus Christus.
Durch ihn preisen wir dich
in deiner Kirche und vereinen uns
mit den Engeln und Heiligen zum Hochgesang
von deiner göttlichen Herrlichkeit:
Heilig...
MB Fastenzeit 2
- Mahlspruch1
Bibel - Selig, die ein reines Herz haben
Freut euch am Herrn und jauchzt!
Oder:
Christus spricht:
Selig, die ein reines Herz haben;
denn sie werden Gott schauen
(Mt 5,8)
Oder:
Christus spricht:
Kommt alle zu mir, die ihr euch müht
und schwere Lasten zu tragen habt.
Ich will euch Ruhe schaffen.
(vgl. Mt 11,28)
Oder:
Blinde sehen wieder, Lahme gehen,
und Aussätzige werden rein;
Taube hören, Tote stehen auf,
und den Armen wird das Evangelium verkündet.
(Lk 7,22)
- Meditation1
Helene Renner (2021) - Du willst auch uns heilen
In jener Zeit
hast du den Leprakranken geheilt
In jener Zeit
das ist auch heute
hier und jetzt
Du willst auch uns heilen
uns berühren
wenn wir zu dir kommen
Vieles an uns ist krank
wir sind entstellt
durch Sünde und Schuld
Zerrbilder
ganz anders als du uns geschaffen hast
Aber die Begegnung mit dir
im heiligen Mahl
macht uns rein
nicht nur äußerlich
du durchdringst uns ganz
und macht uns fähig zur Liebe
Unser Herz freut sich
dich zu spüren
Du Heil der Welt
- Schlussgebet3
Messbuch - SG 6. Sonntag: erhalte in uns das Verlangen nach dieser Speise
Gott, du Spender alles Guten,
du hast uns das Brot des Himmels geschenkt.
Erhalte in uns das Verlangen nach dieser Speise,
die unser wahres Leben ist.
Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn.
MB 6. Sonntag im Jahreskreis
Messbuch - SG 1. Woche: haben wir neue Kraft empfangen
Allmächtiger Gott,
durch dein Wort und das heilige Sakrament
haben wir neue Kraft empfangen.
Gib, daß wir in unserem Leben
dir und den Menschen dienen
und dein Gefallen finden.
Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn.
MB 1. Woche im Jahreskreis
Messbuch - SG 31. Sonntag: Lass deine Kraft in uns wirken
Gütiger Gott,
du hast uns mit dem Brot des Himmels gestärkt.
Lass deine Kraft in uns wirken,
damit wir fähig werden,
die ewigen Güter zu empfangen,
die uns in diesen Gaben verheißen sind.
Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn.
MB 31. Sonntag im Jahreskreis
- Gebet zum Abschluss3
Martin Stewen (2021) - die Not unserer Nächsten sehen können
Gütiger Gott
dein Wort und das Sakrament deiner Gegenwart
stärken uns auf dem Weg zu dir und zu einander.
Öffne unsere Augen und mach unsere Herzen weit,
dass wir die Not unserer Nächsten sehen können.
Mach uns hellhörig und sensibel,
wenn Menschen ausgestoßen und verachtet werden.
Lass uns handeln nach dem Gebot der Liebe,
dass dein Reich schon inmitten dieser Welt anbricht.
So bitten wir durch Christus unseren Herrn.
Beatrix Senft (2021) - Schenke uns wache Sinne
Gott, du hast deinen Sohn geschickt,
damit er uns vorlebte, wie du uns sehen möchtest.
Er zeigte kein oberflächliches Interesse, kein falsches Mitleid.
Sein Leben mit den Menschen war von seinem MIT-LEIDEN und MIT-GEHEN geleitet.
Er war es, der sich zutiefst berühren ließ,
der den Menschen die Hand hinstreckt und sie berührte.
So konnte durch ihn immer wieder HEIL-WERDEN geschehen.
Schenke auch uns wache Sinne,
wie und wodurch wir den Menschen begegnen sollen,
damit auch durch uns dein Auftrag sichtbar wird.
Das erbitten wir durch unseren Bruder, Jesus Christus.
Manfred Wussow (2015)
Gott, alles Gute kommt von dir.
Du hast uns sogar das Brot des Himmels geschenkt.
Jetzt gehen wir wieder in unseren Alltag
zu den Menschen, mit denen wir unser Leben teilen,
mit denen wir arbeiten, lachen und streiten.
Wir danken dir,
dass du mit uns gehst,
in tiefen Tälern wie auf Höhenwegen.
Wir danken dir für den Segen,
den du auf uns legst,
der uns trägt.
Wir bitten dich um Geduld und Gelassenheit,
um gute Freunde und Freundinnen,
um einen guten Happen auf der Zunge,
um ein gutes Wort im Herzen.
Schenke uns die Freude, gemeinsame Schritte zu üben,
Ängste zu verwandeln und Sorgen hinter uns zu lassen.
Auf dem Weg zu dir.
In der Kraft deines Geistes.
Durch Christus, unseren Herrn.
Botschaft von Papst Franziskus zum 32. Welttag der Kranken am 11. Februar 2024
Die Sorge um die Kranken durch das Pflegen der Beziehungen
»Es ist nicht gut, dass der Mensch allein ist« (Gen 2,18). Von Anfang an hat Gott, der die Liebe ist, den Menschen für die Gemeinschaft geschaffen, indem er seinem Wesen die Dimension der Beziehung eingeschrieben hat. So sind wir in unserem Leben, das nach dem Bild der Dreifaltigkeit geformt ist, dazu berufen, uns in der Dynamik von Beziehungen, Freundschaft und gegenseitiger Liebe voll zu verwirklichen. Wir sind dazu geschaffen, zusammen zu leben, nicht allein. Und gerade weil diese Bestimmung zur Gemeinschaft so tief im menschlichen Herzen eingeschrieben ist, erschreckt uns die Erfahrung des Verlassenwerdens und der Einsamkeit und erscheint uns schmerzhaft, ja geradezu unmenschlich. Dies trifft umso mehr in Zeiten der Gebrechlichkeit, Ungewissheit und Unsicherheit zu, die oft durch den Ausbruch einer schweren Krankheit verursacht werden.
Ich denke zum Beispiel an diejenigen, die während der Covid-19-Pandemie furchtbar einsam gewesen sind: Patienten, die keine Besuche empfangen konnten, aber auch Pfleger, Ärzte und Hilfspersonal, die alle überlastet und in Isolierstationen eingeschlossen waren. Und natürlich dürfen wir auch diejenigen nicht vergessen, die der Todesstunde allein entgegengehen mussten, begleitet von medizinischem Personal, aber fern von ihren Familien.
Zugleich nehme ich mit Schmerz an der leidvollen und einsamen Situation derjenigen Anteil, die aufgrund von Krieg und seinen tragischen Folgen ohne Unterstützung und Beistand sind: Der Krieg ist die schrecklichste aller gesellschaftlichen Krankheiten und die schwächsten Personen zahlen den höchsten Preis dafür.
Mehr:
https://www.vatican.va/content/francesco/de/messages/sick/documents/20240110-giornata-malato.html
Libreria Editrice Vaticana am 10. Januar 2024
Menschen am Rande
Vor drei Jahren waren wir an dem Sonntag, an dem diese Texte „dran“ waren, mitten in einem Lockdown. Es lag nahe, Corona mit Aussatz zu vergleichen: Quarantäne nicht nur der Kranken, sondern auch derjenigen, die sich vielleicht angesteckt haben könnten. Auch da wurden Menschen alleingelassen, in die Einsamkeit gedrängt – und das europaweit. Aber es gab einen Unterschied. Man kümmerte sich um die Kranken und um die Sterbenden. Zu wenig vielleicht, vieles hätte anders und besser organisiert sein können, aber man kümmerte sich. Wer Aussatz hatte, wurde dagegen sich selbst überlassen. Niemand kümmerte sich. Vielleicht gab es mildtätige Menschen, die Nahrungsmittel brachten. Ansonsten waren von Aussatz Befallene ganz auf sich allein gestellt und dem Tod geweiht.
So schlimm war Covid 19 nicht, und nach und nach erkannte man, dass man Covid-Patienten nicht nur behandeln musste, sondern auch begleiten, und es bildeten sich immer mehr Gruppen, die, nachbarschaftlich oder breiter organisiert, dafür sorgten, dass Menschen in Quarantäne, insbesondere die ohne Angehörige, mit Nahrungsmitteln und sonstigen Dingen, die man so zum leben braucht, versorgt wurden.
Trotzdem, denke ich, passten diese Texte in die Zeit vor 3 Jahren und passen auch heute noch, denn wir haben "Aussätzige", Menschen, die nicht gesehen werden, weil wir sie nicht sehen wollen, Menschen, die sich selbst überlassen werden, die an den Rand gedrängt werden.
Ertrinkende im Mittelmeer. Hinschauen verboten. Menschen in den Flüchtlingslagern. Betreten verboten. Die "Aussätzigen" unserer Zeit sind aber auch Obdachlose und Junkies, die wir gerne aus unseren Städten vertreiben würden, da sie „das Stadtbild verschmutzen“, wie das manche nennen. Das sind die, die in den Vorstadtsilos wohnen, bei denen uns schon die Adresse suggeriert, dass das „keine gute Gegend“ ist und dass man sich mit ihnen besser nicht abgibt. Menschen, denen es schwer fällt, auf Grund der Wohnanschrift andere Wohnungen zu bekommen oder eine Lehrstelle, einen Job. Das sind Menschen in Flüchtlingsheimen, bei denen man ja nie weiß und um die man daher lieber einen großen Bogen macht. Das sind all die, die wir in unserer Gesellschaft nicht haben wollen, weil sie stören. Wir haben Angst, dass sie „ansteckend“ sind: wir möchten nicht in ihr Elend mit hineingezogen werden.
Und einen solchen nimmt Jesus an die Hand und sagt zu ihm: Du gehörst wieder dazu. - Was das mit uns zu tun hat? Entdecken wir die Würde im Gegenüber, egal, wer es ist, der vor uns steht. Verhalten wir uns ausgegrenzten Menschen gegenüber so, als wären sie uns ebenbürtig, denn vor Gott sind sie es, und vor uns sollten sie es ebenfalls sein. Das Wichtigste aber ist die Gottes- und Menschenliebe, sagt Jesus. Daran sollten wir uns messen lassen.
Libreria Editrice Vaticana am 10. Januar 2024
Das große Trauma
Meine Mutter wurde nach dem Tod ihres Vaters Volksschullehrerin, was die Erteilung des Religionsunterrichts einschloss. Sie übte diesen Beruf jedoch zunächst nur kurze Zeit aus, da sie schon sehr früh heiratete. In den Jahren zwischen 1953 und 1962 bekam sie vier Töchter und konzentrierte sich erst einmal ganz auf die Familie, wie es damals ja üblich war. Und hier beginnt dann auch die eigentliche Tragik ihrer Geschichte mit der Kirche. Da sie nach damaliger Auffassung infolge der Geburt (!) liturgisch als unrein galt, wurde es ihr verwehrt, bei der Taufe ihrer Töchter in der Kirche anwesend zu sein. Nach der Taufe wurde ein spezieller Reinigungsritus durchgeführt, erst danach war es ihr wieder erlaubt, am Gottesdienst teilzunehmen. Lediglich bei meiner im Jahr 1962 geborenen jüngeren Schwester gestand man es ihr zu, zumindest aus der Ferne – genauer von der Kirchentüre aus – zuzuschauen, wie diese getauft wurde. Diese Erfahrung, offenbar eine Folge der Dämonisierung der Sexualität in der katholischen Kirche über Jahrhunderte hinweg, hat meine Mutter zutiefst verletzt. Es ist bezeichnend, dass sie sich schon bald nicht mehr in der Lage sah, zum Gottesdienst zu gehen, da das Betreten der Kirche bei ihr von da an zu massiven körperlichen Beschwerden führte.
Auszug aus:
www.feinschwarz.net am 29. Januar 2020
Gesund oder krank – eine falsche Alternative
Beim Versuch, „Gesundheit“ und damit verbunden auch „Krankheit“ allgemein zu definieren, wird häufig auf die Definition der Weltgesundheitsorganisation (WHO) aus dem Jahr 1948 zurückgegriffen: „Die Gesundheit ist ein Zustand vollkommenen physischen, geistigen und sozialen Wohlbefindens und nicht bloß das Fehlen von Krankheit oder Gebrechen.“1. Auch psychische Gesundheit ist gemäß der WHO „ein Zustand des Wohlbefindens, in dem eine Person ihre Fähigkeiten ausschöpfen, die normalen Lebensbelastungen bewältigen, produktiv arbeiten und einen Beitrag zu ihrer Gesundheit leisten kann“ (WHO, 2019) und ist eng mit physischer Gesundheit verbunden. Physische und psychische Gesundheit wird im Alltag durch Interaktion des Individuums mit seinen Lebensumständen geschaffen, gelebt und subjektiv erlebt. Sie ist das Ergebnis eines vielschichtigen Prozesses, das neben der individuellen Disposition, den Lebensweisen, dem sozialen Umfeld und den Lebensbedingungen auch maßgeblich von sozioökonomischen, kulturellen und Umwelt-Faktoren beeinflusst wird. Gesundheit wird verstanden als Verbindung von bio-psycho-sozio-ökologischen Aspekten, Erhalten und Wiederherstellen sind zentrales Anliegen.
Auszug aus:
https://www.feinschwarz.net/gesund-oder-krank-eine-falsche-alternative/
www.feinschwarz.net am 22. Januar 2024
Heiraten und die Vulnerabilität menschlicher Existenz
Heil und sicher, an der Seite eines anderen Menschen, dem ich vertraue, zu gehen, dazu soll der Segen erbeten werden. Die vorgeschlagene Weise des Segens durch Fiducia supplicans lässt all das nicht zu, was Männer sich wünschen, wenn sie eine Ehe eingehen und nicht der heterosexuellen Norm entsprechen oder schon einmal verheiratet waren. Ein Paarsegen ohne Feierlichkeit, ohne Treueversprechen, ohne Öffentlichkeit, nicht in kirchlichen Räumen ist ein Segen zweiter Klasse. Von einem Paarsegen kann eigentlich gar nicht gesprochen werden, weil die zugelassene Form lediglich die Einzelpersonen zu segnen möglich macht.
Auszug aus eine Buchbesprechung von Andreas Heek zu Jakob Mertesackers Studie „es ist gut, dass wir da eine andere Story haben“. Eheschließungsrituale und ihr Beitrag zur Identitätspraxis von Männern, Ostfildern (Grünewald) 2023.
https://www.feinschwarz.net/gegen-maennerklischees/
www.feinschwarz.net am 27. Januar 2024
Du bist mir nah, bist für mich da
Ein Text von Paul Weismantel, vertont von Reinhard Burchhardt:
Liedblatt mit Noten zum Herunterladen
Text: Paul Weismantel, Musik: Reinhard Burchhardt
UN-REIN - berührbar?
Ungerührt
Alleingelassen
Kalt gelassen
Totgeschwiegen
Abgesondert
Ausgegrenzt
Weggeschlossen
Isoliert
UNREIN eben
Auf die Knie fallen und erhoffen, erflehen:
„Spür mich,
komm zu mir
und berühr mich,
nimm von mir die Erinnerung,
lös mich aus meinem Bann.“ (aus: Erinnerung – Musical Cats)
behutsam – zart
sich zuwenden
sich nähern
anfühlen – anrühren - anfassen
mit Vorsicht -
in guter Absicht
Leib und Seele erfassen
Kummer und Schmerz wahrnehmen
Spüren, was auf der Seele liegt
Zwei Menschen
Zwei Seelen
Vier Augen
Ein Zuspruch:
„Ich will es – sei rein.“
Loslösung
Freispruch
Leben ermöglichen -
miteinander LEBEN WAGEN
Beatrix Senft 2021.
Papst lädt Obdachlose in den Zirkus ein
Der Papst hat ein Herz für Obdachlose. Papst Franziskus zeigt wieder einmal seine Offenheit für Arme: Er lädt morgen, Donnerstag, 2100 Bedürftige und eine Gruppe von Häftlingen zu einem Zirkusbesuch in Rom ein. Dies berichtete der Almosenmeister des Papstes, Konrad Krajewsky, laut italienischer Nachrichtenagentur ANSA. Alle Plätze im Zelt des Zirkus "Medrano" in Rom wurden für Obdachlose reserviert. Hier können die Obdachlosen auch in Wohnmobilen von Ärzten und Krankenpflegern untersucht werden, die vom Vatikan entsendet wurden.
Bei einer Generalaudienz in den vergangenen Tagen hatte der Papst Zirkusleute aus ganz Italien empfangen. Diese hatten sich bereit erklärt, mit dem Papst den Zirkusbesuch der Obdachlosen und Bedürftigen in Rom zu organisieren.
Papst Franziskus fordert seit seinem Amtsantritt vor fast fünf Jahren immer wieder eine Kirche für die Armen. In den vergangenen Jahren ließ der 81-Jährige Duschen und einen kostenlosen Friseur in der Nähe des Petersplatzes für Obdachlose einrichten. Auch zu einem Besuch in der Sixtinischen Kapelle und eines Konzerts im Vatikan lud der Argentinier einige von Ihnen ein.
Die Presse, 10,01,2018 um 10:54
Flüchtlingshelferin Ute Bock ist tot
Die bekannte Flüchtlingshelferin Ute Bock ist am Freitag in den frühen Morgenstunden 75-jährig gestorben. Für Bundespräsident Van der Bellen "verliert Österreich einen außergewöhnlichen Menschen".
Die prominente Flüchtlingshelferin Ute Bock ist am frühen Freitagmorgen gestorben. Das teilte der Verein "Flüchtlingsprojekt Ute Bock", dessen Gründerin, Obfrau und Schirmherrin Ute Bock war, auf seiner Homepage mit. Bock sei "nach kurzer schwerer Krankheit um 4:40 Uhr im Kreise ihrer Schützlinge im Ute Bock Haus" verstorben, hieß es. Für ihr Engagenment wurde Bock 2012 vom damaligen Bundespräsidenten Heinz Fischer mit dem Goldenen Verdienstzeichen der Republik Österreich ausgezeichnet, außerdem erhielt sie von Rennerbis Kreisky-Preis zahlreiche weitere Ehrungen.
Zohmanngasse als symbolträchtiger Ort
Bock, am 27. Juni 1942 in Linz geboren, begann nach der Matura in einem Heim für schwer erziehbare Sonderschüler zu arbeiten. Der nächste Weg führte sie nach Wien-Favoriten, in die Zohmanngasse, bis heute ein symbolträchtiger Ort für Bock-Freunde wie Gegner. Dort stand in den 1970er-Jahren ein Gesellenheim, Bock kümmerte sich dort zunehmend um Fälle aus schwierigen sozialen Verhältnissen. 1976 wurde sie Leiterin der Einrichtung.
In den I99oer-Jahren wandelte sich das vormalige Gesellenheim immer mehr in ein Quartier für junge Zuwanderer, zunächst aus dem Jugoslawien-Krieg, später auch für viele Afrikaner. Letztere Gruppe war es auch, die Bock immer wieder Probleme mit Anrainern einbrachte, die sich an der recht großen AfrikanerKolonie mitten in Favoriten stießen. 1999 dann der Tiefpunkt im Bock'sehen Wirken: Bei der nicht unumstrittenen Polizeiaktion "Operation Spring" wurde "die Zohmanngasse" Ziel einer Razzia, bei der etwa 30 Afrikaner unter Verdacht des Drogenhandels festgenommen wurden.
Von Favoriten in die Leopoldstadt
Wenig später war Bock in Pension, was ihr Engagement aber nicht beendete. Ganz im Gegenteil, mit eigenen Renteneinkünften und Gaben von Sponsoren wurden Unterkünfte für obdachlose Flüchtlinge lukriert. Bocks Einrichtungen wurden auch zur Briefkasten-Adresse für jene, die kein Dach über dem Kopf hatten und einen Meldeort benötigten. Gewechselt wurde die Hilfszentrale. Von Favoriten ging es in die Leopoldstadt.
Die von ihren Schützlingen gerne als "Mama" betitelte Oberösterreicherin schwang sich mit ihrem Wirken schnell zu einer Art Kult-Figur auf, was beim Lukrieren von Geldern durchaus hilfreich war. Die wohl bekannteste Aktion war "Bock auf Bier", bei der in Dutzenden Wiener Lokalen ein 10-Cent-Zuschlag zugunsten der Bock-Einrichtungen eingehoben wurde. Bock selbst meint zu solchen Aktivitäten: "Ich brauch1 die Reklame, und ich brauch1 das Geld." Alles Bemühen vor allem der Kulturwelt hätte freilich nichts genützt, wäre nicht der Industrielle Hans-Peter Haselsteiner in die Bresche gesprungen, als 2008 Bocks Verein finanziell vor dem Aus stand und die Helferin sogar mit dem Sprung aus dem Fenster drohte.
Fischer als prominenter Unterstützer
Später lief alles wieder in ruhigeren Bahnen ab. Bock bekam ein neues Haus, das eigentlich ein altes war, wieder in der Zohmanngasse, sehr zum Unwillen der örtlichen Freiheitlichen und vieler Anrainer. Ende 2013 überstand sie einen schweren Schlaganfall, wieder gab es Geldsorgen. Sie musste kürzertreten, kehrte 2014 aber in ihr Wohnprojekt zurück. Prominente Unterstützer hatte sie viele, darunter Alt-Bundespräsident Heinz Fischer.
Im Herbst 2015, als die Flüchtlingskrise am Höhepunkt war und Tausende am Wiener Westbahnhof strandeten, erhob sie die Stimme und warnte vor Scheinheiligkeit. "Es ist nicht das wichtigste, dass die Leute da einen Kilo Brot hintragen", meinte sie in einem Interview mit der Austria Presseagentur. Das Schlimmste sei "dass wir so eine fürchterliche Einstellung haben - wenn ich in der Straßenbahn höre, 'wären sie halt daheim geblieben', das ist unerträglich".
Politik und Zivilgesellschaft würdigen Bock
Bis zur letzten Sekunde habe sich Bocks ganzes Denken und Handeln um das Wohlergehen geflüchteter Menschen gedreht, hieß es nun am Freitag seitens des Flüchtlingsprojekts. Der Erfüllung ihres größten Wunsches, eines Tages überflüssig zu werden, sei man gerade in Zeiten wie diesen ferner denn je. "Tugenden wie Zivilcourage, Solidarität und Menschlichkeit hat uns Frau Bock Zeit ihres Lebens gelehrt", hieß es: "Ohne viele Worte hat sie einfach gehandelt, sich selbst hat sie dabei nie geschont."
Für Caritas-Präsident Michael Landau war Ute Bock eine "beeindruckende Frau und ein mutiger Mensch". Ihr "unermüdlicher Einsatz für Menschen, die vor Verfolgung, Krieg und Elend flüchten" habe sie zu einer "Leitfigur der österreichischen Zivilgesellschaft" gemacht. Für Bundespräsident Alexander Van der Bellen "verliert Österreich einen außergewöhnlichen Menschen". Ute Bock habe "uns gezeigt, was Menschsein bedeuten kann. In ihren Projekten wird ihr Engagement weiterbestehen." Kanzler Sebastian Kurz schrieb auf Twitter: "Ihr langjähriger Einsatz & ihre Zivilcourage haben unser Land geprägt & verdienen unseren Respekt." Er drückte Familie und Freunden seine "tiefe Anteilnahme aus". Wiens Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) würdigte Bock als "überzeugte Humanistin". Vieles, wofür Wien stehe, "war in Ute Bock verkörpert und lebt in ihrem Andenken weiter".
Die Presse am 19.01.2018 um 16:16
Augustin
Der Augustin wurde 1995 nach dem Beispiel amerikanischer, britischer oder französischer Straßenzeitungen gegründet. Der Verkauf der Straßenzeitungen hilft Menschen, die aus verschiedenen Gründen vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen sind (Obdachlosen, Langzeitarbeitslosen, Asylwerber_innen u.a.), ihre Not zu lindern. Professionelle Sozialarbeiter_innen des Augustin sind an ihrer Seite. Vorrangiges Ziel der Augustin-Sozialarbeit ist aber nicht, die Marginalisierten jobready zu machen, sondern ihren Ausbruch aus der Entmündigung zu fördern.
Die Zeitung selbst definiert sich einerseits als Stadtzeitung, auch mit unterhaltenden Elementen, andererseits als Forum radikaler Kritik aller Formen sozialer Ungerechtigkeit und als Plattform der Marginalisierten. Sie wird von professionellen JournalistInnen und GrafikerInnen gemacht. Eine Definition aus beobachtender Sicht: Der Augustin ist das soziale Gewissen Wiens (Prof. Fritz Hausjell, Publizistik-Institut Wien).
Die Journalist_innen, Grafiker_innen und Sozialarbeiter_innen, die das Augustin-Team bilden, sind identisch mit dem Vorstand des Herausgebervereins (Sand & Zeit). Der Verein bezieht von Beginn an keinerlei öffentliche Subventionen. Alle Kosten werden von den Einnahmen des Zeitungsverkaufs, von 333 Liebhaber_innen, Inserateneinnahmen und durch private Spenden gedeckt. Die hundertprozentige Eigenfinanzierung ist eine ideale Voraussetzung für die Unabhängigkeit des Projekts (Slogan: Der Augustin hört auf ... niemanden). Die Zeitung erscheint 14-tägig. Pro Ausgabe werden von ca. 450 zur Zeit aktiven Verkäufer_innen zwischen 22.000 und 27.000 Exemplare verkauft.
Radio Augustin (auf dem freien Wiener Kanal Orange 94.0) und TV Augustin (auf dem freien Wiener Kanal Okto) komplettieren die mediale Präsenz des Projekts. In jedem Medium finden Ausgeschlossene Chancen zur aktiven Mitgestaltung vor. Die zahlreichen Projekte im Projekt die Schreibwerkstatt, der Chor Stimmgewitter Augustin, die Schauspielgruppe 11%K-Theater, der Fußballklub Schwarz-Weiß Augustin, die Tischtennisgruppe, die Stadtspaziergänge und andere bilden inzwischen das Gesamtkunstwerk Augustin. Sie bieten die Chance, dass Menschen, denen pauschal gerne Leistungswilligkeit abgesprochen wird, ihre verborgenen und von der Gesellschaft entwerteten Talente entfalten können.
Melaten
Eines von vier Kölner Leprosorien ("campus leprosi"), die wegen der Ansteckungsgefahr außerhalb der Stadtmauern lagen, hieß "Maladen" (franz. "malade" = krank) und ist seit 1180 als Schenkung "in campum leprosi" nachweisbar. Erstmals urkundlich erwähnt wird Melaten im Liber Leprosorum extra Coloniam prope portam Honoris (Ehrentor), dem ältesten Rentbuch von Melaten. Der Eintrag datiert vom 25. April 1243...
Die Leprosenanstalt nahm im Gegensatz zu anderen Anstalten auch an Lepra erkrankte Auswärtige auf. Den Patienten war untersagt, das Gelände zu verlassen; eine Ausnahme machten die Feiertage, an denen sie in Begleitung eines Schellenknechtes in die Stadt gehen und um Almosen bitten durften. Die Patienten wurden angehalten, eine auffällige Kleidung, bestehend aus einer Kniehose, einer Joppe, einem Siechenmantel, einem großen Hut und weißen Handschuhen zu tragen und mit einer Klapper in der Hand den Bürgern das eigene Nahen kundzutun. Eine an der Aachener Straße aufgestellte Statue eines Schellenknechtes erinnert heute noch an die Leprosoriumszeit...
Weil manche Angestellte der Leprosie sich ein Zubrot durch das Ausstellen gefälschter Siechenbriefe verdienten, bot das Heim tatsächlich auch Menschen Unterschlupf, die gar nicht an Lepra erkrankt waren. Mitglieder der Großen Siechenbande, einer im Rheinland von Leprosenanstalten aus operierenden Räuberbande, nutzten auf diese Weise auch das Kölner Leprosenheim als Rückzugs- und Lebensort.
Im Mittelalter war Melaten das größte Siechenhaus in Deutschland.
de.wikipedia.org/wiki/Melaten-Friedhof (10.02.2015)
Duden: "rein"
Kleinschreibung:
reine Luft
die reine Wahrheit
reinen Sinnes
rein Schiff! (seemännisches Kommando)
jemandem reinen Wein einschenken (jemandem die volle Wahrheit sagen)
Großschreibung der Substantivierung [Regel 72]:
etwas Reines anziehen
ins Reine bringen, kommen, schreiben
mit etwas, mit jemandem im Reinen sein
Schreibung in Verbindung mit Verben:
das Zimmer rein halten
die Gewässer rein erhalten
das Zimmer rein machen oder reinmachen (vgl. aber reinemachen)
die Wäsche rein waschen oder reinwaschen; aber sich reinwaschen (seine Unschuld beweisen)
den Text noch einmal reinschreiben (ins Reine schreiben)
Schreibung in Verbindung mit Farb- und Stoffadjektiven:
ein reingoldener Ring
eine reinsilberne Kette
das Material ist reinleinen
ein reinseidener Schal
ein reinwollener Stoff
www.duden.de/rechtschreibung/rein_sauber_nur_eindeutig_ganz - (10.02.2015)
Morgenlicht leuchtet
Morgenlicht leuchtet, rein wie am Anfang.
Frühlied der Amsel, Schöpferlob klingt.
Dank für die Lieder, Dank für den Morgen,
Dank für das Wort, dem beides entspringt.
Sanft fallen Tropen, sonnendurchleuchtet.
So lag auf erstem Gras erster Tau.
Dank für die Spuren Gottes im Garten,
grünende Frische, vollkommnes Blau.
Mein ist die Sonne, mein ist der Morgen,
Glanz, der zu mir aus Eden aufbricht!
Dank überschwenglich, Dank Gott am Morgen!
Wiedererschaffen grüßt uns sein Licht.
Jürgen Henkys in: EG 455
Kühn
Er mache uns im Glauben kühn und in der Liebe reine.
Er lasse Herz und Zunge glühn, zu wecken die Gemeine.
Und ob auch unser Auge nicht in seinen Plan mag dringen:
Er führt durch Dunkel uns zum Licht, lässt Schloss und Riegel springen.
Des wolln wir fröhlich singen!
Friedrich Spitta (1898) in: EG 259,3
Vorurteile
Wo Heime für Asylbewerber eingerichtet werden sollen, reagieren Menschen häufig ablehnend. 44 Prozent der Deutschen hegen Vorurteile gegen Flüchtlinge - obwohl sie wenig von ihnen wissen. Oder gerade deswegen? Fragen an einen Gewaltforscher.
www.sueddeutsche.de/politik/fluechtlinge-in-deutschland-vom-vorurteil-zur-fremdenfeindlichkeit-1.2251706-2
Süddeutsche Zeitung 10. Dezember 2014:
www.sueddeutsche.de/politik/fluechtlinge-in-deutschland-vom-vorurteil-zur-fremdenfeindlichkeit-1.2251706-2 - (10.02.2015)
Diversity Management
Diversity Management (auch Managing Diversity) bzw. Vielfaltsmanagement wird meist im Sinne von "soziale Vielfalt konstruktiv nutzen" verwendet. Diversity Management toleriert nicht nur die individuelle Verschiedenheit (engl.: diversity) der Mitarbeiter, sondern hebt diese im Sinne einer positiven Wertschätzung besonders hervor und versucht sie für den Unternehmenserfolg nutzbar zu machen. Die Ziele von Diversity Management sind es, eine produktive Gesamtatmosphäre im Unternehmen zu erreichen, soziale Diskriminierungen von Minderheiten zu verhindern und die Chancengleichheit zu verbessern. Dabei steht aber nicht die Minderheit selbst im Fokus, sondern die Gesamtheit der Mitarbeiter in ihren Unterschieden und Gemeinsamkeiten. Bei den Unterschieden handelt es sich zum einen um die äußerlich wahrnehmbaren Unterschiede, von denen die wichtigsten Geschlecht, Ethnie, Alter und Behinderung sind, zum anderen um subjektive Unterschiede wie die sexuelle Orientierung, Religion und Lebensstil.
Diversity Management ist Teil des Human-Resources-Managements.
Ein bisschen Wärme
Eines Tages ging ich durch die Straßen Londons. Ich sah einen Mann, der zusammengekauert da saß, er schien einsam und verlassen. Als er mich bat, ich solle mich zu ihm niederbeugen, blieb ich stehen, nahm ihn bei der Hand, schüttelte sie und fragte ihn, wie es ihm gehe. Er blickte auf und sagte: "Nach langer Zeit spüre ich endlich wieder die Wärme einer menschlichen Hand, nach so langer Zeit ..." Seine Augen leuchteten auf, und er setzte sich aufrecht hin. Schon dieses bißchen Wärme einer menschlichen Hand brachte Freude in sein Leben. Du mußt das einmal erleben. Du mußt deine Augen weit öffnen und ebenso handeln.
Aus: Für jeden Tag, Gedanken von Mutter Teresa. Ausgewählt und zusammengestellt von Angelo Devananda.Neue Stadt Verlag, Reihe "Saatkörner", München Zürich Wien 1990.
Schwäne
Daß sie weiß sind, das weiß doch jeder.
Schneeweiß wie die Flügelhauben der Nonnen,
das Ei, der Eisberg, schneeweiß,
mit einem Wort, wie der Schnee.
Bisher ist es noch jedesmal gut gegangen
mit den vier Jahreszeiten. Immer dasselbe:
Es schneit. Schlimmstenfalls eine Lawine.
Naheliegend, daraus zu schließen,
daß es einfach so weiter geht
mit unsern gewöhnlichen Katastrophen.
Auch ich wußte Bescheid, sah weiß,
war der Induktion verfallen,
bis ich eines Tages vors Haus trat.
Es war eine Bretterbude in Collingwood,
Golden Bay, Südinsel, und während
die Sonne aufging über dem weißen Sand,
zogen draußen Schwäne vorbei,
Schwäne zu Hunderten, majestätisch
und ungerührt, wie es ihre Art ist.
Jeder von ihnen war schwarz.
Aus: Hans Magnus Enzensberger, Die Geschichte der Wolken. 99 Meditationen. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2003.
Wer AIDS hat, ist selber schuld
Diese Aussage ist ein noch immer weitverbreitetes Vorurteil, das viele Infizierte und deren Angehörige in ein entwürdigendes Versteckspiel treibt. Gerade für manche Vertreter der institutionellen Kirche war AIDS, durch die Häufigkeit der sexuellen Übertragung, eine neue Möglichkeit, konservative Moralvorstellungen wiederzubeleben. Ebenso der Rückfall in die Argumentation mit der Angst, indem man von Schuld und Sünde, von Himmel und Hölle, Strafe und Geisel Gottes sprach, haben bei mir einen Schaden hinterlassen, mit dem ich heute noch zu kämpfen habe. Bin ich selbst schuld an meinem AIDS? Komme ich trotzdem in den Himmel? Liebt mich Gott als schwuler Mann mit AIDS genauso, wie er alle anderen Menschen liebt? Oder bin ich draußen vor der Tür? All diese Fragen habe ich mir immer und immer wieder gestellt, doch nicht auf alle konnte ich eine Antwort finden.
Ich möchte an einem Beispiel, das ich erlebte, veranschaulichen, was derartige Schuldzuweisungen anrichten können: P. war 17 Jahre, als er sich zu seiner Homosexualität bekannte. Mit 18 hatte er seinen ersten Freund, bei dem er sich mit dem Virus infizierte. Sein Freund, nur wenige Jahre älter als er, starb ihm vorweg. P. wurde 21 Jahre alt. Als er starb, wog er vielleicht noch 40 Kilo, bei einer Körpergröße von 1,86 m. Sein Körper war mit Kaposi-Sarkomen übersät. Seine Mutter und seine Freunde pflegten ihn bis zum Schluß, und für alle Beteiligten war es, trotz der Harmonie um ihn herum, eine unvorstellbar grausame Zeit. Bei P. erlebte ich die schlimmsten Auswirkungen, die man sich bei dem Verlauf von AIDS nur ausmalen kann. P. starb so schwer, wie ich noch keinen Menschen sterben sah. Es war derart schlimm, daß ich manchmal ungläubig vor seinem Bett stand und mich fragte, wie so ein zusammengekrümmtes, reduziertes Wesen überhaupt noch atmen kann. Obwohl wir alle darum beteten, daß er bald sterben würde, wollte er uns diesen Gefallen nicht tun. Das Schlimmste aber war, daß uns P. in den kurzen Momenten, in denen er ansprechbar war, mit seinen quälenden und bohrenden Fragen regelrecht überflutete. Immer und immer wieder wiederholten sich seine Ängste in Form seiner Fragen, ob er denn, aufgrund seiner Homosexualität, selbst schuld an seinem AIDS wäre, ob er denn nun in die Hölle komme, ob es für ihn ein Weiterleben nach dem Tode gäbe. Was antwortet man auf die Frage eines Sterbenden, ob seine Krankheit die Strafe Gottes für sein sündhaftes Verhalten ist?
Es dauerte entsetzlich, ja quälend lange, bis P. endlich loslassen konnte und starb, und ich kann mir nur wünschen, daß P. eine Antwort auf alle seine Fragen gefunden hat. Noch heute spüre ich meine Wut auf alle, die diese Schuldphrasen verbreiten, wenn ich an viele Fragen von P. denke. Allen Menschen, die diese Auffassung eines eigenen Verschuldens von AIDS vertreten, wünsche ich so eine Nacht, wie ich sie bei P. erlebte. Ich wünsche ihnen den Anblick dieser großen braunen Augen, die sich fragend aus dem eingefallenen Gesicht an dich wenden. Ich wünsche ihnen das Anhören der stotternd und schwach formulierten Frage, ob Gott wohl verzeiht und ihn trotzdem liebt. Dieses Erleben war für mich so entsetzlich, daß ich mich fragte, wie es die Kirche nur zulassen kann, daß manche ihrer unbelehrbaren Vertreter Menschen mit diesen Schuldparolen derart quälen. Aber ich denke, auch diese Menschen werden sich einmal für ihr Tun verantworten müssen. Ich bin überzeugt, nicht das Leben, das P. führte, war pervers, sondern das, was all die Menschen mit ihren Schuldgefühlen und Vorurteilen aus ihm gemacht hatten, war pervers und unmenschlich.
In meinen Augen ist es ein Verbrechen, wenn man Menschen aufgrund ihrer homosexuellen Lebensweise oder ihrer Krankheit ein so schlechtes Gewissen macht, daß sie noch in den letzten Stunden ihres Lebens daran gehindert sind, den verzeihenden und liebenden Gott zu erkennen und an ihn zu glauben.
Aus: Markus Commercon, Mein Gott AIDS. Pattloch Verlag, Augsburg 1995.
"Europa führt Krieg gegen Flüchtlinge"
St. Pölten, 05.02.12 (KAP) Scharfe Kritik an der Flüchtlings- und Asylpolitik der Europäischen Union hat der deutsche Menschenrechtsaktivist Elias Bierdel geübt. "Europa führt Krieg gegen Flüchtlinge", brachte Bierdel seine Kritik bei einem Diözesantag der Katholischen Männerbewegung (KMB) am Samstag in St.
Pölten auf dem Punkt. Die zahlreichen Bootsflüchtlinge, die bei ihren Versuchen nach Europa zu gelangen oft unter dramatischen Umständen ums Leben kommen, seien "Botschafter der Ungerechtigkeit"
und ein Beweis, dass die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinanderklaffe, so Bierdel. "Unser Lebensstil ist unzumutbar für die Welt, für die Schöpfung. Wir wissen es, aber ändern nichts."
Europa habe sich immer mehr zur "Hig-Tech-Festung" entwickelt, die Flüchtlinge und Migranten systematisch abschirme - und dies in einem Maß, das "weit über das hinausgeht, was wir vom Eisernen Vorhang noch kennen". So geschehe die Überwachung der EU-Außengrenzen etwa mit Unterstützung von Satelliten der Europäischen Raumfahrtsbehörde ESA, die alle Bewegungen noch so kleiner Bootes im Mittelmehr erfassen. Bierdels scharfe Anklage: "Wenn ein Boot mit Flüchtlingen in Seenot gerät und Menschen ertrinken, geschieht dies willentlich."
Auf den Zusammenhang des Umgangs mit Flüchtlingen und Migranten und der aktuellen Finanzkrise verwies Leopold Wimmer, KMB-Vorsitzender der Diözese St. Pölten. So sei die Ursache der Krise in einer zunehmenden Gier der Menschen zu suchen. Der europäische Wohlstand sei zu einer "heiligen Kuh" geworden: "Wir haben unsere Werte am Altar des Wohlstandes geopfert", so Wimmer. Es sei in dieser Situation die Verpflichtung der Christen, den Menschen und seine Würde wieder an die erste Stelle zu setzen.
Nach dem Vortrag vertieften die Teilnehmer das Tagungsthema noch in einem Workshop über "Flüchtlinge in der Diözese St. Pölten". Der Diözesantag war Teil eines ganzen Veranstaltungsreigens zum heurigen KMB-Jahresthema "Tabus - worüber wir nicht reden (wollen)".
(ende) hkl
Copyright 2012 Katholische Presseagentur, Wien, Österreich.
So 05.02.2012 16:00
Ein Schadensfall?
Tief sitzende Widerstände
Von je her gab es behinderten Menschen gegenüber Formen der Abgrenzung, die oft zur Ausgrenzung führten. Als »Krüppel« und »Schwachsinnige« abgestempelt, hatten die behinderten Menschen noch nie viel zu lachen.
In der Antike waren griechische und römische Schönheitsideale maßgebend: perfekte Menschen mit perfekten Körpern. Sie wurden in der Kunst vor Augen geführt. Wer diesem Ideal nicht entsprach, war der Darstellung nicht würdig. Der große Philosoph Platon forderte, verkrüppelte Kinder auszusetzen. Es war ein langer Weg vom Tollhaus bis zur Werkstatt für Behinderte. Heute gibt es Arbeitsplätze in der freien Wirtschaft und Verwaltung - wenn auch zu wenige -, es gibt Förderprogramme und finanzielle Vergünstigungen, es gibt Stiftungen, die zum Leben mit einem behinderten Kind ermutigen.
Dennoch, allzu oft sind archaische Praktiken nicht wirklich überwunden, sondern nur zivilisatorisch verfeinert. Wir lassen es zu, dass Kinder bis zum neunten Monat unter dem Vorzeichen einer falsch verstandenen Mitmenschlichkeit abgetrieben werden. Diese Einstellung ist oft genug das Produkt eines in den Medien propagierten Schönheitswahns. Längst lebt der alte Traum vom perfekten Menschen wieder auf - vom Menschen mit medizinischem Gütesiegel. Er wird stets auf Kosten der nicht so perfekten Menschen geträumt. Dazu gehören wir früher oder später alle.
Jeder kennt das: Wenn wir Menschen mit schweren Behinderungen sehen, erschrecken wir fast instinktiv und weichen aus. Wir versuchen, uns möglichst schnell an ihnen vorbeizudrücken. Manch einer denkt: >Besser, sie wären nicht geboren! Was wäre den Eltern und der Gesellschaft alles erspart geblieben!< Die Abneigung gegen körperlich oder geistig behinderte Menschen ist tief in die Evolution des Lebendigen eingeschrieben, sie sitzt uns in den Knochen. Gerade in unserer Gesellschaft sehen wir fast nur noch Gesundheit und Vitalität, Stärke und Leistung. Niemandem ist ein Vorwurf daraus zu machen, dass er verunsichert ist und abwehrend reagiert, wenn er behinderten Menschen begegnet. Aber das ist keine Entschuldigung, sondern ein Auftrag: Wir haben lebenslang daran zu arbeiten, sie in Freiheit und Liebe zu würdigen wie jeden anderen Menschen. Das ist ein Zeichen von Kultur.
Minusvariante des Normalen?
Von entscheidender Bedeutung ist die Art und Weise, wie unsere Gesellschaft Behinderung wahrnimmt. Die meisten Mitmenschen sehen in körperlichen und geistigen Behinderungen eine Funktionsstörung. Normale biologische Prozesse scheinen gestört zu sein. Behinderung, so das gängige Verständnis, ist eine dauerhafte Beeinträchtigung von dem, was eigentlich »normal« ist. Ein Behinderter besitzt nicht die volle Leistungsfähigkeit. Behindertes Leben - so könnte man zugespitzt formulieren - erscheint wie eine Minusvariante des Normalen. Das Normale ist das voll funktionsfähige menschliche Leben, Behinderte sind die, die das nicht schaffen. Also stehen sie unter einem Minus als Vorzeichen.
Diese Vorstellung war vielleicht immer schon da, aber sie hat in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen. Paradoxerweise haben gerade die beachtlichen Fortschritte bei der Rehabilitation der Behinderten mit dazu beigetragen. Viele Rehabilitationsmaßnahmen sind auf medizinisch feststellbare Schädigungen und auf funktionale Ausfälle konzentriert. Diese Konzentration wird begünstigt durch ein immer stärker naturwissenschaftlich geprägtes Bild vom Menschen, das nur seine biologischen und psychosomatischen Funktionsabläufe wahrnimmt. Dadurch bekommen die biologischen Defizite ein Übergewicht. Mit den Möglichkeiten der genetischen Diagnostik hat sich dieser Blickwinkel weiter verstärkt. Man kann heute bereits im 8-Zell-Stadium, also wenige Stunden nach der Befruchtung einer Eizelle, über 600 genetische Defekte diagnostizieren.
Statt immer nur das zu sehen, was Behinderte nicht können, brauchen wir einen Blick auf ihre Fähigkeiten. Jeder von uns hat Fehler. Jeder von uns ist in bestimmten Bereichen unterdurchschnittlich. Aber unser Selbstwertgefühl, unser Selbstverständnis beruht nicht auf unseren Mängeln, sondern auf dem, was wir können, was wir zu leisten imstande sind. Die reine Defizit-Sicht von Behinderung muss einem anderen Verständnis Platz machen. Danach ist Behinderung nicht die gestörte Funktionsfähigkeit eines Menschen, sondern das Ergebnis einer erschwerten, unter Umständen gestörten sozialen Beziehung zwischen einer organisch versehrten Person und ihrer Umwelt. Erst dieser gestörte Alltagsumgang macht den Benachteiligten zum Behinderten. In diesem Sinn sieht zum Beispiel die Weltgesundheitsorganisation (WHO) Behinderung durch das Zusammenwirkung von drei Faktoren verursacht: durch eine anatomische Schädigung (impairment), durch verschiedene Funktionsbeeinträchtigungen infolge dieser Schädigungen (disabilities) und der Benachteiligung im Alltag (handicap). Oftmals sind es die in ihren Folgen überhaupt nicht beabsichtigten Rückmeldungen und Reaktionen der »Nichtbehinderten« auf Behinderte, die dessen »Anormalität« als unverarbeitete Fremdheitserfahrung oder gar als fundamentale Bedrohung ihres Selbstwertes erleben. Zugespitzt formuliert: Behindert wird man nicht allein durch eine Beeinträchtigung, sondern durch eine behinderte Gesellschaft, die nicht in der Lage ist, mit dem Anderssein von Mitmenschen umzugehen, die ihnen neben der eh schon vorhandenen Beschädigung auch noch den Stempel »behindert« aufzwingt. Ist das nur eine einmalige Entgleisung, wenn eine Fernsehmoderatorin Behinderte als »hoffnungslos hässliche Menschen« und »menschliche Naturkatastrophe« bezeichnet? Das ist Zeichen einer Kulturkatastrophe.
Statt behinderte Menschen immer nur in der Perspektive ihres Unvermögens zu sehen, gilt es die Augen zu öffnen für ihre Fähigkeiten. Wer Behinderung mit Leiden gleichsetzt, der übersieht viel Lebensfreude, viel Charakterstärke in der Art, wie Betroffene Einschränkungen ins eigene Leben integrieren. Im Atelier der Lebenshilfe Frankfurt arbeiten 18 geistig behinderte Maler und Bildhauer. Nicht ihre Behinderung weckt ihre Kreativität, sondern ihre Begabung. Selbstwertgefühl und Selbstverständnis beruhen nicht auf unseren Defiziten, sondern auf unseren Fähigkeiten und Möglichkeiten.
Behinderte Gesellschaft
Es geht hier nicht darum, das Leben von und mit behinderten Menschen schönzureden. Es gibt unter ihnen Verzweifelte, die lieber tot sein wollen, als dass sie leben. Sie können ihr Leben nicht annehmen, weil sie selber von ihrer Umwelt nicht angenommen sind. Genau das macht ihre eigentliche Behinderung aus; genau das können wir ändern, wenn wir es ändern wollen. Nicht körperliche oder geistige Beeinträchtigungen als solche, sondern deren soziale Folgen, die Reaktion der anderen lassen behinderte Menschen in erster Linie an ihrem Leben verzweifeln.
Ein in seiner eigenen Familie betroffener Journalist schrieb vor einiger Zeit (in »Die Zeit«): »Vor drei Jahren kam meine Tochter Karolina auf die Welt - Karolina hat das Down-Syndrom ... Mit diesem Problem mussten wir zunächst lernen umzugehen. Konfrontiert wurden wir auch mit den Reaktionen der Umwelt. Häufige Fragen von Bekannten und Freunden: Konntet ihr das nicht verhindern? Ehrlich, ich weiß nicht, wie wir entschieden hätten, wäre uns der Befund vor der Geburt bekannt gewesen. Mit meinem heutigen Wissen würde ich mich klar gegen eine Abtreibung eines Kindes mit Trisomie 21 aussprechen. Karolina, ein dreijähriges, glückliches Mädchen mit Down-Syndrom, meine Tochter: lieb, laut, lustig. Ihr kleines Leben ist nicht die Hölle - auch wenn es unwissende Zeitgenossen nicht glauben mögen. Die Hölle ist, wenn Ärzte in den Kliniken nicht in der Lage sind, geschockte Eltern eines neugeborenen behinderten Babys einfühlsam aufzuklären. Die Hölle ist, wenn die Menschen auf der Straße nur glotzen, sich nicht trauen zu fragen. Unwissenheit, Ignoranz und Intoleranz sind es, die ein Leben mit Behinderung zur Hölle machen können.«
»Einer trage des anderen Last«
Behinderte haben ihren Mitmenschen viel zu sagen: >Merkt ihr nicht<, sagen sie, >wie behindert ihr seid: behindert durch eure Vorstellung, ihr dürftet von niemandem abhängig sein, ihr müsstet alles selbst in den Griff bekommen und unter Kontrolle haben ...< Wir vermeintlich Unbehinderten sind auf die Behinderten angewiesen, um die eigenen Grenzen zu entdecken und dazu zu stehen. Je mehr jemand mit seinen eigenen Behinderungen und Einschränkungen fertig wird, wird er auch ein Gespür für den Umgang mit behinderten Menschen bekommen.
Der evangelische Pfarrer Ulrich Bach, seit dem 23. Lebensjahr an den Rollstuhl gefesselt, sagt: »Eine Gemeinde ohne Behinderte ist eine behinderte Gemeinde.« Sie hat nicht begriffen, was sie nach Gottes Willen in dieser Welt sein soll: Nicht nur eine Gemeinde von gesunden, glaubensstarken und belastbaren Leuten, die sich einsetzen für die Armen, Schwachen und Behinderten. Sie soll vielmehr eine Gemeinschaft von Menschen sein, von denen keiner ganz schwach und keiner ganz stark ist, keiner nur behindert und keiner ganz unbehindert; eine Gemeinschaft von Menschen, die Jesus an seinem Tisch zusammengebracht hat und beieinander hält, damit sie sich mit ihren Stärken und Schwächen ergänzen, einer die Last des anderen trägt, mit der Schulter, die er gerade frei hat. »Was wir können und was wir nicht können, das alles gehört uns gemeinsam. Und für uns miteinander wird's schon reichen.« Wo dieser Geist herrscht, da lernen Eltern, ein behindertes Kind anzunehmen.
Aus: Franz Kamphaus, Um Gottes willen - Leben. Einsprüche. Mit einem Vorwort von heinz-Günther Stobbe. Herder Verlag, Freibrg Basel Wien 2004.
Frühlingslied
Sie haben dir viel erzählet,
Und haben viel geklagt;
Doch was meine Seele gequälet,
Das haben sie nicht gesagt.
Sie machten ein großes Wesen
Und schüttelten kläglich das Haupt;
Sie nannten mich den Bösen,
Und du hast alles geglaubt.
Jedoch das Allerschlimmste,
Das haben sie nicht gewußt;
Das Schlimmste und das Dümmste,
Das trug ich geheim in der Brust.
Heinrich Heine, Fünf Frühlingslieder: III, in: ders., Sämtliche Gedichte in zeitlicher folge, hrsg. K. Briegleb, Frankfurt und Leipzig: Insel 2005, S. 105.
Die Stimmen
Titelblatt:
Die Reichen und Glücklichen haben gut schweigen,
niemand will wissen was sie sind.
Aber die Dürftigen müssen sich zeigen,
müssen sagen: ich bin blind
oder: ich bin im Begriff es zu werden
oder: es geht mir nicht gut auf Erden
oder: ich habe ein krankes Kind
oder: da bin ich zusammengefügt …
Und vielleicht, dass das gar nicht genügt.
Und weil alle sonst, wie an Dingen,
an ihnen vorbeigehn, müssen sie singen.
Und da hört man noch guten Gesang.
Freilich die Menschen sind seltsam; sie hören
lieber Kastraten in Knabenchören.
Aber Gott selber kommt und bleibt lang
Wenn ihn d i e s e Beschnittenen stören.
Das Lied des Aussätzigen:
Sieh ich bin einer, den alles verlassen hat.
Keiner weiß in der Stadt von mir,
Aussatz hat mich befallen.
Und ich schlage mein Klapperwerk,
klopfe mein trauriges Augenmerk
in die Ohren allen
die nahe vorübergehn.
Und die es hölzern hören, sehn
erst gar nicht her, und was hier geschehn
wollen sie nicht erfahren.
Soweit der Klang meiner Klapper reicht
bin ich zuhause; aber vielleicht
machst du meine Klapper so laut,
daß sich keiner in meine Ferne traut
der mir jetzt aus der Nähe weicht.
So daß ich sehr lange gehen kann
Ohne Mädchen, Frau oder Mann
Oder Kind zu entdecken.
Tiere will ich nicht schrecken
Rainer Maria Rilke, Die Stimmen. Neun Blätter mit einem Titelblatt (Das Buch der Bilder), in: Die Gedichte, itb 2246, Frankfurt und Leipzig: Insel 1998, S. 393 u. 401,
Reines Herz
Das reine Herz ist das einfältige Herz des Kindes, das nicht weiß um Gut und Böse, das Herz Adams vor dem Fall, das Herz, in dem nicht das Gewissen, sondern Jesus Wille herrscht. . .
Das reine Herz ist rein von Gut und Böse, es gehört ganz und ungeteilt Christus an, es sieht allein auf ihn, der vorangeht. Gott schauen wird allein der, der in diesem Leben allein auf Jesus Christus gesehen hat, den Sohn Gottes.
Dietrich Bonhoeffer, Nachfolge (1937), DBW 4, München: Kaiser 1989, S. 106f.
Wir haben Gottes Spuren festgestellt
Wir haben Gottes Spuren festgestellt
auf unsern Menschenstraßen,
Liebe und Wärme in der kalten Welt,
Hoffnung, die wir fast vergaßen.
Zeichen und Wunder sahen wir geschehn
in längst vergangnen Tagen,
Gott wird auch unsre Wege gehn,
uns durch das Leben tragen.
Blühende Bäume haben wir gesehn,
wo niemand sie vermutet,
Sklaven, die durch das Wasser gehn,
das die Herren überflutet.
Zeichen und Wunder sahen wir geschehn
in längst vergangnen Tagen,
Gott wird auch unsre Wege gehn,
uns durch das Leben tragen.
Bettler und Lahme sahen wir beim Tanz,
hörten, wie Stumme sprachen,
durch tote Fensterhöhlen kam ein Glanz,
Strahlen, die die Nacht durchbrachen.
Zeichen und Wunder sahen wir geschehn
in längst vergangnen Tagen,
Gott wird auch unsre Wege gehn,
uns durch das Leben tragen.
Diethard Zils (1981) nach dem französischen Nous avons vu les pas de notre dieu von Michael Scouarnec (1973), in: EG 648.
Reinheit
Reinheit ist eine nur schwach bestimmte semantische Form, die erst im Gebrauch Bedeutung gewinnt: "Sauber", "bloß", "unvermischt", "sündenfrei", "keusch", "geistig" sind daher weniger Synonyme von "rein" als zentrale Bedeutungen, die das Wort in unterschiedlichen Kontexten der Geistesgeschichte angenommen hat … In Theologie und Ontologie hat die Reinheit dazu beigetragen, das Bild eines unsinnlichen Jenseits und eines von allem Sinnlichen abgesonderten Schöpfers oder Prinzips hervorzubringen. In der Ethik hat die Reinheit die Vorstellung eines von der sinnlichen Welt verschiedenen Inneren mitgestaltet, das durch Fehlverhalten beschmutzt werden kann und das es rein zu halten gilt … Schon in dieser groben Übersicht wird deutlich, dass Reinheit zumeist Differenzmetaphorik ist: Rein wird genannt, was so zunächst und zumeist nicht ist. Daher gehört zur Metaphorik der Reinheit das Streben nach ihr: Reinigung (griech. katharsis, lat. purgatio). In dieser Position kommt der Reinheit ein normatives Potential zu, das in hohem Maße orientierungs- und im weiteren kulturstiftend gewirkt hat.
Dirk Mende, Art. Reinheit, in: R. Konersmann, Wörterbuch der philosophischen Metaphern , Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 2007, S. 292.
Hans Hütter (2000)