Die biblischen Lesungen wurden mit freundlicher Genehmigung der Ständigen Kommission für die Herausgabe der gemeinsamen liturgischen Bücher im deutschen Sprachgebiet den Lektionaren 2018 ff entnommen. - © 2024 staeko.net. - vgl. Impressum.
Die Katholischen Bibelwerke in Deutschland, Österreich und Schweiz stellen auf ihren Webseiten ausführliche Kommentare und Anleitungen zum Lesen der biblischen Lesungen für Sonn- und Feiertage zum Download im PDF-Format zur Verfügung. Mit freundlicher Genehmigung der Katholischen Bibelwerke übernehmen wir die Kurzeinleitungen zu den Lesungen.
Predigten vom 30. Jun. 2024 - 13. Sonntag im Jahreskreis (B)
02. Mär. 2025
8. Sonntag im Jahreskreis (C)
23. Feb. 2025
7. Sonntag im Jahreskreis (C)
16. Feb. 2025
6. Sonntag im Jahreskreis (C)
09. Feb. 2025
5. Sonntag im Jahreskreis (C)
02. Feb. 2025
2. Februar: Darstellung des Herrn (Fest)
26. Jan. 2025
3. Sonntag im Jahreskreis (C)
19. Jan. 2025
2. Sonntag im Jahreskreis (C)
12. Jan. 2025
Taufe des Herrn (C)
06. Jan. 2025
Erscheinung des Herrn, Dreikönig (A/B/C)
05. Jan. 2025
2. Sonntag nach Weihnachten (A/B/C)
01. Jan. 2025
Neujahr - Fest der Gottesmutter Maria (A/B/C)
31. Dez. 2024
31. Dezember: Jahresschluss (Sonst.)
29. Dez. 2024
Fest der hl. Familie (C)
26. Dez. 2024
26. Dezember: hl. Stephanus (Fest)
25. Dez. 2024
Weihnachten, am Tag (A/B/C)
25. Dez. 2024
Weihnachten, am Morgen (A/B/C)
24. Dez. 2024
Weihnachten, in der Nacht (A/B/C)
24. Dez. 2024
Weihnachten, am Vorabend (A/B/C)
22. Dez. 2024
4. Adventsonntag (C)
15. Dez. 2024
3. Adventsonntag (C)
08. Dez. 2024
2. Adventsonntag (C)
08. Dez. 2024
8. Dezember: Mariä Empfängnis (Fest)
01. Dez. 2024
1. Adventsonntag (C)
24. Nov. 2024
Christkönigsonntag (B)
17. Nov. 2024
33. Sonntag im Jahreskreis (B)
10. Nov. 2024
32. Sonntag im Jahreskreis (B)
03. Nov. 2024
31. Sonntag im Jahreskreis (B)
02. Nov. 2024
2. November: Allerseelen (A/B/C)
01. Nov. 2024
1. November: Allerheiligen (A/B/C)
27. Okt. 2024
30. Sonntag im Jahreskreis (B)
20. Okt. 2024
29. Sonntag im Jahreskreis (B)
13. Okt. 2024
28. Sonntag im Jahreskreis (B)
06. Okt. 2024
27. Sonntag im Jahreskreis (B)
29. Sep. 2024
26. Sonntag im Jahreskreis (B)
22. Sep. 2024
25. Sonntag im Jahreskreis (B)
15. Sep. 2024
24. Sonntag im Jahreskreis (B)
14. Sep. 2024
14. September: Kreuzerhöhung (Fest)
08. Sep. 2024
8. September: Mariä Geburt (Fest)
08. Sep. 2024
23. Sonntag im Jahreskreis (B)
01. Sep. 2024
22. Sonntag im Jahreskreis (B)
01. Sep. 2024
Erntedank - Schöpfungszeit (Sonst.)
25. Aug. 2024
21. Sonntag im Jahreskreis (B)
18. Aug. 2024
20. Sonntag im Jahreskreis (B)
15. Aug. 2024
15. August: Mariä Himmelfahrt (Fest)
11. Aug. 2024
19. Sonntag im Jahreskreis (B)
06. Aug. 2024
6. August: Verklärung des Herrn (Fest)
04. Aug. 2024
18. Sonntag im Jahreskreis (B)
28. Jul. 2024
17. Sonntag im Jahreskreis (B)
21. Jul. 2024
3. Sonntag im Juli: Heiligster Erlöser (Fest)
21. Jul. 2024
16. Sonntag im Jahreskreis (B)
14. Jul. 2024
15. Sonntag im Jahreskreis (B)
07. Jul. 2024
14. Sonntag im Jahreskreis (B)
30. Jun. 2024
13. Sonntag im Jahreskreis (B)
Einführungen zu den Gottesdienstlesungen - Ltg 0
1. Lesung - Weish 1,13-15; 2,23-24
Lesung aus dem Buch der Weisheit.
Gott hat den Tod nicht gemacht
und hat keine Freude am Untergang der Lebenden.
Zum Dasein hat er alles geschaffen
und heilbringend sind die Geschöpfe der Welt.
Kein Gift des Verderbens ist in ihnen,
das Reich der Unterwelt hat keine Macht auf der Erde;
denn die Gerechtigkeit ist unsterblich.
Gott hat den Menschen zur Unvergänglichkeit erschaffen
und ihn zum Bild seines eigenen Wesens gemacht.
Doch durch den Neid des Teufels kam der Tod in die Welt
und ihn erfahren alle, die ihm angehören.
Die atl. Lesung stammt aus dem Buch der Weisheit, einem der jüngsten Bücher des Alten Testamentes. Die Weisheit ist als Mittlerin zwischen Gott und Menschen zu sehen. Ihr 'Gegenspieler' ist der endgültige Tod, vermittelt durch das personifizierte Böse, den Teufel. Das Buch der Weisheit ringt mit den Fragen: Wie wird Gott in der Welt erkannt? Was steht seiner Erkenntnis, was seinem Wirken entgegen?
Die weisheitliche Lesung, allerdings gestückelt, wurde passend zum Evangelium ausgewählt. Gott wird als Schöpfer vorgestellt, der das Leben will und den Menschen „zum Bild seines eigenen Wesens gemacht“ hat – also unsterblich. Darin begründet ist, dass Gott den Tod nicht gemacht hat.
Zur weisheitlichen Erfahrung jedoch gehört auch, den Tod wahrzunehmen. Er wird auf den Teufel zurückgeführt. Sein Beweggrund: Neid. Jedoch: nur die, die dem Teufel angehören, erfahren den Tod. Diese weisheitliche Sicht auf den Tod trennt allerdings Sterben und Tod.
Der schroffe Dualismus von Gott und Teufel, Leben und Tod ist schon in der biblischen Überlieferung hinterfragt worden. Über die Verbindung von Neid und Tod wird sich Kluges sagen lassen. Unbehaglich ist, den Teufel in einer so starken Position zu sehen, die ihn zu einem Antipoden Gottes macht. Der Focus wird daher auch in der Lesung auf dem Schöpferwillen Gottes ruhen müssen. Von besonderer Bedeutung ist die weisheitliche Auslegung von Gen 1,27.
Das Buch der Weisheit ist das jüngste Buch des AT. Es entstand 80-30 v.Chr. in Alexandria, dem Zentrum hellenistischer Kultur und Wissenschaft. Der Autor verbindet jüdische Tradition mit griechischer Weisheit. Er wirbt bei den Juden in der Diaspora für die Weisheit, die Gott seinem Volk geschenkt hat. Wer sich auf sie einlässt, kann sein Leben gut bewältigen. Die personifizierte Weisheit ist Bild des menschenfreundlichen und barmherzigen Gottes. Das Buch war eine Trostschrift für die Juden, die in der Fremde in ihrem Glauben verunsichert waren. So kann es auch für den heutigen Menschen, der nach Orientierung sucht in einer orientierungslosen Zeit, Wegweiser zum wahren Leben sein.
Die Lesung spricht tröstlich vom Willen Gottes: Gott hat den Tod nicht geschaffen; er hatte nur das Heil aller Geschöpfe im Sinn. Gewalt und Tod werden auf den "Neid des Teufels" zurückgeführt, ein Motiv, das auf griechische Vorstellungen zurückgeht. Es wird betont, dass Gott den Menschen zum Glück und zur Unsterblichkeit berufen hat. Gott selbst stellt den Menschen vor die Entscheidung, den Weg des Todes oder den des Lebens zu wählen (vgl. Dtn 30,15-20). Tod meint hier den "geistigen Tod", nämlich Unglück und Verderben, das der Mensch selbst bewirken kann. Leben meint das Dasein aus Gott, der das Heil aller Menschen will.
Gott hat auch uns zu einem erfüllten Leben bestimmt. Das meint nicht ein Leben in anhaltendem Glücksgefühl, sondern ein Leben aus der intensiven Beziehung zu mir selbst, zu Gott und zu meinen Mitmenschen heraus. Das beinhaltet Höhen und auch Tiefen des Lebens. Ob solches Lebendigsein gelingt, hängt auch von meinem Denken und Verhalten ab. Mich für den "Weg des Lebens" zu entscheiden, heißt Weitblick zu haben für mein Heil und das der anderen, Freiräume zu schaffen für die Entfaltung des Einzelnen und offen zu sein für Neues. "Entscheide dich für die Lebendigkeit!" - so könnte der Aufruf der Lesung an uns heute lauten.
Claudia Simonis-Hippel, in: Gottes Volk B 6/2006, Bernhard Krautter/Franz-Josef Ortkemper (Hg.), Verlag Katholisches Bibelwerk, Stuttgart 2006, S. 13-24.
Nur in der lateinischen Übersetzung trägt dieses Buch den Titel „Weisheit" – in der griechischen Bibel heißt es „Weisheit Salomos". Das Buch wird in die Zeit der jüdischen Diaspora in Ägypten datiert. Hinweise im 2. Kapitel sprechen für eine Entstehungszeit zwischen 80 und 30 v. Chr. Der Verfasser, ein gläubiger Jude, scheint hellenistisch gebildet zu sein. Er versteht es, sich in Griechisch klar und genau auszudrücken. Interessant ist, dass er keine Namen nennt, um die Allgemeingültigkeit der Weisheit hervorzuheben. Im Buch der Weisheit steht nicht Gott und sein Handeln, sondern der Mensch und sein Verhalten im Mittelpunkt.
Die Perikope des heutigen Sonntags spricht tröstlich vom Willen Gottes: Gott hat keine Freude am Untergang der Lebenden. Der Gläubige wird aufgerufen, auch in Leiden und Tod an Gottes Treue und Gerechtigkeit zu glauben. Gott hat den Menschen zum Glück und zur Unsterblichkeit berufen, durch sein Leben soll er heilbringend sein. Es liegt beim Menschen, ob er sich für den Weg des Todes oder den des Lebens entscheidet.
1. Lesung (erweitert) - Weish 1,13 - 2,9; 2,21-24
Lesung aus dem Buch der Weisheit.
Gott hat den Tod nicht gemacht
und hat keine Freude am Untergang der Lebenden.
Zum Dasein hat er alles geschaffen
und heilbringend sind die Geschöpfe der Welt.
Kein Gift des Verderbens ist in ihnen,
das Reich der Unterwelt hat keine Macht auf der Erde;
denn die Gerechtigkeit ist unsterblich.
Die Gottlosen aber
rufen den Tod mit Taten und Worten herbei
und sehnen sich nach ihm wie nach einem Freund;
sie schließen einen Bund mit ihm,
weil sie es verdienen, ihm zu gehören.
Sie tauschen ihre verkehrten Gedanken aus
und sagen:
Kurz und traurig ist unser Leben;
für das Ende des Menschen gibt es keine Heilung
und man kennt keinen, der aus der Unterwelt befreit.
Durch Zufall sind wir geworden
und danach werden wir sein,
als wären wir nie gewesen.
Rauch ist der Atem in unserer Nase
und das Denken ein Funke beim Schlag unseres Herzens;
verlöscht er, dann zerfällt der Leib zu Asche
und der Geist verweht wie dünne Luft.
Unser Name wird mit der Zeit vergessen,
niemand erinnert sich unserer Werke.
Unser Leben geht vorüber wie die Spur einer Wolke
und löst sich auf wie ein Nebel,
der von den Strahlen der Sonne verscheucht
und von ihrer Wärme zu Boden gedrückt wird.
Unsere Zeit geht vorüber wie ein Schatten,
unser Ende wiederholt sich nicht;
es ist versiegelt und keiner kommt zurück.
Auf, lasst uns die Güter des Lebens genießen
und die Schöpfung auskosten,
wie es der Jugend zusteht!
Erlesener Wein und Salböl sollen uns reichlich fließen,
keine Blume des Frühlings darf uns entgehen.
Bekränzen wir uns mit Rosen, ehe sie verwelken.
Keine Wiese bleibe unberührt von unserem Treiben,
überall wollen wir Zeichen der Fröhlichkeit zurücklassen;
denn dies ist unser Anteil und dies das Erbe.
Gott hat den Menschen zur Unvergänglichkeit erschaffen
und ihn zum Bild seines eigenen Wesens gemacht.
Doch durch den Neid des Teufels kam der Tod in die Welt
und ihn erfahren alle, die ihm angehören.
Antwortpsalm - Ps 30, 2. 4.5-6b. 6cd. 12a. 13b
Kv: Herr, du zogst mich herauf aus der Tiefe;
ich will dich rühmen in Ewigkeit. – Kv
Oder: GL 312,5
Ich will dich erheben, Herr, /
denn du zogst mich herauf *
und ließest nicht zu, dass meine Feinde sich über mich freuen.
Herr, du hast meine Seele heraufsteigen lassen aus der Totenwelt, *
hast mich am Leben erhalten, sodass ich nicht
in die Grube hinabstieg. – (Kv)
Singt und spielt dem Herrn, ihr seine Frommen, *
dankt im Gedenken seiner Heiligkeit!
Denn sein Zorn dauert nur einen Augenblick, *
doch seine Güte ein Leben lang. – (Kv)
Wenn man am Abend auch weint, *
am Morgen herrscht wieder Jubel.
Du hast mein Klagen in Tanzen verwandelt, *
Herr, mein Gott, ich will dir danken in Ewigkeit. – Kv
2. Lesung - 2 Kor 8,7. 9. 13-15
Lesung aus dem zweiten Brief des Apostels Paulus
an die Gemeinde in Korínth.
Schwestern und Brüder!
Wie ihr an allem reich seid,
an Glauben, Rede und Erkenntnis,
an jedem Eifer
und an der Liebe, die wir in euch begründet haben,
so sollt ihr euch auch an diesem Liebeswerk
mit reichlichen Spenden beteiligen.
Denn ihr kennt die Gnade unseres Herrn Jesus Christus:
Er, der reich war,
wurde euretwegen arm,
um euch durch seine Armut reich zu machen.
Es geht nicht darum,
dass ihr in Not geratet, indem ihr anderen helft;
es geht um einen Ausgleich.
Im Augenblick soll euer Überfluss ihrem Mangel abhelfen,
damit auch ihr Überfluss einmal eurem Mangel abhilft.
So soll ein Ausgleich entstehen,
wie es in der Schrift heißt:
Wer viel gesammelt hatte, hatte nicht zu viel,
und wer wenig, hatte nicht zu wenig.
Martin Stewen (2009)
Manfred Wussow (2006)
Claudia Simonis-Hippel (2006)
Reinhard Gruber (2000)
Paulus referiert über die Grundlagen seines apostolischen Dienstes. Einerseits sieht er eine Hierarchie in der Sukzession, andererseits sind alle Glieder dieser heiligen Ordnung aufeinander verwiesen. Ursprung und Fundament des apostolischen Dienstes aller Getauften ist das Osterereignis. Die liebende Hingabe Christi ist Vorbild, auch füreinander einzustehen, jeder nach seinen Möglichkeiten: "Die Liebe [caritas] Christi drängt uns" (2 Kor 5,14) - ein Mandat, das Glaubensvollzug auch heute noch wesentlich ausmachen soll.
In 2. Kor. haben wir sozusagen eine frühchristliche Spendenakquise vor uns. Paulus sammelt für die verarmte und bedrängte Gemeinde in Jerusalem eine Kollekte ein.
Der Apostel nennt die Korinther reich: an Glauben, Rede und Erkenntnis ... und wechselt das in Geld um: so sollt ihr euch auch an diesem Liebeswerk mit reichlichen Spenden beteiligen.
Tragend für seine Argumentation ist jedoch, dass Christus, "unser Herr" um „euretwegen“ (gemeint sind die Korinther) arm wurde, um „euch“ reich zu machen. Daraus leitet Paulus den Anspruch ab, geistlichen Reichtum auch materiell zu "teilen". Er nennt das Ausgleich.
In Korinth war eine heidenchristliche Gemeinde entstanden. Die Verbindung zu Jerusalem, der judenchristlichen Muttergemeinde, ist nur locker und im Bewusstsein einer aufstrebenden, aber auch streitbaren Gemeinde nicht präsent.
Zum ersten Mal erfahren wir von einer Sammlung, die unbekannten Mitchristen Solidarität erweist. Besonders wichtig ist, dass Paulus hier ein Bild von Kirche entwirft, das nicht von der Trennung der juden- und heidenchristlichen Gemeinden gezeichnet ist, sondern von der bleibenden Zugehörigkeit und Verantwortung. Dass die weitere Geschichte von Trennungen bestimmt werden könnte, hat Paulus wohl geahnt -. und auch für den finanziellen Ausgleich eine christologische Begründung gegeben.
Im 2. Brief an die Korinther (55/56 n.Chr.) ruft Paulus zu freigiebigem Spenden auf. Die Korinther hatten sich ein Jahr zuvor bereit erklärt, sich an einer Sammlung für die bedürftigen Christen in Jerusalem zu beteiligen. Wegen eines Zerwürfnisses mit Paulus kam es nicht dazu. Nun ermuntert Paulus die Korinther, ihr Versprechen einzulösen. Zunächst erinnert er sie an ihre reichen Gnadengaben, die sie eifrig einsetzen. Genauso großzügig sollen sie auch mit ihren irdischen Gütern umgehen. Dann zieht Paulus an Hand der Stichworte "arm" und "reich" eine Verbindung zur Christologie. Was das rechte Maß der Hilfe betrifft, so sollen die Korinther nicht belastet werden, damit andere sich einen guten Tag machen können. Vielmehr soll es zu einem geschwisterlichen Ausgleich kommen. Zur Zeit haben die Korinther mehr irdische Güter als die Christen in Jerusalem. Paulus setzt aber voraus, dass auch die Korinther Hilfe von den anderen erfahren, wenn sie in Not geraten. Zur Veranschaulichung der "Gleichheit" nennt Paulus ein Beispiel aus dem AT. Bei der Mannaspeisung (Ex 16,18) gab Gott jedem das für den momentanen Bedarf Erforderliche.
Wie geht es uns, wenn heute ein Spenden- oder Kollektenaufruf an uns ergeht? Geben wir Almosen von unserem Überfluss, um unser schlechtes Gewissen zu beruhigen? Oder lassen wir uns von der Not anderer berühren und teilen aus dieser Betroffenheit heraus mit ihnen? Das Fernsehen bringt heute die Not der Welt in unsere Wohnzimmer. Bilder von Naturkatastrophen, die Leben und Existenzgrundlage vieler Menschen zerstören, lassen unsere eigenen Sorgen plötzlich sehr klein erscheinen. So ist der Aufruf des Paulus, vom eigenen Reichtum abzugeben, auch an uns gerichtet. Aber nicht nur materielle Hilfe ist von uns gefordert. Menschen in unserer nahen Umgebung brauchen auch unsere persönliche Unterstützung. Bei Krankheit, Einsamkeit und Krisen anderer ist oft der Einsatz anderer Gaben gefragt: Zuhören, Anteilnehmen, Mutmachen und konkrete Hilfen. Wenn wir unsere Zeit und Zuwendung mit diesen Menschen teilen, ist das auch im Sinne den Paulus. Aber zugleich erinnert er uns an das rechte Maß: geben ja, aber uns nicht verausgaben. Diese Mahnung gilt besonders für jene von uns, die gerne für andere da sind und sorgen, aber darüber oft ihre eigenen Bedürfnisse vergessen. Gerade ihnen macht Paulus Mut, in eigener Not von anderen dankbar Hilfe anzunehmen. Nur so kann es zu einem geschwisterlichen Ausgleich kommen. Dann kann ein Stückweit wahr werden, was im Alten Testament bei der Mannaspeisung so anschaulich beschrieben wird: Jeder hatte soviel, wie er zum Leben brauchte.
Claudia Simonis-Hippel, in: Gottes Volk B 6/2006, Bernhard Krautter/Franz-Josef Ortkemper (Hg.), Verlag Katholisches Bibelwerk, Stuttgart 2006, S. 13-24.
Der zweite Brief an die Korinther des Apostels Paulus ist von der wechselvollen Geschichte der Gemeinde in Korinth bestimmt. Seit der Abfassung des ersten Briefes war einige Zeit verstrichen und die Geschichte der korinthische Gemeinde nahm einen wechselvollen Verlauf.
Drei Hauptthemen bestimmen diesen Brief: Das Apostelamt des Paulus, die Kollekte für die Armen (heutige Perikope) und die Auseinandersetzung mit seinen Gegnern. Der zweite Korintherbrief gibt uns bedeutsame Informationen über das Verständnis des paulinischen Apostelamtes und enthält auch wichtige Aussagen über die Beziehungen zwischen Amt und Gemeinde.
Im Textabschnitt für den heutigen Sonntag geht es schlicht und einfach ums Geld. Paulus bezeichnet es aber als „Liebeswerk", das die Kluft zwischen Armen und Reichen ausgleichen soll. Das Geben von Geld, die Unterstützung von Armen, schafft geschwisterliche Gemeinschaft. Der Geber wird Gott, dem Spender alles Guten, ähnlich und der Empfangende, Christus, der selbst arm wurde. Schenkende Liebe ist das Wesen Gottes.
2. Lesung (ungekürzt) - 2 Kor 8,7-15
Lesung aus dem zweiten Brief des Apostels Paulus
an die Gemeinde in Korínth.
Schwestern und Brüder!
Wie ihr an allem reich seid,
an Glauben, Rede und Erkenntnis,
an jedem Eifer
und an der Liebe, die wir in euch begründet haben,
so sollt ihr euch auch an diesem Liebeswerk
mit reichlichen Spenden beteiligen.
Ich meine das nicht als strenge Weisung,
aber ich gebe euch Gelegenheit,
angesichts des Eifers anderer
auch eure Liebe als echt zu erweisen.
Denn ihr kennt die Gnade unseres Herrn Jesus Christus:
Er, der reich war,
wurde euretwegen arm,
um euch durch seine Armut reich zu machen.
Ich gebe euch nur einen Rat, der euch helfen soll;
ihr habt ja schon voriges Jahr angefangen,
etwas zu unternehmen, und zwar aus eigenem Wollen.
Jetzt sollt ihr das Begonnene zu Ende führen,
damit das Ergebnis dem guten Willen entspricht
- je nach eurem Besitz.
Wenn nämlich der gute Wille da ist,
dann ist jeder willkommen mit dem, was er hat,
und man fragt nicht nach dem, was er nicht hat.
Es geht nicht darum,
dass ihr in Not geratet, indem ihr anderen helft;
es geht um einen Ausgleich.
Im Augenblick soll euer Überfluss ihrem Mangel abhelfen,
damit auch ihr Überfluss einmal eurem Mangel abhilft.
So soll ein Ausgleich entstehen,
wie es in der Schrift heißt:
Wer viel gesammelt hatte, hatte nicht zu viel,
und wer wenig, hatte nicht zu wenig.
Ruf vor dem Evangelium - 2 Tim 1,10
Halleluja. Halleluja.
Unser Retter Jesus Christus hat den Tod vernichtet
und uns das Licht des unvergänglichen Lebens gebracht durch das Evangelium,
Halleluja.
Evangelium - Mk 5,21-43
Aus dem heiligen Evangelium nach Markus.
In jener Zeit
fuhr Jesus im Boot
an das andere Ufer des Sees von Galiläa hinüber
und eine große Menschenmenge versammelte sich um ihn.
Während er noch am See war,
kam einer der Synagogenvorsteher namens Jaírus zu ihm.
Als er Jesus sah,
fiel er ihm zu Füßen
und flehte ihn um Hilfe an;
er sagte: Meine Tochter liegt im Sterben.
Komm und leg ihr die Hände auf,
damit sie geheilt wird und am Leben bleibt!
Da ging Jesus mit ihm.
Viele Menschen folgten ihm und drängten sich um ihn.
Darunter war eine Frau,
die schon zwölf Jahre an Blutfluss litt.
Sie war von vielen Ärzten behandelt worden
und hatte dabei sehr zu leiden;
ihr ganzes Vermögen hatte sie ausgegeben,
aber es hatte ihr nichts genutzt,
sondern ihr Zustand war immer schlimmer geworden.
Sie hatte von Jesus gehört.
Nun drängte sie sich in der Menge von hinten heran –
und berührte sein Gewand.
Denn sie sagte sich:
Wenn ich auch nur sein Gewand berühre,
werde ich geheilt.
Und sofort versiegte die Quelle des Blutes
und sie spürte in ihrem Leib,
dass sie von ihrem Leiden geheilt war.
Im selben Augenblick fühlte Jesus,
dass eine Kraft von ihm ausströmte,
und er wandte sich in dem Gedränge um
und fragte: Wer hat mein Gewand berührt?
Seine Jünger sagten zu ihm:
Du siehst doch, wie sich die Leute um dich drängen,
und da fragst du: Wer hat mich berührt?
Er blickte umher, um zu sehen, wer es getan hatte.
Da kam die Frau,
zitternd vor Furcht,
weil sie wusste, was mit ihr geschehen war;
sie fiel vor ihm nieder
und sagte ihm die ganze Wahrheit.
Er aber sagte zu ihr: Meine Tochter,
dein Glaube hat dich gerettet.
Geh in Frieden!
Du sollst von deinem Leiden geheilt sein.
Während Jesus noch redete,
kamen Leute,
die zum Haus des Synagogenvorstehers gehörten,
und sagten zu Jairus: Deine Tochter ist gestorben.
Warum bemühst du den Meister noch länger?
Jesus, der diese Worte gehört hatte,
sagte zu dem Synagogenvorsteher: Fürchte dich nicht!
Glaube nur!
Und er ließ keinen mitkommen
außer Petrus, Jakobus und Johannes,
den Bruder des Jakobus.
Sie gingen zum Haus des Synagogenvorstehers.
Als Jesus den Tumult sah
und wie sie heftig weinten und klagten,
trat er ein
und sagte zu ihnen: Warum schreit und weint ihr?
Das Kind ist nicht gestorben,
es schläft nur.
Da lachten sie ihn aus.
Er aber warf alle hinaus
und nahm den Vater des Kindes und die Mutter
und die, die mit ihm waren,
und ging in den Raum, in dem das Kind lag.
Er fasste das Kind an der Hand
und sagte zu ihm: Talíta kum!,
das heißt übersetzt:
Mädchen, ich sage dir, steh auf!
Sofort stand das Mädchen auf
und ging umher.
Es war zwölf Jahre alt.
Die Leute waren ganz fassungslos vor Entsetzen.
Doch er schärfte ihnen ein,
niemand dürfe etwas davon erfahren;
dann sagte er,
man solle dem Mädchen etwas zu essen geben.
Martin Stewen (2009)
Manfred Wussow (2006)
Claudia Simonis-Hippel (2006)
Reinhard Gruber (2000)
Die Langversion der Evangeliumsperikope umfasst zwei ineinander komponierte Wundergeschichten: Mk 5,21-24. 35-43 beschreibt die Auferweckung der Tochter des Jaïrus und in diese Geschichte verwoben findet sich der Bericht von der Heilung der blutflüssigen Frau (Mk 5,25-34). Beide Geschichten bieten eine Fülle an Auslegungsmaterial, das hier nicht diskutiert werden kann.
Die Erzählungen verdeutlichen die Aussageabsicht des Evangelisten: Der Gottessohn ist Herr über die Grenzen der menschlichen Existenz, sogar noch über den Tod. Voraussetzung, dass der Mensch dies erfahren kann, ist der Glaube - er allein hilft, Mauern zu überspringen. Um dies noch eindrücklich hervorzuheben, wird der Glaube der Protagonisten in beiden Geschichten kontrastiert mit dem Unverständnis der Anderen: Bei der Heilung der Frau sind es sogar Jesu Jünger, die nicht verstehen, was vor sich gegangen ist (Vers 31); vor der Erweckung des Mädchens versuchen die Menschen, Jaïrus von Jesus abzuhalten (Vers 35).
Zwei Erzählungen sind in einer kunstvoll gestalteten Komposition verbunden: die Heilung der "blutflüssigen" Frau (ständige Menstruation) und der Totenauferweckung der Tochter des Synagogenvorstehers Jairus. Zahlreich sind auch die Entsprechungen und Querverweise: beide sind weiblich, die eine zwölf Jahre krank, die andere 12 Jahre alt, ärztliche Hilfe ohne Erfolg oder ohnehin zu spät – und beide werden als "Tochter" bezeichnet: die jüngere im wörtlich-genealogischen Sinn, die ältere im soteriologisch-übertragenen Sinn. Die Heilung bzw. Auferweckung erfolgt zwar durch Berührung, passiv und aktiv, aber von entscheidender Bedeutung ist der Glaube (VV 34.36, vgl. 16,16). Beide werden durch Jesus "gerettet", aber beide sind keineswegs nur Empfänger!
Der Wunderzyklus 4,35-5,43 ist eine Antwort auf die in 4,41 gestellte Frage: "Wer ist dieser?"
In den ältesten christlichen Textzeugnissen spielen Wunder keine Rolle. Erst Markus entfaltet sein Evangelium mit den Zeichen, die die "Fülle der Zeit" und das gekommene Reich Gottes (1,15) offenbaren.
Die Volksmenge allerdings kommt über die Kulisse nicht hinaus. Beide Erzählungen sind intim gestaltet. Das in Vers 43 formulierte, für Markus typische Schweigegebot, kontrastiert das Entsetzen der "Leute". Sosehr Wunder für Gottes Reich stehen, so wenig eignen sie sich für Massenerscheinungen. Markus stellt Innenräume vor, in denen Zeichen Gottes Gegenwart erfahrbar machen. Es ist der Glaube, der wahrnimmt, bittet und bezeugt.
Der Name Jairus ist programmatisch. Je nach hebr. Lesart "Gott wird erstrahlen" / "Gott wird erwecken" wird das Ziel der Geschichte, die Epiphanie Gottes, im Zeichen der Auferstehung angedeutet.
Traditionsgeschichtlich ist auf die Elija-Elischa-Überlieferung zu verweisen (1 Kön 17,17-24; 2 Kön. 4,8-37), die bei Markus christologisch überboten wird: Jesus ist mehr als ein Prophet. Er vertritt in beiden Geschichten Gott selbst.
Wer mehr wissen möchte, findet eine gute Hilfe unter:
www.perikopen.de/Lesejahr_B/13_iJ_B_Mk5_21-43_Schumacher
Heutige Leser oder Hörerinnen tun sich mit solch plastischen Wundergeschichten oft schwer. Denn als Tatsachenberichte sind sie nach unserem heutigen Realitätsverständnis unglaublich: Eine Heilung durch die Berührung der Kleidung Jesu erscheint uns als magische Handlung. Und die Wiederbelebung eines Leichnams und die Rückkehr ins irdische Leben widerspricht völlig unserer Erfahrung. Aber solange wir in der Tatsachenfrage stecken bleiben, kann uns die tiefere Bedeutung des Textes nicht erreichen.
Dabei kann diese Erzählung uns heute auf verschiedenen Ebenen ansprechen. Literarisch betrachtet handelt es sich hier um zwei ursprünglich selbständige Wundergeschichten. Sie wurden nachträglich "verschachtelt", so dass die Auferweckung den Rahmen und den Höhepunkt des Ganzen bildet. Beide Erzählungen enthalten typische Motive von Heilungswundererzählungen und zielen auf den Glauben der Zuhörer. Das Evangelium führt uns auf zweierlei Weise einen Glauben vor Augen, der Berührungstabus bricht und der Gott alles zutraut, auch den Sieg über den Tod.
Auch von Thema und Struktur des inneren Prozesses her gehören die beiden Erzählungen zusammen. Die blutflüssige Frau wird beschrieben als jemand, dessen Lebenskraft sinnlos und fruchtlos verströmt. Wie viele andere Frauen - auch heute - sieht diese Frau ihre Lebensaufgabe darin, sich für andere zu verausgaben. Über diesem einseitigen Geben vernachlässigt sie, sich selbst das zu nehmen, was sie braucht und ihr zusteht. Erst als sie ganz am Ende ihrer Lebenskraft ist und Jesus begegnet, hat sie den Mut, für sich selbst zu sorgen: An diesem Wendepunkt ihres Lebens besitzt sie sogar die Kühnheit, ein Tabu zu brechen und als "Unreine" Jesus zu berühren. Das macht uns heute Mut, uns selbst zu nehmen, was wir für ein erfülltes Leben brauchen.
Das zwölfjährige Mädchen verliert schon alles Leben, bevor ihr Leben als Erwachsene überhaupt richtig beginnt. Die Schilderung ihres Vaters lässt ahnen, dass er sein "Töchterlein" klein und abhängig halten will. Übertriebene Fürsorge ist aber nicht hilfreich, sondern wirkt erdrückend. Häufig verlangen solche Eltern als Gegenleistung, dass das Kind, für das sie ja alles geben, sein eigenes Leben aufgibt. Ganz anders geht Jesus mit dem Mädchen um: Allen Totenklagen zum Trotz traut er ihr ein eigenes Leben zu, nimmt sie an der Hand, so dass sie aufstehen und auf eigenen Füßen stehen kann. Dieses Verhalten Jesu zeigt uns, wie auch wir auf lebendig machende Weise miteinander umgehen können.
Für Frauen hat der ganze Bibeltext noch einmal eine besondere Relevanz: Es geht hier auch um die Frage, wie Frau-Werden und Frau-Sein gelingen kann.
Claudia Simonis-Hippel, in: Gottes Volk B 6/2006, Bernhard Krautter/Franz-Josef Ortkemper (Hg.), Verlag Katholisches Bibelwerk, Stuttgart 2006, S. 13-24.
Nach alter kirchlicher Überlieferung gilt der hl. Markus als Verfasser des ältesten der drei Evangelien. Als Verfassungsort gilt Rom, das Entstehungsdatum ist gegen 70 n. Chr. Markus sammelte Geschichten über Jesus, vor allem Wundererzählungen und ordnete diese Stoffe zeitlich und sachlich, um sie zu einem Ganzen zu vereinen.
Gott hat durch Jesus seinen Willen offenbart: Die Menschen zu retten. Jesus ist der verheißene Messias und durch sein Wirken ist die Zeit der Gnade gekommen. Jesus überwindet das Unheil, die Herrschaft des Bösen, vergibt Sünden und predigt das Reich Gottes. Die bedrängten ersten Christen will der Verfasser durch seine Botschaft ermuntern, diesem Jesus - dem Messias - auch in Verfolgung und Leid treu zu bleiben.
Im heutigen Evangelium sind zwei Wundererzählungen miteinander verknüpft: die Heilung der blutflüssigen Frau und die Auferweckung des toten Mädchens. Markus berichtet, dass Jesus Macht über Krankheit und sogar über den Tod hat. Diese Eigenschaft Jesu macht ihn faszinierend und erschreckend für die Menschen seiner Zeit. Ob die Menschen, die dabei waren, durch diese Geschehnisse zum Glauben gefunden haben wird uns nicht mitgeteilt. Doch den Vater des gestorbenen Mädchens hat Jesus zum Glauben an das Unmögliche ermutigt.
Evangelium (Kurzfassung) - Mk 5,21-24; 35b-43
Aus dem heiligen Evangelium nach Markus.
In jener Zeit
fuhr Jesus im Boot
an das andere Ufer des Sees von Galiläa hinüber
und eine große Menschenmenge versammelte sich um ihn.
Während er noch am See war,
kam einer der Synagogenvorsteher namens Jaírus zu ihm.
Als er Jesus sah,
fiel er ihm zu Füßen
und flehte ihn um Hilfe an;
er sagte: Meine Tochter liegt im Sterben.
Komm und leg ihr die Hände auf,
damit sie geheilt wird und am Leben bleibt!
Da ging Jesus mit ihm.
Viele Menschen folgten ihm und drängten sich um ihn.
Unterwegs kamen Leute,
die zum Haus des Synagogenvorstehers gehörten,
und sagten zu Jairus: Deine Tochter ist gestorben.
Warum bemühst du den Meister noch länger?
Jesus, der diese Worte gehört hatte,
sagte zu dem Synagogenvorsteher: Fürchte dich nicht!
Glaube nur!
Und er ließ keinen mitkommen
außer Petrus, Jakobus und Johannes,
den Bruder des Jakobus.
Sie gingen zum Haus des Synagogenvorstehers.
Als Jesus den Tumult sah
und wie sie heftig weinten und klagten,
trat er ein
und sagte zu ihnen: Warum schreit und weint ihr?
Das Kind ist nicht gestorben,
es schläft nur.
Da lachten sie ihn aus.
Er aber warf alle hinaus
und nahm den Vater des Kindes und die Mutter
und die, die mit ihm waren,
und ging in den Raum, in dem das Kind lag.
Er fasste das Kind an der Hand
und sagte zu ihm: Talíta kum!,
das heißt übersetzt:
Mädchen, ich sage dir, steh auf!
Sofort stand das Mädchen auf
und ging umher.
Es war zwölf Jahre alt.
Die Leute waren ganz fassungslos vor Entsetzen.
Doch er schärfte ihnen ein,
niemand dürfe etwas davon erfahren;
dann sagte er,
man solle dem Mädchen etwas zu essen geben.
Es gibt Zukunft!
Ein Mädchen stirbt
Ein zwölfjähriges Mädchen stirbt. Krank? Unfall? Nicht einmal den Namen kennen wir. Nur den Nachnamen: Jairus. Auf deutsch: Gott wird erstrahlen, Gott wird auferwecken. Ob das mehr ist als eine Andeutung? Nomen est Omen!
Wenn ein Kind stirbt, gerät die Welt aus den Fugen. Viele Kinder sterben. Das Lebensalter „Zwölf“ steht im Übrigen für das Ende der Kindheit. Es gibt keine Zukunft!
Oft denke ich darüber nach. Als ich meinen Zivildienst machte, verbrachte ich 1 ½ Jahre in einer Kinderklinik. Ein richtig großes Haus mit vielen Stationen. Dass Kinder krank, schwer krank sein können, wusste ich. Theoretisch. Ich habe dann viele Situationen erlebt, in denen ein kleines Leben erlosch.
Einmal kam er Junge zu uns auf die Station und verabschiedete sich. Es habe keinen Sinn mehr, weiter Medikamente zu nehmen und die Schmerzen zu ertragen. Er hatte Leukämie. Ein paar Tage später war er tot. Seinen Namen habe ich vergessen, aber seinen Handschlag spüre ich immer noch in meiner Hand.
Am Abend sehe ich die Nachrichten. Jeden Tag kommen Menschen um. Es werden Zahlen genannt. Gelegentlich mit dem Nachsatz, die Angaben hätten nicht unabhängig überprüft werden können. Wenn alle Namen genannt würden, genannt werden könnten … nein, Menschen verschwinden in Zahlen. Auch die Kinder. Dabei sind sie die Schwächsten, die Kleinsten, die Wehrlosesten.
Wenn ein Kind stirbt, gerät die Welt aus den Fugen. Viele Kinder sterben. Das Lebensalter „Zwölf“ steht im Übrigen für das Ende der Kindheit. Es gibt keine Zukunft!
Wer ist Jesus?
Im Evangelium lesen wir heute: Es ist nicht Zwölf. Auch nicht kurz davor. Die Apokalypse ist abgesagt. Zwölf – das ist ein Neuanfang!
Markus, der als erster Evangelist die Geschichte Jesu aufgeschrieben hat, steht auch ganz im Bann der Frage: Wer ist Jesus? Die Frage der Leute steht auch im Raum. Wer ist Jesus? Unsere Frage ist das auch: Wer ist Jesus?
Markus erzählt dann, Geschichte an Geschichte gereiht, Wort für Wort, eine Geschichte, die in der Auferweckung Jesu zu ihrem ersten Ziel kommt. Jesus verkündigt das Reich Gottes, den Anbruch einer neuen Zeit – mit einem Wort: Zukunft. Zukunft, das ist das – was auf uns zukommt. Wir planen Zukunft zwar, aber machen können wir sie nicht – eher verspielen.
Klaus Peter Hertzsch hat 1989 ein Lied geschrieben. In der dritten Strophe können wir mitsingen:
Vertraut den neuen Wegen,
auf die uns Gott gesandt!
Er selbst kommt uns entgegen.
Die Zukunft ist sein Land.
Wer aufbricht, der kann hoffen
in Zeit und Ewigkeit.
Die Tore stehen offen.
Das Land ist hell und weit
Was passiert heute?
Herr Jairus, Vorsteher einer Synagogengemeinde am See Genezareth, kommt zu Jesus. Seine Tochter liegt im Sterben. 12 Jahre alt. Ob Jesus helfen kann? Sein Vertrauen ist ganz einfach: Du musst doch nur deine Hand auf sie legen! Nur deine Hand! Und Jesus sagt zu ihm: Fürchte dich nicht, glaube nur! Glaube nur!
Zu Hause angekommen: Das Mädchen ist tot. Wir hören die Trauer. Nach orientalischem Brauch - laut, herzzerreißend. Ein großes Wehklagen. Es ist sogar von einem Tumult die Rede. Ob Übertreibung oder nicht – es ist eine schreckliche Geschichte. Markus erzählt, dass Jesus ins Haus geht, Markus erzählt auch, dass er die Klageweiber hinauswirft (so wird man das wohl übersetzen müssen) – und einen Satz sagt, der sogar in der Originalsprache Jesu überliefert ist: Talita kum! Steh auf! Ein seltener Originalton!
Dass die Leute von den Socken sind, aber nichts sagen sollen, ist typisch Markus. Nach dem tieferen Sinn will ich jetzt nicht fragen. Ich brauche auch noch Zeit, mich mit dieser Geschichte anzufreunden.
Eltern, die ein Kind verlieren, Großeltern ein Enkelkind - sie wünschten sich nichts so sehr wie dieses „Steh auf!“
Menschen, die mit Bomben leben müssen und ihre Kinder von jetzt auf gleich verlieren - sie brauchten nichts so sehr wie dieses „Steh auf!“
Gibt es einen Menschen, der es Jesus gleichtun könnte? Talita kum. Steh auf!?
Hört auf!
Das Massensterben von Menschen wird von Menschen betrieben, gerechtfertigt und beschwiegen. Für die Sinnlosigkeit gibt es keine Worte. Da heißt „Talita kum“ – Hör auf! Hört auf! Steh auf!
Kinder werden krank. Manchmal kommen sie schon krank auf die Welt. Je nachdem, wo sie geboren werden, ist ihre Lebenserwartung gering. Da heißt „Talita kum“ – Helft! Steh auf!
Es ist nicht leicht, über den Tod zu reden, noch weniger, über den Tod eines Kindes. Eltern können sich in Schweigen flüchten, sich in ihrem Leid verschließen. Während das Leben weitergeht, Menschen auch funktionieren müssen, die anderen Kinder nicht vernachlässigt werden dürfen, ist da eine Wunde, die nicht heilen will. Viele Dinge werden zu Reliquien – Erinnerungen an ein verlorenes Leben. Erinnerungen an verlorene Zukunft. So manche liebgemeinte Äußerung von Dritten tut weh. Nicht für alle trauernden Eltern (und Geschwister) gibt es Hilfe.
Darf ich von der Beerdigung eines Mädchens erzählen? Sie wird auch so um die Zwölf gewesen sein. Irgendwann hat sie, haben die Eltern die Diagnose bekommen. Krebs. Ärzte haben um ihr Leben gekämpft. Etwas mehr als zwei Jahre hat der Kampf gedauert. Bis er verloren war. Das Mädchen hatte ihren eigenen Weg gefunden, damit umzugehen. Sie wusste auch, dass sie sterben wird. Aber sie war fröhlich. So, als wenn sie den Tod hat auslachen wollen.
Bei der Beerdigung haben wir dieses Evangelium gelesen. Von Jairus und seiner zwölfjährigen Tochter. Von Jesus und seinem „Talita kum“. Ein wenig von dem Entsetzen haben wir alle gespürt. Auch die Sprachlosigkeit. Aber merkwürdigerweise kam ein großer Frieden – ich kann es nicht besser beschreiben – in die Trauergemeinde. Wir haben für alle Kinder gebetet, die krank und verloren sind. Wir haben für die Ärzte, Krankenschwestern und Pflegekräfte gebetet. Für alle trauernden Eltern und Großeltern. Auch für die Kinder, die Terror und Krieg nicht überleben. Dann haben wir die Taufkerze angezündet. Sie wurde voran getragen. Ein Licht in der Dunkelheit.
Beim Trauergespräch spielte das Evangelium eine viel größere Rolle als ich dachte. Die Eltern sind zu Jesus gelaufen. Sie erzählten von ihren Hoffnungen: Du brauchst doch nur… Der Satz Jesu: „Fürchte dich nicht, glaube nur“ war dann wie ein Wink ins Freie.
Der Tod kann den Glauben nicht brechen – der Glaube bricht den Tod.
Ich weiß manchmal nicht, was ich sagen kann. Noch weniger, was ich sagen darf. Es ist ein Geschenk, wenn Menschen gemeinsam in einer schwierigen Situation entdecken, was Glaube ist. Für ihn gibt es keine Erklärungen. Ängste und Zweifel dürfen dann sein.
Die letzten Worte des Evangeliums können so stehen bleiben:
Die Leute waren ganz fassungslos vor Entsetzen.
Doch er schärfte ihnen ein,
niemand dürfe etwas davon erfahren;
dann sagte er,
man solle dem Mädchen etwas zu essen geben.
Wenn ein Kind stirbt, gerät die Welt aus den Fugen. Viele Kinder sterben. Das Lebensalter „Zwölf“ steht im Übrigen für den neuen Anfang. Es gibt Zukunft!
Und der Friede Gottes,
der höher ist als unsere Vernunft,
bewahre unsere Herzen und Sinne
in Christus Jesus,
unserem Herrn.
Rettender Glaube
Weiterleben nach dem Tod?
Immer wieder wird der Glaube an ein Weiterleben nach dem Tod anzweifelt, als Illusion dargestellt oder auch hartnäckig geleugnet. Bei manchen Gelegenheiten wird uns aber auch bewusst, dass der Mensch auf Transzendenz angelegt ist, der Glaube an ein Weiterleben nach dem Tod als sinnvoll erscheint.
Das kommt auch in der ersten Lesung zum Ausdruck. Das feiern wir zu Ostern und auch jeden Sonntag. Das Reich des Todes hat keine Macht mehr. „Tod, wo ist dein Stachel, Hölle, wo ist dein Sieg?“ (1 Kor 15,54).
Der Beginn des Buches der Weisheit spricht von Gerechtigkeit. Eine Form der Gerechtigkeit bekommen wir alle zu spüren, weil der Tod alle gesellschaftlichen Schichten trifft und in diesem Punkt alle Menschen gleich sind. Es ist Teil der Weisheit, das Leben auf die Vergänglichkeit auszurichten. Im jugendlichen Alter wirkt dieser Gedanke meist fern. Wenn ein Mensch sehr alt wird und stirbt, sagt man, er ist lebenssatt. Damit ist gemeint, dass er im Leben Sinn erfahren und bereits in diesem Leben ein Leben in Fülle geführt hat.
Solidariät
In der zweiten Lesung gibt der Apostel Paulus konkrete Hinweies zum Umgang mit irdischen Gütern. Im Zuge einer Spendensammlung für die verarmte Gemeinde in Jerusalem wirbt er darum, das Liebesgebot in eine konkrete Tat umzusetzen. Er nennt keine feste Regel, wie hoch eine Spende sein soll, sondern jeder soll so viel geben, wie er leicht entbehren kann, ohne selbst in die Armutsfalle zu geraten. Wie in der ersten Lesung kommt auch hier die Gerechtigkeit zur Sprache. Es geht um Verteilungsgerechtigkeit und Solidarität.
Beide Lesungen sind ein Ansporn, den eigenen Lebensstil zu überdenken: was brauche ich, wo ist Hilfe notwendend.
Von der Not berührt
Notwendend ist auch das Stichwort zum Evangelium. Eine Frau leidet an Blutfluss. Sie sucht Hilfe bei den Ärzten, gibt ihr ganzes Vermögen aus, um wieder gesund zu werden, alles vergeblich… Eine Situation, wie wir sie auch heute kennen. Die Gesundheit ist oft unwiederbringlich, Leben kann nicht mehr weitergegeben werden, vielleicht noch schlimmer: der Tod klopft an… Auch Wunderheiler helfen nicht.
Nach heutigem Verständnis ist die Berührung von Jesu Gewand eine Form von Magie. Berührung heißt: Es rührt mich etwas an, es lässt mich nicht kalt. Inwiefern hat die Berührung des Gewandes mit Glauben zu tun? Leibliche und seelische Sorgen lassen sich nicht immer trennen. Es gibt Zusammenhänge. Die Frau nimmt durch ihren Glauben Heil in Anspruch. Man könnte auch sagen, im Glauben selbst liegt bereits das Wunder.
Im Leben passieren oft Dinge fast gleichzeitig, da bricht die Nachricht vom Tod der Tochter des Synagogenvorstehers herein. Auch hier gilt der entscheidende Satz: „Dein Glaube hatdir geholfen.“ Heilung und Totenerweckung sind Zeichen des anbrechenden Reichs Gottes. Das ist schwer zu verstehen: „Die Leute waren fassungslos vor Entsetzen.“ (Mk 5,42). Mit dabei lediglich die Eltern und die „Säulen der Gemeinde“ Petrus, Jakobus, Johannes, von denen wir als Zeugen im Glauben auch im Galaterbrief hören und die auch bei der Verklärung des Herrn anwesend waren.
Bei manchen löst diese Evangelienerzählung Kopfschütteln, vielleicht auch Spott aus. Wir Menschen - natürlich auch Christen - wollen Argumente, die Sicherheit geben, feste Beweise. Schließlich soll der Glaube auch alltagstauglich sein. Vielleicht gehört auch Einsicht dazu, nicht alles zu verstehen. Neben dem gesicherten Wissen gibt es auch eine Heilsgewissheit. Gewissheiten - eine Vielzahl an Wissen - wie wir uns auch in anderen Bereichen des Lebens darauf verlassen: Ich weiß, das war so, das stimmt. - Kann das nicht auch für unseren Glauben gelten?
Wunder geschehn, ich hab’s gesehn…
Gibt es Wunder?
„Wunder geschehn“ heißt es in einem Lied der deutschen Sängerin Nena, vielleicht kennen Sie es. Können wir das heute tatsächlich glauben? Gibt es sie immer noch, diese Wunder, oder sind das alte Geschichten aus einer vergangenen Zeit, die nichts mehr mit unserem Leben zu tun haben?
Gleich zwei Wundergeschichten verknüpft der Evangelist Markus im heutigen Evangelium. Während Jesus unterwegs zum Haus des Synagogenvorstehers Jairus ist, um dessen kranke Tochter zu heilen, erfahren wir von einer Frau, die schon 12 Jahre lang an Blutungen leidet. Sie hat wohl von Jesus gehört und setzt ihr ganzes Vertrauen darauf, ihn oder wenigstens seine Kleidung zu berühren, um geheilt zu werden. Und so geschieht es auch: Jesus lässt sich von dieser Frau berühren und sofort spürt sie eine Veränderung. Jesus spürt ebenso, dass etwas Besonderes geschehen ist. Als sich die Frau zu erkennen gibt, entlässt er sie mit den Worten: "Dein Glaube hat dich gerettet."
Die Tochter des Jairus wird ebenfalls aufgrund des tiefen Glaubens ihres Vaters gerettet, Jesus erweckt sie vom Tod zu einem neuen Leben als junge Frau. Diejenigen, die das mitbekommen, freuen sich nicht, sondern sind fassungslos vor Entsetzen. Wer weiß, wie ich reagiert hätte, wäre ich dabei gewesen…
Markus verbindet die beiden Geschichten durch einige Stichworte: berühren, glauben, heilen bzw. retten und durch die Zahl 12, die anzeigt, dass Jesus für das ganze Volk Israel gekommen ist.
Jesus lässt sich berühren
Wesentlich ist für mich in den beiden Geschichten, dass Jesus sich berühren lässt. Er lässt sich auch heute berühren von Frauen, die sich ihr Leben lang verausgaben und aufopfern, denen die Energie fehlt, auch mal sich selbst etwas Gutes zu tun. Er lässt sich berühren von Frauen, mit denen die Kirche sich schwertut, weil diese Frauen ihre Stimme erheben, von ihren Berufungsgeschichten erzählen und nicht ernst genommen werden. Er lässt sich berühren von Jugendlichen, die an der Schwelle zum Erwachsenwerden manchmal wie tot sind, weil sich niemand richtig um sie kümmert, weil sie während der Pandemie keine Sozialkontakte hatten, weil sie in einem Flüchtlingslager leben, wo es keine Perspektive gibt. Es ist gut, dass Jesus sich berühren lässt.
Sich berühren lassen
Gleichzeitig muss auch ich mich berühren lassen und aufmerksam sein für die oft versteckte Not und das Leid anderer. Als Christin darf ich nicht wegschauen, sondern es ist meine Aufgabe, mich meinen Mitmenschen zuzuwenden. Zuwendung, Zuspruch und manchmal eine Berührung tun gut, wenn Menschen verzweifelt sind und das Gefühl haben, dass sie jetzt nur mehr ein Wunder retten kann. Wenn ich durch meinen Glauben mit Jesus verbunden bleibe, kann ich seine heilsame Nähe spürbar und für Menschen von heute erlebbar machen. Sakrament nennt die Kirche die Zeichen der spürbaren Nähe Gottes, doch er wirkt auch durch und Menschen, jetzt und hier.
So können wir mit Nena singen: Wunder geschehn, ich hab’s gesehn.
Aufbruch in eine neue Welt
Sich wundern können
Ich liebe Wundergeschichten. Eigentlich. Sie kommen aus einer anderen Welt. Naturgesetze gelten nicht, der Lauf der Dinge läuft nicht, es gibt auch keine Angst mehr. Alles ist so einfach. In der Regel genügt ein Wort. Vielleicht kommt noch ein kleines Zeichen dazu. Mehr muss nicht sein. Aber dann ist die Welt wieder in Ordnung. Eine Krankheit ist geheilt. Und als Krönung muss sogar der Tod seine Beute wieder hergeben. Das lässt sich auch nur in Wundergeschichten erzählen. Von Jesus werden solche Wundergeschichten erzählt. Wie heute. - Aber sieht so das Glück aus?
Vor vielen Jahrzehnten habe ich als Kriegsdienstverweigerer meinen Zivildienst in einem Kinderkrankenhaus abgeleistet. Es war eine schöne Zeit. 18 Monate. Viele Kinder wurden gesund. Auch ihre Krankheiten haben sie oft mit einer großen Leichtigkeit getragen. Auf der Station wurde viel gelacht. Aber die Zeit war nicht ungetrübt. Ich habe Kinder auch sterben sehen. Einmal kam ein Junge, 14 Jahre, verabschiedete sich und sagte, er würde die Medikamente nicht mehr nehmen. Es hätte keinen Sinn mehr. Er hatte Leukämie. Im Endstadium. Eine Woche später war er tot. Seinen Namen habe ich vergessen. Aber ich sehe ihn immer noch vor mir. Er hatte mit seinem Leben und seinem Sterben Frieden geschlossen.
Das kleine Mädchen, dessen Namen wir nicht kennen, war auch auf den Tod krank. Der Vater sucht Hilfe bei Jesus. Er ist der Vorsteher der jüdischen Gemeinde. Jairus heißt er. Der Leuchtende, Strahlende, Licht Verbreitende. Aber gerade passt der Name nicht zu ihm. Dunkle Schatten liegen über seinem Leben, über seinem Gesicht. Wir wissen auch, wie die Geschichte weitergeht. Wir hören die Totenklage, das Weinen, das Schluchzen. 12 Jahre ist das Mädchen alt geworden. Mit ihrem Lebensalter stand sie an der Schwelle. Zwischen Kindheit und Erwachsensein. Zukunft hat sie aber nicht. Jetzt nicht mehr.
Glauben entdecken
Markus, der die Geschichte erzählt, hat einen Spannungsbogen geschaffen. Jesus wird aufgehalten. Es ist von einer Menschenmenge die Rede. Es gibt kein Durchkommen, auch kein Entkommen. Zwischendrin hören wir die Geschichte von einer Frau, die seit 12 Jahren blutet, verblutet. Sie hat nur noch eine Chance. Die ergreift sei. Von der Berührung mit Jesus erhofft sie Heilung. Und der merkt das. Von ihm geht Kraft ab, ihr wächst die Kraft zu. Es ist, als ob ein Kreislauf geschlossen würde. Leben wird auf diese Weise geteilt. Abgegeben. In Empfang genommen. Dass in wenigen Worten auch Nähe beschrieben wird, die sich nicht nur der Menge verdankt, hat eigene wundervolle Seiten. Die Frau, die als „blutflüssig“ gilt und mit diesem Wort auch gebrandmarkt wird – also ständig unrein ist, ist mit Jesus eng verbunden. Ohne Absprache. Ohne Erlaubnis. Einfach so. Die Menge darf einmal dafür herhalten, einen Raum von Geborgenheit zu gewähren. Jesus sagt auch nur: Meine Tochter! Dein Glaube hat dir geholfen.
Jetzt ist es heraus: Es ist der Glaube, der Wunder schafft.
Viel zu spät kommt Jesus dann zu dem Synagogenvorsteher Jairus. Von weitem ist zu hören, was in der Zwischenzeit geschehen ist. Das Mädchen ist gestorben. Die Leute klagen laut. Ein riesiges Gejammere. Die Dämonen sollen verscheucht werden, bevor sie sich an der Seele des Kindes vergreifen. Ein archaischer Ritus. Es gibt ihn bis heute. Der Tod ist laut. So laut, dass Jesus nicht gehört, schon gar nicht verstanden wird. Das Mädchen soll nicht tot sein? Und ob – hier ist nichts mehr zu machen. Eigentlich muss Jesus nicht einmal mehr das Haus betreten. Und wenn, nur als Trauernder.
Talita kum. Mädchen, ist sage dir: steh auf! Sagt Jesus. Das Mädchen steht auf. Und die Leute entsetzen sich. Die Welt stimmt nicht mehr. Alles, was Menschen wissen, gerät aus den Fugen. Wo nur noch Vergangenheit war, ist auf einmal Zukunft. Das Mädchen tritt in ihr Leben.
Wie die junge Frau ihre Geschichte später erzählt hat, ihren Kindern, ihren Enkeln, wissen wir leider nicht. Auch nicht, wie alt sie geworden ist. Ihr Grab gibt es längst nicht mehr. Ewigkeit ist etwas anderes. Aber Jairus ist mit seinem Glauben nicht ins Leere gelaufen.
Das Alte bleibt nicht alt
Ich liebe Wundergeschichten. Immer noch. Sie provozieren. Was sich selbstverständlich gibt und eingespielt, stößt an Grenzen und verliert den Nimbus, unfehlbar zu sein. Symptome und Diagnosen stimmen auf einmal nicht mehr, fachmännische Urteile werden unsicher, Erfahrungen bekommen einen neuen Namen.
Die Frau, die sogenannte „blutflüssige“, hätte auch noch länger mit ihrer Krankheit leben können. Nach 12 Jahren ist alles eingespielt, vertraut und gefühlt geordnet. Aber die Erfahrung, unrein zu sein, den Tempel nicht betreten zu dürfen, von Menschen geächtet und gemieden zu werden, ist unerträglich. Die Frau verblutet von Tag zu Tag mehr in ihrem Umfeld. Sie gehört nicht dazu. Sie wird nie dazu gehören. Eine Fremde bleibt sie sogar in ihrem eigenen Leben. Die Berührung mit Jesus hebt sie aber auf. Er ist nicht unnahbar. Mehr, er lässt sich berühren, er lässt sich rühren. Er gibt seine Kraft ab. Das ist doch ein Wunder, das jeden Tag neu geschehen kann: wenn wir Menschen liebevoll annehmen, sie nicht auf Geschick und Krankheit festlegen, ihnen unsere Nähe schenken. Menschen leben dann auf. Sie können dann auch ihre Leiden annehmen und glücklich sein. Wunder sind größer als die vermeintlichen Ausnahmen, an die wir gerne denken, derer wir aber nicht Herr werden. Das größte Wunder ist die Liebe. Sie gibt dem Glauben seine Kraft.
Das Mädchen ohne Namen, Tochter des Jairus, steht auf. Zum Leben. Talita kum! Der Tod hat nicht das letzte Wort. Viele junge Menschen, ob 12 Jahre, jünger, älter, sind vom Tod nicht nur bedroht, sie leben Tag für Tag in seinem Angesicht. Sie sehen, dass das Leben eines Menschen nichts ist, wenn Hass und Gewalt zügellos frei gelassen werden. Leichen liegen am Weg. Wieviel Rohheit müssen kleine Seelen schon verschmerzen! Einige Bilder kennen wir, die meisten nicht. An vielen Orten wird die Jugend geopfert. Talita kum! ist ein Aufschrei. Komm daraus! Schnell! Schnell! Aber viele Grenzen sind dicht gemacht. Sie sollen noch undurchlässiger werden. Mit sprachlichen Mitteln werden Menschen zu Ungeheuern stilisiert. Mit sprachlichen Mitteln werden Ängste geschürt. Wir sollen oft nur die potentiellen Straftäter sehen. Aber nicht die Traumata. Das Reich des Todes frisst zuerst die Seelen, die keine Hoffnungen haben – leider auch unsere. Haben wir schon einmal überlegt, wie viele – junge - Menschen keine Zukunft haben? Verglichen mit dem Wunder, Menschen eine Zukunft zu geben, ist die Totenauferweckung des Mädchens schon fast ein Heimspiel Jesu. Entschuldigung, nicht einmal ein großes. Das größte Wunder ist die Liebe. Sie gibt dem Glauben seine Kraft.
Die Kraft, eine neue Welt zu sehen.
die Kraft, für eine neue Welt zu kämpfen,
die Kraft, es mit dem Tod aufzunehmen.
Die neue Welt
Ich liebe Wundergeschichten. Immer mehr. Sie kommen aus einer anderen Welt. Aber sie schaffen auch eine neue Welt. Naturgesetze gelten nicht, der Lauf der Dinge läuft nicht, es gibt auch keine Angst mehr. Alles ist so einfach. In der Regel genügt ein Wort. Vielleicht kommt noch ein kleines Zeichen dazu. Mehr muss nicht sein. Aber dann ist die Welt wieder in Ordnung. Sie wird geheilt. Und als Krönung muss sogar der Tod seine Beute wieder hergeben.
Toll! Tollkühn! Aus zwei Wundergeschichten wachsen ganz viele!
Und der Friede Gottes,
der höher ist als unsere Vernunft,
bewahre unsere Herzen und Sinne
in Christus Jesus,
unserem Herrn.
„Sei ohne Furcht! Glaube nur!“
Blut verlieren
Mutlos, besser voller Angst steht die Frau da, die Jesus im Gedränge erreichen will. Ihr Unterleibsleiden grenzt sie nach dem Gesetz vom Tempelbesuch aus. Doch sie konnte versuchen, Jeus anzusprechen oder ihn zu berühren. Ich vermute, dass sie im Leben viel Pech hatte: weil ihr die Umwelt, vielleicht wir Männer schlimm mitspielten; weil sie zu sich nie Ja sagen durfte als Frau; weil ihr Leben aus Komplexen, Angst und Neurosen bestand. Es fand ihre kranke Psyche in ihrem körperlichem Leiden den entsprechenden Ausdruck: sie verliert Blut, sie hat den Eindruck, dass ihr das Leben mitsamt allen Möglichkeiten zerrinnt. Kein Arzt konnte ihr helfen, auch wenn schon ihr Vermögen für sie ausgegeben hatte. Sollte da der junge Rabbi aus Nazareth helfen können? Die Frau glaubt daran entgegen jeder bisherigen Erfahrung. Sie sucht seine Nähe, berührt ihn, schließt sich an die Quelle an, aus der Jesus von seinem Vater her lebt und wird gesund.
Inniger Glaube.
In der Jairusgeschichte gefällt mir, wie intensiv dieser Mann und Vater glaubt. Dabei wird er verlacht: „Lass es doch, das Mädchen ist tot! Was willst Du noch?“ Dennoch der Synagogenvorsteher, wendet sich in vollem Glauben an Jesus. Der unterstützt seinen Glauben: „Sei ohne Furcht! Glaube nur!“ Ja, Jesus verlangt von ihm einen ganz großen Glauben, der vor nichts Halt macht, nicht einmal vor dem schmerzlichsten und aus menschlicher Sicht nicht rückgängig zu machenden Ereignis, dem Tod. Jesus verlangt zu glauben, dass Er das Leben ganz und in Fülle zurückgeben kann. „Sei ohne Furcht! Glaube nur!“ Jesus gibt mit dem Wort: Talita kum! dem Mädchen das Leben zurück. Markus übersetzt das aramäische Wort. „Mädchen, ich sage Dir, steh auf!“ Das Reich Gottes zeigt sich in Vollmacht. Da ist die Symbolik der Zahl zwölf: Die Frau war zwölf Jahre lang krank, das Mädchen ist zwölf Jahre alt. Die Zwölf steht für die Stämme Israels. Jesus ist zu Israel in seiner Gesamtheit als Retter gekommen.
„Sei ohne Furcht! Glaube nur!“
Auch unser Glaube kann in Krise geraten? Durch eine unerwartete Schwierigkeit, ein Ereignis, das unsere Pläne über den Haufen wirft, eine schwere Krankheit, eine schmerzliche Situation, durch Ängste und Enttäuschungen. Dabei sind wir schnell versucht, die Dinge nur menschlich zu betrachten und lösen zu wollen und nur zögerlich und halbherzig an Jesus zu glauben. Wir sind eingeladen, in diesem Moment nicht aufzuhören zu glauben. Vielleicht fehlt es unserm Glauben an Tiefe und Ausdauer und Inniigkeit. Man kann fragen: Lässt Gott oft schwierige Situationen zu, um unseren Glauben zu reinigen? Ob wir glauben, dass Seine Liebe für uns größer ist als unsere eigenen Vorstellungen und Pläne? Jesus lädt uns zu einem persönlichen Glauben ein, zu einer persönlichen Entscheidung für seine Liebe. Er ermuntert uns, das „Sei ohne Furcht! Glaube nur!“ zu leben.
Aufruf zur Solidarität
Reich an Glauben, Erkenntnis und Liebe
Paulus erinnert an dieser Stelle im zweiten Brief an die Korinther zuallererst an die Fülle des Reichtums, mit dem die Korintherinnen und Korinther beschenkt sind. Er spricht vom reich sein an Glauben, Rede und Erkenntnis, in jedem Eifer und an der Liebe, die wir in euch begründet haben. Oder in einer anderen Übersetzung ist zu lesen: „Aber wie ihr in allem reich seid, im Vertrauen und Wort, im Erkennen und großer Hingabe, in der Liebe, die ihr von uns bekommen habt und die unter euch lebt...“. Nachdem er den umfassenden Reichtum, die verschiedenen Aspekte des guten Lebens, benannt hat, bittet er um finanzielle Unterstützung der Schwestern und Brüder in Jerusalem.
Zuerst zur historischen wirtschaftlichen Situation von Korinth und Rom: Warum bittet er die Korintherinnen und Korinther um Geld? In der Gemeinde von Korinth gab es zu dieser Zeit Überfluss in vielerlei Hinsicht, eben auch in finanzieller. Letzteres lässt sich gut erklären, denn Korinth war eine blühende Handelsstadt. Das liegt an ihrer geografischen Lage. Korinth liegt am Isthmus, der Landenge zwischen Mittelgriechenland und der Halbinsel Peleponnes. Die Umschiffung der Südspitze des Peloponnes war damals noch sehr gefährlich, darum wurde der sechs Kilometer lange Landweg bevorzugt. Korinth profitierte vom Handelsverkehr über diesen wichtigen Verbindungsweg.
Eine solch privilegierte Lage hatte Jerusalem nicht. Weder war der steinige Untergrund für eine ergiebige Landwirtschaft geeignet, noch lag es an einer derartig prosperierenden Handelsstraße. Damit nun die christliche Gemeinde in Jerusalem trotzdem ihren Aufgaben nachkommen konnte, benötigte sie Geld und Paulus hatte es sich zur Aufgabe gemacht, mit einer Kollekte eben dafür zu sorgen. Soweit zur historischen Situation.
Auf zwei für uns heute interessante Aspekte dieser Bibelstelle werde ich nun eingehen: Was verstehen wir unter Reichtum oder anders gefragt, was braucht es für ein gutes Leben? Und zweitens: Wie steht es um die gerechte Verteilung von materiellem Reichtum, von Geld und damit von Lebenschancen?
Wer ist reich?
Zur ersten Frage: Wie sieht es heute mit dem Reichtums-Begriff aus? Eine hochaktuelle Debatte, denn die Diskussionen über das finanzielle Auskommen spitzt sich immer mehr zu. Uns wird gerne suggeriert, dass wir selbst verantwortlich für unser ökonomisches Überleben sind. Es wird uns eine Verantwortlichkeit zugeschrieben, ja zugemutet, die wir nur zum Teil haben. Denn wir hängen von den wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen ab, die wir nicht allein umgestalten können, die unsere Situation aber mitbestimmen. Hinter der geforderten Eigenverantwortlichkeit versteckt sich ein bedenkliches Menschenbild und außerdem wird sie für eine Entsolidarisierungswelle und den Abbau von sozialstaatlichen Leistungen genutzt. Aber eines nach dem anderen.
Zum Menschenbild: Unser Blick wird nicht auf das Miteinander, auf uns Menschen als Beziehungswesen gerichtet, sondern es wird ein fragwürdiges Menschenbild beschworen. Ein sehr einsames, jede und jeder steht für sich allein, ist seines eigenen Glückes Schmied oder Schmiedin. Jede und jeder muss sich daher nur an den eigenen Bedürfnissen ausrichten, beurteilt alles und auch die Nächsten nach dem Nutzen für sich selbst. Bei Entscheidungen ist genau das die Grundlage: Was bringt es mir, was nützt mir das? Der Eigenwert des anderen oder der Schöpfung wird außer Acht gelassen. Als Ideal wird eine völlige Unabhängigkeit - die gerne als Freiheit bezeichnet wird - angestrebt. Damit ist weiters das Versprechen verbunden, dass es dann eines Tages allen gut gehen wird, dass also auch für die schlechter Gestellten genügend „Brösel“ oder nennen wir es Reste, abfallen werden, sodass sie eines Tages gut leben können.
Wechselseitige Abhängigkeit
Statt des Kreisens um sich selbst, des ausschließlichen Bewertens nach der Nützlichkeit für mich selbst, ist es wichtig, das Miteinander zu betonen und zu fördern. Wir sind und bleiben voneinander abhängig, nicht nur weil die Umweltzerstörung, die Ausbeutung von Ressourcen letztlich uns alle trifft, sondern ganz grundlegend weil wir Beziehungswesen sind. Wir leben alle von der Zuwendung und Gastfreundschaft anderer und vom Sorgen des Umunsherum. Das ist uns je nach Lebenssituation mehr oder weniger bewusst. Wenn alles gut läuft, nehmen wir uns weniger als abhängig, als bedürftig, wahr. Gerne wollen, sollen oder eben müssen wir für uns selbst sorgen, unabhängig sein, so hoffen wir zumindest. Ein Unabhängig-Sein, das Freiheit vorgaukelt, die aber eine sehr einsame überfordernde Freiheit ist. Menschsein braucht das Angesprochen-sein durch die anderen, das in Beziehung-sein, das gegenseitige Vertrauen. Für ein gutes Leben, ein Leben in Fülle als Mensch braucht es die oder den Nächsten.
Gerechter Ausgleich
Nun zur zweiten Frage nach den materiellen Bedürfnissen, den Lebensmitteln und wie viel wir brauchen. Diese wird im letzten Vers dieser Lesung aufgegriffen. Der Vers ist ein Zitat aus dem Alten Testament, aus der Exodus-Erzählung. Die Israelitinnen und Israeliten waren ausgezogen aus Ägypten und in der Wüste unterwegs, sie litten Hunger und murrten deshalb. „Jetzt sind wir ausgezogen mit der Hoffnung auf ein besseres Leben. Wurden von den Ägyptern verfolgt, und nun sollen wir verhungern“, so beschweren sie sich. Gott erhört ihr Murren, abends kommen Wachteln geflogen und morgens finden sie Manna. Die Aufforderung Gottes lautet, so viel zu sammeln wie sie zum Leben brauchen. Es heißt weiter, dass die Vielsammler keinen Überfluss und die Wenigsammler keinen Mangel hatten. Es wurde für Ausgleich gesorgt - wie auch immer das geschah -, damit niemand in Not gerät, weder die, die geben noch die, die nehmen, die also Unterstützung brauchen.
Paulus geht auf den Ausgleich zwischen denen, die auf die Butterseite, wie es schön heißt, gefallen sind, und jenen, die es schlecht erwischt haben, ein. Dieser Ausgleich geschieht nicht von selbst, damals nicht und heute nicht. Es braucht einerseits den individuellen Beitrag, aber genauso die Solidargemeinschaft, die gestärkt werden muss z. B. in Form des Wohlfahrtsstaates. Die Neiddebatte wird vermutlich auch damals in Korinth geführt worden sein. Vielleicht wurde genauso diskutiert, wessen Bedürfnisse berechtigt sind und wessen Bedürfnisse nicht.
Wie gelingt Gerechtigkeit?
Die Antwort, dass jeder und jede nur so viel bekommen soll, wie er schon vorher beigetragen hat, entspricht jedenfalls nicht der biblischen Idee. Sie verkürzt das menschliche Miteinander auf finanzielle Handelsbeziehungen, auf eine Einnahmen- und Ausgabenrechnung. Im Zuge dieser Neid-Diskussion wird die Solidargemeinschaft ausgehöhlt, der Wohlfahrtsstaat in Frage gestellt. Es geht um Schuldzuweisungen, um Entsolidarisierung und nicht mehr um einen notwendenden Ausgleich im Rahmen der Solidargemeinschaft. Vorgeschlagene Maßnahmen laufen unter dem Titel „Reformen“. Wobei sich das Versprechen von Reformen aufs Erste vielversprechend anhört, es lässt Positives vermuten. Aber bei jeder Reform ist zu prüfen: Wer profitiert davon und wer bleibt auf der Strecke? Was bedeutet sie für das Miteinander? Danach sind Reformen zu bewerten.
Neben der gerechten Verteilung von materiellen Gütern, ist es wichtig, dass wir uns bewusst werden, dass wir vom Umunsherum abhängig sind. Gutes Miteinander ist Basis unserer Demokratie und wenn Menschen unter Generalverdacht gestellt, wenn Institutionen, die für Ausgleich sorgen, in Frage gestellt werden oder verdächtigt werden, ist es wieder Zeit, wie Paulus uns auffordert, den Blick auf die Gaben der Fülle zu richten, die nicht erkauft werden können. Eine Fülle, die Basis für unser gutes Miteinander und Basis für eine gelungene Demokratie sind.
© Mag.a Lucia Göbesberger, Leiterin der Abteilung Gesellschaft & Theologie im Pastoralamt der Diözese Linz.
Christus ist uns immer nahe
Trauer, Schmerz und Klagen
Wer könnte den guten Synagogenvorsteher nicht verstehen? Das Schlimmste, das Eltern wohl passieren kann, ist eingetreten: Die Tochter, noch nicht einmal zwölf Jahre alt, ist stirbt. Wer schon einmal trauernden Eltern begegnet ist, hat das „Weinen“ und „Jammern“ sicherlich noch im Ohr. Es zerreißt auch einem Außenstehenden fast das Herz.
Ob Jairus Jesus gekannt oder nur von ihm gehört hat, wissen wir nicht. Auch nicht, ob er mehr zu seinen Gegnern oder seinen Sympathisanten gehört. Er ist aber an einem Punkt angekommen, an dem das auch keine Rolle mehr spielt. Seine Not ist so groß, dass sich der besorgte Vater an Jesus wendet. Jesus geht mit ihm mit und schenkt den Eltern ihre Tochter zurück. Eine anrührende, aber für die heutige Zeit zugleich herausfordernde Szenerie.
Lassen Sie uns zunächst einen genaueren Blick auf dieses Geschehen werfen. Der Schmerz über den Verlust eines Verstorbenen darf nicht im Inneren verschlossen bleiben, er muss sich nach außen ausdrücken, sonst würde er auf Dauer den Hinterbliebenen innerlich krank machen. Insofern ist Trauer naturgemäß keine stille Trauer, sondern für alle vernehmbar. Um diese ganz persönliche emotionale Trauer aus Betroffenheit herum hat sich aber schnell auch ein kommerzielles Gewerbe gebildet mit Klageritualen, Klageliedern und den sogenannten Klageweibern. Eine solche rituelle Totenklage ist wohl beim größten Teil der Menschheit in der Antike üblich gewesen.
Zwischen Intimität und Öffentlichkeit
Um dem Mann zu helfen, nimmt Jesus allerdings nur die direkt Betroffenen sowie seine drei Begleiter - im jüdischen Recht muss jede Sache von zwei oder drei Zeugen bestätigt werden - mit. Die Begegnung mit Gott ist immer etwas zutiefst Persönliches und Intimes. Da hat die sensationslüsterne Öffentlichkeit des Boulevard nichts zu suchen. Dem gegenüber steht aber das persönliche Zeugnis des Menschen über Gottes Wirken in seinem Leben: dafür stehen die Begleiter, die Christus mitnimmt.
Heute werden sogenannte „Wunder“ gerne auf dem Boulevard der Öffentlichkeit zerredet und lächerlich gemacht. Oder mit einer gewissen Skepsis betrachtet: Hat Gott es wirklich nötig, Naturgesetze außer Kraft zu setzen, um seine Vollmacht zeigen zu können? Nicht wenige gläubige Menschen sagen, Gott höre ihnen gar nicht zu. Eine Klage, die ich als Pfarrer oft höre.
"Wunder" gibt es immer wieder...
Aber es gibt sie: „Wunder“. Nicht als spektakuläres Geschehen auf der Straße. Aber im persönlichen Gespräch und der Begegnung mit Menschen kann ich sie immer wieder entdecken:
Als junger Kaplan habe ich eine sehr kranke ältere Dame betreut. Trotz ihrer schweren Krankheit wollte sie unbedingt nach Lourdes fahren. Sie hatte die feste Überzeugung, die Gottesmutter würde sie heilen. Sie fuhr und mit großer Sorge betrat ich nach ihrer Rückkehr ihr Krankenzimmer. Sie war immer noch krank, aber mir begegnete ein fröhlicher und dem Leben wieder zugewandter Mensch. Die Begegnung mit den anderen kranken Menschen an diesem Ort hat sie innerlich verändert, so dass sie ihre Krankheit annehmen konnte.
Ich erinnere mich an (ehemalige) Jugendliche, denen ich Religionsunterricht gegeben habe. Sie alle hatten große Lebensträume, planten ihre Karrieren und Ihren Lebenslauf. In den Gottesdiensten und Andachten, die wir gefeiert haben, waren diese Wünsche an das Leben immer wieder Gegenstand der Fürbitten. Nicht wenige der Jugendlichen erzählten mir, dass sie vor Klassenarbeiten auch schon mal abends beten. Manchmal habe ich das Glück, den einen oder die andere nach Jahren wieder zu treffen. Natürlich spricht man darüber, was aus ihnen geworden ist und was sie gemacht haben: „Es hat sich nicht alles erfüllt, aber ich bin glücklich!“ Mancher ist im Nachhinein sogar froh, dass sich seine Lebensträume so nicht erfüllt haben: „Wenn ich wirklich diesen Weg gegangen wäre, wäre es nicht gut gegangen.“
Wunder bedeuten nicht, dass Gott immer meine Gebet 1:1 erhört und umsetzt. Aber er macht es so, dass es für mich gut ist. Das sind die eigentlichen Wunder: ein zufriedenes Leben, obwohl der Start als Kind oder Jugendlicher so schwierig war. Ein erfüllter Beruf, auch wenn es nicht der eigentliche „Traumjob“ ist. Innere Kraft und Stärke, um an bestimmten Punkten meines Lebens nicht zu zerbrechen oder aufzugeben.
Verschlossene Wege...
Aber es stimmt schon: manche Gebete werden nicht erhört, und manchmal ist sogar ein „Nein“ die Antwort auf meine Gebete. Der eine oder andere Weg Gottes bleibt mir verschlossen und ich blicke voller Unverständnis, Trauer oder auch Zorn auf Ereignisse meines Lebens zurück, weil ich das Gefühl habe: Gott hat mich im Stich gelassen. In solchen Fällen bleibt mir nichts weiter übrig, als das blinde Vertrauen: Du, Herr, liebst mich und wirst nichts tun, was mir schadet. Auch wenn ich es im Moment nicht verstehen kann und mich mit allen Fasern meines Lebens dagegen auflehne.
Christus ist uns immer nahe
Christus ist mir immer nahe: Der Christus, der mit Vollmacht heilt und Wunder bewirkt. Aber auch der Christus, der ohnmächtig und mit der unbeantworteten Frage: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ einsam am Kreuz stirbt. Und eben erst am Ostermorgen die Antwort auf seine Frage bekommt.
Als glaubende Menschen dürfen wir von so viel Gutem in unserem Leben Zeugnis geben: von Gottes Nähe und Liebe, seine Fürsorge um mich. Auch davon, dass er meine Gebet hört und auf sie eingeht. Zum Zeugnis gehört aber manchmal auch das „blinde“ Vertrauen auf Gottes Liebe, gerade dann, wenn ein scheinbares „Nein“ seine Antwort auf meine Gebet ist.
Gott ist ein Gott des Lebens
"...heilbringend sind die Geschöpfe der Welt"?
Als ich mich vorletzte Woche zum ersten Mal mit den Texten des heutigen Sonntages beschäftigte, dachte ich, zur Heilung der blutflüssigen Frau, zum Evangelium, meine Predigt zu halten. Sie, die mir mit ihrer Sehnsucht nach Heilwerden nahe gegangen ist. Und mit ihrem unerschütterlichen Vertrauen in die heilvolle Nähe von Jesus. Dann aber kam der Samstag vor einer Woche. Und die Meldung von der Amokfahrt des 26-jährigen in Graz. Der vor meiner ehemaligen Haustür und vor der Kirchentüre jener Pfarrei, in der ich tätig war, einen kleinen Jungen totgefahren hat, und zwei andere, und der über 30 Personen verletzt hat. Der alle Welt gezeigt hat, wie zerbrechlich unsere heile Welt ist.
Und da lese ich sie, die Worte der Weisheit, die wir in der (ersten) Lesung, die die Leseordnung unserer Kirche vorsieht, gehört haben: „Zum Dasein hat er alles geschaffen, und heilbringend sind die Geschöpfe der Welt“ (Weish 1,14). Und ich schreie zum Himmel: Herrgott, und was ist mit dem einen da? Der doch so viel Leid in die Welt gebracht hat?
Wie geht das zusammen mit dem Leid, das Menschen tagaus tagein einander zufügen? Aus welchen Gründen auch immer? Die sich alles andere als heilbringend verhalten? Die Unheil verursachen?
Und ich verfolge die Nachrichten und bekomme mit, wie viele Menschen vor Ort erste Hilfe leisten. Wie sehr die Politiker der Stadt und des Landes ihr Mitgefühl zeigen und den Blick lenken auf das, was in einer solchen Situation wichtig ist: Zusammenstehen und Trauer miteinander teilen. Wie viele Personen im Kriseninterventionsteam ehrenamtlich für andere da sind. Wie am selben Abend die Tür zur Stadtpfarrkirche offen ist und über 600 Menschen sich zum Gebet und zum Gedenken versammeln.
Auch wenn es widersprüchlich klingt: in all diesem Leid gibt es auch unglaublich Schönes und Wertvolles. Die Solidarität. Das Mitgefühl. Dass das Leid des einen dem anderen nicht egal ist. All das bringt Heil – inmitten allem Unheilvollen, das über einem hereingebrochen ist.
"Zur Unvergänglichkeit sind wir geschaffen"
Die gehörten Abschnitte aus dem Buch der Weisheit sprechen auch davon, dass durch den Neid des Teufels, des Widergöttlichen, des Widersachers, der Tod in die Welt gekommen ist. Es wäre zu kurz gegriffen und allzu einfach, zu behaupten, dass der Amokfahrer vom Teufel geritten wurde, dass er Werkzeug des Neides des Teufels war. Das ist nicht die Absicht des Textes. Er ruft uns vielmehr dazu auf, die Quelle unseres Seins nicht zu vergessen: Zur Unvergänglichkeit sind wir geschaffen. Wir sind Gottes Ebenbild. Er ruft uns auf, aus dieser Quelle zu leben und danach zu handeln. Wir wissen es, dass es uns nicht immer gelingt, dass es unsere Entschiedenheit braucht.
Jene, die böse handeln, werden Gott nicht finden. Gottes Wille aber ist das Heil der Schöpfung. Der Mensch ist Teil davon. Gott ist ein Gott des Lebens. Und der Mensch hat Anteil an seiner göttlichen Unvergänglichkeit. Im unvergänglichen Leben besteht die Gemeinsamkeit zwischen Gott und Mensch. Nur der gerechte Mensch, der sich dem Bösen widersetzt, wird die Unvergänglichkeit erlangen.
Nicht immer ist diese Entschiedenheit möglich. Manche Menschen leiden an Krankheiten. Manche Menschen stehen unter Medikamenteneinfluss oder anderen Einflüssen, denen sie ausgesetzt sind. Es steht uns nicht zu, darüber zu urteilen. Was wir aber können, ist, nie aus dem Blickfeld zu verlieren, wozu Gott uns berufen hat, einen jeden: Er hat uns zum Bild seines eigenen Wesens gemacht. Jeder Mensch ist sein Abbild. Das ist die von Gott geschenkte Würde, die einem jeden von Gott her zukommt. Egal, woher er kommt. Egal, was er tut. Es ist unsere Aufgabe, zu helfen, dass die Menschen sich dieser Würde für würdig erweisen können und gemäß dieser Würde zum Heil der Geschöpfe der Welt leben.
Die Lesung des heutigen Sonntages gibt uns den Horizont an, wohin wir blicken. Sie möchte in uns die Zuversicht wecken, dass alles in allem im Grunde gut ist. So, wie er es geschaffen hat. Dem Neid des Teufels zum Trotz. Um im Bild der Lesung zu sprechen. Auch wenn wir in unserem Leben manchmal anderes erfahren, ist das die zugrundeliegende Wahrheit. Vielleicht hilft uns doch auch die Lesung ein Stück weit zum „Heilwerden“.
Frau, ich sage dir, steh auf!
Frauenversteher
Männer handeln sich eine zweifelhafte Auszeichnung ein, wenn sie zum "Frauenversteher" erklärt werden. Frauen könne ein Mann grundsätzlich nicht verstehen und jeder Versuch von Männern, sich für Rechte und Anliegen von Frauen einzusetzen sei zum Scheitern verurteilt, behaupten zumindest eine Reihe von Kabarettisten. Wer es dennoch wagt, auf Ungleichbehandlung und fehlende Gleichberechtigung hinzuweisen, muss damit rechnen, (auch von Frauen) als Frauenversteher belächelt zu werden.
Einzelne starke Frauen in der Geschichte der Kirche können nicht darüber hinwegtäuschen, dass insgesamt Frauen in der Kirche wenig mitzureden und sich den tonangebenden Männern unterzuordnen hatte. Die Auseinandersetzung um die Rolle und um die Stellung der Frauen in der Kirche kann noch lange nicht als beendet betrachtet werden, auch wenn Päpste ein Ende der Debatte verordnet haben. Eine Organisation, die in den eigenen Kreisen keine Diskussion über die Stellung der Frauen zulässt, wird natürlich auch in der gesellschaftlichen Gender-Debatte - unter diesem Titel läuft die Diskussion um die Entstehung und um Möglichkeiten der Veränderung von Geschlechterrollen - nicht ernst genommen.
Jesus ein Frauenversteher?
Jesus fiel in seiner Zeit durch seinen ungewöhnlich anderen Umgang mit Frauen auf. Frauen gehörten zu seiner Gefolgschaft. Sie suchten seine Nähe, nicht nur kranke und leidende.
Die Erzählung von der Auferweckung der Tochter des Jairus und von der Heilung der an Blutungen leidenden Frau fällt im Reigen der vielen Heilungserzählungen durch die Sensibilität auf, mit der Jesus den beiden begegnet. Dass es darin um mehr geht als um irgend eine Heilung und um irgend eine Totenerweckung, macht die Zahl 12 deutlich. Mit 12 Jahren galt ein Mädchen als erwachsen, konnte verheiratet werden und hatte ab diesem Zeitpunkt die ganze Last des Frau-seins, wie es die damaligen gesellschaftlichen Verhältnisse erwarten ließen, zu tragen. Vor diesem Hintergrund bekommt das "Mädchen, ich sage dir, steh auf!" einen ganz anderen Klang. Jesus wendet sich ihr unter Ausschluss der sensationsgierigen Öffentlichkeit zu. Er ermutigt sie, ihr Frau-sein anzunehmen und sich dem Frau-werden zu stellen. Und ich finde es gut, dass er sich sowohl ihr als auch ihrer Familie gegenüber mit guten Ratschlägen, wie sie das nun am besten macht, zurückhält. Denn das Hineinwachsen in eine Geschlechterrolle, die Auseinandersetzung mit den gesellschaftlichen Erwartungen und die Veränderung der Geschlechterrolle ist eine Aufgabe, der sich jeder Mensch ein Leben lang stellen muss, wie sich gerade in der gegenwärtigen Gender-Diskussion zeigt.
Ähnlich und doch wieder ganz anders ergeht es der Frau, die seit 12 Jahren an Blutungen leidet. Auch in diesem Teil der Geschichte geht es offensichtlich um das Frau-sein. Die ständigen Blutungen machen sie nach jüdischen Vorschriften "unrein". Einerseits schützt diese Tatsache sie vor dem Zugriff des Mannes, andererseits verhindert sie, die sie Frau und Mutter wird. Aus diesem Dilemma konnten ihr die Ärzte bisher nicht heraushelfen. In ihrer Not wendet sie sich heimlich an Jesus. Sie möchte ihr Problem lösen, ohne dass es jemand mitbekommt. Über Frauenangelegenheiten redete man auch damals nicht öffentlich. Ihre Not mit dem Frau-sein ist aber nicht nur ihr persönliches Problem, sondern hat mit der Rolle der Frau in der Gesellschaft und mit dem Umgang einer männerdominierten Gesellschaft mit den Frauen zu tun. Jesus heilt diese Frau nicht nur von ihrem Leiden, sondern macht ihre Not auch öffentlich.
Einfühlung und Sensibilität
In den Evangelien finden wir kaum direkte Aussagen Jesu zu Fragen der Sexualmoral. Er sagt uns viel über die Würde jedes Menschen, die Wertschätzung eines jeden einzelnen angefangen bei den Kindern. Er spricht über Gerechtigkeit, Liebe und Vergebung. Er zeigt keine Berührungsscheu gegenüber Menschen, die eines unmoralischen Lebenswandels geziehen werden. Eine differenzierte Sexualmoral ist erst eine Errungenschaft späterer Generationen. Das konkrete Leben wird von Gewohnheiten und Bräuchen geregelt.
Wenn ich jedoch darauf achte, wie Jesus in dieser Erzählung mit diesen beiden Frauen und mit den Eltern des Mädchens umgeht und wie er sich auf ihre seelische Not einlässt, lese ich daraus Richtungweisendes für die Lösung moraltheologischer Fragen wie auch für umstrittene Fragen der Gegenwart. Gerade in Aussagen hochrangiger Kirchenmänner zu Fragen der Rolle der Frau in der Kirche und in der Gesellschaft, zur Gender-Diskussion, zu Lebensformen gleichgeschlechtlich liebender Menschen vermisse ich jene Einfühlung und Sensibilität, die Jesus auszeichnete und die zu einem personengerechten Umgang mit den Nöten vieler Menschen not-wendig wären. Einfach zu wiederholen, was immer gegolten hat, wird den Nöten dieser Menschen nicht gerecht.
Ich vermute, dass Jesus sich auch heute mit gut gemeinten Ratschlägen und Vorschriften zurückhielte und in der Begegnung mit Menschen, die mit ihrer Geschlechterrolle heute in Not sind, einfach sagte: Junge Frau, ich sage dir, steh auf! - Frau, Mann, stell dich auf deine Füße, steh auf und nimm die Auseinandersetzung mit deinen Gegebenheiten an!
Es geht nicht darum, dass wir nun zu Frauenverstehern werden. Es geht einfach darum, dass wir die Not von Menschen wahrnehmen und zulassen, dass Menschen Lösungen suchen, die ihnen guttun.
Wo Himmel und Erde sich berühren - oder: Von der Zärtlichkeit Gottes
Ein himmlischer Liebesakt
Wer schon einmal in Rom der Sixtinischen Kapelle einen Besuch abgestattet hat, der kennt das berühmte Deckengemälde von Michelangelo, die Erschaffung des Adam. Wie bei Michelangelo typisch fällt die detaillierte Darstellung der Szene auf, - ins Auge sticht vor allem der Vorgang des Erschaffens, der so ganz und gar von den biblischen Vorlagen abweicht. Gott haucht entgegen der Darstellung in Genesis 2 dem Menschen nicht den Atem ein, sondern Mensch und Gott berühren sich. - Das Ergebnis der Handlung ist übrigens nicht abgebildet.
Mensch und Gott berühren sich an ihren empfindlichsten Stellen - an den Fingerspitzen. Damit erhält diese Szene einen unglaublich zärtlichen und einfühlsamen Ausdruck. Die Erschaffung der Welt ist kein martialischer und wer weiß wie kraftvoller Vorgang - so die Botschaft Michelangelos, sondern geradezu ein Liebesakt.
Gott lässt sich berühren
Dieses Bild findet sich auch im heutigen Evangelium gleich zweimal. Schauen wir innerhalb des Geflechts der zwei Geschichten zunächst auf die innere. Im Gedränge, was sich anscheinend immer um Jesus bildete, wenn er auftrat, berührt eine Frau sein Gewand. Das ist, wie auch die Jünger feststellen, überhaupt nichts Besonderes. Aber die Frau erfährt in dieser Berührung Heilung von Leiden, die sie schon lange Zeit beschäftigen und ihr Leben beeinflussen. Dieser zunächst in der Menge verschwindende und anonyme Akt wird von Jesus ans Tageslicht gezehrt - nicht, weil es ihm um Sanktionierungen gehen sollte, sondern vielmehr um das Geschehene im Licht des Glaubens der Frau zu deuten und den Umstehenden zu erklären.
So wie Jesus sich um ihrer Heilung willen von der Frau berühren lässt, geht von ihm eine heilende Kraft aus, die Leben verändert. Und die Frau sucht ihre Zuflucht nicht mehr in der Kraft von medizinischen Autoritäten, verschiedensten Medikamenten und Therapien, sondern nur noch bei dem, dessen einfache Berührung schon Leben verheißt.
Gott berührt
In etwas anderer Weise als diese ist die Rahmengeschichte von der Auferweckung der Tochter des Jaïrus pointiert. Sie ist sicher die bekanntere von beiden, sollte aber von der erstgenannten Heilungsgeschichte eigentlich nicht getrennt gelesen werden. Ja, das Bild einer Totenerweckung wirkt viel dramatischer und eindringlicher, verbinden wir doch diesen Vorgang recht schnell mit dem entscheidenden Punkt unseres Glaubens: mit der Auferstehung Jesu von Toten.
Der Auferweckungsmoment hat in der Geschichte geradezu ein Aussehen, wie es für ein Sakrament definiert ist: Zum Wort der Auferweckung kommt das Zeichen der Berührung - wiederum eine Geste voller Einfühlsamkeit, höchster Sensibilität und Sorge um den Menschen, um den es geht. Dieses Mal geht auch die Aktivität von Jesus selbst aus - im Angesicht des toten Mädchen ist auch anderes gar nicht mehr möglich: Auf ihm ruhen die Hoffnungen. Und Jesus erfüllt diese Hoffnung, rettet vom Tod hinüber in neues Leben.
Und wir?
Die Frohe Botschaft dringt an unser Ohr: Unser Gott ist ein Gott, der uns berührt und sich selbst berühren lässt. Und dort, wo dieser Gott auf unser Leben trifft, da wird dieses verwandelt - ganz gleich wie lebensfeindlich, lebensfern oder lebensfremd wir auch erscheinen mögen - dieser Gott sprengt auch dann noch Grenzen, wenn das keiner mehr zu hoffen wagt - selbst über den Tod hinaus.
Das ist in Tat und Wahrheit Frohe Botschaft.
Diese Botschaft ist für uns einerseits ein höchst wertvolles Geschenk, zum anderen aber auch eine Aufgabe, die uns als Christen übergeben wurde.
So wie Jesus es vorgemacht hat, soll auch unser Tun sein, wenn wir Reich Gottes vorleben: Wir sollen berühren und uns berühren lassen - berühren mit unserer Kraft und Freude, mit der Echtheit unseres Lebens, mit der Glaubwürdigkeit unserer Botschaft. Berühren lassen sollen wir uns von der Not des Anderen, von Beziehungsnetzen, die Andere nach uns auswerfen, vom Glück, das Andere mit uns teilen wollen.
"Es geht um einen Ausgleich. Im Augenblick soll euer Überfluss ihrem Mangel abhelfen, damit auch ihr Überfluss einmal eurem Mangel abhilft. So soll ein Ausgleich entstehen, wie es in der Schrift heißt: Wer viel gesammelt hatte, hatte nicht zu viel, und wer wenig, hatte nicht zu wenig." Der Apostel Paulus scheint geradezu eine Ökonomie der Zuneigung zu verkünden. In den Gedanken des Apostels wird deutlich, worum es vor allem geht: Zeugnis zu geben, von der Zuneigung Gottes zu uns Menschen ist keine Einbahnstraße, sondern ein Wechselspiel der Kräfte. Niemand ist zu schwach, dass er nicht geben könnte, niemand zu stark, dass er nicht auf die Zuneigung Gottes angewiesen ist.
Von einer Welt, die sich berühren lässt
Das Reich Gottes, dass Jesus mit seinen Taten und Reden bezeugte, zeichnet sich eben dort aus: Jene, die das Reich ausmachen, stehen sich nicht gegenüber, - es existieren nicht die einen zum Nutzen der Anderen. Reich Gottes ist zugeneigtes Sich-Berühren, - herrschaftsfrei und anspruchslos. Eine Forderung, deren Umsetzung in Kirche und Welt noch viel Zeit und Geduld fordert. Denn wir Menschen funktionieren naturgegeben anders. Das wissen wir. Aber mit dem Anspruch Jesu im Herzen können wir uns immer wieder falscher Wege von Kirche und Welt bewusst werden und den Versuch der Umkehr, der Korrektur starten.
"Ich sage dir, steh auf!"
Mit Gott in Berührung kommen
Waren sie gestern oder heute schon in der Stadt. Wenn nicht, haben Sie es bestimmt im Radio gehört oder in der Zeitung gelesen: Hamm feiert den NRW-Tag und Tausende Besucher werden erwartet, eine große Menschenmenge versammelt sich. Können Sie sich vorstellen, dass mitten in diesem Gedränge, jemand mit Gott in Berührung kommen könnte und dadurch sein Leben heil und umgewandelt würde? Wenn ich so in die Runde schaue, dann könnte die Antwort der Jünger aus dem heutigen Evangelium von Ihnen kommen: "Du siehst doch, wie sich die Leute drängen, und da fragst du: Wer hat mich berührt?" Sie sehen, damals glaubte man genauso wenig an - ein Gott berühren können - oder an ein - von ihm berührt und verändert werden - wie heute.
Und wenn wir das Evangelium weiter verfolgen, dann finden wir auch dort den Glauben an die Allmacht und Endgültigkeit des Todes genauso präsent wie in unseren Tagen. Ein Arzt, der im vergangenen Jahr seine Frau durch Krebs verloren hat, sagte zu meiner Frau: Gott gibt es nicht. Die Figur Gottes entspringt der Phantasie der Menschen, aber sie brauchen sie, um sich daran festzuhalten. Auch die Kirchen brauchen wir, um wenigstens ein Minimum an Moral aufrecht zu erhalten." Ist das wirklich alles, was von dem Schöpfer des Himmels und der Erde, dem liebenden und befreienden Gott in unseren Vorstellungen übrig geblieben ist?
Die Macht des Todes
Im Evangelium scheinen nur Jairus, der Synagogenvorsteher und die seit 12 Jahren an Blutungen leidende Frau auf das Eingreifen eines Heilenden und Befreienden Gottes zu vertrauen. Selbst die Hausgenossen des Jairus kommen, um ihn auf den Boden der Tatsachen zurückzuholen, auch für sie steht die Macht und Endgültigkeit des Todes, wie eine einengende Käseglocke über dem Leben des Menschen. Ihr Weinen und Jammern verwandelt sich sogar in gehässiges Lachen, als Jesus den Tod des Mädchens als Schlaf deutet. Dem Tod also die Endgültigkeit streitig macht. Verwundert es Sie da, wenn Jesus alle wegschickt und nur mit den Eltern und ein paar Jüngern zu dem Mädchen geht.
Schon in der Lesung aus dem Buch der Weisheit konnten wir hören: "Gott hat den Tod nicht gemacht und hat keine Freude am Untergang der Lebenden. Zum Dasein hat er alles geschaffen, und heilbringend sind die Geschöpfe der Welt. Gott hat den Menschen zur Unvergänglichkeit erschaffen und ihn zum Bild seines eigenen Wesens gemacht." Wenn also Gott, der Gott des Lebens ist, der das Leben der Menschen will und sie an seinem Heilswillen beteiligt, sie sogar zum Bild seines eigenen Wesens gemacht hat, dann brauchen wir uns eigentlich nicht wundern, wenn Jesus Menschen wegschickt, die mehr der Allmacht und Endgültigkeit des Todes vertrauen als dem Willen und der Wirkmächtigkeit Gottes.
Die Tochter des Jairus ist zwölf Jahre alt, ein Alter also, in dem Mädchen damals heiratsfähig wurden. Aber sie hat keinen Namen, sie ist eben die Tochter des Synagogenvorstehers, behütet und kontrolliert aufgewachsen im Schutz der Familie, nie aber frei, um wie andere spielen zu können, Fehler machen und sich verlieben zu können, die Stellung des Vaters hätte das verboten. Die Liebe, der Anspruch und der Schutz des Vaters wurden für die Tochter zum erdrückenden Gefängnis. So deutet Eugen Drewermann das Sterben der Tochter.
Gott will Leben
Jesus fasst das Kind, das aus eigener Kraft nicht den Schritt zur Selbständigkeit, zum Erwachsenwerden, zum Leben gehen kann, an der Hand und lädt es ein: "Talita, kum. Mädchen, ich sage dir, steh auf !" Sofort stand das Mädchen auf und ging umher. Gott will das Leben. Und keine noch so verfestigte Struktur, die Leben einschränkt oder behindert, Leben verneint oder zerstört ist auf Dauer in der Lage, diesem Lebenswillen Gottes zu trotzen.
Im Vertrauen auf diesen Lebenswillen Gottes hat Jesus sein Kreuz und seinen Tod am Kreuz auf sich genommen und uns damit ein unüberbietbares Zeugnis seiner Liebe hinterlassen. Dadurch hat er die Macht des Todes gebrochen. Durch die Auferweckung von den Toten hat Gott diesem Sieg der Liebe über den Tod sein Siegel aufgedrückt.
Aber das alles ist 2000 Jahre her, kann der Lebenswille Gottes uns heute einen Weg weisen bei all den Umbrüchen in Wirtschaft, Gesellschaft und Kirche? Hier sage ich ganz deutlich, Ja!
Der neue Weg
Immer wieder lädt Jesus seine Jünger ein, an das andere Ufer zu fahren. Nicht das Altbewährte, der Aufbruch, der neue Weg wird zum Erkennungszeichen der Jesusbewegung. Achtsamkeit sich selbst und Anderen gegenüber wird uns von Jesus beispielgebend vorgelebt. Achtsamkeit für Berührungen auch im Gedränge, auch im Trott des Alltags und damit verbunden Augenblicke des Innehaltens, die dem Anderen und dem ganz Anderen, dem Geheimnis Gottes Raum schaffen. Dem Leben dienen, Jesus geht immer wieder Wege mit den Menschen, ermöglicht ihnen Erfahrungen des Vertrauens und eröffnet ihnen so neue Lebensmöglichkeiten. Und Jesus reicht die Hand, eröffnet Freiheitsräume, richtet Menschen auf, spricht Mut zu und hilft ihnen auf eigenen Füssen zu stehen und zu gehen.
Berichtet wird dass es nur wenige sind, die der Macht des Todes und seiner scheinbaren Endgültigkeit, das Vertrauen in den Lebenswillen des Vaters entgegensetzen. Trotzdem dürfen wir darauf vertrauen, dass uns Jesus die Hand reicht, wenn unser Vertrauen an Grenzen stößt, wir dürfen darauf vertrauen, dass er zu uns wie zu Jairus, dem Synagogenvorsteher sagt: Sei ohne Furcht, glaube nur! Und wir dürfen sicher sein, dass wo immer Strukturen unser und das Leben anderer beeinträchtigen, behindern, verneinen oder zerstören, Jesu Einladung gilt als Zuspruch und Auftrag: "Ich sage Dir, steh auf."
Woher kommen Leid und Tod
Dieser Tage fährt durch unsere Gegend ein Omnibus mit der großen Aufschrift: "Es gibt (mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit) keinen Gott." Die Aktion geht von London aus, wo ein ganzes Großaufgebot solcher Omnibusse durch die Straßen fuhr.
Dahinter steht der amerikanische Wissenschaftler Dawkins, der geradezu als Missionar der Gottlosigkeit auftritt. Dass er eine große Anhängerschaft hat, basiert auf einer immerwährenden Grundfrage des Menschen: Woher kommen Leid und Tod in der Welt? Und welchen Anteil haben die Religionen daran.
Kann ein gütiger Gott die Menschen so leiden lassen?
Woher kommen Leid und Tod in der Welt? Es fällt dem heutigen Menschen zusehends schwerer, an Gott zu glauben, weil er sich angesichts der Massenhaftigkeit von Mord, Gewalttat, der Zahl an Kriegstoten, dem Elend, der Krankheit, des Hungers einer ganzen Milliarde von Menschen fragt: "Wenn es wirklich einen Gott gibt, der allmächtig ist und der die Menschen wie ein Vater liebt, warum lässt er die Menschheit so leiden?" Der Schriftsteller Georg Büchner hat diese Frage in das Wort zusammengefasst: "Leid und Tod, das ist der Fels des Atheismus". Leid und Tod, so will er sagen, sind ein unerschütterlicher Beweis, dass es Gott nicht gibt.
Leid und Tod waren immer schon Themen der Hl. Schrift.
Aber der Zweifel an Gottes Gegenwart und Dasein ist nicht neu. Das Buch der Weisheit, aus dem die heutige Lesung entnommen ist, 150 vor Christus verfasst, kreist vor allem um dieses Thema: Warum ist die Welt von Leid und Tod beherrscht? Auch vor zweitausend Jahren fragte man also schon und war im Zweifel über die Existenz eines guten Weitschöpfers.
Wir müssen uns klar darüber sein, dass dieses Grundproblem der Menschheit nicht in einer kurzen Predigt beantwortetet werden kann, auch in einer langen nicht. Aber einiges kann man dazu überlegen.
Durch den Neid des Teufels kam der Tod in die Welt.
Sehen wir uns also die Lesung an. »Gott hat den Tod nicht gemacht, und hat keine Freude am Untergang der Lebenden. Zum Dasein hat er alles geschaffen, und heilbringend sind die Geschöpfe der Welt. «
Woher dann das Todesschicksal? »Durch den Neid des Teufels kam der Tod in die Welt, und ihn erfahren alle, die ihm angehören.« Der Neid des Teufels ist schuld? Wir brauchen nur ein einziges Faktum in unserer Gegenwart anzuschauen: Eine Milliarde Menschen hungert und ist vom Hungerstod bedroht, obwohl es genügend Nahrung in der Welt gibt, um jeden satt zu machen. Und warum werden sie nicht satt? Weil die Güter dieser Welt absolut ungerecht verteilt sind, weil es Menschen gibt, die in teuflischer Gier alles an sich zu reißen suchen. Gerade in der gegenwärtigen Wirtschafskrise erfährt man, wer alles an diesem Zusammenbruch schuld war und welche unglaubliche Verantwortungslosigkeit in den mittleren und höheren politischen und wirtschaftlichen Etagen geherrscht hat. Aber denken wir nicht nur an die großen Raffer, auch bei den kleinen Leuten wird gerafft. Egoismus, Sünde bringt viel Leid und Tod in die Welt.
Der Tod, eine Naturkonstante.
Aber dies allein kann nicht die ganze Ursache von Leid und Tod sein. Der heutige Mensch wird auf die Evolutionstheorie verwiesen, die heute auch von der Kirche anerkannt wird. (Johannes Paul II., 22. 10. 1996). Sie zeigt uns mit erdrückenden Beweisen, dass Leben ohne Tod nicht denkbar, dass der Tod untrennbar mit dem Leben verbunden ist. In mehr als drei Milliarden Jahren haben sich aus primitiven Lebensvorstufen die Pflanzen und Tiere entwickelt, bis schließlich der Mensch entstehen konnte. Dies war nur dadurch möglich, dass Generation um Generation dahinstarb, um neuen Lebewesen Platz zu machen. Entwicklung heißt Veränderung, heißt Werden und Vergehen. Gott hat eine Werdewelt erschaffen, und diese ist ohne Tod nicht denkbar, der Tod ist eine Naturkonstante.
Aber damit kommen wir erst recht zum Fragen. Die Natur ist doch die Schöpfung Gottes, also hat Gott den Tod in der Natur nicht nur geduldet sondern herbeigeführt. Aber nach heutiger wissenschaftlicher Weltsicht hätte es ohne Entwicklung, ohne das Werden und Vergehen, nicht diese Welt von so unglaublicher Vielfalt des Lebens geben können. Denn nur weil Gott Freude am Leben hat, ist auf diesem Planeten Erde, der einmal so wüst und leer war wie der Mond, das Leben in Überfülle entstanden. »Gott hat alles zum Dasein geschaffen, und heilbringend sind die Geschöpfe der Welt. «
Tod und Leben im Verständnis des Buches der Weisheit.
Wenn der Tod nun eine grundlegende Naturkonstante ist, dann kann nicht stimmen, was wir eben aus dem Buch der Weisheit vernommen haben: »Durch den Neid des Teufels kam der Tod in die Welt, und ihn erfahren alle, die ihm angehören»? Ja sterben denn nur die bösen Menschen? Es sterben doch alle! Dem Verfasser des Buches der Weisheit musste man dies nicht erst erzählen, aber er versteht unter Tod etwas Umfassenderes, nicht nur Tod und Leben im Diesseits, sondern auch im Jenseits. Er will sagen: Sterben muss jeder, aber der irdische Tod hat jeweils einen anderen Sinn für den guten wie für den bösen Menschen. Tod ist für den guten Menschen Übergang und Vollendung, denn der ewige Gott hat "den Menschen zur Unvergänglichkeit erschaffen und ihn zum Bild seines eigenen Wesens gemacht." Wer aber in dieser Welt in Gewissenlosigkeit und Rücksichtslosigkeit, Gier und Eigensucht lebt, da hat das göttliche Bild in sich verzerrt und entstellt, dem ist der Tod Ende, Gericht und Schrecken.
"Gott hat den Menschen zur Unvergänglichkeit erschaffen."
Und so dürfen wir, wenn auch oft mit Zweifeln beladen, hoffen, dass Gott für den Menschen ewiges Leben will. In einer alten Übersetzung der Ostersequenz heißt es: "Tod und Leben da kämpften seltsamen Zweikampf. Der Fürst des Lebens, dem Tode erliegend, herrscht als König und lebt." Christus der Auferstandene ist der Fürst des Lebens. Und so dürfen wir hoffen, dass er uns einst aufnimmt in sein Reich.
"Du darfst dir nehmen, was du für ein erfülltes Leben brauchst"
Wunder - veraltete Geschichten?
Das ist doch zu schön, um wahr zu sein: Eine Frau wird von jahrelangem Leiden geheilt, indem sie heimlich die Kleidung Jesu berührt. Und ein Mädchen, durch den Tod mitten aus ihrem jungen Leben gerissen, wird wiederbelebt und ihrer Familie zurückgegeben. Wir aufgeklärt denkenden Menschen haben mit solchen Wundererzählungen so unsere Schwierigkeiten. Handelt es sich hier also um alte Geschichten, die uns heute nichts mehr zu sagen haben? Ich denke, dem ist nicht so. Wenn wir aber die tiefere Botschaft dieser Erzählungen verstehen wollen, dürfen wir nicht in der Tatsachenfrage stecken bleiben. Wir müssen uns auf den inneren Prozess der "Wieder-Belebung", des Wieder-Lebendig-Werdens, einlassen, den das Mädchen und die Frau durchmachen.
Ich möchte dazu die Geschichte der sogenannten blutflüssigen Frau in den Mittelpunkt dieser Predigt stellen. Da regt sich in manchen von Ihnen vielleicht nochmals Widerstand: Das ist doch eine Frauengeschichte, es geht um eine Frauenkrankheit; über so etwas spricht man nicht, schon gar nicht in der Kirche! Aber ich denke, die heilsame Erfahrung, die diese Frau macht, kann uns allen, auch den Männern, Mut machen. Lassen Sie uns das Geschehen doch einmal aus der Sicht dieser Frau betrachten.
Sich im Geben verausgaben
Das ganze Leben dieser Frau ist geprägt von ihrer Krankheit. Aber wegen dieser Krankheit erfährt sie nicht etwa besondere Zuwendung und Fürsorge, im Gegenteil: Nach den Gesetzen der damaligen Zeit ist sie wegen ihrer Blutungen "unrein". Alles, was sie berührt und jeder, der sie berührt wird dadurch selber "unrein". So ziehen sich die Menschen von ihr zurück. Die Frau leidet also nicht nur körperlich seit langer Zeit, sondern ist auch einsam und wird sogar diffamiert. In ihrer Verzweiflung hat sie viele Ärzte konsultiert. Aber deren Behandlung und Ratschläge verschlimmerten ihr Leiden an der Krankheit nur noch. Schließlich hat sie ihr ganzes Geld für Behandlungen und Kuren ausgegeben. So kommt zur körperlichen, seelischen und sozialen Not noch die finanzielle.
Wie lässt sich das Lebensgefühl dieser Frau beschreiben? Die Art ihrer Krankheit führt es uns deutlich vor Augen: Alle Lebensenergie, durch das Blut symbolisiert, und alle Lebenslust entweichen unaufhaltsam aus ihr. Sich zu verströmen, sich zu verausgaben, ohne jemals etwas dafür zu bekommen - darin sieht sie ihre Lebensaufgabe als Frau. Sie gibt und gibt, ohne sich selbst zu nehmen. Die Waage des Gebens und Nehmens ist in ihrem Leben aus dem Gleichgewicht geraten. So schwinden ihr seit langem die Kräfte.
Geben und Nehmen
Vielleicht haben Sie ihrem Leben schon ähnliche Erfahrungen gemacht. Es gibt Phasen, in denen viel von uns gefordert wird. So müssen Frauen von kleinen Kindern viel geben. Zusätzlich müssen sie manchmal noch Berufstätigkeit damit vereinbaren. Auch die Pflege alter und kranker Angehöriger kann Frauen rund um die Uhr fordern. Männer sind eher im Beruf gefordert und stehen in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit unter zusätzlichem Druck. Dabei können wir uns verausgaben und an die Grenzen unserer Kraft kommen, bis wir uns selbst nicht mehr spüren. Oft werden wir erst durch eine Lebenskrise, eine Krankheit daraus aufgeschreckt - so wie die Frau in der biblischen Erzählung. Wenn wir dann selber erschöpft und krank sind, kippt die Waage von Geben und Nehmen zur anderen Seite: Plötzlich sind wir auf andere angewiesen und müssen viel annehmen.
Ein solches Ungleichgewicht von Geben und Nehmen kann aber seine Ursache auch in unserer inneren Haltung haben. Sie kennen sicher den Spruch: "Geben ist seliger denn Nehmen." Wir sind so erzogen worden, dass ein guter Mensch gibt; sich selber etwas nehmen, das tut man nicht! Viele opfern sich auch auf, um es allen recht zu machen. Aber wir geben auch oft mit Hintergedanken: "Die anderen müssen doch irgendwann merken, was ich alles für sie tue; ich muss doch einmal etwas dafür zurückbekommen." Dabei ist jeder von uns selbst dafür verantwortlich, für das zu sorgen, was er für sein Leben und Wohlbefinden braucht. Denn: Wer richtig geben will, der muss auch nehmen können. Aber wie geht es uns, wenn wir etwas annehmen? Fühlen wir uns dann abhängig, oder haben wir das Gefühl, etwas schuldig zu bleiben?
Mut zum Nehmen
Die Frau im Evangelium hat nicht nur diese inneren Hürden zu überwinden, um für ihr Heilwerden zu sorgen. Das gesellschaftliche Tabu verbietet ihr als "Unreiner", sich andern zu nähern oder sie gar zu berühren. Aber da geschieht das Wunder: Diese Frau durchbricht den Teufelskreis des einseitigen Gebens und Sich-Verausgabens. Sie spricht sich selber Mut zu - und nimmt. Sie nimmt einen Zipfel des Gewandes Jesu in ihre Hand. Sie öffnet sich für die heilsame Kraft, die von Jesus ausgeht. Sie, die immer gab, bekommt neue Kraft. Und sie spürt, wie ihre Lebenskraft nun in ihr bleibt. Auch ihr Körper wird wieder heil und ganz. Lebensfreude und Lebenslust kehren in sie zurück. Das ist das eigentliche Wunder, das das Evangelium uns mitteilen will.
Gleichgewicht von Nehmen und Geben macht heil
Und in unserem Leben? Ich denke, dass auch heute solche Wunder geschehen können und tatsächlich geschehen. Wie diese Frau können auch wir beginnen, mehr auf unsere innere Stimme zu hören und unserer Intuition zu folgen. Dann nehmen wir uns selbst mit unseren Bedürfnissen wieder wahr. Wir lernen für uns selbst zu sorgen und dafür aktiv zu werden. Wie kann das im Alltag aussehen? Vielleicht gönnen wir uns öfter eine Zeit ganz für uns selbst, in der uns niemand stören darf. Oder wir lassen die Arbeit einmal liegen und tun etwas, wozu wir gerade Lust haben: einen Spaziergang machen, ein schönes Buch lesen, Musik hören, ein Bad nehmen... Wir dürfen dabei auch innere und äußere Tabus brechen: zum Beispiel einmal Nein sagen, wenn andere ständig mit ihren Erwartungen an uns herantreten.
Nehmen können meint auch, von ganzem Herzen ein Geschenk von jemandem anzunehmen, ohne sich gleich zu einer Gegenleistung verpflichtet zu fühlen. Nicht zuletzt muss mancher von uns auch lernen, Hilfe anzunehmen oder gar einzufordern, so wie es uns die Frau im Evangelium vorlebt. So erlauben wir uns, zu nehmen und anzunehmen, ohne schlechtes Gewissen. Denn nur wer auch nehmen kann, kann auch richtig geben. Auf diese Weise kommt die Waage von Geben und Nehmen in unserem Leben ins Gleichgewicht. Und unser inneres, seelisches Gleichgewicht wirkt sich auch heilsam auf unseren Körper aus.
Das Evangelium spricht heute auch Ihnen Mut zu: "Du darfst dir nehmen, was du für ein erfülltes Leben brauchst."
Claudia Simonis-Hippel, in: Gottes Volk B 6/2006, Bernhard Krautter/Franz-Josef Ortkemper (Hg.), Verlag Katholisches Bibelwerk, Stuttgart 2006, S. 13-24.
- Liedvorschläge1
Elisabeth Fritzl (2021)
Lieder:
GL 103: Dieser Tag ist Christus eigen
GL 142: Zu dir, o Gott, erheben wir
GL 143: Mein ganzes Herz erhebet dich
GL 267: O Mensch bewein dein Sünde groß
GL 336: Jesus lebt, mit ihm auch ich
GL 360: Macht weit die Pforten in der Welt!
GL 362: Jesus Christ, you are my life
GL 365: Meine Hoffnung und meine Freude
GL 377: O Jesu, all mein Leben bist du
GL 385: Nun saget Dank und lobt den Herren
GL 389: Dass Du mich einstimmen lässt in deinen Jubel o Herr
GL 392: Lobe den Herren, den mächtigen König der Ehren
GL 393: Nun lobet Gott im hohen Thron
GL 395: Den Herren will ich loben, es jauchzt in Gott mein Geist
GL 396: Lobt froh den Herrn
GL 405: Nun danket alle Gott mit Herzen, Mund und Händen
GL 409: Singt dem Herrn ein neues Lied
GL 414: Herr, unser Herr, wie bist du zugegen
GL 416: Was Gott tut, das ist wohlgetan
GL 422: Ich steh vor dir mit leeren Händen, Herr
GL 423: Wer unterm Schutz des Höchsten steht
GL 427: Herr, deine Güt ist unbegrenzt
GL 428: Herr, dir ist nichts verborgen
GL 439: Erhör, o Gott, mein Flehen
GL 464: Gott liebe diese Welt
GL 465: Das Jahr steht auf der Höhe
GL 552: Herr, mach uns stark im Mut, der dich bekennt
GL Ö875: Preiset den Herrn, denn er ist gut
Psalmen und Kehrverse:
GL 37: Der Herr ist mein Hirt; er führt mich an Wasser des Lebens. - Mit Psalm 23 - VI.
GL 38: Der Herr ist mein Licht und mein Heil - Mit Psalm 27 - IV.
GL 629,1-2: Du führst mich hinaus ins Weite, du machst meine Finsternis hell. - Mit Psalm 30 - I.
- Einleitung4
Manfred Wussow (2024)
In unserem Gottesdienst begrüßen wir in unserer Mitte auch Herrn Jairus. Synagogenvorsteher. Vater einer Tochter. Sein Kind liegt im Sterben. Wir fiebern mit ihm. Sein Kind stirbt. Wir suchen mit ihm Glauben und Vertrauen. Sein Kind lebt. Wir sind sprachlos.
Lasst uns unseren Herrn anrufen und um sein Erbarmen bitten:
Elisabeth Fritzl (2021)
Leid, Schmerz, Tod sind Erfahrungen menschlichen Lebens, die uns manchmal verzweifeln lassen. Die heutigen Texte rufen uns dazu auf, unsere Augen nicht davor zu verschließen und füreinander das zu tun, was uns in der jeweiligen Situation gerade möglich ist.
Manfred Wussow (2018)
Heute dürfen Sie sich auf zwei Wundergeschichten freuen.
Sie erzählen von einer Frau und einem Mädchen,
von Bangen und Hoffen, von Tod und Leben.
Wir sind mitten in der Volksmenge, die das Staunen lernt.
Eine neue Welt entsteht unter uns.
Bernd Kösling (2015)
Das Evangelium des heutigen Sonntages ist anrührend und herausfordern zugleich. Der Vater eines todkranken Kindes bittet Jesus um Heilung seiner Tochter. Er gibt sie ihren Eltern gesund zurück. Welche Freude und welches Glück für die Eltern. Ein Wunder.
Viele Menschen bringen immer wieder ihrer Bitten im Gebet vor den Herrn. In jeder Eucharistiefeier stehen wir - das Volk Gottes - gemeinsam vor Christus. Sie sind in dieser Stunde mit den Freuden und Hoffnungen, Sorgen und Ängsten ihres Lebens nicht allein. Unsere ganze Gemeinde trägt sie heute Morgen im Gebet mit.
Ich lade Sie ein, den Herrn in unserer Mitte zu begrüßen:
- Kyrie5
Manfred Wussow (2024)
Herr,
wir sehen zerbrochene Hoffnungen und abgebrochenes Leben,
wir hören Schluchzen und Klagen.
Herr, erbarme dich-
Christus,
du sagst: Steh auf.
Wir bleiben sitzen.
Christus, erbarme dich-
Herr,
dir bringen wir Verzagtheit und Mutlosigkeit
und unsere Zweifel legen wir bei dir ab.
Herr, erbarme dich.
Wenn man am Abend auch weint, *
am Morgen herrscht wieder Jubel.
Du hast mein Klagen in Tanzen verwandelt, *
Herr, mein Gott, ich will dir danken in Ewigkeit.
(Ps 30)
Elisabeth Fritzl (2021)
Herr Jesus Christus,
du willst Leben in Fülle für alle Menschen.
Kyrie eleison.
Herr Jesus Christus,
du bietest uns das Geschenk des Glaubens an.
Christe eleison.
Herr Jesus Christus,
dein Heiliger Geist treibt uns an zum Guten.
Kyrie eleison.
Beatrix Senft (2021)
Herr, Jesus Christus,
du hast, wie der Vater, keine Freude an unserem Untergang,
darum hast du dich den Menschen geschwisterlich liebend, zusprechend und heilend zugewandt.
Herr, erbarme dich.
Herr, Jesus Christus,
deinen Auftrag vom Vater hast du bist in die letzte Konsequenz ernst genommen,
damit wir eine Hoffnung über den Tod hinaus haben.
Christus, erbarme dich.
Herr, Jesus Christus,
dir war jeder willkommen mit dem, was er hat,
und du fragtest nicht nach dem, was er nicht hat und nicht vermag.
Der gute Wille allein zählte und reichte dir aus.
Herr, erbarme dich.
Du sprichst auch uns zu:
„Talita kum, steh auf.“
Schenke uns Kraft und Zuversicht,
dieser Aufforderung nachzukommen –
für ein Heute, ein Morgen, ja, für immer.
Manfred Wussow (2018) - Du hast kranke und verlorene Menschen geheilt
Herr,
wir kennen viele Leidensgeschichten.
Oft verstummen wir hilflos.
Herr, erbarme dich.
Christus,
du hast kranke und verlorene Menschen geheilt.
Dem Tod hast du die Macht genommen.
Christus, erbarme dich.
Herr,
schenke uns eine Haut, die sich berühren lässt.
Und Worte, die achtsam und liebevoll sind.
Herr, erbarme dich.
Talita kum, steh auf, sagst du.
Im Bann des Bösen können wir nicht leben.
Du schenkst uns Kraft und Hoffnung.
Dich loben wir:
Ehre sei Gott in der Höhe!
Bernd Kösling (2015)
Herr Jesus,
Du machst uns Mut,
dir unsere Sorgen und Nöte anzuvertrauen.
Herr, erbarme Dich.
Du hilfst uns,
unser Leben anzunehmen und zu bewältigen.
Christus, erbarme Dich.
Du bist der Freund des Menschen,
auch wenn manchmal ein „Nein“ Deine Antwort auf unser Bitten ist.
Herr, erbarme Dich.
- Tagesgebet4
Messbuch - TG 13. Sonntag: Finsternis des Irrtums, Licht der Wahrheit
Gott, unser Vater,
du hast uns in der Taufe zu Kindern des Lichtes gemacht.
Laß nicht zu,
daß die Finsternis des Irrtums über uns Macht gewinnt,
sondern hilf uns, im Licht deiner Wahrheit zu bleiben.
Darum bitten wir durch Jesus Christus.
MB 13. Sonntag im Jahreskreis
Messbuch - TG Votivmesse Eucharistie: lass uns erfahren, dass wir gerettet sind
Gott, unser Heil,
du hast das Werk der Erlösung
im österlichen Geheimnis vollendet.
Darum verkünden wir in der heiligen Eucharistie
den Tod und die Auferstehung deines Sohnes.
Schenke uns in dieser Feier
immer reicheren Anteil an der Erlösung
und lass uns von Tag zu Tag neu erfahren,
dass wir gerettet sind.
Darum bitten wir durch Jesus Christus.
MB Votivmesse von der hl. Eucharistie
Messbuch - TG Fastenzeit 5 So: in seiner Liebe bleiben
Herr, unser Gott,
dein Sohn hat sich aus Liebe zur Welt
dem Tod überliefert.
Lass uns in seiner Liebe bleiben
und mit deiner Gnade aus ihr leben.
Darum bitten wir im Heiligen Geist durch Christus unseren Herrn.
MB 5. Fastensonntag
Messbuch - TG Auswahl 9: der Tod ist überwunden
Gott des Lebens.
Durch die Auferstehung deines Sohnes wissen wir :
Der Tod ist überwunden,
der Weg zu dir steht offen,
unser Leben ist unvergänglich.
Hilf uns,
in dieser Gewißheit unser Leben anzunehmen
und daraus zu machen, was du von uns erwartest.
Darum bitten wir durch Jesus Christus.
MB Auswahl 9
- Eröffnungsgebet6
Messbuch der Altkatholiken (2015)
Gott unseres Lebens
du hast uns in der Taufe zu Kindern des Lichtes gemacht.
Lass nicht zu,
dass die Finsternis des Unglaubens
über uns Macht gewinnt.
Halte uns im Licht deiner Treue
und lass die Sonne deiner Gerechtigkeit aufgehen
in unserer dunklen und ungerechten Welt.
Darum bitten wir durch unsern Herrn Jesus Christus,
deinen Sohn und unseren Bruder,
der mit dir und dem Heiligen Geist
lebt und wirkt von Ewigkeit zu Ewigkeit. – Amen.
(Messbuch der Altkatholiken, S. 435)
Sonntagsbibel
Heiliger Gott,
du bist ein Gott des Lebens, nicht des Todes.
Stärke unseren Glauben an das Leben,
das du uns allen verheißen hast.
Durch Christus, unseren Herrn.
Manfred Wussow (2024)
Gott,
du hast den Tod nicht gemacht
am Untergang der Lebenden hast du keine Freude.
Zum Dasein hast du alles geschaffen
und heilbringend sind die Geschöpfe der Welt.
Wir danken dir für deine Schöpfung,
wir danken dir, nach deinem Bild geformt zu sein.
Schauen wir auf die Welt, die du liebst, sehen wir
Chaos und Leid,
Krankheit und Tod
im Leben vieler Menschen.
In unserem eigenen auch.
An vielen Orten zerstören Menschen, was ihnen anvertraut wurde.
An vielen Orten ist auch die Hoffnung schon zuletzt gestorben.
Wir bitten dich um dein Wort,
um deinen Geist,
um deine Liebe.
In Christus, der dem Tod die Macht genommen
und dem Leben ein unvergängliches Gesicht gegeben hat,
geistvoll und alles verändernd.
Manfred Wussow (2018) - Wunder, die von Berührungen erzählen
Du, Gott, hast viele Wunder an einander gereiht.
Wunder, die von Berührungen erzählen,
von heilvollen Begegnungen,
von überraschenden Entdeckungen.
Schenke uns den Mut,
uns nicht von alten Erfahrungen
und müden Träumen leiten zu lassen,
schenke uns die Kraft,
mit deinem Wort eine neue Welt zu gestalten!
Dann verwandeln sich leidvolle Geschichten
in Geschichten der Hoffnung und der Liebe
in Christus, unserem Freund und Herrn.
Martin Stewen (2009)
Du Gott des Lebens,
in so manchem Chaos unserer Welt
lässt du dich von den Nöten der Menschen berühren.
Lass uns deine heilende Kraft
immer wieder und immer neu spüren.
Sei du uns nahe.
So bitten wir durch Jesus Christus.
Claudia Simonis-Hippel (2006)
Lebendiger Gott,
du willst das Heil und Leben aller Menschen.
Lass uns in diesem Gottesdienst deine heilende Nähe spüren.
Stärke uns durch dein Wort für unser Leben.
Darum bitten wir durch Jesus Christus, unseren Bruder und Herrn. Amen.
Claudia Simonis-Hippel, in: Gottes Volk B 6/2006, Bernhard Krautter/Franz-Josef Ortkemper (Hg.), Verlag Katholisches Bibelwerk, Stuttgart 2006, S. 13-24.
- Fürbitten9
Manfred Wussow (2024)
Mit dem Evangelium im Herzen, gehen wir mit Jairus zu Jesus, um ihm Todeserfahrungen und Todesängste anzuvertrauen.
Herr,
viele Kinder werden krank geboren, viele werden schwer krank, viele überleben den Kampf mit dem Tod nicht.
Wir bitten für die Eltern und Großeltern, für die Geschwister, für Ärzte und Pfleger, Lehrer und Freunde.
Zu dir rufen wir:
Verwandle Klagen in Tanzen, Herr!
Herr,
viele Menschen werden zu Opfern von Krieg, Terror und Gewalt. Unter ihnen sind viele Kinder, die in zerstörten Häusern hausen oder im Schutt begraben sind.
Wir bitten für alle Menschen, die für Frieden und Gerechtigkeit kämpfen und nicht aufgeben, der Zukunft Hoffnung zu geben.
Herr,
Kinder und Jugendliche sind weltweit auf der Flucht. Auf gefährlichen Fluchtrouten müssen sie sich durchschlagen. Viele kommen um.
Wir bitten für die vielen Gremien, in denen schier unlösbare Probleme gelöst werden müssen.
Herr,
viele Menschen wollen keine Kinder. Kinder stören die Karriere, sie sind eine finanzielle Belastung und an die Zukunft der Welt glauben viele schon nicht mehr.
Wir bitten für alle Menschen, die Welt mit den Augen von Kindern neu zu entdecken.
Herr,
manche Menschen wünschen sich ein Kind, können aber keins bekommen. So manche Familie ist davon betroffen. Gleichgeschlechtliche Partnerschaften geraten oft noch immer unter Druck.
Wir bitten für die, die sich lieben und ihre Zukunft mit Kindern teilen wollen.
Jesus ist in das Haus des Jairus gegangen. Die, die klagten, hat er nach draußen geschickt.
Jesus sagt: Fürchte dich nicht. Glaube nur. Talita kum! Steh auf!
Darauf verlassen wir uns. Dafür beten wir in Christus, unserem Herrn.
Renate Witzani (2024)
Jesus ist uns in allen Situationen menschlichen Lebens nahe.
Dass wir uns dabei von seiner Botschaft berühren und führen lassen, bitten wir ihn:
Um eine Verkündigung seiner Botschaft, die spirituell berührt, der sich die Menschen öffnen und vertrauen können.
Um Friedensprojekte, die Kraft zu tatkräftiger Hilfe haben und Perspektiven für oft über Generationen währende ungelöste Konflikte aufzeigen.
Um eine Offenheit auf unseren Reisen und Urlauben für Begegnungen mit fremden Menschen und ihren Kulturen, die uns Gemeinsamkeit entdecken und Verschiedenheit achten lehrt.
Um einen Selbststand im Leben, der uns Hilfe schenken und uns selbst notwendige Hilfe auch annehmen lässt.
Um ewiges Leben an deiner Seite beim Vater für unsere Verstorbenen.
Denn du hast den Tod überwunden und dich als Gott des Lebens für die gesamte Schöpfung erwiesen.
Dir vertrauen wir uns an und danken dir jetzt und allezeit. - Amen.
Elisabeth Fritzl (2021)
Gott kennt unsere Sorgen und Nöte.
Voll Vertrauen kommen wir mit unseren Anliegen zu ihm und bitten:
Für alle, die sich für die Verkündigung des Frohen Botschaft einsetzen.
Für alle, die sich um ein gutes Miteinander von Menschen verschiedener Religionen und Kulturen einsetzen.
Für alle, die auf der Flucht sind und keine Hoffnung haben.
Für alle, die unheilbar krank sind.
Für alle, die in diesen Tagen unterwegs sind.
Guter Gott,
dir vertrauen wir und danken dir, dass du uns erhörst.
Wir loben und preisen dich, jetzt und in Ewigkeit. - Amen.
Renate Witzani (2021)
Wer glaubt, greift nicht ins Leere.
Er weiß, dass Gottes Hand ihn auffängt.
In diesem Vertrauen lasst uns den Vater bitten:
Hilf allen, denen in deiner Kirche ein Amt anvertraut ist, deine Botschaft anderen verständlich und mit Begeisterung weitergeben zu können.
Erfülle die Verantwortungsträger in Politik und Gesellschaft mit innovativen Ideen, wie sie zum Ausgleich unter den verschiedenen Gesellschaftsschichten beitragen können.
Lass alle Lehrkräfte, Jugendliche und Kinder nach diesem durch die Umstände problematischen Schuljahr in den kommenden Ferien anregende und interessante Begegnungen erfahren.
Hilf uns, die Begabungen und Talente der anderen zu erkennen und sie als Bereicherung und Ergänzung unserer eigenen Fähigkeiten schätzen zu lernen.
Tröste alle, die sich in den Monaten der Pandemie von ihren Angehörigen nicht so verabschieden konnten, wie sie es sich gewünscht hätten, und ihre Trauer noch nicht verarbeiten können.
Guter Gott,
du öffnest uns mit deinen Zusagen ein Leben in Hoffnung und Zuversicht.
Dafür danken wir dir jetzt und allezeit. - Amen.
Manfred Wussow (2018)
Im Evangelium wird erzählt, dass Menschen geheilt werden und nicht mehr ausgegrenzt sind.
Junge Menschen bleiben nicht länger im Bann des Todes, sie lernen das Leben.
Wir beten heute
für die vielen Menschen, die gegen Vorurteile und Ängste nicht ankommen,
die mit ihren Schicksalen alleine gelassen werden,
die in ihrem eigenen Leben Fremde sein müssen.
Talita kum. Herr, rufe sie ins Leben!
Wir beten heute
für die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge, die eine neue Heimat suchen,
die Hass und Krieg kennengelernt haben,
die ihren traumatischen Erinnerungen nicht entkommen.
Talita kum. Herr, rufe sie ins Leben!
Wir beten heute
für die Politikerinnen und Politiker in Europa,
die einerseits Ängste wahrnehmen, aber auch immer neue Ängste schüren,
die die großen europäischen Hoffnungen zu opfern bereit sind für Nationalismus und Machterhalt.
Talita kum. Herr, rufe sie ins Leben!
Wir beten heute
für die vielen Länder, die unter schweren Bedingungen Flüchtlinge aufnehmen,
die ihre Grenzen geöffnet haben,
die um Hilfe rufen, aber auf weltweites Schweigen stoßen.
Talita kum. Herr, rufe sie ins Leben!
Wir beten heute
für Journalistinnen und Journalisten, Kriegsberichterstatterinnen und -Berichterstatter,
die den Auftrag wahrnehmen, weltweit ausgewogen und wahrheitsgemäß zu informieren,
die mit dem Tode bedroht werden.
Talita kum. Herr, rufe sie ins Leben!
Du, Herr, tust Wunder.
Ausgegrenzte holst du in die Mitte,
vom Tod bedrohte Menschen stehen zum Leben auf
und Vergangenheit verwandelst du in Zukunft.
Lass uns für Wahrheit, Menschenwürde und Recht aufstehen.
in Christus, unserem Herrn.
Renate Witzani (2018)
Zu Gott, zu dem wir im Glauben, dass er allein uns heil machen kann, streben,
lasst uns beten:
Für unseren Bischof Alois, dass unter seiner Leitung unsere Diözese immer mehr zu einer Gemeinschaft wird, die glaubhaft Jesus als Retter aller Menschen und Stärke und Kraftquelle in jeder Lebenssituation verkündet.
Für Bischof Klaus und seine engsten Mitarbeiter, die in großer Verantwortung und Hingabe für uns gearbeitet haben.
Begleite sie in ihre neue Lebenssituationen.
Für alle, die sich um Gerechtigkeit und Ausgleich zwischen Reich und Arm, Macht und Ohnmacht, hochentwickelten und benachteiligten Ländern bemühen.
Für unsere Neupriester, die in Freude und Dankbarkeit für ihre Berufung ihren Dienst an den Gemeinden beginnen.
Für alle, die in der Hoffnung gelebt haben,
dass das Reich des Todes durch Christus überwunden ist.
Gott, höre unsere Bitten.
Dein Geist führe uns, deine Kirche, auf deine Wege.
Lehre uns, alte Traditionen dort zu brechen, wo sie hinderlich sind, allen Menschen deine Botschaft zu erschließen.
Das erbitten durch Jesus Christus, der uns Heil und Leben bringt. - Amen.
Bernd Kösling (2015)
Im Vertrauen auf Gott, der in Jesus Christus den Tod überwunden hat,
bringen wir nun unsere Bitten vor ihn:
Wir beten für alle Menschen, die in den letzten Wochen Opfer von Gewalt geworden sind: in Österreich, in den vereinigten Staaten (Aktuelles bitte einfügen) und überall auf der Welt.
Wir beten für die Flüchtlinge (in unserer Stadt/Dorf, in unserem Landkreis und) in unserem Land. Wir beten für die vielen Freiwilligen und Engagierten, die sich für sie einsetzen.
Wir beten für die Kinder und Jugendlichen unserer Gemeinde, für ihre Eltern, Geschwister, Lehrer und Lehrerinnen. Wir denken besonders an die, denen es nicht gut geht. An die, die krank sind.
Wir beten für die Ärzte und Ärztinnen, für die Krankenschwestern und Pfleger und für alle, die sich der Kranken annehmen und für sie da sind.
Wir beten für alle Schüler und Schülerinnen, die sich auf die Ferien freuen. Für diejenigen, für die im Sommer etwas Neues beginnt. Für alle, die in den kommenden Wochen auf Reisen sein werden.
Gott, unser Vater, du schenkst uns von deinem göttlichen Leben, wenn wir deine frohe Botschaft hören und du uns zum Mahl deines Sohnes einlädst.
Durch ihn sei dir Lobpreis und Ehre, heute und in Ewigkeit. – Amen.
Renate Witzani (2015)
Zu Gott, der sich als Freund und Liebhaber des Lebens erweist,
lasst uns beten:
Dass du die Neupriester unserer Diözese, die morgen geweiht werden,
mit deinem Geist erfüllst und sie für viele in deiner Kirche zu Vermittlern deiner Gnaden werden.
Dass in den verschiedenen Nationen nicht nur die Erkenntnis und Dankbarkeit über die Güter wächst, die du für sie bereit hältst, sondern dass sie diese auch gerne und bereitwillig mit den anderen teilen.
Dass alle Menschen, die von der Angst getrieben werden, in ihrem Leben zu kurz zu kommen, einen Blick für die positiven Seiten ihres Lebens bekommen.
Dass wir füreinander ein gutes Wort finden und einander gegenseitig in Glaube, Liebe und Hoffnung bestärken.
Dass du unsere Verstorbenen der Macht des ewigen Todes entreißt, und sie in deiner Nähe geborgen sind.
Vater, nimm all unsere Bitten, die ausgesprochenen und die unausgesprochenen, an durch Jesus Christus, unseren Herrn und Bruder, jetzt und in Ewigkeit. - Amen.
Hans Hütter (2012)
Guter Gott,
durch Jesus von Nazareth wissen wir, dass du ein offenes Ohr und ein offene Herz für alle Nöte der Menschen hast.
Wir bitten dich:
Für alle Frauen, die gehindert werden, sich in unsere Gesellschaft ihren Fähigkeiten und Begabungen entsprechend einzubringen.
Schenke ihnen Kraft und Ausdauer, sich für Gleichberechtigung und Gleichbehandlung einzusetzen.
Für alle Frauen und Männer, die das kirchliche Leben mittragen,
dass sie jene Aufgabe finden, die dem Aufbau der Gemeinde und der Kirche am besten dient.
Für alle, die in der Kirche Leitungsämter wahrnehmen.
Schenke ihnen die Fähigkeit, auf die Bedürfnisse aller ihnen Anvertrauten sensibel einzugehen.
Für alle jungen Menschen, die vor der Aufgabe stehen, ihre persönliche Identität auszubilden.
Lass sie die nötige Unterstützung seitens der Freunde, Kollegen und Angehörigen finden.
Für alle, die an seelischen oder gesundheitlichen Problemen leiden.
Schenke ihnen Mut und Kraft, sich mit ihren Gegebenheiten auseinanderzusetzen und nötigenfalls ihre Lebensbedingungen zu verändern.
Herr, wir danken dir, dass du auch unsere persönlichen Nöte wahr- und ernstnimmst.
Dir trauen wir. Amen.
- Gabengebet2
Messbuch - GG 13. Sonntag: den Dienst an diesem Altar würdig vollziehen
Herr, unser Gott,
in den Geheimnissen, die wir feiern,
wirkst du unser Heil.
Gib, daß wir den Dienst an diesem Altar würdig vollziehen,
von dem wir deine Gaben empfangen.
Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn.
MB 13. Sonntag im Jahreskreis
Messbuch - GG Advent 18. Dez: er ist in unser vergängliches Leben eingetreten
Herrn, unser Gott,
dieses Opfer erwirke uns deine Gnade
und lasse uns teilhaben
am ewigen Leben deines Sohnes.
Denn er ist in unser vergängliches Leben eingetreten,
um uns von unserer Sterblichkeit zu heilen.
Er, der mit dir lebt und herrscht in alle Ewigkeit.
MB Advent 18. Dezember
- Gebet zur Gabenbereitung3
Manfred Wussow (2024)
Reich hast du uns, Herr, beschenkt.
Mit Sonnenlicht. Mit Träumen. Mit Aufgaben.
Wir danken dir für Brot und Wein.
Reich wirst du uns, Herr, beschenken.
Mit der Gemeinschaft mit dir.
Wir danken dir für Leib und Blut
unseres Herrn Jesus Christus.
Reich willst du uns, Herr, beschenken.
Mit Augen, die einander ansehen,
mit Händen, die einander berühren,
mit Worten, die einander auffangen.
Du verwandelst Brot und Wein.
Manfred Wussow (2018)
Herr,
wir danken dir für deine Gaben,
für Brot und Wein,
für das offene Wort,
für das große Vertrauen.
Du kennst unsere Schwächen,
Träume und Ausflüchte.
Du aber lässt dich berühren,
du kommst uns nahe,
du schenkst dich uns,
deinen Leib, dein Blut.
Wir sehen dein Reich jetzt unter uns.
Komm, unser Herr!
Christus in Ewigkeit.
Martin Stewen (2009)
Gütiger Gott,
in den Gaben von Brot und Wein
kommst du uns nahe und stärkst du uns.
Du ermutigst uns,
aus den toten Winkeln unseres Lebens hinauszutreten ins Licht,
das du selbst bist.
Dafür danken wir dir
durch Christus unseren Herrn.
- Lobpreis2
Elisabeth Fritzl (2021)
Kehrvers
Ich will dir danken, weil du meinen Namen kennst, Gott meines Lebens. (GL 433,1)
Guter und menschenfreundlicher Gott.
Wir danken dir für das Geschenk des Lebens
und für die Schöpfung,
in der dein Heiliger Geist auch heute wirkt.
Wie wunderbar hast du alles gestaltet
und uns Menschen zu einem Teil deiner Schöpfung gemacht.
Kehrvers
Wir danken dir für deine Nähe zu uns Menschen,
die in deinem Sohn Jesus Christus greifbar und spürbar wird.
Er hat sich vom Leid der Menschen berühren lassen
und tut es auch heute noch.
Ihm ist nichts Menschliches fremd,
er wendet sich auch heute den Armen und Leidgeplagten zu.
Kehrvers
Wir danken dir für deinen Heiligen Geist,
der in uns betet, wenn wir verstummen,
wenn wir vor Kummer erstarren.
Dein Geist schenkt uns Kraft und Durchhaltevermögen
und stärkt uns in schweren Zeiten.
Kehrvers
Wir danken dir und preisen dich, guter Gott.
Voll Freude singen wir dein Lob.
(Loblied)
Hans Hütter (2021)
Kehrvers:
Preiset den Herrn zu aller Zeit, denn er ist gut. (GL Ö875)
Oder:
Singt dem Herrn, alle Lander der Erde,
singt dem Herrn und preist seinen Namen. (GL 54,1)
Guter Gott und Vater, wir treten vor dich,
um dir unseren Dank und unseren Lobpreis darzubringen.
Denn zum Dasein hast du alles geschaffen
und du hast keine Freude am Untergang der Lebenden..
Den Menschen hast du zur Unvergänglichkeit berufen
und zum Abbild deines eigenen Wesens gemacht.
Kehrvers
Jesus von Nazareth hat deine Liebe zum Leben
in Wort und Tat verkündet.
Er hat Menschen in ihrer Lebensnot wahr- und ernstgenommen
und jene in die Mitte gerückt,
die von der Gesellschaft an den Rand gedrängt wurden.
Kehrvers
Er hat uns gelehrt, die Not unserer Nächsten wahrzunehmen
und zu helfen, wo Menschen in Bedrängnis geraten sind.
Er gibt uns die Kraft,
allen Raum und Aufmerksamkeit zu schenken,
die auf unsere Hilfe angewiesen sind.
Kehrvers
Wir danken dir, dass er gekommen ist,
damit wir das Leben haben und es in Fülle haben
Mit allem, was atmet, singen wir zu deinem Lob und Dank:
Danklied, z. B. Nun danke alle Gott (GL 405)
- Präfation2
Messbuch - Präfation Schweizer Hochgebet 3: Jesus geht an keiner Not vorüber
Wir danken dir, treuer und barmherziger Vater,
für Jesus, deinen Sohn unseren Herrn und Bruder.
Seine Liebe galt den Armen und Kranken,
den Ausgestoßenen und Sündern.
An keiner Not ging er vorüber.
Sein Leben und seine Botschaft lehren uns,
daß du ein Gott bist, der sich der Menschen annimmt
wie ein Vater sich um seine Kinder sorgt.
Darum loben und preisen wir dich,
wir rühmen deine Güte und Treue
und verkünden mit allen Engeln und Heiligen
das Lob deiner Herrlichkeit:
Heilig...
Präfation aus dem Schweizer Hochgebet 3
Messbuch - Präfation Sonntage 3: Die Rettung des Menschen durch den Menschen Jesus Christus
In Wahrheit ist es würdig und recht,
dir, Herr, heiliger Vater,
allmächtiger, ewiger Gott,
immer und überall zu danken.
Denn wir erkennen deine Herrlichkeit in dem,
was du an uns getan hast:
Du bist uns mit der Macht deiner Gottheit
zu Hilfe gekommen und
hast uns durch deinen menschgewordenen Sohn
Rettung und Heil gebracht
aus unserer menschlichen Sterblichkeit.
So kam uns aus unserer Vergänglichkeit
das unvergängliche Leben
durch unseren Herrn Jesus Christus.
Durch ihn preisen wir jetzt und in Ewigkeit
dein Erbarmen und singen mit den
Chören der Engel das Lob
deiner Herrlichkeit:
Heilig ...
MB Sonntage 3
- Mahlspruch1
Bibel
Lobe den Herrn, meine Seele.
Alles in mir lobe seinen herrlichen Namen.
(Ps 103,1)
Oder:
Christus spricht:
Kommt alle zu mir, die ihr euch plagt und schwere Lasten zu tragen habt,
ich werde euch Ruhe schaffen.
(vgl. Mt 11,28)
Oder:
Er, der reich war, wurde euretwegen arm,
um euch durch seine Armut reich zu machen.
(vgl. 2 Kor 8,9)
- Meditation1
Helene Renner (2021)
Ich sage dir: Steh auf
Steh auf
auch wenn alle meinen: Tot ist tot
Steh auf
wenn dich etwas umgeworfen hat
Steh auf
wenn du meinst, es geht nicht mehr
Steh auf
wenn du unendlich müde und ausgelaugt bist
Steh auf
wenn du niedergeschlagen bist
Steh auf
wenn du meinst, das Leben hat keinen Sinn
Steh auf
und lass dich von Jesus ansprechen
lass dich von ihm berühren
lass dich heilen
Er sagt auch zu dir: Steh auf
geh in Frieden
und glaube
- Schlussgebet3
Messbuch - SG 13. Sonntag: Lass uns Frucht bringen in Beharrlichkeit
Gütiger Gott,
die heilige Opfergabe,
die wir dargebracht und empfangen haben,
schenke uns neues Leben.
Laß uns Frucht bringen in Beharrlichkeit
und dir auf immer verbunden bleiben.
Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn.
MB 13. Sonntag im Jahreskreis
Messbuch - SG Palmsonntag: das Leben erhoffen, das uns der Glaube verheißt
Herr, unser Gott,
du hast uns im heiligen Mahl gestärkt.
Durch das Sterben deines Sohnes
gibst du uns die Kraft,
das Leben zu erhoffen, das uns der Glaube verheißt.
Gib uns durch seine Auferstehung die Gnade,
das Ziel unserer Pilgerschaft zu erreichen.
Darum bitten wir durch ihn, Christus, unseren Herrn.
MB Palmsonntag
Messbuch - SG Auswahl 10: vertiefe Glauben, Hoffnung und Liebe
Gütiger Gott,
die heilige Speise, die wir empfangen haben,
durchdringe uns mit ihrer Kraft.
Sie vertiefe unseren Glauben,
mache stark unsere Hoffnung
und entzünde unsere Herzen zu Werken der Liebe.
Lass das göttliche Leben, das du uns geschenkt hast,
sich entfalten und Frucht bringen für das ewige Leben.
Darum bitten wir…
MB Schlussgebete zur Auswahl 10
- Gebet zum Abschluss4
Manfred Wussow (2024)
Bevor wir auseinandergehen,
Gott, der du alle unsere Wege kennst:
Begleite uns!
Die Ferienzeit hat begonnen,
für viele beginnt sie noch.
Begleite alle Reisenden!
Viele freuen sich auf Wasser, Berge und schattige Wege.
Begleite alle, die unterwegs sind.
Morgen beginnt wieder der Alltag.
Viele können auch nicht ausbrechen.
Segne und behüte alle Menschen!
Schenke fröhliches Lachen,
offene Herzen und langen Mut.
In Christus, der Weg, Wahrheit und Leben ist.
Beatrix Senft (2021)
Jesus Christus,
du willst auch in unserem Leben heilsam wirken,
schaust uns an mit Leib und Seele.
Du siehst unsere Bedürftigkeit, Fehler und Verstrickungen,
aber auch unseren guten Willen.
Wir bitten dich,
schenke uns ein Gespür dafür,
wo du heilbringend an uns wirken willst
und mache uns zu Menschen,
die auch ihre Mitmenschen sehen –
so wie sie sind –
und befähige uns,
ihnen nach deinem Vorbild zu begegnen.
Amen.
Messbuch der Altkatholiken (2015)
Gütiger Gott,
du bist der Arzt unserer Seelen;
du heilst uns durch die Kraft dieser Speise,
Befreie uns aus den Verstrickungen unserer Fehler und Torheiten
und führe uns auf den Weg des Friedens
durch Christus, unsern Herrn. - Amen.
(Messbuch der Altkatholiken, S. 436)
Manfred Wussow (2018)
Hilf uns, Herr, an Wunder zu glauben!
Du zeigst uns die neue Welt.
Was zerbricht, heilst du.
Gehe mit uns in die neue Woche,
füge unseren Kalendern Zeiten der Stille ein
und unseren Gesprächen Worte der Liebe.
Ängstliches Schweigen sei ferne von uns,
aber dein Mut stecke uns an.
Segne deine Wunder unter uns
mit dem Geist, der die Welt verwandelt.
In Christus, unserem Herrn.
Kanon wunder-wunder-schön
Wunder, die gescheh'n.
Wunder kannst Du täglich sehn.
Wunder, wunderschön,
wunder-wunder-schön!
Liedblatt mit Noten zum Herunterladen
Text und Musik: Reinhard Burchhardt, Warburg 2006.
Hände
Hände – Dir entgegen.
Hände – um zu geben.
Hände – zum Empfangen.
Hände – gehalten auch im Bangen.
Hände – Dir zu reichen.
Hände – um zu streicheln.
Hände – Gott entgegen.
Erfüll DU, HERR,
sie mit Leben.
Beatrix Senft, unveröffentlicht
Deine Hände
Deine Hände, großer Gott,
halten unsre liebe Erde,
gibst das Leben, gibst den Tod,
schenkst uns Wasser, schenkst uns Brot,
gib auch, dass wir dankbar werden.
Unsre Welt ist wirr und bunt,
jeder will das Beste haben.
Jeder hastet Stund um Stund.
Halt uns Menschen doch gesund,
du allein verteil die Gaben.
Hilf, dass in der weiten Welt,
Kinder nicht aus Hunger sterben.
Fruchtbar mache jedes Feld,
ohne alles Gut und Geld,
keine Seele lass verderben.
Marareta Fries (1961) in: EG 424.
Gib Frieden, Herr, gib Frieden
Gib Frieden, Herr, gib Frieden,
die Welt nimmt schlimmen Lauf.
Recht wird durch Macht entschieden,
wer lügt, liegt obenauf.
Das Unrecht geht im Schwange,
wer stark ist, der gewinnt.
Wir rufen: Herr, wie lange?
Hilf uns, die friedlos sind.
Gib Frieden, Herr, wir bitten!
Die Erde wartet sehr.
Es wird so viel gelitten,
die Furcht wächst mehr und mehr.
Die Horizonte grollen,
der Glaube spinnt sich ein.
Hilf, wenn wir weichen wollen,
und laß uns nicht allein.
Gib Frieden, Herr, wir bitten!
Du selbst bist, was uns fehlt.
Du hast für uns gelitten,
hast unsern Streit erwählt,
damit wir leben könnten,
in Ängsten und doch frei,
und jedem Freude gönnten,
wie feind er uns auch sei.
Gib Frieden, Herr, gib Frieden:
Denn trotzig und verzagt
hat sich das Herz geschieden
von dem, was Liebe sagt!
Gib Mut zum Händereichen,
zur Rede, die nicht lügt,
und mach aus uns ein Zeichen
dafür, daß Friede siegt.
Jürgen Henkys (1980) 1983 nach dem niederländischen »Geef vrede, Heer, geef vrede« von Jan Nooter 1963, in: EG 430.
Neues Osterlied
Das könnte den Herren der Welt ja so passen,
wenn erst nach dem Tode Gerechtigkeit käme,
erst dann die Herrschaft der Herren,
erst dann die Knechtschaft der Knechte
vergessen wäre für immer.
Das könnte den Herren der Welt ja so passen,
wenn hier auf der Erde stets alles so bliebe,
wenn hier die Herrschaft der Herren,
wenn hier die Knechtschaft der Knechte
so weiterginge wie immer.
Doch ist der Befreier vom Tod auferstanden,
ist schon auferstanden, und ruft uns jetzt alle
zur Auferstehung auf Erden,
zum Aufstand gegen die Herren,
die mit dem Tod uns regieren.
Kurt Marti,
wurfbude.wordpress.com/2014/04/21/kurt-marti-anderes-osterlied/
Wahrnehmung
Jesus nimmt Menschen wahr, die von anderen für tot erklärt werden, die aber Leben in sich tragen und ihre Zukunft nicht aufgeben müssen. Es berührt ihn. Er nimmt das Leben ernst. Auch wenn die anderen es nicht mehr sehen, nicht mehr fühlen. Wenn Menschen aneinander vorbei laufen. Wenn nichts mehr erwartet wird. Dann kommt der Schmerz. Gib auf. Du hast in deinem Leben Pech gehabt ... Da will Jesus Menschen zu ihrem Recht kommen lassen – als Mensch, als Frau.
Auferstehung beginnt mit Aufstehen
Das will uns der Erzähler der beiden Frauengeschichten erzählen. Jesus leidet mit Menschen und lässt sich ansprechen. Er läuft nicht vorbei. Er sieht hin. Uns wird gesagt: Vertrau dich ihm an. Jemand, der so Menschen sieht, kann dir viel bedeuten. Wenn dich andere aufgeben und keine Möglichkeiten mehr sehen, richtet er dich auf und gibt dich dem Leben zurück...
Hier, in dieser Geschichte, beginnt das Aufstehen bei den Menschen selbst. Sie wagen den ersten Schritt. Der Vater, der für seine Tochter auf die Knie geht ... Die Frau, die gegen alle Regeln aus den Schatten ihres Lebens tritt und sich nach vorne wagt ...
Diese Geschichte erzählt von Menschen, Frauen, Töchter, die mit Jesus auf ihr Leben blicken und ihr Vertrauen auf ihn richten: Rühr mich an, richte mich auf.
Spurensuche
Wir lesen diese Geschichte, nachdem wir Ostern und Pfingsten gefeiert haben, das Fest von Jesu Auferstehung – und das Fest von Menschen, die ihm nachfolgen, gerufen durch seinen Geist. Heute begegnen wir Menschen, Frauen, die ihm nahe kommen, seine Stimme hören und die Kraft entdecken, die sie zum Leben weckt. Sie suchen seine Spur, um durch ihn wieder Leben zu haben.
Zwei Frauen ... eine junge, eine ältere. In dieser Geschichte stehen sie für viele andere Frauen, denen das Leben nicht mehr glückt, die verneint werden, klein gehalten, nicht wahrgenommen, für tot erklärt. Aber dann kommt Jesus von Nazareth in die Stadt. Er sagt: Töchter, steht auf – und geht – in Frieden.
Predigt von Prof. Dr. Jaap de Lange (02.07.2006) Töchter, steht auf! - Das Aufstehen beginnt bei uns selbst.
Gottes universaler Heilswille
Gottes Liebe, die uns aus reiner Barmherzigkeit erwählt und ins Leben gerufen hat und aufgrund derer sich Jesus Christus am Kreuz für uns hingegeben hat, ist endgültig und kann mit dem Tod nicht einfach aufhören. Die Antwort kann freilich auch nicht die Erwartung eines Happy End sein, nach dem Motto »es wird schon gut gehen«. Gott nimmt uns gerade in seiner Barmherzigkeit ernst; er will uns Menschen und unsere Freiheit nicht überrumpeln und nicht übergehen. Es kommt also auch auf unsere Entscheidung und auf unsere Antwort auf das Angebot der Liebe Gottes an. Liebe kann und wird um den anderen werben, zwingen kann und will sie ihn nicht. Gottes Liebe will also erwidert werden; sie kann aber vom Menschen auch ignoriert und zurückgewiesen werden. Da wir auf Gottes Liebe hin geschaffen sind, bedeutet die Abweisung der Liebe Gottes die Selbstverneinung des Menschen und damit das Unglück des Menschen, theologisch gesprochen: den Verlust seiner ewigen Seligkeit. Das macht den Ernst des Lebens und unserer Freiheit aus. Unsere Lebensentscheidung ist eine Entscheidung auf Leben und Tod.
Aus: Walter Kardinal Kasper, Barmherzigkeit. Grundbegriff des Evangeliums – Schlüssel christlichen Lebens. Herder Verlag, Freiburg Basel Wien 2012.
Was ist der Mensch?
Was ist der Mensch, daß du an ihn denkst, des Menschen Kind, daß du dich seiner annimmst?
Psalm 8,5
Uralte Frage: Was ist der Mensch? Diese Frage verstummt nie. Gibt es keine Antwort?
Wir sehen die Nachrichten im Fernsehen. Abend für Abend die Bilder, was überall auf der Welt Menschen tun und sich antun - da kann diese Frage immer wieder da sein: Was ist der Mensch? Soviel Leid, soviel Bosheit, aber auch soviel wunderbares schöpferisches Werk! Wir schauen in die Menschheitsgeschichte, wir schauen in unsere eigene Geschichte - der Mensch ein Rätsel, das nicht zu lösen ist. Wir stehen am Krankenbett eines jungen Menschen. Noch vor ein paar Monaten blühendes Leben - und jetzt gezeichnet von völliger Hinfälligkeit. Wir haben uns von dem von der Todeskrankheit Gezeichneten verabschiedet, und auf dem Heimweg ist wieder diese Frage in uns: Was ist der Mensch?
Die Frage wandelt sich: Was bin ich? Auch diese Frage verstummt nie. Sie fragt nicht nach meinem Beruf, sondern geht viel tiefer. Ich stehe vor dem Spiegel und schaue mir selber in die Augen: Was bin ich? Wer bin ich denn eigentlich?
Auch der Psalm hat diese Frage: Was ist der Mensch? Wie mit großem Erstaunen läßt der Psalmbeter die Frage weitergehen: „Was ist der Mensch, daß du an ihn denkst, des Menschen Kind, daß du dich seiner annimmst?" Und wieder wandelt sich das Wort: Was bin ich, daß du an mich denkst, daß du dich meiner annimmst?
In der Frage steckt die Antwort: Er denkt an mich! Ich bin nicht verloren in Raum und Zeit! Ich bin nicht vergessen! Er nimmt mich an! Er sagt ja zu mir! - Ein anderer Psalm (18) geht sogar soweit zu sagen: „Er hat an mir Gefallen!"
"... daß du an ihn denkst": Er denkt an mich. Und sein Denken ist praktizierte Liebe, denn Gott ist Liebe! Fast unglaublich will uns das Vorkommen: der große, ewige Gott - und ich, der winzige Mensch: Er denkt an mich, er nimmt mich an, er liebt mich!
Wer bin ich denn, daß er mich liebt? Bin ich denn liebenswürdig vor Gott? Warum liebt er mich? Die tiefste Begründung sagt Angelus Silesius in dem Vers:
Gott ist des Lebens Buch.
Ich steh in ihm geschrieben
mit seines Lammes Blut -
wie sollt er mich nicht lieben!
Das ist der tiefste Grund dafür, daß Gott liebend an mich denkt: Der Sohn Gottes hat sich für mich dahingegeben!
Mein Gott, ich danke dir, daß du an mich denkst. Ich danke dir, daß du mich annimmst. Gib mir die Kraft aus diesem Dank heraus auch meinen Mitmenschen anzunehmen, den du annimmst, wie du auch mich angenommen hast.
Aus: Johannes Bours, Ich werde ihm den Morgenstern geben. Worte für den Lebensweg. Herder Verlag, Freiburg Basel Wien 1988.
Eine Frage der Übersetzung
Der Ausgangspunkt der Gotteslehre war und ist bis heute die Namensoffenbarung Gottes vor Mose am brennenden Dornbusch. Als Mose den sich offenbarenden Gott nach seinem Namen fragte, erhielt er die Antwort »Ich bin der ist da«, was aufgrund der griechischen Übersetzung in der theologischen Tradition mit »Ich bin, der ich bin« übersetzt wurde (Ex 3,14) Hinter dem Unterschied zwischen dem ursprünglichen hebräischen Text und der griechischen Übersetzung steht der Unterschied zwischen dem hebräischen und griechischen Denken. Das Verb »sein«, das in »ich bin« steckt, meint im Hebräischen im Unterschied zum Griechischen kein ruhendes, sondern ein dynamisches Sein; es bedeutet nicht einfach »existieren«, sondern konkret »da sein«, und zwar da sein mit und für andere. Die Antwort, die Jahwe dem Mose gibt, besagt also: »Ich bin, der für euch da ist, der mit euch und bei euch ist.« Der Name Gottes ist also eine Zusage und eine Verheißung. Als dann das hebräische Alte Testament in hellenistischer Zeit um 200 v. Chr. in Alexandrien in der sogenannten Septuaginta ins Griechische übersetzt wurde, wurde die Namensoffenbarung Gottes im Sinn der griechischen Seins-Philosophie gedeutet. Entsprechend übersetzte die Septuaginta: »Ich bin der Seiende«.
Diese Übersetzung hat Schule gemacht und das theologische Denken über viele Jahrhunderte bis heute geprägt. Um deutlich zu machen, dass Gott kein Seiendes neben oder über allen anderen Seienden ist, wurde Gott nicht als »der Seiende«, sondern als »das Sein selbst« (ipsum esse subsistens) bestimmt. Dieser Begriff wurde zum eigentlichen Namen Gottes.
Aus: Walter Kardinal Kasper, Barmherzigkeit. Grundbegriff des Evangeliums – Schlüssel christlichen Lebens. Herder Verlag, Freiburg Basel Wien 2012.
Vertrauensvolle Zuneigung
Ich hoffe auf Dich Gott
Du neigst Dich mir zu
und hörst mein Schreien
Auch in Zeiten der Oberflächlichkeit
und der Resignation
traue ich Dir wundervolles zu
Du
durchbrichst unsere Gleichgültigkeit
Du
durchkreuzt unsere Kleinherzigkeit
Du
heilst unsere Lahmheit
holst uns heraus aus Sattheit und Langeweile
stiftest uns zum sinnvollen Handeln an
damit wunderbares geschieht und
Menschen sich neu begegnen können
Türen und Herzen sich zur Gastfreundschaft öffnen
Dank
sei Dir immer gesungen
(Nach Psalm 40,2)
Aus: Pierre Stutz, Du hast mir Raum geschaffen. Inspiriert von den Psalmen. Herder Verlag, Freiburg Basel Wien 2003.
Ein perfektes Kind - wer wünscht sich das nicht?
Wenn Männer und Frauen Eltern werden, dann erträumen sie sich ihr Eltemglück oft in den buntesten Farben. Ihr Kind wird sicher etwas ganz Besonderes werden! Gesund sollte es sein, selbstverständlich! Aber nicht nur das: intelligent und hübsch und charmant und kreativ natürlich auch! Und später würde es dank der guten Erziehung höflich sein, gutes Sozialverhalten aufweisen und ein Instrument spielen. Schön wäre auch, wenn das Kind meist fröhlich wäre, sich gut selbst beschäftigen könnte und nicht so viel störte. Ein solches Kind wäre sicher auch beliebt und hätte viele Freundinnen und Freunde. Ob es sportlich sein sollte, hängt von den Veranlagungen der Eltern ab, aber Selbstbewusstsein und Durchsetzungsfahigkeit dürfen heute auf keinen Fall fehlen. Eltern eines solchen Kindes zu sein - oder am besten mehrerer solcher Kinder - müsste doch das reine Glück bedeuten und die Eltern unendlich stolz machen!
Die Träume von Eltern für ihre Kinder sind ähnlich glänzend und maßlos wie die Träume Heranwachsender von ihren Partnerinnen und Partnern. Sie haben viel mit unseren Sehnsüchten und wenig mit der Realität zu tun. Solange wir das wissen, sind solche Träume etwas Wunderschönes. Sie erhöhen die Vorfreude auf die Geburt eines Kindes. Und wenn das Kind dann da ist und es seinen Eltern vorkommt wie das süßeste, hübscheste, vollkommenste und begabteste aller Kinder, dann sind es die Augen der Liebe, die all das in dem Baby sehen. Und die Augen der Liebe haben immer Recht, denn sie eröffnen dem Kind eine weite Zukunft. Ohne die Möglichkeiten, die liebende Eltern in ihren Kindern angelegt sehen, können sich Kinder nur schwer entfalten. Eltern stehen immer in der Versuchung, die eigenen Kinder nach den eigenen Vorstellungen formen zu wollen. Und die Möglichkeiten des Formens haben heute Ausmaße angenommen, die für Eltern noch vor 25 Jahren undenkbar waren, vor allem durch die Entwicklungen in der Pränatalmedizin und in der Kinder- und Jugendpsychiatrie.
Christiane Kohler-Weiß in: Leben 2010. Ein Lesebuch. Herder Verlag, Freiburg Basel Wien 2009.
Frauenkarriere mit Stolpersteinen
Der "EU-Genderbericht" stellt Österreich kein gutes Zeugnis aus. Männerseilschaften funktionieren (noch).
Warum nur ist in Österreich der Anteil von Frauen in Führungspositionen in den letzten Jahren gesunken statt gestiegen? "Weil Österreich ein zurückgebliebener Machoverein ist", sagt ein männlicher Spitzenmanager trocken (Name der Redaktion bekannt).
Diplomatischer ausgedrückt, haben in Österreich Männerseilschaften immer eine große Rolle gespielt: CV, Rotarier, Freimaurer, Professorengesellschaften. War irgendwo ein Job zu vergeben, erinnerte man sich flugs an einen Bruder im Geiste. Zwar verlieren solche Kreise an Bedeutung. Neben den formellen Netzwerken gab und gibt es aber auch noch informelle: Die Bier- oder die Sportrunde nach der Arbeit ist traditionell ebenfalls eher männlich dominiert.
Nicht erst seit gestern bemühen sich Frauen, diese Stolpersteine wegzuräumen. Was wurde da nicht alles ins Leben gerufen! Frauenquoten bzw. positive Diskriminierung, eigene Netzwerke, Mentoring-Programme, Gendergerechtigkeit im Unterricht bis zur teilweisen Aufhebung der Koeduktion. Das wird zwar oft lächerlich gemacht, hat aber teilweise etwas gebracht - zumindest bei den Bildungsabschlüssen. Unter den Jüngeren, das zeigt auch der EU-Bericht, herrscht Geschlechtergerechtigkeit - eine Aufholjagd, die jedoch im Nirgendwo endet. Denn eigentlich ist es nur in der Politik unmodern geworden, keine Frauen in der ersten Reihe sitzen zu haben. Wer die vielen monogeschlechtlichen öffentlichen Diskussionsrunden beobachtet, kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass in Österreich nur Männer das Sagen haben.
Subjektiv fühlen die sich manchmal trotzdem von den "Powerfrauen" an die Wand gedrängt. Manche greifen zur perfiden Gegenstrategie: Frauen, die an der Spitze stehen, werden lächerlich gemacht. Ihnen wird vorgeworfen, was man über Karrieremänner nur selten hört: Dass sie den Job ausschließlich der guten Verbindung zu diesem oder jenem Mächtigen verdankten. Und dass sie in Wahrheit unfähig seien, ein dummer Trampel eben.
Es ist ein Klischee, aber trotzdem wahr: Frauen an der Spitze werden kritischer betrachtet. Gleichzeitig haben sie viel zu oft eine dünne Haut und nehmen Auseinandersetzungen persönlich, die ihre Kollegen schon am nächsten Tag wieder vergessen haben. Stecken sie Rempeleien kühl lächelnd weg, gelten sie als "emotional kalt", siehe Hillary Clinton. Sie löste das Dilemma mit einem kleinen Tränenausbruch während des Wahlkampfs, was ihr wiederum als Taktik ausgelegt werden und folglich ebenso auf den Kopf fallen könnte.
Österreich ist gesellschaftspolitisch nicht liberal: Darüber, wie jemand zu leben hat, haben alle anderen immer ziemlich präzise Vorstellungen. Zumindest bis zum Kindergartenalter sieht man Mütter lieber daheim. Umgekehrt betrachten all jene (städtischen) Frauen, die bald wieder arbeiten gehen, ihre nicht-berufstätigen Geschlechtsgenossinnen mit arroganter Herablassung. Rabenmütter kontra Hausmütterchen, und Teilzeitjobs gelten auch irgendwie als pfui, weil Arbeitnehmervertreter dabei immer argwöhnen, dass das nicht freiwillig geschieht.
Kinder werden - speziell in Firmen - sowieso als reine Frauenangelegenheit betrachtet. Das hemmt den Aufstieg weiblicher Beschäftigter mit und ohne Kinder und ist auch für aktive Väter ein Problem, die schnell als Softies gebrandmarkt sind, die unter dem Schlapfen stehen. Voraussetzung für eine Karriere ist unsichtbarer Nachwuchs, am besten keiner. Die öffentliche Hand hat immer viel Geld in familiäre Direktleistungen, aber zu wenig in Kinderbetreuungseinrichtungen (auch in deren Qualität!) investiert. Aber nicht alles kann der Staat leisten. Es ist deshalb zu hoffen, dass die SPÖ im nächsten Wahlkampf nicht auch noch den Kinderbetreuungsnotstand entdeckt und wie bei der Pflege einen halbwegs funktionierenden privaten Markt vergesellschaftet und damit noch weiter verteuert.
Nicht zuletzt ist die Zeit-Lücke für Frauen zwischen der Phase, in der sie "gefährdet" sind, Kinder zu bekommen oder tatsächlich welche haben, und dem Alter, ab dem sie "zu alt" für eine Karriere sind, knapper bemessen als anderswo. Das frühere Pensionsalter fällt ehrgeizigen Arbeitnehmerinnen auf den Kopf.
Dass sich Unterrichtsministerin Claudia Schmied nun entschlossen hat, nur weibliche Unirätinnen zu nominieren, ist nicht elegant, aber mutig und notwendig. Denn an den Unis sind die "old boys networks" offenbar noch immer sehr eng geknüpft.
martina.salomon@diepresse.com
("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.01.2008)
24.01.2008 | 18:18 | MARTINA SALOMON (Die Presse)
© DiePresse.com
Verschwörung
Die skurrile Theorie eines spanischen Bischofs - die Unesco wolle die halbe Menschheit homosexuell machen - hat einen ernst zu nehmenden Hintergrund.
Vor ein paar Tagen hat der katholische Bischof von Córdoba, Demetrio Fernández González, in einer Predigt erklärt, die Unesco habe den Plan, dass in den nächsten 20 Jahren die Hälfte der Weltbevölkerung homosexuell werde. Das versuche sie durch verschiedene Programme der Gender-Ideologie, die davon ausgehe, dass niemand als Mann oder Frau geboren werde, sondern sich sein Geschlecht aussuchen könne. Vom Unesco-Plan habe ihm vor wenigen Tagen der "Familienminister" des Vatikans, Kardinal Ennio Antonelli, berichtet.
Außer unzähligen höhnischen Kommentaren gibt es dazu keine Reaktionen. Man würde doch erwarten, dass Kardinal Antonelli sich berichtigend zu Wort meldet. Aber über allen Gipfeln ist Ruh. Das jüngste Dokument auf seiner Homepage stammt aus dem Jänner 2009, und eine Mail-Adresse, um bei einem Sekretär anzufragen, gibt es nicht. Bei rund 4900 katholischen Bischöfen ist es schon rein statistisch erwartbar, dass gelegentlich einer einmal etwas Schrulliges sagt. Aber das Ausbleiben offizieller Reaktionen der Kirche macht es für Außenstehende schwerer, sie in der Diskussion ernst zu nehmen.
Und der Gender-Begriff ist tatsächlich höchst diskussionswürdig. Es gibt unter diesem Übertitel einen Bereich, wo sich Ideologie und Wissenschaft vermengen. Wo postuliert wird, dass es ein biologisches Geschlecht (Sex) gibt und ein soziales (Gender), das mit dem biologischen nichts zu tun hat, sondern von der Gesellschaft konstruiert und perpetuiert wird. Nach dieser Auffassung ist Gender tatsächlich - wenn man es schafft, sich über die Konventionen hinwegzusetzen - wählbar und soll auch frei gewählt werden. Dem steht nun die Auffassung gegenüber, dass die Frauen- und Männerrolle sehr wohl von der Biologie vorgegeben wird. Es liege in der Natur (bzw. in der Schöpfungsordnung), wie ein "richtiger Mann" und eine "richtige Frau" seien.
Es geht da um die alte Frage, ob der Mensch sein Lebensglück eher findet, wenn er sich frei von Vorgaben macht, oder eher, wenn er einer von der Natur (oder Gott) vorgegebenen Bestimmung folgt. In einem weiteren Schritt geht es dann um die Frage, was die Aufgabe der Gesellschaft bzw. des Staates sein soll: Geschlechterrollen zu dekonstruieren oder zu affirmieren (oder sich da rauszuhalten).
Bischof Fernández hat seiner Kirche in dieser wichtigen Frage wohl keinen großen Dienst erwiesen. Außerdem: Dass die halbe Menschheit homosexuell würde, wenn sich die Gender-Ideologie durchsetzt, sollte gerade er nicht glauben. Denn wenn die Natur (oder Gott) den Menschen als Mann und Frau erschafft und sie grundsätzlich aufeinander hin ordnet, dann müsste doch eine abweichende Entscheidung des Individuums langfristig jedenfalls die Ausnahme bleiben.
michael.prueller@diepresse.com
08.01.2011 | 17:48 | Michael Prüller (Die Presse)
© DiePresse.com
Geben und Nehmen
Die gewöhnliche Frage: "Was sollen wir tun?" muss mit der ungewöhnlichen Frage: "von wo empfangen wir etwas?" beantwortet werden. Die Menschen müssen wieder verstehen lernen, dass man nicht viel geben kann, wenn man nicht viel empfangen hat. Die Religion ist in erster Linie eine geöffnete Hand, eine Gabe entgegen zu nehmen, und erst in zweiter Linie eine tätige Hand, Gaben auszuteilen.
Paul Tillich, in: Waldemar Wolf/Renate Spennhoff (Hg.), Miteinander hoffen, Biblische Texte, Gebete und Betrachtungen. Verlag Katholisches Bibelwerk, Stuttgart 1995.
Die Warner
Wenn die Leute dir sagen:
"Kümmere dich nicht
soviel
um dich selbst"
dann sieh dir
die Leute an
die dir das sagen:
An ihnen kannst du erkennen
wie das ist
wenn einer
sich nicht genug
um sich selbst
gekümmert hat
Aus: Erich Fried, Beunruhigungen, Gedichte. Wagenbach-Verlag, Berlin 1985.
Und er hat mich nicht geheilt
Ich habe mich an ihn herangedrängt.
Ich habe ihn berührt
und habe gehofft.
Und er hat mich nicht geheilt.
Geheilte Frau,
hilf mir verstehen,
dass er mich dennoch sieht,
dass er mich dennoch liebt,
dass er mich dennoch rettet.
Hilf mir glauben,
dass er mich heilt -
vielleicht anders.
Hilf mir glauben: Er will mein Heil.
Aus: Marie-Luise Langwald, Frauen-ge-danken. Klens-Verlag, Düsseldorf 1990.
Talita kum
Manchmal glaube ich,
deine Hand zu spüren,
die mir Heilung schenkt.
Manchmal glaube ich,
deinen Ruf zu hören,
der mich aufstehen heißt.
Manchmal glaube ich,
deine Kraft zu fühlen,
die mich leben lässt.
Talita kum!
Deine Hand spüren
in meiner Krankheit,
deinen Ruf hören
in meiner Lähmung,
deine Kraft fühlen
in meinem Tod -
ich lausche.
Sprichst du zu mir?
Aus: Marie-Luise Langwald, Frauen-ge-danken. Klens-Verlag, Düsseldorf 1990.
"Berühren berührt…"
...ist wohl der beste Einstieg für ein Plädoyer für die zärtlichste Form der Sexualität. Die Sehnsucht nach Berührung ist so alt wie die Menschheit selbst. Und nicht nur Menschen wollen berührt werden, unsere nächsten Verwandten, die Menschenaffen, zeigen ganz ähnliche Verhaltensmuster. Denken Sie an die "berührenden" Bilder einer Orang-Utan-Mutter, die ihr Kleines stillt oder die Äffchen im Zoo, die sich lausen. Der taktile Reiz, eben das Berühren der Haut schafft Emotionen, berührt also die Seele. Das Wort "Berühren" hat nicht umsonst diese übertragene Bedeutung, das Berühren der Seele, das Schaffen von Emotionen.
"Ich berühre Dich!" beschreibt das rein mechanische Berühren mit der Hand, aber auch das Erreichen der Herzens. Man ist berührt, wenn man berührt wird, da will man etwas sagen, da meint man etwas".
Die Haut ist durchsetzt mit tausenden von Sinneszellen, die den mechanischen Reiz in elektrische Impulse umsetzen und an das Gehirn melden. Ist die Berührung unerwünscht wird Stresshormon freigesetzt, empfindet man sie als angenehm, schafft sie Vertrauen. So unromantisch es klingen mag, auch "Vertrauen" hat ein biologisches Äquivalent, das Hormon Oxytocin. Oxytocin ist das Vertrauenshormon, es schafft Bindungen und positive Emotionen gegenüber Menschen.
Oxytocin, das Bindungshormon
Vertrauen ist zwar ein Begriff aus der Psychologie, doch wie alle psychischen Phaenomene hat auch er ein biologisches Äquivalent: das Oxytocin.
Taktile Reize führen bei Männern und Frauen zur Freisetzung großer Mengen von Oxytocin aus der Hypophyse. Versuche haben gezeigt, dass dieses Hormon Vertrauen in andere Menschen schafft, ohne die generelle Risikobereitschaft zu erhöhen. Es hemmt das Stresshormon Cortisol und führt so zu größerer Bereitschaft, Konflikte in Frieden zu lösen.
Oxytocin hemmt nicht nur das Stresszentrum sondern auch das Kritikzentrum im Frontalhirn, es ist also das biologische Äquivalent zur "rosaroten" Brille. Wir wussten immer schon, dass Liebe blind macht (Shakespeare), jetzt wissen wir auch warum.
Zärtlichkeiten führen also an Männern und Frauen zur Freisetzung von Oxytocin. Dies schafft Vertrauen, entstresst und lässt sogar die Schwächen des geliebten Partners in einem guten Licht erscheinen.
So einfach ist das: Berühren Sie sich!
Über den Körper die Seele berühren
In der IGM-Körpertherapie werden grundlegende Konzepte aus Gestalttherapie, transpersonaler Psychotherapie und Körperpsychotherapie berücksichtigt. Die Basis bilden berührende Techniken der Integrativen Gestalt Massage (IGM). Durch die erlernten Griffe und Abläufe gewinnt der oder die IGMTherapeut( in) immer mehr an Sicherheit im Körperkontakt und erlebt die langen ruhigen Berührungen nicht nur als haltgebend, sondern auch als raumlassend. Mit der Übung wächst das Einfühlungsvermögen und man lernt, tiefer zu berühren. Erlerntes und Erfahrenes fließen zusammen und verbinden sich immer mehr mit dem eigenen inneren Wissen (Intuition). Nachdem der ganze Körper berührt worden ist, wird nun in die Differenzierung gegangen. Mehr und mehr gewinnen die Hände die Freiheit dorthin zu gehen, wo es sie hinzieht. Es kann überraschend sein, welche Körperstellen sie ausfindig machen und für welche Berührungsinterventionen man sich intuitiv entscheidet.
Manchmal ruhen die Hände auch für eine Weile. Das kann am Kopf, auf dem Bauch oder an mehreren Körperstellen hintereinander sein. Der oder die IGMTherapeut(in) wird zum aufmerksamen Beobachter, nimmt wahr wie sich das Körpergewebe entspannt, ein Pulsieren spürbar wird und Veränderung passiert. Durch Berührung wird das "Körpergedächtnis" aktiviert. Sobald diese Körperstellen mit den Händen in Kontakt kommen, können Erinnerungen, die in Muskeln, Knochen, Organen oder im Gewebe gespeichert sind, abgerufen werden. Klient(inn)en werden aufgefordert, zu diesen Stellen hinzuatmen, die Spürzonen zu aktivieren und darauf zu achten, welche Gefühle und Bilder sich dazu einstellen. Dabei werden körperliche Beschwerden als Botschaften der Seele miteinbezogen. Der oder die IGMKörpertherapeut(in) massiert die entsprechende Stelle, verändert den Druck und reagiert auf den Körper. Auch die oder der Klient(in) kann unterstützend sagen, was diese Körperstelle noch brauchen könnte und berichtet, was sich verändert etwa, dass es leichter geworden ist oder sich freier anfühlt. Immer wieder unterstützen die Therapeut(inn)en ihre Klient(inn)en dabei, die eigene Aufmerksamkeit auf den inneren Körper und Empfindungsraum zu richten: einfach hinspüren und wahrnehmen, was im Augenblick passiert, ohne Bewertung oder inneren Kommentar Gefühle zuzulassen, sie nicht zu verstärken, sondern sie sein zu lassen, wie sie sich zeigen möchten. Durch die Körperinterventionen kommen Prozesse in Bewegung, kann sich innerlich etwas verdichten, das bisher zurückgenommen und verkapselt war. Lebhafte Erinnerungen können auftauchen und Verletzungen bewusst werden. Klient(inn)en berichten nach solchen Sitzungen zum Beispiel: "Ich habe meine Traurigkeit wieder gespürt, hemmungslos weinen können, fühlte mich gelöst und innerlich ruhig, hatte das Gefühl der Mittelpunkt zu sein, fühlte mich wie ein Baby im Wickelpolster..."
In der Nachbearbeitung geht es darum, Themen, Geschichten oder auch zentrale Muster herauszukristallisieren, um mit ihnen in einen erfahrungsorientierten Prozess einzutreten, in dem das ganze Spektrum der Körperlichkeit miteinbezogen wird. Sprachfindung, Körperfindung, Symbolisierung, Handlung und Sein werden zusammengeführt.
www.annamaurer.at/ueber-den-koerper-die-seele-beruehren.html
Pluralität
In der
berühmten modernen
Kirche
aus Beton und Glas,
die ich besuchte,
waren selbst die Gläubigen
aus Beton.
Aber in Stereo,
stromlinienförmig,
floss der Gottesdienst
an mir vorbei.
Nicht weit davon,
in einer
sagenhaft vergammelten
alten Kirche,
zerflossen
zwei Dutzend Kerzen
beim heiligen Antonius
vor Rührung.
Ein seltsamer Besuch
Eine junge Frau klopfte an die Pforte des Predigerklosters und verlangte nach Meister Eckhart.
"Wen soll ich melden?", fragte der Pförtner.
"Ich weiß es nicht."
"Warum wisst Ihr das nicht?"
"Weil ich weder ein Mädchen bin noch ein Weib noch ein Mann noch eine Frau noch eine Witwe noch eine Jungfrau noch ein Herr noch eine Magd noch ein Knecht."
Der Pförtner schüttelte den Kopf und suchte Meister Eckhart: "Kommt und schaut den seltsamen Besuch an, der Euch zu sprechen wünscht!" Eckhart eilte zur Pforte und erkundigte sich, wer ihn zu sprechen wünsche. Und die Frau wiederholte ihre rätselhafte Antwort.
Eckhart wurde nachdenklich und bat sie um eine Erklärung. Die Frau antwortete, dass keine dieser Rollen sie im Innersten ausmache: "Von alledem bin ich keines."
Leise sagte der Meister später zu seinen Brüdern: "Jetzt habe ich den allerlautersten Menschen getroffen, der mir je begegnet ist."
Wer diese Geschichte zum ersten Mal hört, wird wohl wie der Pförtner den Kopf schütteln. Was soll das? Warum sagt die Frau nicht, wer sie ist? Wozu diese Geheimnistuerei?
Das gesellschaftliche Ritual läuft anders ab: Wer gebeten wird, sich vorzustellen, nennt zuerst seinen Namen, dann den Beruf, vielleicht das Alter oder den Wohnort. Wenn in einer Tischrunde, zum Beispiel bei einer Geburtstagsfeier, die Anwesenden vorgestellt werden, dann ebenfalls mit Name, Beruf und anderen Äußerlichkeiten mehr. Doch dies sind alles Etiketten, die schnell wieder verbleichen, abfallen oder manchmal auch abgerissen werden. Der Mensch ist mehr als ein Funktionsträger, welcher diese oder jene Rolle spielt.
Es ist wohl kein Zufall, dass in der Legende eine junge Frau so spricht. In der Symbolsprache steht die Jungfrau für einen Menschen, der frei ist von allen äußeren Bindungen. Sie ist nicht "verheiratet" mit den Rollen, die sie übernimmt, oder den Funktionen, die sie ausübt. Sie ist ledig von allen äußeren Zuschreibungen. Sie ist sie selber. Wer aber ist das? "Ich weiß es nicht."
Die junge Frau bewahrt sich gewissermaßen ihre Unschuld, indem sie sich mit keiner möglichen Definition ihrer Person identifiziert: "Von alledem bin ich keines." Alles, was du meinst, das bin ich nicht, und was ich bin, das weiß ich nicht.
Auch diese Frau könnte problemlos aufzählen, sie sei die und die und mache dies und das. Eine solche Antwort hätte der Pförtner auch erwartet. Aber sie verweigert sich solch oberflächlichen Zuschreibungen, die vielleicht gar nichts mit ihrem eigentlichen Wesen zu tun haben. Sie streift alle möglichen Etiketten ab, bis gar nichts mehr übrig bleibt, was sie über sich aussagen könnte. Sie steht gewissermaßen nackt da. Und das scheint sie nicht zu bekümmern. Sie ist frei.
Dieses Vorgehen gleicht dem eines Bildhauers, der alles wegschlägt, was nicht zum Bild gehört, um das Eigentliche hervorzuholen. Eine Schicht nach der anderen wird abgetragen. Ich bin nicht mein Name, nicht meine Körpergröße, nicht mein Beruf. Ich bin nicht meine Leistungen und nicht meine Defizite. Nicht meine Stärken und nicht meine Schwächen. Nicht meine Gesundheit und nicht meine Krankheit. "Von alledem bin ich keines." Das alles sind äußere Dinge, die vorübergehen, keinen Bestand haben und einen Menschen nicht wirklich ausmachen, auch wenn sie im Moment wichtig sein mögen.
Von dieser unbekannten Frau lerne ich, genau darauf zu achten, wie ich mich definiere: Sätze wie "Ich bin dies un das" oder "Ich bin so und so" sind gefährlich. Ich täusche da-mit die anderen ebenso wie mich selber. Ich lege mich auf ein bestimmtes Bild meiner selbst fest, das mit der Wirklichkeit meiner Person nur bedingt übereinstimmt. Denn: Ich bin nicht dies und das, ich bin nicht so und so - ich bin auch ganz anders. Nein: Ich bin. Das ist alles.
Was bleibt am Schluss? Eine heilige Mitte. Ein unteilbarer Kern. Ein Individuum, wörtlich übersetzt: Ein Unteilbares. "Individuum est ineffabile", sagt der mittelalterliche Franzis-kaner und Philosoph Wilhelm von Ockham: "Das Individuum, die Person, ist unaussagbar."
Im Innersten ist jeder Mensch ein Geheimnis. Freilich wissen es die wenigsten.
Aus: Lorenz Marti, Wie schnürt ein Mystiker seine Schuhe? Die großen Fragen und der tägliche Kleinkram. Herder Verlag Freiburg Basel Wien 2006.
Martin Stewen (2009)
Manfred Wussow (2006)
Claudia Simonis-Hippel (2006)
Reinhard Gruber (2000)