In der Zwickmühle
Die meisten werden das Brettspiel Mühle kennen. Wer es schafft, drei Steine in einer Reihe zu haben, nimmt dem anderen einen Stein weg. Wer am Ende noch Steine hat, ist Sieger. Um zu siegen, ist es oft das Ziel, mehrere Reihen zu bilden, dass jeder Zug ein Gewinn wird. Es ist die berühmte Zwickmühle. Wenn der Mitspieler die schafft, ist die Niederlage klar.
Mir kommt der Gesetzeslehrer vor wie in einer Zwickmühle. Seine Frage nach dem wichtigsten Gebot sollte eine Probe sein. Jesus sollte eine falsche oder nicht ausreichende Antwort geben. Damit hätten sie Jesus gehabt. Aber es kommt anders.
Die Antwort Jesu mit dem Doppelgebot macht den Mann wehrlos. "Liebe Gott und liebe deinen Nächsten wie dich selbst!" (Mt 22,37-39) lautet die bekannte Zusammenfassung. Damit hatte der Gesetzeslehrer nicht gerechnet. Nun blieb ihm keine weitere Frage mehr. Was immer er gegen Jesus anführen wollte, es war kein Handeln aus Liebe mehr. Aus und vorbei mit dem Versuch, Jesus aufs Glatteis zu führen. In allen Versuchen wäre es kein Handeln aus Liebe Jesus gegenüber. Es wäre ein Handeln gegen die Größe und Würde des Nächsten.
Eine Frage des Kaffees und der Gerechtigkeit
Liebe Gott und deinen Nächsten wie dich selbst - das ist weiter Gottes Anfrage an uns. Was ist möglich und was ist sinnvoll? Was hat welche Konsequenzen für alle Seiten?
Nehmen wir als Beispiel den Kaffee. Da hat jemand Geburtstag und soll von der Pfarrei ein Paket Kaffee bekommen. Oder es gibt den Kirchenkaffee nach der Messe oder das Frühstück nach der Morgenmesse. Welcher Kaffee wird gekauft? Mit Blick auf die Kasse das Sonderangebot aus dem Supermarkt? Oder mit Blick auf die Zusammenhänge der Transfairkaffee aus dem Eine-Welt-Laden? Welches Zeichen soll gegeben werden? Welche Botschaft bleibt dann bei den Menschen hängen?
Bei der Weihe einer neuen Kirche hörte ich einen Bischof sagen: "Es wird bei der Gelegenheit gern darauf hingewiesen, wie hoch die Spenden für die neue Kirche waren. Erlauben Sie mir aber die Frage: Wie war das mit den Kollektenergebnissen für Misereor, Adveniat oder andere Aktionen? Haben diese Werke weiter die Mittel bekommen wie bisher? Können sie weiter ihre Not wendende Hilfe leisten und Sie als Gemeinde freuen sich doch über ihre neue Kirche?"
Es steht auf manchen Einladungen zu runden Geburtstagen oder Jubiläen: "Ich habe schon alles. Darum bringen Sie bitte nichts mit, sondern unterstützen Sie das Projekt XY, das mir/uns am Herzen liegt." Wie reagieren wir darauf? Erfülle ich die Bitte, die da geäußert wird? Wie wohl oder unwohl fühle ich mich, wenn ich zur Feier wirklich mit leeren Händen komme? Alle anderen Gäste haben doch etwas dabei...
Nächstenliebe Fremden gegenüber
Die Lesung aus dem Buch Exodus ist mit dem Satz "einen Fremden sollst du nicht ausnützen oder ausbeuten" ist auch heute eine Herausforderung. Dahinter stand die Erfahrung des Volkes Israel, das selbst in der Fremde gewesen war. Es hatte erlebt, wie Menschen mit ihnen umgingen. Es hatte erlebt, was ihnen gut tat und was nicht. Sie brachten diese Erfahrung mit Gott in Verbindung. Er war es doch, der einen guten Lebensplan garantieren wollte. "Wenn du mich liebst, gib die Liebe weiter an die Menschen, die sie brauchen." So fasse ich die Worte zusammen. Was der Notleidende für das Leben braucht, soll er bekommen. Aber was ist das genau? Und wie soll das gegeben werden? Wie trifft uns dann das Wort des Papstes zur Kirche der Armen? Wo genau ist dann unser Platz angesichts der Flüchtlinge, die zu uns ins Land kommen? Was trifft mich, und was lässt mich kalt?
Die Anweisung aus dem Buch Exodus ist Jahrtausende alt. Es gab diese Probleme in der Menschheitsgeschichte immer wieder. Auch wir in Europa hatten in den Jahren nach Ende des Zweiten Weltkriegs Hilfe nötig. Da waren es andere, die sich von unserer Not ansprechen ließen. Heute werden wir gefragt: "Dürfen wir als Christen zuschauen?" Vielleicht tut es uns gut, wenn wir ab und an in die Geschichte schauen. Da finden wir konkrete Formen von Hilfe. Da finden wir Texte von Menschen, die sich und ihr Handeln erklären. Manche sagen: "So konnte ich Gott dienen, indem ich den Menschen diente."
Nächstenliebe und Missionssonntag (in Deutschland)
In diesem Sinne lohnt sich auch der Blick auf den heutigen Weltmissionssonntag. Wir sollen uns für Menschen in Pakistan öffnen. Sie sind für uns die Fremden. Sie erzählen uns von ihren Nöten. Es gibt viele Informationen dazu von Missio Aachen oder München, einige Broschüren stehen am Schriftenstand. Wollen wir uns auf das Teilen von Not, Anliegen, Zeit, Gebet und Geld einlassen?
Etliche Menschen aus Pakistan leben in Deutschland. Weiß ich, wo von uns aus die nächsten Unterkünfte für Menschen von dort sind?
"Dein Kummer wird sich in Freude verwandeln" (Jh 16,20b) steht über dem diesjährigen Sonntag. Ein Versprechen Jesu an seine verängstigten Apostel. Es soll zum Versprechen an Christen in Pakistan werden. Sie haben Angst, aber auch Mut und Hoffnung.