Hinführung:
In der heutigen Lesung werden uns anhand von ausdrucksstarken Bildern zwei gegensätzliche Verhaltensweisen vor Augen gestellt – die eine als Mahnung und die andere als Hoffnungswort.
Lesung aus dem Buch Jeremia.
So spricht der HERR:
Verflucht der Mensch, der auf Menschen vertraut,
auf schwaches Fleisch sich stützt
und dessen Herz sich abwendet vom HERRN.
Er ist wie ein Strauch in der Steppe,
der nie Regen kommen sieht;
er wohnt auf heißem Wüstenboden,
im Salzland, das unbewohnbar ist.
Gesegnet der Mensch, der auf den HERRN vertraut
und dessen Hoffnung der HERR ist.
Er ist wie ein Baum, der am Wasser gepflanzt ist
und zum Bach seine Wurzeln ausstreckt:
Er hat nichts zu fürchten, wenn Hitze kommt;
seine Blätter bleiben grün;
auch in einem trockenen Jahr ist er ohne Sorge,
er hört nicht auf, Frucht zu tragen.
Beim Lesen oder Hören dieses Textes würde man ihn wahrscheinlich nicht auf Anhieb dem Jeremiabuch zuordnen, sondern viel eher der Weisheitsliteratur. Diese sieht im sogenannten Tun-Ergehen-Zusammenhang die Wurzel, dass jegliches Verhalten und Handeln eines Menschen Konsequenzen für sein Leben hat. Und aus dieser Zeit nach dem Exil, also aus dem 4./5. Jh. v.Chr. stammt vermutlich dieser Text. Zwei verschiedene Lebenshaltungen Gott gegenüber werden hier aufgezeigt und gewertet als Fluch oder Segen. Gerade in der Zeit nach dem Exil braucht es starke Überzeugungskraft, dem einen Gott zu vertrauen.
Die Wüste als Fluch
Der erste Weg ist jener, der sich von Gott entfernt. Er führt sozusagen in die Wüste. Diese wird in Bildern geschildert, die den Lesenden bzw. Hörenden die Münder tro- cken werden lässt, als unwirtlich, lebensbedrohlich, als unbedingt zu meiden: Hitze, kein Regen, heißer Wüstenboden, ja sogar unbewohnbares Salzland. In dieser le- bensfeindlichen Gegend überlebt kein Strauch, geschweige denn ein Mensch. Dieser Fluch soll eine eindrückliche Mahnung an Menschen sein, die Gott nicht (mehr) im Blick, nicht (mehr) im Herzen haben, sondern sich ausschließlich auf menschliche Kraft, „schwaches Fleisch“ stützen (V. 5) oder wie z.B. die Elberfelder Bibel übersetzt: wer „Fleisch zu seinem Arm macht“ – und nicht Gott.
Der Segen des Wassers
Gerade in Wüstengebieten wird Wasser als besonderer Segen empfunden und so auch hier als Bild für Segen verwendet. Diese Zuwendung Gottes wird jenem Menschen zuteil, der sich auf dem rechten Weg befindet, der also sein Leben auf Gott(Vertrauen) hin ausrichtet. Wer so lebt, ist nicht wie ein Strauch in der Steppe/ Wüste, der zu verdorren droht, sondern wie ein Baum mit grünen Blättern, der auf- grund des Umfeldes, in dem er wächst, keine Bedrohung fürchten muss. Ja, er hat sogar noch Lebensreserven für Notzeiten (V. 8).
Selig …
Der Vergleich mit einem Baum, der am Wasser gepflanzt ist, begegnet auch in Ps 1, dem Eingangstor zu den Psalmenbüchern (vgl. Ps 1,3). Hier ist ebenfalls der Baum am Wasser das Bild für den Gerechten, der als selig bezeichnet wird. Der Weg, den dieser geht, wird nicht nur für ihn selbst zum Segen, sondern auch für andere. Denn wer auf Gott vertraut und seine Hoffnung in ihm gründet, führt nach weisheitlicher Vorstellung ein von Gott behütetes Leben, aber auch eines, das das Wohl der ganzen Schöpfung im Blick bzw. im Herzen hat.
Im Evangelium sind die Jünger Jesu diese Gerechten, die im Vertrauen und in der Hoffnung auf Gott leben. Sie sind die Adressaten der Seligpreisungen, die Jesus ihnen zusagt. Im Gegensatz zu jenen, an die sich in paralleler Umkehrung die Weherufe richten, haben sie weder Armut noch Hunger, Not oder Bedrängnis zu fürchten. Worte wie Ströme von lebendigem Wasser …
Renate Hinterberger-Leidinger
Die erste Lesung stammt aus dem Buch Jeremia. Der Prophet Jeremia wirkte in den letzten Jahrzehnten vor dem Babylonischen Exil, wahrscheinlich von etwa 627 bis 586 v. Chr. Er wurde stärker verfolgt und angefeindet als alle anderen Propheten, weil er in seiner Botschaft das drohende Unheil ankündigte. Davon ist allerdings in den vier Versen der Lesung unmittelbar nichts zu spüren. Wir hören eher weisheitliche Worte, die eng mit dem 1. Psalm verwandt sind.
Um 628 v.Chr. erfährt Jeremia seine Berufung. Es ist in der Zeit des Königs Joschija. Er wendet sich gegen religiöse und sittliche Missstände. Interessant ist der Sachverhalt, dass König Joschija Reformen durchzieht wie die Reinigung des Tempels, der Götzendienst wurde erschwert oder unterdrückt. Priester, die dem Götzendienst huldigten oder praktizierten, wurden ermordet.
Es schien, das ganze Land Juda bekehrte sich zu Jahwe. Nur Jeremia sagt nichts zu diesen Reformen, lässt sich nicht zur Begeisterung hinreißen. Die tatsächliche Einstellung des Propheten zu diesen Reformen wird sich nie eruieren lassen.
Der Textabschnitt - verflucht der... auf Menschen vertraut,... auf schwaches Fleisch sich stützt... - kann jedenfalls als Kommentar zur Politik des Königs gesehen werden. Zu sehr rechnet der König laut dem Propheten mit seiner Streitmacht und nicht mit Jahwe.
Als alttestamentliche Lesung wird ein Abschnitt aus dem Buch des Propheten Jeremia vorgetragen. Es geht um Fluch und Segen. Je zwei Verse beschreiben mit eindrucksvollen Bildern den Fluch, bzw. den Segen, der den Menschen trifft, der sein Vertrauen auf Gott setzt, bzw. nicht setzt.
Hintergrund dieser Erwartung ist der Bundesgedanke. Der Bund zwischen Gott und dem Volk Israel ist den orientalischen Bündnissen zwischen den Königen und ihren Vasallen nachgebildet. Wer seinem König die Treue hält, ihm Gefolgschaft leistet, dem wird es gut gehen. Wer den Bund mit seinem Schutzherren nicht beachtet oder gar gegen die Interessen seines Schutzherren agiert, muß mit entsprechenden Sanktionen rechnen.
So ist auch der Bund mit Jahweh zu verstehen. Er ist ein eifersüchtiger Bündnispartner und Schutzherr der Menschen. Fluch ist nicht als Rache Gottes zu verstehen. Wer den Bund, den Gott mit seinem Volk geschlossen hat, missachtet, schneidet sich selbst vom Wasser des Lebens ab. Er steht im Trockenen. Das Bild des Strauchs in der Wüste ist ein Bild der Vereinsamung.
Wer hingegen dem Bundespartner Jahweh treu bleibt, wer auf Gott vertraut, kann sich entfalten, wie ein Baum am Wasser - ein beliebtes Motiv der alttestamentlichen Schriften (vgl. Psalm 1).
Bibelwerk der Diözese Linz (2025)
Martin Stewen (2004)
Alfons Jestl (2001)
Hans Hütter (1998)