Die biblischen Lesungen wurden mit freundlicher Genehmigung der Ständigen Kommission für die Herausgabe der gemeinsamen liturgischen Bücher im deutschen Sprachgebiet den Lektionaren 2018 ff entnommen. - © 2024 staeko.net. - vgl. Impressum.
Die Katholischen Bibelwerke in Deutschland, Österreich und Schweiz stellen auf ihren Webseiten ausführliche Kommentare und Anleitungen zum Lesen der biblischen Lesungen für Sonn- und Feiertage zum Download im PDF-Format zur Verfügung. Mit freundlicher Genehmigung der Katholischen Bibelwerke übernehmen wir die Kurzeinleitungen zu den Lesungen.
Predigten vom 28. Mär. 2024 - Gründonnerstag (A/B/C)
02. Mär. 2025
8. Sonntag im Jahreskreis (C)
23. Feb. 2025
7. Sonntag im Jahreskreis (C)
16. Feb. 2025
6. Sonntag im Jahreskreis (C)
09. Feb. 2025
5. Sonntag im Jahreskreis (C)
02. Feb. 2025
2. Februar: Darstellung des Herrn (Fest)
26. Jan. 2025
3. Sonntag im Jahreskreis (C)
19. Jan. 2025
2. Sonntag im Jahreskreis (C)
12. Jan. 2025
Taufe des Herrn (C)
06. Jan. 2025
Erscheinung des Herrn, Dreikönig (A/B/C)
05. Jan. 2025
2. Sonntag nach Weihnachten (A/B/C)
01. Jan. 2025
Neujahr - Fest der Gottesmutter Maria (A/B/C)
31. Dez. 2024
31. Dezember: Jahresschluss (Sonst.)
29. Dez. 2024
Fest der hl. Familie (C)
26. Dez. 2024
26. Dezember: hl. Stephanus (Fest)
25. Dez. 2024
Weihnachten, am Tag (A/B/C)
25. Dez. 2024
Weihnachten, am Morgen (A/B/C)
24. Dez. 2024
Weihnachten, in der Nacht (A/B/C)
24. Dez. 2024
Weihnachten, am Vorabend (A/B/C)
22. Dez. 2024
4. Adventsonntag (C)
15. Dez. 2024
3. Adventsonntag (C)
08. Dez. 2024
2. Adventsonntag (C)
08. Dez. 2024
8. Dezember: Mariä Empfängnis (Fest)
01. Dez. 2024
1. Adventsonntag (C)
24. Nov. 2024
Christkönigsonntag (B)
17. Nov. 2024
33. Sonntag im Jahreskreis (B)
10. Nov. 2024
32. Sonntag im Jahreskreis (B)
03. Nov. 2024
31. Sonntag im Jahreskreis (B)
02. Nov. 2024
2. November: Allerseelen (A/B/C)
01. Nov. 2024
1. November: Allerheiligen (A/B/C)
27. Okt. 2024
30. Sonntag im Jahreskreis (B)
20. Okt. 2024
29. Sonntag im Jahreskreis (B)
13. Okt. 2024
28. Sonntag im Jahreskreis (B)
06. Okt. 2024
27. Sonntag im Jahreskreis (B)
29. Sep. 2024
26. Sonntag im Jahreskreis (B)
22. Sep. 2024
25. Sonntag im Jahreskreis (B)
15. Sep. 2024
24. Sonntag im Jahreskreis (B)
14. Sep. 2024
14. September: Kreuzerhöhung (Fest)
08. Sep. 2024
8. September: Mariä Geburt (Fest)
08. Sep. 2024
23. Sonntag im Jahreskreis (B)
01. Sep. 2024
22. Sonntag im Jahreskreis (B)
01. Sep. 2024
Erntedank - Schöpfungszeit (Sonst.)
25. Aug. 2024
21. Sonntag im Jahreskreis (B)
18. Aug. 2024
20. Sonntag im Jahreskreis (B)
15. Aug. 2024
15. August: Mariä Himmelfahrt (Fest)
11. Aug. 2024
19. Sonntag im Jahreskreis (B)
06. Aug. 2024
6. August: Verklärung des Herrn (Fest)
04. Aug. 2024
18. Sonntag im Jahreskreis (B)
28. Jul. 2024
17. Sonntag im Jahreskreis (B)
21. Jul. 2024
3. Sonntag im Juli: Heiligster Erlöser (Fest)
21. Jul. 2024
16. Sonntag im Jahreskreis (B)
14. Jul. 2024
15. Sonntag im Jahreskreis (B)
07. Jul. 2024
14. Sonntag im Jahreskreis (B)
30. Jun. 2024
13. Sonntag im Jahreskreis (B)
29. Jun. 2024
29. Juni: hl. Petrus und Paulus (Fest)
27. Jun. 2024
27. Juni: Fest der Mutter von der Immerw. Hilfe (Fest)
24. Jun. 2024
24. Juni: hl. Johannes des Täufers (Fest)
23. Jun. 2024
12. Sonntag im Jahreskreis (B)
20. Jun. 2024
20. Juni: Weltflüchtlingstag (Sonst.)
16. Jun. 2024
11. Sonntag im Jahreskreis (B)
09. Jun. 2024
10. Sonntag im Jahreskreis (B)
07. Jun. 2024
Heiligstes Herz Jesu (B)
02. Jun. 2024
9. Sonntag im Jahreskreis (B)
30. Mai. 2024
Fronleichnam (B)
26. Mai. 2024
Dreifaltigkeitssonntag (B)
20. Mai. 2024
Pfingstmontag - Maria, Mutter der Kirche (B)
19. Mai. 2024
Pfingstsonntag (A/B/C)
18. Mai. 2024
Pfingsten, am Vorabend (A/B/C)
12. Mai. 2024
7. Sonntag der Osterzeit (B)
09. Mai. 2024
Christi Himmelfahrt (B)
06. Mai. 2024
Bitttage (A/B/C)
05. Mai. 2024
6. Sonntag der Osterzeit (B)
01. Mai. 2024
1. Mai: Tag der Arbeit, hl. Josef (Fest)
30. Apr. 2024
1. Mai: Tag der Arbeit, hl. Josef (Fest)
28. Apr. 2024
5. Sonntag der Osterzeit (B)
21. Apr. 2024
4. Sonntag der Osterzeit (B)
14. Apr. 2024
3. Sonntag der Osterzeit (B)
08. Apr. 2024
25. März: Verkündigung des Herrn (Fest)
07. Apr. 2024
2. Sonntag der Osterzeit (B)
01. Apr. 2024
Ostermontag (A/B/C)
31. Mär. 2024
Ostersonntag (A/B/C)
30. Mär. 2024
Osternacht (B)
29. Mär. 2024
Karfreitag (A/B/C)
28. Mär. 2024
Gründonnerstag (A/B/C)
Einführungen zu den Gottesdienstlesungen - Ltg 0
1. Lesung - Ex 12,1-8. 11-14
Lesung aus dem Buch Exodus.
In jenen Tagen
sprach der HERR zu Mose und Aaron im Land Ägypten:
Dieser Monat soll die Reihe eurer Monate eröffnen,
er soll euch als der Erste unter den Monaten des Jahres gelten.
Sagt der ganzen Gemeinde Israel:
Am Zehnten dieses Monats
soll jeder ein Lamm für seine Familie holen,
ein Lamm für jedes Haus.
Ist die Hausgemeinschaft für ein Lamm zu klein,
so nehme er es zusammen mit dem Nachbarn,
der seinem Haus am nächsten wohnt,
nach der Anzahl der Personen.
Bei der Aufteilung des Lammes müsst ihr berücksichtigen,
wie viel der Einzelne essen kann.
Nur ein fehlerfreies, männliches, einjähriges Lamm darf es sein,
das Junge eines Schafes oder einer Ziege müsst ihr nehmen.
Ihr sollt es bis zum vierzehnten Tag dieses Monats aufbewahren.
In der Abenddämmerung
soll die ganze versammelte Gemeinde Israel
es schlachten.
Man nehme etwas von dem Blut
und bestreiche damit die beiden Türpfosten und den Türsturz
an den Häusern, in denen man es essen will.
Noch in der gleichen Nacht soll man das Fleisch essen.
Über dem Feuer gebraten
und zusammen mit ungesäuertem Brot und Bitterkräutern
soll man es essen.
So aber sollt ihr es essen:
eure Hüften gegürtet,
Schuhe an euren Füßen
und euren Stab in eurer Hand.
Esst es hastig!
Es ist ein Pessach für den HERRN.
In dieser Nacht gehe ich durch das Land Ägypten
und erschlage im Land Ägypten
jede Erstgeburt bei Mensch und Vieh.
Über alle Götter Ägyptens halte ich Gericht,
ich, der HERR.
Das Blut an den Häusern, in denen ihr wohnt,
soll für euch ein Zeichen sein.
Wenn ich das Blut sehe,
werde ich an euch vorübergehen
und das vernichtende Unheil wird euch nicht treffen,
wenn ich das Land Ägypten schlage.
Diesen Tag sollt ihr als Gedenktag begehen.
Feiert ihn als Fest für den HERRN!
Für eure kommenden Generationen
wird es eine ewige Satzung sein, das Fest zu feiern!
Die Pessachfeier gehört(e) zum zentralen Element im Jahresablauf des Juden. Ihren Platz aus der Geschichte beschreibt die heutige Lesung.
Dabei werden zwei ursprünglich unabhängige Dinge zusammengebracht: Das Fest der ungesäuerten Brote und die Regeln für die Feier des Pessach. Diese Dinge müssen ursprünglich getrennt gewesen sein, weil ein Getreideanbau erst in Kana erfolgte.
Die große Botschaft lautet Rettung. Gott rettet sein Volk. Und er gibt ihm eine Regel. Wer die Regel befolgt, gibt Antwort auf die Rettung und bejaht sie. Das Geschehen in Ägypten macht deutlich, wie ernst Gott es mit seinem Bundesangebot nahm.
Die Anweisungen für die "Passa-Nacht" in Ex 12 stehen zwischen der Erzählung der ersten neun Plagen, die Gott den Ägyptern schickt (Ex 7-11) und dem Höhepunkt der Plagen, der Erschlagung der Erstgeburt der Ägypter (ab Ex 12,29).
Ex 12 legt einen Erinnerungskult fest und verbindet ihn mit der Befreiungstat Gottes: das Schlachten des Lammes und der Blutritus (ein alter Hirtenritus) sowie das Mahl stiften Gemeinde (Vers 3); es ist eine Feier in den Häusern (Verse 4 f), durch die gleichzeitige Feier in allen Häusern aber ist es eine Feier der Gemeinschaft. Die bleibende Erinnerungsfeier gibt allen späteren Generationen Anteil an der Erwählung (durch das Zeichen des Blutes) und an der erlösenden, rettenden Tat Gottes.
Für den Glauben der Israeliten des Älteren Bundes war es charakteristisch, daß sie im Laufe der Zeit nicht nur neue Feste in den kanaanäischen Festkalender aufgenommen haben, sondern auch die inhaltliche Motivation Feste zu feiern, sich verändert hat.
Das "Fest der Wallfahrt nach Jerusalem" hat sich schon sehr früh in der Geschichte Israels mit einem noch aus der Zeit vor der Landnahme stammenden Hirtenbrauch, dem Passa, verbunden. Möglicherweise handelte es sich um die Tradition von Halbnomaden beim Aufbruch der Herden zum Weidewechsel durch ein Tieropfer und Bestreichen von bestimmten Gegenständen mit Blut, das Wohlergehen der Herde und das Fernhalten von bösen Mächten zu erreichen.
Geschichtlich kann nicht mehr geklärt werden, wie sich dieser Brauch mit der aus Ägypten eingewanderten Gruppe der Israeliten verbunden hat. Das Bestreichen der Türpfosten mit Blut (Ex 12,7.22) und das Tragen der nomadischen Wandertracht gehören jedoch später fest zur Erinnerung an den Auszug aus Ägypten.
Die spätere Verbindung des siebentägigen Mazzenessens mit dem Passabrauch dürfte durch die kalendarische Nähe der beiden Feste entstanden sein. Wichtig und bezeichnend für den Glauben der Israeliten ist jedoch, daß bei der Verbindung beider Feste der inhaltliche Schwerpunkt eindeutig auf der geschichtlichen Dimension der Errettung Israels aus Ägypten liegt. Das Essen von nicht gesäuertem Brot wird dadurch ebenfalls erklärbar: die israelitischen Frauen konnten aufgrund des hastigen und überstürzten Aufbruchs aus Ägypten den Teig nicht mehr säuern. Der nächtliche Passabrauch, die Tierschlachtung und der Blutritus wurden so zum Eingangsgeschehen der Woche des Mazzenessens.
In Dtn 16 ist die Verbindung der Feste bereits ganz vollzogen. Nach 2 Kön 23,21-23 wird das Passafest im Jerusalemer Tempel gefeiert. Der nachexilische Text unserer Lesung läßt erkennen, daß sich aber auch der Brauch, das Fest im Familienkreis zu feiern, noch lange gehalten hat. Auch Jesus begeht das Passafest nach den Evangelientexten der Synoptiker zwar in Jerusalem, aber analog zu den Familienfeiern in der Gemeinschaft mit seinen Jüngern.
1. Lesung (ungekürzte Fassung) - Ex 12,1-14
Lesung aus dem Buch Exodus:
In jenen Tagen
sprach der HERR zu Mose und Aaron im Land Ägypten:
Dieser Monat soll die Reihe eurer Monate eröffnen,
er soll euch als der Erste unter den Monaten des Jahres gelten.
Sagt der ganzen Gemeinde Israel:
Am Zehnten dieses Monats
soll jeder ein Lamm für seine Familie holen,
ein Lamm für jedes Haus.
Ist die Hausgemeinschaft für ein Lamm zu klein,
so nehme er es zusammen mit dem Nachbarn,
der seinem Haus am nächsten wohnt,
nach der Anzahl der Personen.
Bei der Aufteilung des Lammes müsst ihr berücksichtigen,
wie viel der Einzelne essen kann.
Nur ein fehlerfreies, männliches, einjähriges Lamm darf es sein,
das Junge eines Schafes oder einer Ziege müsst ihr nehmen.
Ihr sollt es bis zum vierzehnten Tag dieses Monats aufbewahren.
In der Abenddämmerung
soll die ganze versammelte Gemeinde Israel
es schlachten.
Man nehme etwas von dem Blut
und bestreiche damit die beiden Türpfosten und den Türsturz
an den Häusern, in denen man es essen will.
Noch in der gleichen Nacht soll man das Fleisch essen.
Über dem Feuer gebraten
und zusammen mit ungesäuertem Brot und Bitterkräutern
soll man es essen.
Nichts davon dürft ihr roh oder in Wasser gekocht essen,
sondern es muss über dem Feuer gebraten sein:
Kopf, Schenkel und Eingeweide.
Ihr dürft nichts bis zum Morgen übrig lassen.
Wenn aber am Morgen noch etwas übrig ist,
dann verbrennt es im Feuer!
So aber sollt ihr es essen:
eure Hüften gegürtet,
Schuhe an euren Füßen
und euren Stab in eurer Hand.
Esst es hastig!
Es ist ein Pessach für den HERRN.
In dieser Nacht gehe ich durch das Land Ägypten
und erschlage im Land Ägypten
jede Erstgeburt bei Mensch und Vieh.
Über alle Götter Ägyptens halte ich Gericht,
ich, der HERR.
Das Blut an den Häusern, in denen ihr wohnt,
soll für euch ein Zeichen sein.
Wenn ich das Blut sehe,
werde ich an euch vorübergehen
und das vernichtende Unheil wird euch nicht treffen,
wenn ich das Land Ägypten schlage.
Diesen Tag sollt ihr als Gedenktag begehen.
Feiert ihn als Fest für den HERRN!
Für eure kommenden Generationen
wird es eine ewige Satzung sein, das Fest zu feiern!
Antwortpsalm - Ps 116,12-18
Kv: Der Kelch des Segens gibt uns Anteil am Christi Blut . - Kv
(Oder: GL 305,3)
Wie kann ich dem HERRN vergelten
all das Gute, das er mir erwiesen?
Den Becher des Heils will ich erheben.
Ausrufen will ich den Namen des HERRN. - Kv
Kostbar ist in den Augen des HERRN
der Tod seiner Frommen.
Ach HERR, ich bin doch dein Knecht, /
dein Knecht bin ich, der Sohn deiner Magd!
Gelöst hast du meine Fesseln. - Kv
Ich will dir ein Opfer des Dankes bringen,
ausrufen will ich den Namen des HERRN.
Meine Gelübde will ich dem HERRN erfüllen
in Gegenwart seines ganzen Volks, - Kv
2. Lesung - 1 Kor 11,23-26
Lesung aus dem ersten Brief des Apostels Paulus
an die Gemeinde in Korinth.
Schwestern und Brüder!
Denn ich habe vom Herrn empfangen,
was ich euch dann überliefert habe:
Jesus, der Herr,
nahm in der Nacht, in der er ausgeliefert wurde, Brot,
sprach das Dankgebet,
brach das Brot
und sagte: Das ist mein Leib für euch.
Tut dies zu meinem Gedächtnis!
Ebenso nahm er nach dem Mahl den Kelch
und sagte: Dieser Kelch ist der Neue Bund in meinem Blut.
Tut dies, sooft ihr daraus trinkt,
zu meinem Gedächtnis!
Denn sooft ihr von diesem Brot esst und aus dem Kelch trinkt,
verkündet ihr den Tod des Herrn, bis er kommt.
Norbert Riebartsch (2016)
Johann Pock (1999)
Bernhard Zahrl (1997)
Überlieferung ist ein wichtiges Wort für diese Lesung. Paulus spricht davon, dass er der Gemeinde die Grundlage der Liturgie überliefert hat. Aber wahrscheinlich geht es noch tiefer: Paulus greift eine Liturgie auf, die er schon vorgefunden hat. Die ersten Gemeinden hatten sich als Gemeinschaft gefunden, die das Brot miteinander teilten in einer Form, die allen vertraut war.
Im 11. Kapitel des 1. Korintherbriefs ist die Lesung eingebettet in die Frage nach der rechten Weise, Abendmahl zu feiern. Paulus prangert Fehlformen an und fordert die Gemeinde auf, die wahre Weise wieder zu begehen. Die von ihm beschworene Feier ist es, die Einheit untereinander und mit den anderen Gemeinden stiftet.
Sehr früh schon gab es Mißstände bei den Zusammenkünften der Christen. Paulus wendet sich dagegen (1 Kor 11) und verweist auf den Kern der Abendmahlsfeier. Dazu zitiert er den Einsetzungsbericht, den er selber überliefert bekommen hat; Urheber ist "der Herr". Dieser Bericht begründet die Feier und gibt auch ihren Ablauf vor.
Indem der Leib "für euch" gegeben wird, werden die Mitfeiernden einbezogen in das Heilsgeschehen. Durch diese Handlung wird der "neue Bund" besiegelt; der Verweis auf das Blut deutet die alttestamentliche Bundes- und Opfervorstellungen auf ihre Erneuerung bzw. Erfüllung in Jesus.
Wichtig ist Paulus die Gedächtnisfeier: Gleich zweimal wird die Mahnung, die Feier "zum Gedächtnis" zu feiern, ausgesprochen. Paulus fügt noch in Vers 26 die Deutung auf Tod und Wiederkunft des Herrn an: es geht nicht nur um die Feier im Jetzt, sondern es ist Vergegenwärtigung des Kreuzesgeschehens und Verkündigung der Wiederkunft.
Der Gemeinde in Korinth dürfte es am rechten Verständnis des eucharistischen Geschehens gemangelt haben. Deswegen schärft ihnen Paulus dieses aus seiner Sicht ein, wobei er einen Einsetzungsbericht zitiert, den er selbst wahrscheinlich in den vierziger Jahren in Antiochien kennengelernt hat.
Die Tradition der Eucharistiefeier geht für Paulus auf den "Herrn" zurück und deshalb darf sie auch nicht verändert werden; deshalb kann Paulus auch nur weitergeben, was er selbst empfangen hat.
Ein jüdisches Mahl begann mit einem Segensgebet, sowie mit dem Brechen und Austeilen des Brotes. Am Ende des Mahles wird beim dritten Becher Wein ein Dankgebet gesprochen. Diese beiden Gesten werden später für die Handlungen Christi prägend.
Den Wiederholungsauftrag "Tut dies zu meinem Gedächtnis" spricht Jesus bei Paulus zweimal. Bei Lukas nur einmal, bei den anderen beiden Evangelisten wird er nicht erwähnt. Wahrscheinlich ist er erst in einer späteren Traditionsstufe zum Einsetzungsbericht hinzugekommen. Er ist jedoch vom alttestamentlichen "Gedenken" der Taten Gottes beeinflußt: Gottes Tat in der Vergangenheit wird durch das "Gedenken" gegenwärtig und ist dadurch genauso wirksam wie in der Vergangenheit.
Die Identifizierung des Kelchinhaltes mit dem Blut erfolgt bei Paulus und Lukas nicht so unmittelbar wie bei Markus und Matthäus.
Ruf vor dem Evangelium - Joh 13,34a
Herr Jesus, dir sei Ruhm und Ehre! - Kv
(So spricht der Herr:)
Ein neues Gebot gebe ich euch.
Wie ich euch geliebt habe, so sollt auch ihr einander lieben.
Herr Jesus, dir sei Ruhm und Ehre!
Oder:
Dies ist mein Gebot:
Liebet einander, wie ich euch geliebt.
Evangelium - Joh 13,1-15
Aus dem heiligen Evangelium nach Johannes.
Es war vor dem Paschafest.
Jesus wusste, dass seine Stunde gekommen war,
um aus dieser Welt zum Vater hinüberzugehen.
Da er die Seinen liebte, die in der Welt waren,
liebte er sie bis zur Vollendung.
Es fand ein Mahl statt
und der Teufel
hatte Judas, dem Sohn des Simon Iskariot,
schon ins Herz gegeben, ihn auszuliefern.
Jesus,
der wusste, dass ihm der Vater alles in die Hand gegeben hatte
und dass er von Gott gekommen war und zu Gott zurückkehrte,
stand vom Mahl auf,
legte sein Gewand ab
und umgürtete sich mit einem Leinentuch.
Dann goss er Wasser in eine Schüssel
und begann, den Jüngern die Füße zu waschen
und mit dem Leinentuch abzutrocknen,
mit dem er umgürtet war.
Als er zu Simon Petrus kam, sagte dieser zu ihm:
Du, Herr, willst mir die Füße waschen?
Jesus sagte zu ihm:
Was ich tue, verstehst du jetzt noch nicht;
doch später wirst du es begreifen.
Petrus entgegnete ihm: Niemals sollst du mir die Füße waschen!
Jesus erwiderte ihm:
Wenn ich dich nicht wasche,
hast du keinen Anteil an mir.
Da sagte Simon Petrus zu ihm:
Herr, dann nicht nur meine Füße,
sondern auch die Hände und das Haupt.
Jesus sagte zu ihm:
Wer vom Bad kommt, ist ganz rein
und braucht sich nur noch die Füße zu waschen.
Auch ihr seid rein,
aber nicht alle.
Er wusste nämlich, wer ihn ausliefern würde;
darum sagte er: Ihr seid nicht alle rein.
Als er ihnen die Füße gewaschen,
sein Gewand wieder angelegt
und Platz genommen hatte,
sagte er zu ihnen:
Begreift ihr, was ich an euch getan habe?
Ihr sagt zu mir Meister und Herr
und ihr nennt mich mit Recht so; denn ich bin es.
Wenn nun ich, der Herr und Meister,
euch die Füße gewaschen habe,
dann müsst auch ihr einander die Füße waschen.
Ich habe euch ein Beispiel gegeben,
damit auch ihr so handelt, wie ich an euch gehandelt habe.
Norbert Riebartsch (2010)
Johann Pock (1999)
Bernhard Zahrl (1997)
Der Abschied Jesu von seinen Jüngern geht im Johannesevangelium über die Kapitel 13 bis 17. Es ist ein Abschied, in der die Liebe immer wieder vorkommt.
Vom neuen Liebeszeichen der Fußwaschung über die Liebe des Vaters zu seiner Schöpfung bis zum liebenden Abschiedsgebet sind es verschiedene Zugänge zum immer gleichen Thema: "Ihr könnt die Liebe Gottes spüren und beantworten. Wenn Ihr es tut, bedeutet es Leben!" In der Fußwaschung wird aus dem Herrn der Knecht. Aber seine Kraft, das ganze Geschehen zu deuten, macht Jesus wieder zum Herrn des Geschehens.
An den Beginn der Abschiedsreden (Joh 13-17) stellt Joh seinen Bericht des letzten Abends, der geprägt ist von der Fußwaschung. Diese erhält eine zweifache Deutung: In den Versen 6 bis 10 im Gespräch zwischen Jesus und Petrus geht es um die Deutung dieses Symbols: Jesus gibt damit Anteil an sich (Vers 8); es geht um seine Erniedrigung am Kreuz.
Vers 10 dürfte eine Deutung auf die Taufe hin sein; die immer wieder durchzuführende Fußwaschung bezeichnet dann wohl die Sündenvergebung in den Gemeinden.
In den Versen 12 bis 15 erfolgt die Deutung auf die Gemeinschaft der Jünger: Jesus hat die Rangordnung umgekehrt - dies ist ein Beispiel für die Jünger.
Geht man zu einem Gastmahl, so bereitet man sich darauf vor. Dies war zur Zeit Jesu nicht anders als heute. Bloß, damals trug man meist Sandalen, und sofern man sich nicht eine Sänfte leisten konnte, wurden die Füße staubig. Darum wurden den Gästen beim Eintritt ins Haus von Sklaven die Füße gewaschen.
Die Teilnehmer des Mahles unserer Evangelienstelle sind am Morgen von Bethanien nach Jerusalem gegangen und haben sich tagsüber in der Stadt aufgehalten. Da sie sich nicht Sklaven leisten konnten, und der Geist ihrer Gemeinschaft dem auch nicht entsprach, war es nötig die Füße zu waschen. Dies ist der Augenblick, in dem unser Evangelium einsetzt.
Für Petrus ist es undenkbar, daß Jesus diesen Sklavendienst an ihm verrichten soll, doch für Jesus ist seine Handlung auch - aber nicht nur! - eine Sache des guten Vorbildes, welche seine Jünger "sinngemäß" in ihrem Leben nachvollziehen sollen. Für Jesus liegt der tiefere Sinn der Fußwaschung in einer sakramentalen Zeichenhandlung, die auf seine kommende vollendete Erlösungstat hinweist und in folgender Kurzformel zusammengefaßt werden kann: Nicht das Wasser, Jesus macht rein und erlöst den Menschen.
Das Evangelium von der Fußwaschung weist somit auf die innerste Haltung Jesu hin: Er möchte nicht über andere herrschen, sondern deren Diener sein. Aufgrund der Weisung, daß auch die Jünger einander die Füße waschen sollen, und unter Bezug auf den Vers Joh 13,34 erhielt die Fußwaschung auch den Beinamen Gebot (lat.: mandatum).
Mit reinem Herzen Gott und den Menschen dienen
Kindliche Deutungsworte
Wenn ein Kind seine Zeichnung spontan einem Erwachsen schenkt, dann oft mit Worten wie: „Das habe ich für dich gemalt, ich schenke es dir.“ - Vor ein paar Monaten kam meine 5-jährige Großnichte Nora freudestrahlend mit einer Zeichnung in der Hand auf mich zu und sagte: „Die Zeichnung habe ich für dich gemalt. Wenn du allein bist, nimm sie in die Hand, dann bist du nicht allein!“ Dabei war ich in diesem Moment gar nicht allein, denn ihre Familie war zu Besuch bei mir.
Ihre Zeichnung zu deuten, sie mit Handlungsworten zu verbinden, berührten mich zutiefst. Solche Momente sind für mich unvergesslich. Ich frage mich, wie ein Kind die kommende Situation von einem ihm wichtigen erwachsenen Menschen so „gezielt, treffend, passend genau“ erfassen kann? Da konnte ich eine eigene Größe von Empathie, die schon im Kindesalter möglich ist, erfahren. Und es bleibt eine Verbindung mit diesem Kind über den Zeitpunkt des Besuches hinaus.
Ich glaube, dass ich verstanden habe, was mir da durch ein Kind gezeigt wurde und ich hoffe, dass ich fähig bin, durch mein Handeln dies weiter zu geben. Ich glaube, dass Menschen viel öfter anderen, ihnen wichtigen Personen, Deutungsworte sagen, zumuten. Inwieweit wir diese aufnehmen und wie weit dadurch auch unser Handeln beeinflusst wird, hängt von der Situation ab, in der wir uns befinden.
Jesu Deutungsworte
Eingeladen zum Handeln werden wir auch heute durch die Botschaft aus dem Johannesevangelium:
"Amen, amen, ich sage euch:
Der Sklave ist nicht größer als sein Herr
und der Abgesandte ist nicht größer als der,
der ihn gesandt hat.
Selig seid ihr, wenn ihr das wisst
und danach handelt."
(Joh 13,17-19)
So lauten einige Verse, die zum heutigen Evangelium gehören, es so zu sagen abschließen, jedoch leider nicht zum Vorlesen vorgesehen sind. Warum man uns an diesen Versen daran nicht teilhaben lässt, weiß ich nicht.
Eine „alltägliche“ Handlung, wie es die Fußwaschung war, wird mit „Deutungsworten“ neu „unterlegt“ und wird für zukünftiges Handeln, das von der Beziehung zu Jesus über den Tod hinaus geprägt sein soll, richtungsweisend.
Dieser im Evangelium geschilderte Akt war sicherlich eine besondere Situation, in der Hellhörigkeit und auch Hellsichtigkeit gefordert war.
Um welche Situation geht es hier?
Johannes fängt seinen Bericht mit einer Zeitangabe an:
„Es war vor dem Pessachfest
und Jesus wusste,
dass für ihn die Stunde gekommen war…“
(Joh 13,1)
Ein Fest damals, wie heute auch, beginnt mit Vorbereitungen. Im Frühjudentum gehörte die Fußwaschung als Reinigungsritual zu einem Mahl, wie es Jesus mit seinem Freundeskreis am Abend beim Mahl vor Pessach vollzogen hatte, zur religiösen Vorbereitung auf das Fest. Die Fußwaschung war also nichts Außergewöhnliches.
Außergewöhnlich war, dass er, als er während des Mahles seinen Freunden die Füße noch einmal wäscht und diese seine Handlung mit Deutungsworte unterlegt. Eigentlich müsste statt „wäscht“ "reinigt" gesagt werden, denn es geht um spirituelle Reinheit, die die Verbundenheit mit ihm, der ihnen ein Beispiel gab, zum Ausdruck bringt.
„Selig seid ihr, wenn ihr das wisst und danach handelt“
Die Frage „Begreift ihr, was ich an euch getan habe?“ (13,12b) gilt es jeweils neu durch unser Handeln zu beantworten. „Ich habe euch ein Beispiel gegeben, damit auch ihr so handelt, wie ich an euch gehandelt habe.“ (13,16). Jesus sprengt mit seinen Deutungsworten den Rahmen der Situation und verleiht der Handlung eine neue, soziale, gemeinschaftsstiftende Bedeutung.
Konkret geht es hier für die, die in Jesu Schule gehen und ihm auf seinen Weg nachfolgen, um eine grundsätzliche Verhaltensweise, die herausfordert, es selber so zu tun: „Selig seid ihr, wenn ihr das wisst und danach handelt“.
Johannes greift zweimal das Wort „wissen“ auf: am Anfang und am Schluss! „Wissen um eine Situation“ bildet somit einen Rahmen: „und Jesus wusste, dass...“ (Vers 1) und „wenn ihr das wisst...“ (Vers 17). Es geht um das Wissen von Situationen, die herausfordern:
Zuerst einmal Jesus, der ahnt, was in der Stadt auf ihn wartet, und dann um seine Freunde, die wissen sollen, dass die Macht der Hierarchie, ob die der Römer, der Sadduzäer oder ihre eigene nicht der „Basileia“, der gerechten Welt Gottes, dient.
Es ist der Umgang miteinander, der „reinen Herzens“ der Schöpfung dient und so dem „Ewigen“ der Schöpfung den Lobpreis gibt. Das sollen wir in der Nachfolge Jesu und in der Gemeinschaft mit Jesus „wissen“ und danach handeln.
Mehr als Worte sagen könnten
Den Menschen dienen
Es gibt Momente, in denen Worte versagen und Gesten oder Blicke mehr zum Ausdruck bringen, als Worte es könnten: Wenn ich z.B. jemand zu verstehen geben will: Ich liebe dich. Oder: Ich liebe dich trotzdem. Am Krankenbett kann ein Handhalten zeigen: Hab keine Angst, ich bin bei dir. Oft macht uns ein Abschied sprachlos. Es gäbe vielleicht noch viel zu sagen oder es ist bereits alles gesagt, was man sagen kann. Eine Umarmung oder ein Blick jedoch lassen spüren, dass wir jemand nicht vergessen werden.
Am Gründonnerstag erinnern wir uns an den Abschied von seinen Jüngern und vielleicht auch von seinen Jüngerinnen, den Jesus im Rahmen eines Mahles bewusst durch Zeichenhandlungen ausgestaltet hat. Die Evangelien überliefern uns dazu zwei unterschiedliche Erzählungen. Beide Male geht es um starke Zeichen, die mehr sagen, als Worte es könnten.
Johannes, dessen Bericht wir eben gehört haben, erzählt von einem Mahl, in dessen Verlauf Jesus seinen Jüngern die Füße gewaschen hat. Dieser Dienst, den normalerweise aufmerksame Gastgeber vornehmen Gästen durch Sklaven erwiesen haben, ist eine solche Geste. Die deutenden Worte, die der Evangelist Jesus im Anschuss daran in den Mund legt, bräuchte es gar nicht mehr. Mit diesem symbolischen Akt macht Jesus deutlich, wie er seine Beziehung zu ihnen verstanden hat, und dass es beim einander Dienen in erster Linie um eine Haltung geht. Er bringt damit respektvolle Nähe, Zärtlichkeit, Wertschätzung und Hochachtung zum Ausdruck.
Dienstleister
Das Wort Dienst, auf Neudeutsch "Service", wird auch in unserer modernen Welt gerne in Anspruch genommen. Dabei wird es allerdings meist als Dienstleistung verstanden. Und nicht immer ist der Kunde König. Manchmal wird er als lästiger Bittsteller abgefertigt. Die meisten Dienste muss man gut bezahlen, und manche "Minister" inszenieren sich als Herren, um deren Gunst zu werben sich lohnt.
Auch im kirchlichen Umfeld wird viel von Dienst geredet. Papst Franziskus geißelt von Zeit zu Zeit den Klerikalismus. Manche "hochwürdige" geistliche Herren umgeben sich gerne mit einer Schar von "Ministranten", benehmen sich jedoch, wenn es darauf ankommt, herablassend als "Pfarr-Herren". Der eine oder andere Nicht-Priester versucht es ihnen gleichzutun… Frauen nicht ausgenommen.
Wir alle sollten Diener und Dienerinnen des Reiches Gottes sein und Jesus in seiner Haltung respektvoller Nähe, der Wertschätzung und Hochachtung nachahmen und gegenüber allen Mitmenschen zum Ausdruck bringen.
hingegeben
Der Akt der Fußwaschung hat im Zusammenhang des Johannesevangeliums über das Beispielhafte hinaus noch eine viel tiefere Bedeutung. In diesem Evangelium ist die Fußwaschung die Einleitung zu den drei Abschiedsreden und zum "Hohepriesterlichen Gebet". Diese leiten über zum Bericht von der Passion. In diesen Abschnitten fasst er den Sinn seiner Menschwerdung, seines Lebens, Leidens und Auferstehens zusammen. Die Fußwaschung führt uns die Haltung Jesu, mit der er seine göttliche Sendung vollzieht und seinen menschlichen Weg geht, eindrucksvoll vor Augen; mehr als Worte es könnten.
Darin kommt das Gleiche zum Ausdruck, was uns die anderen drei Evangelisten als zweite große Zeichenhandlung des Abschiedsabends überliefern. Jesus "nahm Brot, sprach das Dankgebet, brach es und reichte es ihnen mit den Worten: Das ist mein Leib, der für euch hingegeben wird. Tut dies zu meinem Gedächtnis! Ebenso nahm er nach dem Mahl den Kelch und sagte: Dieser Kelch ist der neue Bund in meinem Blut, das für euch vergossen wird." (Lk 22,19-20, sowie 1 Kor 11,23-25).
Für uns ist diese heilige Handlung zur Mitte und Quelle christlichen Lebens geworden. Sooft wir diesen Ritus vollziehen, erinnern wir uns an die Lebenshingabe Jesu. Wir nehmen ihn, seine Haltung und seine göttliche Kraft in uns auf, um nach seinem Beispiel für unsere Mitmenschen da sein und ihnen dienen zu können.
Manche Zeichen sagen mehr, als Worte sagen können. Zeichen wirken. Sie stärken uns, dem Reich Gottes zu dienen.
Christliche Denkmalpflege
Denk- und Mahnmal Kreuz
Wenn ich durch eine Großstadt wie Wien gehe, begegnen mir auf Schritt und Tritt Denkmäler aus allen Epochen unserer Geschichte. Manche dieser Denkmäler sind mittlerweile umstritten. Ein tatkräftiger Bürgermeister z.B., dem die Stadt Wien viel verdankt, war auch Wegbereiter späterer Judenverfolgung. Derzeit steht sein Denkmal beschmiert da, und nicht wenige fordern dessen Abriss. Denkmäler können wie jedes Symbol zwiespältig wahrgenommen und gedeutet werden. Oft wird das erst viel später bewusst.
Das gilt auch für religiöse Symbole, Zeichen oder Denkmäler. In einem bekannten Kirchenlied rühmen wir das Kreuz als Denkmal der Liebe Christi. Wenn wir dann die Strophe singen, in der das Kreuz als "Siegeszeichen" gepriesen wird, frage ich mich, wie es dabei Angehörigen anderer Religionen und Kulturen geht, die das Kreuz als Zeichen christlicher Übermacht und religiösen Machtmissbrauchs erlebt haben. Die erste Darstellung eines Kreuzes in der Geschichte des Christentums war als Schandmal gedacht, mit dem sich ein Soldat über seinen Kollegen lustig macht, der an einen gekreuzigten Gott glaubt.
Dennoch freue ich mich, dass wir in unserem Land eine Vielzahl von Kreuzesdarstellungen vorfinden; an Wegen, Plätzen, Berggipfeln, in jeder christlichen Kirche wie auch in vielen Wohnungen. Es kommt nicht zuletzt darauf an, wie wir diese Zeichen deuten und wie wir damit umgehen. Sie sind nicht nur Schmuckstücke, sondern können für uns im wahrsten Sinn Denkmale und auch Mahnmale sein, die einerseits die zerstörende Kraft der Gewalt und andererseits die verwandelnde Kraft der Liebe vergegenwärtigen.
Lebendige Denkmäler der Liebe Christi
Der Gründonnerstag rückt eine andere Art von Denkmälern in den Mittelpunkt, Denkmäler in der Gestalt religiöser Riten, die immer wieder neu vollzogen werden. Am Abend vor seinem Leiden hat Jesus zwei Zeichen seiner Liebe und Hingabe für die Menschen gesetzt und seine Jüngerinnen und Jünger aufgefordert, sie in Erinnerung an sein Leben und Sterben immer wieder lebendig werden zu lassen.
Beim letzten gemeinsamen Mahl hat er Brot und Wein genommen, diese als "mein Leib, mein Blut", als seine persönliche Lebenshingabe "für euch" gedeutet und mit allen am Tisch geteilt. Das gemeinsame Brotbrechen, das wir in der hl. Messe vollziehen, ist zum Denkmal seiner Liebe und Hingabe geworden. Es spornt uns an, auch so füreinander zu leben, wie Jesus für die Menschen gelebt hat.
Doch bald hat dieses Denkmal der Liebe Christi auch Kehrseiten gezeitigt. Bereits Paulus musste wenige Jahre nach dem Tod Jesu den Christen in Korinth in Erinnerung rufen, dass diese Feier mehr ist als gemütliches Beisammensein bei Essen und Trinken, mehr als eine gemeinsame Armenausspeisung. Es solle so gefeiert werden, dass es an die Liebe und Lebenshingabe Jesu erinnert und seine verwandelnde Kraft für alle, die der Spur Jesu folgen, entfalten kann.
Eine fade Angelegenheit? Eine gelungene Veranstaltung? - oder "Geheimnis des Glaubens"?
Auch wir müssen uns heute fragen, ob wir die hl. Eucharistie, die hl. Messe, in ihrer ursprünglichen Absicht feiern. Sind unsere Gottesdienste mehr als nur der fromme Zuckerguss für unsere Familien- und Dorffeste? Für einzelne sind sie zwar – so mein Eindruck – zu einer persönlichen spirituellen Kraftquelle geworden, die jedoch den Bezug zur gemeinsamen Sendung der Kirche als neues Volk Gottes verloren hat. Es ist zu wenig, "dass mir die Messe etwas gibt", und es ist keine ausreichende Entschuldigung, wenn "mir die Messe nichts mehr gibt". Die hl. Messe will uns etwas geben und kann nicht vollzogen werden, ohne dass wir etwas geben. Sie will uns zu einer lebendigen Gemeinschaft, zum Leib Jesu in der gegenwärtigen Zeit und Welt zusammenwachsen lassen. Am Ende jeder hl. Messe werden wir mit dem "Ite missa est" in die Welt hinausgesandt, um allen Menschen den Frieden des Reiches Gottes zu bringen.
Ein weiteres Denkmal der Liebe Jesu
Vermutlich hat auch der Evangelist Johannes, der sein Evangelium als letzter der vier Evangelisten niedergeschrieben hat, auch schon eine Krise des Eucharistiefeierns erlebt. In der sog. Eucharistischen Rede fasst er zwar eine dichte Theologie der Eucharistie zusammen, berichtet in seiner Schilderung des letzten Abendmahles nichts von der Einsetzung der Eucharistie, sondern rückt eine ganz andere Handlung in den Mittelpunkt. Mit der Fußwaschung hat Jesus ein weiteres Zeichen seiner Liebe gesetzt, ein Denkmal des selbstlosen Dienens. Auch in diesem Zeichen deutet er sein Leben als Hingabe für die Menschen. Er fordert die Jüngerinnen und Jünger und damit auch uns auf: "Ich habe euch ein Beispiel gegeben, damit auch ihr so handelt, wie ich an euch gehandelt habe." (Joh 13,15).
Dieses Zeichen Jesu ist ebenfalls ein Denkmal und Mahnmal. Es besagt, dass es mit frommem Feiern allein nicht getan ist. Nicht allein die Gottesdienste halten die Erinnerung an Jesus und seine Hingabe an die Menschen lebendig, sie müssen ergänzt und eingelöst werden durch unseren Dienst an den Menschen. Eine Kirche, die sich auf das Gottesdienstfeiern beschränkt, wird gesellschaftlich nicht wirksam. Gelebte Caritas, die Sorge für Notleidende und Hilfsbedürftige hält die Erinnerung an Jesus und an das, was er für die ganze Menschheit bedeutet, lebendig.
Christliche Denkmalpflege kümmert sich nicht nur um die Erhaltung unserer religiösen Zeichen und Kulturgüter, so wichtig und lobenswert das ist. Christliche Erinnerungskultur vollzieht sich in lebendigen und glaubwürdigen Gottesdienstfeiern und in konkret gelebter Nächstenliebe und Gemeinschaft. Sie erhebt damit den Anspruch, die Welt im Geiste Jesu umzugestalten.
Nur ein Leinentuch
Grün-donnerstag
Ein abgelegtes Gewand. Ein Leinentuch. In dieser Nacht, an diesem Abend feiern wir das Abendmahl! Gründonnerstag. Was sich so „grün“ anhört, hat sprachlich mit „greinen“ zu tun. Mit Weinen, mit Zagen. Tatsächlich feiert Jesus mit seinen Jüngern das Mahl in der Nacht, in der er verraten wird. Von seinen Jüngern: verraten, verleugnet, verlassen. Aber das wissen sie nicht, noch nicht.
Doch so abwegig ist auch „grün“ nicht – die Farbe neuen aufbrechenden Lebens. Knospen brechen auf. Bäume bekommen einen leuchtenden Schimmer. Sogar Städte, sogar Ruinen blühen auf. Hoffnung, die einfach kommt – und nicht geht.
Irritation
Wir sehen heute die Jünger an einem Tisch liegen. Die Tische waren niedriger als heute. Sessel, Stühle und Couchen gab es noch nicht. Jedenfalls nicht so, wie wir unsere Wohnungen einrichten. Die Jünger liegen bequem um den Tisch herum. Ihre Füße haben sie ausgestreckt, die Sandalen abgestreift. Wie staubig sie sind – die Füße. Staubig von den Wegen, auf denen sie gegangen sind. Was für eine Wohltat, wenn dann ein Sklave von hinten an gehuscht kommt und mit kaltem frischem Wasser die Füße wäscht. Und sie dann abtrocknet. Eine liebevolle, zärtliche Geste. Für Gäste und Fremde.
Aber wer ist hier der Sklave? Jesus hat sich erhoben, das Obergewand abgelegt und ein Leinentuch umgebunden. Dann macht er sich daran, seinen Jüngern die Füße zu waschen. Die Irritation ist perfekt, bei Petrus besonders. Er scheint die Geste nicht einmal zu verstehen. Wenn schon, dann Kopf und Hände. Nein, den Kopf bekommt hier keiner gewaschen, Sie verstehen schon.
Jesus wäscht seinen Jüngern die Füße. Er trocknet sie ab. Jesus ist ihr Sklave. Dabei nennen sie ihn „Herr und Meister“. Wir auch. Sein Zeichen? Das Leinentuch. Ob wir das nicht immer schon von ihm gehört, bei ihm gesehen haben? Die Dämonen jedenfalls wussten ein Lied davon zu singen.
Das Letzte Abendmahl
Der Evangelist Johannes, der uns diese kleine Geschichte erzählt, hat wohl lange überlegt. Soll ich nicht auch die Geschichte vom letzten Abendmahl Jesu so erzählen, wie es Markus, Matthäus und Lukas getan haben? Mit einem liebevoll vorbereiteten Raum, dem Passamahl und vor allem den Worten Jesu: „Das ist mein Leib“ – „das ist mein Blut“.„Tut dies zu meinem Gedächtnis“.
Diese Geschichte ereignet sich in jeder Eucharistiefeier neu. Sie ist uns vertraut. Und fremd zugleich. Jesus verschenkt sich uns.
Und Johannes erzählt genau diese Geschichte – eben nur ein wenig anders. Jesu Hingabe, seine Liebe, seine Art, alle Dinge auf den Kopf, nein, auf das Herz zu stellen, wird überraschenderweise zuerst den Füßen zuteil. Füßen, die weite Wege zurücklegen, die von Staub überzogen sind, die müde werden. Manchmal spüre ich sie nicht mehr. Meistens aber achte ich nicht einmal besonders auf sie. Sind nur die Füße. Aber braucht nicht der klügste Kopf Füße? Was ist, wenn sie nicht mehr tragen? Was, wenn sie schwach sind? Wehtun? Jesus bückt sich. Sein Gesicht sehen wir nicht. Er ist ganz nach unten gewandt. Vielleicht kniet er auch nieder. Vielleicht rutscht er von einem zum anderen. Nicht, dass wir das nicht schon längst wüssten! Weihnachten haben wir das auch schon gesungen:
Er wird ein Knecht und ich ein Herr;
das mag ein Wechsel sein!
Wie könnt es doch sein freundlicher,
das herze Jesulein,
das herze Jesulein!
Wandlungsworte
Wie Herren möchten sich viele Menschen fühlen, egal, ob Mann oder Frau. Groß, bedeutend, anerkannt. Unendlich viel Zeit verbringen Menschen damit, Macht und Einfluss auszubauen, sich zu vernetzen und ihren Marktwert ständig zu untersuchen. Manchmal fällt es uns auf, oft nicht. Zu kunstvoll sind die Verschleierungstaktiken. Sie könnten sich sogar einer Fußwaschung bedienen, um auch damit noch groß herauszukommen. Dafür braucht man nur einen Fotografen.
Andererseits können viele Menschen sich die Füße nicht waschen lassen, um es im Bild zu sagen. Sie können, sie wollen keine Liebe annehmen. Sie wollen auch nichts geschenkt haben. Sie fürchten um ihr Selbstbild. Sie fürchten, die Kontrolle über ihr Leben zu verlieren. Sie haben Angst davor, schwach dazustehen. Oder schmutzig. Bloß nicht so gezeigt werden! Petrus hat das schon gemerkt. Und – so ganz nebenbei: Jesus möge doch bitte der Herr bleiben und dieses Spiel lassen! So eine Narretei! Wo kommen wir denn hin, wenn so etwas Schule macht.
Ja, wo kommen wir denn hin? - In das Reich Gottes!
Passah
„Ihr sagt zu mir Meister und Herr
und ihr nennt mich mit Recht so; denn ich bin es.
Wenn nun ich, der Herr und Meister,
euch die Füße gewaschen habe,
dann müsst auch ihr einander die Füße waschen.
Ich habe euch ein Beispiel gegeben,
damit auch ihr so handelt,
wie ich an euch gehandelt habe.“
Wir sehen heute auch Menschen, die auf Intensivstationen um das Leben von Menschen kämpfen, die sich in Alten- und Pflegeheimen um altgewordene, kranke und schwache Menschen kümmern. Wir sehen heute auch Menschen, die in Schulen und Bildungseinrichtungen jungen Menschen helfen, auf eigenen Füßen zu stehen, die sich um die bemühen, denen es schwer fällt, im Leben Schritt zu fassen.
Überhaupt: viele Menschen arbeiten für andere und machen für sie oft auch die Drecksarbeit. Alles selbstverständlich. Es gibt ein „oben“ und ein „unten“. Das edle Tuch - und das Leinentuch. Zum Abtrocknen. Mit diesem Stück Stoff in der Hand können wir viele Geschichten erzählen, Geschichten von Zuwendung und Nähe. Aber auch Geschichten von missbrauchten und ausgenutzten „Füßen“. Es gibt wohl keinen Weg, der nicht auch staubig wäre. Unsere Schuhe verbergen das nur – und werden doch auch dreckig.
Übrigens: Judas, der Jesus mit einem Kuss verraten wird, ist dabei. Ihm werden auch die Füße gewaschen. Nicht der Kopf! Nicht die Hände! Wohin er dann geht, wissen wir.
Wenn Passah gefeiert wird, bis heute, wird der Weg in die Freiheit, der Weg in das Leben gefeiert. Die Untiefen, die Abgründe eingeschlossen. Umfangen von einer Liebe, die so ganz einfach anfängt: Jesus legt sein Gewand ab und das Leinentuch um. Wer hätte das gedacht: Das Evangelium passt in ein Leinentuch!
Und der Friede Gottes,
der höher ist als unsere Vernunft,
bewahre unsere Herzen und Sinne
in Christus Jesus,
unserem Herrn.
Er ist bei uns auch in der Not dieser Tage
Mit einem Schlag alles anders
Wer hätte sich das Anfang März vorstellen können?! In wenigen Tagen haben wir uns schlagartig in einer neuen Welt vorgefunden. Von einem Tag auf den anderen mussten wir akzeptieren, dass wir nicht mehr überall hingehen können, wohin wir möchten, dass Kaufhäuser, Restaurants und Cafés nicht öffnen dürfen, dass wir zu einander Abstand halten und möglichst viel daheimbleiben müssen. Schulen sind geschlossen, Betriebe stehen still, Großeltern sollen ihren Enkelkindern nicht mehr nahekommen. In vielen Dingen mussten wir umlernen.
Der Abend des Ur-Gründonnerstags und die darauffolgende Nacht musste für die Jünger ähnlich gewesen sein. Noch haben sie miteinander Pessach gefeiert, und am nächsten Tag war alles anders. Shut down. Sie konnten sich nicht mehr gefahrlos öffentlich sehen lassen. Sie lebten in der Angst, dass es auch sie treffen könnte. Der Kontakt mit ihrem Meister war abgeschnitten – offenbar für immer.
Jesus hat dies vermutlich schon geahnt, wenn nicht gewusst. Er setzte an diesem Abend bewusst zwei Akzente, die prägend sein sollten bis in unsere Zeit.
Wie ein Hausdiener wusch er den Seinen die Füße und sagte dazu: "damit auch ihr so handelt, wie ich an euch gehandelt habe." Beim Mahl reicht er ihnen Brot und Wein mit den Worten "das ist mein Leib, das ist mein Blut; tut dies zu meinem Gedächtnis." Diese beiden Zeichen sind sein Testament.
Unvergesslich bleibt mir die Szene vom letzten Abendmahl im Film Jesus Christ Superstar. Jesus ist bereits innerlich erschüttert von dem, was er auf sich zukommen spürt, während die Jünger in einem weinseligen Gemeinschaftsgefühl schwelgen und vom Kommenden nichts ahnen. Am nächsten Tag ist alles anders. Für immer. Auch nach der Auferstehung Jesu ging ihr Leben nicht einfach weiter wie vorher; schon gar nicht nach seiner Himmelfahrt und nach Pfingsten. Über Nacht wurden sie in eine andere Welt katapultiert.
Shut down
Wann sich unser Leben nach dem Corona-shut-down wieder normalisieren wird, kann noch niemand sagen. Sicher ist, dass vieles ganz anders sein wird, wenn die Welt nach der Coronakrise wieder erwacht: wirtschaftlich, gesellschaftlich, politisch.
In besonderer Weise gilt das meines Erachtens auch für das kirchliche Leben. Bis dahin können wir mehrere Wochen, die Älteren vielleicht sogar mehrere Monate, nicht gemeinsam Eucharistie feiern, alle Treffen wurden abgesagt, Begräbnisse können nur mehr in kleinem Kreis stattfinden, Erstkommunion, Firmung, Hochzeiten und kirchliche Feste können vorläufig nicht gebührend gefeiert werden. Alle Pfarren, Gemeinden und kirchliche Einrichtungen sind herausgefordert, brauchbare Wege zu finden, wie religiöses Leben in dieser schwierigen Zeit vollzogen werden kann.
Jesu Vermächtnis
Jesus hat beim Abschiedsmahl seinen Jüngern zwei Vollzüge mit auf den ungewissen Weg gegeben: Er hat ihnen die Füße gewaschen und mit diesem symbolischen Akt ihnen aufgetragen, so wie er den Menschen zu dienen. Was immer sie tun, es hat dem Wohl der Menschen zu dienen. Ohne diesen Dienst an konkreten Menschen gibt es Kirche nicht. Der zweite Vollzug ist das gemeinsame Gedächtnismahl. Er gibt ihnen sich selbst mit auf ihren Weg, indem sie das Brot, das sein Leib ist, essen und aus dem Kelch mit Wein, der sein Blut ist, trinken. Im Essen und Trinken seines Leibes und Blutes werden sie sein Leib, in dem er in ihrer Gemeinschaft und in der Welt weiterlebt.
Niemand weiß, wann die Jünger dieses Vermächtnis zum ersten Mal aufgegriffen haben und wie sie es konkret vollzogen haben. Aus der Überlieferung wissen wir, dass es zum sonntäglichen Herrenmahl wurde, zur Mitte ihrer Gemeinschaft. Aus dem sonntäglichen Vollzug dieses Gedächtnismahles haben sie Kraft geschöpft für ihren Dienst an den Menschen.
Er ist bei uns auch in der Not dieser Tage
Auch wenn wir dieses "Geheimnis des Glaubens" zu Ostern 2020 nicht in den uns lieb gewordenen Formen feiern können, bleibt es die Mitte unseres religiösen Lebens. Es wird auch nach der Krise, wenn die Kirche eine neue Gestalt gefunden haben wird, Quelle und Höhepunkt christlichen Lebens bleiben.
Mich hat tief berührt, wie am vergangenen Freitag Papst Franziskus mit dem Allerheiligsten in der Monstranz vor den Petersdom getreten ist, und "der Stadt und dem Erdkreis", urbi et orbi, den Segen in dieser schwierigen Zeit erteilt hat. Dieser Jesus Christus, der für uns sein Leben hingegeben hat, ist bei uns und geht mit uns durch die Not dieser Tage.
Netze der Nächstenliebe
Auch heuer ist Ostern!
Stellen Sie sich vor: Es ist Pessach, und keiner geht hin! - Gestern Abend hat die Feier des Pessach-Festes begonnen, das gläubige Jüd/innen überall auf der Welt feiern. So auch in Israel, wo es wie in vielen Ländern derzeit strenge Ausgangbeschränkungen gibt. Das Pessach-Fest beginnt mit dem Seder-Abend, bei dem normalerweise die ganze Familie zusammenkommt. Heuer wird es nur im kleinsten Kreis gefeiert, ganz anders als sonst, aber es fällt nicht aus!
Diese Tradition geht zurück auf das Buch Exodus, wir haben in der ersten Lesung gehört, wie das erste Pessach – der Vorübergang des HERRN gefeiert wurde. Für das Volk Israel war dieser Abend die Vorbereitung auf den Auszug aus Ägypten, aus einem Leben ohne Würde und in Sklaverei, ein Aufbruch in die Freiheit.
Im kleinen Kreis
So wie Jüd/innen im kleinen Kreis Pessach begehen, feiern auch wir heute in der Kapelle hier im kleinen Kreis die Feier vom Letzten Abendmahl miteinander und auch mit Euch allen, die Ihr nun über Facebook mit uns verbunden seid. Jesus hat mit seinen Jüngern Brot und Wein geteilt; wir haben es in der Lesung aus dem Brief an die Gemeinde in Korinth gehört.
Im Evangelium jedoch steht ein anderes Zeichen im Vordergrund: Jesus wäscht seinen Jüngern die Füße! Er tut einen Sklavendienst an ihnen, und durch ihn und sein Beispiel wird diese Fußwaschung zu einem Liebesdienst. Auf diese symbolische Handlung müssen wir heuer verzichten. Aber auch, wenn wir es nicht leibhaft sehen und spüren können, begreifen wir trotzdem, was Jesus uns damit sagen will: es kommt auf die Liebe an. Gerade jetzt vermissen viele von uns schmerzlich die Nähe zu lieben Menschen, wir können Ostern sowohl in der Kirche als auch zuhause nur im kleinen Kreis oder gar alleine feiern. Aber es fällt deshalb nicht aus, so wie auch die Liebe nicht ausfällt – sie kennt keine Ausgangs- oder sonstigen Beschränkungen.
Wie wir trotz allem Ostern feiern können
Mich hat diese Corona-Krise wie wohl Euch alle sehr nachdenklich gemacht, ich stelle viele Fragen und stelle vieles in Frage zurzeit. Nicht nur aufgrund kritischer Stimmen von „außen“ frage ich mich, was wir als Kirche in der aktuellen Situation beitragen können, um sie erträglicher zu machen. Was bleibt von unserem „Angebot“? Kirche heißt ja herausgerufen sein. Kann ich das auch, wenn ich drin bleiben muss? "Yes, we can." Ich denke, wenn wir auf uns selbst zurückgeworfen sind, haben wir mehr Zeit für die Stille und die Beziehungspflege. Ich kann jemanden anrufen, eine E-Mail schreiben, vielleicht einen Brief oder Osterkarten. Und ich kann die geschenkte Zeit nutzen, um zu beten, mich vom Wort Gottes berühren und tragen zu lassen und meiner Sehnsucht Ausdruck zu verleihen. Vieles, das wir nun vermissen, war für die meisten von uns selbstverständlich: die gemeinsame Feier von Gottesdiensten in der Kirche, Familientreffen, Arbeitsbesprechungen, Treffen mit Freund/innen u.v.m. Wie kann ich mir gerade jetzt die Liebe im Herzen bewahren? Auch wenn wir an den gesundheitlichen und wirtschaftlichen Problemen, dem Verlust von Arbeitsplätzen oder Gewalt in den Familien, die äußerst tragische Nebenwirkungen der Corona-Krise sind, nichts ändern können, ist jede/r von uns dazu berufen, Zeugnis für die Liebe Gottes in der unmittelbaren Umgebung zu sein. Ein gutes und tröstendes Wort zu geben oder sich schenken zu lassen, nicht den Mut zu verlieren.
Vielleicht hat der eine oder die andere von Euch schon einmal in der Osterzeit eine schwere Krise durchlebt und sie überstanden. Der Unterschied ist nun, dass die Krise alle in irgendeiner Form betrifft. Spannen wir Netze der Nächstliebe, lassen wir auch uns die Füße waschen! Wir feiern trotzdem Ostern, ganz anders, vielleicht auch bewusster. Denn Ostern und Auferstehung ist nicht nur in der Kirche: es ist in unserem Herzen, wenn wir es zulassen.
Ich stelle mir vor: Auch heuer wird Ostern. Gehen wir hin!
(c) Elisabeth Fritzl, Pastoralassistentin, Referentin für Liturgie der Katholischen Stadtkirche Graz
Liebe braucht Zeichen
Zeichen der Liebe
Als kleines Kind verbrachte ich öfter einige Tage bei den Großeltern. Unvergesslich bleibt mir die kleinen Milchstriezel, den meine damals noch unverheiratete Tante jeweils in der Nacht vom Samstag auf Sonntag speziell für uns Kinder gebacken hat. Für die übrigen Mitglieder der großen Familie hat sie einen großen Milchbrotwecken zubereitet. Mein Bruder und ich wurden jedoch in der Früh beim Aufstehen mit einen kleinen, speziell geflochtenen Milchstriezel überrascht, den wir auf unseren Nachtkästchen vorfanden. Dieser war für mich der Inbegriff ihrer Zuwendung. Liebe geht durch den Magen, heißt es. Liebe braucht Zeichen, an denen man sie erkennen, durch die man sie spüren kann.
Beim Abschiedsmahl Jesu, von dem wir im Evangelium gehört haben, setzte Jesus auch ein Zeichen seiner Liebe: Er hat seinen Jüngern die Füße gewaschen. Nicht alle haben dieses Zeichen gleich verstanden. Zeichen sind nicht immer eindeutig und brauchen oft eine Deutung. Jesus, der Lehrmeister seiner Jünger, erweist seinen Schülern einen Dienst, den sonst Sklaven verrichten. Er will ihnen damit ein Beispiel geben. Sein Lehrer-Schüler-Verhältnis sieht er als Dienst. Er stellte sein ganzes Leben in den Dienst der Menschen für die er da sein will. Mit diesem Zeichen will er ihnen ein Beispiel geben. Wie er sollen alle, die ihm nachfolgen wollen, handeln. Dieses Zeichen ist einerseits eine klare Absage an Herrschaftsverhältnisse, in denen die einen dienen und die anderen herrschen, zugleich zeigt er mit diesem Zeichen, wie alle allen dienen können.
Zeichen der Hingabe
Das Wissen um die Zeichenhaftigkeit dieser Handlung lässt das, was Jesus am darauffolgenden Tag erlebt, in einem anderen Licht erscheinen. Es ist nicht das Scheitern eines religiösen Erneuerers, sondern er will sein Leben als dienende Hingabe an die Menschen verstanden wissen.
Der Gründonnerstag kreist noch um weitere Zeichen der Liebe und Hingabe. In der Lesung aus dem Brief an die Gemeinde in Korinth ruft Paulus in Erinnerung, was im Leben der Christen regelmäßige Praxis war. Dieses allen vertraute Zeichen wurde offenbar nicht von allen in seiner ganzen Tragweite verstanden. Auch dieses Zeichen bedurfte einer Deutung. Am Abend vor seiner Gefangennahme und Hinrichtung nahm Jesus Brot und Wein, gab sie seinen Jüngern zu essen und zu trinken. Auch dieses Zeichen bedeutet die Hingabe seines Lebens. Er fordert die Jünger auf, dies zu seinem Gedächtnis auch in Zukunft zu tun. Dieses Zeichen ist zum Mittelpunkt christlichen Lebens geworden.
Zeichen können mehr sagen als Worte. Sie können Zusammenhänge ausdrücken, die man mit Worten nur unzureichend beschreiben kann. Diese Zeichen kann man sogar spüren, ihre Wirkung hält länger an als Worte, die allzu schnell verklingen. Brot und Wein gehen durch den Magen.
Behutsamer Umgang mit Zeichen
Zeichen bedürfen aber einer behutsamen Handhabung. Wo sie nur oberflächlich vollzogen werden, verkommen sie zu einer hohlen Geste. Wenn sie nicht von dem erfüllt sind, was sie bezeichnen, bewirken sie das Gegenteil.
Die Feier des Gründonnerstags konfrontiert uns von diesen Zeichen her mit vielen Fragen: Ist unser Leben erfüllt mit Hingabe an die Menschen, für die wir als Christen da sein wollen? Wie viel Dienst ist drinnen in unserem Leben als Christen? Papst Franziskus geißelt immer wieder den Klerikalismus, der sich über Menschen erhebt und über sie herrschen will. Dabei geht es nicht nur um selbstherrliche Kleriker. Oft wird die Mitarbeit in der Kirche von Fragen abhängig gemacht, was man darf oder nicht darf, und nicht von der Frage, was kann ich an Gutem für die anderen einbringen.
Wir sollten uns auch der Frage stellen, ob der zahlenmäßige Rückgang an Gottesdienstfeiernden vielleicht auch damit zusammenhängt, dass das "Tut dies zu meinem Gedächtnis" nicht mehr als Mittelpunkt des gemeinsamen Feierns erlebt wird. Fragen der Gestaltung, welche Lieder sollen gesungen werden, welcher Chor tritt auf, wie lange darf eine Messfeier sein, bzw. wie kurz soll sie sein, sind durchaus wichtige Fragen. Oft stehen sie aber so im Vordergrund, dass sie das "Geheimnis des Glaubens", das wir feiern, zudecken.
Petrus wollte den fußwaschenden Jesus zunächst nicht an sich heranlassen, weil er sein Ansinnen nicht verstanden hat. Erst als Jesus ihm sagte: "Wenn ich dich nicht wasche, hast du keinen Anteil an mir.", lässt er sich darauf ein.
Der Gründonnerstag konfrontiert uns mit der Frage: Lassen wir Jesus an uns heran, wenn wir im Gottesdienst die uns anvertrauten Zeichen der Liebe und Hingabe vollziehen? Lassen wir seinen Dienst der Liebe an uns geschehen? Und in einem zweiten Schritt: Sind wir bereit, seinem Beispiel zu folgen? Auch unsere Liebe muss konkret und spürbar werden.
Tut dies zu meinem Gedächtnis!
Bedingungsloses Grundeinkommen?
Die rasante technische Entwicklung bringt es mit sich, dass immer mehr Arbeitsplätze wegrationalisiert werden. Wozu man früher ein Heer von Arbeitern brauchte, das wird heute immer öfter von Maschinen und Robotern erledigt, deren Bedienung nur mehr wenige hoch qualifizierte Leute erledigen. Manche Politiker fordern daher ein bedingungsloses Grundeinkommen. Auf diese Weise soll jeder vom Staat genug Geld zur Verfügung gestellt bekommen, um damit die Grundbedürfnisse finanzieren zu können. Wer mehr haben will, kann sich Geld dazuverdienen, sofern er Arbeit findet. Klingt verlockend. Strittig ist, wie dieses System finanziert werden kann, ob sich dann noch genügend Menschen finden, die arbeiten wollen, und wie sich ein solches System langfristig auf junge Menschen auswirkt, die in ihrer ganzen Entwicklung nie Erfahrungen mit der Arbeitswelt gemacht haben.
Meines Erachtens wird damit eine noch viel grundlegendere Frage berührt: Was motiviert Menschen, von der Gesellschaft nicht nur Leistungen zu empfangen, sondern auch etwas zum Gemeinwohl beizutragen? Viele Tätigkeiten werden auch jetzt schon nicht mit Geld entlohnt: Familienarbeit, gemeinnützige Arbeit usw. Die Diskussion um den gleichen Lohn für gleiche Arbeit, die im Zusammenhang der Gleichbehandlung von Frauen und Männern geführt wird, hat nicht zuletzt auch damit zu tun, dass traditionellerweise viele unbezahlte Leistungen mehr von Frauen als von Männern erbracht werden. Und es ist nicht leicht, Männer zu echtem "Halbe-Halbe" zu motivieren.
Einander dienen
Im Evangelium haben wir heute von Jesus gehört, wie er beim Letzten Abendmahl den Jüngern die Füße gewaschen hat. Ganz freiwillig. Niemand hat ihn dazu aufgefordert. Er übernimmt einen Dienst, den damals Sklaven an ihren Herren und deren Gästen verrichtet haben. Petrus weigert sich zunächst, sich von seinem Herrn die Füße waschen zu lassen. Jesus argumentiert ihm gegenüber: "Wenn ich dich nicht wasche, hast du keinen Anteil an mir." Füßewaschen ist für Jesus ein symbolischer Akt, der Gemeinschaft herstellt. Ihm geht es um Gemeinschaft. So will er sein ganzes Leben gedeutet wissen: als persönliches Engagement, das Gemeinschaft stiftet.
Jede Gemeinschaft lebt von unbezahlbarem persönlichem Engagement. Wenn eine Familie beginnt, gegenseitig alles aufzurechnen, was man für einander tut, wird es kaum einen längeren Zusammenhalt geben. Das heißt nicht, dass man nicht von Zeit zu Zeit ausdiskutiert, wer was zur Gemeinschaft beiträgt und wie die Lasten des gemeinsamen Lebens gerecht verteilt werden. Ähnlich ist das auch in jeder anderen Gemeinschaft: im Kloster, in einem Verein, in der Pfarrgemeinde...
Hingabe
Am Gründonnerstag erinnern wir uns auch noch an einen anderen symbolischen Akt, den Jesus während seines Abschiedsmahles gesetzt hat. Matthäus, Markus und Lukas berichten davon. Das gemeinsame Essen, das Teilen dessen, was man zum Leben zur Verfügung hatte, war zu einem Markenzeichen der jungen Jesusbewegung geworden. Für Jesus war es ein Zeichen des anbrechenden Reiches Gottes. Im gemeinsamen Essen nahmen er und seine Freunde symbolisch vorweg, was der Prophet Jesaja für die Vollendung der Welt ankündigte: "Der Herr der Heere wird auf diesem Berg für alle Völker ein Festmahl geben mit den feinsten Speisen, ein Gelage mit erlesenen Weinen, mit den besten und feinsten Speisen, mit besten, erlesenen Weinen." (Jes 25,6).
Beim Abschiedsmahl geht Jesus über diese Symbolik noch hinaus, als er Brot und Wein nahm und an die Jünger verteilte. Er bezeichnete sie als seinen Leib und sein Blut, als sein Leben, das er für die Menschen hingibt. So wollte er sie miteinander verbinden und zu einem Leib zu vereinen. Wie bei der Fußwaschung legt er den Jüngeren ans Herz, es ihm gleich zu tun. Er fordert sie zur Hingabe ihres Lebens auf.
Wir leben in einer Zeit, die geneigt ist, in die Gegenrichtung zu gehen: "Amerika first!", "Österreich zuerst!", "Brexit"… Nationalismen boomen, allerdings nicht im Sinne des Zusammenhaltens als vielmehr des Auseinanderdividierens. "Hol dir, was dir zusteht!" statt Solidarität. Gleichzeitig erleben wir eine Tendenz zur Individualisierung, die bedenkliche Werthaltungen in den Vordergrund stellt: Jeder ist seines Glückes Schmied!
Gründonnerstag
Was Jesus an jenem denkwürdigen Gründonnerstag getan hat, weist in eine andere Richtung. Die Christen haben in der Vergangenheit Wert darauf gelegt, jeden Sonntag die Erinnerung an die Lebenshingabe Jesu in den Mittelpunkt zu stellen. Die gemeinsame Eucharistiefeier hat Menschen durch Jahrhunderte hindurch geformt und geprägt: "Tut dies zu meinem Gedächtnis!" Seid bereit, einander zu dienen ohne zu fragen: Was krieg ich dafür. Seid bereit, für einander da zu sein, sich für einander einzusetzen und die Armen und Mittellosen an euren reich gedeckten Tischen teilhaben zu lassen.
Gründonnerstag feiern beinhaltet die Frage: Bist du bereit, dich von dieser Haltung Jesu prägen zu lassen? Er lädt uns ein, am Tisch des Reiches Gottes teilzuhaben. Er fordert uns aber auch auf, dass wir es ihm gleichtun.
„Ich habe euch ein Beispiel gegeben.“
Wir feiern Jesu Lebenshingabe
Wir feiern heute das Abendmahl Jesu und treten in das Geschehen von damals ein. Wir können nicht mehr so tun, als wären wir nicht mit dabei gewesen. Wenn wir hinausgehen, haben wir einen gewandelten Blick auf unser Leben, auf unsere Mitmenschen, auf die Herausforderungen unseres Lebens in der Nachfolge Jesu.
Was in den anderen drei Evangelien durch den Brot- und Kelchritus des letzten Mahles verdeutlicht wird, geschieht bei Johannes durch die Fußwaschung: Jesu Lebenshingabe an seine Freunde. Wer sich von ihm die Füße waschen lässt und wer seinem Beispiel folgt, hat Anteil an ihm wie durch die Brot- und Kelchkommunion.
Fleischgewordene Zärtlichkeit Gottes
Ist ein Mahl etwas Erhabeneres, an einem Tisch vollzogen, so findet das Füßewaschen in den Niederungen des Alltags statt: Füße sind ganz unten. Zerfurcht, staubig, oft unbeachtet - Jesus legt seine ganze Liebe in dieses Tun hinein: „Begreift ihr, was ich an euch getan habe?“ (Joh 13,12b).
Er hebt die Verhältnisse auf, Jesus, der Meister und Herr, verrichtet den Dienst eines Sklaven. Das letzte Abendmahl ist ein Liebesmahl, ein Verweiszeichen darauf, was wir morgen am Karfreitag erinnern: „Es gibt keine größere Liebe, als wenn einer sein Leben für seine Freunde hingibt.“ (Joh 15,13).
Jesus ist die fleischgewordene Zärtlichkeit Gottes. In der Fußwaschung zeigt er, wie weit er gehen wird in seiner Liebe zu uns: bis zum Äußersten. Er kniet vor mir nieder, sodass ich mir seine Liebe gefallen lasse und ich dadurch frei werde zum Dienst an den Anderen. „Tut dies zu meinem Gedächtnis.“
Immer wenn wir uns, die wir in der Nachfolge Jesu stehen, hinunter beugen, nach ganz unten gehen, den Staub wahrnehmen, das Zerfurchte und oft Unbeachtete - immer dann ereignet sich Kommunion, haben wir intensivsten Anteil an - communio mit - Jesus Christus. Und in der Logik des Gründonnerstags ist dies gleichzusetzen mit der Brot- und Kommunion in der Eucharistiefeier.
Christus begegnet uns im Nächsten
Dort begegnet uns Jesus Christus leiblich, er ist gegenwärtig im Nächsten, besonders in den Notleidenden, in den Armen und Bedrängten jeder Zeit.
Papst Johannes Paul II. hat in Indien ein an Aids erkranktes Kind hochgehoben, geküsst und gerufen: Du bist Jesus Christus! Oder jener Priester und Theologe im mittelalterlichen Rom, der von der Kirchenleitung mit einem Eucharistieverbot belegt wurde. Er antwortete darauf: „Das macht mir nichts aus. Nehme ich mir halt einen Armen ins Haus, so habe ich Christus immer bei mir.“
Und Papst Franziskus hält es sowohl für sich sowie für alle Getauften und christlichen Gemeinden in der Nachfolge Jesu unerlässlich, die Armen in unserer unmittelbaren Umgebung persönlich zu kennen, mit ihnen Gemeinschaft - Communio - zu halten, zu wissen, was sie brauchen und entsprechend mit ihnen zu teilen.
Nicht nur aus dem Beispiel der Fußwaschung ergibt sich gleichsam ein allgemeines Diakonat für alle Getauften: „Ich habe euch ein Beispiel gegeben, damit auch ihr so handelt, wie ich an euch gehandelt habe.“ (Joh 13,15). Auch bei Lukas heißt es am Ende des Beispiels vom barmherzigen Samariter: „Da sagte Jesus zu ihm: Dann geh und handle genauso!“ (Lk 10,37).
Jesus fordert uns auf, sein Tun und sein Handeln zu begreifen und nachzuahmen. In unserem unmittelbaren Lebensumfeld, in den kleinen Dingen und Momenten des Alltags einander die Füße zu waschen, die Aufmerksamkeit von sich selber wegzulenken, hinüber zum Nächsten, zum Du.
Tag der Einübung
So gesehen ist der Gründonnerstag der jährliche Tag zur Einübung in die dienende Dimension des Christentums. Jesus wäscht uns nicht den Kopf, sondern die Füße.
Eine alltägliche Geste bekommt eine Idee von Ewigkeit. Diese Stunde der Fußwaschung geht nie zu Ende, sondern bringt immer wieder die Frage hervor: Was haben wir füreinander übrig?
Füße waschen heißt: sich meinem Nächsten zuzuwenden. Und dabei ganz unten anzufangen. Füße erzählen seit dem Beispiel Jesu im Abendmahlsaal von empfangener Liebe, von Wertschätzung und Würde.
© Peter Schwarzenbacher, MSC. - Linz
"Er liebte sie bis zur Vollendung"
Wir feiern den Heiligen Gründonnerstag. Das Evangelium schildert uns heute nicht das Paschamahl. Es heißt zwar: Es fand vorher ein Mahl statt. Doch es wird nicht beschrieben, welches Mahl es war. Johannes berichtet weiter von der Stunde Jesu: „Jesus wusste, dass seine Stunde gekommen war, um aus dieser Welt zum Vater hinüberzugehen. Da er die Seinen liebte, die in der Welt waren, liebte er sie bis zur Vollendung.“ Im Text wird die tiefe Einheit Jesu mit seinem Vater gerade auch in der bewussten Annahme seines Leidensweges deutlich. „Jesus, der wusste, dass ihm der Vater alles in die Hand gegeben hatte und dass er von Gott gekommen war und zu Gott zurückkehrte, stand vom Mahl auf, legte sein Gewand ab und umgürtete sich mit einem Leinentuch.“ Er wusch den Jüngern die Füße. Das ist der Dienst Jesu an den Jüngern, der zum Symbol und Gebot schlechthin wurde.
Petrus versteht es nicht, dass der Meister die Füße wäscht. Jesus denkt nicht von Oben nach unten, vom Chef zum Niedrigeren, er lässt die Liebe kreisen, die in ihm vom Vater her lebendig ist. Es gibt nicht Wichtig und Unwichtig. Es zählt, in den Kreislauf göttlicher Liebe einzutreten. So wird der Mensch rein. Jesus bleibt schwach wie jeder Mensch schwach ist, ist ganz erfüllt von göttlichem Geist des Dienens und Sich-Verschenkens. Er kniet vor jedem, wohl auch vor Judas. Jesus kennt den geplanten Verrat, dennoch geht er seinen Weg. Vordergründig sieht seine Macht wie Ohnmacht aus. Doch die Schwäche der Liebe hat die Kraft und Freiheit, sich zu verschenken.
Im Zusammenleben der Menschen, die Jesu Jünger sind, soll die Liebe gelebt werden. Nur eine Gemeinde, die nach dem Beispiel Jesu lebt, kann ihn und sein Evangelium glaubwürdig verkünden. Heute bekräftigt Jesus das. Er fragt: „Begreift ihr, was ich an euch getan habe? Ihr sagt zu mir Meister und Herr und ihr nennt mich mit Recht so; denn ich bin es. Wenn nun ich, der Herr und Meister, euch die Füße gewaschen habe, dann müsst auch ihr einander die Füße waschen. Ich habe euch ein Beispiel gegeben, damit auch ihr so handelt, wie ich an euch gehandelt habe.“ Wir Christen werden gemessen an dem Maß unserer Hingabe. Den Dienst aneinander gibt es nicht gratis, er kostet immer etwas. Doch es quillt die Freude auf. In den Abschiedsreden kurz darauf im Text heißt es: „Dies habe ich euch gesagt, damit meine Freude in euch ist und damit eure Freude vollkommen wird.“
Vom Mehrwert der Liebe Christi
Wer redet heute noch von Dienst?
Das Wort "dienen" hat heute einen etwas antiquierten Klang. Der "Job" hat im Alltag den "Dienst" verdrängt. Nur in wenigen Berufen kommt der Dienst noch vor, wie z.B. bei Beamten im Staatsdienst, Militärdienst, Zivildienst... Und dies, obwohl sich unsere Gesellschaft heute als eine Dienstleistungsgesellschaft versteht. Man kann sich heute so ziemlich jeden Dienst kaufen. Dabei spricht man lieber von Service, und Service wird heute großgeschrieben. Keine Organisation kommt darum herum, guten Service anzubieten.
Wenn wir das Evangelium von der Fußwaschung verstehen wollen, müssen wir in der Geschichte weit zurückgehen und uns vor Augen führen, was man in vergangenen Epochen unter "dienen" verstanden hat. Der Dienst eines Kochs sieht heute ganz anders aus als zur Zeit der Feudalherrschaft, als es noch Leibeigenschaft gab. Ganz zu schweigen vom Dienst eines Sklaven in der Antike. Auch im Umgang mit Sklaven hat es Unterschiede zwischen den einzelnen Kulturen gegeben.
Der Dienst Jesu
Der Dienst, den Jesus beim letzten Mahl mit seinen Jüngern übernommen hat, war einerseits ein Sklavendienst und andererseits ein ganz persönlicher Dienst. Man wird auch in der damaligen Zeit sehr wohl gespürt haben, wie unwilling oder mit wieviel Hingabe ein Sklave diesen Dienst ausgeübt hat. Wenn Jesus freiwillig den Dienst eines Sklaven übernommen hat, wird er diesen wohl mit Wohlwollen und Zärtlichkeit ausgefüllt haben.
In dem Zeichen, das Jesus gesetzt hat und dessen Nachahmung er von seinen Jüngern erwartet, geht es um mehr als um eine Dienstleistung, um mehr als um ein Service, auf das ein umsichtiger Gastgeber Wert gelegt hat. Darin ist ein Mehrwert enthalten, den man nicht berechnen und verrechnen und auch nicht fordern kann.
Um diesen Mehrwert geht es am heutigen Abend. Der Apostel Paulus drückt es im Hohenlied der Liebe im Brief an die Korinther mit den Worten aus: "Wenn ich in den Sprachen der Menschen und Engel redete, hätte aber die Liebe nicht, wäre ich dröhnendes Erz oder eine lärmende Pauke... Und wenn ich meine ganze Habe verschenkte, und wenn ich meinen Leib dem Feuer übergäbe, hätte aber die Liebe nicht, nützte es mir nichts…" Nur von diesem Mehrwert der Liebe her ist zu verstehen, was Jesus getan hat und warum wir bis heute unser ganzes Leben an ihm und seinem Beispiel ausrichten.
Der Dienst der Kirche
Kirche als Dienstleistungsunternehmen zu betreiben, funktioniert nicht. Wir können zwar auch von der Kirche ein gutes Service wie von anderen Orgnisationen erwarten, doch das legitimiert sie noch nicht als Kirche. Religiöse Dienstleistungen bieten auch andere an. Sie können sich heute gut von Könnern gestaltete Rituale zur Feier der Geburt eines Kindes, zur Hochzeit oder zum Begräbnis auf dem Dienstleistungsmarkt kaufen. Dank Google kann jeder seinen Zeremonienleiter, seine Zeremonienleiterin finden. Und sie machen es gut und auch persönlich, ganz nach Ihren Wünschen.
Der Mehrwert der kirchlichen Dienste liegt darin, dass wir sie im Geiste und in der Haltung Jesu tun wollen. Das ist natürlich eine gewaltige Herausforderung. Der Bischof oder der Pfarrer kann noch so vielen Obdachlosen am Gründonnerstag die Füße waschen, hat er aber die Liebe nicht, ist das alles nichts – um mit Paulus zu sprechen.
Das gilt nicht nur für offizielle und inoffizielle Handlungen der dazu beauftragten Kirchenvertreter. Das gilt für einen jeden einzelnen von uns, der sich in die Nachfolge Jesu stellt. Um diesen Mehrwert der Liebe geht es in all unseren Beziehungen. "Hätten wir die Liebe nicht..." Es geht nicht darum, wie sachkundig und gut wir etwas machen, nicht darum, wie viel wir tun und leisten, es geht darum, wie echt die Liebe ist, mit der wir unser Tun erfüllen. Liebe ist zwar ein Gefühl, sie ist aber mehr als ein Gefühl. Es kann auch Liebe sein, wenn uns etwas Überwindung kostet.
"Tut dies zu meinem Gedächtnis"
An der Stelle, an der uns der Evangelist Johannes von der Fußwaschung erzählt, bringen die anderen drei Evangelisten den Bericht vom Abendmahl. Einen fast gleichlautenden Text haben wir in der Lesung aus dem Brief des Apostels Paulus an die Korinther gehört. Auch in diesen Berichten geht es um den Mehrwert der Liebe, um die Hingabe Jesu an die Menschen und um die Aufforderung, es ihm gleich zu tun. "Jesus, der Herr, nahm in der Nacht, in der er ausgeliefert wurde, Brot, sprach das Dankgebet, brach das Brot und sagte: Das ist mein Leib für euch. Tut dies zu meinem Gedächtnis! Ebenso nahm er nach dem Mahl den Kelch und sprach: Dieser Kelch ist der Neue Bund in meinem Blut. Tut dies, sooft ihr daraus trinkt, zu meinem Gedächtnis!" Wir hören das in jeder Eucharistiefeier. Es ist das Kernstück unseres Glaubens und das Kernstück des Christseins. Ohne diese Liebe gibt es kein Christentum.
Füße erzählen viel
Als Gäste beim Abendmahl
Mit dem Gründonnerstag beginnen die hl. drei Tage: das letzte Mahl Jesu, seine Kreuzigung, seine Auferstehung. Genau genommen: wir brauchen drei Tage, um das Geheimnis der Liebe zu erzählen und zu feiern. Eine Liebe, die aufs Ganze geht – und dann alles gewinnt. Eine Liebe, die den Tod durchmisst – und ihn überwindet. Eine Liebe, die den Himmel öffnet – und uns die Erde aufschließt. Ich weiß gar nicht, wie ich das beschreiben soll…
Aber vielleicht muss ich jetzt auch nichts beschreiben! Heute Abend feiern wir das Abendmahl Jesu. Wir treten sozusagen in diese Geschichte ein, setzen uns zu den Jüngern – und erleben Jesus. Wenn wir dann wieder gehen, haben wir einen neuen Blick auf unser Leben, auf die Menschen, auf unsere Herausforderungen. Jedenfalls können wir nicht so tun, als ob wir nicht dabei gewesen wären!
Was macht Jesus? Er wäscht seinen Jüngern die Füße! Er rutscht dabei nicht unter den Tisch, wie es uns jetzt in den Sinn kommen könnte. Die Jünger liegen auf Polstern, ausgebreitet. Den Kopf abgestützt. Die Füße, nackt, zeigen nach außen. Wie staubig doch die Wege waren, die sie gegangen sind! Die Sandalen sind abgelegt. Jetzt ist niemand auf dem Sprung. Jetzt wird gefeiert. Doch: In einem guten Haus war es die Aufgabe von Sklaven, die Füße der Herren – und der Gäste - zu waschen. Die Sklaven gehörten nicht an den Tisch… Sie wurden auch nicht eingeladen, sich dazu zu setzen – Verzeihung, sich dazu zu legen. Der Tisch des Herrn hatte Grenzen. Unausgesprochen. Regel seit Ewigkeiten.
Füße waschen…
Ich sehe Füße vor mir. Sie tragen die Spuren des Alters, der Wege, der Steine. Sie erzählen von schönen Strecken, aber auch von beschwerlichen Touren. Sie haben Hornhaut angelegt – wie einen Panzer. Aber sie wissen von jeder Delle, von jedem Matsch ein Lied zu singen. Wie beweglich doch ein Fuß ist! Leicht federnd ist ein Schritt – wenn es zu einem geliebten Menschen geht. Hart und schwer ist der Gang – wenn die Last des Lebens auf den Schultern ruht. Von weitem schon sieht man, wie ein Mensch drauf ist – man erkennt von weitem an seinem Gang. Dabei sind es die Füße, die so viel Kraft haben, einmal zu springen – dann im Gleichmaß zu gehen. Kilometer um Kilometer. Manchmal rutscht der Druck in die Zehen. Sie krallen sich fest, sie spielen im Wind, sie sind als erste – im Ziel. Nur, wenn ich fest stehen will, ausruhen möchte oder einfach nur warten – dann sind es die Hacken, die tragen. Sie könnte ich auch zusammenschlagen. Unterwürfig und leidenschaftslos. - Ich muss es nicht.
Füße waschen …
Füße waschen heißt: das Leben waschen. Und dabei unten anzufangen. Hier gibt es keinen brillanten Gedanken, keinen erhobenen Kopf, keinen weitfliegenden Geist. Schritte gibt’s, Lebens-Schritte. Kleine Schritte. Schritt für Schritt. Wisst ihr, was es heißt, die Welt schrittweise zu entdecken? Mit bloßen Füßen? Dann wird die Welt ganz klein. Und die Uhren laufen anders. Der Herzschlag auch.
Füße waschen …
Petrus poltert los. Er versteht die Sprache, die Geste, das Zeichen nicht. Jesus als Sklave? Nicht mehr am Tisch des Herrn, der Herren – sondern gebückt, mit abgelegtem Festgewand, geschürzt? Das passt nicht zu dem Bild, das Petrus sich längst gemacht hat, auch nicht zu dem Bild, das er von sich gemacht hat. Die Rollen sind vertauscht, durcheinander geraten. Bei diesem Mahl. An diesem Abend. Aber wie sich die Füße jetzt fühlen! Nicht nur der Staub ist weg. Es sind die Füße, die sonst – buchstäblich – im Schatten sind, die die ganze Liebe spüren, die von Jesus jetzt ausgeht. Große Herren haben Füße, kleine Leute haben Füße, Flüchtlinge haben Füße…
"Ein Beispiel habe ich euch gegeben"
Jesus hat von einem Beispiel gesprochen, das er gegeben hat. Was an diesem Abend passiert, gegen alle Spielregeln, Konventionen und Überlieferungen, wird zu einem Auftrag.
„Als er ihnen die Füße gewaschen, sein Gewand wieder angelegt und Platz genommen hatte, sagte er zu ihnen: Begreift ihr, was ich an euch getan habe? Ihr sagt zu mir Meister und Herr, und ihr nennt mich mit Recht so; denn ich bin es. Wenn nun ich, der Herr und Meister, euch die Füße gewaschen habe, dann müsst auch ihr einander die Füße waschen.“
Mit dem Gründonnerstag beginnen die hl. drei Tage: das letzte Mahl Jesu, seine Kreuzigung, seine Auferstehung. Genau genommen: wir brauchen drei Tage, um das Geheimnis der Liebe zu erzählen und zu feiern. Eine Liebe, die aufs Ganze geht – und dann alles gewinnt. Eine Liebe, die den Tod durchmisst – und ihn überwindet. Eine Liebe, die den Himmel öffnet – und uns die Erde aufschließt.
Vorhin habe ich gesagt: Ich weiß gar nicht, wie ich das beschreiben soll... Aber wer heute Abend bei diesem Mahl Jesu dabei ist, spuckt keine großen Töne, wirft sich nicht in Schale, trägt die Nase nicht hoch – schaut aber auf die Füße.
Heute erzählen die Füße:
Von den langen, beschwerlichen Strecken der Flüchtlinge, die jetzt irgendwo festhängen, die in Lagern angekommen sind, die auch die letzten Hindernisse erklimmen...
Von den alten Menschen, die nur noch langsam gehen können, Schmerzen haben, die ihre Füße nicht mehr spüren...
Von den Kindern, die mit einer Leichtigkeit und Schwerelosigkeit die Welt erobern, als könnten ihre Füße sie sogar in den Himmel tragen...
Von den Verkäuferinnen und Verkäufern, von den Serverinnen und Kellnern, von den Krankenschwestern und Pflegern, die den ganzen Tag auf den Beinen sind, geschwollene Füße haben und sich nur noch lang machen wollen...
Von den Athleten und Läufern, die ihre ganzen Träume in die Füße legen, Millisekunden und weite Sprünge...
Ich sehe aber auch den Rollstuhl, der die Füße nicht mehr ersetzt. Das abgenommene Bein. Die amputierte Hoffnung. Und die Prothesen, die einspringen.
Die Füße erzählen viel
Sie erzählen heute von Zuwendung und Nähe, sie erzählen heute von Liebe. Von empfangener Liebe. Von Wertschätzung. Von Wichtigkeit. Einmal im Jahr spielen sie die Hauptrolle. Bei dem Mahl Jesu, dass er mit seinen Jüngern feiert. In der Nacht, in der er verraten wird.
Jesus hat uns ein Beispiel gegeben. An ihm nehmen auch große Geister Maß – und werden ganz klein. Denn wenn von Füßen die Rede ist, werden auch die Sklaven ins Licht gestellt. Während die Herren verstummen. Und staunen!
„Jesus, der wusste, dass ihm der Vater alles in die Hand gegeben hatte und dass er von Gott gekommen war und zu Gott zurückkehrte, stand vom Mahl auf, legte sein Gewand ab und umgürtete sich mit einem Leinentuch. Dann goss er Wasser in eine Schüssel und begann, den Jüngern die Füße zu waschen und mit dem Leinentuch abzutrocknen, mit dem er umgürtet war.“
Fortsetzungserzählung
So fängt eine Geschichte an, die ihre Fortsetzung sucht. In meinem Leben. Wissen Sie, was mir so am Schluss in den Sinn kommt? Jesus hat auch meine Füße gewaschen.
- Sie sind durch so viel Dreck gegangen...
- Sie haben sich so oft aus dem Staub gemacht...
- Sie sind so oft in einem Gestrüpp hängen geblieben...
- Sie sind so oft müde...
Jetzt bin ich dran! Den guten Anzug muss ich nicht immer anhaben. Die Schürze steht mir auch gut. Und dass fremde Füße eine Entdeckung sein können – na ja, das erzählen wir uns später.
Und der Friede Gottes,
der höher ist als unsere Vernunft,
bewahre unsere Herzen und Sinne
in Christus Jesus,
unserem Herrn.
Berührbare Liebe
Fußwaschung und Mahl
Wir schauen auf das, was an diesem Abend geschehen ist. Es ist der letzte Abend, den Jesus mit seinen Freunden zusammen ist. Jesus weiß, dass seine Stunde gekommen ist. Er legt seine ganze Liebe in zwei Handlungen, in die Fußwaschung und in das Mahl.
Beide Handlungen sind ein Zeichen für die Gemeinschaft mit ihm und miteinander. Beide Male gibt er den Auftrag: "Tut das!"
Gemeinschaft mit Jesus
Die Fußwaschung ist in der Antike ein verbreiteter Brauch, wenn Gäste ins Haus kommen. Der Diener reinigte die Füße. Jesus sind wenige Tage zuvor von Maria aus Betanien die Füße mit ihren Tränen „gewaschen“, mit ihren Haaren getrocknet und mit Nardenöl gesalbt worden. Jetzt kniet sich Jesus als Herr und Meister hin und wäscht wie ein Diener die Füße.
Um mit Jesus Gemeinschaft zu haben ist es nötig, sich von ihm Gutes tun, sich lieben zu lassen. Das wird bei Petrus deutlich. Als er zurückscheut: "Nie darfst Du mir die Füße waschen", hält Jesus entgegen: "Dann hast Du keinen Anteil an mir" - dann fehlt zwischen Dir und mir eine entscheidende Verbindung. Erst wer sich beschenken lassen hat, kann selbst – nach dieser Erfahrung- andere beschenken.
Zum Ende der Fußwaschung gibt er den Auftrag: "Auch Ihr sollt einander die Füße waschen. Ein Beispiel habe ich Euch gegeben, damit auch Ihr tut, wie ich Euch getan habe."
Im Abendmahlsaal gibt Jesus seinen Freunden sein Neues Gebot, die gegenseitige Liebe: „Ihr sollt einander so lieben, wie ich euch geliebt habe. Daran werden alle erkennen, dass ihr meine Jünger seid, wenn ihr einander liebt.“ Wenn wir die Szene anschauen, können wir Jesus fast sagen hören: „Traut auch ihr euch! Traut es euch zu! Ihr könnt es! Setzt euch zu den Füßen der Menschen. Hört, was sie klagen. Tut ihnen Gutes! Macht den ersten Schritt im Dienen, im Aufeinanderzugehen, im Wohlwollen. Da gibt es für uns noch eine Menge zu lernen. Oft haben wir Angst, in die Nähe der Menschen zu gehen. Oft sind wir so halbherzig, wir sind zögerlich statt großzügig. Im Grunde sollten Christen Spezialisten des Gutes-Tun sein.
Auf das Innigste verbunden
Jesus wusste, dass es das letzte Mahl mit seinen Freunden war. Es war vor dem Paschafest. Bis zum heutigen Tag feiern die Juden das Paschamahl als Erinnerung an die Befreiung aus der Knechtschaft aus Ägypten. In der ersten Lesung hörten wir vorher davon. Der Hausvater nimmt das Brot, bricht es und reicht es allen. Alle, die das Brot bekommen, haben Gemeinschaft miteinander und wissen, dass Gott rettet, wie damals aus Ägypten. Die Evangelien nach Matthäus, Markus, Lukas und Paulus in der zweiten Lesung berichten: Auch Jesus nimmt das Brot und reicht es seinen Freunden. Das bin ich. „Das ist mein Leib, der für euch hingegeben wird". Am Tag darauf löst er die Hingabe am Kreuz ein.
Und er nimmt den Kelch, reicht auch ihn. "Das ist der Kelch des Neuen Bundes, mein Blut, das für euch und für alle vergossen wird, zur Vergebung der Sünden.“ Es fließt für uns am Karfreitag. „Tut dies zu meinem Gedächtnis".
Jesus legt einen neuen Sinn in dieses Mahl. Alle, die seinen Leib essen und sein Blut trinken, haben Gemeinschaft mit ihm und gehören zusammen. Alle sollen wissen, dass sein Sterben aus Liebe geschieht, dass die Fußwaschung nur der Anfang der Liebe war.
Es ist erstaunlich, es konnte nur Gott selbst diese Möglichkeit ersinnen, so bei uns zu bleiben, in der Eucharistie. Wie groß ist diese Liebe Jesu, der Mensch wird für uns, der am Kreuz für uns stirbt und jetzt gleichsam zur Materie, zu Brot wird für uns. In einfachster Weise bleibt Jesus so berührbar, sogar essbar für uns. Er bleibt so schlicht und unauffällig bei uns in unseren Tabernakeln.
Osterlamm und Eucharistie - Mahl oder Opfer?
Die biblische Verkündigung dieses festlichen Abendgottesdienstes ist reichhaltig und umfangreich. Sie kreist um das eine Thema, das uns zu diesem Gottesdienst zusammengeführt hat: In der Nacht vor seinem Tod hat Jesus mit den Menschen aus seiner Nachfolgegemeinschaft, die mit ihm nach Jerusalem gekommen waren, ein Mahl gefeiert. Es ist nicht das erste und einzige Mahl, bei dem Jesus Menschen, die ihm nahestehen um sich versammelt hat. Mehrfach erzählen die Evangelien von der intensiven Mahlpraxis Jesu, mit der er soziale Barrieren und gesellschaftliche Tabus seiner Zeit brach: Mit Zöllnern, Sünderinnen und Sündern halte er Tischgemeinschaft, so lautet der immer wiederkehrende Vorwurf seiner Gegner. Es ist nicht bekannt, dass Jesus seine Praxis wegen dieses Einspruchs geändert hätte. Denn es geht ihm um die Gemeinschaft mit eben diesen Menschen, besonders mit jenen, die sie brauchen, und die Tischgemeinschaft ist dafür ein besonders aussagekräftiges und sinnfälliges Zeichen.
Ein besonderes Mahl
Zum letzten Mal also ein Mahl. Paulus erinnert die Kirche von Korinth und uns daran, dass dieses Mahl, das Jesus mit seinen Jüngerinnen und Jüngern "in der Nacht, bevor er übergeben wurde" (1 Kor 11,23) gefeiert hat, Ursprung und Grundlage der Herrenmahlfeier, also der Eucharistie, ist. Wo immer und wie immer also diese Feier begangen wird, muss sie Maß nehmen an diesem letzten Mahl der Jesusgemeinschaft. Denn sie geschieht "zu meinem Gedächtnis" (vgl. 1 Kor 11, 24b. 25b), ist also Gedächtnisfeier. Für den jüdischen Menschen der Zeit Jesu und auch der Zeit eines Paulus bedeutet das nicht einfach Erinnerung, sondern ein aktualisierendes Bewusstmachen dessen, was da einmal ursprünglich geschehen ist.
Das letzte Mahl Jesu war nicht ein Mahl wie jedes andere. Jesus, der diese Mahlgemeinschaft leitet, deutet im Zuge dieser Gemeinschaftsfeier die Mahlgaben von Brot und Wein. Solche Deutungen sind in der Antike bei besonderen Anlässen durchaus üblich. Außergewöhnlich und einmalig ist jedoch die Verbindung von Brot und Wein mit der eigenen Person, mit dem eigenen Schicksal und mit dem Mahlvollzug der Tischgemeinschaft. Diese besondere Deutung zeichnet dieses Mahl aus. Sie ist nur möglich, weil Jesus sein eigenes (Todes-) Geschick im Blick hat und dieses mit dem Mahlvollzug der Tischgemeinschaft verbindet. Ein solches Vorgehen wird erst akzeptabel und erhält eine weiterführende Sinnstiftung nur dann, wenn Jesus dabei auch eine Perspektive über seinen Tod hinaus aufrechterhält.
Blick voraus auf den Tod Jesu
Das eucharistische Mahl, das wir heute abends gemeinsam feiern, legt es also schon (zwingend) nahe, auf den Karfreitag, also auf den Tod Jesu vorauszublicken. In der morgigen liturgischen Feier wird uns als Deutung des Todes Jesu die Passionserzählung aus dem Johannes Evangelium vorgetragen. Der Evangelist blickt auf das Schicksal Jesu vor dem Hintergrund der jüdischen Gotteserfahrung zurück und stellt dabei einen kühnen Zusammenhang her. Angesichts der Feststellung des Todes Jesu durch die römischen Soldaten wird ausdrücklich festgehalten, dass die Beine Jesu nicht zerschlagen werden, weil dieser bereits gestorben war. Was der vierte Evangelist erzählt, wird mit einem Zitat aus der Jüdischen Bibel verknüpft, das uns zurück ins Buch Exodus führt: "Ihr sollt an ihm kein Bein zerbrechen" (Joh 19,36 = Ex 12,46, vgl. Num 9,12).
Das Paschalamm
Mit einem Schlag stehen wir im Zentrum einer biblischen Erzählung, die zu den Gründungsgeschichten des jüdischen Volkes gehört. Was morgen nur mit einem Satz angesprochen wird, ist heute Inhalt der ersten Lesung gewesen: Die biblische Verkündigung führt uns an den Abend vor dem Auszug der Mosesippe aus Ägypten und überliefert die Vorschrift für die Feier eines besonderen Mahles. Die Gedächtnisfeier daran gehört bis zum heutigen Tag zu den wichtigsten Festen des Judentums, und auch hier gilt: Dieses Paschamahl ist nicht einfach Erinnerung, sondern Neuvollzug dieser Mahlfeier, mit Bitterkräutern, Schuhen an den Füßen, und dem Verzehr eines makellosen Lammes, an dem kein Bein zerbrochen ist und das für dieses Mahl geschlachtet wurde (vgl. Ex 12,1-50). - Das ist ein wichtiger, vielleicht ein entscheidender Punkt: Das Lamm für das Paschamahl wurde geschlachtet. Es wurde zu Tode gebracht, damit es von der Tischgemeinschaft gegessen wird. Mit dem Blut des getöteten Tieres werden die Türpfosten bestrichen. Dies wird als ein abwehrender Ritus beschrieben, der vor der Vernichtung schützen soll, die für jene Nacht von Gott gegenüber Ägypten angekündigt ist.
Das Lamm wird nicht geopfert, es ist kein Opfertier und es stirbt keinen Opfertod. Auch das Blut des Tieres ist kein geopfertes Blut, sondern es dient, um es markant und zugleich gebräuchlich zu sagen, als ein "Zeichen des Heils".
Pascha - Schicksal Jesu - Eucharistie
Um zu verstehen, welchen Deutungsrahmen die biblischen Verfasser hier entwickeln, müssen wir die gedanklichen Fäden miteinander verbinden: Es ist kaum zu übersehen, dass der Verfasser des Johannesevangeliums in seiner Deutung des Todes Jesu auf die Erzählung vom ersten Paschamahl am Abend vor dem Auszug aus Ägypten zurückgreift. Er sieht darin grundlegende Parallelen des rettenden Eingreifens unseres Gottes. Denn so wie die Mosesippe durch das machtvolle Handeln dieses Gottes aus der Sklaverei Ägyptens befreit wurde, so hat der gleiche Gott die Menschen durch Jesus Christus, durch sein Leben und Wirken, durch seinen Tod und seine Auferstehung aus der Sklaverei der Sünde und des Bösen befreit. Das ursprüngliche Paschamahl setzt dabei einen ersten heilsvermittelnden Akzent. Das letzte Mahl Jesu schließt an diese Tradition an und deutet angesichts des bevorstehenden Todes Jesu seine gesamte Existenz als endgültige Gemeinschaftsstiftung zwischen Gott und Mensch.
Wohl kein anderer Vorgang kann dies so intensiv verdeutlichen wie die Feier der Gemeinschaft beim Mahl, insbesondere dann, wenn es mit der von Jesus vorgenommenen einzigartigen Selbstdeutung ausgestattet ist. Gerade in dieser Deutung des Mahles und der Mahlgaben "für euch" kommt nochmals die uneingeschränkte Ausrichtung des gesamten Schicksals Jesu auf die Menschen zum Ausdruck. Gerade das aber ist nach der Überzeugung des letzten Konzils das entscheidend Heilstiftende (vgl. Dokument über die göttliche Offenbarung, Art. 4).
Die Rede vom Opfer
Es ist Ihnen sicher aufgefallen: Von "Opfer" war bisher nicht die Rede. Dass Jesus selbst die nächtliche Gemeinschaft vor seinem Tod als Mahlgemeinschaft verstanden hat, ist unbestreitbar: Warum sonst wären die Deuteworte über Brot und Wein mit der Aufforderung zum Essen bzw. zum Trinken verbunden - auch wenn dies in den verschiedenen Überlieferungen über das letzte Mahl unterschiedlich deutlich zum Ausdruck kommt. Es ist bedrückend, dass sich das daraus ergebende Verständnis der Eucharistiefeier als Mahl nicht wirklich durchsetzen kann. Zwar hat das letzte Konzil eine neue Betonung auf diese Sichtweise gelegt (vgl. z. B. Dokument über die Liturgie, Art. 47-48), das kirchliche Lehramt der letzten Jahrzehnte hat dem jedoch erneut und konsequent gegengesteuert, wie sich aus entsprechenden lehramtlichen Aussagen und auch aus den Texten der Eucharistiefeier selbst belegen lässt.
Nicht herleiten lässt sich das Verständnis der Eucharistie als Opfer allerdings aus den biblischen Grundlagen. Denn sie zeigen sehr deutlich die gedankliche Linie auf, die vom Paschamahl zum letzten Mahl Jesu und von dort zum Verständnis der Eucharistiefeier als Mahlgemeinschaft mit dem Auferstandenen führen (vgl. z. B. Lk 24,13-35) - was konsequenterweise auch Folgen für die Einordnung des Todes Jesu nach sich zieht. Denn auch dieser kann neutestamentlich nicht einfach nur als sühnendes und Gott besänftigendes Opfer verstanden werden, sondern als das ultimative Zeichen des Heils, das Gott unter den Völkern aufgerichtet hat - nicht als notwendige Vorleistung zur Versöhnung, sondern als Ausdruck der konsequenten, selbst vor dem Tod nicht zurückschreckenden Selbstgabe Jesu als verdichteter Ausdruck seiner Zuwendung zu den Menschen - so müsste zumindest die Deutung des Johannesevangeliums zusammengefasst werden.
Das Paschalamm - ein Mahl, kein Opfer
Hinter all dem steht als Ausgangspunkt, gleichsam als Ort, an dem die Weichen für das weitere Verständnis gestellt werden, die Erzählung über die Anweisung zur Feier des ersten Paschamahles.
Dabei zeigt sich, wie notwendig es ist, genau hinzuhören und die Erzählung nicht einfach aus dem Gedächtnis abzurufen, weil ja die meisten von uns sie ohnehin kennen. Denn dann kann leicht jenes verhängnisvolle Missverständnis entstehen, das uns durch lange Zeit im theologischen Zugang begleitet hat und das in einen Trugschluss mündet: Weil von einem Lamm die Rede ist, das zu Tode gebracht, also geschlachtet wurde, und weil dies in einem religiösen Zusammenhang geschieht, ist die Deutung des gesamten Vorgangs als Opfer schnell zur Hand. Dabei wird übersehen, dass der biblische Text von der Vorbereitung eines Mahles spricht.
Die Übertragung dieses Vorverständnisses auf das Christusgeschehen, insbesondere auf den letzten Abend vor dem Tod Jesu und diesen Tod selbst, ist dann nur ein kleiner Schritt, der sich überdies durch die Eigenart des Geschehens nahe zu legen scheint: Denn wenn jemand, der im Auftrag Gottes auftritt, auf diese schändliche Weise zu Tode kommt, kann diesem Vorgang scheinbar nur mit dem Vorstellungsrahmen eines Opfers als Wiedergutmachungsvorgang ein tieferer Sinn abgerungen werden.
Zugegeben: Auch dafür gibt es im Zeugnis des Neuen Testaments Spuren. Aber dabei wird verkannt, dass der Gott, den Jesus von Nazaret verkündigt, weder ein rachsüchtiger Gott noch ein Buchhaltergott ist, der alles und jedes haargenau aufgerechnet und ausgeglichen haben will. Jesus von Nazaret spricht vielmehr von einem Gott, der auf die Umkehr des Menschen wartet, ihn mit offenen Armen aufnimmt und der jeden Menschen ermutigt, sich auf Gemeinschaft mit ihm einzulassen.
Das Mahl Jesu als maßgebliches Gemeinschaftszeichen
Darum also geht es: um Gottesgemeinschaft. Das Schicksal Jesu zeigt: Gott hat nicht nur den ersten, sondern jeden möglichen Schritt getan, um seine Offenheit und Zuwendung zum Menschen zu verdeutlichen. Jesus von Nazaret hat jede Phase seiner Existenz, sogar sein Leben dafür eingesetzt, um uns diese Grundhaltung Gottes nachvollziehbar zu machen.
Genau das ist es auch, was wir in diesen Tagen feiern: Heute abends in der Neu-Feier dieses besonderen letzten Mahles Jesu; morgen im Gedenken an seinen Tod, an Ostern im Bewusstsein, dass Gott über den Tod Jesu hinaus Ja gesagt hat zu diesem Weg von Vergebung, Zuwendung und Neuanfang.
Das Mahl, Das Zeichen der Mahlfeier ist dafür eine Ausdrucksform, die schon im Erfahrungsrahmen unseres menschlichen Lebens Teilen und Gemeinschaft erkennen lässt. Feiern wir also Eucharistie, so bewegen wir uns auf jener Wellenlänge, mit der Gott uns Menschen ansprechen möchte und nach unserer Antwort sucht.
Jesus von Nazaret hat uns dazu eingeladen und ermutigt. Tun wir es also zu seinem Gedächtnis.
© em. Univ.-Prof. Dr. Walter Kirchschläger, Luzern
Der große Dank
Bleibt unsere Sehnsucht nach Geborgenheit...
Wir Menschen haben vielerlei Wünsche und Sehnsüchte. Vielleicht am Heftigsten ist in uns drin die Sehnsucht verankert, angenommen und bejaht zu sein. Wie sehr verlangen wir danach, dass jemand zu uns sagt: es ist gut, dass es dich gibt; bei mir bist du geborgen, egal was passiert.
Das beginnt schon beim kleinen Kind. Nehmen wir an, es erwacht nachts. Es sieht sich allein, von Dunkelheit umgeben, vielleicht geängstigt von einem bösen Traum. Das Kind beginnt zu schreien. Es verlangt nach Licht und Geborgenheit, damit die Angst verfliege und liebende Arme es umfangen. Genau das geschieht, wenn Mutter oder Vater zum schreienden Kind gehen, Licht anzünden, es in die Arme nehmen und streicheln. Die Botschaft, die sie ihm vermitteln, lautet: du brauchst keine Angst zu haben; du bist geborgen; alles ist wieder gut. Das Kind schluchzt vielleicht noch ein paar Mal auf und gibt sich allmählich zufrieden. Sein Grundvertrauen ist bestätigt und so kann es ruhig wieder einschlafen.
... und unsere Sehnsucht nach dem Guten ...
Dieses Grundvertrauen, angenommen und bejaht zu sein, ist für uns Erwachsene genauso lebenswichtig wie für ein Kind, wird jedoch vielfach in Frage gestellt. Immer wieder werden wir konfrontiert mit schreiendem Unrecht, mit furchtbaren Leiden, mit blankem Unsinn. Immer wieder werden wir auch abgelehnt und zurückgestoßen mit allen Ängsten und Verunsicherungen, die das mit sich bringt. Warum ist das so? Warum so viel Elend und Böses in der Welt und in jedem Leben? Das sind Fragen, die nur schwer eine Antwort finden. Aber auf Eines weisen auch diese Fragen unmissverständlich hin: wir wehren uns gegen das Böse und das Unrecht; wir suchen aus Leid und Ängsten herauszukommen, weil wir das Gute wollen, weil wir angenommen und bejaht sein möchten.
Das wohl entschiedenste Nein sagen wir zum Tod. Psychologen lehren, dieses Nein sei so angsterfüllt, dass wir uns den eigenen Tod gar nicht wirklich vorstellen können. Und wir brauchen uns dieses Nein auch gar nicht erst zu überlegen. Wir bringen es ganz unmittelbar zum Ausdruck durch die Art und Weise wie wir leben. Wenn zwei Menschen sich lieben und zueinander sagen: unsere Liebe soll für immer dauern, dann ist damit gemeint: wir wollen dieses gegenseitige Bejahtsein für immer festhalten und nichts soll es zerstören können, selbst nicht der Tod.
... unbeantwortet?
Ich habe nun versucht, unsere innigsten Wünsche und Sehnsüchte mit einigen Beispielen zu beschreiben. Lautet nun die entscheidende Frage nicht: wohin laufen wir mit diesen Sehnsüchten und Wünschen? Was entspricht ihnen letztlich?
Konkret: wenn Eltern ein weinendes Kind in die Arme nehmen und zu ihm sagen: hab keine Angst; bei uns bist du geborgen; alles ist gut - sagen sie damit dem Kind die Wahrheit, oder machen sie ihm etwas vor? Wenn wir auf die Situation unserer heutigen Welt und unseres persönlichen Lebens blicken und sagen: trotz Krieg und Terror, trotz aller Enttäuschungen und Ängste dürfen wir voll Vertrauen leben, weil wir letztlich doch angenommen und bejaht sind - sagen wir damit die Wahrheit, oder lügen wir? Wenn weiter Menschen sich Liebe zusagen, die dauern soll, wenn sie protestieren gegen das Unrecht in der Welt und wenn sie sich aufbäumen gegen die Willkür des Todes - laufen sie mit solchen Schreien nach Hoffnung ins Leere, oder ist da jemand, der sie hört und auffängt?
Wenn diese unsere Welt und wenn das, was wir Menschen produzieren, das Einzige und Letzte ist, laufen wir dann mit unseren Sehnsüchten und Wünschen nicht grauenhaft in die Irre? Muss dann nicht die letzte Wahrheit lauten, dass das weinende Kind und die es tröstenden Eltern, dass die liebenden Menschen und die Opfer von Unrecht letztlich alle auf gleiche Weise getötet werden und dass die ganze Menschheitsgeschichte ohne Sinn und Ziel ist?
Von Gott angenommen
Vor dem Hintergrund dessen, was ich bis jetzt versucht habe darzulegen, möchte ich einladen: schauen wir jetzt mit offenen Augen und vor allem mit offenem Herzen auf Jesus. Lassen wir das auf uns wirken, was er heute Abend im Evangelium tut und das, was wir heute Abend in seinem Namen feiern. Was geschieht da? Jesus wäscht seinen Jüngern die Füße. Er beugt sich so weit hinab, wie es tiefer nicht mehr geht, und er tut das, um innigste Gemeinschaft mit seinen Jüngern zu stiften. "Wenn ich dich nicht wasche, hast du keine Gemeinschaft mit mir", sagt er zu Petrus. Ist das nicht eine ungeheuer starke und liebevolle Weise, um zum Ausdruck zu bringen: ihr seid von mir angenommen; ihr seid von mir bejaht in allem und durch alles hindurch. Was Jesus so zum Ausdruck bringt: ist das letztlich Wahrheit, oder etwa auch Lüge?
Jesus tut mit der Fußwaschung einen erniedrigenden Dienst, der zu seiner Zeit den Sklaven zugemutet wurde. Er tut diesen Dienst nicht notgedrungen, sondern aus souveräner Freiheit heraus. "Ihr nennt mich Meister und Herr, und ihr habt recht, denn ich bin es", sagt er. Einer der »Meister und Herr« ist, also einer, der größer ist und mehr vermag als die Jünger, tut ihnen diesen Dienst. Welches die wahre Größe dieses Meisters und Herrn ist, sagt das Evangelium ganz am Anfang: "Jesus wusste, dass seine Stunde gekommen war, aus dieser Welt zum Vater zu gehen. Er liebte die Seinen in der Welt, und er liebte sie bis ans Ende". Dieser »Meister und Herr«, der den Jüngern die Füße wäscht und dies als die Stunde ansieht, in der aus dieser Welt zum Vater geht, ist somit niemand Geringerer als der Sohn Gottes. Mit ihm und durch ihn sagt Gott den Jüngern und uns zu: Du bist von mir angenommen und bejaht in allem. Dass wir dieser Zusage trauen dürfen als einer Wahrheit, die hält und trägt "bis ans Ende", sogar durch den Tod hindurch, das feiern wir Morgen am Karfreitag und dann in der Osternacht und am Ostertag.
Der große Dank
Wir dürfen das aber dankbar annehmen und feiern bereits heute Abend. Wenn wir in der Feier der Eucharistie, von dem Brot essen und aus dem Kelch trinken, worin der neue, endgültige Bund gestiftet ist, dann sagt uns damit Gott jetzt zu: Du bist von mir angenommen und gehalten in allem. Du darfst allem Bösen zum Trotz leben voll Vertrauen. Sogar trotz des Todes wird letztlich alles gut. Feiern wir darum dankbar, was Jesus uns an diesem Abend vermacht hat und bekennen wir nach dem Einsetzungsbericht mit festem Glauben: "Deinen Tod, o Herr, verkünden wir, und deine Auferstehung preisen wir, bis du kommst in Herrlichkeit".
Wieviel Gottesdienst braucht ein Christ?
Rationalisierungsmaßnahmen
Allerorten wird eingespart. Regierungen schnüren Sparpakete, Diözesen richten Pfarrverbände oder Seelsorgsräume ein, Orden schließen Niederlassungen, übergeben traditionsreiche Einrichtungen anderen Organisationen zum Weiterführen. Personalnot und wirtschaftlicher Druck machen Reorganisationsmaßnahmen notwendig. Worauf können wir verzichten? Was ist unser »Kerngeschäft«? So oder ähnlich lauten die Leitfragen.
Im Hintergrund steht die Tatsache, dass viele Menschen ihr Leben nach anderen Gesichtspunkten ausrichten, als dies noch die Elterngeneration getan hat. Viele fragen sich: Wieviel Religion brauche ich? Kann ich das, was sich meine Vorfahren aus der Religion geholt haben, nicht anderswo einfacher und "billiger" beziehen? Auch die, die nicht aus der Kirche austreten oder ihre Kinder vom Religionsunterricht abmelden, haben begonnen, aus dem vielfältigen Angebot der Kirchen, Religionen und Weltanschauungen das auszuwählen, was sie für ihr Leben als nützlich erachten. Was nicht mehr in ihre Vorstellungen passt, lassen sie einfach bleiben. Bei der Teilnahme am sonntäglichen Gottesdienst spüren wir das am heftigsten.
Dass bei den Gottesdiensten der Sparstift angesetzt wird, ist ein Trend, der schon eingesetzt hat, lange bevor man den sog. Priestermangel zu spüren begonnen hat. Die Messe darf auf keinen Fall zu lange dauern. Die Predigt soll so kurz als unbedingt nötig sein und hat nur eine Berechtigung, wenn sich die Teilnehmer "etwas mitnehmen" können. Eine Liedstrophe sollte jeweils genügen. Wozu drei Lesungen aus der Heiligen Schrift, wenn zwei den Vorschriften Genüge tun und sie noch dazu nur schwer verständlich sind. Je mehr Leute da vorne mitmischen, desto länger dauert das Ganze. Wozu brauchen wir das alles? Und wenn der Seelsorger nur mehr einmal im Monat in unser Dorf kommen kann, dann reicht den meisten eine Feier pro Monat. Wer unbedingt mehr will, kann ja hinfahren, wo es das gibt.
Bei Gottesdienst "sparen" ist keine Erfindung unserer Zeit. Die gegenwärtige seelsorgliche Not treibt nur auf die Spitze, was vermutlich zu allen Zeiten im Hintergrund eine Rolle gespielt hat. Wie viel Gottesdienst haben wir nötig?
Ich fürchte, dass bei diesen oder ähnlichen Überlegungen die entscheidende Frage außer Acht gelassen wird: Wer dient wem im Gottesdienst?
Wer dient wem im Gottesdienst?
Als ich Kind und Jugendlicher war, herrschte zumindest bei mir das Empfinden vor, dass ich als Christ Gott zu dienen habe. So formulierte es auch der Katechismus, den ich auswendig zu lernen hatte. Die Nichteinhaltung der Sonntagspflicht galt als schwere Sünde. Und wer ich ein guter Christ sein wollte, bemühte sich, zum Gottesdienst etwas beizutragen.
Mittlerweile herrscht eher die Auffassung vor, Gottesdienste sind ein Serviceangebot der Kirche. Gefragt sind Priester, die als Pastoralmanager für ein vielfältiges Angebot sorgen und die Nahversorgung aller Kirchenmitglieder sicherstellen. Ihre seelsorgerliche Kompetenz spielt nur mehr eine Nebenrolle. Kirche ist mancherorts zu einer spirituellen Dienstleistungsorganisation für alle Lebenslagen geworden. "Eine Kirche, die nicht dient, dient zu nichts", lautet das dazugehörige Schlagwort.
Der Dienst Jesu an uns
Das Evangelium vom Gründonnerstag erzählt uns, dass Jesus beim letzten Mahl mit seinen Jüngern ein starkes Zeichen gesetzt hat: Er legte sein Gewand ab, um gürtete sich mit einem Leinentuch und begann, seinen Freunden und Jüngern die Füße zu waschen; eine Aufgabe, die in einem gehobenen jüdischen Haushalt Sklaven an Gästen als Zeichen des Willkommenseins wahrzunehmen hatten. Als Jesus zu Petrus kam, wollte dieser zunächst diesen Akt ablehnen. Er mag gedacht haben: Das brauche ich nicht. Schließlich sind wir Freunde. Und wenn da einer dem anderen die Füße wäscht, dann eher umgekehrt. Offenbar konnte er mit dem Zeichen, das Jesus setzen wollte, nichts anfangen. Erst als Jesus ihm sagte, dass er den tieferen Sinn seines Tuns erst später begreifen werde, und ihm klar machte, dass er ohne diesen zeichenhaften Akt keinen Anteil, keine Gemeinschaft, an ihm und mit ihm haben könne, ließ er sich umstimmen.
Wenn ich auf die Erzählung von der Fußwaschung genau hinschaue, geht es Jesus um einen Dienst, den er an den Menschen tut und ohne den diese keinen Anteil an ihm haben. Petrus wird den tieferen Sinn dieses Zeichens erst begreifen, wenn Jesus seinen Dienst, für den das Füßewaschen nur ein Zeichen war, in seiner Hingabe am Kreuz vollendet haben wird.
Das Zeichen der Fußwaschung verstehen wir nur, wenn wir es im Zusammenhang mit dem Tod Jesu am Kreuz und mit seiner Deutung von Brot und Wein als Zeichen seiner Lebenshingabe an Gott und die Menschen sehen. Erst wenn wir diesen seinen Dienst annehmen, haben wir Anteil und Gemeinschaft mit ihm.
Ohne diesen Zusammenhang ist das Ansinnen Jesu, seinen Jüngern die Füße zu waschen, nicht mehr als das Service eines Dienstleisters wie z. B. einer Fußpflegerin. Auch darüber könnten wir schön meditieren und das demütige Beispiel Jesu loben. Es ginge aber an der entscheidenden Zielrichtung des Textes vorbei. Von diesen Standpunkt aus kann ich mich auch gut in Petrus hineinfühlen, der sagt: Danke, das habe ich nicht nötig. Von diesem Standpunkt aus kann ich auch alle verstehen, die sagen: Danke, diese eure Dienste brauche ich nicht.
Den Dienst Jesu annehmen
Gottesdienst feiern heißt für mich in erster Linie, den Dienst, den Jesus an mir vollziehen will, annehmen. Er nimmt mich mit hinein in seine Hingabe an Gott und die Menschen. Er macht sich zum Brot für das Leben der Welt und nimmt mich in dieses Geheimnis hinein.
Die Frage, wie wir unsere Gottesdienste gestalten und organisieren, wird uns begleiten, solange wir uns zum Gottesdienstfeiern versammeln. Und die Frage, was brauchen wir dazu und was und wie viel braucht jeder einzelne, muss immer neu gestellt werden. Brauchbare Antworten darauf werden wir jedoch nur finden, wenn wir den Gottesdienst als Dienst Gottes an uns, als Dienst Jesu an uns verstehen lernen.
Gerettet und erlöst
Blut und Gewalt?
Vielleicht haben Sie sich gefragt, warum Ihnen heute so eine archaische Lesung über Blut und Gewalt zugemutet worden ist. Was hat so ein Text im 21. Jahrhundert zu suchen?
Sich mit so einem Text auseinander zu setzen wirkt der Gefahr entgegen, die Feier von Ostern mit oberflächlicher Routine hinter uns zu bringen. Gründonnerstag, Abendmahl - kennen wir schon…
Dieser alte Text jedoch kann uns die existentielle Tiefe dieses Festes eröffnen, wenn wir ihn nicht vordergründig historisch verstehen. Zum Beispiel mit der Frage, was die Erstgeborenen in Ägypten dafür können, dass sie getötet werden. Darum geht es nicht.
Der Text beginnt mit den Bedingungen für den Aufbruch des Volkes in die ersehnte und doch unbekannte, ungewisse Freiheit. Neun Mal hatte Mose Katastrophen angekündigt um das Volk frei zu bekommen. Ergebnislos. So kam es zur ultimativen Drohung der Tötung der Erstgeborenen.
Stärkende Nahrung und Beistand
Und das Volk hatte gepackt und war gerüstet zum Aufbruch, diese Unruhe von Angst und Erwartung liegt in der Luft: Wird es heute Nacht gelingen? Und in dieser Situation sollen sie essen und das in Gemeinschaft. Ein gebratenes Lamm, schnell zubereitetes Brot aus Mehl, Salz und Wasser. Essen sollen sie, Nahrung aufnehmen und das in Gruppen um je ein Lamm. Das brauchen Menschen, wenn sie aufbrechen wollen in die neue, unbekannte Zukunft: Stärkende Nahrung und Beistand durch Mitmenschen.
Und dann sollen sie das Blut des Lammes auf den Türpfosten streichen. Blut, das war heilig, der Lebenssaft, Gott geweiht. Und das Blut an der Türe würde sie den Mächten des Todes und der Unterdrückung entreißen. Das Schutzzeichen würde das Unheil zum Vorübergang - zum Pascha - zwingen, und sie, das Volk Gottes, verschonen und schützen.
Die Macht der Götter brechen
Was können wir heute einsetzen für Pharao und seine Götter, deren Macht gebrochen wird durch das Wirken Gottes? Wir können beim Krieg anfangen, denken Sie an die Konflikte in Nahost und Afrika, bei jeder Art von Gewalt von weit weg bis in die Nachbarschaft. Wir können an das Wirtschaftssystem denken, das ganze Länder der Hungersnot preis gibt oder an die Finanzstrukturen, die die Reichen reicher machen, während den Armen auch das Wenige noch gekürzt wird.
Aber es geht um noch Tieferes, bei diesen Mächten des Verderbens. Letztlich geht es um die Existenzangst und die Sinnlosigkeit.
In der heutigen Zeit können wir die Existenzangst recht gut verdrängen, aber sie lauert uns doch immer wieder auf: in der schlaflosen Nacht, nach einem Unglück oder Scheitern, oder einfach beim Spaziergang: Die bange Frage: Bin ich überhaupt berechtigt zu existieren? Bin ich nicht eine unbedeutende Ameise unter 8 Milliarden Ameisen irgendwo am Rand des Universums, die das Schicksal, wie ein schwerer Schuh, morgen zertreten kann? Für wen bin ich wichtig, wem ginge ich ab, wenn es mich nicht gäbe? Welchen Sinn hat mein Leben? Diese quälenden Fragen tauchen in unserem Leben immer wieder auf.
existenzberechtigt
Die Antwort aus dem Glauben heißt: Ich bin berechtigt zu existieren, weil Gott das will. Ich bin ein Lieblingsgedanke Gottes, geliebt, kostbar, einmalig und wichtig. Das ist die Botschaft für die das Blutsymbol steht. Es markiert den Bereich des Volkes Gottes, der Erwählten, Geretteten, Erlösten, denen die Freiheit geschenkt wird. Diese Existenzberechtigung muss ich mir nicht verdienen, weil Gott sie mir schon geschenkt hat bei meiner Zeugung und Geburt.
In dieser Stimmung, der Erinnerung an die Errettung des Volkes Gottes, feierte Jesus mit den Seinen das letzte Abendmahl. Und er hat wahrscheinlich gespürt, dass der alte Blutritus einmal nicht mehr verständlich und vollziehbar sein wird. So ersetzt er das Blutritual durch die Symbole Brot und Wein. Wobei in den Einsetzungsworten die Anspielung auf das alte Blutritual noch deutlich zu hören ist: das ist mein Leib, der hingegeben wird, mein Blut, dass vergossen wird, wie Leib und Blut des Paschalammes. Brot essen und Wein trinken sind die zeitlosen, auf der ganzen Welt vollziehbaren Rituale, die dasselbe meinen: Wir gehören zu Gott, wir sind geliebt, gerettet, erlöst, die Macht von Unterdrückung, Gewalt und Tod ist gebrochen, das Unheil wird immer wieder an uns vorüber gehen.
gestärkt im Glauben
Aber der Glaube und das Vertrauen in diese rettende Nähe Gottes müssen immer wieder genährt und gestärkt werden. "Tut dies zu meinem Gedächtnis!", sagt Jesus.
Immer wieder und wieder, jeden Sonntag, bei jeder Messfeier, sind wir eingeladen unseren Glauben daran zu stärken, dass wir da sein dürfen als von Gott geliebte, kostbare Menschen.
Und wenn das wirkt, so wie steter Tropfen den Stein höhlt, dann werden wir die Angst um uns selber verlieren. Dann fürchten wir nicht mehr zu kurz zu kommen oder müssen uns vor uns selber beweisen. Dann können wir vom hohen Ross herunter steigen und uns den Leidenden und Bedürftigen zuwenden. Und zwar nicht von oben herab, wie es leider oft geschieht und die Hilfsbedürftigen nochmals beschämt und klein macht. Nein, wir können uns klein machen, ihnen dann auf Augenhöhe begegnen und ihnen ihre Würde wieder geben.
Es macht Sinn, wie sich das Ritual der Fußwaschung bei uns entwickelt hat. Es macht Sinn, wenn der Pfarrer, der mit der Leitung der Pfarre und geistlicher Vollmacht betraut worden ist, sich klein macht. Er wird sich bücken, um die Füße zu waschen und dann wird er aufschauen zu den Pfarrmitgliedern und Mitarbeitenden als Zeichen von Wertschätzung, Respekt und Anerkennung.
Wir stehen in einer langen Tradition. Berufen von Gott seine Menschen zu sein, gerettet und erlöst aus der Macht des Unheils, des Bösen und des Todes.
Wir sind von Jesus eingeladen zum Teilen von Brot und Wein, damit wir die Angst um uns selber verlieren.
Und wenn wir uns den Bedürftigen auf Augenhöhe mit Respekt und Mitgefühl zuwenden, dann wird die Kraft des Geheimnisses vom Gründonnerstag aufleuchten und erfahrbar werden.
© Mag.a Dorothea Schwarzbauer-Haupt
Einander dienen - dienen und sich bedienen lassen
Das Abschiedsmahl Jesu
Das erzählt uns Johannes vom Abschiedsmahl Jesu. Keine langen Reden, nichts vom Brotbrechen und Weintrinken, keine feierlichen Einsetzungsworte für künftige Eucharistiefeiern.
Vielleicht sind Sie jetzt irritiert: Hatte Jesus denn am letzten Abend vor seinem Leiden und Tod, um die er ja wusste, nichts Wichtigeres zu tun, als staubige Füße zu waschen? Es hätte doch sicher noch viel zu sagen und zu organisieren gegeben, damit die Jünger in Zukunft ohne ihn zurechtkommen: ein schriftliches Testament verfassen, notariell beglaubigt, die Grundsätze der Gemeinschaft festschreiben, Leitlinien für die Zukunft entwickeln, Aufgaben an einen kompetenten Nachfolger übertragen, eine Dankesrede halten und so weiter. All das tut Jesus hier nicht.
Fußwaschung als provokative Handlung
Stattdessen steht er während des Essens auf - alle schauen ihn an, denn das gehört sich nicht. Noch mehr Ungehöriges tut er: er legt sein Gewand ab und ist nun mit dem Leinentuch wie ein Sklave gekleidet. Er gießt Wasser in eine Schüssel und beginnt, seinen Jüngern die Füße zu säubern. Ein Sklavendienst war das damals, der noch nicht einmal den jüdischen Dienern zugemutet wurde, sondern nur den heidnischen Sklaven. Wenn jetzt der Meister seinen Jüngern die staubigen Füße wäscht, ist das eine Provokation, die die gesellschaftlichen Verhältnisse auf den Kopf stellt.
Verständlich also, dass Petrus diese Geste Jesu entrüstet ablehnt: "Du, Herr, willst mir die Füße waschen?". Vielleicht war Petrus darüber hinaus peinlich berührt, denn damals wurden die Füße wirklich schmutzig, wenn man in Sandalen über staubige Straßen ging. Wenn wir heute eine Fußpflegerin oder einen Masseur an unsere Füße lassen, dann waschen wir sie selber vorher gründlich. Und der andere, der dann vor unseren Füßen niederkniet, wird schließlich dafür bezahlt. Wenn nicht, dann bleibt ein schlechtes Gefühl, dem anderen für seine Hilfe etwas schuldig geblieben zu sein. Die Empörung des Petrus ist also gut nachvollziehbar.
Jesu Fußwaschung als Symbol
Jesu Antwort überrascht damit, dass dieses Sich-Bedienen-Lassen notwendig ist, um "Anteil an ihm" zu haben. Innige Gemeinschaft mit Jesus, dafür ist Petrus sofort Feuer und Flamme. Also soll Jesus ihn von Kopf bis Fuß waschen. Jesus klärt auch dieses zweite Missverständnis: Das Waschen der Füße ist keine magische Handlung, sondern symbolisch zu verstehen. Er schließt die Runde bei seinen Jüngern ab. Er legt sein Gewand wieder an und nimmt Platz: Er ist wieder ganz der Lehrer und Meister. Er kann sich der Aufmerksamkeit seiner Jünger sicher sein, als er nun die Fußwaschung deutet: "Begreift ihr, was ich an Euch getan habe? Wenn nun ich, der Herr und Meister, euch die Füße gewaschen habe, dann müsst auch ihr einander die Füße waschen. Ich habe euch ein Beispiel gegeben, damit auch ihr so handelt, wie ich an Euch gehandelt habe." Dass seine Jünger in Zukunft so miteinander umgehen, ist Jesus so wichtig, dass er das Zeichen der Fußwaschung bei seinem Abschiedsmahl in den Mittelpunkt stellt.
Einander dienen
Aber wie ist das im Sinne Jesu zu verstehen: "Einander die Füße waschen"?
"Dem anderen dienen", das ist ein christliches Ideal, dass Sie sicher schon oft gehört haben, sei es in Ihrer eigenen Erziehung oder in der Kirche. Menschen, die ängstlich und unterwürfig sind, die sich minderwertig fühlen, tun sich damit sicher leicht. Aber diese Art von Demut, die einem das Selbstwertgefühl raubt und krank macht, meint Jesus nicht. Er spricht davon "einander die Füße zu waschen". Einander bedeutet Gegenseitigkeit: Ich wasche anderen die Füße - und Ich lasse mir von anderen die Füße waschen. Bei solchen Gegenpolen stellt sich uns immer die Frage: Zu welcher Seite neige ich? Und: Welche Seite kann in mir noch wachsen? Das heißt hier: Was fällt mir leichter, was fällt mir schwerer: einem anderen zu dienen oder mich von einem anderen bedienen zu lassen?
Kann und will ich dienen?
Kann und will ich dienen? Einem anderen im Alltag helfen, auch wenn ich selbst nichts davon habe, auch wenn es mich Zeit und Kraft kostet oder wenn ich mir sogar die Hände dabei schmutzig mache so wie Jesus bei der Fußwaschung. Das erfordert Demut und Mut. Denn ich muss innerlich stark sein, um so zu dienen, vielleicht werde ich ja auch dafür schief angesehen, dass ich mich vor einem anderen kleinmache.
Kann und will ich mich bedienen lassen?
Kann und will ich mich bedienen lassen? Das fällt uns aufgrund unserer Erziehung vielleicht sogar noch schwerer. Deshalb können wir auch die Empörung des Petrus so gut nachvollziehen. Es klingt so nach Stolz und Überheblichkeit. Aber mir von einem anderen helfen lassen, mir etwas Gutes tun lassen, ein Geschenk annehmen, ohne eine Gegenleistung zu erbringen, auch das erfordert gleichermaßen Mut und Demut, behaupte ich. Demut, weil ich damit anerkenne, dass ich nicht alles selber machen kann, dass ich auf andere angewiesen bin, dass ich schwach bin. Anderen gegenüber zu meinen Schwächen zu stehen, das ist wirklich mutig. Für die Beziehung zu Gott gilt: Ich darf mir "von Jesus die Füße waschen lassen". Ich kann und muss mich nicht selbst erlösen.
Dienen und sich bedienen lassen als Herausforderung
Fragen Sie sich noch einmal, welche Seite Ihnen persönlich schwerer fällt: anderen zu dienen oder sich bedienen zu lassen... (kurze Pause)
Lassen Sie sich also vom Beispiel Jesu herausfordern: Üben Sie die noch ungewohnte Seite des Dienens ein. Dann werden Sie innerlich ganz und die Gemeinschaft der Christen hat Zukunft - über Jesu Tod hinaus.
© Claudia Simonis-Hippel, in: Bernhard Krautter/Franz-Josef Ortkemper (Hg.), Gottes Volk Lesejahr B/2009. Verlag Katholisches Bibelwerk, Stuttgart 2009
Liebe - das A und O des Christentums
Ein Zeichen der Liebe
Wenn wir die Texte der Evangelien über die letzten Lebenstage Jesu vergleichen, dann fällt auf, dass sich bei Johannes im Gegensatz zu Matthäus, Markus und Lukas kein Bericht über das letzte Abendmahl findet. Warum Johannes einen eigenen Bericht unterließ, können wir nicht sicher begründen.
Auffällig ist, dass an der Stelle, wo die anderen Evangelisten vom Abendmahl berichten, Johannes die Liebe in den Mittelpunkt der Betrachtung stellt. Schon die Anzahl der Kapitel, die er in seinem Evangelium an dieser Stelle dem Thema "Liebe" widmet, zeigt, welch enormes Anliegen es dem Evangelisten gewesen sein muss, die Herzen der Gläubigen für die Liebe zu öffnen.
Johannes eröffnet das bei ihm umfangreich behandelte Thema "Liebe" mit dem Bericht der Fußwaschung. Durch sie werden die Jünger zu einem ersten Nachdenken über die innere Einstellung Jesu herausgefordert. Nicht Herrschen, nicht Herumkommandieren war Jesu Stil, sondern das von der Liebe bestimmte Dienen, das sich Hinabbeugen bis zu den Geringsten, zu den Verachteten und Verstoßenen. Diese innere Haltung sollen auch die Jünger übernehmen und sich aneignen.
Umfassende Liebe - das A und O des Christentums
Darauf folgt im Bericht des Johannes eine Belehrung Jesu zur Jüngerschaft, die in dem Satz gipfelt: "Daran werden alle erkennen, dass ihr meine Jünger seid: wenn ihr einander liebt" (13,35). Um das Ausmaß seiner Liebe zu verdeutlichen, weist Jesus die Jünger darauf hin: "Wie mich der Vater geliebt hat, so habe ich euch geliebt". Es ist also nicht "ein bisschen" Liebe, eine begrenzte Gelegenheits-Liebe, die Jesu Handeln bestimmt, sondern eine umfassende Hinwendung zum Nächsten ohne Einschränkungen oder Abstriche. Diese vollkommene Liebe sollen die Jünger und ihre Nachfolger, die Christen, anstreben: "Liebt einander, wie ich euch geliebt habe" (15,12).
Was die Jünger bisher an Jesus erlebt haben bis hin zu der symbolischen Handlung der Fußwaschung, ist erst der Anfang seiner Liebe. Die besondere Herausforderung und Bewährung in der Liebe kommt mit dem Kreuzweg auf Jesus ja erst noch zu. Darum antwortet Jesus dem Petrus: Was ich jetzt tue, verstehst du noch gar nicht voll und ganz in seinem Ausmaß und in seiner umfassenden Bedeutung. Erst später, nach allem Leid, das mit der Verurteilung, Geißelung, Dornenkrönung und Kreuzigung von Jesus durchgestanden wurde, wird den Jüngern dämmern, welch entscheidende Rolle die Liebe im Verhalten Jesu und damit im Erlösungswerk gespielt hat. Nur weil Jesus bis zum letzten Atemzug der Liebe treu geblieben ist, ohne auszuscheren, wurde er unser Erlöser.
Die Liebe, so will Johannes im Blick auf Jesus hervorheben, ist das A und O des Christentums. Dies soll den Gläubigen jedes Mal intensiv neu bewusst werden, wenn sie das Leiden Christi betrachten.
Stufen der Liebe
Die Liebe, zu der Jesus die Jünger aufruft und für die Johannes die Gläubigen gewinnen will, kennt Abstufungen der Herausforderung.
Am leichtesten fällt uns die Liebe in der Form der Gefälligkeit. Sie findet sich dort, wo wir dem Nächsten etwas Gutes tun, das ihn erfreut, das er aber zum Überleben im Augenblick nicht dringlich bräuchte. Ein freundliches Wort, ein gemeinsamer Sparziergang, gemütliches Zusammensein, für den anderen etwas mit erledigen oder ihn mit etwas Schönem unerwartet überraschen, das alles würde ich unter dem Stichwort "Liebe als Gefälligkeit" einordnen. Mein Verhalten zeigt dem anderen, dass ich ihn wertschätze und ihm aufmerksam und liebevoll begegnen will.
Selbst die Fußwaschung würde ich hier einordnen. Die Jünger und Jesus hätten gut ohne Fußwaschung miteinander Mahl halten können. Jesus vollzieht sie, weil er mit ihr in besonderer Weise verdeutlichen kann, wie er zu ihnen, seinen Jüngern, steht. Mit Worten drückt er es aus in dem Satz: "Ich nenne euch nicht Knechte, sondern Freunde" (vgl. 15,15). Jesus will den Jüngern deutlich machen: Es gibt nichts Gutes, das ich euch nicht antun würde, selbst wenn ich mich dabei tief erniedrigen müsste.
Eine zweite Form der Liebe würde ich benennen als "Hilfe in Notlagen". Dem Nächsten beistehen und helfen ist so der Normalfall, den wir als Liebe und Liebesdienst bezeichnen. Je nach Situation kann uns in diesen Fällen gelegentlich viel an Zeit und Kraft abverlangt werden. Die Liebe als "Hilfe in Notlagen" ist oft um vieles schwieriger und anstrengender zu leben als die Liebe in der Form der Gefälligkeit.
Eine dritte Form von Liebe können wir als "Beistand" bezeichnen. Die Not des anderen ist so geartet, dass wir ihm bei bestem Willen nicht helfen können. Konkrete Hilfe zu gewähren, liegt nicht in unserer Macht oder unseren Möglichkeiten. In solchen Situationen den anderen mit seiner Not, ihn in seinem Leid nicht allein lassen, ihm zeigen, dass unser Herz bei ihm ist, ist eine Form der Liebe, die zwar die Not des Augenblicks nicht wendet, aber dem anderen enorm hilft, seine schwierige Lage durchzustehen.
Die Höchstform der Liebe findet sich dort, wo wir um der Liebe willen sogar bereit sind, Nachteile in Kauf nehmen. Wir weigern uns z.B., zwielichtige Machenschaften mitzumachen und werden darum geschnitten oder übergangen. Wir stehen zu unseren Überzeugungen oder unserem Glauben und werden darum verspottet oder bei vielen Gelegenheiten bloßgestellt. Oder unsere Liebe, Güte, Hilfsbereitschaft werden schamlos ausgenutzt. Und auch das hat es zu allen Zeiten gegeben, dass Menschen ihr Leben lassen mussten, weil sie sich aus ihrer Liebe und Verantwortung heraus für andere, Wahrheit oder Gerechtigkeit eingesetzt haben.
Sich der Liebe verschreiben
Sich der Liebe verschreiben, die Liebe leben in ihren unterschiedlichen Formen, dazu will der Evangelist Johannes bewegen. Christen aller Zeiten haben sich bemüht, nicht gedankenlos an der Liebe vorbei zu leben. Auch wir wollen sicher zu denen gehören, die nicht ausscheren, sobald uns die Liebe herausfordert und Kraft abverlangt. Wie die ersten Christen Kraft für die Liebe aus der Feier der Eucharistie schöpften, so haben auch wir uns um den Tisch des Herrn versammelt, um uns mit der Gnade und Kraft von oben für unsere Liebe beschenken zu lassen. Sagen wir Dank für alle Liebe, die wir erfahren durften, und bitten wir um das Geschenk der Gnade, selbst immer mehr liebende Menschen zu werden.
Gedächtnis des Todes und der Auferstehung Jesu
Dienen
"Wir danken dir, dass du uns berufen hast, vor dir zu stehen und dir zu dienen" betet der Priester im Hochgebet stellvertretend für die ganze feiernde Gemeinde. Dienen ist eine Grundhaltung der Christen und der Kirche. "Eine Kirche die nicht dient, dient zu nichts" hat es der französischen Bischofs Gaillot einmal formuliert. Wenn wir aber genauer auf das Motiv des Dienens hinschauen, gibt es daran noch einiges zu klären: Wer dient wem? Und wozu soll die Kirche dienen?
Besonderen Klärungsbedarf hinsichtlich des Dienens sehe ich auch in einer Zeit, in der sich die Gesellschaft als Dienstleistungsgesellschaft charakterisiert. Auf den ersten Blick scheint da eine dienende Kirche gut hineinzupassen. Aber geht es beim Dienst der Kirche darum, dass diese unserer Gesellschaft ihre Dienste anbietet und sich durch ihre Leistung in der Gesellschaft legitimiert?
Fußwaschung
Am Gründonnerstag ist es in manchen Gemeinden üblich, dass der Priester ausgewählten Personen symbolisch die Füße wäscht, um damit Dienstbereitschaft liturgisch zu demonstrieren. Ich konnte mich nie dazu durchringen, da ich dabei immer einen falschen Beigeschmack fürchtete. Kann man öffentlich vorführen, was Jesus im intimen und geschlossenen Kreis seiner Freunde durch einen berührenden symbolischen Akt vollzogen hat?
Das Waschen der Füße seiner Jünger am Abend vor seinem Leiden und Sterben ist in seinem vollen Sinn nur vor dem gesamten Leben Jesu zu verstehen. Dieses Zeichen steht neben jener Zeichenhandlung, die uns die übrigen drei Evangelisten vom Abschiedsmahl Jesu überliefern. Auch die Lesung erinnerte daran.
In beiden Handlungen wollte Jesus allen, die an diesem Mahl teilnahmen, zu verstehen geben, wie er sein Leben verstanden wissen will. Sein Leben war für ihn Dienst an jenen, die mit ihm das Leben teilten. Er war sich nicht zu gut, seinen Freunden einen Dienst zu erweisen, den normalerweise Sklaven ausführten: Das wohltuende und erfrischende Abwaschen des Staubes der Straße und des Schweißes des Alltags. Er will seine Freunde aufleben lassen. "Ich bin gekommen, damit sie das Leben haben und es in Fülle haben", sagt Jesus an anderer Stelle.
Mein Leib, mein Blut für euch
"Dies ist mein Leib für euch". Leib und Blut stehen für die Hingabe des ganzen Lebens. Für euch habe ich gelebt, für euch wollte ich da sein. Euch will ich stärken. Im Dasein für euch sehe ich den Inhalt meines Lebens zusammengefasst. Und: "Tut dies zu meinem Gedächtnis!", bzw. "Ich habe euch ein Beispiel gegeben, damit auch ihr so handelt, wie ich an euch gehandelt habe", ist sein Vermächtnis an alle, die auf seine Freundschaft Wert legen.
Jesus geht es um eine Lebenshaltung, nicht um eine Dienstleistung. Es geht ihm nicht um das Dienen an sich, um ein sich Unterordnen und nicht um ein Gehorchen in einem verkürzten Sinn. Es geht ihm um das Dasein für andere. So da sein, dass die anderen dadurch aufleben, wachsen und sich entfalten.
Diese Haltung Jesu ist das Vorzeichen, durch das sein Leiden und sein Tod erst ihre eigentliche Bedeutung bekommen. Leiden und Sterben sind für sich genommen sinnlos und zu meiden. Sinn erhalten sie erst, wenn ein sinnvolles Wozu oder Für wen hinzukommen.
Sich verwandeln lassen
Heute am Gründonnerstag begehen wir das Gedächtnis Jesu. Wir erinnern uns nicht nur an das, was er getan hat. Wir lassen es aufleben, indem wir seine Haltung, sein Dasein für alle, die Gott suchen, zu unserer eigenen Lebenseinstellung machen. Wenn wir in rechter Weise Eucharistie feiern, lassen wir uns von ihm verwandeln in Menschen, die so wie er für andere da sind. Dies erfordert Mut zu dienen, Bereitschaft, Gemeinschaft zu sein und sich von anderen aufzehren zu lassen.
Diese Haltung entsteht und wächst in der konkreten Begegnung mit Menschen. Sie kann nicht abstrakt eingeübt oder eingefordert werden. Allgemeine Appelle zur Dienstbereitschaft und zum Gehorsam haben für mich einen verdächtigen Beigeschmack. Es geht um mehr als um Dienst, um mehr als um Leistung und um mehr als um die Gesellschaft. Wo sich Kirche so ereignet, hat sie es nicht nötig, ihre Existenzberechtigung unter Beweis zu stellen.
Das Gedächtnis Christi wird begangen, wo Menschen an den Freuden, Nöten und Hoffnungen ihrer Nächsten teilhaben, einander aufrichten und das Leben ihrer Mitmenschen fördern. Vom Beispiel Jesu lassen wir uns inspirieren und von der Gemeinschaft mit ihm lassen wir uns stärken. An ihm sehen wir, dass unser Leben auf diese Weise seinen tiefsten Sinn erhält,
Der "Hohe Donnerstag"
Drei Aspekte
Mit dem Gründonnerstag treten wir in das "sacrum triduum", also in die österliche Dreitagesfeier einer "Symphonie aus Dunkel und Licht", wie ich erst kürzlich lesen konnte. Es spielen hier Trauer, Angst, aber auch Hoffnung und Zuversicht herein. Der "Hohe Donnerstag" eröffnet drei wichtige Gedanken:
1. Jesus hatte immer eine "offene Gesellschaft" um sich und grenzte nicht aus. Er pflegte Tischgemeinschaft mit Frauen, Reichen, Sündern, Sklaven, Dirnen, Zöllnern. Auch beim sogenannten "Letzten Abendmahl" waren Menschen unterschiedlichster Charaktere bei Tisch. Grenzen die Kirchenleitungen nicht auch heute noch immer allzu viele von dieser Tischgemeinschaft aus unterschiedlichsten Gründen aus?
2. Das Amt des Dienens, Begleitens und Helfens durch das Beispiel der Fußwaschung. Sie ist nichts anderes als praktische Umsetzung des Mahles hinein in den Alltag. Mangelt es nicht auch heute sehr oft an der Hilfestellung gegenüber unseren Nächsten in einer Gesellschaft, die starke Tendenzen zur Entsolidarisierung zeigt?
3. Jesus schenkt sich selber: "So oft ihr es tut, tut es zu meinem Gedächtnis." In der Eucharistie zeigt sich "das Osterfest Christi als das 'Lebens-Mittel' und die 'Lebens-Mitte' der Kirche. Manna-Brot vom Himmel für die pilgernde Kirche," (Philipp Harnoncourt), aber auch für unsere persönliche Lebens- und Pilgerreise als Stärkung auch für manche Wüstenwanderung, die wir durchzustehen haben.
Was bleibt?
Jesus nimmt also Abschied aus dem Kreis seiner Freunde. Aber was bleibt? Erinnerungen, die verblassen, Spuren, die sich verlieren? Nein, diese Freundschaft, dieser Bund mit den Menschen soll bestehen bleiben in ganz konkreten Zeichen, im Zerbrechen des Brotes und im Dienst aneinander. Auf diese Weise bleiben Freundschaft und tiefe Verbundenheit mit Gott und untereinander bestehen. Heute werden wir in besonderer Weise daran erinnert: Wie dieses Brot zerbricht, wird auch Jesus zerbrochen, aber nicht um zugrunde zu gehen, sondern um Nahrung für alle Menschen zu sein, die sich zum Tisch des Herrn eingeladen fühlen. Kein einsames Zerbrechen, sondern ein Ausgeteiltwerden, eine Lebensbegleitung für uns Menschen, kein Tod für sich selbst, sondern Vorankündigung für die Vollendung aller. Diese Freundschaft trägt die Nähe Gottes in sich.
Der Gründonnerstag mahnt aber auch, dieses große Geschenk des gemeinsamen Brotbrechens und Mahlhaltens nicht abzuschwächen in Ersatzformen vereinfachter Feiern, weil es immer weniger Vorsteher bzw. Priester gibt.
"Gut, dass es die Pfarre gibt", Motto der vergangenen Pfarrgemeinderatswahl in Österreich. Zu ergänzen: Gut, dass es Gemeinde gibt. Sie wird aber nur bestehen können, wenn dieses wichtige Element des Brotbrechens weiter garantiert bleibt, wenn sich die Buntheit und Vielfalt der Menschen auch in einer etwas breiteren Vielfalt der Zugangsbestimmungen in den Dienstämtern der Kirche zeigt, denn Brot ist ein lebenswichtiges Nahrungsmittel, nicht nur für unser irdisches Dasein, sondern auch "Brot des Lebens", von dem Jesus selber sagt, dass Er es ist.
Gründonnerstag: Jesus schenkt sich in den Gestalten von Brot und Wein. Brot öffnet jeden Mund. Möge dieses Brot auch unseren Mund öffnen, nicht nur, um zu essen, sondern auch, um Gutes zu sagen, um einzuladen, um zu verzeihen, um Brücken zu bauen, Freundschaften anzubahnen und zu festigen zu Gott, zum Nächsten, zum Frieden in uns selbst.
Die Gegenwart Christi in den Gestalten von Brot und Wein
Der geschichtliche Hintergrund.
Vom Geschehen im Abendmahlsaal, von der Einsetzung des Abendmahles, hören wir zum ersten Mal im 1. Korintherbrief (1 Kor 11, 23-26), ehe in den drei synoptischen Evangelien davon berichtet wird.
Dem Einsetzungsbericht bei Paulus geht eine Mahnung an die Christen von Korinth voraus: "Was ihr bei euren Zusammenkünften tut, ist keine Feier des Herrenmahls mehr; denn jeder verzehrt sogleich seine eigenen Speisen, und dann hungert der eine, während der andere schon betrunken ist. Könnt ihr denn nicht zu Hause essen und trinken? Oder verachtet ihr die Kirche Gottes? Wollt ihr jene demütigen, die nichts haben? Was soll ich dazu sagen? Soll ich euch etwa loben? In diesem Fall kann ich euch nicht loben"(1 Kor, 11, 20-22).
Im Blick auf die Missstände in dieser Gemeinde fährt Paulus dann mit einem "Denn" fort. "Denn ich habe vom Herrn empfangen, was ich euch dann überliefert habe: Jesus, der Herr, nahm in der Nacht, in der er ausgeliefert wurde, Brot, sprach das Dankgebet, brach das Brot und sagte: Das ist mein Leib für euch. Tut dies zu meinem Gedächtnis! Ebenso nahm er nach dem Mahl den Kelch und sprach: Dieser Kelch ist der Neue Bund in meinem Blut. Tut dies, sooft ihr daraus trinkt, zu meinem Gedächtnis!" (Der Text der Einsetzungsworte bei Paulus steht dem bei Lukas nahe: Lk 22, 19f.)
Die beiden Deuteworte.
Die beiden Deuteworte über Brot und Wein: Das ist mein Leib - das ist mein Blut, sind nicht anders zu verstehen als in der aramäischen Sprache, der Muttersprache Jesu. Im Unterschied zu den eher rationalen Sprachen des Griechischen und Lateinischen ist dem Hebräischen wie allen orientalischen Sprachen eine symbolhafte Redeweise eigen. So wird durch ein Symbol das gegenwärtig und wirksam, auf das es zeichenhaft hinweist. Eine Fahne beispielsweise ist kein Symbol; sondern kennzeichnet lediglich eine bestimmte Nationalität. Wenn Jesus beim Darreichen des Brotes die Worte spricht: "Das ist mein Leib", so will er damit sagen: Das bin ich. Das bin ich für euch.
Mit dem Wort "Das ist mein Blut, das vergossen wird", deutet Jesus auf seinen Tod hin: Das bin ich für euch, der ich gewaltsam, unter Vergießen des Blutes, getötet werde. Paulus sagt in dem von ihm überlieferten Einsetzungsbericht: "Dieser Kelch ist der Neue Bund in meinem Blut" (l Kor 11, 25). Bei Lukas heißt es: "Dieser Kelch ist der Bund in meinem Blut, das für euch vergossen wird" (Lk 22, 20). "Neuer Bund" heißt: Jesus hat uns durch die Hingabe seines Lebens einen neuen Zugang zu Gott erschlossen. Die Opfer des Alten Bundes, die geschlachteten Opfertiere, die mit Blut besprengten Altäre konnten dies nicht bewirken.
Mehr als eine geschichtliche Erinnerung.
Wenn Jesus sagt: Tut dies zu meinem Gedächtnis, dann darf das keine geschichtliche Erinnerung bleiben. Sonst wäre es nur ein äußerer Ritus. Vielmehr soll das, was damals geschah, für uns gegenwärtig werden, in uns lebendig werden.
Damit die Wandlung unter den Zeichen von Brot und Wein in uns wirksam werden kann, müsste sich in unserem Herzen eine Wandlung vollziehen. Verwandelnd und wirksam auch in unseren menschlichen Beziehungen. Früher war es in Gefängnissen bei Gottesdiensten so, dass die Häftlinge in kleinen Stellagen saßen, mit Brettern voreinander abgeschirmt, nur mit dem Blick auf den Altar. Manchmal hat man in unseren eucharistischen Gottesdiensten den Eindruck, dass wir wenig Beziehung zueinander haben. Das liegt sicher auch an den hintereinander aufgestellten Bänken in unseren großen Kirchen. Rundkirchen oder das Sitzen im Kreis in kleinen Gruppen hingegen lassen die Tisch- und Abendmahlsgemeinschaft besser erfahren. Teilhabe am Leben Jesu, im Essen des Brotes und im Trinken des Weines, müsste sich auswirken in der gegenseitigen Anteilnahme. Und das würde dann auch wirksam werden dort, wo wir miteinander leben.
Noch heute fragt beim jüdischen Passah-Mahl der Jüngste in der Runde, warum sie jetzt an den Auszug aus Ägypten denken. Und der Hausvater antwortet: "Das geschieht um dessentwillen, was der Herr an mir getan hat, als ich aus Ägypten auszog." Die Befreiung aus der Sklaverei durch das rettende Tun Gottes in Jesus geschieht auch an mir. Ich kann ausziehen aus meinem Ägypten, aus meinen Unfreiheiten, aus dem Gefangensein in mir selbst, das mich nicht offen genug sein lässt für den andern. Was im Abendmahlsaal in der symbolhaften Vorwegnahme des Todes Jesu geschah, das feiern wir in jeder Eucharistiefeier. Und es geschieht jetzt! So kann für uns die Eucharistie ein erlösendes Geschehen werden. Sie vermag unser Herz zu verwandeln. In meiner Beziehung zu Gott und zu meinen Mitmenschen.
Eine Liebe, die bis ans Ende geht
Eine Welt voller Spannungen und Gegensätzen
Wir leben in einer Welt mit vielerlei Spannungen und Gegensätzen. Wie gerne würden wir einfach in Frieden leben. Und dennoch gibt es Krieg und Terror ohne Ende. Wie lange zieht sich schon das Kriegen und Morden in Afghanistan hin und das ohne Perspektive auf eine Befriedung. Wie schrecklich ist es, was in Libyen und in weiteren Staaten der arabisch geprägten Welt geschieht. Beinahe als groteske Komödie mutet es an, wie in der Elfenbeinküste ein abgewählter Staatschef nicht gehen wollte. Und doch ist es eine blutige Tragödie, die tausende von unschuldigen Menschenleben kostete.
Hinter allen diesen Gegensätzen steht die Frage, wie der Mensch mit Macht umgeht. Es gibt eine Macht, die unterdrückt und es gibt eine Macht, die schützt. Macht kann dem Leben dienen und Macht kann Leben zerstören. Macht steht hinter der großen Politik. Macht gibt es in der Kirche und dass sie auch da missbraucht wird, haben wir auf erschütternde Weise erleben müssen. Nicht zuletzt spielt Macht auch in jedem noch so kleinen Leben eine Rolle, auch in unserem Leben. Wie gehen wir als gläubige Christen mit Macht um? Wie setzen wir sie ein in den Spannungen und Gegensätzen unseres Lebens?
Eine Frage der Macht
Um solche Gegensätze und um die Frage nach der Macht geht es auch bei dem, was wir heute Abend und in den kommenden Tagen feiern. Am Anfang des Evangeliums hat es geheißen: "Als Jesus wusste, dass seine Stunde gekommen war". Da wusste Jesus um die Gegensätze, die ihm alles abverlangen und ihn buchstäblich zerreißen würden: es ging um Verrat und hinter diesem Verrat stand damals auch die Frage, wie Macht ausgeübt wird. Es ging um Leben und um Tod. In dieser Stunde erhalten nun jedes Wort, das Jesus spricht, jedes Zeichen, das er setzt, einmaliges Gewicht. Sie sagen und zeigen die Wahrheit über die Macht, die dem Leben dient und über die Macht, die Leben zerstört.
Alles, was Jesus am heutigen Abend tut, geschieht aus Macht, aus einzigartig hoheitlicher Macht. "Ihr nennt mich Meister und Herr, und ihr habt recht; denn ich bin es", sagt er zu seinen Jüngern. Aber wie übt Jesus Macht aus? Er setzt sie ein, um sich ganz klein zu machen, um sich herabzubeugen und seinen Jüngern die Füße zu waschen. Anderen die Füße waschen, das galt in der damaligen Zeit als etwas Entwürdigendes und Demütigendes. So sehr war dieser Dienst verpönt, dass er nur Sklaven zugemutet wurde.
Hier aber verrichtet der Meister und Herr diesen Dienst. Er beugt sich ganz hinab und reinigt die Anderen von Schmutz und Dreck. Jesus übt die Macht seines Gottseins aus, indem er sich selber ganz klein und wehrlos macht. Auf diese Weise reinigt er. Auf diese Weise überwindet er jede zerstörerische Macht. Er überwindet das Böse, indem er Gutes tut.
Blutiger Ernst
Nun ist diese Fußwaschung nicht nur ein anrührendes Bild, oder eine Art heiliges Spiel, sondern sie ist blutiger Ernst. Das wird klar, wenn wir auf morgen, auf den Karfreitag blicken. Weil Jesus sich klein und wehrlos gemacht hat und gerade so beansprucht, Gott zu offenbaren und den Menschen nahe zu bringen, wird er zum Opfer der zerstörerischen Macht. Er wird zum Tod verurteilt und ans Kreuz gehängt. Er stirbt zwischen zwei Verbrechern und wird selber unter die Verbrecher gezählt. Aber gerade auch da gilt das Wort der Leben spendenden Macht aus dem heutigen Evangelium: "Ihr nennt mich Meister und Herr und ihr habt recht; denn ich bin es". Der Meister und Herr setzt als Sohn Gottes seine ganze Macht dazu ein, gut zu sein und Gutes zu tun bis dahin, wo er selber wehrlos wird und verwundbar bis zum Tod. Das Evangelium des heutigen Abends hat es so ausgedrückt: "Er liebte die Seinen in der Welt, und er liebte sie bis ans Ende".
Wir glauben, dass diese Liebe, dass alles, was Jesus mit der Fußwaschung ausgedrückt hat, gegenwärtig ist unter uns und für uns, wenn wir jetzt Eucharistie feiern. Auch das ist nicht nur eine Art von heiligem Spiel, sondern gerade das ist etwas Todernstes. In der Lesung haben wir jenen Abschnitt aus dem 1. Korintherbrief gehört, in dem der Apostel Paulus kurz und prägnant die Einsetzung der Eucharistie beschreibt. Er schließt mit dem Satz: "Sooft ihr nämlich dieses Brot esst und den Kelch trinkt, verkündigt ihr den Tod des Herrn, bis er kommt". Was wir jetzt im Gedenken und im Auftrag Jesu vollziehen, das ist die letzte und bleibende Konsequenz des Beispieles, das Jesus mit der Fußwaschung geben wollte: eine Macht, die sich herabbeugt und sich ganz in den Dienst der Anderen stellt. Jesus ist Herr und Meister, indem er sein eigenes Leben herschenkt.
Die Macht der Liebe
Wir feiern jetzt Eucharistie und verkünden so den "Tod des Herrn, bis er kommt". Aber wo stehen wir in den Gegensätzen, die unsere Welt zerreißen und auch unser eigenes persönliches Leben? Wie üben wir Macht aus in der kleinen Welt, wo auch jeder und jedem von uns zumindest ein wenig Macht gegeben ist? Wie gehen wir mit der Versuchung um, Macht zu missbrauchen, andere zu beherrschen und ihnen zu zeigen, wer stärker ist? Sträuben wir uns nicht, uns herabzubeugen und Anderen den Schmutz abzuwaschen z.B. mit dem Hinweis, die sollen zuerst den Dreck vor der eigenen Tür wegkehren? Wie weit sind wir bereit, Macht einzusetzen für das Gute, Böses mit Gutem und nur mit Gutem zu überwinden, auch und gerade dann, wenn wir dabei draufzahlen müssen?
Das sind wohl unangenehme, jedenfalls herausfordernde Fragen an Sie und auch an mich selber. Aber wir müssen uns ihnen stellen, wenn wir unseren Glauben leben wollen. Wir müssen Stellung beziehen in den Gegensätzen dieser Welt und in den Gegensätzen des eigenen Lebens. Wie sonst könnten wir den "Tod des Herrn" verkünden als Macht einer "Liebe, die liebt bis ans Ende"? Jesus selber hat uns das aufgetragen, sehr ernst und sehr eindringlich: "Ein Beispiel habe ich euch gegeben, damit auch ihr tut, wie ich euch getan habe"
"Ich habe euch ein Beispiel gegeben"
Rechenbeispiele
Für manche mag es schon länger her sein, dass sie das letzte Mal eine mathematische Gleichung zu lösen hatten. In der Schule hat man gelernt, wie das geht: der Lehrer schrieb ein Beispiel an die Tafel und präsentierte den Lösungsweg. Schritt für Schritt. Bis dann das richtige Ergebnis doppelt unterstrichen werden konnte. Anhand dieses Beispiels (und dem, was der Schüler daraus gelernt hat) konnte er nun andere Gleichungen lösen.
Der Lehrer hat ein Beispiel gegeben - und der Schüler war dadurch fähig, die anderen Aufgaben zu erfüllen und zu einem richtigen Ergebnis zu kommen. Ohne Beispiel und Erklärung geht das nicht.
Jesus, der Lehrer, hat an jenem Abend des Pessahfestes seine Schüler zu seiner letzten Lektion geladen. In dieser Lektion fasst er das Wesentliche nochmals zusammen. Wir erinnern uns, wie sehr Jesus in seinen Worten und Taten Menschen geholfen hat, zur Besinnung gebracht, geheilt, getröstet, zum Leben erweckt hat. Auf vielfältige Art und Weise. Wie er Gesetze und menschliches Urteilsvermögen hinterfragt hat, zum Eigentlichen zurückgeführt hat. "Ich bin gekommen, damit sie das Leben haben und es in Fülle haben" (Joh 10,10), so spricht er.
Meisterlektion
Heute geht er einen Schritt weiter. Der Meister hat seine Schüler zur "Meisterprüfung" geladen. Sein Meisterstück legt er in der Fusswaschung ab und verlangt damit viel von seinen Schülern ab: "Ich habe euch ein Beispiel gegeben, damit auch ihr so handelt, wie ich an euch gehandelt habe."
Nicht das Hohe und Edle ist Jesu Meisterleistung an jenem Abend, sondern das Niedrige und Arme. Das Allerletzte beim letzten Abendmahl. Eigentlich nicht etwas, worauf man stolz sein kann, geschweige denn, das man doppelt unterstreichen und hervorheben würde, sondern im Gegenteil. "Dient einander, wie ich an euch gedient habe. Ohne Wenn und Aber, ohne Kompromiss. Auch wenn es Erniedrigung bedeutet." Dieses Meisterstück will also Jesus ablegen und erwartet es auch von seinen Schülern.
Wer kann das verstehen? Wer will das auch verstehen? Wen wundert es, dass Petrus dafür nicht herhalten möchte? Wen wundert es, dass er später lieber sagt, zu dem gehöre ich nicht? Wen wundert es, dass ein anderer lieber abschleicht und sich aus dem Staub macht?
Jesus erwidert: "Was ich jetzt tue, verstehst du jetzt noch nicht. Aber später wirst du es begreifen." Und vielleicht auch wir, mit ihm.
Auf der einen Seite der Gleichung steht das Leben in Fülle, auf der anderen Seite der Dienst am Nächsten mit seinen vielen Möglichkeiten und Ausdrucksweisen. Diese Rechnung geht nur auf, wenn die Liebe mit dabei ist, wenn die Liebe das alles bestimmende Vorzeichen ist. Liebe, die vom Herzen kommt, Caritas. Liebe, die sich in tätiger Liebe äussert, Diakonie. Liebe, die über sich hinausverweist, auf den, der die Liebe selbst ist, Gott.
Ein unglaublicher Liebesdienst
Das letzte Abendmahl ist ein Liebesmahl. Die Fusswaschung Jesu ein unglaublicher Liebesdienst an den Seinen, ein Vorzeichen für das, was wir morgen am Karfreitag bedenken und feiern: "Es gibt keine grössere Liebe, als dass jemand sein Leben hingibt für seine Freunde." (1 Joh 15,11)
An diesem Abend schauen wir auf Jesus und das, was er beim letzten Abendmahl getan hat, und wir denken an jene unzähligen Menschen, die bis heute seinem Beispiel gefolgt sind, die als Christen aus ihrem Glauben heraus sich einsetzen, dass andere ein wenig besser leben oder sogar überleben können, als es ihnen ohne Hilfe möglich ist: die Krankenschwestern, die sich mühen, dem Patienten jene Medikamente und Pflege zu geben, die ihre Leiden lindern; die Eltern, die ihr Kind beim Aufgabenmachen unterstützen und nicht müde werden, ihnen jene Beispiele (nicht nur in Mathematik) aufzugeben und zu geben, die sie für ihre Entwicklung brauchen; die Lehrer und Betreuer, die Jugendliche auf ein selbständiges Leben vorbereiten; die Hilfskräfte in den Krisenregionen der Erde, die unermüdlich tätig sind...
Manche von ihnen haben sich an Jesus ein Beispiel genommen und haben sich bereiterklärt, zu dienen und lassen sich darin auch von der Liebe Jesu tragen.
"Ich habe euch ein Beispiel gegeben, damit auch ihr so handelt, wie ich an euch gehandelt habe." hat Jesus beim letzten Abendmahl zu seinen Jüngern gesprochen. Damit hat er seinen Jüngern und uns, die wir in seiner Nachfolge stehen und uns Christen nennen, eine anspruchsvolle Aufgabe gegeben: Nicht: "Wie du mir, so ich dir". Sondern vielmehr: "Wie ich an euch, so ihr an den anderen." Das ist eine ganz neue Art der Aufgabenstellung, die manches Mal auch ungewohnte Wege der Lösungsfindung erfordert. Und oft kann das Ergebnis nicht doppelt unterstrichen werden, weil es nicht herausragt, im Unscheinbaren erfolgt oder von vielen nicht beachtet wird.
Manches Mal genügt nicht das eine Beispiel des Lehrers. Manches Mal braucht es viele, viele Beispiele und Übung, bis der Schüler es begriffen hat. Und manches Mal braucht es auch die Ermutigung und die Geduld jener, die schon früher einmal in dieselbe Schule gegangen sind.
Jesus gibt beim letzten Abendmahl keine Einzellektion. Alle Jünger sind im Abendmahlsaal versammelt. Jeder ist gemeint. Und damit auch jeder angefragt, was sein Tun oder Nichttun ist. Landauf, landab wird das europäische Jahr der Freiwilligenarbeit begangen. Vieles von dem, was sonst unbemerkt an Gutem und Selbstlosem im Dienst an dem Nächsten und Bedürftigen geschieht, wird wahrgenommen und öffentlich gemacht, als Schatz, ja selbst als "Kirchen-Schatz" in das Licht der Öffentlichkeit gebracht. Jesus hat uns in Wort und in Tat viele Beispiele gegeben. Heute dürfen wir sein Werk in der Welt weiterzuführen und selbst Beispiel für andere zu sein. Jesus selbst gibt uns dafür die Kraft, wenn er sich uns schenkt im Brot des Lebens.
Zeichen für 2010
Richtig verstehen
Armer Petrus. Er versteht die Zeichen seines Meisters nur halb. Jesus will ihm die Füße waschen - und Petrus lehnt ab. Für ihn hat das Zeichen eine andere Bedeutung. Daher sagt er nein. Jesus erläutert ihm seine eigene Interpretation. Und Petrus? Er schießt über das Ziel hinaus. Jetzt will er nicht nur die Fußwaschung annehmen, sondern gleich noch mehr.
War er erst am Rand des Geschehens und wollte sich nicht hineinziehen lassen, kam er mit seiner Begeisterungsfähigkeit wie in einen Strudel, der ihn immer weiter mit sich ziehen würde. Ihm fehlt in diesem Moment halt das richtige Maß.
Das richtige Zeichen finden
Wer einmal mit Zeichen gearbeitet hat, kennt die lange Vorbereitungszeit. Welches Zeichen ist richtig? Welches ist eindeutig? Was kann jemand noch mit diesem Zeichen assoziieren? Kann die Botschaft vielleicht auch in den falschen Hals kommen?
Von daher ist Petrus als An- und Wortführer der Jünger nicht zu beneiden. Niemand außer Jesus weiß ja, dass da ein Zeichen kommt. Keiner kann sich vorbereiten und "in sich fühlen", ob es stimmig ist. Plötzlich steht Jesus auf und wäscht den Jüngern die Füße. Nun und nur nun kann es um eine Reaktion gehen. Selig, wer es richtig macht - und Pech für den, der daneben liegt.
Es ehrt Petrus, dass er nicht aufgibt. Er versucht weiter, die Situation zu verstehen. Und er will seinen Fehler korrigieren. Er will keinen Zweifel aufkommen lassen, dass er sich an Jesus hält. Nur ist es dafür nötig, das richtige Maß zu haben. Das fehlt Petrus in dem Moment.
Das neue Zeichen Jesu
Der Moment von Jesu neuem Zeichen ist eingebunden in eine austarierte Feier eines alten Zeichens. Es war das Pessachmahl, das seinen festen Platz im Leben eines Juden hatte. Die Abläufe waren klar. Jeweils der jüngste Teilnehmer hatte die Frage zu stellen, warum gefeiert wird. Der Leiter erklärte es mit einem festen Text. Und er tat all das, was die anderen kannten und erwarteten. Es ist sehr wahrscheinlich, dass dieser Ablauf des Pessach auch seine Geschichte hat. Die Menschen werden nach der Sesshaftwerdung im Gelobten Land danach gesucht haben, wie sie feiern sollen. Sie haben eine Form gefunden und bewahrt. Die Form bot die Sicherheit dafür, dass sich die Teilnehmer auf ihre Gefühle einlassen konnten.
Aber Jesus gibt den Jüngern ein neues Zeichen. So schwer das für die Jünger sein mag, so gut ist es auch für sie. Schwer ist das Mitgehen bei einer unerwarteten Geste Jesu. Aber gut ist, dass sie herausgefordert sind. Aus der guten Routine eines Pessachmahls sind sie geweckt worden. Da ist etwas Neues. Da ist etwas ganz Tiefes. Da ist etwas, wo eine eigene Antwort nötig ist.
Von Petrus kennen wir die zwei falschen Versuche. Was die anderen Jünger erlebten und taten, wird nicht berichtet. Aber sie waren dabei - und das zählt.
Das neue Zeichen der Liebe ist für Johannes allein wichtig. Das Abendmahl Jesu mit seinem Auftrag: "Tut dies zu meinem Gedächtnis" spielt in seinem Evangelium so gut wie keine Rolle. Es ist nur der eine Vers: "Es fand ein Mahl statt, und der Teufel hatte Judas, dem Sohn des Simon Iskariot, schon ins Herz gegeben, ihn zu verraten und auszuliefern."(Joh 13,2). Dieser Verrat wird in Joh 13,26f beschrieben, aber das Mahl, das später die Gemeinde verbindet, spielt keine Rolle.
Nur auf ein Thema kann er sich konzentrieren - und so wählt er aus, was ihm das wichtigste Zeichen ist: Liebe ohne Wenn und Aber. Selbst ein Judas hat diese Liebe noch erlebt - und konnte sich nicht auf sie einlassen. Verstanden hätte er, aber es fehlte die Kraft zur Antwort.
Zeichen für 2010
Wir am Gründonnerstag 2010 sind wir wieder nicht in der Situation des Neuen Zeichens und des Neuen Erlebens. Wir müssen aus dem Alten Zeichen etwas machen. Aber das, was wir machen, muss nicht immer gleich sein. Wer will, kann eine neue Antwort suchen. Sie kann gut und richtig sein. Sie kann in anderen Menschen Widerspruch erzeugen. Auf jeden Fall wird es eine Reaktion Jesu darauf geben. Ihm traue ich zu, dass er unser Anliegen versteht und so darauf reagiert, dass wir Segen spüren. Amen!
Leben schenken
Leben als Dienst
Vor ein paar Wochen las ich in einer kirchlichen Zeitschrift einen Artikel. Dieser Artikel trug die Überschrift: "Gottesferne und Geburtenschwund - ein zeitloser Zusammenhang." In diesem Artikel behauptet die Autorin Christa Meves, dass die niedrigen Geburtenzahlen mit dem immer geringer werdenden Glauben zusammen hängen. Die Menschen müssen wieder zu Gott zurückfinden. Wenn Deutschland und Europa nicht untergehen wollen, dann braucht es wieder mehr Frauen, die bereit sind, Mütter zu werden. Freilich darf das Problem nicht auf die Frauen alleine geschoben werden. Eine wichtige Ursache ist die Umwelt, die in den vergangenen Jahren die Frauen immer negativ beeinflusst hat. In dieser Umwelt waren und sind auch heute noch Männer beteiligt. Der Mensch muss, so ein für mich wichtiger und zentraler Satz dieses Berichtes, lernen, dass sein Leben Dienst zu sein hat, Dienst im Gehorsam zu seinem Schöpfer. Der Mensch stellt sonst sein eigenes Lebensrecht ins Zentrum seiner Überlegungen und Handlungen. Er lebt dann eher für sich selbst, und nur für sich selbst.
Immer wieder hat sich der Mensch von Gott entfernt. Er wollte sein wie Gott. So ist er immer wieder in die Sklaverei gekommen. Die Sklaverei in Ägypten kann als Bild betrachtet werden für die modernen Sklavereien. Die Götter, denen wir heute dienen, versklaven uns. Die Finanzkrise und die Wirtschaftskrise, die daraus folgt, machen viele Menschen unfrei. Was tun nicht viele, damit ihre Existenz nicht gefährdet wird? Sie verraten und verkaufen ihre eigenen Werte, um ihre Stellung zu halten. Wer bereits seinen Arbeitsplatz verloren hat, kann sich seinen Lebensunterhalt oft nicht mehr aus eigener Kraft verdienen. Viele sind abhängig vom Staat. Viele müssen unter Bedingungen arbeiten, die menschenunwürdig sind. Eine Fernsehsendung im Zweiten Deutschen Fernseher zeigte das Leben von Leiharbeitern. Trotz einer Vollzeitarbeit leben viele Menschen am Existenzminimum. Eine Form der Sklaverei. Wenn ich auch kein Fachmann für Wirtschaftsfragen bin, so traue ich mich zu sagen: ohne den Egoismus vieler könnte die Lage der Menschen anders, ja viel besser sein. Es leben sehr viele reiche Menschen auf Kosten der Menschen, die unten stehen. Die Schere wird immer größer.
Götter, die unfrei machen
Daneben aber gibt es noch andere Formen der Sklaverei. Jeder von uns muss schauen, was ihn persönlich unfrei macht. Der eigene Egoismus kann mich unfrei machen. Immer will ich alles für mich haben, ich denke nicht an die anderen. Dadurch werde ich getrennt. Bei anderen kann es der Versuch sein, es möglichst allen recht zu machen. Weil ich mich nicht unbeliebt machen will, verrate ich so meine eigenen Werte.
Die Menschen müssen auch heute aus der Sklaverei befreit werden. So hat es das Volk Israel in der Bibel erfahren. Unter der Last ihrer Arbeit spürten die Menschen: es geht so nicht weiter. Gott hört auf das Schreien. Was wir heute in der ersten Lesung gehört haben, ist das Paschamahl. Dieses Paschamahl ist ein Befreiungsmahl. Wer von Gott verschont werden wollte, der musste das Blut des Lammes an die Türpfosten streichen. Dessen Leben und das seiner Familie wurden verschont. Mit seinem Volk wurde er herausgeführt aus der Sklaverei durch die Wüste in das Leben in Freiheit. In dieser Stelle zeigt sich wie Gott ist und wir Gott handelt. Gott ist ein Gott des Lebens, ein Gott, der vergibt, ein Gott, der mit seinem Volk eine eigene Geschichte schreiben möchte.
Ein Gott, der in die Freiheit führt
Mit Gott zu leben, bedeutet in Freiheit und in Glück zu leben. Wenn wir uns von diesem Gott abkehren, dann machen wir anderes zu unserem Gott. Was wir dann zu unserem Gott machen, das kann uns versklaven. Denn unsere Gedanken sind dann nur noch von dem bestimmt, wem wir dienen. Das können Menschen sein. Wenn ich mich einem Menschen unterwerfe, dann übernehme ich so die Gedanken dieses Menschen und denke nicht mehr eigene Gedanken. Mitmenschen geht es oft nicht um mich, sondern eher um deren eigenes Wohl. Wenn ich meinen Verein aus der Fußballbundesliga so zu meinem Lebensinhalt mache, dass ich kaum noch Zeit habe für meine Familie, oder für meine Freunde, dann bin ich bereits unfrei. Lassen wir uns doch einladen, dem Leben mit Gott dieselbe Zeit zu schenken wie der zum Beispiel der Pflege des Autos, eines Hobbys oder unseres beruflichen Fortkommens. Jetzt sage ich Ihnen allen noch, wer Sie noch mehr versklaven kann: Sie sich selbst. Jeder kann sich selber mehr unter Druck setzen durch falschen Ehrgeiz oder durch Gier. Von alldem will uns Gott befreien.
Christus das Lamm Gottes
Die Juden feiern ihr Paschafest, wir feiern Eucharistie - beides ein Mahl, das uns an den Gott der Befreiung erinnert. Paulus hat uns überliefert, was im Abendmahlssaal geschah. Jesus nahm das Brot, brach es und sprach: das ist mein Leib. Dann hat Jesus den Becher mit Wein genommen. Er hat den Wein ausgeteilt und gesagt: das ist mein Blut, das für euch vergossen wird. Tut dies zu meinem Gedächtnis. Vergessen wir nie, was Jesus für uns getan hat. Jesus hat sich ausgeteilt. Jesus teilt sich auch heute aus. In diesem Gottesdienst denken wir daran ganz besonders. Bei den Juden war es das Blut des Lammes. Im Wein nehmen wir das Blut Christi zu uns.
Christus ist das Lamm Gottes. Wir singen es in jeder Messe. Christus war frei davon, mit Gewalt oder mit seiner Macht sein Recht zu behaupten. Er aber ging den anderen Weg, den Weg der Gewaltlosigkeit. Ein Lamm steht ja für ein harmloses und gewaltloses Tier. Jesus gibt sich hin für uns. In jeder Messe feiern wir diese Hingabe. In jeder Messe wird Jesus in den Gestalten von Brot und Wein gegenwärtig. Er ist da, anwesend, mitten unter uns, die wir in seinem Namen versammelt sind. Wenn wir ihn in Gestalten von Brot und Wein empfangen, dann vereint sich Jesus immer wieder mit uns, dann durchdringt Jesus unser Leben. Dann durchdringt Jesus unser Denken, Handeln und Wollen. Dann können wir immer mehr in die Haltung des Dienens hineinwachsen.
Ein Jude soll nie vergessen, was Gott gewirkt hat. Ein Christ soll nie vergessen, was Jesus beim Abendmahl getan hat. Vor allem: er soll werden wie Christus, er soll dienen wie Christus. Er soll bereit sein für den Glauben zu sterben wie Christus. In der Bereitschaft, sich hinzugeben hat Jesus den Grund für die Eucharistie gelegt.
Hingabe und Dienst
Wer Jesus nachfolgt, wird von ihm zum einem Leben in Fülle geführt. Das geschieht durch das Beispiel, das Jesus uns gibt. Jesus gibt uns ein Paradebeispiel in der Fußwaschung. Petrus versteht es noch nicht. Doch auch wir müssen begreifen, dass wir uns erlösen lassen müssen, dass wir uns die Liebe, die Jesus in dieser Geste zeigt, nicht verdienen können. Diese Geste ist ein Zeichen seiner Hingabe. Zuerst dient Gott, zuerst dient Jesus uns. Zuerst möchte uns Gott mit Leben beschenken. Gott möchte uns Befreiung und Erlösung schenken aus einem Leben, das bestimmt ist von unserer Schuld. Darum geht er diesen Weg. Gehen wir ihn mit.
Ich komme auf den Artikel am Beginn der Predigt zurück. Lassen wir uns von Jesus verwandeln. Dann kann die Haltung des Dienens wachsen. Dann schenken wir wieder mehr Leben, dann erfüllt das unser Leben. Gott ist für uns - und das bedeutet Leben.
Jesus wird zum Brot für das Leben der Welt
Der Bericht des Apostels Paulus (1 Kor 11,23-26) ist sehr knapp gehalten. Es ist der älteste Einsetzungsbericht des Zweiten, des Neuen Testaments. Jesus sagt: "Das ist mein Leib für euch. Tut dies zu meinem Gedächtnis!... Dieser Kelch ist der Neue Bund in meinem Blut. Tut dies, sooft ihr daraus trinkt, zu meinem Gedächtnis!"(1 Kor 11,24-25).
Johannes verwendet diese Einsetzungsworte in seinem gesamten Evangelium nicht, obwohl darin sehr viel vom Brot die Rede ist, nicht nur vom irdischen täglichen Brot. Es drückt sich in seinen Texten die große Sehnsucht der Menschen nach Nahrung in leiblich-geistiger Hinsicht aus. In den Brotgeschichten erfahren wir immer wieder vom Überfluss an Nahrung. Wo ist dieser Überfluss heute zu spüren? Es gibt noch Regionen auf der Welt, wo man mit Nahrungsmitteln sorglos umgeht. Auf der anderen Seite machen uns die krisenhaften Lebensumstände sehr wohl bewusst, dass unsere gesamte Existenz auf sehr tönernen Beinen steht, teilweise auf Luftschlössern oder ökonomisch hart gesprochen, auf faulen Krediten beruht.
Glauben und Vertrauen
Jesus macht am heutigen Tag ein ganz anderes Angebot, das nicht auf heißer Luft, auf fragwürdigen Spekulationen oder verklausulierten Verträgen beruht: Er bietet uns seine Gastfreundschaft als Zeichen der Zuwendung an. Er lädt alle Menschen ohne Unterschied durch alle Zeiten und Generationen an seinen Tisch ein. Er prüft auch nicht unsere Bonität nach strengen Bankkriterien und sichert sich nicht nach allen Richtungen hin ab.
Eines will Jesus, gerade an diesem heutigen Tag: unseren Glauben, unser Vertrauen. Durch die Worte der Schrift werden wir immer wieder daran erinnert, unseren Glauben, unser Vertrauen nicht nur in Worten, sondern auch durch unser Leben auszudrücken.
Brot und Liebe
"Man kann Brot ohne Liebe geben, aber wenn man Liebe gibt, so wird man auch immer Brot geben", schreibt der russische Dichter Leo Tolstoj (1828-1910) in seinen Tagebüchern 1893. Dieser Gedanke trifft den Inhalt, den Grundgedanken des heutigen Tages recht gut. Jesu Hingabe erfahren wir als Liebesgabe, an die wir besonders in der Eucharistie denken und dafür danken. Jesus wird zum Brot für das Leben der Welt. Leib und Blut des Herrn steht in der Heiligen Schrift für Leben, das sich einmal als Leben in Fülle, also in unendlichem Glück und Freude zeigen wird.
Der "Hohe Donnerstag" / Gründonnerstag macht uns klar, dass die Gaben von Brot und Wein mit Leben, Tod und Auferstehung Jesu ganz eng verbunden sind.
Ich wünsche Ihnen, dass sich diese österlichen Geheimnisse in Ihr Leben tief einprägen mögen.
Gemeinschaft mit Jesus
Kundenbindung
Kundenbindung ist ein wichtiges Schlagwort im modernen Marketing. Handelsketten versuchen durch das Ausstellen von Kundenkarten und daran gebundene Einkaufsvorteile, ihren Kunden das Gefühl zu geben, sie seien etwas Besonderes und gehören dank dieser Karte einem bevorzugten und in manchen Fällen sogar einem exklusiven Personenkreis an.
Wenn Sie zu Veranstaltungen sogenannter besserer Kreise eingeladen werden wollen, müssen sie erst dazugehören. Dazu braucht man meist entsprechende Beziehungen. Oft muss man von einem Mitglied dieses Kreises eingeführt werden oder zur Mitgliedschaft vorgeschlagen werden. Man muss gewisse Kriterien erfüllen, um von den anderen akzeptiert zu werden. Schließlich muss man sich den Regeln dieses Kreises entsprechend verhalten.
Dazugehören
Um das Dazugehören geht es auch in den biblischen Texten des Gründonnerstag. Das Blut des Pessach-Opfers an den Türpfosten weist die Bewohner des Hauses als Mitglieder des Volkes Gottes aus und verschont sie vor dem Zorn und Strafgericht Gottes. Paulus mahnt die Christen in Korinth, sich durch ein angemessenes Verhalten der Gemeinschaft mit Christus würdig zu erweisen. Schließlich geht es im Gottesdienst der Christen um den innersten Kern ihres Glaubens.
Die Erzählung von der Fußwaschung macht deutlich, worauf es ankommt, wenn jemand zum Kreis um Jesus gehören will. Wer zu ihm gehören will, an ihm Anteil haben will, muss bereit sein, so wie Jesus den anderen zu dienen und für einander da zu sein.
Ein Zweites ist noch vorausgesetzt: Den Dienst Jesu anzunehmen. Petrus schreckt davor zurück, sich von Jesus die Füße waschen zu lassen. Er weiß, dass Jesus der "Herr" ist, der Messias, der Sohn Davids. Der Dienst Jesu ist nicht nur ein menschlicher Dienst, den sonst ein Sklave ausführt. Jesus stiftet mit seinem Dienen Gemeinschaft untereinander und mit Gott. Es ist ein Dienst der Versöhnung mit Gott, ein Heilsdienst. Dabei geht es nicht um die körperliche Reinigung, wie es auch im Bad der Taufe nicht um die Reinigung des Körpers geht. Es geht um das Annehmen des Gemeinschaftsangebotes Gottes.
An der Gegengestalt des Petrus, an Judas, wird noch um einen Grad deutlicher, dass ein inneres Annehmen der Gemeinschaft mit Christus gefordert ist. Dieser hat zwar äußerlich den Dienst Jesu an sich vollziehen lassen. In seinem Inneren hat er aber schon längst einen anderen Weg eingeschlagen.
Für einander da sein
Der Abendmahlsgottesdienst des Gründonnerstags erinnert uns Christen auch an die Einsetzung des Eucharistie-Sakramentes. Jede Eucharistiefeier ist dem Abendmahl nachgestaltet. Dabei vollziehen wir nicht nur das Mahl Jesu mit seinen Jüngern nach. Wir erinnern uns an den Einsatz seines Lebens für unsere Versöhnung mit Gott. Dem Inhalt nach ist auch der Karfreitag und der Ostermorgen darin bereits enthalten.
Wenn wir Eucharistie feiern stehen wir vor der gleichen Entscheidung wie Petrus: nehmen wir den Versöhnungsdienst Jesu an oder sehen wir darin nur einen berührenden Gestus. Wir stehen in einer ähnlichen Versuchung wir Judas: vollziehen wir den Ritus äußerlich zwar mit, innerlich sind wir aber von dem eigentlichen Geschehen, der Gemeinschaft und Bindung an Gott weit entfernt. Sind wir bereit, mit Jesus den Kelch zu trinken, den er getrunken hat?
Wer zu Jesus gehören will, muss bereit sein, so wie er für einander da zu sein. Das erfordert Dienstbereitschaft, Einsatz und Hingabe. Wir können dieses Dienen nicht an andere delegieren und uns selbst heraushalten.
Hinein wachsen
Petrus lässt sich umstimmen und nimmt den Dienst Jesu an. Was dies jedoch nach sich zieht, hat er vermutlich erst einige Zeit später begriffen. Noch in dieser Nacht wird er lernen, dass es mit einem begeisterten Bekenntnis allein noch nicht getan ist. Er wird Jesus verleugnen. Er wird Jesus seinen schweren Leidensweg allein gehen lassen. Erst die Begegnung mit dem Auferstandenen und das Pfingstfest werden Petrus zu dem Felsen machen, als den wir ihn schätzen und ehren. Eine Legende erzählt sogar, dass er Jahre später in Rom noch einmal davonlaufen wollte und erst eine Begegnung mit dem Herrn, in der er ihn fragte "Quo vadis?", "Wohin gehst du?", ihn reif für die endgültige Nachfolge machte.
Auch ein jeder von uns muss seinen Weg der Nachfolge selbst gehen, muss sich viele Male entscheiden, wie er seine Gemeinschaft mit dem Herrn lebt und ihr seine persönliche Gestalt gibt. Im eucharistischen Mahl gibt Jesus uns hier und jetzt Anteil an seinem Erlösungsdienst und an der Gemeinschaft mit ihm. Gleichzeitig gibt er uns auch die Kraft, unser Leben als Heilsdienst an den Schwestern und Brüder und an der ganzen Welt anzulegen.
- Liedvorschläge1
Hans Hütter
Lieder:
GL 184: Herr, wir bringen in Brot und Wein
GL 209: Du teilst aus mit deinen Händen
GL 210: Das Weizenkorn muss sterben
GL 211: Wir rühmen dich, König der Herrlichkeit
GL 213: O wunderbare Speise
GL 281: Also sprach beim Abendmahle
GL 282: Beim letzten Abendmahle
GL 286: Bleibet hier und wachet mit mir
GL 287: Christus war für uns gehorsam bis zum Tod
GL 369: O Herz des Königs aller Welt
GL 414: Herr, unser Herr, wie bist du zugegen
GL 442: Wo die Güte und die Liebe wohnt
GL 460: Wer leben will wie Gott auf dieser Erde
GL 477: Gott ruft sein Volk zusammen
GL 493: Preise Zunge das Geheimnis
GL 495: Sakrament der Liebe Gottes
GL 497: Gottheit tief verborgen
GL 498: Das Heil der Welt, Herr Jesus Christ
Psalmen und Kehrverse:
GL 37: Der Herr ist mein Hirt; er führt mich an Wasser des Lebens - Mit Psalm 23 - VI.
GL 214: Dies Brot ist mein Leib für das Leben der Welt - Mit Psalm 147 (GL 78,2) - V.
GL 285: Ubi caritas et amor, Deus ibi est
GL 305,3: Den Kelch, den wir segnen, gibt Anteil an Christi Blut - Mit Psalm 23 (GL 37,2) oder mit Psalm 42 (42,2) oder mit Psalm 116 (GL 629,4) - VI.
GL 305,4: Dies ist mein Gebot: Liebe einander, wie ich euch geliebt - Mit Psalm 118 (GL 66,2) - VII.
GL 305,5: Wo die Güte und die Liebe wohnt, dort nur wohnt der Herr - Mit Psalm 23 (GL 37,2) oder mit Psalm 42 (42,2) - VI.
GL 629,3-4: Ich gehe meinen Weg vor Gott im land der lebenden. - Mit Psalm 116 - VI.
- Einleitung9
Hans Hütter (2022)
Manche Menschen schreiben Memoiren, um die Erinnerung an sie in die von ihnen gewünschte Richtung zu lenken; oft auch, um nicht allzu rasch vergessen zu werden. Andere bauen Denkmäler, bzw. man errichtet ihnen Denkmäler, um ihre Bedeutung lebendig zu halten. Jesus hat keine Bücher verfasst und keine Monumente hinterlassen. Er hat bei seinem Abschiedsmahl seinen Jüngern zwei schlichte Gesten ans Herz gelegt, die sie an ihn denken lassen sollen, die gleichzeitig aber auch ihr ganzes Leben in seinem Geiste prägen sollen. Wie ein Sklave hat er ihnen die Füße gewaschen und wie einer von ihnen hat er mit ihnen Brot und Wein geteilt.
Mit diesen beiden Zeichen halten wir die Erinnerung an ihn lebendig. Sie sind uns zu einem heiligen Sakrament geworden, von dem wir unser Leben prägen lassen.
Am Beginn dieser Feier bitten wir Gott um Vergebung für unseren oft oberflächlichen Umgang mit diesem großen Geheimnis unseres Glaubens.
Hans Hütter (2022)
Am Gründonnerstag erinnern wir uns ans das letzte Mahl, das Jesus mit seinen Jüngern eingenommen hat. Den Jüngeren dürfte noch nicht bewusst gewesen sein, dass dieses Mahl ein Abschiedsessen war.
Gläubige Juden feierten an diesem Abend den Aufbruch des Volkes Israel aus der Sklaverei in Ägypten. Den traditionellen symbolische Zeichen, die bei der Paschafeier üblich waren, fügt Jesus noch zwie weitere bedeutungsvolle Handlungen hinzu und legte den Jüngern ans Herz, diese in Erinnerung an sein Leben immer wieder zu vollziehen. Wie ein Sklave wusch er als Meister den Schülern die Füße und teilte mit ihnen Brot und Wein. Mit diesen Zeichen fasste er deutend sein Leben zusammen. Die Erinnerung daran prägt unser ganzes Leben als Christen.
Am Beginn unseres Gottesdienstes bitten wir Gott um Vergebung für alle Oberflächlichkeiten, durch die wir oft unser Leben bestimmen lassen.
Manfred Wussow (2021)
An diesem Abend denken wir an die Nacht, in der unser Herr Jesus Christus verraten wurde. Von Judas verraten, von Petrus verleugnet, von allen Jüngern verlassen. Aber Jesus hat mit seinen Jüngern das Passamahl gefeiert.
In seinem Namen feiern wir das Abendmahl.
Im 116. Psalm heißt es:
Wie kann ich dem HERRN vergelten
all das Gute, das er mir erwiesen?
Den Becher des Heils will ich erheben.
Ausrufen will ich den Namen des HERRN.
Hans Hütter (2017)
An diesem Abend wird eine Vielzahl von Erinnerungen lebendig:
Wir erinnern uns an das letzte Abendmahl Jesu mit seinen Jüngern;
Es liegt daher eine traurige schicksalsschwere Stimmung im Raum; Gefühle der Ohnmacht, des Verleugnens und sogar Verratens.
Wir erinnern uns, wie Jesus an diesem Abend sein Leben deutete und im Auftrag zur Eucharistiefeier uns gleichsam ein Testament übergab.
Wir erinnern uns, wie sehr er sein Leben als Dienst verstand, und uns in der Fußwaschung ein Beispiel dafür gab, dass auch wir einander dienen sollen. In dieser Feier wird uns die Dichte und Fülle der Liebe Jesu neu bewusst.
Vor ihn treten wir und ihn bitten wir um Erbarmen über unsere begrenzte Fähigkeit zu lieben und ihm nachzufolgen.
Sozialreferat der Diözese Linz (2013)
Der Gründonnerstag öffnet die Türe zur Feier des größten Geheimnisses unseres Glaubens: Dem Weg vom Mahl durch Leiden und Tod zum unvergänglichen Leben der Auferstehung.
Es war vor dem Paschafest, an dem das jüdische Volk aus der Sklaverei in Ägypten frei gekommen ist. Es war vor dem Paschafest, dass Jesus das Gedächtnis an seine Liebe zu uns Menschen gestiftet hat. Es war vor dem Paschafest, dass Jesus in die Knie gegangen ist und den Seinen die Füße gewaschen hat.
Öffnen wir uns für diese Geheimnisse des Glaubens und für Jesus, der in unserer Mitte ist.
Claudia Simonis-Hippel (2013)
Der Gründonnerstagabend ist ein Abend der Erinnerung. Wir erinnern uns heute an das Abschiedsmahl, das Jesus mit seinen Jüngern gefeiert hat. Wie in jeder Eucharistiefeier vergegenwärtigen wir uns, wie er Brot und Wein mit ihnen geteilt hat. Im Evangelium erinnern wir uns an die Fußwaschung, die zeigt, wie Jesus sein Leben als Dienst an uns Menschen verstanden hat. In diesem Gottesdienst wollen wir all diese Erinnerungen in uns lebendig und wirksam werden lassen.
© Claudia Simonis-Hippel, in: Bernhard Krautter/Franz-Josef Ortkemper (Hg.), Gottes Volk Lesejahr B/2009. Verlag Katholisches Bibelwerk, Stuttgart 2009, S. 122-129.
Klemens Nodewald (2013)
Es war die Liebe, die Jesus in seinem Denken und Handeln bestimmte und ihn seinen Weg durch Leiden und Kreuz gehen ließ. Die Bedeutung der Liebe für unsere Erlösung und unser Leben als Christ begreifen, dazu werden wir im heutigen Evangelium eingeladen.
Empfehlen wir uns dem Herrn, auf dass er in uns bewirke und verstärke, wonach wir uns selbst sehnen: Menschen der Liebe zu sein.
Gabi Ceric (2011)
Das erste Mal war es nicht, dass Jesus mit seinen Jüngern Mahl gehalten hat an jenem Abend. Immer wieder hat er seine Lieben zur Tischgemeinschaft gerufen. Immer wieder hat er die jüdischen Feste gefeiert. Doch an jenem Abend sollte es das letzte Mal sein. Es ist das Letzte Abendmahl.
Vieles, was zum letzten Mal geschieht, bleibt in Erinnerung, ist von unvergänglichem Wert: ob es Worte sind, oder Taten. Vor allem angesichts des unausweichlichen Todes.
Norbert Riebartsch (2010)
Im Alltag werden wir durch viele Zeichen geführt. Richtungsschilder, Ampeln und Wegzeichen sind eindeutig. Wir sind gut beraten, ihnen Folge zu leisten.
Im Moment des letzten gemeinsamen Abends setzte Jesus ein Zeichen für seine Jünger:
Die Fußwaschung zeigte, was Jesus wollte.
Aber war es möglich, die Liebe dahinter zu verstehen?
Und ist es möglich, die Liebe Gottes zu uns hinter den neuen Zeichen zu ahnen?
- Bußakt2
Sozialreferat der Diözese Linz (2013)
Jesus wir übergeben dir unsere Oberflächlichkeit, Unachtsamkeit und die Hektik des Alltags.
Herr, erbarme dich unser.
Jesus wir übergeben dir unsere Ängste zu kurz zu kommen, übersehen und nicht ernst genommen zu werden.
Christus, erbarme dich unser.
Jesus wir übergeben dir unseren Drang uns wichtig zu machen, unsere Überheblichkeit und unseren Hang zum Nörgeln und Sudern.
Herr erbarme dich unser.
Gabi Ceric (2011)
Herr Jesus Christus,
was du sagst, sind Worte auch an uns.
Öffne unsere Ohren, damit wir verstehen.
Herr, erbarme dich.
Herr Jesus Christus,
was du tust, tust du für uns.
Öffne unsere Herzen, damit wir begreifen.
Christus, erbarme dich.
Herr Jesus Christus,
du schenkst dich uns beim Letzten Abendmahl.
Öffne unsere inneren Augen,
dass wir dich im Zeichen des Brotes erkennen.
Herr, erbarme dich.
- Kyrie6
Edith Furtmann (2024)
Herr Jesus Christus,
du hast Dich selbst uns hingegeben.
Herr, erbarme Dich.
Wenn wir Mahl halten, sollen wir deiner Hingabe gedenken.
Christus, erbarme dich.
In deiner Liebe sollen wir uns miteinander verbinden.
Herr, erbarme Dich.
Hans Hütter (2022)
Kyrierufe GL 161: Du rufst uns, Herr, trotz unsrer Schuld
Oder:
Herr, Jesus Christus,
du bist nicht gekommen, um dich bedienen zu lassen,
sondern um zu dienen.
Herr, erbarme dich.
Du hast dein Leben hingegeben,
um uns aus unserer Selbstbefangenheit zu erlösen.
Christus, erbarme dich.
Du lädst uns ein, deinem Beispiel zu folgen.
Herr, erbarme dich.
Manfred Wussow (2021)
Herr,
viele Menschen fühlen sich verraten und verkauft.
Du verstehst sie.
Herr, erbarme dich.
Christus,
du hast Brot und Wein geteilt.
Es ist dein Gedächtnis, dein Vermächtnis.
Christus, erbarme dich.
Herr,
wir setzen uns für Recht und Gerechtigkeit ein.
Du schenkst uns deine Barmherzigkeit.
Herr, erbarme dich.
Ich will dir ein Opfer des Dankes bringen,
ausrufen will ich den Namen des HERRN.
Meine Gelübde will ich dem HERRN erfüllen
in Gegenwart seines ganzen Volks.
Claudia Simonis-Hippel (2013)
Herr Jesus Christus,
du bist nicht gekommen, um dich bedienen zu lassen,
sondern um zu dienen.
Herr, erbarme dich.
Du hast nicht daran fest gehalten, Gott gleich zu sein
du bist zum Diener aller geworden.
Christus, erbarme dich.
Du hast gesagt:
Wer bei euch groß sein will, soll euer Diener sein.
Herr, erbarme dich.
© Claudia Simonis-Hippel, in: Bernhard Krautter/Franz-Josef Ortkemper (Hg.), Gottes Volk Lesejahr B/2009. Verlag Katholisches Bibelwerk, Stuttgart 2009, S. 122-129.
Klemens Nodewald (2013)
Herr Jesus Christus,
aus Liebe zu uns Menschen kamst du auf unsere Erde.
Herr, erbarme dich.
In deine Liebe waren alle eingeschlossen:
Fromme und Sünder, Gesunde und Kranke, Angesehene und Verachtete.
Christus, erbarme dich.
Weil du auch im Leiden von der Liebe nicht abgewichen bist,
wurdest du unser Erlöser.
Herr, erbarme dich.
Komm, Herr Jesus Christus, unserer Schwachheit zu Hilfe.
Stärke uns besonders in der Liebe,
damit wir immer mehr nach deinem Beispiel und Vorbild leben. Amen.
Norbert Riebartsch (2010)
Herr Jesus,
in der Fußwaschung deiner Jünger hast du ein neues Zeichen der Liebe gesetzt.
Kyrie, eleison.
Im neuen Bund in deinem Fleisch und Blut hast du uns etwas gegeben für heute.
Christe, eleison.
In der Erinnerung an Momente der Gebetstiefe
und in der neuen Erfahrung solcher Zeiten begegnen wir dir.
Kyrie, eleison.
- Tagesgebet1
Messbuch - TG Gründonnerstag: Gastmahl seiner Liebe
Allmächtiger, ewiger Gott,
am Abend vor seinem Leiden
hat dein geliebter Sohn der Kirche
das Opfer des Neuen und Ewigen Bundes anvertraut
und das Gastmahl seiner Liebe gestiftet.
Gib, daß wir aus diesem Geheimnis
die Fülle des Lebens und der Liebe empfangen.
Darum bitten wir durch ihn, Jesus Christus.
MB Gründonnerstag
- Eröffnungsgebet2
Manfred Wussow (2021)
An diesem Abend, Herr,
setzen wir uns mit deinen Jüngern an deinen Tisch.
Du hast ihn für uns gedeckt.
Gute Vorsätze bringen wir mit,
aber auch unsere Hilflosigkeit.
Wir glauben an uns,
aber das Selbstvertrauen hat viele Risse.
Wir wollen dich nicht alleine lassen,
aber sind oft weit weg von dir.
Schenke uns dein Wort,
brich du uns das Brot
und teile mit uns den Kelch.
An deinem Tisch sitzen sündige Menschen.
Voller Hoffnung,
geliebt zu werden.
In Christus, unserem Herrn.
Norbert Riebartsch (2010)
Du unser Vater,
aus Liebe zu uns hast du deinen Sohn Mensch werden lassen.
Er hat oft von deiner Liebe gesprochen
und den Menschen gezeigt,
wie diese Liebe spürbar wird.
Heute denken wir an seine Zeichen
in der Fußwaschung
und in dem Mahl, das wir weiter feiern sollen.
Wir danken dir für deine Liebe, die alles auf den Weg gebracht hat.
Lass sie für uns lebendig sein.
Darum bitten wir durch Jesus Christus,
deinen Sohn, unseren Herrn und Gott,
der in der Einheit des Heiligen Geistes
mit dir lebt und herrscht in alle Ewigkeit. Amen!
- Fürbitten20
Renate Witzani (2024)
Um den Altar versammelt feiern wir Christus als die Quelle unserer Einheit
und bitten wir durch ihn den Vater:
Am Gründonnerstag wird uns die Gemeinsamkeit des Glaubens und die Verschiedenheit der Praxis der einzelnen christlichen Kirchen schmerzlich bewusst.
Beten wir um Fortschritte in der Ökumene.
Du bist immer dort, wo Menschen gefährdet sind.
Beten wir um Frieden und Freiheit für alle, die unter Krieg und Gewalt leiden.
Viele verschiedene Ängste begleiten das menschliche Leben.
Beten wir um Geduld und Vertrauen in deine begleitende Nähe.
Jesus hat uns ein Beispiel dienender Liebe gegeben.
Beten wir für alle, die anderen helfend beistehen und versuchen, ihre Not zu lindern.
Für jeden Einzelnen von uns ist Jesus gestorben und auferweckt worden.
Beten wir für alle Verstorbenen, dass sie bei dir vom Glauben zum Schauen gelangen.
Diese und alle Bitten, die wir still im Herzen tragen, vertrauen wir dir, unserem Vater, an. Dir danken wir und dich preisen wir durch Jesus Christus, unseren Herrn, im Heiligen Geist. - Amen.
Edith Furtmann (2024)
Herr Jesus Christus,
deine Kirche feiert heute den Tag, an dem du uns die Eucharistie geschenkt hast. Wir bitten Dich:
Du hast Deine Jünger um Dich versammelt zum Passah-Mahl und Dich ihnen hingegeben in Brot und Wein. Uns ist aufgetragen, im Mahl an Dich und Deinen Tod und Deine Auferstehung zu erinnern. Lass uns mit alle Menschen guten Willens eine Mahlgemeinschaft werden.
Du hast Deinen Jüngern die Füße gewaschen, Du, den sie Rabbi nannten, denn das ist Dein Auftrag: einander zu dienen. Lass uns das Gegeneinander in unserer Gesellschaft überwinden und einen Weg zum Miteinander finden.
Am Ölberg hast Du gebetet, Du hattest Angst und Deine engsten Freunde gebeten, mit Dir zu wachen. Sie aber sind eingeschlafen. Hilf uns, wachsam zu bleiben und den Menschen beizustehen, die sich ängstlich, einsam und verlassen fühlen.
In der Nacht vor Deinem Tod hattest Du Angst vor dem, was auf Dich zukommen würde. Ganz Mensch bist Du so nahe allen Menschen in Angst: den Verfolgten und den Flüchtlingen, den Menschen im Bombenhagel und in Dürre- und Überschwemmungsgebieten, den Ausgegrenzten und Verzweifelten, den Kranken und Sterbenden. Lass uns danach trachten, sie in unsere Mitte zu holen.
Durch Deinen Tod und Deine Auferstehung hat der Tod seinen Schrecken verloren: nimm unsere Verstorbenen zu Dir in Dein Reich und lass auch uns, wenn unser Leben zu Ende ist, bei Dir zu Tische sitzen.
Herr Jesus Christus,
du schenkst dich uns hin in Brot und Wein. Lass uns in dir Gemeinschaft finden mit allen Menschen guten Willens. - Amen.
Renate Witzani (2023)
An diesem Abend zeigt uns Jesus seine Botschaft noch einmal in aller Deutlichkeit. In dienender Liebe beugt er sich zu seinen Jüngern und damit zu allen Menschen. Gott verweigert sich nicht dem Menschen, auch dann nicht, wenn dieser schuldig wird.
Ihn lasst uns bitten:
Jesus, deine Hingabe an uns Menschen zeigt sich im eucharistischen Geschehen, das in deiner Kirche bis heute gefeiert wird.
Wir beten für die Einheit aller christlichen Kirchen.
Jesus, du gibst uns ein Beispiel des füreinander Daseins.
Wir beten für alle, die in ihrer Familie, im Beruf, im ehrenamtlichen Dienst am Nächsten und im Miteinander des Alltags ihre Zeit, ihre Kräfte und Begabungen mit anderen teilen.
Jesus, du machst zwischen den Menschen keinen Unterschied.
Wir beten für alle, denen es am Lebensnotwendigen fehlt, deren Leben von Krieg und Gewaltherrschaft bedroht ist, die in Gefängnissen festgehalten werden oder fern ihrer Heimat und Familie leben müssen.
Jesus, du weißt um unsere Schwachheit und Schuldhaftigkeit.
Wir beten für uns selbst und alle, die wie wir selbst immer wieder deiner Barmherzigkeit bedürfen.
Jesus, du bist für uns durch Leiden und Tod gegangen.
Wir beten für unsere Verstorbenen, für die wir die Teilnahme an deiner ewigen Tischgemeinschaft erhoffen.
An diesem Abend feiern wir Eucharistie als Mahlgemeinschaft und Dank. Du hast dich zu uns Menschen heruntergebeugt und uns ein Beispiel deiner dienenden Liebe geschenkt.
Dir gebührt unser Dank und Lobpreis jetzt und allezeit. - Amen.
Hans Hütter (2022)
Herr, Jesus Christus,
wie ein Sklave hast du dich in den Dienst der Menschen gestellt
Wir bitten dich:
Für die Menschen in der Ukraine;
für alle, die für die Freiheit ihres Landes ihr Leben einsetzen,
und für alle, die ihre Heimat verlassen mussten.
Lass ihren Einsatz nicht vergeblich sein.
Für alle, die im Staat und in der Gesellschaft Macht ausüben.
Lass sie nicht ihre Verantwortung für das Wohl aller vergessen.
Für alle, die sich für eine lebendige Kirche einsetzen.
Lass sie ihr Engagement als Dienst verstehen
und darin persönliche Erfüllung finden.
Für alle, denen eine lebendige Feier der Eucharistie am Herzen liegt.
Lass das Feiern dieses Geheimnisses des Glaubens in ihrem Leben reiche Frucht bringen.
Für unsere verstorbenen Angehörigen und Freunde
sowie für die Opfer der Kriege.
Lass sie in deinem himmlischen Reich bei dir Wohnung finden.
Du, Herr, hast uns durch deinen Dienst an den Menschen ein Beispiel gegeben,
damit auch wir so handeln, wie du an uns gehandelt hast.
Gib uns die Kraft, dir darin nachzufolgen. Amen.
Renate Witzani (2022)
Jesus stellt sein Leben in den Dienst der Seinen und teilt damit mit uns seine Erfahrung der Liebe Gottes zu uns Menschen.
Lasst auch uns an diesem besonderen Abend füreinander beten:
Für alle, die heute gemeinsam Eucharistie feiern und so ihren Dank miteinander dafür teilen, dass sie etwas von deiner Liebe in ihrem Alltag an andere weitergeben können.
Für alle Politiker weltweit, die in ihrem Dienst die Sorgen und Nöte der ihnen Anvertrauten teilen.
Für alle Menschen in Europa, die ganz konkret mit den Vertriebenen aus der Ukraine teilen und damit ein geschwisterliches Miteinander leben.
Für uns selbst, die wir sooft nicht verstehen, was uns andere Menschen wirklich mitteilen wollen.
Für alle Verstorbenen besonders für die, die sich aufgrund der Umstände ihres Todes nicht mehr aussöhnen konnten.
Denn du, Jesus, unser Herr und Meister, hast beim Mahl mit deinen Jüngern in Wort und Tat ihnen und uns alles mitgegeben, was dir wichtig war. Damit wolltest du die Deinen stärken und ihnen Mut für ein Leben nach deinem Beispiel gegeben.
Dafür danken wir dir und preisen durch dich den Vater im Heiligen Geist. - Amen.
Manfred Wussow (2021)
Im Evangelium begegnet uns Jesus mit abgelegtem Gewand und einem Leinentuch.
Er, der Herr wird zum Sklaven. In dieser Nacht.
Staubige und müde Füße leben auf. Für den neuen Tag.
Wir denken heute an Menschen,
die ihre Füße nicht mehr spüren, die auf Intensivstationen und Krankenhausfluren Kilometer zurücklegen, die kein Licht am Ende des Tunnels sehen.
Herr, hilf uns, dich zu sehen.
Wir denken heute an Menschen,
die Angst davor haben, Liebe anzunehmen, die alles mit sich ausmachen, die ihr Herz nicht öffnen können.
Wir denken heute an Menschen,
die sich in sich verliebt haben, die große Rollen spielen müssen, die im Bann ihres Marktwertes die Realität unter ihren Füßen verlieren.
Wir denken heute an Menschen,
die anderen zur Seite stehen, auf eigenen Füßen zu stehen, die in Schulen und Heimen jungen Menschen Selbstvertrauen mitgeben, die in Beratungsstellen Ängste abbauen helfen.
Wir denken heute an Menschen,
die sich derer annehmen, die auf der Flucht sind, die zu Fuß Kontinente durchqueren, die in Lagern ihre Hoffnungen verlieren.
Du, Herr, hast uns ein Beispiel gegeben,
Größe und Bedeutung abzulegen,
sich anderen Menschen zuzuwenden,
in einem Leinentuch das Evangelium zu bergen.
Bei dir geht uns das Reich Gottes auf.
In Christus, dem Anführer in das Leben. – Amen.
Renate Witzani (2021)
Im Mittelpunkt der Geschehnisse dieses Abends steht der Mensch. Jesus nimmt bewusst von seinen Weggefährten Abschied und will ihnen etwas schenken, das sie auch danach mit ihm bis heute verbindet. Doch einige von ihnen damals wie viele von uns heute verraten ihn, verleugnen ihn oder sind einfach zu schwach, um das zu tun, was er erwartet. Dich, Jesus, der sein Leben hingibt, um uns zum Leben zu führen, bitten wir:
Für alle in deiner Kirche, die sich bemühen, trotz der Pandemie kirchliches Leben aufrecht zu erhalten, und für die, die versucht haben, die Beschränkungen ihres Glaubenslebens durchzustehen.
Für die, die Gewohnheiten und Wertigkeiten infrage stellen und ein neues Miteinander suchen, damit alle genug bekommen, und für die, die von Verlustängsten geplagt, ihre Privilegien verteidigen.
Für die, die im Glauben an deine Erlösungstat im Osterfest den Beginn ihres Heils feiern, und für die, die aus dem Wiedererwachen der Natur und einem gemeinsamen Miteinander den Beginn einer Zeit nach Corona feiern wollen.
Für uns selbst, die wir wissen, wie wenig wir deiner Hingabe und Liebe würdig sind, und die du trotzdem immer wieder in deine Beziehung zum Vater zurückholst.
Für die Verstorbenen des letzten Jahres, die einsam sterben mussten und denen ein persönlicher Abschied von ihren Liebsten verwehrt war.
Aus der Begegnung mit dir, Jesus, schöpfen wir Kraft.
Du vermittelst uns Nähe und Geborgenheit.
Dafür danken wir dir an diesem Abend ganz besonders, und allezeit. - Amen.
Renate Witzani (2019)
Als Jesu Kirche feiern wir weltweit in jeder Eucharistiefeier seine Lebenshingabe am Kreuz für alle Menschen.
Ihn lasst uns bitten:
Am heutigen Abend sind wir wie die Jünger damals um deinen Tisch versammelt.
Wandle uns zu einer Kirche, die sich deiner Mahlgemeinschaft als würdig erweist.
Mit deinem Dienst der Fußwaschung an deinen Jüngern hast du uns gelehrt, wie Gemeinschaft funktionieren kann.
Hilf uns, zu erfahren, dass alle besser leben, wenn wir mehr miteinander als gegeneinander arbeiten.
Deine Worte über Brot und Wein hast du Personen anvertraut, deren priesterliches Wirken die Zuwendung Gottes zum Menschen erfahrbar machen soll.
Weise deiner Kirche den Weg aus dem Eingestehen von Problemen zu Taten für eine Zukunft nach deinem Willen.
In deiner Angst und Einsamkeit am Ölberg bist du uns in den Ängsten und einsamen Stunden unseres Lebens ganz nahe.
Dich bitten wir für alle Menschen, die in ihrer Lebenssituation verzweifeln oder sich ausgegrenzt und allein gelassen fühlen.
Wie das Weizenkorn, das stirbt und viele Frucht bringt, hast du dein Leben hingegeben um uns die Frucht der Erlösung zu schenken.
Wir bitten dich für unsere Verstorbenen um deine ewige Nähe für sie.
Herr, Jesus Christus!
Du schenkst dich uns in den Gestalten von Brot und Wein.
So mit dir verbunden kann unser Leben zum Heil für uns selbst und die anderen werden.
Lass uns in Dankbarkeit deine Nähe im Sakrament und der Gemeinschaft deiner Kirche finden. - Amen.
Renate Witzani (2018)
Im Glauben daran, dass wir bei jeder Eucharistiefeier ganz real mit Jesus verbunden sind, vertrauen wir unsere Bitten seinem fürbittenden Gebet beim Vater an:
Für deine Kirche: Um die Einheit, die du für sie vom Vater erbeten hast.
Für die Welt: Um Versöhnungsbereitschaft und Maßhalten beim Austragen von Konflikten.
Für die Erstkommunionkinder: Um die Erfahrung deiner Freundschaft im Sakrament der Eucharistie.
Für uns selbst: Um das Vertrauen, dass du in Liebe auf unser ganzes Leben schaust und uns dadurch befähigst, auch aufeinander zu schauen.
Für unsere Verstobenen: Um die Geborgenheit in dir.
Jesus!
Die Zusage deiner Gegenwart sind keine losen Worte.
In der Einsamkeit der Ölbergstunden hast du in dein Erlösungswerk für uns eingewilligt und es in deinem Tod am Kreuz vollendet.
Dafür gebührt dir unser Dank, Preis und Ehre jetzt und allezeit. - Amen.
Hans Hütter (2017)
Herr, Jesus Christus,
du hast dich zum Diener aller gemacht
und dein Leben für uns hingegeben.
Wir bitten dich:
Für alle, die im Dienst am Nächsten
bis an die Grenzen ihrer Kräfte gefordert sind,
für alle, die alte oder kranke Menschen pflegen
oder die von anderen Hilfsbedürftigen beansprucht werden.
Stärke sie und lass sie Dankbarkeit erfahren.
Für alle, die sich in der Gemeinschaft der Kirche engagieren,
die Dienste in der Seelsorge, in der Liturgie
oder im caritativen Bereich übernehmen.
Schenke ihnen Freude an ihrem Dienst.
Für alle, die sich als Priester
für das Leben ihrer Gemeinden einsetzen
und als Seelsorger für andere da sind.
Schenke ihnen Erfüllung in ihrem Beruf.
Für alle, die in Politik und Gesellschaft
Verantwortung für andere übernommen haben.
Lass sie uneigennützig ihren Aufgaben nachgehen
und Dank und Anerkennung erleben.
Für die Kinder und Jugendlichen
in unseren Pfarrgemeinden und im ganzen Land.
Lass sie Menschen begegnen,
die in ihrem Dasein für andere Sinn und Erfüllung finden.
Für unsere Verstorbenen.
Schenke ihnen ewige Freude und Leben in Fülle.
Du, Herr, hast dein Leben hingegeben,
um uns zu einem erfüllten Leben zu führen.
dir sei Dank und Lobpreis. Amen.
Renate Witzani (2017)
Jesu Nähe im gemeinsamen eucharistischen Mahl setzt sich in unserem Leben fort, wenn wir nach seinem Beispiel im Heute unserer Zeit für den Dienst an unseren Schwestern und Brüdern bereit sind.
Durch ihn lasst uns den Vater bitten:
Wandle unsere Enge in deine Weite und hilf uns, im Vertrauen auf deine Nähe an einer geschwisterlichen Kirche bauen.
Wandle unsere Angst vor der Zukunft in Tatkraft und Hoffnung für eine Welt, die allen genügend Ressourcen zum Überleben bietet.
Wandle alle Gefühlskälte und Rechthaberei in mitfühlende Zuwendung, die alle, die Hilfe brauchen, auch annehmen können.
Wandle unseren unstillbaren Hunger nach immer mehr Besitz und Macht in Dankbarkeit für alle Gaben, die uns die Liturgie der kommenden Tage zeichenhaft nahe bringt.
Wandle unsere Angst vor Tod und Sterben in die Hoffnung auf ewiges Leben in deiner Gegenwart.
Wir preisen dich, den allmächtigen Vater, deinen Sohn, unseren Erlöser, und den Heiligen Geist, der uns als Beistand geschenkt ist, jetzt und allezeit. - Amen.
Manfred Wussow (2016)
Du, Herr, hast deinen Jüngern die Füße gewaschen.
Als Sklave, als Knecht hast du ihnen gedient.
Du dienst uns mit deiner Liebe.
Darum bitten wir dich:
Für die Menschen, die auf der Flucht sind,
zu Fuß ihre Habseligkeiten schleppen
und eine neue Heimat bei uns suchen.
Wir rufen zu dir:
Herr, richte unsere Füße auf den Weg des Friedens
Für die Menschen, die von Terror heimgesucht werden,
die keinen Weg mehr unter ihren Füßen spüren
und zwischen Angst und Trauer ihre Stimme verlieren.
Für die Menschen, die von Hass verblendet sind,
die in ihrer Wut kein Maß mehr kennen
und sich mit dem Tod gegen das Leben verbünden.
Für die Menschen, die sich für andere einsetzen,
Tag und Nacht in Krankenhäusern, Pflegeheimen und Hospizen arbeiten
und in Schulen und Kindergärten Kinder und Jugendliche begleiten.
Für die Menschen, die politische Verantwortung gesucht und gefunden haben,
die in den Medien präsent sind
und der Sprache der Gewalt die Stimme des Friedens entgegensetzen.
Herr,
in der Nacht, in du verraten wirst, feierst du mit uns das Mahl.
Nicht als Herr begegnest du uns,
in deiner Liebe machst du dich klein und uns groß.
Schenke uns einen festen und mutigen Schritt
auf dem Weg des Friedens. – Amen.
Renate Witzani (2016)
Lasst uns zu Christus, unserem Herrn beten
und unser Herz für das Geheimnis seines Lebens und Sterbens öffnen:
Herr, dein Beispiel dienender Liebe an allen Aposteln helfe deiner Kirche auf dem Weg, die gleiche Würde aller ihrer Glieder aufgrund der Taufe zu verwirklichen.
Herr, dein Beispiel dienender Liebe an allen Aposteln, helfe allen Menschen, die sich durch die Flüchtlingsbewegung des letzten Jahres ihren gemeinsamen Lebensraum teilen müssen, einander in Respekt und Achtung zu begegnen.
Herr, dein Beispiel dienender Liebe an allen Aposteln, helfe uns, an einer Gesellschaft mitzubauen, die die Jugend mit ihren Lebensvisionen zu verstehen und die Alten mit ihrer Lebenserfahrung anzuerkennen versucht.
Herr, dein Beispiel dienender Liebe an allen Aposteln, erfasse alle unsere sozialen und beruflichen Beziehungen und mache uns zu Menschen, die einander dienen und nicht beherrschen wollen.
Herr, dein Beispiel dienender Liebe an allen deinen Aposteln, stärke unseren Glauben an deine Barmherzigkeit in unserer eigenen Sterbestunde und für unsere Verstorbenen.
Herr, du schenkst uns Anteil an deiner Liebe.
Lass diese deine Liebe in uns wachsen und wirksam werden,
sodass sich dein Licht im Dunkel unserer Welt ausbreitet.
Das erbitten wir vom Vater durch dich, der sich für uns hingegeben hat. - Amen.
Renate Witzani (2015)
Beim Mahl mit seinen Jüngern gibt uns Christus ein Beispiel dienender Liebe.
Lasst uns durch ihn den Vater bitten:
Um die Gaben des Heiligen Geistes,
wenn deine Kirche Ratlosigkeit befällt.
Um Dialogbereitschaft und Sehnsucht nach Einheit
zwischen den christlichen Kirchen.
Um die Bereitschaft zum Teilen,
wenn Überfluss auf Not und Armut trifft.
Um Trost für alle, die aufgrund ihrer Lebenssituation um die Hilfe anderer bitten müssen.
Um die Gemeinschaft mit dir an deinem Mahl
für unsere Verstorbenen.
Christus hat uns ein Beispiel gegeben,
an dem wir unser Handeln und Wollen ausrichten können.
Durch ihn bitten wir dich, dass wir seine dienende Liebe in unserer Zeit verwirklichen können und so zu Zeugen seines Sterbens und seiner Auferstehung werden. - Amen.
Hans Hütter (2014)
Guter Gott und Vater,
du hast deinen Sohn nicht geschont,
und dein Sohn Jesus Christus hat sich selbst nicht geschont,
um uns deine Liebe erfahrbar zu machen.
Dich bitten wir:
Für alle Menschen, denen die Last ihres Lebens zu schwer geworden ist.
Gib ihnen die Kraft und die Bereitschaft, sich von dir führen zu lassen.
Für alle Menschen, die Angst haben, in ihrem Leben zu kurz zu kommen.
Befähige sie, Liebe zu schenken, und darin Erfüllung zu finden.
Für alle Menschen, die sich in unseren Pfarr- und Gottesdienstgemeinden
oder in kirchlichen Organisationen engagieren.
Lass ihren Einsatz Frucht bringen und belohne sie mit Zufriedenheit.
Für alle Priester, Diakone und Bischöfe.
Befähige sie zum selbstlosen Dienst,
der deine Liebe und Sorge für alle Menschen sichtbar und spürbar macht.
Für alle Menschen, die sich im Dienst an Kindern und Jugendlichen verausgaben.
Schenke ihnen vielfach zurück, was sie anderen Menschen geben.
Für alle Frauen und Männer, die dafür Sorge tragen,
dass unserer Gottesdienste für viele Menschen zu einer Quelle der Kraft werden.
Guter Gott,
wir danken dir für die Liebe,
die du uns in deinem Sohn Jesus Christus entgegengebracht hast.
Dir sei Ehre und Preis in Ewigkeit.
Sozialreferat der Diözese Linz (2013)
Gütiger Gott, dein Sohn ist jetzt mitten unter uns.
Zusammen mit ihm bitten wir dich:
Für die christlichen Kirchen,
dass der Wunsch das Abendmahl gemeinsam zu feiern, so stark wird,
dass die Trennung überwunden werden kann.
Für alle die hungern und nicht einmal sauberes Trinkwasser haben,
dass wir uns für sie einsetzen.
Für alle, die sich einsam und verloren fühlen,
dass immer wieder Menschen auf sie zugehen und ihnen Zeit schenken.
Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Caritas.
Lass ihnen bewusst werden, dass sie deine Liebe zu den Bedürftigen tragen.
Für alle, die wir ausgrenzen und herablassend behandeln,
dass wir ihre Würde anerkennen und unser Verhalten ihnen gegenüber verändern.
Für die Mächtigen in der Kirche,
dass sie den Mut haben, die Kirche so zu verändern, dass sie barmherzig und einladend den Menschen dient.
Für unsere Verstorbenen.
Lass sie Teilhaben am himmlischen Hochzeitsmahl.
Gott wir trauen dir, wir glauben, dass du uns hörst und nach deinem Willen erhörst. Amen.
Claudia Simonis-Hippel (2013)
Guter Gott,
Jesus hat uns ein Beispiel gegeben, wie wir einander dienen können,
damit seine Liebe in der Gemeinschaft aller Menschen weiterlebt.
Wir bitten dich:
Für die Verantwortlichen in hohen Positionen von Gesellschaft, Kirche und Staat: Lass sie ihre Aufgaben als Dienst an den Menschen verstehen.
Für die im Dienstleistungsbereich Tätigen:
Schenke ihnen Freude im Beruf und lass sie Anerkennung erfahren.
Für alle, die ihre eigenen Bedürfnisse zurückstellen,
um für Kranke, alte Menschen und kleine Kinder da zu sein:
Gib auch ihnen selber Menschen, die ihnen Gutes tun.
Für alle Menschen, denen es schwer fällt,
auf andere angewiesen zu sein und Hilfe anzunehmen:
Lass sie inneren Frieden finden.
Für die Unterwürfigen, die anderen in falsch verstandener Demut dienen:
Lass sie erfahren, dass sie um ihrer selbst willen wertvoll sind.
Für uns selber: Hilf uns, immer mehr beide Seiten zu leben -
dienen und selber den Dienst an uns annehmen zu können.
Darum bitten wir dich durch Jesus Christus,
unseren Bruder und Herrn. Amen.
© Claudia Simonis-Hippel, in: Bernhard Krautter/Franz-Josef Ortkemper (Hg.), Gottes Volk Lesejahr B/2009. Verlag Katholisches Bibelwerk, Stuttgart 2009
Klemens Nodewald (2013)
Herr Jesus Christus,
mit deinem Leben hast du uns ein Beispiel gegeben,
wie wir einander begegnen sollen.
Wir bitten dich:
Stärke und mehre in uns die Liebe zu allen Menschen.
Christus, höre uns.
Öffne uns die Augen für Situationen,
wo gerade unsere Liebe und Hilfe gefragt ist.
Christus, höre uns.
Schenke uns die Kraft, einander zu vergeben,
wenn wir aneinander schuldig geworden sind.
Christus, höre uns.
Richte auf, die sich in ihrer Liebe verausgabt haben
und jetzt selbst Hilfe benötigen.
Christus, höre uns.
Bewege alle, in deren Hände besondere Verantwortung gelegt wurde,
ihre Aufgaben in Treue und mit Herz zu erfüllen.
Christus, höre uns.
Stehe bei den Sterbenden
und nimm die Verstorbenen auf in die Gemeinschaft mit dir.
Christus, höre uns.
Herr Jesus Christus,
in Liebe bist du uns Menschen begegnet.
Zur Liebe willst du uns immer wieder verhelfen.
Wir danken dir für deine Gnade, die du uns reichlich schenkst.
Freunde hast du uns genannt.
Die möchten wir sein und für immer bleiben. Amen.
Gabi Ceric (2011)
Gott,
du hast den Menschen geschaffen als dein Ebenbild.
Du hast ihn befähigt, Liebe zu empfangen und weiterzugeben.
Zu dir kommen wir mit unseren Anliegen:
Für alle Kinder, die sich mit ihren Familien auf die Erstkommunion vorbereiten.
Für alle ehrenamtliche Mitarbeitenden in unseren Pfarreien.
Für alle Menschen, die auf unterschiedliche Art und Weise anderen dienen, für die Helferinnen der mobilen Pflege, für die Pflegenden in den Altersheimen und Krankenhäusern.
Für alle betagten Menschen, die zuhause die Gottesdienste mitfeiern und die Heimkommunion empfangen.
Für jene Menschen, die anderen Vorbild sind und Zeugnis mit ihrem Leben und Glauben geben.
Für alle verstorbenen Seelsorger, Religionslehrkräfte, Eltern und Grosseltern.
Lass uns füreinander da sein, lass uns immer wieder Anteil haben an den Zeichen deiner Nähe und Liebe. Erhöre unser Gebet - durch Christus, unseren Herrn. Amen.
Norbert Riebartsch (2010)
Beten wir mit Jesus zu Gott, unserem Vater,
für das Heil derer, die auf unser Gebet vertrauen:
Vater, bewahre ihnen deine Liebe.
Dein Sohn hat den Jüngern die Füße gewaschen:
lass uns an jene denken, die keine Fürsorge erfahren.
Dein Sohn hat Petrus die Wahrheit erkennen lassen:
lass die Irrenden Menschen begegnen,
die für die Wahrheit einstehen.
Dein Sohn hat den Verrat eines seiner Jünger ertragen:
stärke die Menschen, die einen Vertrauensbruch erlitten haben.
Dein Sohn hat mit den Jüngern das Mahl der Erinnerung gefeiert:
sei bei jenen, denen jedes Mahl fremd geworden ist.
Dein Sohn hat diesem Mahl eine neue Bedeutung gegeben
begleite die Kommunionkinder auf ihrem Weg zur Erstkommunion.
Dein Sohn ist nach dem Mahl mit seinen Jüngern den Weg des Kreuzes und des Todes gegangen.
Sei bei jenen, die in diesen Tagen sterben.
Sei so bei den Menschen, wie du es immer warst
und wie wir es für all jene hoffen,
die wir dir anvertraut haben. Amen.
- Gabengebet1
Messbuch - GG Gründonnerstag: Werk der Erlösung
Herr,
gib, daß wir das Geheimnis des Altares ehrfürchtig feiern;
denn sooft wir die Gedächtnisfeier dieses Opfers begehen,
vollzieht sich an uns das Werk der Erlösung.
Durch Christus, unseren Herrn.
MB Gründonnerstag
- Gebet zur Gabenbereitung2
Norbert Riebartsch (2010)
Herr,
Brot und Wein - wie damals.
Eine staunende Schar, die an dich glaubt - wie damals.
Gib du diesen Gaben Segen - wie damals.
Dann werden wir deine Kraft spüren - wie damals.
So bitten wir dich, Christus, unseren Herrn. Amen.
Manfred Wussow (2021) - Passamahl
In der Nacht, in der du, Herr, verraten wurdest,
hast du mit den Menschen, die dir nahe waren,
das Passamahl gefeiert
mit Brot und Wein.
Du hast gesagt,
es sei dein Leib, dein Blut.
Wir bringen dir Brot und Wein,
unsere Schuld,
unsere Träume,
unsere Liebe.
Wenn wir an dich denken,
bist du mitten unter uns.
Du schenkst uns
deinen Leib, dein Blut,
deine Liebe.
Christus, unser Herr!
- Präfation2
Messbuch - Präfation Eucharistie 1: Die Eucharistie als Opfer Christi und Opfer der Kirche
In Wahrheit ist es würdig und recht,
dir, Herr, heiliger Vater,
allmächtiger, ewiger Gott,
immer und überall zu danken
durch unseren Herrn Jesus Christus.
Als der wahre und ewige Hohepriester
hat er die Feier eines immerwährenden Opfers gestiftet.
Er hat sich selbst als Opfergabe dargebracht
für das Heil der Welt
und uns geboten,
daß auch wir diese Gabe darbringen zu seinem Gedächtnis.
Er stärkt uns,
wenn wir seinen Leib empfangen,
den er für uns geopfert hat.
Er heiligt uns,
wenn wir sein Blut trinken,
das er für uns vergossen hat.
Darum singen wir mit den Engeln und Erzengeln,
den Thronen und Mächten und mit all den Scharen
des himmlischen Heeres
den Hochgesang von deiner göttlichen Herrlichkeit:
Heilig ...
MB Eucharistie 1
Messbuch - Präfation Eucharistie 2: Abendmahl Christi und Eucharistiefeier der Gläubigen
In Wahrheit ist es würdig und recht,
dir, Herr, heiliger Vater, allmächtiger, ewiger Gott,
immer und überall zu danken
durch unseren Herrn Jesus Christus.
Denn er hat beim Lezten Abendmahl
das Gedächtnis des Kreuzesopfers gestiftet
zum Heil der Menschen bis ans Ende der Zeiten.
Er hat sich dargebracht als Lamm ohne Makel,
als Gabe, die dir gefällt,
als Opfer des Lobes.
Dieses erhabene Geheimnis heiligt
und stärkt deine Gläubigen,
damit der eine Glaube
die Menschen der einen Erde erleuchte,
die eine Liebe sie alle verbinde.
So kommen wir zu deinem heiligen Tisch,
empfangen von dir Gnade um Gnade und
werden neu gestaltet nach dem Bild deines Sohnes.
Durch ihn rühmen dich Himmel und Erde,
Engel und Menschen und
singen wie aus einem Munde
das Lob deiner Herrlichkeit:
Heilig ...
MB Eucharistie 2
- Einleitung zum Vater unser1
Norbert Riebartsch (2010) - Einleitung zum Vater Unser:
Jesu Sicht auf seine Jünger war immer die Perspektive des Vaters.
Was er für die Jünger empfand, wollte er ihnen geben.
So lasst uns zu diesem Vater rufen:
Einleitung zum Friedensgebet:
Herr, in den Zeichen der Liebe bist du deinen Jüngern so nahe gekommen,
dass sie darin deinen Frieden in Fülle spüren konnten.
Bevor auch wir nun in der Eucharistie deiner Liebe begegnen,
bitten wir dich:
Schaue nicht auf unsere Sünde. . .
- Mahlspruch1
Bibel
Niemand hat eine größere Liebe,
als wer sein Leben hingibt für seine Freunde
(Joh 15,13)
Oder:
Ich habe euch ein Beispiel gegeben,
damit auch ihr so handelt wie ich an euch gehandelt habe,
spricht der Herr.
(Joh 13,15)
- Meditation3
Helene Renner (2022) - Du hast dich an die Menschen ausgeteilt
Am Ende deines öffentlichen Wirkens
und am Beginn deines Leidens
hast du, Jesus
mit den Männern und Frauen
die dir nachgefolgt sind
Mahl gehalten
Du hast Brot und Wein mit ihnen geteilt
so wie du dein ganzes Leben geteilt hast
dich hingegeben hast für die Menschen
Du hast uns gezeigt
dass dein Handeln
Zeichen ist für den Wein des Lebens
dass deine Worte Zeichen sind
für das Brot
das wahres Leben ermöglicht
Du hast dich an die Menschen ausgeteilt
in Brot und Wein
und gesagt: ich bin bei euch
Du wurdest für uns Menschen
Brot und Wein
Leben in Fülle
Helene Renner (2021) - Wasche mich, Gott
Wasche mich, Gott
mit dem Wasser des Lebens
Wasche mich, Gott
mit dem Wasser des Friedens
Wasche mich, Gott
mit dem Wasser der Liebe
Wasche mich, Gott
mit dem Wasser deiner Gegenwart
Wasche mir die Füße, Gott
damit ich wieder Boden unter ihnen fühle
Wasche mir die Füße, Gott
damit ich den Staub der Oberflächlichkeit ablege
Wasche mir die Füße, Gott
damit ich die rechten Wege gehe
Wasche mich, Gott
mit deinem Wasser
Das genügt
um rein zu sein
Helene Renner (2020) - Jesus wurde wie ein Sklave
... und Jesus wurde wie ein Sklave
und den Menschen gleich
Er erniedrigte sich
und bückte sich tief hinab
ganz tief nach unten
und machte sich die Finger schmutzig
Er wusch seinen Jüngern die Füße
die Füße - nicht den Kopf
und so gab er uns ein Beispiel
in dem er sich so tief bückte
stand er gerade
stand für etwas
für jemand
für Gott
Er machte sichtbar
Gott sucht uns Menschen
Er geht uns nach
auch wenn wir ganz unten sind -
ja,
auch gerade da
- Schlussgebet1
Messbuch - SG Gründonnerstag: Sättige uns mit dem ewigen Leben
Allmächtiger Gott,
du hast uns heute
im Abendmahl deines Sohnes gestärkt.
Sättige uns beim himmlischen Gastmahl
mit dem ewigen Leben.
Darum bitten wir durch ihn, Christus, unseren Herrn.
MB Gründonnerstag
- Gebet zum Abschluss2
Manfred Wussow (2021)
Nach dem Mahl, bist du, Herr,
in den Garten Gethsemane gegangen.
Du hast mit deinem Vater gerungen:
„Lass doch diesen Kelch an mir vorübergehen.“
Deine Jünger sind eingeschlafen.
Du bist zu ihnen gegangen,
aber sie konnten nicht mit dir wachen.
Wenn wir in die Nacht des Zweifels
und der Angst geraten,
wenn wir keine Kraft mehr haben
und keinen Mut,
dann schenke uns deine Nähe.
Hilf uns, auch die schweren Zeiten,
die wir gerade erleben,
geduldig durchzustehen,
ein Lächeln für einander zu haben
und in der Gemeinschaft mit dir
Hoffnung zu teilen.
In Christus, dem Freund aller Menschen,
Bruder aller Verlorenen,
Herren aller Welt.
Beatrix Senft (2021)
Herr, Jesus Christus,
in der Feier des Mahles mit Brot und Wein,
in der Feier der Liebe und Versöhnung,
hast du uns Teilhabe geschenkt mit dir
und uns zur Gemeinschaft gerufen mit allen Schwestern und Brüdern.
Wir danken dir dafür und bitten dich,
lass unser Leben immer wieder Stärkung erfahren durch dich,
damit wir dich, den Vater und den Hl. Geist, mutig bezeugen,
heute und für alle Zeit. – Amen.
- Segen1
Norbert Riebartsch (2010)
Es segne euch Gott der Vater,
der seinen Sohn zur Rettung der Menschheit gesandt hat. Amen!
Es segne euch Gott der Sohn,
der den Weg der Liebe konsequent gegangen ist. Amen!
Es segne euch Gott der Heilige Geist,
der alle stützen kann, die ihren Weg suchen. Amen!
Und der Segen des allmächtigen Gottes,
des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes,
schenke euch eine Verbundenheit mit ihm und untereinander. Amen.
- Sonstiges3
Claudia Simonis-Hippel (2013)
Hinführung zur Ersten Lesung (Ex 12,1-8.11-14):
Die erste Lesung erinnert uns an das letzte Mahl, das die Israeliten noch in ägyptischer Gefangenschaft hielten. Es war schon geprägt von der Hoffnung auf Befreiung. Die Erinnerung daran, wie auf dieses erste Pessachmahl die Rettung aus der Knechtschaft folgte, schenkt uns Zuversicht, mit Gottes Hilfe freier von unseren eigenen Fesseln, Abhängigkeiten und Grenzen zu werden.
Hinführung zur Zweiten Lesung (1 Kor 11,23-26):
Paulus überliefert einen alten Bericht vom letzten Abendmahl Jesu. Bis zum heutigen Tag lassen diese Worte in jeder Eucharistiefeier die Gemeinschaft Jesu mit seinen Jüngern und mit uns lebendig werden.
Hinführung zum Evangelium:
Beim letzten Abendmahl Jesu denken wir sicher zuerst an die Zeichen von Brot und Wein. Der Evangelist Johannes stellt aber eine ganz andere Handlung in den Mittelpunkt: die Fußwaschung. Ein ungewöhnliches Vermächtnis, das Jesus da seinen Jüngern zum Abschied macht.
© Claudia Simonis-Hippel, in: Bernhard Krautter/Franz-Josef Ortkemper (Hg.), Gottes Volk Lesejahr B/2009. Verlag Katholisches Bibelwerk, Stuttgart 2009
Gabi Ceric (2011)
Ölbergwache
Hinführung:
Es gibt manche Wege, die geht der Mensch umsonst. Wozu das alles?
Oft bemerkt man es erst, wenn man schon ein Stück des Weges gegangen ist.
Es gibt Wege, die man nur ungern geht, die man sich am liebsten ersparen würde.
Wege, die aber sein müssen, die man gehen muss.
Es gibt Wege, die man auf sich nimmt, weil man weiss, was einem am Ende des Weges erwartet.
Jesus ging den Weg vom Zion zum Ölberg. Der Weg war ihm vertraut. Die Tage zuvor war er oft unterwegs in den Bergen Jerusalems; am Tempelberg, am Zionsberg, am Ölberg, am Berg des Zornes. Und er wusste, was ihn in jener Nacht erwarten sollte, dort am Ende dieses Weges.
Wir gehen heute Abend mit ihm den Weg vom Zion zum Fusse des Ölberges.
Auch wenn der Weg heute anders aussieht, bleibt es Jesu Weg.
Wo er gegangen ist, gehen wir heute mit.
Wo er verweilt hat, halten wir heute inne.
Wie er gebetet hat, beten auch wir ...
Bilder des Weges vom Abendmahlsaal zum Ölberg - währenddessen Instrumentalmusik
Meditation:
Jesus - ein Mensch:
gelacht, geweint, gebetet, geteilt, geglaubt, gehofft und geliebt.
Jesus - Gottes Sohn:
zugehört, verziehen, aufgerichtet , überzeugt und sich selbst treu geblieben.
Jesus - ein Mensch:
Freunde gehabt, einen liebenden Gott verkündet, geheilt, gepredigt und konsequent seinen Weg gegangen.
Jesus - Gottes Sohn:
voll Geist, die Einsamkeit gesucht, Feste gefeiert und Mensch geblieben.
Jesus - ein Mensch:
sinnlose Gesetze übertreten, provozierend, aufrüttelnd, herausfordernd, geliebt und gehasst.
Jesus - Gottes Sohn:
Kranke geheilt, Feinden verziehen, Wunder gewirkt, Ausgegrenzte umarmt, Kinder gesegnet, Sünden vergeben, Brot geteilt.
Jesus - ein Mensch:
aussergewöhnlich, einmalig, ungewöhnlich, unglaublich, geheimnisvoll.
Jesus - ein Mensch, der konsequent seinen Weg gegangen ist - bis zum Schluss.
(Verfasser unbekannt)
Lied: KG 202 - "Wer leben will, wie Gott auf dieser Erde" (mit Vorsängerin)
Geistliche Lesung:
Gertrud von Le Fort, 1876 – 1971:
Nicht nur der lichte Tag, auch die Nacht hat ihre Wunder.
Es gibt Blumen, die nur in der Wildnis gedeihen,
Sterne, die nur am Horizont der Wüste erscheinen.
Es gibt Erfahrungen der göttlichen Liebe,
die uns nur in der äussersten Verlassenheit,
ja am Rande der Verzweiflung geschenkt werden.
(Stille)
Psalmengebet:
Psalm 143 - KG 649 (abwechselnd)
V/A: Herr, deinen Willen lehre mich tun (aus Psalm 143)
V: Wenn ich nicht weiss, was recht ist und was nicht ...
A: Herr, deinen Willen lehre mich tun.
- Wenn Menschen mir Böses antun ...
- Wenn ich nicht mehr weiterweiss ...
- Wenn meine Mühen vergeblich und mein Leben sinnlos scheinen ...
- Wenn Schmerz mich lähmt und Einsamkeit mich heimholt ...
- Wenn Angst und Zweifel mich überkommen ...
- Wenn ich mich nach Hilfe sehne ...
V: Denn, wer auf dich, o Herr, vertraut,
wird nicht verlorengehen.
Du kannst Not und Unheil wenden
und führst alles zum Guten.
Wie Jesus in seiner Ölbergnacht vertrauen auch wir dir
und gehen den Weg zum Leben.
Dir sei Lob und Preis.
Durch Christus, unseren Herrn. Amen.
Schlusslied: KG 150,1-3 Wenn wir jetzt weitergehen
Gabi Ceric (2011)
Evangelium in verteilten Rollen:
Joh 13, 1-15
Evangelist: Es war vor dem Paschafest. Jesus wusste, dass seine Stunde gekommen war, um aus dieser Welt zum Vater hinüberzugehen. Da er die Seinen, die in der Welt waren, liebte, erwies er ihnen seine Liebe bis zur Vollendung. Es fand ein Mahl statt, und der Teufel hatte Judas, dem Sohn des Simon Iskariot, schon ins Herz gegeben, ihn zu verraten und auszuliefern.
Jesus, der wusste, dass ihm der Vater alles in die Hand gegeben hatte und dass er von Gott gekommen war und zu Gott zurückkehrte, stand vom Mahl auf, legte sein Gewand ab und umgürtete sich mit einem Leinentuch. Dann goss er Wasser in eine Schüssel und begann, den Jüngern die Füße zu waschen und mit dem Leinentuch abzutrocknen, mit dem er umgürtet war.
Als er zu Simon Petrus kam, sagte dieser zu ihm:
Simon Petrus: Du, Herr, willst mir die Füße waschen?
Jesus: Was ich tue, verstehst du jetzt noch nicht; doch später wirst du es begreifen.
Petrus entgegnete ihm:
Simon Petrus: Niemals sollst du mir die Füße waschen!
Jesus: Wenn ich dich nicht wasche, hast du keinen Anteil an mir.
Simon Petrus: Herr, dann nicht nur meine Füße, sondern auch die Hände und das Haupt.
Jesus: Wer vom Bad kommt, ist ganz rein und braucht sich nur noch die Füße zu waschen. Auch ihr seid rein, aber nicht alle.
Evangelist: Er wusste nämlich, wer ihn verraten würde; darum sagte er: Ihr seid nicht alle rein. Als er ihnen die Füße gewaschen, sein Gewand wieder angelegt und Platz genommen hatte, sagte er zu ihnen:
Jesus: Begreift ihr, was ich an euch getan habe? Ihr sagt zu mir Meister und Herr, und ihr nennt mich mit Recht so; denn ich bin es. Wenn nun ich, der Herr und Meister, euch die Füße gewaschen habe, dann müsst auch ihr einander die Füße waschen. Ich habe euch ein Beispiel gegeben, damit auch ihr so handelt, wie ich an euch gehandelt habe.
Danksagung
Text und Musik von Reinhard Burchhardt 2024.
Liedblatt mit Noten zum Herunterladen
Text: Paul Weismantel, Musik: Reinhard Burchhardt
Das Größte ist die Liebe
Mich hat die Fußwaschung immer beeindruckt: der Herr und Meister, der sich auf den Boden hinunter begibt um den Dienst eines Sklaven oder einer Sklavin zu tun – und so zu zeigen, wie Gottes Liebe gemeint ist: Dienst am Nächsten. Nicht mehr – aber eben auch nicht weniger. Es geht nicht darum, wer Herr ist und wer Knecht. Es geht einfach nur darum, wie man miteinander umgeht. Das Größte aber ist die Liebe.
Edith Furtmann 2024
Ein musikalischer Wegbegleiter von Palmsonntag bis nach Ostern
8 Lieder von Reinhardt Burchhardt
mit Noten
im PDF-Format zum Herunterladen:
Wir loben dich
Jesu Einzug in JerusalemDas letzte Abendmahl
Erinnerung an das letzte Abendmahl Jesu mit seinen JüngernÜberall ist Golgatha
Die Leiden Jesu Christi und dieser Welt heute sind einsDas Kreuz des Jesus Christus
Zur MeditationDeinen Tod o Herr verkünden wir
Lobpreis für den Überwinder des TodesLied vom Ostermorgen
Befreiung zum NeubeginnDer Herr sei mit euch
Gruß der Jünger Jesu – heuteWelcher Engel wird uns sagen
Für eine ganz persönliche Auferstehung
(c) Reinhard Burchhardt
Seht hin, er ist allein im Garten
Jesus in Gethsemane:
Seht hin, er ist allein im Garten. Er fürchtet sich in dieser Nacht, weil Qual und Sterben auf ihn warten und keiner seiner Freunde wacht.
Du hast in Angst auf dich genommen, du hast erlebt, wie schwer das ist.
Wenn über uns die Ängste kommen, dann sei uns nah, Herr Jesus Christ
Die Gefangennahme:
Seht hin, sie haben ihn gefunden. Sie greifen ihn. Er wehrt sich nicht. Dann führen sie ihn fest gebunden dorthin, wo man sein Urteil spricht
Du ließest dich in Bande schlagen, dass du uns gleich und hilflos bist.
Wenn wir in unsrer Schuld verzagen, dann mach uns frei, Herr Jesus Christ!
Vor dem Hohen Rat:
Seht hin, wie sie ihn hart verklagen, man schlägt und spuckt ihm ins Gesicht und will von ihm nur Schlechtes sagen. Und keiner ist, der für ihn spricht!
Wenn wir an andern schuldig werden und keiner unser Freund mehr ist,
wenn alles uns verklagt auf Erden, dann sprich für uns, Herr Jesus Christ!
Vor Pilatus:
Seht , wie sie ihn mit Dornen krönen, wie jeder ihn verspotten will, wie sie ihn schlagen und verhöhnen. Und er, er schweigt zu allem still.
Du leidest Hohn und Spott und Schmerzen – und keiner, der voll Mitleid ist:
wir haben harte, arme Herzen. Erbarme dich, Herr Jesus Christ!
Fußwaschung
Die erste Fußwaschung von Weltrang überliefert Homer: Odysseus, den Staub von 20 Jahren Krieg und Irrfahrt an den Sohlen, kehrt als Bettler getarnt in sein Haus zurück, das prassende Freier belagern. Gattin Penelope trägt der alten Dienerin Eurykleia auf, dem Fremden die Füße zu waschen, und sie erkennt an einer Narbe ihren ehemals jungen Herrn. Die Rache an den Freiern nimmt ihren Gang, alles wird gut.
Füße waschen war in der Antike Sklavensache
Füße waschen war in der Antike Sklavensache. Roms Kaiser Caligula gab seiner Verachtung für die Senatoren dadurch Ausdruck, dass er die Würdenträger mit Schürzchen und Handtuch zu Tisch bat. Weniger gehässig, aber ebenfalls als Zeichen der Geringachtung heißt es in den Psalmen, dass Gott das verfeindete Nachbarland Israels zum "Waschbecken für seine Füße" macht.
Auch das Handeln Jesu an seinen Jüngern war in dem Sinn Sklavendienst und Ehrfurchtserweis. Daher die bestürzte Abwehr des Petrus: "Niemals sollst du mir die Füße waschen!" Der Evangelist Johannes, der diese Episode als einziger überliefert, erzählt die Begebenheit an der Stelle, an der die anderen drei Evangelien die Einsetzung des Abendmahls berichten. Das ist ein Schlüssel zur Deutung: Die Fußwaschung symbolisiert die gleiche dienende Liebe Jesu wie die zeichenhafte Selbsthingabe in Brot und Wein. Trotzdem rätselten Theologen lange Zeit, welche Lehren daraus zu ziehen seien.
Erst der Mailänder Bischof Ambrosius (339-397) sah die Fußwaschung als eine Art Sakrament: Er ließ sie während der Tauffeiern praktizieren und begründete den Ritus mit einem Verweis auf die Sündenfallgeschichte des Alten Testaments: Der Körperteil, nach dem die böse Schlange schnappt, nämlich die Ferse, muss von der Sünde gereinigt werden. Rom schloss sich dieser Deutung nicht an, und Ambrosius bekannte freimütig, dass er in diesem Punkt "den Gehorsam verweigert".
Gebot der Demut
Als Gebot der Demut hielt die Fußwaschung dennoch zögerlich in Kirchen und Klöstern Einzug. Wer am Gründonnerstag Fremden diesen Dienst verweigere, begehe eine schwere Sünde, urteilte Erzbischof Caesarius von Arles (um 470-542). Eine Synode von Toledo ordnete 694 an, dass Bischöfe ihren Mitbrüdern die Füße waschen und sie bewirten sollten. Die Strafsanktion für Nichtbefolgung - zwei Monate Exkommunikation - lässt durchblicken, dass die Kirchenoberen der Anregung eher widerwillig folgten.
Doch spätestens seit dem Hochmittelalter gilt die Feststellung des Münsteraner Kirchenhistorikers Arnold Angenendt: "Das Gebot der Fußwaschung - vielfach nur kurz mandatum genannt - hat auf vielfältige Weise Gehör gefunden." Und das keineswegs nur im klerikalen Umfeld. So führte Kaiser Karl V. im Deutschen Reich zu Reformationszeiten diesen Brauch ein. Andere Herrscherhäuser griffen ebenfalls darauf zurück. Im Englischen verdankt der Gründonnerstag der Fußwaschung sogar seinen Namen: "Maundy Thursday" leitet sich von dem Deutewort Jesu her: "mandatum novum do vobis" - "Ein neues Gebot gebe ich euch: Liebt einander!"
In Bayern kamen jedes Jahr zwölf der ältesten Bewohner des Königreichs - ausgewählt durch den Oberhofmeisterstab - in den Genuss einer Fußwaschung durch den amtierenden Monarchen. Die Nächstenliebe hatte allerdings Grenzen: Den Anmeldungen musste unter anderem ein amtsärztliches Zeugnis über die "Rüstigkeit des Gesuchstellers" beiliegen, mit dem bescheinigt werden sollte, "dass derselbe mit keinem Fußleiden behaftet ist". Hausierer Anton Adner scheint alten Chroniken zufolge alle Vorgaben erfüllt zu haben. Er nahm im gesegneten Alter von 113 und 114 Jahren gleich zweimal an der Zeremonie teil. Und soll bei dieser Gelegenheit sogar noch den Turm der Münchner Frauenkirche bestiegen haben.
Burkhard Jürgens und Joachim Heinz, in: https://www.domradio.de/nachrichten/2011-04-21/eine-kleine-kulturgeschichte-der-fusswaschung
Lied: Das Letzte Abendmahl
Lied: Reinhard Burchhardt, Das letzte Abendmahl
© LIEDERLAND Musikverlag GbR.
aus: "Von Palmsonntag bis nach Ostern - ein musikalischer Wegbegleiter". Warburg 2006.
Für euch
Für euch -
spricht Jesus:
Das ist mein Leib -
für euch
Das ist mein Blut -
für euch
Das ist meine Fußwaschung -
für euch
Das ist mein Gottesdienst -
für euch
Das ist meine Liebe -
für euch
Das ist meine Einsamkeit -
für euch
Das ist meine Angst -
für euch
Das ist mein Leiden -
für euch
Das ist mein Sterben -
für euch
Das ist mein Leben -
für euch
Das bin ich -
für euch
Helene Renner, Stillwerden und beten, Kommuniongedanken. Hrsg. Pastorale Dienste der Diözese St. Pölten. 2016.
Das Dunkel will nicht weichen
Die Stunden der Nacht
ziehen endlos dahin
Das Dunkel
will nicht weichen
das Grauen will nicht enden
Es wächst die Angst
und lässt mich erstarren
Einsam und verlassen
hilflos und ausgeliefert
schreie ich zum Himmel
Wo sind sie alle
wo bist du Gott
Hilf mir heraus
und befreie mich
aus meiner Not
Lass es endlich Tag werden
die dunkle Nacht
ist schon zu lang
nach Andrea Schwarz
Helene Renner, Stillwerden und beten, Kommuniongedanken. Hrsg. Pastorale Dienste der Diözese St. Pölten. 2016.
und das Mahl nimmt einen ganz anderen Verlauf
Wie mag es gewesen sein
damals
vor ca. 2000 Jahren
am Tag des Pessachfestes
Vorfreude
alle zusammen
mit ihrem Meister
feiern
sich aufmachen
alles besorgen
alles schön herrichten
gemeinsam
wie mag das gewesen sein
alle sind zusammen
und das Mahl
es nimmt einen ganz anderen Verlauf
alle zusammen
und doch
alles ganz anders
da wäscht der Meister die Füße
da spricht er vom Verrat
vom Tod
vom Teilen des Brotes
zu seinem Gedächtnis
vom Trinken des Kelches
als neuen Bund
wie mag das gewesen sein
vor 2020 Jahren
haben die JüngerInnen erspürt
was in ihrem Herrn und Meister
vor sich ging
alle zusammen
und doch –
vielleicht im Rausch des Feierns –
nichts erspürt
von der inneren Anspannung
in der Jesus sicherlich sein musste
nicht erahnt
dass dieser Tag
ein anderes Ende nehmen würde
aber auch nicht erahnen können
dass mit diesem Tag
der Weg
zu einem ganz neuen Anfang
gesetzt würde
und wir heute
2020 Jahre später
nichts
von gemeinsamen Feiern
jeder für sich
schauen auf das
was uns in der Heiligen Schrift
gesagt ist
kommen wir trotzdem an
so verlassen
wie wir uns vielleicht fühlen mögen
kommen wir gerade deshalb
dort an
können hören
und spüren
und der Sehnsucht folgen
wieder gemeinsam
mit all unseren Freunden
und vor allem
mit IHM
dieses Gedächtnis zu feiern
bald
wenn auch für uns
eine neue Zeit anbricht
im Glauben
und
nach Corona
Beatrix Senft, unveröffentlicht.
Du hast dich an die Menschen ausgeteilt
Am Ende deines öffentlichen Wirkens
und am Beginn deines Leidens
hast du, Jesus
mit den Männern und Frauen
die dir nachgefolgt sind
Mahl gehalten
Du hast Brot und Wein mit ihnen geteilt
so wie du dein ganzes Leben geteilt hast
dich hingegeben hast für die Menschen
Du hast uns gezeigt
dass dein Handeln
Zeichen ist für den Wein des Lebens
dass deine Worte Zeichen sind
für das Brot
das wahres Leben ermöglicht
Du hast dich an die Menschen ausgeteilt
in Brot und Wein
und gesagt: ich bin bei euch
Du wurdest für uns Menschen
Brot und Wein
Leben in Fülle
Helene Renner, Still werden und beten, Kommuniongedanken. Hrsg. Pastorale Dienste der Diözese St. Pölten, 2016.
Es fängt so mancher weise Mann
Es fängt so mancher weise Mann
ein gutes Werk zwar fröhlich an
und bringt's doch nicht zum Stande;
er baut ein Schloß und festes Haus,
doch nur auf lauterm Sande.
Verleihe mir das edle Licht,
das sich von deinem Angesicht
in fromme Seelen strecket
und da der rechten Weisheit Kraft
durch deine Kraft erwecket.
Gib mir Verstand aus deiner Höh,
auf daß ich ja nicht ruh und steh
auf meinem eignen Willen;
sei du mein Freund und treuer Rat,
was recht ist, zu erfüllen.
Ist's Werk von dir, so hilf zu Glück,
ist's Menschentun, so treib zurück
und ändre meine Sinnen.
Was du nicht wirkst, das pflegt von selbst
in kurzem zu zerrinnen.
Tritt du zu mir und mache leicht,
was mir sonst fast unmöglich deucht,
und bring zum guten Ende,
was du selbst angefangen hast
durch Weisheit deiner Hände.
Paul Gerhardt (1653), in: EG 497, 3.4.5.8.9
Ein Evangelium ohne vorsätzliche Judenfeindschaft
Das Johannesevangelium gilt als spätestes und judenfeindlichstes Evangelium. Neuere Forschungen zeigen aber, dass dem nicht so ist. Vielmehr wären judenfeindliche Übersetzungen zu korrigieren.
Pauschal wird den Juden, so scheint es, im Johannesevangelium die Fähigkeit zur Gotteserkenntnis abgesprochen (Joh 5,37; Einheitsübersetzung 2016):
„Auch der Vater selbst, der mich gesandt hat, hat über mich Zeugnis abgelegt. Ihr habt weder seine Stimme je gehört noch seine Gestalt gesehen.“ Der Neutestamentler Rudolf Bultmann schreibt hierzu in seinem einflussreichen Kommentar zum Johannesevangelium: „[...] den Juden ist Gott gänzlich verborgen; sie haben keinen Zugang zu ihm [...]. Die prätendierte Gotteserkenntnis der Juden ist also Lüge [...]; nicht etwa bloßer Irrtum, der auf Mangel an Informationen beruht, sondern Schuld, denn sie ist Verschlossenheit gegen Gott.“
Deutlich kommt hier eine große Distanz zwischen Judentum und Christentum zum Ausdruck. Aus solchen Passagen folgert man, das Johannesevangelium sei entstanden, als die junge Christenheit bereits deutlich vom Judentum zu unterscheiden war. Es gilt als spätestes und judenfeindlichstes Evangelium.
Judenchristliches Johannesevangelium
Um so überraschender scheint es, dass in der alten Kirche mit dem Johannesevangelium eine judenchristliche Identität verteidigt wurde, gerade dieses Evangelium diente dazu, den endgültigen Bruch zwischen Christentum und Judentum in Kleinasien hinauszuzögern. Polykrates von Ephesus verteidigte sich Ende des zweiten Jahrhunderts gegen römische Übergriffe. In Rom hatte man entschieden, die ursprüngliche christliche Osterpraxis zu ändern. Das christliche Osterfest war schließlich aus dem jüdischen Pesach entstanden, die ersten Christen waren Juden und feierten das Pesach-Fest. Die Anklänge an das jüdische Pesach sind noch heute in der Liturgie des Osterfestes nicht zu übersehen. Wie auch die Juden, die dieser Tage ihr Pesach feiern und des Auszugs aus dem ägyptischen Sklavenhaus gedenken, rufen auch die Christen zu Ostern mit den liturgischen Lesungen die Befreiung aus der ägyptischen Sklaverei in Erinnerung.
Damit waren natürlich anfänglich jüdisches und christliches „Pesach“ verwechselbar - bis hinein in die verwendeten Begriffe. Im Griechischen wird „Pascha“ sowohl zur Bezeichnung des jüdischen wie des christlichen Festes verwendet. Da auch für die Ermittlung des Termins der beiden Feste gleiche Bedingungen galten, fielen diese Feste in den ersten Jahrzehnten der Christenheit auf denselben Termin. Verwechslungsgefahr bestand: Juden feiern Pesach und gedenken des Auszugs aus Ägypten, Christen feiern Pesach und deuten den Auszug aus Ägypten auf die Auferstehung Jesu. Diese Verwechslungsgefahr soll durch einen Eingriff in den Festkalender der römischen Kirche beseitigt werden. Man entfernte sich wohl um die Mitte des zweiten Jahrhunderts bewusst von den jüdischen Feiern, indem das Osterfest als zusätzliches Kriterium auf einen Sonntag fallen muss. In der Wissenschaft spricht man vom so genannten „dominikalen Osterfest“, dem Osterfest also, das auf den als Dominica oder Sonntag bezeichneten Tag fällt.
Für dieses dominikale Osterfest kann man sich auf die synoptischen Evangelien
- also Matthäus, Markus und Lukas - berufen. Das in diesen drei Evangelien beschriebene Letzte Abendmahl Jesu ist ein Pesach-Mahl. Die Pesach-Lämmer sind bereits geschlachtet und erst am Pesach-Tag selbst wird Jesus nach der Chronologie dieser Evangelien gekreuzigt. Am „ersten Tag“ wird Jesus von den Toten auferweckt und eben das ist die Grundlage dafür, auf dieser Chronologie aufbauend, das dominikale Osterfest einzuführen.
Kreuzigung am Rüsttag von Pesach
Gerade weil mit Gründonnerstag liturgisch die Fußwaschung verbunden ist, fällt heute oftmals nicht mehr auf, dass diese nur im Johannesevangelium bezeugt wird. Das letzte Mahl Jesu, von dem im dreizehnten Kapitel des Johannesevangeliums berichtet wird, kann jedoch keinesfalls ein Pesach-Mahl gewesen sein. Schließlich wird bei der Einleitung in das letzte Mahl Jesu im Johannesevangelium ausdrücklich hervorgehoben, dass es „vor dem Pesach“ stattgefunden habe (Joh 13,1). Das im Johannesevangelium beschriebene Mahl wird also einen Tag vor dem Pesach-Mahl gegessen worden sein.
Auch wird Jesus nach dem Johannesevangelium am „Rüsttag des Pesach-Festes“ (Joh 19,23) gekreuzigt. Dieser Rüsttag ist der Tag des ersten Frühlingsvollmondes nach der Tag-und-Nacht-Gleiche des Frühlings, an diesem werden die Pesach-Lämmer geschlachtet. Nach dem jüdischen Kalender, dessen Monate von den Mondphasen abhängig sind, handelt es sich bei diesem Tag um den 14. Nisan.
An diesem Tag begannen die kleinasiatischen Gemeinden mit ihrem christlichen
Pesach. Sie folgten damit weiterhin der jüdischen Festpraxis. Der römische Bischof Victor forderte nun in einem Brief die kleinasiatischen Gemeinden auf, von ihrer Festpraxis abzurücken. Die liturgische Nähe dieser Gemeinden zum Judentum war dem römischen Bischof offenkundig ein Dorn im Auge, war es doch wohl zur Zeit Victors bereits rund ein halbes Jahrhundert her, dass die römische Kirche den liturgischen Bruch mit dem Judentum vollzogen hatte. Eben diesen Bruch wollte der römische Bischof Victor auch für Kleinasien durchsetzen. Hiergegen setzte sich Polykrates, der Bischof von Ephesus, zur Wehr, indem er auf das Johannesevangelium und die mit diesem Evangelium verbundenen Traditionen in seiner Kirche verwies.
Für Jesus sind die Juden erwähltes Volk
Damit lässt sich der auf den ersten Blick erstaunliche Umstand bemerken, dass das vermeintlich „judenfeindlichste Evangelium“ dazu dient, eine judenchristliche Praxis zu rechtfertigen. Der Eindruck eines angeblich „vorsätzlich judenfeindlichen“ Evangeliums relativiert sich, wenn man berücksichtigt, dass griechische Kirchenväter, die keinesfalls als Philosemiten bezeichnet werden können, das Johannesevangelium weit weniger judenfeindlich verstanden haben, als die neutestamentliche Forschung der Neuzeit.
Das judenfeindliche Verständnis des Johannesevangeliums ruht oftmals auf durchaus problematischen Übersetzungsentscheidungen auf, welche längst hätten korrigiert werden müssen. Dies gilt auch für den eingangs zitierten problematischen Vers. Aus philologischen Gründen sollte so übertragen werden: „Und der Vater, der mich gesandt hat, hat von mir Zeugnis gegeben. Ihr habt euch niemals seine Stimme zu Herzen genommen noch sein Wesen verstanden.“
Es geht gerade nicht darum, dass Jesus den Juden die Gotteserkenntnis absprechen würde, für Jesus sind die Juden das erwählte Volk, mit den Vertretern des Judentums diskutiert er über Inhalt und Bedeutung der „Schrift“ - und die „Schrift“ ist hier das, was im Christentum dann „Altes Testament“ genannt wird. Gerade das an einer ganzen Reihe von Stellen traditionell judenfeindlich übersetzte Johannesevangelium sollte also gerade rund um Ostern eine Mahnung sein, die jüdischen Wurzeln des Christentums nicht zu vergessen.
Ursprünglich diente dieses Evangelium zur Verteidigung einer judenchristlichen Identität. Die neutestamentliche Wissenschaft sieht es heute weitgehend als späten und judenfeindlichen Text und steht somit vor der Aufgabe, ihre eigenen judenfeindlichen Traditionen, die exemplarisch im oben angeführten Zitat aus dem einflussreichen Kommentar Rudolf Bultmanns deutlich werden, zu überwinden.
Der Verfasser leitet zwei FWF-Projekte an der Uni Wien, die in die Editio Critica Maior des Neuen Testaments eingebunden sind. Ziel dieses multinationalen Forschungsvorhabens ist eine verbesserte wissenschaftliche Erschließung des Neuen Testaments.
Hans Förster in DIE FURCHE - 15 | 11. April 2019
Sacrificium – Das Opfer
Die deutsche Sprache unterscheidet nicht wie die lateinische oder englische zwischen dem, der ein heiliges Opfer - ein Sacrificium oder sacrifice - darbringt, und dem, der zum Opfer wird, Victima oder victim. In beiden Fällen ergibt sich das Opfer aus dem spannungsreichen Wechselspiel von Liebe, Begehren, Schuld und Leid. Seit den 60-er Jahren verbreitet Aufopferung aus Liebe einen altmodischen, moralischen Mief, dem es zu entkommen gilt. Im aufgeklärten Zeitalter war Selbstverwirklichung und Spaß angesagt, sowohl in der Liebe als auch in der Liturgie. Die religiös aufgeklärten 68-ger haben intellektuell nur noch die selbstmitleidige Opferrolle victima zugelassen, die es kritisch zu hinterfragen gilt, da wir doch alle viel zu lange den Repressalien einer „falschen“, verkrusteten Weltanschauung, Theologie und Moral nicht zuletzt der Kirche zum Opfer gefallen sind. Das alltägliche Sacrificium verdünnte sich bis zur Unkenntlichkeit und eine Hl. Messe für drei oder vier Besucher zahlt sich gar nicht aus. Außerdem ist ein Wortgottesdienst gemütlicher. Wer dennoch daran festhielt, wurde als konservativer Hinterwäldler von Gestern abgestempelt. Denn wenn Gott die Liebe sei, kann er doch nicht seinen Sohn geopfert haben! Das wäre blanker Sadismus. Nein danke! Diese „Gedanken“ lösten bei den Gläubigen in den post 68-iger Jahren bis heute eine anhaltende geistig-religiöse Revolution aus. Wozu in der Spaßgesellschaft aus Liebe zu Gott und dem Nächsten etwas und gar sein Leben aufopfern, wie es die Heiligen taten? Die herkömmlichen Stätten dieses Opfergedankens wie Klöster, Ordenshäuser und Priesterseminare leeren sich. Religiöse Selbstverwirklichung und Freizeit schauen eben anders aus als „Hingabe“. Und doch: Liebe und Leid lassen sich nicht wegrationalisieren. Wer wirklich jemanden liebt, nimmt so manches Opfer freiwillig auf sich, auch für Gott. Und nicht nur der Mensch — auch Gott. Credo quia absurdum est!
MJP in: "Die Brücke", Pfarrblatt der katholischen Stadtkirche Leoben. 44. Jg. / Nr. 2 / 2019
MJP in: "Die Brücke", Pfarrblatt der katholischen Stadtkirche Leoben. 44. Jg. / Nr. 2 / 2019
Karwochenliturgie
Die Liturgien von Gründonnerstag bis zur Osternacht bilden das Zentrum des christlichen Glaubens. Im Grunde ist es eine große Feier, die in drei Teile gegliedert ist, voll von großen Symbolen, Gesten und Texten. Wir versuchen, die Essenz der drei Feiern erlebbar zu machen. Der Gründonnerstag ist der Auftakt zu den drei Österlichen Tagen. Christen erinnern sich an den Tag, an dem das letzte Abendmahl gefeiert wurde, dem die Fußwaschung vorausging. Jesus machte sich buchstäblich klein. Er kniete sich vor jedem seiner Jünger nieder, um ihm zu dienen und den Schmutz von den Füßen zu waschen. In vielen Kirchen waschen die Priester den Gemeindemitgliedern heute Abend die Füße. Man muss gewaschen werden, um Anteil an Jesus zu haben Der Geist der dienenden Liebe ist konkret; es sind die Tage vom Gründonnerstag bis zur Osternacht, sie bilden das Zentrum des christlichen Glaubens. Jesus machte sich zum Sklaven für uns. Er offenbart das Wesen Gottes.
Im Grunde ist es eine große Feier, die in drei Teile gegliedert ist.
Die Liturgie vom Gründonnerstag ist das letzte Abendmahl, dem die Fußwaschung vorausging. Die Abendmahlsfeier knüpft an das jüdische Gedächtnisfeier der Befreiung aus Ägypten mit dem Durchzug durch das Rote Meer an, wobei vorher das Lamm geschlachtet und gegessen wurde, das große Symbol für Christus.
Was symbolisch und real im Sakrament gefeiert wird, ist das Gedächtnis des Kreuzes-Todes, seine Lebenshingabe. Wir beten Seinen Tod an als Hingabe, die unser eigenes Leid und das der ganzen Welt hin zu den Füßen des Gekreuzigten trägt. Der Schrei Jesu „warum hast du mich verlassen?“ Und dann “Es ist vollbracht! Vater in deine Hände empfehle ich meinen Geist!“ ist schon der Beginn der pfingstlichen Geistausströmung, um aus der Jünger-Gemeinde, die junge Kirche hervor zu hervorzubringen beginnt.
Pater Bernhard Bossert CSsR
Ein Mensch wie Brot
Er lehrte uns die Bedeutung und Würde
des einfachen unansehnlichen Lebens
unten am Boden
unter den armen Leuten
säte er ein
seine unbezwingbare Hoffnung
Er kam nicht zu richten sondern aufzurichten
woran ein Mensch nur immer leiden mag
er kam ihn zu heilen
Wo er war
begannen Menschen freier zu atmen
Blinden gingen die Augen auf
Gedemütigte wagten es zum Himmel aufzuschauen
und Gott
ihren Vater zu nennen
sie wurden wieder Kinder
neugeboren
er rief sie alle ins Leben
Er stand dafür ein
dass keiner umsonst gelebt
keiner vergebens gerufen hat
dass keiner verschwindet namenlos
im Nirgends und Nie
dass der Letzte noch
heimkehren kann als Sohn
Er wurde eine gute Nachricht
im ganzen Land ein Gebet
ein Weg den man gehen
ein Licht
das man in Händen halten kann
gegen das Dunkel
Ein Mensch wie Brot
das wie Hoffnung schmeckt
bitter und süß
Ein Wort das sich verschenkt
das sich dahingibt wehrlos
in den tausendstimmigen Tod
an dem wir alle sterben
Ein Wort
dem kein Tod gewachsen ist
das aufersteht und ins Leben ruft
unwiderstehlich
wahrhaftig dieser war Gottes Sohn
Aus: Lothar Zenetti, Auf seiner Spur. Texte gläubiger Zuversicht. Matthias-Grünewald Verlag der Schwabenverlag AG, Ostfildern 2011.
Einer, der sich verschenkte
Einer
der sich verschenkte
der gab, was er hatte
der Brot wurde
und Wein
ein Stück Brot
ein Schluck Wein
für alle
die hungern und dürsten
nach Brot
nach Liebe
nach Gerechtigkeit
Seht
welch ein Mensch
der sich nehmen ließ
brechen, kauen
aufzehren
Stück um Stück
Tag um Tag
schlucken, schlürfen
ausnutzen, austrinken
bis zum letzten
Tropfen seines Blutes
bis alles
vollbracht war
und leer
das Grab
Ja dieser
war Gottes Sohn
Aus: Lothar Zenetti, Auf seiner Spur. Texte gläubiger Zuversicht. Matthias-Grünewald Verlag der Schwabenverlag AG, Ostfildern 2011.
Verwandlung
Gestern
die Verwandlung
des Wassers in Wein
Heute
die Verwandlung
des Weines in das Blut des Herrn
Morgen
die Verwandlung
meines Sterbens in sein Auferstehn
Aus: Lothar Zenetti, Sieben Farben hat das Licht. Worte der Zuversicht. Matthias-Grünewald-Verlag, Mainz 2006.
Lebendige Erinnerung
„Jesus, der Herr, nahm in der Nacht, in der er ausgeliefert wurde, Brot, sprach das Dankgebet, brach das Brot und sagte: Das ist mein Leib für euch. Tut dies zu meinem Gedächtnis! Ebenso nahm er nach dem Mahl den Kelch und sprach: Dieser Kelch ist der neue Bund in meinem Blut. Tut dies, sooft ihr daraus trinkt, zu meinem Gedächtnis!" 1 Kor 11, 23b-25.
Wir feiern Eucharistie, weil Jesus uns den Auftrag gegeben hat: Tut dies zu meinem Gedächtnis. Wir feiern Eucharistie, damit Jesus in unserer Erinnerung lebendig bleibt, und weder als Person noch in seiner Heilsbedeutung für uns in Vergessenheit gerät. Aber kann von dieser Feier der Erinnerung, auch wenn sie nach unserem Glauben ganz eigener Art ist, und die Person, derer gedacht wird, selbst gegenwärtig wird, eine Wirkung ausgehen?
Das letzte Abendmahl war eingebettet in eine andere Erinnerungsfeier, in das jüdische Osterfest, in das Gedenken an die Errettung des jüdischen Volkes aus dem Sklavenhaus Ägypten. Diese Erinnerung an das machtvolle Wirken Gottes war und ist für das jüdische Volk, besonders in leidvollen Situationen, eine Quelle der Kraft und der Hoffnung.
Die Erinnerung an den Auszug aus Ägypten ist ein treffendes Beispiel dafür, wie wirksam die Erinnerung im Leben der Menschen sein kann. Dies gilt in gleicher Weise für das Leben der Völker wie für das Leben des einzelnen. Die lebendige Erinnerung an erlittenes Unrecht kann zu Revolutionen führen. Die lebendige Erinnerung an überstandenes Leid kann Mut zu einem neuen Leben schenken.
In der Eucharistiefeier wird das Leben und Sterben Jesu vergegenwärtigt und uns immer neu ins Bewusstsein gebracht: „Das ist mein Leib für euch... Dieser Kelch ist der neue Bund in meinem Blut." Jesus hat für uns gelebt, ist für uns gestorben und auferstanden. Durch ihn wird die Trennung zwischen Gott und Mensch überwunden und der Neue Bund gestiftet.
Was in und durch Jesus Christus für uns geschehen ist, soll in der Eucharistiefeier uns zuteil werden. „In der Liturgie, besonders im heiligen Opfer der Eucharistie, vollzieht sich nämlich das Werk unserer Erlösung" (Liturgiekonstitution Nr. 2).
Tut dies zu meinem Gedächtnis! Sooft wir Eucharistie feiern, erinnern wir uns an das Fundament unserer Hoffnung. Indem wir uns erinnern an das, was Gott in Jesus Christus gewirkt hat und wirkt, sollen wir Kraft gewinnen für unser Leben.
Aus: Alois Kraxner, In Christus neu werden. Orientierungshilfe für das Christsein in einer Kirche der Auseinandersetzungen. Wiener Dom-Verlag, Wien 1990.
Lobt Gott, ihr Christen alle gleich
Lobt Gott, ihr Christen alle gleich,
in seinem höchsten Thron,
der heut schließt auf sein Himmelreich
und schenkt uns seinen Sohn,
und schenkt uns seinen Sohn.
Er entäußert sich all seiner G'walt,
wird niedrig und gering
und nimmt an eines Knechts Gestalt,
der Schöpfer aller Ding,
der Schöpfer aller Ding.
Er wird ein Knecht und ich ein Herr;
das mag ein Wechsel sein!
Wie könnt es doch sein freundlicher,
das herze Jesulein,
das herze Jesulein!
Nikolaus Hermann (1554) in: EG 27
Fußwaschung
Fußwaschung ist:
Berührung mit Händen
Begegnung mit Blicken
Zuwendung der Liebe
Dienst am anderen
Zeichen der Verbundenheit
Sich klein machen
ein Beispiel geben.
Aus: Ilse Pauls, Worte am Weg. Gedichte. Wolfgang Hager Verlag, A-8852 Stolzalpe 70.
Du bist Brot
Du bist Brot -
als Leben selbst gegeben.
Brot, das satt macht
und mit Leben füllt.
Brot,
das tröstet,
das stärkt,
das Mut macht
für das ewige Leben.
Aus: Ilse Pauls, Worte am Weg. Gedichte. Wolfgang Hager Verlag, A-8852 Stolzalpe 70.
Sehnsucht nach Geborgenheit
Das zentrale Sinnbild von Geborgenheit ist wahrscheinlich der Mutterleib. Da war ich geschützt, warm gehalten, wurde sanft vom Fruchtwasser hin und her gewiegt. So mancher Psychologe sagt, das sei der Ursprung jener Sehnsucht. Und eine Frau, die ein Kind in sich wachsen spürt, wird diese Geborgenheit wahrnehmen. Es hat sich auch im 21. Jahrhundert nichts daran geändert, dass dies immer noch ein Wunder ist - auch wenn die Schwangerschaft schwierig oder unerwünscht ist oder von Furcht begleitet. Ein Mensch geborgen in einem anderen Menschen - welch eine Erfahrung! Und wir haben sie alle gemacht...
[... ]
Geborgenheit meint ein Wohlgefühl, das nicht durch Sicherheit hervorgerufen wird, sondern die Erfahrung von Wärme, innerem Frieden, Ruhe und Nähe. Als ich versucht habe, einer Amerikanerin zu erklären, worüber ich in diesen Tagen schreibe, habe ich gemerkt: Es gibt im Englischen eigentlich gar keinen angemessenen Begriff dafür. Und so fand ich es auch gar nicht verwunderlich, dass der Deutsche Sprachrat und das Goethe-Institut "Geborgenheit" 2004 im Rahmen eines internationalen Wettbewerbs zum zweitschönsten Wort der deutschen Sprache kürten. Eine Frau aus der Slowakei hatte den Begriff vorgeschlagen, weil er in ihrer Sprache nicht vorkomme ...
Der Begriff "Geborgenheit" scheint auf den ersten Blick vielleicht etwas romantisch oder emotional oder auch altmodisch. Auf dramatische und höchst aktuelle Weise wurde jedoch deutlich, was "bergen" bzw. "geborgen werden" bedeutet, als chilenische Bergleute im Sommer 2010 in einem Schacht tief unter der Erde eingeschlossen waren. Sie überlebten das Unglück, hausten nun aber weit unter der Erde. Zum Glück gab es nach zwei Wochen Kontakt zur Außenwelt. 69 Tage waren die 33 Männer eingeschlossen. Und endlich, am 12. und 13. Oktober, wurden sie geborgen, einer nach dem anderen. Eine Rettungskapsel machte die Bergung möglich. Fernsehsender aus der ganzen Welt berichteten über dieses Ereignis. Menschen fieberten mit, beteten, hatten Angst, und am Ende brach sich unter Tränen überschwänglicher Jubel Bahn. Ich denke, dass deshalb so viele Menschen rund um den Globus diese Ereignisse verfolgt haben, weil die Sehnsucht, jemanden zu bergen oder selbst geborgen zu sein, so groß ist. Und selbst wenn solch wundersame Bergung nicht gelingt, wollen wir doch die Toten bergen - damit sie einen Ort finden, an dem sie Ruhe finden, wir sie betrauern können.
Aus: Margot Käßmann, Sehnsucht nach Leben. Mit Bildern von Eberhard Münch. adeo Verlag in der Gerth Medien GmbH, Asslar 2011.
Brot in deiner Hand
In der Jakobstraße in Paris liegt ein Bäckerladen; da kaufen viele hundert Menschen ihr Brot. Der Besitzer ist ein guter Bäcker. Aber nicht nur deshalb kaufen die Leute des Viertels dort gern ihr Brot. Noch mehr zieht sie der alte Bäcker an: der Vater des jungen Bäckers. Meistens ist nämlich der alte Bäcker im Laden und verkauft. Dieser alte Bäcker ist ein spaßiger Kerl. Manche sagen: Er hat einen Tick. Aber nur manche; die meisten sagen: Er ist weise, er ist menschenfreundlich. Einige sagen sogar: Er ist ein Prophet. Aber als ihm das erzählt wurde, knurrte er vor sich hin: "Dummerei..Der alte Bäcker weiß, dass man Brot nicht nur zum Sattessen brauchen kann, und gerade das gefallt den Leuten. Manche erfahren das erst beim Bäcker an der Jakobstraße, zum Beispiel der Autobusfahrer Gerard, der einmal zufällig in den Brotladen an der Jakobstraße kam. "Sie sehen bedrückt aus", sagte der alte Bäcker zum Omnibusfahrer. "Ich habe Angst um meine kleine Tochter", antwortete der Busfahrer Gerard. "Sie ist gestern aus dem Fenster gefallen, vom zweiten Stock."
"Wie alt?" fragte der alte Bäcker. "Vier Jahre", antwortete Gerard. Da nahm der alte Bäcker ein Stück vom Brot, das auf dem Ladentisch lag, brach zwei Bissen ab und gab das eine Stück dem Busfahrer Gerard. "Essen Sie mit mir", sagte der alte Bäcker zu Gerard, "ich will an Sie und Ihre kleine Tochter denken." Der Busfahrer Gerard hatte so etwas noch nie erlebt, aber er verstand sofort, was der alte Bäcker meinte, als er ihm das Brot in die Hand gab. Und sie aßen beide ihr Brotstück und schwiegen und dachten an das Kind im Krankenhaus.
Zuerst war der Busfahrer Gerard mit dem alten Bäcker allein. Dann kam eine Frau herein. Sie hatte auf dem nahen Markt zwei Tüten Milch geholt und wollte nun eben noch Brot kaufen. Bevor sie ihren Wunsch sagen konnte, gab ihr der alte Bäcker ein kleines Stück Weißbrot in die Hand und sagte: "Kommen Sie, essen Sie mit uns: Die Tochter dieses Herrn liegt schwer verletzt im Krankenhaus - sie ist aus dem Fenster gestürzt. Vier Jahre ist das Kind. Der Vater soll wissen, dass wir ihn nicht allein lassen."
Und die Frau nahm das Stückchen Brot und aß mit den beiden. So war es oft in dem Brotladen, in dem der alte Bäcker die Kunden bediente. Aber es passierte auch anderes, über das sich die Leute noch mehr wunderten. Da gab es zum Beispiel einmal die Geschichte mit Gaston: An einem frühen Morgen wurde die Ladentür aufgerissen und ein großer Kerl stürzte herein. Er lief vor jemandem fort: das sah man sofort, und da kam der offene Bäckerladen gerade recht. Er stürzte also herein, schlug die Tür hastig hinter sich zu und schob von innen den Riegel vor. "Was tun denn Sie da?" fragte der alte Bäcker. "Die Kunden wollen zu mir herein, um Brot zu kaufen. Machen Sie die Tür sofort wieder auf." Der junge Mann war ganz außer Atem. Und da erschien vor dem Laden auch schon ein Mann wie ein Schwergewichtsboxer, in der Hand eine Eisenstange. Als er im Laden den jungen Mann sah, wollte er auch hinein. Aber die Tür war verriegelt. "Er will mich erschlagen", keuchte der junge Mann. "Wer? Der?" fragte der Bäcker. "Mein Vater", schrie der Junge, und er zitterte am ganzen Leibe.
"Er will mich erschlagen. Er ist jähzornig. Er ist auf neunzig!" "Das lass mich nur machen", antwortete der alte Bäcker, ging zur Tür, schob den Riegel zurück und rief dem schweren Mann zu: "Guten Morgen, Gaston! Am frühen Morgen regst du dich schon so auf? Das ist ungesund. So kannst du nicht lange leben. Komm herein, Gaston! Aber benimm dich! Lass den Jungen in Ruh! In meinem Laden wird kein Mensch umgebracht."
Der Mann mit der Eisenstange trat ein. Seinen Sohn schaute er gar nicht an. Und er war viel zu erregt, um dem Bäcker antworten zu können. Er wischte sich mit der Hand über die feuchte Stirn und schloss die Augen. Da hörte er den Bäcker sagen: "Komm, Gaston, iss ein Stück Brot, das beruhigt. Und iss es zusammen mit deinem Sohn; das versöhnt. Ich will auch ein Stück Brot essen, um euch bei der Versöhnung zu helfen." Dabei gab er jedem ein Stück Weißbrot. Und Gaston nahm das Brot, auch sein Sohn nahm das Brot. Und als sie davon aßen, sahen sie einander an, und der alte Bäcker lächelte beiden zu. Als sie das Brot gegessen hatten, sagte Gaston: "Komm, Junge, wir müssen an die Arbeit!"
Heinrich A. Mertens in: Man lebt nur mit dem Herzen gut. Hrsg. Angelika Büchelin. Verlag am Eschbach im Schwabenverlag, Eschbach 2009.
Kardinal gratuliert Oberrabbiner Eisenberg
Juden feiern ab Montag nach Sonnenuntergang das einwöchige Pessach-Fest
Wien, 14.04.14 (KAP) Kardinal Christoph Schönborn hat am Montag, dem Beginn des jüdischen Pessach-Festes, dem Wiener Oberrabbiner Paul Chaim Eisenberg und der Israelitischen Kultusgemeinde zu dem wichtigen Fest des Judentums gratuliert. Wörtlich heißt es in dem Glückwunschschreiben: "Möge das diesjährige Pessach-Fest Quelle der Hoffnung und der Freue für Sie und die ganze Kultusgemeinde sein, in der festen Zuversicht auf die rettende Nähe Dessen, der Israel aus Ägypten befreit hat".
Weltweit feiern mehr als 15 Millionen Juden ab Montag nach Sonnenuntergang das einwöchige Pessach-Fest. Pessach erinnert an den Auszug der Israeliten aus Ägypten und die Befreiung aus der Sklaverei. Pessach (auch: Passah, Pascha) ist eines der wichtigsten Familienfeste.
Der Name des Pessach bedeutet auf Hebräisch "Vorüberschreiten". Er erinnert daran, wie die Israeliten in der Nacht vor ihrem Auszug aus Ägypten ihre Hauspfosten mit dem Blut von geschlachteten Lämmern markierten, so dass ihre Familien verschont blieben, während sonst alle Erstgeborenen im Land starben.
Die Speisenfolge für den sogenannten Seder-Abend am Montag ist seit mehr als 1.000 Jahren vorgegeben. Es werden sechs typische Speisen gereicht, die an die harte Zeit der Sklaverei in Ägypten erinnern. Das Bitterkraut steht beispielsweise für die Unterdrückung durch die Ägypter. Salzwasser, in das ein hartgekochtes Ei getunkt wird, ist den vergossenen Tränen nachempfunden. Vier Gläser Wein symbolisieren die vier göttlichen Verheißungen. Jede Familie rezitiert oder singt Texte aus der Haggada, einer rabbinischen Textsammlung über den Auszug.
Kathpresss 14.04.14 - Copyright 2014 Katholische Presseagentur, Wien, Österreich (www.kathpress.at) Alle Rechte vorbehalten.
Fußwaschung
Interessanterweise
ist Jesus nicht der,
vor dem gekniet wird,
sondern der, der kniet.
Der Herr und Meister
wäscht seinen Schülern
und Jüngern die Füße.
Er sagt: "Ich habe euch
ein Beispiel gegeben,
damit auch ihr so tut,
wie ich getan habe!"
Wenn er, der allen
Grund gehabt hätte,
seinen Jüngern tüchtig
den Kopf zu waschen,
ihnen statt dessen
die Füße wusch,
haben wir keinen Grund,
päpstlicher zu sein
als der Papst.
Es sei denn, wir wären
so päpstlich wie Petrus,
der mit seinen Tränen bezeugte,
wie sehr ihn die Güte
seines Herrn und Meisters
beschämt hat.
Martin Gutl, Ich weiß, wem ich glaube, Styria, Graz 1995.
Geben und nehmen
Die gewöhnliche Frage: "Was sollen wir tun?" muss mit der ungewöhnlichen Frage: "Von wo empfangen wir etwas?" beantwortet werden. Die Menschen müssen wieder verstehen lernen, dass man nicht viel geben kann, wenn man nicht viel empfangen hat. Die Religion ist in erster Linie eine geöffnete Hand, eine Gabe entgegen zu nehmen, und erst in zweiter Linie eine tätige Hand, Gaben auszuteilen.
Paul Tillich, in: Waldemar Wolf/Renate Spennhoff (Hrsg.), Miteinander hoffen, Verlag Kath. Bibelwerk, Stuttgart 1995.
Deine Gegenwart
Ich meditiere nicht deinen Namen,
weil ich schon lange weiß,
dass es nicht in dem Namen liegt
und nicht in den Worten,
sondern in der Gegenwart
und dem Wahrnehmen deiner Gegenwart.
Ich meditiere,
um durchlässig zu werden für den Geist,
für das Feuer und für die Ahnungen.
Ich konzentriere mich, um sehen zu lernen.
Aus den Dingen leuchtest du,
du sprichst aus ihnen
und hast sie mit deinem Geruch begabt.
Jede Oberfläche hast du betastet,
und an ihr klebt noch die Textur deiner Haut.
Ich brauche die sinnlichen Sinne,
um in der Materie von deiner Heiligkeit
überwältigt zu werden
und nicht mehr den Abstand der Kälte
wahren zu können.
Ich brauche die Beseelung und Begeisterung,
um zum kostbaren Leben zu erwachen.
Du bist gegenwärtig
in den ängstlichen Minuten,
an denen der Sterbende hängt,
im Weinen des Kindes,
dem die Welt mit dem Spielzeug zerbricht.
Da bist du in der ersten Knospe
der Zierkirsche vor dem Haus,
und in der Sprachlosigkeit des Liebespaares.
Du bist in der Altardecke
mit den zwei Fischen und fünf Broten.
Da bist du in der Spruchblase
der weisen Comic-Figur,
in den unsicheren Tieraugen
und im Skalpell des Chirurgen
bei der Herzoperation.
Ich verfolge dich
durch die Verirrungen des Menschen,
durch die geologischen Schichten
unserer mühsamen Entwicklung
und durch die Stufen der Erschöpfung
beim Altern und Sterben.
Ich spüre, wie du mich verfolgst
durch die Dunkelheit,
die sich immer nur eine Handbreit hebt,
durch die Worte,
die ich von den Taten trenne,
um mich nicht zu betrügen,
durch die Ordnungen,
die hinter den Ordnungen leuchten,
durch die Waage, auf der ich genug wiege,
auch wenn ich denke "Gewogen, gewogen
und zu leicht befunden",
und durch das Herz des Alltags
mit seinem lautlosen Staub.
Aus: Ulrich Schaffer, Gott in der Weite meiner Fantasie. Mit Tuschzeichnungen des Autors. Kreuz Verlag, Stuttgart 2008.
Für euch und für alle
Warum hat Jesus sich mit Zöllnern und Sündern, mit Armen und Verlassenen an einen Tisch gesetzt? Viel leichter wäre doch gewesen, was alle anderen taten und tun: das Tischtuch zu zerschneiden und getrennt zu sitzen - die Armen in ihren Hütten, die Reichen im Schlemmerlokal, die Bürgerlichen beim Stammtisch, alle jeweils unter sich. Nein: Jesus durchkreuzt solche Abgrenzungen, er bildet eine neue Gemeinschaft. Er ist überzeugt, dass Gottes Reich angebrochen ist, die Weltherrschaft seiner zuvorkommenden Güte. Da ist jeder wichtig und deshalb sind die Ärmsten und Isoliertesten für ihn die ersten Adressaten.
Worum es ihm geht, das fasst er wie in einem Vermächtnis zusammen im Letzten Abendmahl: Noch in der Nacht des Verrates und angesichts des Todes - jeder andere wäre eher verzweifelt oder hätte gekniffen - bricht er das Brot, teilt er sich aus und mit. Alle sollen ein für allemal erkennen, wer er ist und wer Gott ist. Ausdrücklich heißt es ja im Kelchwort: »Für euch und für alle.« Das alles Entscheidende daran ist die Kraft seines Lebens für andere; dadurch stiftet er Versöhnung, schenkt er Vergebung, ermöglicht er Wandlung. Deshalb Eucharistie, deshalb das Fest der Danksagung.
Mutter Teresa sagte: Keiner darf so aus der Kirche herausgehen, wie er hineingegangen ist. Es ändert sich ja etwas. »Wandlung« sagen wir. Durch Gottes Heiligen Geist werden Brot und Wein zu Leib und Blut Christi. Er ist ganz da in unserer Mitte, er wird uns in die Hand gegeben. Wie geht er in uns ein? Wird er empfangen oder nur geschluckt? Wie wird er »verdaut«? Wenn wir ihn in Brot und Wein wirklich zu uns nehmen mit allem, was er ist und was ihn ausmacht, dann müsste sich das auswirken. Jedenfalls haben wir es mit in der Hand, ob wir uns durch ihn und in seinem Sinne wandeln lassen und durch uns die Welt gewandelt wird, ein Stück wenigstens.
Die Person Jesu ist nicht in gleicher Weise verfügbar, wie Brot und Wein verfügbar sind. Wer ihn nur einfach schlucken will, verschluckt sich.
Gegner können miteinander reden, geballte Fäuste können sich öffnen zum Friedensgruß. An einer alten Kirche steht zu lesen: »Hier tritt man ein, um Gott zu lieben. Von hier geht man fort, um die Menschen zu lieben.«
Leib Christi
»Das ist mein Leib für euch.« Das Wort der Wandlung! Indem Christus so mit Leib und Blut real präsent ist, ganz da für uns, geschieht etwas mit uns. Die Wandlung geht nicht über uns hinweg oder an uns vorbei, sie erfasst uns selbst. Wir werden Leib Christi.
Die Kirche ist der Leib Christi, sagen wir. Was heißt das? Es kommt nicht von ungefähr. Der Grund liegt im Abendmahl: »Das ist mein Leib für euch.« Bedenkt, was dieser Leib in sich hat, er schließt euch zum Leib Christi zusammen. »Empfangt, was ihr seid: Leib Christi, damit ihr werdet, was ihr empfangt: Leib Christi« (Augustinus).
Von hierher wird deutlich, wer zum heiligen Mahl einlädt. Nicht wir laden ein; die Tischgemeinschaft erwächst nicht aus unserer gegenseitigen Sympathie, nicht einmal aus unserer »Würdigkeit«. Christus lädt ein; es geht an den »Tisch des Herrn«, zum »Mahl des Lammes«. Er und er allein steht in der Mitte, er und er allein will gehört und empfangen werden. Der Priester handelt in seinem Auftrag, »in persona Christi«.
Worauf alles ankommt, ist dies: Der Herr schenkt sich selbst in seinem Mahl. Alles andere, auch das Miteinander, bekommt von daher seine Begründung. Erst die Gemeinschaft mit dem Leib Jesu Christi bewirkt die Gemeinschaft im Christusleib der Kirche. Darum gibt es auch eine Unwürdigkeit gegenüber dem Leib Jesu Christi selbst. Das darf gerade heute bei dem häufigen Kommunionempfang nicht in Vergessenheit geraten. Der Altartisch, der Tisch des Herrn, darf nicht mit einem x-beliebigen Tisch verwechselt werden. Unterscheidung tut not. Wer nicht an die Gegenwart des Herrn glaubt, darf nicht zu seinem Tisch treten.
Aus: Franz Kamphaus, Hinter Jesus her. Anstöße zur Nachfolge. Herder Verlag, Freiburg Basel Wien 2010.
Ich habe euch ein Beispiel gegeben
Vor etwa zwanzig Jahren fuhr ich mit einigen Freunden in die Wüste Sahara. Da man bei solchen Unternehmungen nicht sicher ist, wie sie ausgehen, habe ich vorher noch ein Testament gemacht. Für ein Testament ist zu überlegen, was im Fall des Todes mit dem angehäuften Mammon geschehen soll. Es stellt sich dabei aber auch die Frage, auf welchen Nenner ich mein Leben eigentlich bringen will, was tatsächlich im Angesicht des Todes wichtig geworden ist, was letztlich im Schmelztiegel des Sterbens noch Bestand hat. Was ist nämlich das Typische meines Lebens? Was möchte ich weitergeben und verschenken? Worin kann mein Leben zur Gabe werden? Was ist mein letzter Wille? Welche Texte der Heiligen Schrift sollen bei meinem Begräbnis verkündet werden? Welches Wort soll auf der Todesanzeige stehen? Jesus hat uns am Abend vor seinem Tod seinen letzten Willen kundgetan: "Wenn nun ich, der Herr und Meister, euch die Füße gewaschen habe, dann müsst auch ihr einander die Füße waschen. Ich habe euch ein Beispiel gegeben, damit auch ihr so handelt, wie ich an euch gehandelt habe (Joh 13,14)
Es gibt Handlungen im menschlichen Leben, die oberflächlich erledigt werden. Manche Geschäfte erschöpfen sich im augenblicklichen Vorgang. Es gibt aber auch Zeichen, Worte und Taten, von denen wir überzeugt sind: Diese sind mir ganz wichtig, da ist alles zusammengefasst, was mir bedeutsam ist, da stecke ich ganz drinnen, an dieser Geste bin ich selber zu erkennen. Das kann ein bestimmtes Wort sein, ein Händedruck, eine Geste, ein Kuss, eine Umarmung, ein Symbol. Jesus hat uns ein solches Zeichen geschenkt, das ganz typisch ist für ihn, ein Zeichen, das sein ganzes Leben symbolisch zusammenfasst und in dem er ganz drinnen steckt. "Und sie erkannten ihn, als er das Brot brach" (Lk 24,35).
Von Pfarrern, Politikern und Wirtschaftsmanagern heißt es, dass sie sich gerne Denkmäler setzen. Waren es früher Triumphbögen oder Paläste, so sind es heute eher Straßen, Brücken und soziale Einrichtungen. Wichtig ist die Gedenktafel, deren Inschrift kommende Generationen an die großen Namen erinnern soll. Jesus hat uns ein solches Denkmal hinterlassen, eine Geste, mit der er über die Zeiten hinweg überliefert werden wollte. Die Eucharistie und die Fußwaschung sind Tradition im ursprünglichen Sinn Jesu. Sie sind die Weise, mit der das Gedächtnis an Jesus lebendig erhalten werden soll.
Jesus nahm Brot
Es gab Zeiten, in denen bei uns das Brot heilig war. Bevor ein Laib Brot angeschnitten wurde, wurde er gesegnet. Brot galt als Gabe Gottes, von der nichts verlorengehen durfte. Heute ist das Brot ein Wegwerfprodukt. Es landet - nicht bloß in den Schulen - in den Abfallkübeln. Millionen Tonnen Weizen werden ins Meer geschüttet. "Das Brot und das Wort sind Kleingeld geworden. Wir beten um tägliche Abfallkübel" (Christine Busta). Verloren ist der ehrfürchtige und aufmerksame Umgang mit Brot. Da nützt auch die sympathische Werbung für "das Körberl" nicht viel. Die Heiligkeit des Brotes ist auch nicht durch Bilder von hungernden Kindern in der Dritten Welt wiederzugewinnen, die uns ein schlechtes Gewissen einreden.
Was bedeutet Brot als sakramentales Zeichen? Das Brot ist transparent auf die Erde hin, wie es im Gabengebet der Eucharistie heißt: "Du schenkst uns das Brot, die Frucht der Erde ...", auf den Humus hin. Im Brot steckt die ganze Mühe, der Schweiß der menschlichen Arbeit. Das Brot nimmt die glanzlose Alltäglichkeit mit hinein, in der es nichts Besonderes, keine Aktion, keine Show, keine Unterhaltung gibt.
Brot ist transparent auf das Du, auf das tägliche Miteinander hin. Das ist schon von den Arbeitsgängen her so. Arbeit muss ja nicht isolieren, sie kann auch eng miteinander verbinden. Ausdrücklich wird das Miteinander im gemeinsamen Essen, im Mahl. Es wäre schlimm, wenn wir "Eigenbrötler" würden.
Wenn Jesus dieses Brot zum Sakrament macht, so will er damit sagen: Ihr selbst, euer Leben, eure Arbeit, eure Gemeinschaft sollen zum Leib Christi werden. "Empfangt, was ihr seid, Leib Christi. Werdet, was ihr empfangt, Leib Christi", wie der Hl. Augustinus beschreibt. Heilige Messe und Leben sind nicht zwei Paar Schuhe. Wenn manchmal zu hören ist: Die Messe hat mir nichts zu sagen, die Eucharistie gibt mir nichts, oder wenn manche meinen, die Messe hätte nichts mit dem Leben zu tun, so kann das auch daran liegen, dass das Leben verkehrt, verblendet und entfremdet ist. In der Eucharistie wird gebündelt, was im Leben wichtig ist, ja, wie Leben gelingen kann.
Jesus nahm den Kelch mit Wein
"Das ist der Kelch des Neuen und Ewigen Bundes", heißt es dann im Hochgebet. Im Bund steckt die Verbindung, das Sich-Binden, die Verbindlichkeit. Das passt nicht zum Kult der Unverbindlichkeit, die alle Möglichkeiten offenhalten will. - Jesus ist das Ja Gottes in letzter, nicht mehr zurücknehmbarer Verbindlichkeit. Wenn er dieses Ja Gottes im Angesicht des Todes spricht und lebt, so ist es nicht mehr zerstörbar. Von Jesus her hat Gott nicht zwei Seiten: ein lächelndes, liebes und ein grausames Gesicht. Gott hat keinen Januskopf, er ist keine Chimäre. Im Kelch wird diese Treue der Liebe und des Bundes Gottes mit uns Menschen deutlich. Jedes Mal wieder.
Für euch ...
In den Wandlungsworten steckt das bedeutungsschwere Wort: "Für euch". Früher hat man dafür die Worte Stellvertretung und Sühne verwendet. Stellvertretung heißt bei der Eucharistie nicht, dass es da die billige Gnade ohne den Preis der Umkehr gäbe und wir uns die Wandlung, die Umkehr ersparen könnten. Im Gegenteil!
Stellvertretung heißt bei der Fußwaschung nicht, dass wir uns einen Vertreter, einen Ersatzmann suchen und uns so den Dienst, das Beugen auf den Boden, das Einatmen des Fußgeruches ersparen könnten. Im Gegenteil!
Jesus hat bei der Eucharistie und bei der Fußwaschung als Einzelner getan, was auf alle übergehen soll. Er will durch sein Tun die Freiheit des Dienstes und der Hingabe in uns freisetzen.
Christen müssen zu Stellvertretern werden, die die Stelle im Leben, in der Gesellschaft freihalten, die allein Gott gebührt. Christen müssen zu Stellvertretern werden auch in der Caritas, sie müssen den Platz für die Würde des Menschen freihalten, für den Armen, den Behinderten, den Fremden, gerade auch dann, wenn es heißt, dass das Boot -mit Ramsch! - voll ist. Stellvertretung üben heißt, dort Freiräume der Liebe zu schaffen, wo die Freiheit mit Füßen getreten wird. Jesus hat das "Für euch" gerade in einer Situation des Nicht-Verstehens, der Ablehnung und der Gleichgültigkeit gelebt, er hat es gratis, umsonst getan. An ihm konnte sich die Sünde totlaufen, er litt die Konsequenzen der Schuld aus.
Jesus hat uns seinen letzten Willen hinterlassen, er hat uns sein Testament gegeben. "Tut dies zu meinem Gedächtnis", sagte er, "damit auch ihr so handelt, wie ich an euch gehandelt habe" (vgl. I Kor 11,24f bzw. Joh 13,15).
Aus: Franz Kamphaus, Hinter Jesus her. Anstöße zur Nachfolge. Herder Verlag, Freiburg Basel Wien 2010.
Bedingungslos
Liebe ist kein kommerzielles Übereinkommen, "ich liebe dich, falls ... und unter der Bedingung, dass ..." Liebe ist das bedingungslose Ja, das uns Johannes überliefert hat. Die Liebe, mit der unser Herr geliebt hat: "Und da er sich einmal entschieden hatte, sie zu lieben, liebte er sie bis zum Ende". Bis zum Ende.
Woher sollte ich die Berechtigung nehmen, vorher aufzuhören?!
Das ist übrigens gar nicht heroisch: Zuwendung zum anderen, da sein, hinhören, Geduld und Zeit zu haben. Je mehr der andere diese Zuwendung braucht, umso stärker sind wir gefordert.
Aus: Ruth Pfau. Leben heißt anfangen. Worte, die das Herz berühren. Herausgegeben von Rudolf Walter. Herder Verlag, Freiburg Basel Wien 2010.
Wie eine Insel mitten in Russland
"Alexejewka, früher Rosenfeld, wurde 1906 gegründet. Deutschen aus der Ukraine wurde dieses Land nach einer Hungersnot in der Heimat zugewiesen. Seitdem liegt es wie eine Insel zwischen großen Feldern, mitten in Russland. Ich sprach mit kleinen Kindern auf der Straße Deutsch! Ihr Dialekt erinnert an Österreich. "Hier gibt es Katholiken?" - "Wir sind alle Katholiken!" - "War schon einmal ein Priester hier?" - "Das wissen nur die Großmütter." - "Wer hat euch getauft?" - "Wes Agatha. Und zwei anderen Frauen taufen noch." Wir fragten nach Wes Agatha. Sie stand gerade in der Schlange nach Bonbons an. Sie kam gleich, war aber sehr misstrauisch. Den letzten Priester hatte sie 1930 hier im Dorf gesehen. Damals war die Kirche schon zerstört. Er kam in eine Wohnung, hat ein Paar getraut. (...)
Die meisten waren jünger als 60 Jahre und hatten noch nie im Leben einen Priester gesehen. (...)
Zur Gräbersegnung kamen 30 Leute. Ich predigte über den heiligen Bonifatius, der es schwer hatte mit den abergläubischen Germanen. Wie lange wird es hier dauern, bis die Gläubigen ihren Glauben kennen? Noch nie wurden hier Gräber gesegnet. Eine schon sehr alte Großmutter flüsterte am Grab ihres Mannes: "Nie hätte er mir geglaubt, wenn ich ihm gesagt hätte, dass noch einmal ein Pater an seinem Grab steht und es segnet."
Aus: Clemens Pickel, Ein Deutscher - Bischof in Russland. Einblicke und Ausblicke, Benno Verlag.
Brot
Unser Brot - Dein Brot
Dein Brot - unser Brot
Unser Wein - Dein Wein
Dein Wein - unser Wein
Unser Leben - Dein Leben
Dein Leben - unser Leben
Unsere Gedanken - Deine Gedanken
Deine Gedanken - unsere Gedanken
Unsere Welt - Deine Welt
Deine Welt - unsere Welt
durch Jesus Christus, unseren Herrn
Aus: Anton Rotzetter, Gott, der mich atmen lässt. Gebete des Lebens, Herder 1986.
"Die Kirche sei...
...eine Kirche, die die Menschen dort aufsucht, wo sie sind: bei der Arbeit und beim Vergnügen, beim Fabriktor und auf dem Fussballplatz, in den vier Wänden des Hauses.
Eine Kirche der festlichen Tage und eine Kirche des täglichen Kleinkrams ...
Eine Kirche der Kleinen, der Armen und Erfolglosen, der Mühseligen und Beladenen, der Scheiternden und Gescheiterten im Leben, im Beruf, in der Ehe.
Eine Kirche derer, die im Schatten stehen, der Weinenden, der Trauernden.
Eine Kirche der Würdigen, aber auch der Unwürdigen, der Heiligen, aber auch der Sünder.
Eine Kirche - nicht der frommen Sprüche, sondern der stillen, helfenden Tat.
Eine Kirche des Volkes.
Kardinal Franz König, gefunden in: Brücke. Pfarrblatt der Katholischen Pfarren Leobens, 36. Jhg. Nummer 2, April-Mai 2011.
Entscheide dich
Entscheide dich, zu lieben statt zu hassen.
Entscheide dich, zu lächeln statt ein finsteres Gesicht zu machen.
Entscheide dich, aufzubauen statt niederzureißen.
Entscheide dich, durchzuhalten statt die Flinte ins Korn zu werfen.
Entscheide dich, zu loben statt Klatsch zu verbreiten.
Entscheide dich, zu heilen statt zu verletzen.
Entscheide dich, zu geben statt gierig an dich zu raffen.
Entscheide dich, zu handeln statt die Dinge auf die lange Bank zu schieben.
Entscheide dich, zu vergeben statt zu fluchen.
Entscheide dich, zu beten statt zu verzweifeln.
(Verfasser unbekannt)
Aus: Gerdi Stoll (Hg.), Ermutigungen für ein ganzes Jahr, Hänssler Verlag Holzgerlingen 2004.
Ansteckende Heiterkeit
Es gibt Menschen, die stecken andere an -
mit ihrer Fröhlichkeit, mit ihrem Optimismus,
mit ihrem Humor.
Es gibt Menschen, die strahlen etwas aus.
In ihrer Gegenwart fühlen wir uns wohl.
Ihr Reden ermuntert, ihr Schweigen ist beredt.
Sie meiden das Laute; sie lieben die Stille.
Es gibt Menschen, die wünscht man sich zu
Freunden. Sie sind uns sympathisch
vom ersten Augenblick unserer Begegnung an.
Sie wirken gelassen, herzlich, selbstlos.
Es gibt Menschen, die künden Freude
schon allein durch ihr Da- und Sosein.
Sie leben die Frohbotschaft...
Aus: Adalbert Ludwig Balling: Der Seele Flügel verleihen, Agentur des Rauhen Hauses Hamburg.
Auf dem Weg zu dir
Wenn ich auf dem Weg zu dir bin, Gott,
dann gehe ich Schritt für Schritt.
Ich suche dich im Alltag.
in der Stille;
in den Menschen.
Ich bin erstaunt, dass ich dich finde, Gott,
dort, wo ich intensiv lebe,
dort, wo sich die Stille tief in mich senkt,
dort, wo Begegnungen mich berühren.
Vielleicht, Gott,
ist es ja so,
dass du schon da bist,
und nur darauf wartest,
dass ich ankomme - bei dir.
Aus: Gerdi Stoll (Hg.), Ermutigungen für ein ganzes Jahr, Hänssler Verlag Holzgerlingen 2004.
Christ sein
Selbst ratlos sein
und doch viele beraten können.
Selbst gebrochen sein
und doch vielen als Halt dienen.
Selbst Angst haben
und doch Vertrauen ausstrahlen.
Das alles ist Menschsein,
ist wirkliches Leben.
Aus: Martin Gutl; In vielen Herzen verankert Styria Verlag.
Einander tragen
Mit ausgeruhten Augen sind wir
wieder fähig, genau hinzuschauen und
zu sehen, wie Menschen leben.
Mit ausgeruhten Ohren fällt es uns
wieder leichter, aufmerksam zu sein
und zu hören, was jemand sagen möchte.
Mit ausgeruhtem Mund finden wir
wieder das treffende Wort.
Gott, unsere Zuversicht, hilf uns,
einander zu tragen, mutig zu sein,
uns ins Unbekannte zu wagen.
Lass deinen Geist in uns fließen.
Zitiert nach: Benedikta Hintersberger OP, Andrea Kett, Hildegund Keul, Aurelia Spendel OP (Hrsg); Du bist der Atem meines Lebens. Das Frauengebetbuch. Schwabenverlag Ostfildern 2006.
Fußwaschung
Die Apostel, vor allem Petrus, sind bestürzt. Das passt überhaupt nicht in ihr Konzept. Damit können sie nichts anfangen. Petrus ist entrüstet: "Herr, du willst mir die Füße waschen?" (...) Es ist gar nicht so leicht, die Liebe Jesu zuzulassen, weder in ihrer erhabenen Gestalt noch in ihrer Entäußerung. Es ist gar nicht so leicht, sich ganz von Jesus lieben zu lassen. Etwas in uns sträubt sich dagegen. Aber Jesus sagt: Wenn du diese Liebe bis zum Äußersten nicht zulässt, gehörst du nicht zu meinen Jüngern, zu meinen Geistesverwandten.
In Ehrfurcht wollen wir schauen, wie Jesus den Jüngern die Füße wäscht. Erst Petrus, der sich geschlagen gibt, denn zu Jesus will er gehören. Das geht ihm über alles.
Dann kommt Jesus [zu allen anderen Jüngern]. Dann komme ich an die Reihe. Jesus fragt mich: Soll ich dir die Füße waschen? Ich weiß, das bedeutet tiefes Anteilhaben an allem, was sein ist, an seiner Freude und seiner Trostlosigkeit, an seinen Siegen und seinen Qualen, an seinem Tabor und seinem Kalvarienberg, an seinem Leben und an seinem Tod. Bin ich bereit? Bin ich bereit, seine Kleider zu tragen? Bin ich bereit, in seinem Geist zu leben? Bin ich bereit zu lieben, wie er liebt? Auch das gehört zur Wahrhaftigkeit der Eucharistiefeier.
Aus: Piet van Breemen; Was zählt, ist die Liebe. Exerzitien für den Alltag. Herder Verlag Freiburg - Basel - Wien 1999.
Gegenwart Christi in den heiligen Handlungen der Eucharistiefeier
Christus ist seiner Kirche immerdar gegenwärtig, besonders in den heiligen Handlungen. Gegenwärtig ist er im Opfer der Messe sowohl in der Person dessen, der den priesterlichen Dienst vollzieht - denn "derselbe, der sich einst am Kreuz selbst dargebracht hat, bringt das Opfer jetzt dar durch den Dienst der Priester" - , wie vor allem unter den eucharistischen Gestalten. Gegenwärtig ist er mit seiner Kraft in den Sakramenten, so dass, wenn immer einer tauft, Christus selber tauft. Gegenwärtig ist er in seinem Wort, da er selbst spricht, wenn die heiligen Schriften in der Kirche gelesen werden. Gegenwärtig ist er schließlich, wenn die Kirche betet und singt, er, der versprochen hat: "Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen."
In der Tat gesellt sich Christus in diesem großen Werk, in dem Gott vollkommen verherrlicht und die Menschheit geheiligt wird, immer wieder die Kirche zu, seine geliebte Braut. Sie ruft ihren Herrn an, und durch ihn huldigt sie dem ewigen Vater.
Mit Recht gilt also die Liturgie als Vollzug des Priesteramtes Christi; durch sinnenfällige Zeichen wird in ihr die Heiligung des Menschen bezeichnet und in je eigener Weise bewirkt vom mystischen Leib Jesu Christi, d.h. dem Haupt und den Gliedern, der gesamte öffentliche Kult vollzogen.
Infolgedessen ist jede liturgische Feier als Werk Christi, des Hohenpriesters, und seines Leibes, der die Kirche ist, in vorzüglichem Sinn heilige Handlung, deren Wirksamkeit kein anderes Tun der Kirche an Rang und Maß erreicht.
Aus der Liturgiekonstitution des II. Vatikanischen Konzils (1962 - 1965): Christus ist in seiner Kirche gegenwärtig.
Zur Geschichte und Bedeutung des Kelches in der Antike
Während Nomaden zum Trinken Schläuche, z. B. Milchschläuche verwendeten, benützten Bauern wie Vornehme einen Becher, zunächst aus Ton bzw. Keramik, später aus Stein, Metall oder Glas. Aus dem Becher entwickelte sich der Kelch, der meistens aus einem Fuß, dem Knauf und darüber dem eigentlichen Trinkbecher besteht. In der Bibel werden die Wörter Becher und Kelch gleichbedeutend verwendet.
Der Becher bzw. Kelch hatte auch symbolische Bedeutung. Den Kelch bis zur Neige leeren bedeutete, äußerstes Unheil erdulden. Bei manchen Völkern des Altertums gab es den Todesbecher. Ein zum Tod Verurteilter erhielt einen mit Gift gefüllten Becher, aus dem er dann trinken musste. Der Kelch als Symbol für äußeres Unheil bzw. Tod findet sich auch in den Evangelien.
Beim letzten Abendmahl reicht Jesus den Jüngern den Kelch und fordert sie auf, daraus zu trinken, denn es ist der Kelch des neuen und ewigen Bundes, sein Blut, das für sie und für die Vielen vergossen wird zur Vergebung der Sünden. Dann trägt er ihnen auf, dies weiterhin zum Gedächtnis an ihn zu tun. So hat sich unser heutiger Messkelch entwickelt. Er soll aus edlem Metall sein, der Becher muss mindestens innen vergoldet sein.
Ausdeutung
In der Nacht nach seiner Verhaftung betet Jesus im Garten Gethsemane: "Mein Vater, wenn dieser Kelch nicht an mir vorübergehen kann, ohne dass ich ihn trinke, geschehe dein Wille." (Mt 26, 42)
Hier ist der Kelch Symbol für seinen Tod am Kreuz, seinen Tod zu unserer Erlösung. Er nimmt ihn an, weil es der Wille des Vaters ist. Er nimmt ihn an, weil er uns liebt und uns für das ewige Leben retten will. In diesem Kelch, den er für uns trinkt, sind auch unsere eigenen Sünden. Ein bitterer Kelch, für uns aber der Anlass zu unendlicher Dankbarkeit.
Dieselbe Bedeutung hat der Kelch, wenn Jesus zu Jakobus und Johannes sagt: "Ihr werdet den Kelch trinken, den ich trinke." (Mk 10, 39) Dieses Wort ist eine Anspielung auf ihren Martyrertod, in dem sich für sie die Nachfolge Jesu vollenden wird.
Aus: Werner Eizinger, Wie Weihrauch steige mein Gebet vor dir auf, Meditative Gottesdienste mit Symbolen, Regensburg 2008.
Ein vollkommener Ausdruck der Liebe Gottes
Noch erstaunlicher ist, dass Jesus uns bei beiden Gesten aufträgt, wir sollten das Gleiche tun. Nachdem er seinen Jüngern die Füße gewaschen hat, sagt er: "Ich habe euch ein Beispiel gegeben, damit auch ihr so handelt, wie ich an euch gehandelt habe." (Johannes 13, 15) Und nachdem er sich selbst zur Speise und zum Trank gegeben hat, sagt er: "Tut dieses zu meinem Gedächtnis!" (Lukas 22, 19) Jesus beruft uns, seine Sendung, die vollkommene Liebe Gottes in dieser Welt zu offenbaren, fortzuführen. Er beruft uns zur völligen Selbsthingabe.
Wir wollen nichts für uns selbst behalten, sondern unsere Liebe soll so voll, so radikal, so umfassend sein wie seine. Er will, dass auch wir uns bis zum Boden beugen und einander die Stellen berühren, die es am meisten nötig haben, gewaschen zu werden. Er will, dass auch wir zueinander sagen: "Esst von mir und trinkt von mir." So sollen wir durch dieses umfassende wechselseitige Einander Ernähren ein Leib und ein Geist werden, geeint von der Liebe Gottes.
Als Toni zu seiner Gemeinschaft von der Liebe Jesu sprach und als ich sah, wie er ihnen die Füße wusch und ihnen das Brot und den Wein gab, kam es mir vor, als erhaschte ich kurz einen Blick auf das neue Reich, das zu bringen Jesus gekommen war. Jeder und jeder im Raum wusste, wie weit sie oder er noch davon entfernt war, ein vollkommener Ausdruck der Liebe Gottes zu sein. Aber ebenso war jeder bereit, einen Schritt in die Richtung zu tun, die Jesus gewiesen hatte.
Das war ein Abend in Paris, den ich nicht so schnell vergessen werde.
Aus: Henri Nouwen, Jesus, Eine Botschaft, die Liebe ist, Freiburg, 2003.
Ölbergandacht
Bleibet hier und wachet mit mir,
wachet und betet, wachet und betet.
Bleibt hier - bleibt stehen
Bleib hier - halt inne
Bleib hier - komm zur Ruhe
Bleib hier und nimm deine Aufgekratztheit wahr
Bleib hier und spür die Unruhe
Bleib hier trotz Juckens und Hin- und Herrutschens
Bleib, statt dich zu verduften
Bleib, nicht, als gäbe es groß was zu tun
Bleib, weil du einfach hier gebraucht wirst
Bleibet hier und wachet mit mir,
wachet und betet, wachet und betet.
Bleib, weil genau du gebraucht wirst
Bleib, wenn du ehrlich zu mir stehst
Bleib, wenn deine Solidarität mehr ist als ein Schönwetterspruch
Bleib, wenn der Rest der Welt sich aus dem Staub macht
Bleib, wenn du fürchtest, den Kürzeren zu ziehen
Bleib, wenn du Angst hast, allein zurückzubleiben
Bleib, um Zeichen zu sein gegen das schnöde Vergessen
Bleib - und entdecke den Raum der stillen Treue
Bleibet hier und wachet mit mir,
wachet und betet, wachet und betet.
Bleib hier bei mir
Bleib, weil ich es bin
Bleib, ja was brauchst du sonst für Gründe
Bleib, ich bin es
Bleib, ich brauche deine Nähe
Bleib, ich brauche deine Gegenwart
Bleib, ich brauche Zeugen
Bleib, ich brauche Zeugen für den unerhörten Vorgang
Bleib, sonst wird man es uns nicht glauben
Bleib, steh ein für der Liebe Sinn
Bleibet hier und wachet mit mir,
wachet und betet, wachet und betet.
Bleib, so sagen es die Augen der Kranken
Bleib, so sagt es uns das Kind
Bleib, fleht ein Einsamer
Bleib nah am Saum des Elends
Bleib solidarisch mit der Gottverlassenheit
Bleib am Rande des Scheiterns
Bleib, den Opfergang zu beherzigen
Bleib und trotze dem blinden Schicksal
Bleib dort, wo sich der Abgrund aufgetan hat
Bleib, den ewigen Gott in diesem Abgrund zu beschwören
Bleibet hier und wachet mit mir,
wachet und betet, wachet und betet.
Wachet mit mir
Wachet, denn Schläfer gibt es genug
Wachet, denn das Heil ist schnell verschlafen
Wachet, denn das Himmelschreien der Geschundenen weckt
Wachet, denn die Verzweiflung der Kreatur braucht Zeugen
Wachet, denn Ablenkung und Unterhaltung schläfern die Liebe ein
Wachet, denn das will ausgehalten sein
Wachet, denn das erklärt sich nicht hoppla hopp
Wachet und fragt, Herr, wie lange noch
Wachet mit allen, die vor Schmerzen keine Ruhe finden
Wachet mit allen, deren Schlaf auf Lebenszeit zerstört ist
Wachet und beherzigt das himmelschreiende Grauen
Wachet und nehmt Maß an der größeren Liebe Christi
Bleibet hier und wachet mit mir,
wachet und betet, wachet und betet.
Quelle unbekannt
"Jesus starb den Opfertod, um Gott zu versöhnen"
Der Tod Jesu musste für seine Freunde und Jünger ein schockierendes Ereignis gewesen sein. Hat sich Jesus für seine Freunde geopfert, dadurch Gott und die Welt versöhnt? Dieser Erklärungsversuch ist teuer erkauft, denn er verzerrt das Bild Gottes: Ein Gott, der voller Zorn auf die Menschen ist und mit einem blutigen Menschenopfer ruhig gestellt werden muss. Nein, so kann der Gott nicht sein, der Mensch geworden ist.
Ich sehe die Propheten neben der Hinrichtungsstätte in Golgatha stehen und sagen: "So spricht der Herr: Ich habe keinen Gefallen am Opfer. Auch an diesem nicht. Ich, der Vater meines geliebten Sohnes, bin kein blutrünstiger, rachsüchtiger, menschenfeindlicher Gott. Ich bin kein Gott des Opfers, sondern der Liebe." Das Opfer verändert Gott nicht. Das gilt auch für die Kreuzigung Christi. Gott war auch schon vor dem vermeintlichen Menschenopfer Jesu ein gnädiger Gott. Er hat ganz und gar kein Gefallen am Tod Jesu. Im Gegenteil, er leidet furchtbar daran. Es schmerzt und quält ihn. Und - er handelt. Am dritten Tag besiegt er den Tod. Das Leben ist stärker als das Opfer. Das ist für mich die tiefste Kraft des christlichen Glaubens.
Christus hat uns aus der Opferrolle befreit, befreit zum Handeln. Jesus starb, weil er so verbunden war mit seinem Vater. Jesus hat sich mit ihm an den schwärzesten Punkt des Menschseins begeben: von Gott und von allen Menschen verlassen, verloren und gefoltert, in schrecklichster Einsamkeit. Weil er die Menschen geliebt hat, wollte er ihnen auch dorthin folgen. Sein Tod war die Konsequenz seiner Liebe. Das ist ein fundamentaler Unterschied: Liebe statt Opfer.
Viele von ihnen werden das berühmte Gebet von Reinhold Niebuhr kennen, das so beginnt: Gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann. Ich möchte es so abwandeln: Herr, gib mir die Kraft, das Leiden zu ertragen, die ich ertragen muss. Gib mir den Mut, die Leiden zu lassen, die ich lassen kann. Und gib mir die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden. Amen.
Aus: Werner Tiki Küstenmacher, Die 3-Minuten Bibel, München 2006.
Getsemani
Christi Kraft rann aus. Sein Mut ertrank in Angst. Seine Liebe wurde hineingestoßen in die Gottverlassenheit. In furchtbarer Ohnmacht krümmte er sich am Boden, schrie zum Vater, kapitulierte scheinbar vor seiner Aufgabe, für die er in die Welt gekommen war, irrte ratlos unter dunklen Bäumen zwischen der Stätte seines Betens und den drei Jüngern umher. Dreimal bat er den Vater, ihn zu verschonen. Er starrte mit fremden Augen auf die Gestalt des Engels, der ihn trösten wollte, und konnte am Ende nur noch in einem Nebensatz ein Ja aussprechen, dass von einem furchtbaren Nein begleitet war: "Abba, mein Vater, lass diesen Kelch an mir vorübergehen! Doch nicht mein Wille, sondern der deine geschehe" (Lk 22, 42). Schließlich konnte er es nicht mehr ertragen und weckte die Jünger.
Ladislaus Boros, Befreiung zum Leben, Freiburg 1977.
Gebrochenes Brot
geteiltes Brot
geteilte Liebe
geteiltes Leben
ausgeteiltes Brot
Brot für die Vielen
Brot für alle
für die Jungen
für die Alten
verzehrtes Brot
Liebe
die sich verzehrt
Jesus Christus
der sich verzehren lässt
damit wir leben
damit wir lieben
damit sein Friede
in uns
und unter uns ist.
Aus: Karlheinz May, Vom Duft der Auferstehung. Die vier Evangelien in Auszügen mit Meditationen, kommentierenden Texten und Zeichnungen. Im Eigenverlag (Holsteinstr 1, D-51065 Köln).
Die Anbetung
Vom menschlichen Hunger und dem Augenblick der Ewigkeit
»Verweile doch, o Augenblick, du bist so schön!« Diese Worte pflegen Menschen zu sagen, wenn sie in einer Liebesbeziehung mitten im Strudel der Zeit Oasen der Ewigkeit erleben dürfen und deshalb wünschen, dass die Zeit stehen bleibt. Indem sie sich gegenseitig in die Augen blicken, möchten sie am liebsten den »Augenblick« - im tiefen Doppelsinn dieses Wortes - festhalten. Solche Oasen der Ewigkeit mitten in der Zeit brauchen wir Menschen auch im Leben des Glaubens. Die christliche Tradition nennt sie die Zeit der Anbetung Gottes. Diese ist eine qualifizierte Zeit, die Zeit Gottes mitten in der Weltzeit und auch gegen sie, nämlich als Unterbrechung des natürlichen Zeitenlaufs. Anbetung Gottes ist der Einbruch der Ewigkeit in die Zeit der Welt, auch wenn es nur für die Zeitspanne eines »Augenblicks« ist.
Aufrechter Gang und Kniefall vor Gott
»Verweile doch, o Augenblick, du bist so schön!« Diese Worte werden auch Glaubenden immer wieder im Herzen hochsteigen, wenn sie die eucharistische Anbetung pflegen. Hier erleben sie den Augen-Blick schlechthin, nämlich den Blick Jesu Christi, der uns ansieht und uns sein An-Sehen schenkt, ja der uns ein solches Ansehen schenkt, dass wir im Herzen froh werden dürfen. Was aber wäre in der Welt und Kirche heute Not-wendiger als die Erfahrung der Gegenwart des Auferstandenen in unserem Leben? Diese Gegenwart Jesu Christi wird uns in besonderer Weise in der eucharistischen Anbetung geschenkt, in der wir Augen und Herzen ganz auf den richten, der uns auf eine so liebenswürdige Weise nahe sein will.
»Anbetung« ist freilich ein arg unmodernes Wort geworden. Auf das erste Zusehen hin ist dies sogar verständlich. Denn Anbetung bedeutet, dass Menschen vor Gott, und zwar im buchstäblichen Sinn, in die Knie gehen. In die Knie zu gehen empfinden Menschen heute aber weithin als Entwürdigung oder gar als Demütigung. Denn wir haben gelernt, den aufrechten Gang zu lieben, und haben Angst, das Rückgrat zu verlieren. Und dies mit bestem Recht! Denn in der Welt muss man »den Mann« und »die Frau stehen«, in der Welt darf man in der Tat vor niemandem in die Knie gehen, und in der Welt ist nichts und niemand anzubeten. Die Anbetung Gottes hingegen schenkt die heilsame Erfahrung: Nur wer ein starkes Rückgrat hat, kann sich so tief bücken, weil er dankbar erspürt, dass er seinen aufrechten Gang gerade dem verdankt, vor dem er in die Knie geht und den er anbetet. Den aufrechten Gang in der Welt lernt der Mensch im Kniefall vor Gott.
Solche Anbetung Gottes vermag nur im Lebensraum eines radikalen Vertrauens zu gedeihen. Denn Vertrauen bedeutet, sich selbst aus dem Gefängnis des eigenen Ich zu lösen und demjenigen, dem man begegnet, zu trauen und sich ihm anzuvertrauen. Da sich im Vertrauen aber die tiefste Sehnsucht des Menschen nach einer maßlosen Erfüllung seiner ebenso maßlosen Hoffnungen zum Ausdruck bringt, kann solches Vertrauen in der Welt nie aufgehen. Die Welt ist, um mit dem Dichter KURT TUCHOLSKY zu sprechen, »eine Nummer zu klein geraten, um die unendliche Sehnsucht eines Menschen stillen zu können«. Diese tiefe Wahrheit äußert sich sogar noch in der Sucht, die nicht zufälligerweise in der heutigen Zeit so weit verbreitet ist. Denn selbst noch die Sucht ist ein Zeichen eines maßlosen Hungers, der in dieser Welt nie befriedigt werden kann.
Es ist kein Zufall, dass wir in der biblischen Botschaft immer wieder den Bildern von Hungern und Dürsten begegnen, um die tiefste Sehnsucht des Menschen auszudrücken. Der christliche Glaube weiß von einem maßlosen Hunger; ja er selbst ist dieser Hunger. Denn »christlicher Glaube ist heiß auf das, was kommt. Er gibt sich nicht zufrieden mit dem, was ist. Er ist auf den richtigen Geschmack gekommen für das, was wahr ist und bewährt, auch wenn es noch nicht voll da ist« (BISCHOF FRANZ KAMPHAUS).
Aus: Kurt Koch, Bereit zum Innersten. Für eine Kirche, die das Geheimnis lebt. Herder Verlag, Freiburg Basel Wien 2003.
preisgegeben
Sie haben nicht gebeichtet, die Jünger, im Abendmahlsaal, vor ihrer ersten Kommunion. Jesus sagte nicht: «Kommt und bekennt Eure Sünden, dann dürft Ihr die Eucharistie empfangen.» Aber ich glaube, ich weiß, wie das war. Im Hinblick auf die absolute Vergebung auf Golgota am nächsten Tag, am nächsten Nachmittag, am Kreuz, schenkte sich der Kyrios seinen Jüngern. Die Kommunion, sein Leib, sein Blut verhinderte nicht, daß sie ihn noch in der gleichen Nacht verließen und verrieten. Selbst Judas gabst du das «Brot der Engel», und das verhinderte nicht, daß der Satan in ihn fuhr. So hast du dich hergegeben, hingegeben, preisgegeben, in einen solchen Abgrund der Sünde. Sie verstanden gewiß nicht, was das ist, kommunizieren. Wissen wir es?
Aus: Silja Walter, Die Beichte im Zeichen des Fisches. Ein geistliches Tagebuch. Topos Taschenbücher, Kevelaer 2005.
Offenbarung der Liebe Gottes
Das ist der Sinn des Wortes Jesu: "Ich habe euch ein Beispiel gegeben”; nicht, damit ihr diesen Dienst hier tut, den ich euch erwiesen habe, sondern damit auch ihr so handelt, wie ich es in meinem ganzen Leben getan habe, das eine Offenbarung Gottes ist. Das sei das ganze Tun eurer Existenz.
Zwei Gestalten in der Szene der Fußwaschung können uns als Beispiele dafür dienen, wie schwer es ist, diese Offenbarung Gottes und dieses Selbstverständnis des Menschen zu akzeptieren: An erster Stelle die Gestalt des Judas, der sich völlig der Offenbarung der Liebe Gottes und des Sinnes des menschlichen Lebens verweigert. Sie wirft in der Tat einen Schatten wie die Ungläubigkeit, die immer die Aufforderung Jesu zum Glauben begleitet.
Doch liegt über dieser Szene noch ein anderer Schatten, der des Petrus. Petrus wehrt ab: Es ist eine Abwehr von tiefer Bedeutung, die uns den Sinn der geheimnisvollen Handlung begreifen läßt, die Jesus gerade vollzieht. Was veranlaßt Petrus zur Abwehr? Vordergründig gesehen könnten wir sagen, daß Petrus das Füßewaschen als Demütigung mißversteht und auch ein wenig für unangebracht hält. Deshalb kann er es nicht geschehen lassen und erregt sich darüber. Aber der Nachdruck, den Johannes auf die Weigerung des Petrus und das so ernste Wort Jesu legt: "Wenn ich dich nicht wasche, hast du keinen Anteil an mir” - ein Wort, das Petrus dazu bringt, die Geste des Meisters völlig zu akzeptieren -, weist wohl noch auf eine andere Bedeutung hin, die den ganzen Widerstand des Apostels gegen das Ja zum Kreuzweg zum Ausdruck bringen soll. Wenn diese geheimnisvolle Geste Jesu Bereitschaft zum unmittelbar bevorstehenden Tod bekunden soll, ist Petrus derjenige, der sagt: "Nein, Herr, das sei fern von dir!” Diese Versuchung ist so schwer, daß Jesus, der sich bei Markus im Kapitel 8 zu ihrer Zurückweisung sogar der Anrede "Satan” bedient, ihr auch hier mit den Worten entgegentritt: "Wer nicht durch mich den Kreuzweg akzeptiert" - also auch für sich selbst. Petrus lehnt ihn nicht nur für Jesus ab, sondern auch für sich, denn er begreift, daß auch er selbst in Jesu Schicksal verwickelt ist -, "der hat keinen Anteil an mir” (13,8).
Vielleicht gibt es noch eine dritte Verständnisebene, die sich nur schwer ausdrücken läßt, hier aber wenigstens andeutungsweise angesprochen sein soll: Petrus steht für unser Widerstreben, jemandem etwas schulden zu sollen. Es fällt schwer, freien Herzens und spontan Geschenke anzunehmen. Noch schwerer ist es zuzugeben, jemandem etwas zu schulden, bringt uns dies doch in eine gewisse Abhängigkeit und Verpflichtung, die wir fürchten ... Jemandem für etwas danken zu müssen, belastet uns. Immer sind wir eher geneigt, uns selbst Dank zu sagen als den andern. Wenn wir der Schilderung des Johannes folgen, spürt Petrus intuitiv, wie das Füßewaschen durch Christus offenbart, daß er ihm alles verdankt. Petrus muß sich so von der Liebe des Vaters im Sohn durchdringen lassen, daß er ganz von Gott abhängig - pros ton theon - ist - wie der Sohn vom Vater - und ganz in dieser Abhängigkeit der Liebe und Dankbarkeit leben muß, für die das Menschenherz sich ungern öffnet, weil wir alle eben eher bestrebt sind, uns aus eigener Kraft zu erlösen. Es ist schwer, die Liebe Gottes anzunehmen, es ist schwer, Jesus anzunehmen, der uns dienen will, und es ist schwer, andere dazu zu bringen, von uns einen Dienst anzunehmen, wenn wir nicht vorher anerkennen, daß auch wir selbst von Gott empfangen haben.
Wir sind in diesem Abschnitt mit einigen der wichtigsten Themen des Johannesevangeliums konfrontiert: Der durch die Liebe des Vaters in Jesus erlöste Mensch muß aus sich herausgehen, seine tiefsten inneren Hemmungen hinter sich lassen und mit Freude anerkennen, daß es diese Liebe ist, die ihn zum Geschenk für die andern macht und erklärt. Wenn er sie bejaht, muß sich für ihn daraus die Bereitschaft ergeben, auch seinerseits für andere da zu sein. Deshalb schließt Jesus mit den Worten: "Selig seid ihr, wenn ihr das wißt und danach handelt” (13,17) ... Allem christlichen Tun liegt ein kontemplatives Geheimnis zu Grunde: Es hat seinen Ursprung in der uneingeschränkten Bereitschaft Jesu, uns zu dienen, aus der sich unsere uneingeschränkte Bereitschaft zum Dienst an den andern ergibt. Indem Gott uns liebt, werden wir selbst fähig, uns den andern zur Verfügung zu stellen, ihnen froh zu dienen.
Aus: Carlo M. Martini, Seht, welch ein Mensch. Texte für alle Tage der Fasten- und Osterzeit. Herder Verlag, Freiburg Basel Wien 1999.
Das geteilte Brot
Das Brot ist neben dem Kreuz das größte Symbol des christlichen Glaubens. Das ist nicht verwunderlich: Es gibt im Deutschen das Wort "Kumpan” für einen Menschen, der mir im Alltag verbunden ist, der die gleichen Erfahrungen mit mir macht, die gleiche schwere Arbeit zu leisten hat, der mit mir so vieles teilt, was der Tag bringt. Das Wort kommt vom Lateinischen: conpanis und bedeutet also ein Mensch, der mit mir durch das tägliche Brot verbunden ist, oder um es noch wesentlicher zu sagen: Er ist Mit-Brot, er ist mir Brot, ich bin ihm Brot.
Auch im Französischen gibt es dieses Wort: copain, es meint den Menschen, der sich aus allen anderen heraushebt und der mir in Freundschaft verbunden ist, einen Menschen, der mir viel bedeutet, der mir so notwendig ist wie das tägliche Brot.
Ich glaube, daß wir von daher einen neuen Zugang zur Eucharistie bekommen könnten: Wir sind alle einander "Kumpane”, "copains”, Menschen, die einander Brot sind, die einander in Glaube, Hoffnung und Liebe nötig haben wie das tägliche Brot. Und diese Erfahrung übersteigt eine bloß menschliche Annahme. Wir sind das füreinander, weil Jesus Christus unser Kumpan ist, unser copain, Gott und Mensch, der mit uns unser Leben teilt, der uns sein Leben mitteilt als Brot für das Leben der Welt.
Von dieser Brotfeier könnte sich eine neue Welt aufbauen: Zwei oder drei sind in Christus versammelt und lernen sich von Christus her neu verstehen, eben als "Kumpane". Um diesen kleinen Kreis herum können sich neue Kreise bilden, bis die ganze Welt erfaßt ist. Darum gehört die Offenheit für die ganze Welt zum Wesen dieser Feier. Darum nennt man im Gottesdienst auch die Namen des Papstes und verweist auf alle Bischöfe, Priester und Diakone, weil sich eben von dieser Feier her die ganze Welt neu aufbaut. Und darum hat man in der alten Kirche vor der Kommunion immer ein Stück der konsekrierten Hostie in den Wein gesenkt und dabei an andere Eucharistiegruppen der Stadt, des Landes, der Welt gedacht. Und darum hat man den Gottesdienstteilnehmern Hostienbrote mitgegeben, damit die Kranken und anderen, die nicht an der Feier teilnehmen konnten, mit in die neue Welt der "Kumpane” Christi einbezogen werden konnten.
An diese Überlegung möchte ich zwei faszinierende Gedanken des heiligen Franziskus anschließen. Zunächst einmal diesen: Franziskus hat das Symbol des Brotes bzw. die Feier der Eucharistie entgrenzt. Er bleibt nicht in der Kirche oder in einer bestimmten zeitlichen Dauer der Messe. Er sieht die Eucharistie überall auf der Welt. Am besten, ich erzähle aus der Lebensgeschichte des Heiligen: Franziskus erfährt in seiner Armut immer wieder die menschliche Not. Und nun umgibt er diese Not sozusagen mit einer eigenen Liturgie. Die Brüder sollen sich aufmachen und von Tür zu Tür gehen. Sie sollen dann sagen: "Gepriesen sei der gute Gott”, gleichsam als Eröffnungsspruch für eine eigenartige Kommunionfeier.
Dann folgt die Bitte: "Wegen der Liebe, mit der Gott liebt, helft mir in meiner Not.” Und das Brot, das man dann bekommt, soll wie eine Hostie ehrfürchtig entgegengenommen werden. "Denn es ist heiliges Brot, das durch das Lob und die Liebe Gottes geheiligt ist." Um das zu verstehen, muß ich hinzufügen, daß man damals schon, wie übrigens teilweise heute noch, die Hostie heiliges Brot nannte. Und "heiligen" war damals das Wort für konsekrieren.
Mit anderen Worten: Die Eucharistie vollzieht sich nicht nur als Feier in der Kirche, sondern auch in der Erfahrung von Hilfe, in der liebenden Begegnung der Menschen.
Ganz auf dieser Linie liegt, wenn Franziskus den Ausdruck "Tisch des Herrn" nicht für Kommunionbank oder Altar - wie wir vermuten würden - gebraucht, sondern eben für Caritas, spontane Hilfe, für das Teilen im Alltag.
Eucharistiefeier und Alltag gehören also zusammen. Sie verhalten sich wie das Symbol zur Wirklichkeit, auf die es hinweist: Wir sind Kumpane nicht nur in einem symbolischen Sinn, sondern wirklich. Wir müssen das Symbol umsetzen in die tägliche Praxis, in die gegenseitige Hilfe hinein, in Schenken und Empfangen.
So dürfen wir auch folgende Geschichten eucharistisch, als Wirklichkeit der Eucharistie im Alltag, deuten.
Einmal hatten sich Franziskus und seine Brüder ein strenges Fasten vorgenommen. Sie wollten mit Jesus in der Wüste solidarisch sein und so ganz Gott gehören. Vierzig Tage lang sollte dieses Fasten dauern. Und nun geschieht es, daß eines Nachts einen Bruder so der Hunger plagt, daß er es nicht mehr aushält und weint und schreit. Was tut Franziskus? Er hört das Weinen und Seufzen dieses Bruders, steht auf, schaut, was im Hause ist an Brot, Rüben, Trauben, Wein und bereitet ein festliches Mahl. Und damit der Bruder wegen seiner Schwäche sich nicht schämen muß, fängt Franziskus mit dem Essen und Trinken an.
Das ist Eucharistie im Alltag: Einfühlung, Solidarität, Teilen.
Ein anderes Mal sieht Franziskus, wie ein Bruder krank und schwach herumläuft. Er denkt sich, daß ihm vielleicht ein paar Trauben Freude bereiten und ihm neue Kraft geben könnten. Er lädt den Bruder zu einem kleinen Spaziergang in den Weinberg ein und setzt sich mit ihm unter eine Rebe, und sie geben sich nun gegenseitig köstlich süße Trauben.
Das ist Eucharistie im Alltag, die Kommunion der Aufmerksamkeit, der Geschwisterlichkeit und des Teilens.
Ein zweiter Gedanke, der mich bei Franziskus so fasziniert: Franziskus glaubt nun, daß Christus allgegenwärtig ist: im Wort, im Sakrament, in den Aussätzigen, in den Armen, aber auch - und das ist das Ungewohnte - in den Reichen. Franziskus unterscheidet nämlich zwei sich ergänzende Aspekte an Christus: Da ist einmal Christus, insofern er Not leidet, ohnmächtig ist, arm, abhängig, auf die Hilfe anderer verwiesen - und auf diese Weise ist er in den Armen, Kranken, Aussätzigen, Bettlern gegenwärtig bis ans Ende der Welt. Und dann ist da Christus, insofern er glücklich, mächtig und voll Kraft ist, reich, frei, großzügig im Schenken - und auf diese Weise ist er - aber nur so! - in den Gesunden und Erfolgreichen.
Was nun aber entscheidend ist: Christus ist nur dann im vollen Sinne gegenwärtig, nur dann wirklich ganz erfüllend da, wenn sich die beiden Gruppen geschwisterlich im Empfangen und Schenken entsprechen, was im lebendigen Hin- und Herfließen der Liebe erfahrbar wird. Nur im Teilen, in das alle einbezogen sind, ist Christus real präsent, mit Leib und Blut da - jetzt und in alle Ewigkeit.
Darum ist das Brot die Hoffnung der Welt - wie das Kreuz, an dem sich Jesus hingab für alle.
Aus: Anton Rotzetter, Gottes Leidenschaft ist Liebe. Der Sinn von Kreuz und Auferstehung. Herder Verlag, Freiburg Basel Wien 1990.
Tisch
Einen Tisch träume ich
unendlich in allen Dimensionen
ungezählten Menschen bietet er Platz
an dem Hände sich berühren
Blicke sich begegnen
Worte Wiederklang finden
Einen Tisch träume ich
der aller Gastgeber ist
jeder - so gewollt - wie Platz genommen
einfach willkommen
Einen Tisch träume ich
an dem kein Mund leer
kein Herz trocken bleibt
Worte werden gereicht
die nach Dank schmecken
Lieder gesungen
einfach zum Geschenk
Ein Stück Brot und ein Schluck Wein sättigen
auch für diesen Morgen
jenseits von Raum und Zeit
mit Dir
Ich träume ein Mahl das die Menschen vereint
von allen Gesichtern dieser Welt lebt
ein Krümel die Welt sättigt
und ein Schluck spüren lässt:
"Du bist aller Gastgeber"
Aus: Gemeinsam entdecken. Ökumenische Gebete und Meditationen, Herausgegeben von Marcus Leitschuh und Cornelia Pfeiffer. Bonifatius / Verlag Otto Lembeck, Paderborn / Frankfurt am Main 2003.
Norbert Riebartsch (2010)
Johann Pock (1999)
Bernhard Zahrl (1997)