Die biblischen Lesungen wurden mit freundlicher Genehmigung der Ständigen Kommission für die Herausgabe der gemeinsamen liturgischen Bücher im deutschen Sprachgebiet den Lektionaren 2018 ff entnommen. - © 2024 staeko.net. - vgl. Impressum.
Die Katholischen Bibelwerke in Deutschland, Österreich und Schweiz stellen auf ihren Webseiten ausführliche Kommentare und Anleitungen zum Lesen der biblischen Lesungen für Sonn- und Feiertage zum Download im PDF-Format zur Verfügung. Mit freundlicher Genehmigung der Katholischen Bibelwerke übernehmen wir die Kurzeinleitungen zu den Lesungen.
Predigten vom 31. Dez. 2023 - 31. Dezember: Jahresschluss (Sonst.)
02. Mär. 2025
8. Sonntag im Jahreskreis (C)
23. Feb. 2025
7. Sonntag im Jahreskreis (C)
16. Feb. 2025
6. Sonntag im Jahreskreis (C)
09. Feb. 2025
5. Sonntag im Jahreskreis (C)
02. Feb. 2025
2. Februar: Darstellung des Herrn (Fest)
26. Jan. 2025
3. Sonntag im Jahreskreis (C)
19. Jan. 2025
2. Sonntag im Jahreskreis (C)
12. Jan. 2025
Taufe des Herrn (C)
06. Jan. 2025
Erscheinung des Herrn, Dreikönig (A/B/C)
05. Jan. 2025
2. Sonntag nach Weihnachten (A/B/C)
01. Jan. 2025
Neujahr - Fest der Gottesmutter Maria (A/B/C)
31. Dez. 2024
31. Dezember: Jahresschluss (Sonst.)
29. Dez. 2024
Fest der hl. Familie (C)
26. Dez. 2024
26. Dezember: hl. Stephanus (Fest)
25. Dez. 2024
Weihnachten, am Tag (A/B/C)
25. Dez. 2024
Weihnachten, am Morgen (A/B/C)
24. Dez. 2024
Weihnachten, in der Nacht (A/B/C)
24. Dez. 2024
Weihnachten, am Vorabend (A/B/C)
22. Dez. 2024
4. Adventsonntag (C)
15. Dez. 2024
3. Adventsonntag (C)
08. Dez. 2024
2. Adventsonntag (C)
08. Dez. 2024
8. Dezember: Mariä Empfängnis (Fest)
01. Dez. 2024
1. Adventsonntag (C)
24. Nov. 2024
Christkönigsonntag (B)
17. Nov. 2024
33. Sonntag im Jahreskreis (B)
10. Nov. 2024
32. Sonntag im Jahreskreis (B)
03. Nov. 2024
31. Sonntag im Jahreskreis (B)
02. Nov. 2024
2. November: Allerseelen (A/B/C)
01. Nov. 2024
1. November: Allerheiligen (A/B/C)
27. Okt. 2024
30. Sonntag im Jahreskreis (B)
20. Okt. 2024
29. Sonntag im Jahreskreis (B)
13. Okt. 2024
28. Sonntag im Jahreskreis (B)
06. Okt. 2024
27. Sonntag im Jahreskreis (B)
29. Sep. 2024
26. Sonntag im Jahreskreis (B)
22. Sep. 2024
25. Sonntag im Jahreskreis (B)
15. Sep. 2024
24. Sonntag im Jahreskreis (B)
14. Sep. 2024
14. September: Kreuzerhöhung (Fest)
08. Sep. 2024
8. September: Mariä Geburt (Fest)
08. Sep. 2024
23. Sonntag im Jahreskreis (B)
01. Sep. 2024
22. Sonntag im Jahreskreis (B)
01. Sep. 2024
Erntedank - Schöpfungszeit (Sonst.)
25. Aug. 2024
21. Sonntag im Jahreskreis (B)
18. Aug. 2024
20. Sonntag im Jahreskreis (B)
15. Aug. 2024
15. August: Mariä Himmelfahrt (Fest)
11. Aug. 2024
19. Sonntag im Jahreskreis (B)
06. Aug. 2024
6. August: Verklärung des Herrn (Fest)
04. Aug. 2024
18. Sonntag im Jahreskreis (B)
28. Jul. 2024
17. Sonntag im Jahreskreis (B)
21. Jul. 2024
3. Sonntag im Juli: Heiligster Erlöser (Fest)
21. Jul. 2024
16. Sonntag im Jahreskreis (B)
14. Jul. 2024
15. Sonntag im Jahreskreis (B)
07. Jul. 2024
14. Sonntag im Jahreskreis (B)
30. Jun. 2024
13. Sonntag im Jahreskreis (B)
29. Jun. 2024
29. Juni: hl. Petrus und Paulus (Fest)
27. Jun. 2024
27. Juni: Fest der Mutter von der Immerw. Hilfe (Fest)
24. Jun. 2024
24. Juni: hl. Johannes des Täufers (Fest)
23. Jun. 2024
12. Sonntag im Jahreskreis (B)
20. Jun. 2024
20. Juni: Weltflüchtlingstag (Sonst.)
16. Jun. 2024
11. Sonntag im Jahreskreis (B)
09. Jun. 2024
10. Sonntag im Jahreskreis (B)
07. Jun. 2024
Heiligstes Herz Jesu (B)
02. Jun. 2024
9. Sonntag im Jahreskreis (B)
30. Mai. 2024
Fronleichnam (B)
26. Mai. 2024
Dreifaltigkeitssonntag (B)
20. Mai. 2024
Pfingstmontag - Maria, Mutter der Kirche (B)
19. Mai. 2024
Pfingstsonntag (A/B/C)
18. Mai. 2024
Pfingsten, am Vorabend (A/B/C)
12. Mai. 2024
7. Sonntag der Osterzeit (B)
09. Mai. 2024
Christi Himmelfahrt (B)
06. Mai. 2024
Bitttage (A/B/C)
05. Mai. 2024
6. Sonntag der Osterzeit (B)
01. Mai. 2024
1. Mai: Tag der Arbeit, hl. Josef (Fest)
30. Apr. 2024
1. Mai: Tag der Arbeit, hl. Josef (Fest)
28. Apr. 2024
5. Sonntag der Osterzeit (B)
21. Apr. 2024
4. Sonntag der Osterzeit (B)
14. Apr. 2024
3. Sonntag der Osterzeit (B)
08. Apr. 2024
25. März: Verkündigung des Herrn (Fest)
07. Apr. 2024
2. Sonntag der Osterzeit (B)
01. Apr. 2024
Ostermontag (A/B/C)
31. Mär. 2024
Ostersonntag (A/B/C)
30. Mär. 2024
Osternacht (B)
29. Mär. 2024
Karfreitag (A/B/C)
28. Mär. 2024
Gründonnerstag (A/B/C)
24. Mär. 2024
Palmsonntag (B)
19. Mär. 2024
19. März: hl. Josef (Fest)
17. Mär. 2024
5. Fastensonntag (B)
10. Mär. 2024
4. Fastensonntag (B)
03. Mär. 2024
3. Fastensonntag (B)
25. Feb. 2024
2. Fastensonntag (B)
18. Feb. 2024
1. Fastensonntag (B)
14. Feb. 2024
Aschermittwoch (A/B/C)
11. Feb. 2024
6. Sonntag im Jahreskreis (B)
04. Feb. 2024
5. Sonntag im Jahreskreis (B)
02. Feb. 2024
2. Februar: Darstellung des Herrn (Fest)
28. Jan. 2024
4. Sonntag im Jahreskreis (B)
21. Jan. 2024
3. Sonntag im Jahreskreis (B)
14. Jan. 2024
2. Sonntag im Jahreskreis (B)
07. Jan. 2024
Taufe des Herrn (B)
06. Jan. 2024
Erscheinung des Herrn, Dreikönig (A/B/C)
01. Jan. 2024
Neujahr - Fest der Gottesmutter Maria (A/B/C)
31. Dez. 2023
31. Dezember: Jahresschluss (Sonst.)
Einführungen zu den Gottesdienstlesungen - Ltg 0
Lesung - Ps 31,2-25
2 HERR, bei dir habe ich mich geborgen. /
Lass mich nicht zuschanden werden in Ewigkeit; r
ette mich in deiner Gerechtigkeit!
3 Neige dein Ohr mir zu,
erlöse mich eilends!
Sei mir ein schützender Fels, /
ein festes Haus, mich zu retten!
4 Denn du bist mein Fels und meine Festung;
um deines Namens willen wirst du mich führen und leiten.
5 Du wirst mich befreien /
aus dem Netz, das sie mir heimlich legten;
denn du bist meine Zuflucht.
6 In deine Hand lege ich voll Vertrauen meinen Geist;
du hast mich erlöst, HERR, du Gott der Treue.
7 Verhasst waren mir, die nichtige Götzen verehren,
ich setze auf den HERRN mein Vertrauen.
8 Ich will jubeln und deiner Huld mich freuen;
denn du hast mein Elend angesehn, /
du kanntest die Ängste meiner Seele.
9 Du hast mich nicht preisgegeben der Hand meines Feindes,
du stelltest meine Füße in weiten Raum.
10 HERR, sei mir gnädig, denn mir ist angst;
vor Gram sind mir Auge, Seele und Leib zerfallen.
11 In Kummer schwand mein Leben dahin,
meine Jahre vor Seufzen.
Meine Kraft ist ermattet wegen meiner Sünde,
meine Glieder sind zerfallen.
12 Vor all meinen Bedrängern wurde ich zum Spott,
zum Spott sogar für meine Nachbarn.
Meinen Freunden wurde ich zum Schrecken,
wer mich auf der Straße sieht, der flieht vor mir.
13 Ich bin dem Gedächtnis entschwunden wie ein Toter,
bin geworden wie ein zerbrochenes Gefäß.
14 Ich hörte das Zischeln der Menge - Grauen ringsum.
Sie taten sich gegen mich zusammen; /
sie sannen darauf, mir das Leben zu rauben.
15 Ich aber, HERR, ich habe dir vertraut,
ich habe gesagt: Mein Gott bist du.
16 In deiner Hand steht meine Zeit;
entreiß mich der Hand meiner Feinde und Verfolger!
17 Lass dein Angesicht leuchten über deinem Knecht,
hilf mir in deiner Huld!
18 Lass mich nicht zuschanden werden, HERR,
denn ich habe zu dir gerufen!
Zuschanden werden sollen die Frevler,
sie sollen verstummen in der Totenwelt.
19 Jeder Mund, der lügt, soll sich schließen,
der Mund, der frech gegen den Gerechten redet, /
hochmütig und verächtlich.
20 Wie groß ist deine Güte,
die du bewahrt hast für alle, die dich fürchten;
du hast sie denen erwiesen,
die sich vor den Menschen bei dir bergen.
21 Du verbirgst sie im Schutz deines Angesichts
vor den Verschwörungen der Leute.
In einer Hütte bewahrst du sie vor dem Gezänk der Zungen.
22 Gepriesen sei der HERR,
denn er hat seine Huld wunderbar an mir erwiesen /
in einer befestigten Stadt.
23 Ich aber sagte in meiner Angst:
Ich bin verstoßen aus deinen Augen.
Doch du hast mein lautes Flehen gehört,
als ich zu dir um Hilfe rief.
24 Liebt den HERRN, all seine Frommen!
Seine Getreuen behütet der HERR, /
doch reichlich vergilt er dem, der hochmütig handelt.
25 Euer Herz sei stark und unverzagt,
ihr alle, die ihr den HERRN erwartet.
1. Lesung (Auswahl) - 1 Kön 8,55-61
Lesung aus dem ersten Buch der Könige.
König Salomo trat vor die ganze Versammlung Israels,
segnete sie und rief mit lauter Stimme:
Gepriesen sei der HERR,
der seinem Volk Israel Ruhe geschenkt hat,
wie er es versprochen hat.
Von all den herrlichen Verheißungen,
die er durch seinen Knecht Mose verkündet hat,
ist nicht eine hinfällig geworden.
Der HERR, unser Gott, sei mit uns,
wie er mit unseren Vätern war.
Er verlasse uns nicht und verstoße uns nicht.
Er lenke unsere Herzen zu sich hin,
damit wir auf seinen Wegen gehen
und die Gebote, Gesetze und Rechtsentscheide bewahren,
die er unseren Vätern gegeben hat.
Mögen diese Worte,
die ich flehend vor dem HERRN, unserem Gott, gesprochen habe,
ihm Tag und Nacht gegenwärtig bleiben.
Möge er seinem Knecht und seinem Volk Israel Recht verschaffen,
wie es jeder Tag verlangt,
damit alle Völker der Erde erkennen,
dass niemand Gott ist als der HERR allein.
Euer Herz aber bleibe ungeteilt beim HERRN, unserem Gott,
sodass ihr seinen Gesetzen folgt
und auf seine Gebote achtet,
wie es heute geschieht.
1. Lesung (Auswahl) - Ez 34,11-16
Lesung aus dem Buch Ezechiel.
So spricht GOTT, der Herr:
Siehe, ich selbst bin es,
ich will nach meinen Schafen fragen
und mich um sie kümmern.
Wie ein Hirt sich um seine Herde kümmert
an dem Tag, an dem er inmitten seiner Schafe ist,
die sich verirrt haben,
so werde ich mich um meine Schafe kümmern
und ich werde sie retten aus all den Orten,
wohin sie sich am Tag des Gewölks
und des Wolkendunkels zerstreut haben.
Ich werde sie aus den Völkern herausführen,
ich werde sie aus den Ländern sammeln
und ich werde sie in ihr Land bringen.
Ich führe sie in den Bergen Israels auf die Weide,
in den Tälern und an allen bewohnten Orten des Landes.
Auf guter Weide werde ich sie weiden
und auf den hohen Bergen Israels wird ihr Weideplatz sein.
Dort werden sie auf gutem Weideplatz lagern,
auf den Bergen Israels werden sie auf fetter Weide weiden.
Ich, ich selber werde meine Schafe weiden
und ich, ich selber werde sie ruhen lassen
- Spruch GOTTES, des Herrn.
Das Verlorene werde ich suchen,
das Vertriebene werde ich zurückbringen,
das Verletzte werde ich verbinden,
das Kranke werde ich kräftigen.
Doch das Fette und Starke werde ich vertilgen.
Ich werde es weiden durch Rechtsentscheid.
Der richtige Hirte sucht nicht sich selber, sondern er ist ganz da für seine Herde. In Christus ist diese Vision des Propheten erfüllt.
Das Bild des Hirten, der über seine Herde wacht, ist nicht neu, aber immer eindrucksvoll. Jeremia verglich oft die Könige mit Hirten. Übten nicht Saul und David den Beruf des Hirten aus, ehe sie zu Königen Israels wurden? Jene, die Ezechiel als schlechte, gewissenlose Hirten schildert (Ez 34,2-10), sind ihre letzten Nachfolger in Juda. Ihr Eigennutz, ihre Verbrechen und Morde haben die Herde zerstreut. Aber auf dieses dunkle Bild folgt die Heilsverheißung: die Schafe werden wieder gesammelt, Israel wird wieder hergestellt.
Wie der Psalmist verheißt (Ps 23), wacht Gott persönlich über jedes seiner Schafe, über das verirrte, verwundete, schwache - und auch über das fette, da es ja nur dann gesund bleiben kann, wenn es geschützt wird vor den Gefahren des Weges, der Raubtiere und der Unwetter. Diese Weissagung voll Hoffnung und Liebe verwendet Jesus zu seiner Parabel vom verlorenen Schaf und zur Allegorie vom guten Hirten.
Die Stimme des Propheten Ezechiel ertönt in der Zeit des Exils (586-538 v. Chr.). Die Ich-Rede des Propheten wird mit der Botenformel "so spricht Gott, der Herr" durchsetzt, sodass für den Leser und Hörer das Wort Jahwes klar und deutlich wird. In unserem Abschnitt bzw. im ganzen Kapitel 34 von Ezechiel dominiert das Bild des Hirten: In 34,1-10 findet sich ein Gerichts- und Wehewort über die schlechten Hirten, in 34,11-22 ein Heilswort, das wiederum in eine Gerichtsansage mündet. Gott selbst sorgt für Gerechtigkeit und Recht in seiner Herde des Volkes Israel. In 34,23-31 wird die Einsetzung des Knechtes David als neuen Hirten und damit die Erneuerung des Friedensbundes verheißen.
Im Abschnitt unserer Lesung ist es Jahwe selbst, der seine Schafe aus der Zerstreuung zusammenführt, sie auf gute Weide im Bergland Israels führt und für Recht unter ihnen sorgt. Es wird ein Bild von Jahwe gezeichnet, das ihn selbst als aktiv zeigt, wenn es darauf ankommt. Er ist ein Gott, der sich für sein Volk im Exil einsetzt und dafür Sorge trägt, dass es Heimat findet.
Jahwe als Hirten zu betrachten ist keine Patentleistung Israels bzw. keine Kreation alttestamentlicher Theologie. Eine Gottheit als Hirte zu betrachten, war in der Umwelt Israels normale Erscheinung. Kann ein Entstehungsmotiv eines solchen Bildes - Gott als Hirte - in der Frustration über weltliche Herrscher geortet werden?
Ezechiel gehört zu den Deportierten. 597 v. Chr. nahm Nebukadnezar Jerusalem ein. Die Oberschicht Jerusalems wurde nach Babel abtransportiert. 586 folgte in Jerusalem ein Aufstand gegen die babylonische Herrschaft, welcher niedergeschlagen wurde, wobei auch der Tempel in Jerusalem selbst zerstört wurde. Für das Babylonische Reich ein Nebenereignis am Rande; für die Judäer eine Weltkatastrophe.
Enttäuschung, über die judäischen Könige, den Adel, Priester ... lenkt den Blick auf Jahwe! Wohliges gibt das griffige Bild aus der Alltagserscheinung vom Umgang des Hirten mit seiner Herde her. Nur so kann Jahwe sein im Gegensatz zu dem Pack, welches die Zerstreuung und Verschleppung bis nach Babel verschuldet hat.
1. Lesung (Auswahl) - Koh 3,1-11
Lesung aus dem Buch Kohelet.
Alles hat seine Stunde.
Für jedes Geschehen unter dem Himmel
gibt es eine bestimmte Zeit:
eine Zeit zum Gebären und eine Zeit zum Sterben,
eine Zeit zum Pflanzen und eine Zeit zum Ausreißen der Pflanzen,
eine Zeit zum Töten und eine Zeit zum Heilen,
eine Zeit zum Niederreißen und eine Zeit zum Bauen,
eine Zeit zum Weinen und eine Zeit zum Lachen,
eine Zeit für die Klage und eine Zeit für den Tanz;
eine Zeit zum Steinewerfen und eine Zeit zum Steinesammeln,
eine Zeit zum Umarmen und eine Zeit, die Umarmung zu lösen,
eine Zeit zum Suchen und eine Zeit zum Verlieren,
eine Zeit zum Behalten und eine Zeit zum Wegwerfen,
eine Zeit zum Zerreißen und eine Zeit zum Zusammennähen,
eine Zeit zum Schweigen und eine Zeit zum Reden,
eine Zeit zum Lieben und eine Zeit zum Hassen,
eine Zeit für den Krieg und eine Zeit für den Frieden.
Wenn jemand etwas tut
- welchen Vorteil hat er davon, dass er sich anstrengt?
Ich sah mir das Geschäft an,
für das jeder Mensch durch Gottes Auftrag sich abmüht.
Das alles hat er schön gemacht zu seiner Zeit.
Überdies hat er die Ewigkeit in ihr Herz hineingelegt,
doch ohne dass der Mensch das Tun,
das Gott getan hat,
von seinem Anfang bis zu seinem Ende wiederfinden könnte.
Manfred Wussow ()
Eindrucksvoll zählt Kohelet auf, was Zeit hat – und in der Zeit liegt. Zwölf Wortpaare stehen für das Ganze des Lebens mit den Gegensätzen, die auszuhalten sind. Eine moralische Wertung, eine Über- oder Unterordnung, gar eine Ausgrenzung findet sich bei Kohelet nicht. Auffällig ist, dass die Gegenüberstellungen zum Frieden führen, dem das letzte Wort in der Reihe zukommt. In der Weisheit – bei Kohelet ist es eine „Spätform“ weisheitlicher Tradition – spiegeln sich Zerrissenheit und Offenheit menschlichen Lebens.
Mit Blick auf Gott werden die Grenzen des Menschen klar. Nicht nur, dass die Arbeit plagt, das Werk, das Gott tut, kann der Mensch nicht ergründen. Weder Anfang noch Ende. Aber Kohelet weiß, dass Gott „alles schön gemacht hat“ zu seiner Zeit, er sieht auch, dass er „die Ewigkeit“ in das Herz der Menschen gelegt hat. Hier wird die Schöpfungsgeschichte auf den Punkt gebracht, der „Sündenfall“ ausgelegt und dem Menschen die Würde gegeben, an Gottes Leben teilzuhaben.
In der Zeit haben die Menschen ihren eigenen Weg. Die Gegensätze, die Kohelet beschreibt, sind als Freiheiten zu verstehen, die die Welt der Menschen unterscheidbar machen von der Welt Gottes. Eine vorschnelle Einheit, wie sie die frühe Weisheitsliteratur noch für möglich hielt, konnte Kohelet schon nicht mehr aussprechen.
Im Kanon der Heiligen Schrift ist Kohelet ein geradezu moderner Zeuge für die Gottheit Gottes und die Menschlichkeit des Menschen.
Antwortpsalm (Auswahl) - Ps 23,1-6
Kv: Der Herr ist mein Hirt,
nichts wird mir fehlen. – Kv
Der HERR ist mein Hirt, nichts wird mir fehlen. /
Er lässt mich lagern auf grünen Auen
und führt mich zum Ruheplatz am Wasser.
Meine Lebenskraft bringt er zurück.
Er führt mich auf Pfaden der Gerechtigkeit, getreu seinem Namen. - Kv
Auch wenn ich gehe im finsteren Tal,
ich fürchte kein Unheil;
denn du bist bei mir,
dein Stock und dein Stab, sie trösten mich. - Kv
Du deckst mir den Tisch
vor den Augen meiner Feinde.
Du hast mein Haupt mit Öl gesalbt,
übervoll ist mein Becher. - Kv
Ja, Güte und Huld
werden mir folgen mein Leben lang
und heimkehren werde ich ins Haus des HERRN
für lange Zeiten. - Kv
Antwortpsalm (Auswahl) - Ps 95,1-2. 4-7
Kv - Kommt mit Jubel vor das Antlitz des Herrn! - Kv
Kommt, lasst uns jubeln dem HERRN,
jauchzen dem Fels unsres Heils!
Lasst uns mit Dank seinem Angesicht nahen,
ihm jauchzen mit Liedern! - Kv
In seiner Hand sind die Tiefen der Erde,
sein sind die Gipfel der Berge.
Sein ist das Meer, das er gemacht hat,
das trockene Land, das seine Hände gebildet. - Kv
Kommt, wir wollen uns niederwerfen, uns vor ihm verneigen,
lasst uns niederknien vor dem HERRN, unserem Schöpfer!
Denn er ist unser Gott, /
wir sind das Volk seiner Weide,
die Herde, von seiner Hand geführt. - Kv
Lesung - 1 Joh 2,18-21
Lesung aus dem ersten Johannesbrief.
Meine Kinder, die letzte Stunde ist da.
Ihr habt gehört, dass der Antichrist kommt,
und jetzt sind viele Antichriste aufgetreten.
Daran erkennen wir, dass die letzte Stunde da ist.
Sie sind aus unserer Mitte gekommen,
aber sie haben nicht zu uns gehört;
denn wenn sie zu uns gehörten,
wären sie bei uns geblieben.
Es sollte aber offenbar werden,
dass sie alle nicht zu uns gehören.
Ihr habt die Salbung von dem, der heilig ist,
und ihr alle wisst es.
Ich schreibe euch nicht,
weil ihr die Wahrheit nicht kennt,
sondern weil ihr sie kennt
und weil keine Lüge von der Wahrheit stammt.
2. Lesung (Auswahl) - Röm 10,9-15
Lesung aus dem Brief des Apostels Paulus
an die Gemeinde in Rom.
Schwestern und Brüder!
Wenn du mit deinem Mund bekennst:
Herr ist Jesus -
und in deinem Herzen glaubst:
Gott hat ihn von den Toten auferweckt,
so wirst du gerettet werden.
Denn mit dem Herzen glaubt man
und das führt zur Gerechtigkeit,
mit dem Mund bekennt man
und das führt zur Rettung.
Denn die Schrift sagt:
Jeder, der an ihn glaubt,
wird nicht zugrunde gehen.
Denn darin gibt es keinen Unterschied zwischen Juden und Griechen.
Denn alle haben denselben Herrn;
aus seinem Reichtum beschenkt er alle,
die ihn anrufen.
Denn jeder, der den Namen des Herrn anruft,
wird gerettet werden.
Wie sollen sie nun den anrufen,
an den sie nicht glauben?
Wie sollen sie an den glauben,
von dem sie nichts gehört haben?
Wie sollen sie hören,
wenn niemand verkündet?
Wie soll aber jemand verkünden,
wenn er nicht gesandt ist?
Wie geschrieben steht:
Wie willkommen sind die Füße der Freudenboten,
die Gutes verkünden!
Christiane Herholz (2004)
Manfred Wussow (2007)
Paulus beschäftigt sich in seinem Brief an die Römer u. a. mit dem Verhältnis zwischen Juden und Griechen auf der einen Seite und Christen auf der anderen. Es liegt ihm daran aufzuzeigen, dass alle die Chance haben, gerettet zu werden. Das Entscheidende ist, den Glauben an Jesus Christus zu bekennen. Im vorliegenden Abschnitt ist in Vers 9 eine Passage eingearbeitet, die vielleicht einmal ein Taufbekenntnis war. Hier werden zentrale Aussagen des christlichen Glaubens zusammengefasst.
Immer wieder bezieht sich Paulus auf Worte der Schrift, auf Worte des Glaubens. Damit greift er die überlieferten Texte der Heiligen Schrift auf und deutet sie neu. Das entspricht der damaligen Auslegungsmethode. Das Vertrauen in die Schrift war sehr groß. In ihr sprach Gott selbst - über die Zeiten hinweg. Die konkrete und aktualisierte Ausdeutung fand jeweils neu statt - vor dem Hintergrund der jeweiligen Alltagserfahrungen. Somit handelt es sich bei dieser Methode um eine wesentlich auf den Hörer bezogene Auslegung. Das ermöglichte auch, Texte der Tora im christlichen Horizont zu deuten, auch wenn dadurch der ursprüngliche Sinn gänzlich verloren ging, vielleicht sogar konterkariert wurde. Entscheidend war immer, wie das Wort Gottes vor dem Hintergrund der jeweiligen Alltagserfahrungen verstanden werden konnte. So konnte Paulus auch in Jesus Christus die Erfüllung der alttestamentlichen Verheißungen sehen. Im Glauben an Jesus Christus finden für Paulus die alttestamentlichen Weisungen ihr Ziel.
In der zweiten Lesung aus dem Römerbrief werden der Glaube des Herzens und das Bekenntnis des Mundes zusammengesehen: Das Wort ist im Mund und im Herzen zu Hause. Gemeint ist das Wort Gottes, das Paulus verkündigt.
Was Paulus verkündigt hat, wird besonders in dem Bekenntnis: "Jesus ist Herr" verbunden. Dabei ist das Bekenntnis "Jesus ist der Herr" im Glauben begründet, dass Gott ihn von den Toten auferweckt hat. Paulus unterscheidet zwar Mund und Herz, trennt sie aber nicht. Er hätte auch schreiben können: Das Bekenntnis, Gott hat Jesus von den Toten auferweckt, wurzelt im Glauben "Jesus ist der Herr". Der Mund sagt also nichts anderes als das Herz glauben kann, und im Herzen kann kein Glauben sein, der nicht aussprechbar wäre und bekannt werden könnte. Dass Herz und Mund im Einklang sind, bezieht Paulus auf das Heil. Dabei fällt der Unterschied zwischen Juden und Griechen einfach weg. Im Schlusssatz formuliert Paulus, dass jeder, der den Kyrios (Jesus) anruft, gerettet wird. Diese Zuversicht entspricht dem Herrsein Jesu, das in der Auferweckung nicht nur sichtbar wird, sondern alle Glaubende in das neue Leben einbezieht.
2. Lesung - 1 Kor 1,3-9
Lesung aus dem ersten Brief des Apostels Paulus
an die Gemeinde in Korinth.
Gnade sei mit euch
und Friede von Gott, unserem Vater,
und dem Herrn Jesus Christus!
Ich danke meinem Gott jederzeit euretwegen
für die Gnade Gottes,
die euch in Christus Jesus geschenkt wurde,
dass ihr an allem reich geworden seid in ihm,
an aller Rede und aller Erkenntnis.
Denn das Zeugnis über Christus wurde bei euch gefestigt,
sodass euch keine Gnadengabe fehlt,
während ihr auf die Offenbarung unseres Herrn Jesus Christus wartet.
Er wird euch auch festigen bis ans Ende,
sodass ihr schuldlos dasteht
am Tag unseres Herrn Jesus Christus.
Treu ist Gott, durch den ihr berufen worden seid
zur Gemeinschaft mit seinem Sohn Jesus Christus,
unserem Herrn.
Gabi Ceric (1996)
Manfred Wussow (2005)
Wenngleich Paulus in diesem Brief viel Kritik üben und Ermahnungen geben muß (bezüglich Missstände und Spaltungen in der Gemeinde), die Gemeinde von Korinth an die rechte und gerechte Ordnung erinnert werden muss, stellt Paulus an den Beginn seines Briefes an die Korinther diesen Prolog des Zuspruches und der Erbauung: Die Gemeinde von Korinth ist reich an Gnadengaben Gottes. Sie steht fest im Glauben an Jesus Christus und darf daher auch auf die Treue Gottes vertrauen. Aufgrund dieses Zuspruches können die Probleme und Spannungen im jungen Gemeindeleben angegangen werden, wenn das Wesentliche in den Blickpunkt genommen wird: das Feststehen in Christus, dem Gekreuzigten und Auferstandenen.
So beginnt Paulus seinen Brief an die Gemeinde in Korinth: ein Gnadenzuspruch, ein Dank, eine Vergewisserung. Es ist ein Dreiklang, der zusammengehört und zusammen gehört werden kann.
Die harten Auseinandersetzungen, die Paulus ansprechen wird, beeinträchtigen nicht, was von Anfang an und vor allem zu schreiben ist: dass auch eine diskussionsfreudige und streitlustige Gemeinde festgehalten und getragen wird. Paulus attestiert, dass den Korinthern keine Gnadengabe fehlt, "während ihr auf die Offenbarung Jesu Christi, unseres Herrn, wartet".
Paulus, der sich zum Teil auch schweren Vorwürfen stellen muss und persönlich angegriffen wird, rechnet nicht ab. Es ist eine große Gewissheit, die den Ton vorgibt und dann auch die Gedankenführung bestimmt: "Treu ist Gott, durch den ihr berufen worden seid zur Gemeinschaft mit seinem Sohn Jesus Christus, unserem Herrn."
Ein Lehrstück, wie in der Kirche oder einer Gemeinde mit Konflikten umgegangen wird? Es ist mehr:
Wer im Gebet "Danke" sagen kann für Menschen, sieht sich mit ihnen in einer Gemeinschaft, die auch Stürmen standhält. Der Dank, den Paulus in Worte fasst, lässt sich nicht instrumentalisieren, verrechnen oder vereinnahmen. Im Dank sind Menschen ganz auf Gott gewiesen und seiner Treue anbefohlen.
Dabei ist von Paulus auch die Richtung markiert: die Offenbarung Jesu Christi steht noch aus, sein "Tag". Paulus spricht hier den "jüngsten Tag" an, den er nicht als Tag des Gerichts vorstellt, sondern als „Offenbarung Jesu Christi“. Paulus spricht die Gewissheit aus, ohne Bedingungen zu formulieren: Er (Christus) wird euch auch festigen bis an Ende.
2. Lesung (Auswahl) - Kol 3,12-17
Lesung aus dem Brief des Apostels Paulus
an die Gemeinde in Kolossä.
Schwestern und Brüder!
bekleidet euch also,
als Erwählte Gottes, Heilige und Geliebte,
mit innigem Erbarmen, Güte, Demut, Milde, Geduld!
Ertragt einander und vergebt einander,
wenn einer dem anderen etwas vorzuwerfen hat!
Wie der Herr euch vergeben hat,
so vergebt auch ihr!
Vor allem bekleidet euch mit der Liebe,
die das Band der Vollkommenheit ist!
Und der Friede Christi triumphiere in euren Herzen.
Dazu seid ihr berufen als Glieder des einen Leibes.
Seid dankbar!
Das Wort Christi wohne mit seinem ganzen Reichtum bei euch.
In aller Weisheit belehrt und ermahnt einander!
Singt Gott Psalmen, Hymnen und geistliche Lieder
in Dankbarkeit in euren Herzen!
Alles, was ihr in Wort oder Werk tut,
geschehe im Namen Jesu, des Herrn.
Dankt Gott, dem Vater, durch ihn!
Lopez Weißmann (1996)
Paulus beschreibt das Bild des "neuen Menschen". Dieser zeichnet sich aus durch Barmherzigkeit, Güte und Vergebungsbereitschaft. Den Mitmenschen zu ertragen, gerade mit seinen unangenehmen Eigenschaften, ist gerade dort schwierig, wo Menschen in enger Gemeinschaft leben, z. B in einer Familie. All diese Haltungen müssen aber aus der Liebe kommen; denn sie ist das einigende Band, das alles zusammenhält und Kirche erst glaubwürdig erscheinen lässt. Diese Liebe macht uns zu danksagenden Menschen: zunächst Gott gegenüber für seine Erlösung, dann auch den Mitmenschen gegenüber für alle Liebe und Unterstützung, die wir von ihnen erfahren (haben).
Ruf vor dem Evangelium (Auswahl) - Joh 14,6
Halleluja. Halleluja.
(So spricht der Herr:)
Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben.
Niemand kommt zum Vater außer durch mich.
Halleluja.
Ruf vor dem Evangelium (Auswahl) - Ez 37,27
Halleluja, Halleluja.
(So spricht Gott, der Herr:J
Über ihnen wird meine Wohnung sein.
Ich werde ihnen Gott sein
und sie, sie werden mir Volk sein
Halleluja.
Evangelium (Auswahl) - Mt 6,7-13
Aus dem heiligen Evangelium nach Matthäus.
In jener Zeit sagte Jesus:
Wenn ihr betet,
sollt ihr nicht plappern wie die Heiden,
die meinen, sie werden nur erhört,
wenn sie viele Worte machen.
Macht es nicht wie sie;
denn euer Vater weiß, was ihr braucht,
noch ehe ihr ihn bittet.
So sollt ihr beten:
Unser Vater im Himmel,
geheiligt werde dein Name,
dein Reich komme,
dein Wille geschehe wie im Himmel, so auf der Erde.
Gib uns heute das Brot, das wir brauchen!
Und erlass uns unsere Schulden,
wie auch wir sie unseren Schuldnern erlassen haben!
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern rette uns vor dem Bösen!
Evangelium (Auswahl) - Mt 25,14-30
Aus dem heiligen Evangelium nach Matthäus.
In jener Zeit erzählte Jesus seinen Jüngern das folgende Gleichnis:
Es ist wie mit einem Mann, der auf Reisen ging.
Er rief seine Diener und vertraute ihnen sein Vermögen an.
Dem einen gab er fünf Talente Silbergeld,
einem anderen zwei,
wieder einem anderen eines,
jedem nach seinen Fähigkeiten.
Dann reiste er ab.
Sofort ging der Diener,
der die fünf Talente erhalten hatte hin,
wirtschaftete mit ihnen
und gewann noch fünf weitere dazu.
Ebenso gewann der, der zwei erhalten hatte,
noch zwei weitere dazu.
Der aber, der das eine Talent erhalten hatte,
ging und grub ein Loch in die Erde
und versteckte das Geld seines Herrn.
Nach langer Zeit kehrte der Herr jener Diener zurück
und hielt Abrechnung mit ihnen.
Da kam der, der die fünf Talente erhalten hatte,
brachte fünf weitere und sagte:
Herr, fünf Talente hast du mir gegeben;
sieh her, ich habe noch fünf dazugewonnen.
Sein Herr sagte zu ihm: Sehr gut,
du tüchtiger und treuer Diener.
Über Weniges warst du treu,
über Vieles werde ich dich setzen.
Komm, nimm teil am Freudenfest deines Herrn!
Dann kam der Diener, der zwei Talente erhalten hatte,
und sagte: Herr, du hast mir zwei Talente gegeben;
sieh her, ich habe noch zwei dazugewonnen.
Sein Herr sagte zu ihm:
Sehr gut, du tüchtiger und treuer Diener.
Über Weniges warst du treu,
über Vieles werde ich dich setzen.
Komm, nimm teil am Freudenfest deines Herrn!
Es kam aber auch der Diener,
der das eine Talent erhalten hatte, und sagte:
Herr, ich wusste, dass du ein strenger Mensch bist;
du erntest, wo du nicht gesät hast,
und sammelst, wo du nicht ausgestreut hast;
weil ich Angst hatte,
habe ich dein Geld in der Erde versteckt.
Sieh her, hier hast du das Deine.
Sein Herr antwortete und sprach zu ihm:
Du bist ein schlechter und fauler Diener!
Du hast gewusst,
dass ich ernte, wo ich nicht gesät habe,
und sammle, wo ich nicht ausgestreut habe.
Du hättest mein Geld auf die Bank bringen müssen,
dann hätte ich es bei meiner Rückkehr
mit Zinsen zurückerhalten.
Nehmt ihm also das Talent weg
und gebt es dem, der die zehn Talente hat!
Denn wer hat, dem wird gegeben werden
und er wird im Überfluss haben;
wer aber nicht hat,
dem wird auch noch weggenommen, was er hat.
Werft den nichtsnutzigen Diener hinaus
in die äußerste Finsternis!
Dort wird Heulen und Zähneknirschen sein.
Christiane Herholz (2002)
Bernhard Zahrl (1999)
Martin Schachinger (1996)
Das Gleichnis von den Talenten gehört zur Endzeitrede Jesu (Mt 24, 1 – 25, 46). Jesus spricht exklusiv zu seinen Jüngern. In diese Rede sind drei Gleichnisse eingebettet: Das Gleichnis vom treuen und vom bösen Knecht, das Gleichnis von den klugen und törichten Jungfrauen und das Gleichnis von den anvertrauten Talenten. Die große Bildrede vom Endgericht schließt die Rede ab.
Nach Ulrich Luz (EKK) handelt es sich bei diesem Gleichnis um matthäisches Sondergut. Bei der lukanischen Variante (Lk 19,12-27) handelt es sich um eine Fassung, die vermutlich selbständig überliefert worden ist. Von der Form her liegt bei diesem Gleichnis eine Parabel vor, d.h. in dieser Geschichte wird eine bestimmte Handlung geschildert, die den Zuhörer zur Stellungnahme herausfordert.
Was wollte Jesus mit dieser Parabel sagen? Die Vorschläge der Ausleger sind vielfältig. Einig sind sie sich darüber, dass sie sich auf das Verhältnis der Menschen zu Gott bezieht. Die konventionalisierten Metaphern "Herr" und "Sklave" lassen kaum eine andere Deutung zu. Fast alles andere wird dagegen unterschiedlich beurteilt. Die Grundfragen sind:
Handelt es sich bei der "Abrechnung" um eine feste Metapher für das letzte Gericht oder nur um einen erzählerischen Zug, der die Wichtigkeit des Anspruchs der Parabel einsichtig machen will? Im zweiten Fall neigen die Ausleger zu einer allgemein-menschlichen Deutung der Parabel, im ersten deuten sie sie als Gerichtsgleichnis.
Liegt das Gewicht allein auf dem dritten Sklaven, oder sind auch die beiden ersten Sklaven wichtig als positive Identifikationsmodelle? Je nach dem deutet man die Parabel eher polemisch oder paränetisch.
Liegt das Gewicht nur auf der Abrechnung am Schluss oder auch auf der Gabe des Geldes am Anfang? Je nach dem wird die Parabel als reines Gerichtsgleichnis oder als Parabel von der Wirksamkeit des Gottesreichs verstanden.
Und schließlich: Welches ist die Beziehung dieser Parabel zum Wirken Jesu?
Diese Parabel, die Matthäus in einer Überlieferung vorfand, wird von ihm nun in einen bestimmten Zusammenhang gestellt: Sie steht mit den beiden oben genannten Gleichnissen, bzw. Parabeln unmittelbar nach der Mahnung Mt 24, 44 "Darum haltet auch ihr euch bereit! Denn der Menschensohn kommt zu einer Stunde, in der ihr es nicht erwartet."
Somit gibt Matthäus einen Interpretationszusammenhang vor, der auf Jesu Leben und Wirken verweist und die Gefahr eingrenzt, durch die isolierte Betrachtung der Parabel zu einem Gottesbild zu kommen, das missverständlich ist.
Es ist Jesus, auf den sich die Parabel bezieht. Im Lichte seiner Botschaft ist die Geschichte zu deuten. (christologische Dimension)
Außerdem wird durch den Zusammenhang die endzeitliche Bedeutung klargestellt. (eschatologische Dimension)
Schließlich geht es darum, die Gegenwart vor dem Hintergrund dieser endzeitlichen Perspektive zu gestalten. (paränetische Dimension)
Noch zwei interessante Einzelheiten:
In Mt 25, 26 übersetzen Luther und Einheitsübersetzung: "Du böser und fauler Knecht", bzw. "Du bist ein schlechter und fauler Diener". Das griechische Wort, das mit "faul" übersetzt wird, ist "oknhroV " (oknäros), das die Bedeutung von "zögernd, träge, bedenklich, ängstlich" hat. Die Übersetzung mit "faul" schließt an die westliche Auslegungstradition an, die von der Übersetzung des griechischen Wortes durch das lateinische "piger" (faul, verdrossen, langsam, träge) geprägt ist.
Das Vergraben von Geld wird in rabbinischen Quellen als sorgfältiger Umgang mit anvertrautem Geld bewertet (im Gegensatz zu der Aufbewahrung in einem Tuch).
Es gab bei anvertrautem Geld die Möglichkeit, die Summe als "geschlossenes" Depositum oder als "offenes" Depositum zu betrachten. Über ein "geschlossenes" Depositum kann der Verwahrer nicht verfügen. Wenn er es sachgerecht aufbewahrt, haftet er nicht für den Verlust. Über ein "offenes" Depositum kann der Verwahrer verfügen, er haftet aber auch bei Verlust.
Literatur:
Ulrich Luz, Das Evangelium nach Matthäus, 3. Teilband, EKK I/3, Zürich und Düsseldorf/ Neukirchen-Vluyn 1997
Die letzte große Rede Jesu im Evangelium nach Matthäus besteht aus sieben Gleichnissen über die "Vollendung" der Welt und der Kirche durch die erneute Ankunft Christi (in der neutestamentlichen Bibelwissenschaft hat sich für die Kapitel Mt 24 und 25 die Bezeichnung "apokalyptische Rede" entwickelt).
Das historische Umfeld des heutigen Evangeliums kann wahrscheinlich im städtischen Milieu Israels angesiedelt werden. Sicherlich existierte ein "antiker Vorläufer" einer heutigen Bank und das wirtschaftliche Leben war derart ausgeprägt, dass es möglich war, mit seinem Geld zu "wirtschaften" – auch wenn wir alle Details heute nicht mehr rekonstruieren können. Reiche Gutsbesitzer handelten mit den damaligen Metropolen Rom oder Alexandria. Während der Auslandsreisen des Besitzers eines Unternehmens oder Gutes wurde ein treuer Mitarbeiter (gleichgültig ob Sklave oder Angestellter) mit der Fortführung und Betreuung des Eigentums des Besitzers betraut. Wollte man nicht mit dem anvertrauten Geld wirtschaften, so musste man es an einem geheimen Ort vergraben, denn die damaligen Lehmbauten boten gegen Einbrecher nur bedingten Schutz.
Ein Talent Silbergeld war damals viel Geld. Es entsprach etwa 5.000 Denaren. Ein Denar war in etwa der Tageslohn eines Arbeiters und reichte gerade für die Ernährung und die Bedürfnisse einer sechsköpfigen Familie an einem Tag.
Matthäus vergleicht in diesem Evangelium Jesus mit dem Mann, der auf Reisen ging. Beide vertrauen den ihren jeweils das gesamte Vermögen an. Für die Christen bedeutet dies, dass jeder von ihnen verschiedene Gaben und Aufgaben in der Kirche erhalten hat (vgl. hierzu auch die verschiedenen Charismen im Römerbrief des Paulus) und nun in individueller Verantwortung mit diesen "haushalten" oder "wirtschaften" muss. Jeder Erfolg der erzielt wird, geht letztlich auch wieder an Christus zurück. Sicherlich existiert auch die Gefahr, dass mancher stolz wird und auf seinen eigenen "Talenten" sitzen bleibt. Der dritte Knecht hat hingegen Angst, etwas falsch zu machen, und fängt daher erst gar nicht an, mit den ihm anvertrauten Gütern zu wirtschaften – er lebt offensichtlich nach dem Motto "Zu Tode gefürchtet ist auch gestorben".
Weiters fühlt sich dieser Knecht wahrscheinlich den anderen gegenüber benachteiligt und nicht ganz so ernst genommen. Weshalb hat ihm denn der Besitzer sonst nur so wenig anvertraut? Er übersieht jedoch die Tatsache, dass Gottes Liebe nicht mit der Anzahl von anvertrauten "Gegenständen" gleichgesetzt werden kann. Gott gibt jedem die seine und nicht jedem die gleiche Gabe. Gott wird – so Matthäus - den Menschen am Ende der Tage nicht danach fragen, wie er mit dem anvertrauten Gut des Anderen gehandelt hätte, sondern was er aus dem ihm anvertrauten Schatz gemacht hat.
Matthäus warnt in diesem Evangelium also vor der Gefahr, dass wir unser Eigenstes nicht schätzen, es vergraben, ungenützt lassen und uns so um die Chance eines mit den Gaben Gottes anvertrauten „wahrhaft gelebten Lebens“ bringen.
Das Gleichnis von den Talenten im Mathäusevangelium steht im Kontext der Rede Jesu über die Endzeit. Es geht um die Frage nach unserem Verhalten in diesem Leben und seinen Auswirkungen auf das Leben danach. Im Anschluß an unsere Stelle lesen wir bei Mathäus noch die Schilderung des Weltgerichtes. Diesen Zusammenhang müssen wir mitbedenken.
Zum Wert des anvertrauten Geldes ist zu sagen, daß ein Talent etwa 6000 Drachmen entsprach. Eine Drachme war der Tageslohn eines Arbeiters. Es handelte sich also um Summen, die bei Verlust nicht so ohne weiteres zu verdienen waren aber Jesus bezeichnet sie als "Kleinigkeit". Dies unterstreicht noch das Risiko des Auftrags und die Dringlichkeit, den Einsatz der Talente nicht auf die lange Bank zu schieben.
Evangelium (Auswahl) - Lk 4,16-21
Aus dem heiligen Evangelium nach Lukas.
In jener Zeit
kam Jesus auch nach Nazaret,
wo er aufgewachsen war,
und ging, wie gewohnt, am Sabbat in die Synagoge.
Als er aufstand, um vorzulesen,
reichte man ihm die Buchrolle des Propheten Jesaja.
Er öffnete sie und fand die Stelle, wo geschrieben steht:
Der Geist des Herrn ruht auf mir;
denn er hat mich gesalbt.
Er hat mich gesandt,
damit ich den Armen eine frohe Botschaft bringe;
damit ich den Gefangenen die Entlassung verkünde
und den Blinden das Augenlicht;
damit ich die Zerschlagenen in Freiheit setze
und ein Gnadenjahr des Herrn ausrufe.
Dann schloss er die Buchrolle,
gab sie dem Synagogendiener und setzte sich.
Die Augen aller in der Synagoge waren auf ihn gerichtet.
Da begann er, ihnen darzulegen:
Heute hat sich das Schriftwort,
das ihr eben gehört habt, erfüllt.
Alle stimmten ihm zu;
sie staunten über die Worte der Gnade,
die aus seinem Mund hervorgingen,
und sagten: Ist das nicht Josefs Sohn?
Manfred Wussow ()
Lukas erzählt, dass Jesus in Nazareth aufgewachsen ist. Hier gehört er zur Gemeinde, die sich in der Synagoge versammelt, die Thora und die Propheten liest. Heute wird Jesaja gelesen. Jes 61. Der Text ist an der Reihe. Jesus trägt ihn vor. Dann legt er ihn aus. Nichts Ungewöhnliches. So war es Brauch in der Synagoge.
Lukas stellt die Szene meisterhaft dar. Obwohl die Stelle aus dem Propheten Jesaja länger ist, zitiert er nur die ersten Verse ... die Rolle wird zurückgelegt, Jesus setzt sich, alle Augen sind auf ihn gerichtet … und dann nur ein Satz: "Heute ist dieses Wort der Schrift erfüllt vor euren Ohren." Kein Wort mehr.
Hier in Nazareth beginnt Jesu Weg als Christus. In der Synagoge hält er seine „Antrittspredigt“. Sein Predigttext ist die prophetische Überlieferung, wie sie bei Jesaja zu finden ist. Das Evangelium soll den Armen verkündet werden: den Gefangenen, dass sie frei sein sollen, und den Blinden, dass sie sehen sollen, und den Zerschlagenen, dass sie frei und ledig sein sollen. Zusammengefasst: das Gnadenjahr Gottes soll verkündigt und angesagt werden.
Ohne die Fragen zu stellen, welche Jesaja-Version zitiert wird (hebräisch oder griechisch, vielleicht auch mit lukanischer Eingebung): Jesus sagt in Nazareth, dass mit ihm die Verheißung erfüllt ist. Sein Programm hat Konturen. Das ganze Evangelium erzählt, dass Menschen frei werden und den klaren Blick finden.
Das „Gnadenjahr“ erinnert an die gute Weisung Gottes, dass Felder, Weiden, Tiere – die ganze Schöpfung sich ausruhen soll. Selbst Schuldverhältnisse sollten ein Ende haben. Denn Gott ruhte am siebten Tag „von allen seinen Werken“.
Das „Gnadenjahr“ ist eine Verheißung, in die schöpferische Ruhe Gottes einzutreten, Frieden mit einander zu teilen und dann neu anzufangen.
Die Reaktion? Nach Lukas geben alle Zeugnis von ihm und wundern sich. Ist das nicht Josefs Sohn? In der Weihnachtsgeschichte waren es die Engel, die Frieden verkündeten und auf das Kind in der Krippe verwiesen – jetzt tritt Jesus in Nazareth auf. Viele Orte folgen. Gottes Gnadenjahr wird verkündigt.
Evangelium (Auswahl) - Lk 12,22-31
Aus dem heiligen Evangelium nach Lukas.
In jener Zeit
sagte zu seinen Jüngern:
Deswegen sage ich euch:
Sorgt euch nicht um euer Leben,
was ihr essen sollt,
noch um euren Leib,
was ihr anziehen sollt!
Denn das Leben ist mehr als die Nahrung
und der Leib mehr als die Kleidung.
Seht auf die Raben:
Sie säen nicht und ernten nicht,
sie haben keine Vorratskammer
und keine Scheune;
und Gott ernährt sie.
Wie viel mehr seid ihr wert als die Vögel!
Wer von euch
kann mit all seiner Sorge sein Leben
auch nur um eine kleine Spanne verlängern?
Wenn ihr nicht einmal etwas so Geringes könnt,
warum macht ihr euch dann Sorgen um das Übrige?
Seht euch die Lilien an, wie sie wachsen:
Sie arbeiten nicht und spinnen nicht.
Doch ich sage euch:
Selbst Salomo war in all seiner Pracht
nicht gekleidet wie eine von ihnen.
Wenn aber Gott schon das Gras so kleidet,
das heute auf dem Feld steht
und morgen in den Ofen geworfen wird,
wie viel mehr dann euch, ihr Kleingläubigen!
Und darum auch ihr:
Sucht nicht,
was ihr essen und was ihr trinken sollt,
und ängstigt euch nicht!
Denn nach all dem streben die Heiden in der Welt.
Euer Vater weiß, dass ihr das braucht.
Vielmehr sucht sein Reich;
dann wird euch das andere dazugegeben.
Fürchte dich nicht, du kleine Herde!
Denn euer Vater hat beschlossen,
euch das Reich zu geben.
Hans Hütter (2007)
Gerhard Gruber (2001)
Die Evangelienperikope ist ein Lehrgedicht in 3 Strophen über die Sorglosigkeit. Es stammt aus der sog. Redenquelle. Lukas hat es nach dem Gleichnis vom Mann, der sein Leben vergeblich durch Reichtum absichern will, eingeordnet.
Die 1. Strophe streicht die Nutzlosigkeit der Sorge um das Leben, den Leib und die Nahrung hervor. Nach Ansicht der damaligen Medizin kann niemand weder seine Lebensdauer noch seine Körpergröße verlängern. Das Leben liegt in Gottes Hand. Dies wird durch den Vergleich mit den Raben unterstrichen. Den Juden galten diese als unrein. Sie wurden obendrein als die verlassensten Tiere eingestuft, da sie von ihren eigenen Eltern vernachlässigt würden („Rabeneltern“). Und dennoch sorgt Gott für sie…
Die 2. Strophe zieht zum Vergleich die Lilien heran, mit deren Pracht sich nicht einmal der israelit-ische „Sonnenkönig“ Salomon messen kann. Wenn Gott sie so großartig kleidet, wie viel mehr euch, ihr Kleingläubigen…
In der 3. Strophe fordert Jesus seine Jünger auf, für das Reich Gottes Sorge zu tragen. Das ist ihr erster Auftrag. Alles andere werden sie aus der Hand des Vaters empfangen.
Dem Trachten nach Reichtum und der ängstlichen Sorge um Selbstsicherung (Lk 12,13-21) wird in diesem Text das vom Vertrauen auf Gott getragene Trachten nach seinem Reich gegenübergestellt.
Der kunstvoll gegliederte Abschnitt (rahmende Erzählung, parallel formulierte gleichnisartige und weisheitliche Unterweisung) leitet die Leser an, die Grundlosigkeit ihrer ängstlichen Sorge zu erkennen und frei zu bleiben für die Erwählung. Die Textsorte (eine Art Lehrgedicht) verbietet es, darin eine schwärmerische, naive Ablehnung jeglichen Sorgens ausgesprochen zu finden. Lk hat die Vorlage (aus der Redequelle Q) besonders durch ihre Einordnung nach dem Gleichnis und den erweiterten Abschluss als Trostwort und Mahnung an kleinmütige, verängstigte Jünger in der Urkirche gestaltet. Der schon im Blick auf die Christen erfolgten Zusammenstellung ursprünglich getrennt überlieferter Worte liegen Jesu eigene Warnung vor ängstlichem Sorgen sowie deren gleichnisartige Motivierung zugrunde.
Für die urkirchlichen Leser, besonders für die Wandermissionare, wie auch für heutige Christen ist dieser Text ein Beleg für Jesu meditierendes Gewahrwerden von Zusammenhängen in der Natur. Es ist zugleich eine Aufforderung, alle Sorgen und Ängste jeweils im größeren Zusammenhang des geschenkten Lebens, der ganzen Welt und der Umsorgung durch den Vater zu betrachten, um so für die einem jeden abverlangte Sorge um das Reich Gottes freizubleiben. Die Empfehlung des Schätzesammelns für Gott setzt die Hoffnung auf individuelle Entgeltung durch geschenkhaften Lohn voraus.
Evangelium (Auswahl) - Lk 12,54-57
Aus dem heiligen Evangelium nach Lukas.
In jener Zeit
sagte Jesus zu der Volksmenge:
Wenn ihr im Westen eine Wolke aufsteigen seht,
sagt ihr sofort: Es gibt Regen. Und so geschieht es.
Und wenn der Südwind weht,
sagt ihr: Es wird heiß. Und es geschieht.
Ihr Heuchler!
Das Aussehen der Erde und des Himmels wisst ihr zu deuten.
Warum könnt ihr dann diese Zeit der Entscheidung nicht deuten?
Warum findet ihr nicht schon von selbst das rechte Urteil?
Evangelium - Joh 1,1-18
Aus dem heiligen Evangelium nach Johannes.
Im Anfang war das Wort
und das Wort war bei Gott
und das Wort war Gott.
Dieses war im Anfang bei Gott.
Alles ist durch das Wort geworden
und ohne es wurde nichts, was geworden ist.
In ihm war Leben
und das Leben war das Licht der Menschen.
Und das Licht leuchtet in der Finsternis
und die Finsternis hat es nicht erfasst.
Ein Mensch trat auf, von Gott gesandt;
sein Name war Johannes.
Er kam als Zeuge,
um Zeugnis abzulegen für das Licht,
damit alle durch ihn zum Glauben kommen.
Er war nicht selbst das Licht,
er sollte nur Zeugnis ablegen für das Licht.
Das wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet,
kam in die Welt.
Er war in der Welt
und die Welt ist durch ihn geworden,
aber die Welt erkannte ihn nicht.
Er kam in sein Eigentum,
aber die Seinen nahmen ihn nicht auf.
Allen aber, die ihn aufnahmen,
gab er Macht, Kinder Gottes zu werden,
allen, die an seinen Namen glauben,
die nicht aus dem Blut,
nicht aus dem Willen des Fleisches,
nicht aus dem Willen des Mannes,
sondern aus Gott geboren sind.
Und das Wort ist Fleisch geworden
und hat unter uns gewohnt
und wir haben seine Herrlichkeit geschaut,
die Herrlichkeit des einzigen Sohnes vom Vater,
voll Gnade und Wahrheit.
Johannes legt Zeugnis für ihn ab
und ruft:
Dieser war es, über den ich gesagt habe:
Er, der nach mir kommt,
ist mir voraus, weil er vor mir war.
Aus seiner Fülle haben wir alle empfangen,
Gnade über Gnade.
Denn das Gesetz wurde durch Mose gegeben,
die Gnade und die Wahrheit kamen durch Jesus Christus.
Niemand hat Gott je gesehen.
Der Einzige, der Gott ist und am Herzen des Vaters ruht,
er hat Kunde gebracht.
Bibelwerk der Diözese Linz (2024)
Bibelwerk der Diözese Linz (2025)
Manfred Wussow (2005)
Johann Pock (1999)
Regina Wagner (1998)
Es ist üblich, einem musikalischen oder literarischen Werk eine Einleitung voranzustellen, in der bereits das Grundthema des Gesamtwerkes anklingt. In der Musik nennt man es Ouvertüre, in der Literatur Vorwort. Das ist auch beim Johannesevangelium der Fall. Die ersten 18 Verse bilden den sogenannten „Pro-log“, also ein „Vor-Wort“, das zum „Wort“ (griech. logos) hinführt. Warum spricht das Johannesevangelium von Jesus im Bild des Wortes?
Die christliche Botschaft in der griechisch-römischen Welt
Die große Leistung der Evangelisten besteht darin, dass sie die Botschaft des Jesus von Nazaret aus Galiläa in die damalige griechisch-römische Welt hineinverkündeten und in ihre Lebenswelt hineinübersetzten. Diese sogenannte „Inkulturation“ der jüdischen Jesus-Botschaft in das griechische Denken ist dem Johannesevangelium ein zentrales Anliegen. So wird für das Ewige, das Göttliche, für den himmlischen Bereich das Wort logos verwendet, das auch Sinn, Zweck, Ziel, Gefüge, „logisches“ Konzept, ewige Wahrheit ... bedeutet.
Fleisch gewordenes Wort
Nun aber kommt (nicht nur für „griechische Ohren“) ein gewaltiger Überraschungseffekt! Dieses Wort Gottes ist nicht bloß ein gesprochenes Wort - und wäre sein Verkünder selbst der Prophet Johannes der Täufer! Dieses Wort, also Gott selber, ist Fleisch geworden, hat also unsere vergängliche und verletzliche Existenzweise angenommen.
Im Deutschen verwenden wir (leider) für diesen „unglaublichen“ Vorgang nur ein Hilfszeitwort: „wurde“. Im griechischen Wortlaut heißt es: Logos e-geneto sarx. Das Wort „generierte“ (= hervorbringen, erzeugen, bilden) sich ins Fleisch. Bei der Geburt Jesu, die auf Griechisch Genesis Jesu heißt, geht es um die Inkarnation, um die „Einverleibung“ Gottes in seine Schöpfung. Hier berühren wir das Zentrum der christlichen Weihnachtsbotschaft: Menschwerdung Gottes um der Menschwerdung des Menschen willen.
Der Mensch - Offenbarungsort Gottes
Dieses menschgewordene Wort „wohnt“ bei uns - oder wie es wörtlich heißt: hat unter uns sein Zelt aufgeschlagen. Seit der Genesis Jesu ist das OffenbarungsZelt Gottes der Mensch selber. Das Wort, das göttliche Wesen, hat sich in Jesus von Nazaret ganz und gar in unsere Lebensweise eingeschrieben. Diese Entstehungsgeschichte (Genesis) ist wahrlich genial!
Weihnachten ist dementsprechend ein tiefgreifendes Fest, das in den Gesichtszügen der Schöpfung Gott selber als menschgewordenes Wort leserlich werden lässt - auch heute. Gott hat sich im Menschen ein-verleibt, Hand und Fuß angenommen und sich ganz auf diese Welt eingelassen. Damit ist jeder Mensch auch Begegnungsort mit Gott geworden.
Hans Eidenberger SM
© Diözese Linz. Team Bibelwerk Linz und Glaubenskommunikation
Die christliche Kunst stellt den Evangelisten Johannes gerne mit dem Adler dar und vergleicht den Beginn des Evangeliums mit einem Adlerflug. Johannes steigt in seiner Betrachtung sofort wie ein Adler in die Lüfte und schildert aus höchster Perspektive das unvorstellbare Ereignis der Menschwerdung Gottes. Er holt weit aus, macht große theologische Rundflüge und betrachtet mit den Augen Gottes die Täler der Heilsgeschichte und auch die Schluchten des Unheils dieser Welt. Er lädt uns ein, öfters über die Hügel und Berge der Menschheit zu fliegen und diese aus der Ferne und Nähe zu betrachten. Hier zwei Flugrunden, ausgewählt aus vielen:
Adlerflug: Konsequenzen für Gott
Manche Menschen behaupten: Der Evangelist Johannes schildert in seinem Prolog nur symbolische Bilder von Licht und Finsternis, von Gut und Böse, von Tod und Leben, aber zur Geburt Jesu Christi liefert er uns nichts Konkretes: keine Jahreszahl, keinen Geburtsort, nicht einmal den Namen der Eltern. Einzig Johannes der Täufer und Jesus Christus (erst in V. 17!) werden namentlich erwähnt. Ist der Prolog reine Poesie ohne handfeste Folgen?
Das Johannesevangelium zeigt, dass Jesu Menschwerdung handfest ist: „Das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt“ (wörtlich: und hat unter uns gezeltet; die griechische Zeitform des Aorist unterstreicht, dass hier ein ganz bestimmter geschichtlicher Zeitpunkt gemeint ist). Fleisch ist Ausdruck für das irdisch Gebundene und hinfällig Vergängliche, ja sogar für das Hilflose. In Jesus wagt sich Gott mit Haut und Haaren in all diese vergänglichen Bereiche vor. Er tut dies nicht nur für einige Stunden, um dann - wie die griechischen Götter - sofort wieder zu verschwinden. Jesus bleibt bis zum Tod am Kreuz ein Mensch. „Er kam in sein Eigentum, aber die Seinen nahmen ihn nicht auf.“ (V. 11) Gott scheut nicht einmal die Ablehnung der Welt, sondern reagiert in Jesus auf seine Art auf Finsternis und Tod. Alle großen Religionen sind ein Weg der Menschen zu Gott, das Christentum ist auch der Weg Gottes zu den Menschen.
Adlerflug: Konsequenzen für uns Menschen
Durch seine Menschwerdung gibt uns Jesus die Macht, die Kunst der Kinder Gottes zu erlernen: „Allen, die ihn aufnahmen, gab er die Macht, Kinder Gottes zu werden.“ (V. 12) Die Zusage, dass wir Kinder Gottes werden (in der Zukunftsform formuliert), unterstreicht, dass wir einerseits schon Kinder Gottes sind, andererseits diese Fähigkeit noch kaum entwickelt haben. Mit Jesus kann und soll dies gelingen. Diese göttliche Kunst garantiert ein gutes Leben. Der Evangelist Johannes wird im Laufe seines Evangeliums immer wieder exemplarisch aufzeigen, wie ein Leben in Fülle möglich ist, aber auch, wie wir Menschen die göttlichen Kräfte bremsen und niederdrücken.
Johannes erinnert aber seine Zuhörenden auch daran, dass die Herrlichkeit Gottes mitten unter uns Menschen sichtbar und erfahrbar geworden ist.
Franz Troyer
© Diözese Linz. Team Bibelwerk Linz und Glaubenskommunikation
Der Prolog, mit dem das Evangelium nach Johannes anfängt, kann als Schöpfungsgeschichte gelesen werden, im Hintergrund steht Gen 1 (also der Anfang der Bibel überhaupt).
Wie ein Adler (das Symbol des Evangelisten) umkreist Johannes den Anfang: der Logos (Wort) ist da, er ist bei Gott, ja, er ist Gott. Aus dem Wort kommt die Schöpfung, nichts, das nicht aus dem Wort käme.
Die erste Gabe des Wortes ist das Licht. Es leuchtet in der Finsternis, auch wenn die Finsternis nicht weiß, was Licht ist. Der Evangelist formuliert: "das wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet, kam in die Welt". Hier wiegt jedes Wort: wahres Licht – jeden Menschen. Hier wird die alte Schöpfungsgeschichte, wie sie in Gen 1 zu finden ist, noch einmal erzählt. Jedoch aus einer besonderen Perspektive: Das Wort ist Fleisch geworden. Jesus wird vorgestellt als der, der Herrlichkeit und Wahrheit sichtbar macht - die Herrlichkeit und Wahrheit des Vaters.
Im Prolog wird, fein nuanciert und auch formuliert, was mit Jesus geschieht. Sein Kreuz zeichnet sich von Anfang an ab: die Finsternis hat das Licht nicht erfasst, die Welt erkannte ihn nicht, die Seinen nahmen ihn nicht auf. Das Evangelium verspricht: "Allen aber, die ihn aufnahmen, gab er Macht, Kinder Gottes zu werden", richtet aber gleichzeitig den Blick auf den "Logos", das Wort. Dass es Fleisch wird, sprengt vertraute Denkformen und fromme Erwartungen. Fleisch ist vergänglich, hinfällig, bedroht. Nach Jes 40 (und vielen Psalmen) ist das Fleisch wie Gras.
So bezeugt der Prolog einerseits, dass Menschen Kinder Gottes werden, der Logos aber - Fleisch.
Im Gegensatz zu Lukas und Matthäus, die mit Kindheitsgeschichten ihr Evangelium eröffnen, leitet Johannes sein Evangelium mit einem philosophisch-theologischen Diskurs über den "Logos", über das "Wort Gottes" ein, ehe er die Erzählung vom Leben Jesu mit dem Auftreten Johannes des Täufers eröffnet (vgl. Mk 1).
Es sind 3 Abschnitte zu unterscheiden:
* 1-5 (das präexistente Sein des Logos);
* 6-13 (das Kommen des Logos zu den Menschen);
* 14-16.18 (Inkarnation und Heilsbedeutung für die Gläubigen).
Der Prolog knüpft bewußt an Gen 1,1 an ("Im Anfang") - denn der Logos ist das Wort, mit dem Gott alles geschaffen hat (Vers 3); aber in Überhöhung: hier ist es ein personales, fleischgewordenes Wort - Jesus Christus. Dies ist der Zielpunkt des ganzen Hymnus: ein Preislied auf den Erlöser. Christus ist der Logos, die Weisheit - aber noch mehr: er ist Gott (Vers 1c).
Für die Menschen ist der Logos der Übermittler von Leben und Licht (Vers 4) - und zwar des wahren Lichtes (Vers 9):
Die Verse 6 bis 8 mit dem Bericht über Johannes den Täufer bringen den Logos in die konkrete Geschichte hinein - und ordnen Johannes klar unter den Logos ein.
Vers 10f formuliert die Ablehnung des Logos durch die Welt - und doch gab es auch solche, die ihn erkannten und aufnahmen (Vers 12f) - und zwar im Glauben.
Vers 14 bildet mit seiner Rückbindung auf Vers 1 den Höhepunkt: dieses Wort, von dem so Großes ausgesagt wird, wird Fleisch. (Fleisch meint hier nicht nur einfach "Mensch", sondern das Irdisch-Gebundene, das Vergängliche, das typisch Menschliche).
Die Verse 15-18 sind theologische Einzelaussagen, die einen Übergang zum Folgenden darstellen.
Einzuordnen ist dieser Hymnus in die "Wort-Gottes-Theologie" der Bibel: Wer Jesu Wort gläubig hört, hört Gottes Wort; Jesus ist aber das Wort selbst. Damit eröffnet er den Erlösungsweg der Menschen: Sie können sich ihm im Glauben anschließen und damit seinem Weg zurück empor zur Herrlichkeit anschließen.
Das Johannesevangelium kennt nicht die Kindheitsgeschichte Jesu, wie Matthäus oder Lukas sie erzählen, sondern es beginnt mit einem Prolog, der nicht nur wie der Stammbaum bei Matthäus die Väter mithereinnimmt sondern zum Ausgangspunkt vor die Erschaffung der Welt zurückgeht. Johannes zeigt damit, daß er einen ganz anderen Ansatz hat: statt vom irdischen Leben und Handeln Jesu auszugehen und es auf Gott hin durchscheinend werden zu lassen, versucht er von Anfang an, den Blick des Lesers zu weiten und ihn ein Stück in die "Welt Gottes" mithineinzunehmen.
Im Vergleich zu den anderen Evangelien enthält das Johannesevangelium einige völlig neue Vorstellungen, die ihm dabei helfen sollen. Neben dem "Logos", dem personifizierten Wort Gottes, kennt Johannes zum Beispiel auch den "Paraklet", den von Gott gesandten Tröster und Beistand Gottes. Der Evangelist arbeitet auch sehr gern mit Dualismen, zum Beispiel Licht und Finsternis im ersten Kapitel.
In dieses Lied über den Logos hat der Autor selbst Hinweise auf den Täufer eingeflochten und so den Text des Prologs als eine Art Tür zum Evangelium gestaltet. Im Hymnus klingen schon wichtige theologische Begriffe und Gedanken an, die beiden Erzählstücke über Johannes den Täufer schlagen die Brücke zum Beginn der Erzählung in Joh 1:19. Neben den schon erwähnten Worten "Leben" und "Licht" gehören zu den wichtigen theologischen Begriffen noch "Zeugnis", "Wahrheit", "Fleisch", "Glauben", "Sohn", "Vater", "gesandt sein", "Welt".
Der allerwichtigste Begriff ist "das Wort" - "der logos". Im Johannesevangelium ist es das wirksame Wort Gottes selber, das die Menschen hineinführt in die Situation der Entscheidung für oder gegen Gott. Dieses Wort ist Jesus Christus selber, er spricht den Menschen an, er fordert ihn heraus zu antworten. "Das Wort" ist so Zusage der Liebe Gottes, des Heiles und des Lebens für die Menschen, das nicht nur geschrieben oder gesprochen bleibt, sondern wirksam wird, das heißt, Konsequenzen hat. In der Reaktion auf die Herausforderung des Wortes wird sichtbar, wofür sich der Mensch entscheidet: Glaube oder Unglaube, Heil oder Gericht, Leben oder Tod. Das ganze Evangelium steht in der Spannung der sich immer weiterzuspitzenden Entscheidungssituation, die das Kommen des Wortes ausgelöst hat.
Evangelium (Auswahl) - Joh 4,5-42
Aus dem heiligen Evangelium nach Johannes.
In jener Zeit
kam Jesus zu einer Stadt in Samarien, die Sychar hieß
und nahe bei dem Grundstück lag,
das Jakob seinem Sohn Josef vermacht hatte.
Dort befand sich der Jakobsbrunnen.
Jesus war müde von der Reise
und setzte sich daher an den Brunnen;
es war um die sechste Stunde.
Da kam eine Frau aus Samarien, um Wasser zu schöpfen.
Jesus sagte zu ihr: Gib mir zu trinken!
Seine Jünger waren nämlich in die Stadt gegangen,
um etwas zum Essen zu kaufen.
Die Samariterin sagte zu ihm:
Wie kannst du als Jude mich, eine Samariterin,
um etwas zu trinken bitten?
Die Juden verkehren nämlich nicht mit den Samaritern.
Jesus antwortete ihr:
Wenn du wüsstest, worin die Gabe Gottes besteht
und wer es ist, der zu dir sagt: Gib mir zu trinken!,
dann hättest du ihn gebeten
und er hätte dir lebendiges Wasser gegeben.
Sie sagte zu ihm: Herr, du hast kein Schöpfgefäß
und der Brunnen ist tief;
woher hast du also das lebendige Wasser?
Bist du etwa größer als unser Vater Jakob,
der uns den Brunnen gegeben
und selbst daraus getrunken hat,
wie seine Söhne und seine Herden?
Jesus antwortete ihr:
Wer von diesem Wasser trinkt, wird wieder Durst bekommen;
wer aber von dem Wasser trinkt, das ich ihm geben werde,
wird niemals mehr Durst haben;
vielmehr wird das Wasser, das ich ihm gebe,
in ihm zu einer Quelle werden,
deren Wasser ins ewige Leben fließt.
Da sagte die Frau zu ihm: Herr, gib mir dieses Wasser,
damit ich keinen Durst mehr habe
und nicht mehr hierherkommen muss,
um Wasser zu schöpfen!
Er sagte zu ihr:
Geh, ruf deinen Mann und komm wieder her!
Die Frau antwortete: Ich habe keinen Mann.
Jesus sagte zu ihr: Du hast richtig gesagt:
Ich habe keinen Mann.
Denn fünf Männer hast du gehabt
und der, den du jetzt hast, ist nicht dein Mann.
Damit hast du die Wahrheit gesagt.
Die Frau sagte zu ihm: Herr, ich sehe, dass du ein Prophet bist.
Unsere Väter haben auf diesem Berg Gott angebetet;
ihr aber sagt, in Jerusalem sei die Stätte, wo man anbeten muss.
Jesus sprach zu ihr:
Glaube mir, Frau, die Stunde kommt,
zu der ihr weder auf diesem Berg
noch in Jerusalem den Vater anbeten werdet.
Ihr betet an, was ihr nicht kennt,
wir beten an, was wir kennen;
denn das Heil kommt von den Juden.
Aber die Stunde kommt und sie ist schon da,
zu der die wahren Beter den Vater anbeten werden
im Geist und in der Wahrheit;
denn so will der Vater angebetet werden.
Gott ist Geist
und alle, die ihn anbeten,
müssen im Geist und in der Wahrheit anbeten.
Die Frau sagte zu ihm:
Ich weiß, dass der Messias kommt,
der Christus heißt.
Wenn er kommt, wird er uns alles verkünden.
Da sagte Jesus zu ihr: Ich bin es, der mit dir spricht.
Inzwischen waren seine Jünger zurückgekommen.
Sie wunderten sich, dass er mit einer Frau sprach,
doch keiner sagte: Was suchst du?
oder: Was redest du mit ihr?
Die Frau ließ ihren Wasserkrug stehen,
kehrte zurück in die Stadt
und sagte zu den Leuten:
Kommt her, seht, da ist ein Mensch,
der mir alles gesagt hat, was ich getan habe:
Ist er vielleicht der Christus?
Da gingen sie aus der Stadt heraus und kamen zu ihm.
Währenddessen baten ihn seine Jünger: Rabbi, iss!
Er aber sagte zu ihnen:
Ich habe eine Speise zu essen, die ihr nicht kennt.
Da sagten die Jünger zueinander:
Hat ihm jemand etwas zu essen gebracht?
Jesus sprach zu ihnen:
Meine Speise ist es, den Willen dessen zu tun,
der mich gesandt hat, und sein Werk zu vollenden.
Sagt ihr nicht: Noch vier Monate dauert es bis zur Ernte?
Sieh, ich sage euch:
Erhebt eure Augen und seht,
dass die Felder schon weiß sind zur Ernte!
Schon empfängt der Schnitter seinen Lohn
und sammelt Frucht für das ewige Leben,
sodass sich der Sämann und der Schnitter gemeinsam freuen.
Denn hier hat das Sprichwort recht:
Einer sät und ein anderer erntet.
Ich habe euch gesandt zu ernten,
wofür ihr euch nicht abgemüht habt;
andere haben sich abgemüht
und euch ist ihre Mühe zugutegekommen.
Aus jener Stadt kamen viele Samariter zum Glauben an Jesus
auf das Wort der Frau hin,
die bezeugt hatte:
Er hat mir alles gesagt, was ich getan habe.
Als die Samariter zu ihm kamen,
baten sie ihn, bei ihnen zu bleiben;
und er blieb dort zwei Tage.
Und noch viel mehr Leute kamen zum Glauben an ihn
aufgrund seiner eigenen Worte.
Und zu der Frau sagten sie:
Nicht mehr aufgrund deiner Rede glauben wir,
denn wir haben selbst gehört und wissen:
Er ist wirklich der Retter der Welt.
Manfred Wussow (2008)
Bernhard Zahrl (2002)
Hans Hütter (1996)
Das Evangelium erzählt eine Begegnung am Brunnen. Sein Ort ist weder zufällig noch unwichtig: Sychar in Samarien. Für Juden ist Samarien unrein, obwohl der Brunnen mit dem Namen Jakob, einem der Väter Israels, eng verbunden ist. Jesus spricht als Jude und Mann - gegen die gute Sitte - eine Samariterin an und erbittet von ihr Wasser. Dass die Frau keinen Namen hat, macht sie "typisch" - ihre Lebensgeschichte allerdings, die Jesus kennt, gibt ihr die Würde, einmalig zu sein.
Der Brunnen wird bei Johannes zu einem Ort der Offenbarung. Das Gespräch, das ohne Jünger geführt wird und Jesus mit der samaritanischen Frau allein zeigt, kreist um das Wasser: Jesus, der von der Frau das Wasser aus dem Brunnen erbittet, offenbart sich ihr als das "lebendige" Wasser, das ewiges Leben schenkt.
Zu dieser Offenbarung - Jesus spricht am Ende sogar davon, der Messias zu sein - gehört, dass die Heiligen Orte, der Berg Garizim für die Samariter, der Berg Zion für die Juden, nicht mehr die Orte der Gegenwart Gottes sind, auch nicht mehr Menschen und Gebete trennen: "Die Stunde kommt - und sie ist schon da (!) -, zu der die wahren Beter den Vater anbeten werden im Geist und in der Wahrheit; denn so will der Vater angebetet werden." Dass die Stunde schon da ist, kann nur Jesus sagen. Er selbst ist da. Der, der um Wasser bat, ist die Wahrheit: Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben.
Johannes hat die Geschichte kunstvoll aufgebaut. Er legt der samaritanischen Frau in den Mund, was zu einem Bekenntnis wird. Oder: was ihr aufgeht:
Erst ist Jesus ein Jude (V. 9), dann ein Prophet (V. 19b), am Ende formuliert sie die die Hoffnung, dass der Messias kommt (V. 25). Darauf hin offenbart sich ihr Jesus.
Die fast schon intime Begegnung am Brunnen mit vielen zärtlichen Zwischentönen wird von Johannes geöffnet: Viele Samariter kommen zum Glauben und bitten Jesus, bei ihnen zu bleiben. Zwei Tage bleibt er bei ihnen (am dritten ist seine Auferstehung).
Die Geschichte am Jakobsbrunnen endet mit der Begegnung der anderen Samariter mit der Frau. Sie legen vor ihr (!) das Bekenntnis ab: "Nicht mehr aufgrund deiner Aussage glauben wir, sondern weil wir ihn selbst gehört haben und nun wissen: Er ist wirklich der Retter der Welt." Dieses Messiasbekenntnis ist gleich in zweifacher Hinsicht bemerkenswert: Es kommt aus dem Mund der Samariter (nicht der Juden), ist aber von einer Frau mit Vergangenheit bezeugt und vor ihr sogar bekannt. Johannes nimmt in dieser Begegnungsgeschichte das Osterzeugnis der Maria von Magdala vorweg (Joh. 20,11-18).
Betrachtet man die österliche Bußzeit als Vorbereitungszeit auf den Empfang des Taufsakramentes, so steht ab dem dritten Fastensonntag der konkrete Weg zu diesem Sakrament immer mehr im Mittelpunkt. In Sonntagsgottesdiensten und zusätzlichen Bußgottesdiensten soll die gemeinsame Vorbereitung geschehen. Dabei geht es nicht mehr um Glaubenswissen oder Glaubensbelehrung, sondern um die tiefere Erkenntnis Christi, um die Erkenntnis des eigenen Herzens oder die Befreiung vom "Negativen". Also um die intensive Vorbereitung auf die Osternacht und die Feier der Auferstehung.
Das Gespräch Jesu mit der Samariterin am Jakobsbrunnen zeigt, wie der Evangelist Johannes mit dem hintergründigen Sinn von Worten und Begriffen "spielt". Zunächst spricht Jesus von Wasser im wörtlichen Sinn. Mit seinem Angebot, "lebendiges Wasser" zu geben, kommt ein doppeldeutiger Begriff ins Spiel. Er kann, wörtlich verstanden, das fließende Wasser bezeichnen, im Unterschied zum Wasser aus der Zisterne. So fasst ihn die Frau zunächst auch auf. Zwar stellt sie erstmals die Frage nach der Würde Jesu ("Bist du etwa größer als unser Vater Jakob?"); doch ihr bleibt der tiefere Sinn des "lebendigen Wassers" selbst dann noch verborgen, als Jesus es auf das ewige Leben bezieht. Denn die Verheißung, das von Jesus gegebene Wasser werde nie mehr dürsten lassen, versteht sie als Erleichterung der täglichen Mühsal: Sie müsste nicht mehr zum Brunnen gehen, um Wasser zu schöpfen.
Jesus meint dagegen, dass das menschliche Streben nach Sinn und Erfüllung gestillt wird; er spricht von der Gabe einer neuen Existenz, die auch den Tod überdauert - vielleicht mit besonderer Beziehung zum Geist. Dass die Frau dies letztlich versteht, zeigt eine fast unscheinbare Bemerkung: Sie läßt ihr Schöpfgefäß stehen, ehe ihr Zeugnis die Einwohner der Stadt zu Jesus führt.
Das Evangelium ist dem 4. Kapitel des Johannes entnommen. Jesus zieht auf dem Weg von Galiläa nach Jerusalem durch Samarien. Dieses Gebiet war einst Kernland des israelischen Nordreiches. Im 8. Jh. v. Chr. wurde es assyrische Provinz. Da sich in dieser Zeit die Bevölkerung mit der neuen Oberschicht mischte, wurde es von den Juden als kultisch unrein betrachtet. Es entwickelte sich ein eigenständiger samaritischer Kult, der sich trotz mehrfacher Versuche nie gänzlich auslöschen lies. In den Büchern des Neuen Testamentes treten an mehreren Stellen die religiösen Spannungen zwischen Juden und Samaritern zutage. Diese bilden auch den Hintergrund der Erzählung von der Begegnung Jesu mit der Frau am Jakobsbrunnen.
Die Frau gilt in einem mehrfachen Sinn als vom Heil abgeschnitten: Als Frau, durch ihren Lebenswandel, als Samariterin. Trotzdem nimmt Jesus Kontakt zu ihr auf; nicht nur aus einer persönlichen Notlage heraus. Es kommt zu einer Begegnung, in der die Frau (und später auch die Leute aus ihrem Dorf) zum Glauben an den Messias findet, während Jesus von den eigenen Volksangehörigen als solcher abgelehnt (im folgenden Kapitel 5) wird.
In der Erzählung haben Wasser und die Speisen, welche die Jünger besorgten, eine besondere symbolische Bedeutung. Man kann die Geschichte nicht lesen, ohne an die Wasser- und Speisungswunder des Alten Testamentes zu denken.
Evangelium - Joh 10,1-10
Aus dem heiligen Evangelium nach Johannes.
In jener Zeit sprach Jesus:
Amen, amen, ich sage euch:
Wer in den Schafstall nicht durch die Tür hineingeht,
sondern anderswo einsteigt,
der ist ein Dieb und ein Räuber.
Wer aber durch die Tür hineingeht,
ist der Hirt der Schafe.
Ihm öffnet der Türhüter
und die Schafe hören auf seine Stimme;
er ruft die Schafe,
die ihm gehören, einzeln beim Namen
und führt sie hinaus.
Wenn er alle seine Schafe hinausgetrieben hat,
geht er ihnen voraus und die Schafe folgen ihm;
denn sie kennen seine Stimme.
Einem Fremden aber werden sie nicht folgen,
sondern sie werden vor ihm fliehen,
weil sie die Stimme der Fremden nicht kennen.
Dieses Gleichnis erzählte ihnen Jesus;
aber sie verstanden nicht den Sinn dessen,
was er ihnen gesagt hatte.
Weiter sagte Jesus zu ihnen:
Amen, amen, ich sage euch:
Ich bin die Tür zu den Schafen.
Alle, die vor mir kamen, sind Diebe und Räuber;
aber die Schafe haben nicht auf sie gehört.
Ich bin die Tür;
wer durch mich hineingeht, wird gerettet werden;
er wird ein- und ausgehen und Weide finden.
Der Dieb kommt nur,
um zu stehlen, zu schlachten und zu vernichten;
ich bin gekommen, damit sie das Leben haben
und es in Fülle haben.
Martin Stewen (2005)
Ruth Maria Stamborski (1999)
Lorenz Walter Voith (1996)
Das Evangelium des heutigen Sonntags besteht aus zwei Einheiten: der Bildrede Jesu vom Hirten und dem Bildwort von der Tür.
Die Darstellung vom Hirten ist in sich einheitlich und störungsfrei. Das Bild ist klar gegliedert und eindeutig in der Beschreibung. Es stellt sich nun die Frage nach der Intention des Autors. Diese wird deutlich wenn man auf die Betonungen verschiedener Aspekte achtet, so etwa die Erwähnung des Diebes. Auch ist zu sagen, dass es zwar schön tönt, dass der Hirt alle Schafe bei ihrem Namen ruft, dass das aber eher unwahrscheinlich ist im Hirtenalltag. Diese Zuspitzung liegt wohl in der Übertragung der Rolle des guten Hirten auf den Gottessohn Jesus Christus begründet, der ein besonders guter Hirte seiner Herde ist.
Die Form des Rätselhaften, das sich auch dem Wissen der Jünger entzieht, ist wohl mit dem Adressatenkreis, vermutlich einem Kreis von Neugetauften, die noch weiter zur Erkenntnis zu bringen sind, begründet.
Der zweite Teil der Perikope unterscheidet sich grundlegend in der Form. Es handelt sich um ein Bildwort in Ich-Form, das dadurch einen Offenbarungscharakter annimmt. Das Wort von der Tür steht gegenläufig zum Schicksal der „Diebe und Räuber“, die die Tür vermeiden. So präsentiert sich der Gottessohn als Heilsbringer im Gegensatz zu anderen Unheilsbringern.
Für die Hörer der damaligen Zeit war das Bild vom Hirten und der Herde im Freien oder eingesperrt im Hof alltäglich.
Zunächst greift Jesus den Vergleich mit der Tür auf. Mit der Aussage: ich bin die Tür erhebt Jesus einen unwahrscheinlichen Anspruch. "Er allein schenkt Lebensmöglichkeit, ohne ihn ist sie dem Menschen verschlossen."*
Rätsel geben die erwähnten Diebe und Räuber auf. Wahrscheinlich handelt es sich um allgemeine Erlösergestalten und deren Heilsversprechen.
Nachdem die Rede Jesu keiner strengen Logik folgt, scheint sie auf ein aktuelles Gemeindeproblem einzugehen, die sich eher auf den Hirten beziehen, werden mit der Tür in Verbindung gebracht – die inhaltliche Exaktheit war nicht die Absicht des Verfassers, sondern die Beziehung, die Jesus zu den Seinen hat.
* Zitataus Felix Porsch, Johannes-Evangelium, Seite 109, Stuttgarter Kleiner Kommentar, Neues Testament 4
Die Hirtenrede Jesus steht im Zusammenhang mit der vorangehenden Blindenheilung und den nachfolgenden Auseinandersetzungen zum Tempelweihfest. Es geht in allen diesen Fällen um den Anspruch Jesu, der wahre Heilsbringer der Welt zu sein.
Im Gegensatz zum Fremden, der seine Schafe nicht kennt, kennt der Hirte seine Schafe. Damit soll der messianische Anspruch unterstrichen werden. Verstärkt wird dies noch mit dem Motiv der Tür. Jesus selbst wird die "Tür" genannt, das heißt, er ist der einzige zum Heil führende Weg.
Hinter diesen Bildern steht wohl die Auseinandersetzung Jesu mit den Juden um die Person Jesu. Es ist aber auch anzunehmen, daß zur Zeit der Entstehung des Johannes-Evangeliums Richtungskämpfe unter den Christen einen Hintergrund bilden.
Die Bildrede vom Hirten ist dem palästinensischen Volksleben entnommen. So kommt jeden Morgen der Hirt zur Tür des Hofes oder Pferches für die Schafe und führt sie auf die Weide.
Die Kirche der ersten Jahrhunderte hat Christus sehr oft und gern als den guten Hirten betrachtet und ihn so auch etwa in römischen Katakomben abgebildet. Überhaupt wurde durch alle Jahrhunderte hindurch das Bild vom guten Hirten in vielfältiger Weise künstlerisch als Motiv verwendet.
Unsere Zeit steht in Gottes Händen
Die Zeit läuft davon
Der Jahreswechsel lässt uns spüren, wie die Zeit vergeht. Ja, manche werden gerade heute denken: Die Zeit läuft davon. Wieder liegt ein Jahr hinter uns, Stunden, Tage, Wochen sind unwiederbringlich vorbei, kein Augenblick kehrt ein zweites Mal wieder.
Wir erinnern uns an besondere Ereignisse, können uns Erlebnisse in Erinnerung rufen, wenn wir uns Fotos anschauen oder Videos, vielleicht aus dem Urlaub oder von einem runden Geburtstag. Aber wir können nichts noch einmal wirklich leben.
Stärker als sonst wird uns bewusst: unsere Lebenszeit ist befristet. Der Pendel der Uhr schlägt unbeirrt, kürzt die Lebenszeit von Tag zu Tag, von Stunde zu Stunde.
Große Möglichkeiten
Was bedeutet das für mein Leben als Christ? Der Glaube kann Zuversicht geben, denn verrinnende Zeit ist werdende Ewigkeit. Keine Stunde verweht und vergeht ins Nichts. An jedem neuen Tag bauen wir an unserer Ewigkeit. Jede vergehende Stunde wird ein Baustein der Unvergänglichkeit, die uns Gott zugesagt hat.
Der Jahreswechsel ist Gelegenheit, Bilanz zu ziehen: Habe ich die Ziele, die ich mir gesetzt habe für das zu Ende gehende Jahr, erreicht? Sind Träume und Hoffnungen Wirklichkeit geworden? Welche Enttäuschungen habe ich erlebt?
Und vor uns liegt das neue Jahr. Noch ist es wie ein Buch mit vielen leeren Seiten. Was wird am Ende drinstehen? Es liegt vor uns wie ein leerer Krug. Womit werden wir ihn füllen? Wird dieser Krug am Jahresende mit Nichtigkeiten gefüllt sein? Oder mit kostbarem Nass?
Eine große Möglichkeit liegt mit diesem neuen Jahr vor uns: Dass wir den Krug unseres Lebens auffüllen mit Schätzen, die im Angesicht Gottes nicht wie Stroh verbrennen, sondern Bestand haben.
Meine Zeit steht in Gottes Händen
Wir leben in einer Zeit der Unsicherheiten, Kriege in der Welt beunruhigen uns, wirtschaftliche Sorgen bedrücken viele Menschen, wir fragen uns, ob unsere Erde auch für die Generationen unserer Kinder und Enkel noch bewohnbar ist. Wir sollten diesen Jahreswechsel auch nutzen und uns erinnern, dass jeder von uns aufgefordert ist, seinen Beitrag, und sei er noch so klein, dazu zu leisten, dass die Welt ein klein wenig besser wird. Keiner von uns kann die Welt alleine retten, aber jeder auf seine Weise und mit seinen Möglichkeiten mitwirken. Und dann dürfen wir unsere Zeit in Gottes Hände legen.
In Psalm 31 heißt es: "Mein Gott bist du. In deiner Hand steht meine Zeit." (Verse 15-16)
Wenn ich so bete, wird damit nicht einfach alles gut, und doch ändert sich etwas: Ich bestimme, wer meine Zeit beherrschen soll: Gott. Seinen Händen kann ich vertrauen. Ich darf als Glaubender mein Leben seinen Händen anvertrauen. Er kann für mich die Insel sein im aufgewühlten Meer des Lebens. Er kann für mich die Ruhe im Sturm sein. Er ist der Anker, der mich hält.
Der Psalm, den unzählige Menschen gebetet haben, auch Jesus als gläubigem Juden war er vertraut, wurde von Peter Strauch zu einem Lied vertont, wo es heißt:
Meine Zeit steht in deinen Händen.
Nun kann ich ruhig sein,
ruhig sein in dir.
So wollen wir mit Gottvertrauen dem neuen Jahr entgegengehen. Möge Gottes Segen uns dabei begleiten.
Zuversicht zum Jahreswechsel
Rückschau
„Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt.“ (Joh.1,14). Das ist der Inhalt des Weihnachtsfestes in kurzer Form, den wir heute wieder am 7. Tag der Weihnachtsoktav vernehmen. Gott hat sich bei uns eingezeltet, wäre die bessere Übersetzung als „einwohnen“. Gott mischt sich durch Jesus in diese Welt ein. Das ist bitter notwendig. Der Verfasser des 1. Johannesbriefes, auch aus der johanneischen Gemeinde, spricht von der „letzten Stunde.“ (1 Joh 2,18). Das ist nicht wörtlich zu nehmen. Damals erwarteten schon viele das Ende, also die Wiederkunft Christi. Wie wir wissen, kennt nicht einmal der Sohn genau die Stunde dieser Begegnung, vielmehr haben viele Irrlehrer das Sagen. Heute sind es Populisten und wissenschaftsferne Menschen, die anderen Angst einjagen, es sind diejenigen, die glauben, in einem »starken Mann« den Messias gefunden zu haben.
Wenn Sie heute über das zu Ende gehende Jahr nachdenken und reflektieren, was Sie bewegt, betroffen, erfreut gemacht hat, einzelne Erlebnisse, Begegnungen sich nochmals vor Augen halten, könnten Sie Ihren Lebensweg überdenken, welche Wege von Ihnen wenig oder überhaupt nicht begangen wurden und warum. Darin werden auch alle Ihre Entscheidungen zur Sprache kommen, die Sie getroffen oder auch nicht getroffen haben. Das Leben besteht aus vielen Beziehungen, die sie pflegen, abflauen lassen oder überhaupt stilllegen. Über manche Dinge wird Gras wachsen.
Wirksamkeit
Versuchen wir das alles zunächst mit einer kurzen, eher trivialen Überlegung: „Dick wird man nicht zwischen Weihnachten und Neujahr, sondern zwischen Neujahr und Weihnachten“, sagen Gesundheitsexperten.
Christ wird man nicht zwischen Weihnachten und Neujahr nach einigen Kirchenbesuchen, sondern zwischen Neujahr und Weihnachten durch Meditation, Stille, Bibellesen, Sakramentenempfang. Die Kirche war klein, als das römische Imperium unter Kaiser Augustus die Zeit der PAX ROMANA durchlebte, eine lange andauernde Friedenszeit, aufgebaut auf Militär, Gewalt, Angst, parallel dazu etablierte sich die PAX CHRISTIANA mit Gewaltlosigkeit, Liebe, ohne Militär und ohne Waffen.
2 000 Jahre später werden wir auf unsere Anfänge zurückverwiesen, können kirchliche Gebäude nur noch mühsam erhalten, einige werden sogar verschenkt oder profaniert. In manchen Ländern werden aus Kirchen Hotels, Konzertsäle etc. Kürzlich veröffentlichte Zahlen geben für Wien nur noch 31% Christen an. Da hilft kein Jammern mit der Bemerkung, dass „der Glaube immer mehr verdunstet“. Es braucht vielmehr Selbstverantwortung (durch religiöse Bildung, damit wir begründen können und „bereit sind,jedem Rede und Antwort zu stehen, der von [uns] Rechenschaft fordert über die Hoffnung, die [uns] erfüllt; antwortet aber bescheiden und ehrfürchtig.“- 1 Petr 3,15.16). Es braucht Selbstverantwortung und nicht Schuldzuweisung.
Gesucht werden…
Was wird im Jahr 2023 besonders gesucht werden? Es fehlen viele Facharbeiter, wird immer wieder beklagt. Einen Elektriker, um die Verbindung zwischen den Menschen wieder herzustellen, damit uns ein Licht aufgeht. Verbindungen, Kontakte sind durch die Pandemie sehr oft abgerissen oder überhaupt ganz weggebrochen, obwohl die digitalen Medien das Gegenteil bewirken möchten. Dort, wo es dunkel geworden ist, in den Familien, in den Freundschaften könnte wieder mehr Licht durch aufmunternde Begegnungen stattfinden. Gott sucht den Menschen, er will ihn besuchen, vor allem in seinen Dunkelheiten.
Gesucht werden Optiker, um die Sichtweisen zu verändern. Wie oft sind wir alle kurzsichtig in der Beurteilung anderer und treffen auch dadurch falsche Entscheidungen.
Gesucht wird ein Gärtner, der den Wildwuchs von Gedanken kultiviert, damit wir wieder gut geerdet sind, also Humus, Humanitas, gute Erde in Form von Zufriedenheit, Freude und Hoffnung bringen. „Mach es wie Gott, werde Mensch!“
Gesucht werden Künstler, die wieder das Lächeln auf die Gesichter bringen. Wir kennen ja den Ausspruch: »Da vergeht einem das Lachen«. Schreckstarre im Gesicht, viele sind deprimiert. Das schlägt auch in Aggression um.
Guter Anfang!
Neues Jahr: Alles soll besser werden. Vorbeugend in die Kristallkugel zu schauen oder Propheten mit Wahrsagern gleichzusetzen, bringen nichts. Für heute das gute Segenswort zum Schluss: „Hals- und Beinbruch“, klingt zynisch, ist es auch, aber woher kommt dieser Ausdruck? Er kommt aus dem Hebräischen bzw. Jiddischen: hatseloche un broche! Das heißt: guter Anfang, verbunden mit reichem Segen! Das wünsche ich Ihnen für 2023.
Die Engel im Menschen in der Vertretung Gottes
Bilanzen
In vielen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens ist es üblich, am Jahresende Bilanz zu ziehen. Da tauchen jede Menge Statistiken auf, die dann verschiedenartig interpretiert werden. Das geschieht auch in vielen Pfarren so.
Unser Silvestertag ist benannt nach einem römischen Bischof des 4. Jahrhunderts. Er lebte in einer Zeit des Umbruchs. Die junge Kirche konnte sich zur Zeit des Kaisers Konstantin allmählich ausbreiten und sich in weiten Teilen des Römischen Reichs Anerkennung verschaffen und später im Westen beim Untergang des Weströmischen Reichs sich zu einer moralischen Größe entwickeln. Der Untergang des Römischen Reichs, der langsam, aber unaufhaltsam vor sich ging, hatte seine Ursachen in seiner unüberschaubaren Größe gefunden, in Korruption, Misswirtschaft, teilweise zusammenbrechender Infrastruktur etc.
Bereits im 1. Jahrhundert - so deutet es der 1. Johannesbrief an - macht sich der „Antichrist“ auch in der christlichen Gemeinde bemerkbar, dazu kommt eine gewisse Endzeitstimmung. Die angekündigte zweite Ankunft nach dem Tod Jesu findet nicht statt, somit herrscht Krisenstimmung, Streit in der Gemeinde, Spaltungstendenzen. Da ist eine „Unterscheidung der Geister“ nötig.
Krisenstimmung
Wie sieht es gegenwärtig bei uns aus? Wir erleben teilweise eine Politik ohne Prinzipien, obwohl diese immer wieder lautstark und gebetsmühlenartig verkündet werden, Handel und Geschäfte kümmern sich wenig um Moral oder ethische Überlegungen, Religion befinden sich in der Komfortzone, da und dort regiert das Konsumieren, ein bringt schlussendlich alles durcheinander, spaltet die Gesellschaft.
Gottes Inter-esse
Wir befinden uns in der Weihnachtszeit, Oktav von Weihnachten. So hörten wir das Johannesevangelium. Gott mischt sich durch die Menschwerdung Jesu in diese Welt ein, die im Johannesevangelium und auch in den Johannesbriefen einen schlechten Ruf genießt. Gott, der LOGOS, die Sprache, das Wort, kommt in der Person Jesu zu uns. Gott spricht zum Menschen: Wie geht es dir? Um es genau zu wissen und auch zu sehen, wie wir Menschen leben, nimmt auch er Menschengestalt an und verspricht uns: Ich bleibe da, ich werde einer von euch, ich werde wie du. Ich gehe mit dir bis in den Tod und durch den Tod zum neuen Leben.
Wenn wir diese Gedanken in den „Johannes-Prolog“, also das heutige Evangelium, einbeziehen, könnten wir merken, dass Gott am Menschen sehr interessiert ist. Inter-esse heißt „dazwischen sein“, dabei-sein, teilnehmen. Gott mischt sich in den Alltag ein, er will mit „dabei-sein“, Anteil nehmen an unserem Denken, unserem Tun und Handeln. Wir sollten das zulassen und nicht verhindern. „Prüft alles, das Gute behaltet!“ (1 Thess 5,21). Das ist ein guter Hinweis zur Unterscheidung der Geister. Und noch ein Trostwort, das wir am Ende des Kirchenjahres bei Lukas gehört haben: „Wenn das alles geschieht [Naturkatastrophen, Weltuntergangsstimmung, auch der persönliche Untergang ist miteinbezogen], dann erhebt eure Häupter, denn eure Erlösung ist nahe.“ (Lk 21,28 - diese Stelle hörten wir am 1. Adventsonntag).
Der Spruch eines unbekannten Verfassers lautet. „Jeder Mensch sollte in seinem Leben in vier Richtungen blicken:
Nach vorne, um zu wissen, wohin man geht - aus christlicher Sicht: in der Spur Jesu bleiben, ihm nachfolgen.
Nach hinten, um sich daran zu erinnern, woher man kommt - eine religiöse Dimension mit den drei großen Menschheitsfragen: Woher komme ich? Wozu lebe ich? Was ist der Sinn meines Lebens? Wohin gehe ich?
Nach unten schauen, um niemanden niederzutrampeln. Das sind mitunter für den einzelnen die Gesetze der Welt: der Stärkere setzt sich durch, das kann auch in demokratischen Gesetzesmaschinerien passieren, etwa durch Lobbys, die ihre Interessen rücksichtslos durchdrücken.
Zur Seite, um zu sehen, wer einem auch in schweren Zeiten begleitet.- Das sind die Engel im Menschen, in der Vertretung Gottes.“- Amen! und Prosit 2022!
"Die letzte Stunde ist da…"
Der 31. Dezember ist eigentlich ein Tag wie jeder andere.
Aber dann doch nicht so ganz: Heute geht das Jahr 2020 zu Ende.
Wir fragen, was uns dieses Jahr alles beschert hat
(und tragen es kurz zusammen.
Hier ist der Platz für Eintragungen und Anmerkungen):
"Die letzte Stunde ist da…"
So heißt es in dem 1. Brief, den Johannes uns schreibt.
Für ihn hatte die letzte Stunde etwas Bedrohliches. Wir werden verführt, wir werden auseinandergerissen, wir werden getrennt. Johannes sieht Wahrheit und Lüge aufeinanderprallen. Und was ihn wohl am meisten bewegt: der Riss geht durch die Kirche. Wissen wir, wohin wir gehören? Was uns verbindet? Was uns zusammenführt?
"Die letzte Stunde ist da…"
Die letzte Stunde ist – eigentlich – die Stunde des Todes. Das „letzte Stündlein“, das uns schlägt. Wir denken jetzt an viele Menschen, die nicht mehr unter uns sind. In diesem Jahr gab es schreckliche Szenen, die den Tod noch grausamer machten als er ohnehin schon ist. Viele Menschen mussten ganz alleine bleiben. Auf ihrem letzten Weg, aber auch in ihrer Trauer. Es fällt schwer, nach der letzten Stunde noch einmal eine erste Stunde zu erwarten.
"Die letzte Stunde ist da…"
Die letzte Stunde ist die Stunde des Lebens. Ich darf alles abgeben, um das Neue in Empfang zu nehmen. Ich habe doch nur zwei Hände… Ich kann die Angst abgeben, um Vertrauen zu finden. Ich kann die Sorge abgeben, um das Lachen zu entdecken. Für Johannes ist die letzte Stunde die Stunde einer großen Befreiung. Er spricht sogar von einer Offenbarung. Es ist die Stunde, die Klarheit schenkt. Klarheit auch für Trennungen, Verbitterungen und Enttäuschungen. Klarheit für Hoffnungen, neue Gedanken und mutige Aufbrüche. Klarheit für einen Tag. Klarheit für ein Jahr. Was ist „zu Letzt“ dran? Was trägt „zu guter Letzt“?
"Die letzte Stunde ist da…"
Johannes weiß, dass wir die Salbung von dem haben, der „heilig“ ist – und er weiß, dass wir das auch wissen. Es ist nicht von einer „letzten Ölung“ die Rede – gesalbt werden Könige, Priester und – Täuflinge! Wir haben eine hoheitliche Aufgabe, eine Aufgabe, die von Gott kommt! Für Johannes ist es die Liebe ist, die in der letzten Stunde bleibt, um zu einer ersten Stunde zu werden.
So schlagen wir den Kalender neu auf. Aber unberührt ist er nicht. Die ersten Termine habe ich längst hineingeschrieben. Das Leben geht nicht nur weiter, es fängt auch noch einmal neu an.
Johannes schreibt:
„Ich schreibe euch nicht,
weil ihr die Wahrheit nicht kennt,
sondern weil ihr sie kennt…“
So viel Vertrauen tut gut. Für morgen. Für das neue Jahr.
Es ist ein Jahr des Herrn.
Mit Zuversicht ins neue Jahr
Statistiken, Bilanzen, Jahresrückblicke
Zum Jahresende ziehen alle Bilanz. Ob sie das Papier wert sind, auf dem sie gedruckt werden, sei dahingestellt. Bilanzen müssen wie Statistiken kritisch hinterfragt werden. Erst recht, wenn es um Bewertungen abseits wirtschaftlicher Standards geht. Jede Bilanz, jede Statistik, jeder Jahresrückblick gibt die persönliche Sicht des Verfassers wider.
Im Evangelium legen drei Diener ihrem Herren nach der Rückkehr von einer längeren Reise ihre Abrechnungen vor. Zwei von ihnen waren sehr erfolgreich. Sie habe das ihnen anvertraute Vermögen verdoppelt. Der dritte bringt das eine Talent, das ihm der Herr anvertraut hat, wieder zurück. Er verantwortet sich damit, dass er meinte, seinen Herrn zu kennen, und Angst vor ihm hatte. Er meinte, klug gehandelt zu haben, indem er es in der Erde versteckte. Der Herr tadelt ihn, nennt ihn faul, lässt ihm das Geld wegnehmen und einem anderen anvertrauen, der sich als fähig erwiesen hat, mehr daraus zu machen.
Das Gleichnis erzählt nicht, wie der Herr reagiert hätte, wenn einer das anvertraute Talent verwirtschaftet hätte. Der Schlüssel zum Verständnis ist der Satz: "weil ich Angst hatte..."
Persönliche Bilanz
Je nachdem, was ich als mir anvertrautes Talent betrachte, wird vielleicht meine Bilanz unterschiedlich ausfallen.
Zunächst denken wohl viele an das liebe Geld. Mit Geld kann man den Lebensunterhalt finanzieren, sich dieses oder jenes leisten, es gewinnbringend anlegen, brachliegen lassen, ein Unternehmen gründen, etwas für einen guten Zweck spenden... Es gibt viele Möglichkeiten. - Und es ist nicht gleichgültig, was ich mit mir anvertrautem Vermögen mache.
Mit Talent bezeichnen wir auch Begabungen. Auch da kommt es darauf an, was ich aus meinen Begabungen mache: ob ich sie entfalte, ehrgeizig optimiere oder sie brachliegen lasse.
Auch Gesundheit kann ich als Talent betrachten. Wie gehe ich damit um? Manche beneiden mich vielleicht um diesen Kapital. Oder lasse ich sie als ängstlicher Stubenhocker verkümmern?
Das Gleichnismotiv vom Herrn, der zurückkommt, lässt auch an das Gut des Glaubens denken. Lasse ich den mir geschenkten Glauben wachsen, vertiefe ich ihn, bilde ich mich weiter oder lasse ich ihn verkümmern?
Das kostbarste Talent, das wir von Gott erhalten haben, ist das Geschenk des Lebens. Ein Mitbruder, dem ich viel geistige Anregung verdanke, fragte mich jedes Mal, wenn wir uns längere Zeit nicht gesehen hatten: Wie geht es dir? Lebst du noch? – Er meinte das in dem Sinn, ob ich wirklich lebe oder nur funktioniere. Wer das Geschenk des Lebens ängstlich vergräbt, nicht wagt wirklich zu leben, gehört wie der dritte Diener im Gleichnis zu den Verlierern.
Zuversichtlich nach vorne blicken
Wie auch immer Ihre persönliche Jahres- oder Lebensbilanz ausfällt, das Gleichnis Jesu will uns Mut machen nach vorne zu schauen und eine eventuelle Angst vor einem strengen Blick Gottes zu überwinden. Der Herr im Gleichnis ist streng, aber in einem anderen Sinn, als wir es normalerweise von weltlichen Herren gewohnt sind. Er ist vor allem großzügig. Er gibt jedem der Diener eine Riesenchance. Am Ende tadelt er nur den, der aus Ängstlichkeit nichts aus seiner Chance gemacht hat. Er lobt die, die ihre Chance wahrgenommen haben. Sie haben erkannt, worum es ihrem Herrn geht. Der Ängstliche meinte, seinen Herrn zu kennen, kannte ihn aber nicht wirklich.
Jesus hat gesagt: Ich bin gekommen, damit sie das Leben haben und es in Fülle haben. – Mit dem Gleichnis von den anvertrauten Talenten ermutigt uns Jesus, das uns anvertraute Leben, unsere Begabungen, das Gut des Glaubens, unsere Gesundheit und auch wirtschaftliche Vermögenswerte zur Entfaltung zu bringen. Mehr noch fordert er uns auf, unsere Ängstlichkeit abzulegen und das uns von Gott Gegebene zu nutzen.
Mit dem Wissen um diesen Herrn im Rücken, können wir zuversichtlich ins neue Jahr gehen.
Gott geht mit uns in die Zukunft
Blick in die Zukunft
Gerne würden viele Menschen wissen, was das bald beginnende neue Jahr bringt. Niemand kann es voraussehen, kein Wahrsager, kein Horoskop, kein Zukunftsforscher. Seriöse Zukunftsforscher analysieren aktuelle Daten und versuchen daraus Trends und mögliche Entwicklungen herauszulesen. Sie betonen, wie wichtig es sei, auf das Gegenwärtige genau hinzuschauen.
Jesus wurde auch immer wieder mit Zukunftsfragen konfrontiert. Zu seiner Zeit kursierten Ängste vor Kriegen, Seuchen, Naturkatastrophen und vor dem Weltuntergang. Er hat sich nicht darauf eingelassen. Seine Antwort lautete: Schaut genau hin, dann könnt ihr die Zeichen der Zeit deuten. Interessant ist, wie er diese gedeutet hat. Er sah hinter allem vor allem das Wirken Gottes. Ihm wurde alles zu einem Gleichnis für das Wirken Gottes in der Welt: Seht euch die Vögel an, die Blumen! Sorgt euch nicht ängstlich! Wie sie seid auch ihr bei Gott gut aufgehoben!
Jesus lehrt uns, in allem das Wirken und die Gegenwart Gottes zu erkennen. Das lässt uns in Gelassenheit und mit Zuversicht der Zukunft entgegengehen. Das bedeutet nicht, dass uns deshalb Schweres erspart bleibt. Was immer auf uns zukommt, wir haben Gott als Begleiter.
Jakobs Himmelsleiter
In der Lesung haben wir eine Geschichte von Jakob, dem Stammvater des Volkes Israel gehört. Er musste als junger Mann von daheim wegziehen, weil er seinen Bruder Esau um den Segen des Vaters und um das Erstgeburtsrecht betrogen hatte und dieser ihm nun nach dem Leben trachtete. Allein auf sich gestellt musste er in der freien Natur übernachten. Ein Stein diente ihm als Kopfpolster... In einem Traumbild sah er den Himmel offen und vernahm er die Zusage Gottes, dass er ihn zu einem großen und bedeutenden Volk machen werde. Durch ihn und seine Nachkommen werden alle Geschlechter der Erde Segen erlangen. Jakob hatte in diesem Moment nichts außer Gott. Und das genügte trotz seiner ungewissen Zukunft.
Dank für die Gegenwart Gottes im Vergangenen
Was uns helfen kann, zuversichtlich unserer Zukunft entgegen zu gehen, ist der Blick auf die Vergangenheit und das Wahrnehmen der Gegenwart Gottes in der Welt, in der wir leben. Allzu schnell besetzen wir ungewisse Entwicklungen mit Ängsten. Ängste sind schlechte Ratgeber. Natürlich müssen wir vorsichtig sein, wichtiger jedoch ist die Umsicht. Denn auch in dem, was auf uns zukommt, ist Gott anwesend.
Es lohnt sich, noch einmal auf die Ereignisse des vergangenen Jahres zurück zu blicken und zu fragen, wo und in welcher Weise ist mir Gott begegnet. Es tut uns gut, immer wieder diese schönen Seiten des Lebens zu betrachten und sie dankbar mit Gott in Verbindung zu bringen. Wir neigen dazu, Gott nur in den schönen und angenehmen Erlebnissen zu suchen und die negativen Erfahrungen als Abwesenheit Gottes wahrzunehmen. Es gibt aber auch Menschen, die Schweres durchgemacht haben und dennoch im Laufe der Zeit entdeckt haben, dass ihnen gerade auch in der Krise Gott nahe war und zur Seite gestanden ist.
An der Schwelle zum neuen Jahr lade ich Sie ein, dankbar auf alles Gute des vergangenen Jahres zurückzuschauen und im Gebet alle Ungewissheit der Zukunft in die Hände Gottes zu legen.
Ein Gespräch zum Jahresende
Rückschau
Zum Jahresende lade ich zu einer Rückschau ein, eine Rückschau, die zugleich neue Perspektiven eröffnet. Diese Rückschau beinhaltet Schlüsselstellen aus dem Gespräch, welches Jesus mit der Samariterin geführt hat. Es sind jene Stellen, die uns alle einladen, auch im kommenden Jahr weiter darüber nachzudenken. Am Schluss der Rückschau erfahren wir vom Beginn einer Lebenswende, einer neuen Zeit im Leben dieser Samariterin.
Vielleicht sind am Beginn der Rückschau zum besseren Verständnis folgende Fragen hilfreich: Welche Gespräche haben auf Grund ihrer zuversichtlichen, hoffnungsvollen Worte ungeahnte Wendung in unserem Leben ausgelöst? Was nehmen wir persönlich von diesen Worten, Gesprächen mit in das „Neue Jahr“? Werden diese uns weiter beschäftigen, bzw. anregen sich mit dem Gespräch auch im kommenden Jahr auseinanderzusetzen, weil sie dem Leben mehr an Fülle und Sinn geben können?
Gespräch am Jakobsbrunnen
Von so einem Gespräch, das zum Nachdenken anregt, erzählt der Evangelist Johannes. Es ist ein sehr langes Gespräch zwischen einem Mann aus Galiläa und einer Frau aus Samarien. Dieses Gespräch ist bis auf den heutigen Tag noch nicht „ausgeredet“. So können und dürfen wir es fortsetzen, denn das, was das Gespräch ins Rollen gebracht hat, betrifft auch unsere heutige Gesellschaft.
Also beginnen wir mit dem, was der Mann aus Galiläa von der Frau aus Samarien mit folgender Bitte fordert: „Jesus sagte zu ihr: Gib mir zu trinken!“ - Was haben diese Worte bei der Samariterin ausgelöst? Wahrscheinlich, nein sogar sicher, wie wir im Verlauf des Gespräches noch erfahren werden, eine zu tiefste Erschütterung in ihrem Frauenrollenbild aus ihrer Volksgruppe der Samariter! - Wieso das?
Jesu Verhalten, so nehmen wir an, entspricht doch dem von Männern geprägten Rollenbild der Frauen in der damaligen Welt und, salopp festgestellt, oft auch noch heute.
Was ist daran so „aufregend“, dass diese Szene am Brunnen im Evangelium zu den Schlüsselstellen gehört?
Dazu müssen wir noch ein zweites – damals - festgefahrenes Rollenbild bedenken: Es ist jenes zwischen zwei Kulturen, zwischen zwei Religionsgruppierungen, zwischen zwei verschiedenen Regionen in einem Land.
Die Antwort der Frau, etwas aussagekräftiger formuliert als von Johannes, könnte auch so lauten: „Wie, du, ein Jude, verlangst von mir zu trinken, von einer Samariterin?“ In dieser Formulierung kommt das Entsetzen, das Erstaunen der Frau stärker zum Ausdruck. Durch die Frage Jesu wird sie in ihrem Selbstbewusstsein, das ganz und gar darin besteht, eine Samariterin zu sein, aus ihrem Lebenskonzept gebracht.
Aus der Rolle fallen
Dass Jesus durch seine Bitte an diese Frau aus der üblichen Rolle eines Mannes aus dem Judentum fällt, ist in dieser Perikope gewollt. Eigentlich fällt „er“ nicht aus der Rolle, sondern Jesus spielt einfach nicht die Rolle, die die Frau von ihm erwartet hat. Dadurch ist sie verunsichert, verwirrt. Dazu sei bemerkt, dass auch sein Jüngerkreis vom „nicht in eine Rolle gezwängtem Verhalten“ Jesu oft genug verwirrt wurde.
Diese provokante Einleitung zu dem Gespräch am Jakobsbrunnen, bei der Jesus, als männlicher Teil und die Samariterin, als weiblicher Teil, war durch diese alten fixierten Rollenbilder zwischen Mann und Frau und hier konkret noch zwischen Samaritern und Juden möglich. Und: Frauen sind – das ist das gängige Bild über Frauen in der Gesellschaft - entsetzt, werden erschüttert in ihrem Selbstbewusstsein, Männer jedoch fallen gezielt oder spontan „nur“ aus der Rolle. Diese alten Denkstrukturen über Frau und Mann werden geschickt aufgegriffen und in ein Angebot neuen Lebens verwandelt!
Dazu ist ein wesentlicher Schritt der Frau, der Samariterin, als Reaktion auf die Aktion Jesu notwendig. Dieser Schritt wird ihr ermöglicht, weil Jesus ihn selber getan hat: er ist aus der kollektiven Lebensform heraus gefallen.
Der eben erst ungewöhnliche Gesprächsanfang hat eine Fortsetzung: „Wenn du wüsstest, worin die Gabe Gottes besteht und wer es ist, der zu dir sagt: Gib mir zu trinken, dann hättest du ihn gebeten, und er hätte dir lebendiges Wasser gegeben.“ Mit diesen Worten fällt Jesus buchstäblich mit der Tür ins Lebenshaus der Frau. Dieses Lebenshaus wurde und wird auch heute noch geformt, geprägt und gebildet von dem Rollenverständnis einer Frau in ihrem gesellschaftlichen Zuhause.
Wie kann man sich so verhalten, so eine schroffe, radikale Aussage machen gegenüber einer Frau, die eben in ihrem Selbstbewusstsein erschüttert worden ist? Statt Wasser wird jetzt von der Gabe Gottes gesprochen, die es für die Frau zu erkennen gibt. Hier beginnt eine Umkehrung der Verhältnisse, beginnt der Bruch mit einer Tradition, die meist keinen Raum, keinen Platz der Veränderung, sprich Entwicklung vorsieht.
Diese Stellen sind jedoch nur der Anfang des Gespräches zwischen der Frau und Jesus am Jakobsbrunnen. Der weitere Gesprächsverlauf dauert lange, wir haben es gehört. Die Frage drängt sich auf: Kann sich der Evangelist nicht kürzer fassen und gleich sagen, auf was er hinaus will? Wozu diese langatmige Erzählung, so umständlich, so verwirrend, mit so vielen Unklarheiten?“ - Nein, ein klares Nein! Der Evangelist kann sich – als guter Erzähler – in diesem Fall nicht kürzer fassen und dieses Gespräch muss unbedingt Platz für „Umwege“, für Klarstellungen und Zeit haben. Zeit haben für ein Gespräch, das nachhallt, das Wirkung zeigt, ist noch immer wichtig! Der Prozess der Offenbarung, welche hier ein „Angebot neuen Lebens“ verkündet, ist keine Blitzaktion. Das Gespräch zeigt durch und in seiner Länge auf, dass es nur Schritt für Schritt in der Seele eines Menschen Entwicklung gibt, egal ob Frau oder Mann.
Lebensumschwung
Neue Orientierungspunkte muss in dieser Begegnung die Samariterin setzen: es geht nicht um die Gabe von ihr, sondern von ihm. Das verwirrt sie. In dieser Verwirrung spricht sie das an, was sie zu verstehen meint: das Wasser, das lebendige Wasser, das er ihr geben will. - Aus dem Brunnen da? Nein, geht nicht, der ist zu tief. Dann bleibt nur zu fragen: „Woher hast du also das lebendige Wasser?“
Langsam merken auch wir als Zuhörer/in, dass hier immer nachgefragt wird, dass hier Dinge offen sind, die zum Nachdenken anregen. Diese laden die Frau ein, den nächsten Schritt zu wagen, die eigene religiöse Herkunft, die eigene Quelle ihres Volkes zu hinterfragen: „Bist du etwa größer als unser Vater Jakob?“
Ob die Frau nun alles in Frage stellt, was ihr Leben, ihre Tradition betrifft, bleibt offen, aber dass sie ihr Leben zu hinterfragen anfängt, ist außer Zweifel. Und dies am Ort, dem Jakobsbrunnen, der die Quelle ihres und ihres Volkes Leben ist. Großartig und einmalig, was hier im Evangelium in einem „einfachen“ Gespräch erzählt wird. Langsam, in vielen kleinen Schritten ahnt sie, dass sie jemanden begegnet ist, der ihr neue Lebensquellen erschließen kann, dass er, bildlich gesprochen, einen neuen Brunnen baut, von dem sie und auch ihr Volk, die Samariter, leben können.
Eine neue Lebensquelle
Zu welcher Tageszeit lässt Johannes dieses Gespräch führen? „... denn es war um die 6. Stunde!“
Es war also Mittag. Hören sie die „inneren“ Glocken klingen? 12 Uhr, die Tagesmitte, für die Samariterin ist dies die Lebensmitte, konkret: eine Lebenswende! Im Gespräch hält sie Rückschau auf ihr vergangenes Leben. Doch die Erfahrung der Offenbarung lässt sie nun in die Zukunft blicken. Eine neue Lebensquelle in der eigenen Seele, der Ort der Gottesbegegnung, hat sie durch Jesu Zuwendung erfahren.
Nicht die Tagesmitte wird heute um Mitternacht verkündet, sondern ein neues Jahr. Mögen sich im kommenden Jahr für uns eine Fülle von Quellen des Lebens erschließen, die uns hoffen lassen und uns auf dem Weg in eine friedvolle Zukunft stärken.
Anmerkung:
Die Szene „Die Samariterin und Jesus am Jakobsbrunnen“ ist ein sehr beliebtes Darstellungsmotiv in der Kunst. Eine wunderbare szenische Darstellung ist in der Kunstkammer des KHM in Wien zu sehen: „Jesus und die Samariterin am Jakobsbrunnen“, als Andachtsbild, hergestellt im Pietra-dura-Verfahren, Florenz, Ende 16. Jhd., die Bildmitte von Christofano Gaffuri.
Foto: 10. Feber 2016, eigene Fotografie, Werner Stumpner.
Gott ist der Herr über alle Zeiten
Zeit kommt und vergeht
Einmal mehr sind wir am Ende eines Jahres angelangt. Es liegt immer eine eigentümliche Atmosphäre über solch einem Jahreswechsel. Das hat wohl damit zu tun, dass wir uns intensiver als sonst bewusst werden, dass wiederum eine Spanne Zeit unwiderruflich vergangen ist und dass wir Wünsche und Erwartungen haben an die kommende Zeit. Was aber ist das überhaupt, die Zeit, die da kommt und geht, die wir leben und die uns zwischen den Fingern zerrinnt?
Damit rühren wir an einen heiklen Punkt. Unsere Gesellschaft verdrängt die Frage nach der Zeit weitgehend und das hat unmittelbar damit zu tun, dass unsere Gesellschaft auch den Glauben an Gott und an ein Jenseits immer mehr von sich wegschiebt. Der Philosoph Hans Georg Gadamer hat kurz vor seinem Tod auf diesen heiklen Punkt hingewiesen, indem er sagte: „Die Anerkennung der Transzendenz – die Anerkennung eines Jenseits - ist eine der wichtigsten Herausforderungen für den Menschen“. Aber wie hängen Diesseits und Jenseits, wie hängen Zeit und Ewigkeit zusammen? Das möchte ich jetzt ganz kurz mit Ihnen etwas bedenken.
Die Zeit gleicht einer Sanduhr. Stetig und unwiderruflich rinnt der Sand durch das Glas und wird dabei immer weniger. Stetig und unwiderruflich rinnt die Zeit dahin und wird ebenfalls immer weniger. Zwar erhoffen wir uns immer neue Zukunft. Aber in Wirklichkeit entschwindet sie uns mit jeder Sekunde, die wir leben. Von Sekunde zu Sekunde wird der Zeitvorrat knapper. Und am Ende steht der Tod. So gesehen ist die Zeit letztlich die Statthalterin des Todes.
Die Zeit, Statthalterin des Todes
Und das bestimmt das Leben unserer Jahre mehr als alles andere. Zwar versuchen wir mit allen Mitteln den Tod von uns fern zu halten, und so zu tun, als ob es ihn nicht gäbe. Und doch ist er überall gegenwärtig und macht er seinen Einfluss geltend. Zu Recht hatte der weise Buddha einst gesagt: „Mit der Geburt des Menschen beginnt sein Sterben“. Offensichtlich ist der Mensch das einzige Lebewesen, das weiß, dass er unweigerlich sterben muss. Damit weiß er, dass alles, was er in der Zeit lebt einmalig ist und dass einmal alles zu Ende gehen wird. Und dann? Ist mit dem Tod alles aus? Oder gibt es ein darüber hinaus?
Das ist nicht nur eine Frage nach dem Jenseits, sondern diese Frage entscheidet darüber, wie der Mensch hier im Diesseits lebt. Vor gut hundert Jahren betrug die Lebenserwartung in unserem Land so um die 45 Jahre. Aber in der damals noch vorwiegend christlich geprägten Gesellschaft glaubten die Menschen, dass nach dem Tod die Ewigkeit komme. Sie dachten also, ihr Leben würde in ca. 45 plus unendlich bestehen. Heute konnte die durchschnittliche Lebenserwartung an die 80 Jahre und darüber hinaus hochgeschraubt werden. Die heute vorwiegend säkularisierte und gottlose Gesellschaft in unserem Land denkt, sofern sie konsequent ist, dass nach dem Tod nichts mehr kommt. Sie denkt also, das Leben bestehe in mehr oder weniger 80 plus Null.
Damit wird aber die Zeit wirklich und unerbittlich zur Statthalterin des Todes und zu einer Art von Fluch. Wenn mit dem Tod alles aus ist, steht die Zeit unter dem Vorzeichen der Beraubung. Jede Sekunde beraubt den Menschen um ein Stück seines Lebens. Jeder gegenwärtige Augenblick, der Vergangenheit wird, ist unwiderruflich entschwunden und immer mehr schrumpft das zusammen, was wir Zukunft nennen. Je länger das Leben voranschreitet, desto weniger verheißt es. „Zu wenig“: damit kann ein Grundgefühl unserer Zeit und Gesellschaft benannt werden. Wo es nur die Zeit gibt von der Geburt bis zum Tod und dann nichts mehr, dort wird der Mensch dauernd von der Angst umgetrieben, er könne das Wichtigste und Beste verpassen, weil ja alles zerrinnt, weil alles weniger und immer weniger wird.
Die Zeit läuft davon
Die so davonlaufende Zeit muss dann durch Intensität und Leidenschaft und Tempo wettgemacht werden. Ich muss möglichst schnell möglichst alles haben, alles genießen, alles verbrauchen. So könnte ein weiteres Grundgefühl unserer Zeit benannt werden. Und deshalb muss alles schnell und schneller gehen. Wer aber möglichst schnell möglichst alles haben und verleben will, liefert sich nicht nur der Hetze und der Oberflächlichkeit aus. Er muss auch feststellen, dass er hinter etwas daherrennt, das er nie einholen kann. Es gäbe immer noch mehr zu erleben, noch mehr zu geniessen, noch mehr zu erwerben. Aber die Zeit läuft davon. Die Angst, immer „zu wenig“ zu haben, „zu wenig“ zu leben, ist nicht abzuschütteln. Der Mensch ist zum „zu wenig“ verurteilt, wenn es kein Jenseits gibt, wenn mit dem Tod alles aus ist.
Von diesem „zu wenig“ kann nur die Hoffnung befreien, mit dem Tod sei eben nicht alles aus, sondern es gebe ein Jenseits, es gebe über diese Welt und diese Zeit hinaus etwas Anderes, Neues, Erfüllendes. Nur diese Hoffnung, die im christlichen Glauben grundgelegt ist, kann von der Angst befreien, wir würden in allem, was wir in der Zeit leben, zu kurz kommen. Die Hoffnung des Glaubens ermöglicht einen gelassenen Umgang mit der Zeit und mit den Jahren des Lebens. Sie eröffnet die Perspektive, dass nicht entscheidend ist, wie lange, sondern wie gut und wie erfüllt ich lebe. Der Glaube gründet sich auf die Zuversicht, dass in allem, was geschieht, auch trotz allem, was ich verfehlt und versäumt habe, jemand da ist, der Ja zu mir sagt und das nicht nur für eine begrenzte Zeit, sondern für alle Ewigkeit – und dieser Jemand ist Gott.
Der Herr über alle Zeiten
Wir glauben, dass Gott die Zeit in seinen Händen hält und uns über alle Zeit hinaus wirklich Ewigkeit schenken will. Dieser Glaube ist nicht blind. Sondern er stützt sich auf das, was Gott uns in Jesus Christus gezeigt und geschenkt hat. Mit Jesus ist Gott selber, ist sozusagen die Kraft seiner Ewigkeit in die Zeit hinein gekommen. Mit Jesus hat Gott selber die Zeit angenommen in allem, was sie im Leben und im Tod mit sich bringt. Mit Jesus hat Gott die Zeit wirklich geöffnet auf Ewigkeit hin. Genau das haben wir an Weihnachten gefeiert.
Weil wir so darauf vertrauen dürfen, dass Gott die Zeit bestimmt und uns Menschen über die Zeit dieser Welt hinaus Leben in Fülle zusagt, darum müssen wir uns nicht ängstigen lassen vom Vergehen der Zeit, sondern wir dürfen voll Hoffnung und Zuversicht ins neue Jahr 2017 hineingehen, weil wir wissen: durch alle Jahre hindurch gehen wir dem entgegen, der Herr ist über alle Zeiten und der uns letztlich zu dem führen wird, was wir ewiges Leben nennen.
Weiterleben mit der Weisheit unserer Erfahrung
Nicht Ende oder Anfang sondern Übergang
Selten wird uns das Phänomen der Zeit so bewusst, wie am Jahreswechsel. Noch wenige Stunden, dann ist das Jahr 2015 zu Ende gegangen und wir werden ab Mitternacht „2016“ sagen. Und mit dem Neuen Jahr verbinden sich neue Hoffnungen und Wünsche, Ängste und Sorgen. Hal Borland (1900 - 1976), ein amerikanischer Schriftsteller, hat folgenden Satz geprägt: „Das Jahresende ist kein Ende und kein Anfang, sondern ein Weiterleben mit der Weisheit, die uns die Erfahrung gelehrt hat.“
Ich lade Sie ein, ein wenig der „Weisheit“ und den „Erfahrungen“ nachzuspüren, die uns das Jahr 2015 gelehrt hat. Dabei geht unser Blick sicher zunächst in unser persönliches Leben hinein: wir schauen zurück auf viele schöne Erlebnisse, auf manches Traurige, vielleicht auch auf einen schweren Schicksalsschlag, der einen getroffen hat. Und wir alle hoffen und wünschen uns, dass 2016 ein gesundes, friedliches und glückliches Neues Jahr wird.
(Bitte bei Bedarf einfügen: Wir blicken auch zurück auf besondere Ereignisse im Leben unserer Gemeinde...)
Gesellschaftlichen und politischen Herausforderungen
Im Jahr 2015 standen wir aber auch vor großen gesellschaftlichen und politischen Herausforderungen: was wird aus dem europäischen Projekt, angesichts der unterschiedlichen wirtschaftlichen und finanziellen Voraussetzungen und dem zunehmenden nationalistischem Denken in den einzelnen Mitgliedsstaaten? Wie reagieren wir angemessen auf den internationalen Terror? In welchem Land wollen wir leben? Was sind eigentlich diese berühmten „Werte“, an denen sich alle anderen orientieren sollen? Wir erleben das Suchen der politischen Eliten und die unvorstellbar großherzige Hilfsbereitschaft der Bevölkerung. Wollen wir dann wirklich zugleich in einem Land leben, in dem Migranten und Flüchtlinge offen angegriffen werden?
Der Johannesbrief erinnert uns in seiner heutigen Lesung daran, dass wir es wissen: „Ihr habt die Salbung von dem, der heilig ist“! (Joh 2,20). Durch diese Salbung haben wir Anteil an der Sendung Christi, den der Herr selbst gesalbt hat, wie es in der programmatischen Predigt Jesu am Beginn seiner Sendung heißt: „Der Geist des Herrn ruht auf mir; denn der Herr hat mich gesalbt. Er hat mich gesandt, damit ich den Armen eine gute Nachricht bringe; damit ich den Gefangenen die Entlassung verkünde und den Blinden das Augenlicht; damit ich die Zerschlagenen in Freiheit setze und ein Gnadenjahr des Herrn ausrufe.“ (Lk 4, 18 ff.).
Wie kann unsere besondere „Sendung“ in 2016 angesichts der großen Herausforderungen aussehen? Natürlich können und dürfen wir die Texte der Hl. Schrift, die in anderen historischen und kulturellen Kontexten entstanden sind, nicht 1 zu 1 in die Gegenwart übersetzen. Aber sie bezeugen uns normative Erfahrungen, die Menschen mit Gott gemacht haben. Diese Erfahrungen können uns sicher auch heute helfen.
Leben mit den Erfahrungen der biblischen Autoren
Die säkulare Welt spricht von der unveräußerlichen „Würde“ des Menschen. Für uns Christen gründet diese „Würde“ darin, dass der Mensch als „Abbild Gottes“ geschaffen wurde und dass er dieses Abbild als Mann und Frau geschaffen hat. Diese Würde geben wir uns nicht selbst und können sie auch niemals verlieren. Hier besteht unsere Sendung darin, jedem einzelnen Migranten und Flüchtling mit Respekt und Liebe zu begegnen und ihn auch so zu behandeln.
Christus hat uns das Gebot der Nächstenliebe gelehrt. Der Apostel Paulus konkretisiert dieses Gebot so: „Wir müssen als die Starken die Schwäche derer tragen, die schwach sind, und dürfen nicht für uns selbst leben.“ (Röm 15,1) Dies gilt für das Leben innerhalb einer christlichen Gemeinde genauso wie für die Menschen, die aufgrund von Armut, Hunger oder Krieg ihre Heimat verlassen. Und genauso für ein vereintes Europa, indem natürlich die Starken nicht nur für sich selber leben dürfen, sondern auch die Schwäche derer tragen, die schwach sind.
Wie oft ermahnt uns Christus zur Gewaltlosigkeit, ja sogar zur Liebe gegenüber unseren Feinden. Das ist keine Schwäche, sondern Stärke, weil wir so dem Gegner den „Wind aus den Segeln nehmen“! Wenn ich mir die Kriege anschaue, die der Westen - mit oder ohne deutscher Beteiligung - in den letzten Jahren geführt hat bzw. noch führt - ist es durch Gewalt wirklich besser geworden? Ich frage mich, ob unsere Sendung auch darin bestehen kann, darauf immer wieder hinzuweisen und sich - auch angesichts von Anschlägen und Toten - für Frieden einzusetzen?
Weiterleben mit der „Weisheit“, die uns die Erfahrung gelehrt hat. So rät es Hal Borland zum Jahreswechsel. Wir haben einige dieser Erfahrungen, die die Autoren der Bibel uns weitergegeben haben bedacht. Zu diesen Erfahrungen gehört auch die Gewissheit, dass Gott uns in unserem persönlichen Leben nahe ist und es gut mit uns meint. Alle Erzählungen der Evangelien berichten davon, wie Christus Menschen neues Leben ermöglicht und ihnen neue Lebensqualität schenkt. Sie berichten auch davon, dass seine Liebe besonders denen gilt, die zu kurz kommen und am Rande stehen. Auf diese Liebe und Nähe Gottes will ich auch in 2016 vertrauen.
So lassen Sie uns heute das alte Jahr miteinander abschließen. Freuen wir uns auf das Neue Jahr 2016. Möge es ein gutes, friedliches und gesundes Jahr für uns alle werden. „Das Jahresende ist kein Ende und kein Anfang, sondern ein Weiterleben mit der Weisheit, die uns die Erfahrung gelehrt hat.“
"Nun lasst uns gehen und treten..."
Ein Jahr geht …
Heute schließen wir das Jahr 2014 ab. Was wir nicht geschafft haben, müssen wir mitnehmen. Heute reißen wir nichts mehr. Im Rückblick aber danken wir für viele Tage, die uns geschenkt wurden. Wir danken auch für die Tage, die uns entglitten sind. Uns gehört die Zeit nicht - sie ist in Gottes Hand. Bei ihm ist auch unser Leben geborgen.
Paul Gerhardt, 1607 geboren, hat 1653 ein Lied zum Jahreswechsel geschrieben:
Nun laßt uns gehn und treten
Mit Singen und mit Beten
Zum Herrn, der unserm Leben
Bis hierher Kraft gegeben.
Wir gehn dahin und wandern
Von einem Jahr zum andern,
Wir leben und gedeihen
Vom alten zu dem neuen.
Die schreckliche Zeit des Dreißigjährigen Krieges war gerade zu Ende gegangen, 1648. Überall waren die Verwüstungen zu sehen. So manches Dorf war leer - ausgestorben. In den Erzählungen der Leute spiegelten sich traumatische Erfahrungen. Paul Gerhardt, damals Pfarrer in Mittenwalde, schenkt den Menschen Worte für den Jahreswechsel - und für den Neuanfang.
Durch so viel Angst und Plagen,
Durch Zittern und durch Zagen,
Durch Krieg und große Schrecken,
Die alle Welt bedecken.
... gehen wir zum Herrn.
Mit einem Gleichklang, der die Seelen zur Ruhe kommen lässt, schenkt uns Paul Gerhardt Zuversicht und Hoffnung. Es ist, als ob wir mit dem Lied schreiten können - Schritt für Schritt. In ein neues Jahr, auch in einen neuen Anfang. Schreiten ist nicht schnell, kein Rennen, kein Wettlauf. Auch kein Wettlauf mit der Zeit. Wir gehen aber auch nicht geschlagen durch den Schrecken hindurch. Nicht kleingemacht. Nicht mit hängendem Kopf. Aufrecht gehen wir zum Herrn. Er hat uns bis hierher Kraft gegeben. Dieser eine Satz reicht. Es gibt keine Vorwürfe, keine Klage. Paul Gerhardt beschreibt, erzählt - er hat viel gehört. Viel gesehen.
2014
Schauen wir auf unser Jahr zurück, 2014, sehen wir in vielen Regionen der Welt Krieg, Terror, Flucht. Die Folgen begegnen uns auch, obwohl wir - gefühlt - weit weg sind. Menschen kommen zu uns und suchen einen Unterschlupf. Viele von ihnen sind minderjährig. Was sie in ihrem jungen Leben schon erlebt, erlitten haben? Verstehen wir sie? Hören wir ihnen zu? Andererseits formiert sich bei uns Widerstand. Zum Teil diffus, zum Teil aber voller Angst. Die starken Worte, die fallen (und viel zu laut geschrieen werden), verbergen nur schlecht die Schwäche, die sich hinter ihnen versteckt - sie verletzen aber. Viele Muslime, die seit Langem bei uns zu Hause und auch an unserer Wirtschaftsleistung beteiligt sind, sehen sich mit Vorwürfen konfrontiert, die sie nicht entkräften können.
Viele unter uns haben auch Schicksalsschläge abbekommen - wie man, wie frau so sagt. Eine Krankheit, einen Unfall. Auf manchem Kreuz, manchem Grabstein steht 2014 als Todesjahr. Im letzten Jahr waren wir noch zusammen. Wir haben auf ein gutes, neues Jahr angestoßen. Jeder, jede von uns macht einen eigenen Jahresrückblick. Mit Fotos und Erinnerungen, mit Schweigen und Sorge.
Mit den Worten Paul Gerhardts:
Nun laßt uns gehn und treten
Mit Singen und mit Beten
Zum Herrn, der unserm Leben
Bis hierher Kraft gegeben.
Ein Jahr kommt ...
Als Christen legen wir das Jahr in Gottes Hand zurück. Von ihm haben wir die vielen Tage anvertraut bekommen. Im Internet können wir jeden Tag noch einmal nachgehen. Im Fernsehen gibt es Jahresrückblicke - interessant, wie unterschiedlich sie sein können. Es ist, als ob es d a s Jahr 2014 nicht gegeben hat. Wie unterschiedlich haben wir selbst die Ereignisse der vielen Tage erlebt, wahrgenommen, bewertet? Was ist uns zu Herzen gegangen? Was haben wir einfach abgehakt? Selbst von dem großen Leid, das viele Menschen getroffen hat.
Wir könnten ein Spiel daraus machen. Wissen Sie noch, was am 22. September war? Am 5. April? - Sie können auch in Ihren alten Kalender schauen. So viel Vergangenheit - und noch so viel Gegenwart. Glauben wir den Meinungsumfragen, gehen wir alle mehr oder weniger zuversichtlich in das neue Jahr. Unsere Kalender für 2015 sind schon gut gefüllt. Wissen Sie schon, wann Sie Urlaub haben? Wann das Baby kommt? Wann Sie in Rente gehen?
Neujahrswünsche
Paul Gerhardt hat für das neue Jahr nicht nur gute Wünsche formuliert. Er sieht unser Leben geborgen und gehalten - von Gott:
Denn wie von treuen Müttern
In schweren Ungewittern
Die Kindlein hier auf Erden
Mit Fleiß bewahret werden:
Also auch und nicht minder
Lässt Gott sich seine Kinder,
Wenn Not und Trübsal blitzen,
In seinem Schosse sitzen.
Das ist ein schönes Bild! Die Barmherzigkeit hat in der hebräischen Bibel immer den Mutterschoß vor Augen. Wird gesagt, Gott sei barmherzig, sehen wir ihn in seiner mütterlichen Art - er ist uns auch Mutter (nicht nur Vater). "In seinem Schoße sitzen" wird zum Inbegriff von Glück - auch im Unglück. Inbegriff von Trost - auch wenn uns die Welt entgleitet. Inbegriff von Hoffnung - auch wenn wir schuldig werden. Paul Gerhardt lässt sein Lied zum Gebet werden, zur Bitte:
Ach Hüter unsers Lebens,
Fürwahr, es ist vergebens
Mit unserm Tun und Machen,
Wo nicht dein' Augen wachen.
Gelobt sei Deine Treue,
die alle Morgen neue,
Lob sei den starken Händen,
die alles Herzleid wenden!
Nun lasst uns gehen...
Paul Gerhardt, Zeuge harter Zeit, auch in seinem privaten Leben arg gebeutelt, in viele Konflikte verwickelt, schenkt uns in seinem Neujahreslied einen großen und unbeugsamen Mut. Nicht nur für uns - auch für andere. Auch für die, die keine Treue und Verlässlichkeit in ihrem Leben erfahren, die vor jedem Tag Angst haben, die mit ihrem Herzleid alleine bleiben.
7 Strophen des Liedes geleiten uns unaufgeregt und liebevoll in das neue Jahr. 15 Strophen aber hat das Lied. Die anderen 8 Strophen sind Fürbitten. Wir wollen sie gleich miteinander singen. Und unsere Tage und Wege Gott anvertrauen.
Nun lasst uns gehen und treten
Mit Singen und mit Beten …
zum Herrn, der unserm Leben
Für morgen Kraft gegeben.
Und der Friede Gottes,
der höher ist als unsere Vernunft,
bewahre unsere Herzen und Sinne
in Christus Jesus,
unserem Herrn.
Wer hat, dem wird noch gegeben werden...
Rechenschaft ablegen
Am Ende des zurückliegenden Jahres geht es uns ähnlich wie den Dienern, von denen das Matthäusevangelium (Mt 25,14-30) erzählt. Sie mussten ihrem Herren Rechenschaft ablegen, was sie mit dem ihnen anvertrauten Vermögen gemacht haben. Zwei von ihnen konnten das ihnen anvertraute Gut verdoppeln, einer ließ es aus Angst vor der Strenge seines Herrn ungenutzt und versteckte es...
Jeder von uns hat vor einem Jahr 365 Talente bekommen. Jedes hatte 24 Stunden. Zeit kann man zwar nicht verdoppeln, wir sagen aber: Zeit ist Geld, und man kann mehr oder weniger daraus machen.
Einigen von uns wird es gelungen sein, die zur Verfügung gestandene Zeit auch wirtschaftlich erfolgreich zu nutzen, andere mussten vielleicht mit der zur Verfügung stehenden Zeit wuchern, um irgendwie über die Runden zu kommen. Wieder andere hätten gerne mehr daraus gemacht, hatten aber keine Gelegenheit dazu. Vielleicht weil sie keine geeignete Arbeitsmöglichkeit hatten oder weil sie durch Krankheit oder durch einen Schicksalsschlag daran gehindert worden sind.
Erfüllte Zeit
Dabei ging es nicht darum, die Zeit mit Arbeit auszufüllen oder Erfolg zu haben. Manch einer kann sagen: Ich habe genug gearbeitet in meinem Leben, ich habe mir den Ruhestand verdient. Entscheidend ist wohl, dass es gelungen ist, die gegebene Zeit mit Sinn zu erfüllen. Das kann auch Zeit sein, die wir mit anderen verbracht haben; Zeit, die wir anderen geschenkt haben; oder Zeit, in der wir uns weitergebildet oder die wir für unsere Gesundheit eingesetzt haben.
Rechenschaft ablegen heißt in dieser Stunde, Gott für die erfüllte Zeit des vergangenen Jahres zu danken:
- zu danken für alles was uns und den Mitmenschen gut getan hat;
- zu danken für alles, was uns gelungen ist;
- für alles, was uns unverhofft zugefallen ist;
- für alles, was wir in diesem Jahr dazugelernt haben;
- für alle Erfahrungen, die wir gesammelt haben.
Bitte um Vergebung
Vermutlich ist nicht immer alles glatt von der Hand gegangen. Für manches haben wir uns über Gebühr abmühen müssen. Manches haben wir erst auf Umwegen oder nach langem Warten erreicht. Und für Ereignisse, die einem viel Zeit und Kraft gekostet haben, kann manch einer gar nicht danken, weil er sie als Zumutung Gottes erlebt hat, die er oder sie nur schwer annehmen konnte.
Die Rechenschaft über die Zeit konfrontiert uns aber auch mit Gelegenheiten, die wir versäumt haben. Vielleicht waren wir manchmal so kleinmütig, wie der dritte Diener, der sein Talent vergraben hat, weil er sich nicht zugetraut hat, daraus etwas zu machen. Wir haben die eine oder andere Gelegenheit zu einem klärenden Gespräch verstreichen lassen oder wir waren nicht bereit, jemand beizustehen, zu trösten, zu vergeben.
Die Jahresbilanz gibt uns Gelegenheit, unseren Herrn um Vergebung zu bitten und einander um Vergebung zu bitten, wo wir einander etwas schuldig geblieben sind.
Das Evangelium von den anvertrauten Talenten zielt jedoch über das Erinnern an die Rechenschaft, die wir ablegen müssen, hinaus. Denn oft sind wir uns gar nicht bewusst, was uns alles anvertraut worden ist.
Das Evangelium als uns gegebenes Talent
Ein Wichtiges Ereignis des vergangenen Jahres war der Amtsverzicht Papst Benedict XVI. Er hat der Kirche und der Welt ein bedeutendes Zeichen gesetzt, indem er sein Amt in die Hände dessen zurückgelegt hat, der die Kirche eigentlich lenkt. Sein Nachfolger Franziskus hat in den wenigen Monaten, die er dieses Amt innehat, bereits richtungweisende Impulse gegeben. Er mahnt die Kirche, ihren missionarischen Auftrag nicht zu vergessen. In seinem ersten Rundschreiben »Evangelii Gaudium« - wörtlich übersetzt: »Die Freude des Evangeliums« - führt er aus, wie er die missionarische Ausrichtung der Kirche versteht. Es geht ihm um ein Wachsen und ein sich Erneuern am Evangelium. Ein wichtiger ist für ihn dabei Aspekt das persönliche Wachsen im Glauben. In eindringlicher Weise fordert er die Kirche, jeden einzelnen Getauften und die Weltöffentlichkeit auf, zu überprüfen, wie weit das, was wir tun, dem Evangelium Jesu Christi entspricht.
Für jeden einzelnen von uns stellt sich die Frage: Wie habe ich das Geschenk der Frohen Botschaft genützt? War es mir Quelle der Freude? Bin ich durch das Betrachten des Evangeliums im Glauben gewachsen? Oder muss ich bekennen: Ich habe dieses Talent vergraben, weil ich mich überfordert gefühlt oder weil ich es verkannt und gering geschätzt habe?
Das Evangelium von den Talenten endet mit einem sehr ernsten Bild: "Denn wer hat, dem wird gegeben, und er wird im Überfluss haben; wer aber nicht hat, dem wird auch noch weggenommen, was er hat. Werft den nichtsnutzigen Diener hinaus in die äußerste Finsternis! Dort wird er heulen und mit den Zähnen knirschen." (Mt 25,29 f.). Dieses schwierige Jesuswort wird erst verständlich, wenn man für das Haben den Glauben einsetzt. Wer Glauben hat und mit ihm arbeitet, wird noch mehr davon bekommen. Wer mit dieser Gabe Gottes sorgsam umgeht, der verdoppelt sie und wird an der Freude des Herrn teilhaben. Wer dieses Geschenk jedoch verkommen lässt, wird Finsternis, Verzagtheit und Verbitterung erfahren. Wir bestrafen uns selbst, wenn wir diese kostbare Gabe Gottes nicht nutzen.
Das Schöne am Jahreswechsel ist, dass wir gleichzeitig ein neues Jahr beginnen. 365 Tage liegen vor uns, werden uns anvertraut. Machen wir etwas daraus und wir werden teilhaben an der Freude unseres Herrn.
Die Freiheit zu entscheiden
Entscheidungen
Am Ende eines Jahres geht uns manche Frage durch den Kopf und auch durchs Herz. Ich möchte Sie einladen, sich kurz folgender Frage zu stellen: welches waren die wichtigsten Entscheidungen, vor die ich mich im vergangen Jahr gestellt sah? Wie bin ich damit umgegangen? Was war da gelungen, was misslungen? Was habe ich diesbezüglich versäumt? Es lohnt, sich am Ende eines Jahres solchen Fragen zu stellen, denn in ihnen widerspiegelt sich das Leben, das wir im vergangenen Jahr geführt haben und wie wir es geführt haben.
Es ist so, weil wir mit unseren Entscheidungen ganz konkret zum Ausdruck bringen, wie wir denken und fühlen, welches unsere Grundeinstellungen sind und welche Ziele wir verfolgen. An unseren Entscheidungen können wir ablesen, wie wir mit unserer Freiheit umgehen, wie wir ihr Gestalt geben. Die Freiheit gehört aber zum Kostbarsten, das wir besitzen. Sie macht unser Menschsein aus. Lassen Sie mich deshalb den Zusammenhang zwischen Freiheit und Entscheidung etwas verdeutlichen.
Freiheit
Entscheidung gehört ganz wesentlich zur Freiheit. Ohne Entscheidung bleibt Freiheit wie in der Luft hängen. Sie kann dann nicht Fuss fassen, nicht konkret werden. Wer sich nicht entscheiden kann ist wie der sprichwörtliche Esel, der zwischen zwei Heuhaufen verhungert. Ich denke, jede und jeder von uns war schon solch ein "Esel". Immer wieder mal geraten wir in eine Situation, wo wir gerne etwas möchten und uns doch nicht so recht trauen, wo wir hin und her gerissen sind zwischen: soll ich, oder soll ich nicht? Eine Entscheidung fällen, ist längst nicht immer einfach. Sich für, oder gegen etwas entscheiden, bedeutet nämlich immer: sich festlegen, Farbe bekennen, sich einengen.
Ja, jede Entscheidung bedeutet Einengung. In dem Moment, wo ich mich für jemanden, oder etwas entscheide, schliesse ich damit alle anderen Möglichkeiten aus, die mir die Freiheit vor dieser Entscheidung auch angeboten hatte. Das erzählt sehr schön eine Parabel aus dem Orient, die Geschichte von der tausend und elften Nacht. In dieser Geschichte wird ein Mensch in einen grossen runden Raum versetzt. In der Mitte dieses Raumes steht ein bequemes Bett. Darauf ruht dieser Mensch. Aber die Ruhe dauert nicht lange. Sie weicht Unzufriedenheit, denn der Mensch empfindet Langeweile in diesem eintönigen Raum. Freiheit will eben immer wieder Neues, sie will Abwechslung und Entdeckung. So überlegt der Mensch auf seinem Ruhebett, wie er aus diesem Raum heraus kommt.
Das scheint ganz einfach zu sein. Denn die runde Wand, die den Raum abgrenzt, ist voll von Türen. Hunderte von Türen sind da. Hunderte von Möglichkeiten sind der Freiheit angeboten, aus dieser Situation heraus zu kommen. Aber gerade das, was so einfach erscheint, macht alles unheimlich kompliziert.
Wagnis
Zunächst einmal weiß der Mensch nicht, was hinter jeder Türe steckt. Hinter welcher Tür öffnet sich ein wunderschöner Garten; hinter welcher lauert vielleicht ein wildes Tier? Mit solchen Bildern will die Geschichte sagen, dass jede Freiheitsentscheidung immer auch ein Stück Wagnis bedeutet. Ich kann nicht von vornherein alle Konsequenzen überblicken, die eine Entscheidung mit sich bringt.
Weiter weiß der Mensch, der mitten in diesem Raum auf dem Ruhebett gelagert ist, dass alle Türen offen sind. Er weiß aber auch: in dem Moment, wo er eine Tür öffnet und durch sie hindurch schreitet, verschließen sich alle anderen Türen. Die Parabel berichtet, dass der Mensch über Tage und Jahre hindurch ruhelos an der Wand mit den hunderten von Türen entlang geht. Und er schreckt immer wieder davor zurück, eine zu öffnen aus Angst, dass damit eben alle anderen verschlossen sein werden. Mit der Zeit wird dieser Mensch älter und die Türen in der Wand weniger, immer weniger. Im Augenblick, wo er stirbt, wird auch die letzte Tür verschwunden sein.
Ein einprägsames Sinnbild für das Wechselspiel von Freiheit und Entscheidung.
Der Mensch muss Entscheidungen fällen. Anders kann er Freiheit nicht verwirklichen.
Je länger er notwendige Entscheidungen hinausschiebt, desto mehr verkümmern die Möglichkeiten, die ihm die Freiheit anbietet, denn die Zeit des Menschen ist begrenzt. Aber jede Entscheidung bedeutet eine Wahl, welche die anderen Möglichkeiten ausschließt. Jede Entscheidung bedeutet auch Risiko. Ich kann nicht alles vorausberechnen. Ich weiss nicht, was alles sich hinter der Tür verbirgt, die aufzustoßen ich mich entscheide.
Offene Türen
Diese Parabel ist gleichzeitig ein Sinnbild für die Situation, in der wir heute, am Übergang von einem Jahr ins Andere stehen. Zurückblickend können wir fragen: wie viele Türen habe ich im vergangenen Jahr geöffnet? Durch was für Türen bin ich hindurch gegangen? Vor welchen Türen bin ich zurückgeschreckt? Habe ich Türen zugeschlagen, die Andere mir öffnen wollten? Was für Türen sind weniger geworden?
Wenn wir voraus blicken ins Neue Jahr, dann ist es, als ob wieder viele Türen offen stehen würden. Doch was verbirgt sich dahinter? Welche Gefahren, welche Herausforderungen stecken hinter so einer Tür? Das Neue Jahr bietet gleichsam wieder einen offenen Horizont für unsere Freiheit. Das Neue Jahr wird uns auch wieder, und manchmal unerbittlich, vor Entscheidungen stellen mit ihrem Risiko und mit der Qual der Wahl.
Vom Glauben spricht die Parabel aus dem Orient nicht. Und doch liegt es geradezu auf der Hand, wie entscheidend der Glaube für diese Beziehung zwischen Freiheit und Entscheidung ist. Was gibt mir denn die Zuversicht, letztlich die Gewissheit, dass es sich lohnt, das Wagnis der Entscheidung immer neu einzugehen, nicht zurückzuschrecken vor den Risiken, sich nicht lähmen zu lassen und damit immer mehr Türen zu verlieren? Die Zuversicht, notwendige Entscheidungen mit Vertrauen anzugehen ist im Glauben begründet, dass letztlich alles gut ist und Sinn hat, dass also auch das kommende Jahr mir Gutes anbietet und Sinn bringt. Deshalb und nur deshalb lohnt es sich ja auch, sich immer wieder für das zu entscheiden, was wir als gut erkennen, was Sinn stiftet, was Leben fördert. Und letztlich kann ich mich auch nur für jemanden, für Liebe entscheiden, weil ich daran glaube, dass meine Entscheidung beim Anderen Widerhall, Zustimmung finden kann.
"Ich bin die Tür"
Genau dieses Fundament bietet uns der christliche Glaube. Er sagt uns: Gott hat sich für den Menschen, für jeden Menschen entschieden. Und seine Entscheidung ist unumstößlich. Weil er daran durch alles hindurch festhält, ist er sogar das Risiko eingegangen, in seinem Sohn Jesus selber Mensch zu werden. Das haben wir an Weihnachten wieder freudig gefeiert. Bis zu welcher Konsequenz dieses Risiko Gott geführt hat, das zeigt uns das Kreuz. Mit dem Kreuz und der Auferstehung sagt Gott uns zu: meine Entscheidung für euch Menschen gilt durch alles hindurch und sichert euch zu, dass letztlich alles gut sein wird. Jesus hat das im Johannesevangelium einmal mit einem Bild ausgedrückt, das zu unserer Parabel zurückführt. Er sagt: "Ich bin die Tür. Wenn jemand durch mich hineingeht, wird er gerettet werden" (Joh 10,9). Entscheiden wir uns, durch diese Tür ins Neue Jahr hinein zu gehen. Dann ist das Fundament gelegt, auf dem wir zuversichtlich alle weiteren Entscheidungen angehen dürfen, die das Neue Jahr mit sich bringt.
Führe uns in der Krise
Wörter des Jahres 2011
"Euro-Rettungsschirm" wurde in Österreich von einer Fachjury an der Universität Graz zum Wort des Jahres 2011 gewählt. "Stresstest" schaffte es in Deutschland auf Platz 1, "Euro-Rabatt" in der Schweiz.
Alle Begriffe spiegeln die Sorgen des Jahres 2011 wider und fassen die Ängste vieler Menschen an der Schwelle in ein neues Kalenderjahr zusammen. Eine Krise jagt die andere. Aus einer Bankenkrise ist eine Währungskrise und schließlich eine Wirtschaftskrise geworden. Die Krisen im wirtschaftlichen Bereich decken das darunter liegende politische Krisenpotential in allen europäischen Ländern auf.
Allgegenwärtige Krisen
Der Blick auf die Kirche ist nicht weniger krisenschwanger. Der renommierte Redakteur der FAZ Dr. Daniel Deckers sprach vor wenigen Wochen in einem Vortrag im Kardinal König Haus in Wien von einer dreifachen Krise, mit der die Katholische Kirche gegenwärtig konfrontiert sei. Neben dem Umbruch im Bereich der kirchlichen Strukturen sieht er eine tiefgreifende Krise des Glaubens und der Religionen in der gegenwärtigen Gesellschaft.
Krisen sind gefährlich, weil sie rasche Entscheidungen verlangen, die auch falsch ausfallen können. Krisen können aber auch eine Chance sein, etwas in Ordnung zu bringen, was sich in eine falsche Richtung entwickelt hat. Wer Krisen bewältigen will, muss umsichtig sein, braucht einen klaren Blick, Entschlossenheit und darf sich nicht zu einer kurzsichtigen Scheinlösung verführen lassen.
"Führe uns nicht in Versuchung..."
"Führe uns nicht in Versuchung" beten wir im Vater unser. Wenn wir jedoch schon mitten in der Versuchung stehen, beten wir wohl besser um die Führung durch den Geist Gottes in der Versuchung.
An der Schwelle zu einem neuen Jahr ist dies wohl auch die angemessene Bitte, die wir in den vielfältigen und vielschichtigen Krisen an Gott richten können: Führe uns aus der Krise, bzw. führe uns in der Krise! Lass uns klaren Kopf bewahren und schütz uns vor unseren eigenen Egoismen!
Werte und Ziele
Die Chance, die eine Krise mit sich bringt, liegt in der Notwendigkeit, über die Entscheidungsgrundlagen nachdenken und diese klarer formulieren zu müssen. Welche Ziele verfolgen wir mit unserer Finanz- und Wirtschaftspolitik? Wie gerecht werden die Erträge verteilt, wie viel muss davon zurückgehalten werden, damit die Wirtschaftskraft nicht schwindet? In welche Richtung wollen wir in Zukunft gehen? Gehen wir den Weg gemeinsam oder geht ihn jeder für sich? Welches Ziel, welche Aufgabe, welche Sendung haben wir als Kirche vor Augen?
Und wenn die Ansichten darüber auseinander gehen, haben wir entsprechenden Diskussionsbedarf hinsichtlich der gemeinsamen Werte und Ziele.
Diese Überlegungen führen mich zu den ersten Vater-unser-Bitten: "Geheiligt werde dein Name, dein Reich komme, dein Wille geschehe...". Im Gebet Jesu stehen sie an erster Stelle. Angesichts dieser ersten Bitten erledigen sich manche Meinungsverschiedeneheiten von selbst und manche müssen noch gründlicher überlegt werden.
Bitten wir Gott, dass er uns in all diesen Herausforderungen – kirchlich wie gesellschaftlich – auch im kommenden Jahr führe und dass er uns die Kraft gebe, über unseren eigenen Schatten der Rechthaberei und der Einzelinteressen zu springen.
Altes Jahr - neues Jahr
Altes Jahr
War es ein schönes, gutes Jahr - das Jahr 2010? Eindeutig werden die Antworten nicht ausfallen, aber bunt, gar widersprüchlich. Das Jahr 2010 verhallt vielstimmig. Dabei aber auch so schweigsam, wie es gekommen ist. Wissen Sie noch, wie es vor einem Jahr war?
Da hofften Menschen, eine Krankheit zu besiegen, stark zu sein, sich nicht unterkriegen zu lassen. Sie gingen wohlgemut in das neue Jahr. Schon im Frühling, als die Natur aufblühte, waren wir zur Beerdigung eingeladen. Wir gingen einen letzten Weg mit. Es ist uns heute, als wäre es gestern. Die Lücke tut immer noch weh.
Da erwarteten zwei junge Menschen Nachwuchs. Er streichelt den Bauch seiner Frau. Das Kleine bewegt sich. Sie kann es kaum noch erwarten. Jetzt schaut das kleine Mädchen schon mit großen Augen in die Welt - ein halbes Jahr. Es ist jetzt nichts mehr wie vorher. Großes Glück!
Da haben Politiker über den Krieg in Afghanistan geredet. Die Einsicht, dass "wir" ihn nicht gewinnen können, zumindest nicht mit den Mitteln, die wir einsetzen, trauen sie den Menschen aber nicht zu. Sie reden zum wievielten Mal um den heißen Brei herum. Noch mehr Geld, noch mehr Leute werden gefordert. Aber es sieht nicht so aus, als ob sie ihren eigenen Betörungen Glauben schenken. Wir nehmen eine Sackgasse wahr, dürfen aber keine Angst zeigen.
Wissen Sie noch, wie es vor einem Jahr war?
Wir könnten heute Abend auch einen Jahresrückblick versuchen. Aber die spektakulärsten Zwischenfälle, Affären und Dummheiten interessieren allenfalls im Unterhaltungsprogramm.
Wir gingen doch alle von Hoffnungen, Erwartungen und Wünschen aus. Dann begannen sich die Tage neu zu sortieren. Manchmal konnte ich richtig mitmischen, manchmal war ich nur Getriebener - manchmal hielt ich die Fäden in der Hand, manchmal lief ich ihnen hilflos nach.
Als Paul Gerhardt 1653 sein Lied zum "neuen Jahr" schrieb, lag der 30jährige Krieg gerade 5 Jahre zurück - die Verwüstungen in den Dörfern und in den Seelen waren nur zu gegenwärtig. Paul Gerhardt, damals Pfarrer in Mittenwalde, lässt die Gemeinde singen:
Nun lasst uns gehn und treten
mit Singen und mit Beten
zum Herrn, der unserm Leben
bis hierher Kraft gegeben.
Wir gehn dahin und wandern
von einem Jahr zum andern,
wir leben und gedeihen
vom alten zu dem neuen,
durch so viel Angst und Plagen,
durch Zittern und durch Zagen,
durch Krieg und große Schrecken,
die alle Welt bedecken.
Denn wie von treuen Müttern
in schweren Ungewittern
die Kindlein hier auf Erden
mit Fleiß bewahret werden:
Also auch und nicht minder
lässt Gott uns, seine Kinder,
wenn Not und Trübsal blitzen,
in seinem Schoße sitzen.
Wie von treuen Müttern
Auffällig: Gott wird mit "treuen Müttern" verglichen. Ein schöneres, treffenderes Bild kann ich mir kaum vorstellen! Es ist von schweren Ungewittern die Rede. Wir sehen Menschen zusammengekauert in einer Stube sitzen. Es ist, als ob die Welt unterginge. Draußen - und drinnen.
Wir erleben das unter uns auch heute noch. Wir wissen, wie das ist, sich "unbehaust" zu fühlen, fremden Gewalten ausgeliefert, hilf- und wehrlos. Wir wissen, wie das ist, wenn die großen Worte ganz klein werden. Wir wissen, wie das ist, wenn uns die Sicherheiten verloren gehen.
Das Bild von den treuen Müttern verbreitet Ruhe und Gelassenheit. Jetzt muss auch nichts mehr gesagt werden. Nichts mehr erklärt werden. Auch nichts mehr versteckt werden. Paul Gerhardt malt eine intime Szene, in der Geborgenheit sichtbar wird. Allein durch die Nähe, durch Vertrautheit, durch Liebe.
"Also auch und nicht minder
lässt Gott uns, seine Kinder,
wenn Not und Trübsal blitzen,
in seinem Schoße sitzen."
Ich muss jetzt auch an das Evangelium denken. In ihm ist vom Wort die Rede, dass die Welt neu schafft, Licht bringt und uns zu Kindern macht. Es ist von Jesus die Rede, der zu den Seinen kommt. Nein, ich möchte nicht, dass er vergeblich kommt, fremd bleibt, nicht erkannt wird. Wir sehen Jesus, hören, was er sagt, erleben, was er tut. Vielleicht hat Paul Gerhardt genau die Worte gefunden, die dem einen Wort, das von Gott kommt, angemessen ist: Wie von treuen Müttern!
Neues Jahr
Heute Abend werden Sektkorken knallen, Feuerwerk entzündet und ganz viele gute Wünsche geäußert - von den vielen Vorsätzen ganz zu schweigen. Ein neues Jahr wird gebührend begrüßt. Mit Vorschusslorbeeren. Mit Kater. Mit Träumen. Dafür kann das neue Jahr nichts. Es ist wie ein unbeschriebenes Blatt.
Aber Gott hat als erster schon etwas hineingeschrieben.
"Alles ist durch das Wort geworden, und ohne das Wort wurde nichts, was geworden ist.
In ihm war das Leben, und das Leben war das Licht der Menschen."
Ich nehme diesen Mut mit: dass auch 2011 in der Hand Gottes ist, in seiner Hand neu entsteht und meinem, unserem Leben Licht und Wärme schenkt. Warum glaube ich nur, dass sich nichts ändert? Dass alles beim Alten bleibt? Wenn ein Jahr neu beginnt, ist es wie ein Versprechen: Du kannst auch anders sein.
Paul Gerhardt formulierte:
Ach, Hüter unsers Lebens,
fürwahr, es ist vergebens
mit unserm Tun und Machen,
wo nicht dein Augen wachen.
Gelobt sei Deine Treue,
die alle Morgen neue,
Lob sei den starken Händen,
die alles Herzleid wenden!
Sprich Deinen milden Segen
zu allen unsern Wegen,
lass Großen und auch Kleinen
die Gnadensonne scheinen!
Ich weiß: Vieles, was in diesem zu Ende gehenden Jahr nicht erledigt oder bewältigt wurde, wird einfach mitgehen. Der Gedanke, dass der neue Kalender mit lauter Nullen anfangen könnte, kommt mir nicht. Aber ich möchte mit euch allen die Gewissheit teilen, dass wir alle aus seiner - Gottes - Fülle empfangen Gnade um Gnade.
Apropos Fülle: Gnade lässt sich schenken. Sie wächst sogar in leeren Händen.
Geben wir Paul Gerhardt noch einmal das Wort:
"Und endlich, was das meiste:
füll uns mit Deinem Geiste,
der uns hier herrlich ziere
und dort zum Himmel führe.
Das alles wollst du geben,
o meines Lebens Leben,
mir und der Christen Schare
zum selgen neuen Jahre!"
Das alte und das neue Jahr vor mir und vor Gott
Mein Kalender
Der Kalender ist mit jedem Tag dünner geworden und heute sind wir beim letzen Blatt des Jahres. Voll geschrieben und abgestoßen, mit Eselsohren, Streichungen und Kaffeeflecken liegt der alte erschöpft auf dem Schreibtisch. In der Schublade lauert schon neu und unschuldig sein Nachfolger, bis jetzt noch ein unbeschriebenes Blatt, denk ich.
Der alte dagegen bläht sich gesprächig auf und erinnert an schöne Begegnungen, unliebsame Termine, an Abschiede, Alltagsforderungen und freie Zeiten. Ich blättere in meinem alten Kalender herum und das auslaufende Jahr nimmt noch einmal Gestalt an. Das ist ja auch schon wieder ein Jahr her und das muss schon vor zwei Jahren gewesen sein und doch noch so nahe! Und diese Notiz hatte ich schon ganz vergessen. Das war ja erst in diesem Jahr! Dabei wird mir klar, die Eintragungen im Kalender sind nur Fakten und Termine und dazu gehören Geschichten, die noch etwas ganz anderes aussagen.
Den Geschichten nachgehen
Geschichten sind noch etwas ganz anderes als die reinen Fakten im Kalender. Da spielen auch die Gefühle und inneren und äußeren Erlebnisse eine ganz große Rolle. Mit welchen Gefühlen bin ich hineingegangen in diese Termine, was hat mich dabei umgetrieben, wie habe ich mich darauf eingelassen? Und wie war die Durchführung? Wie habe ich mich dahinter geklemmt oder auch nicht, damit es gut hinausgeht für mich, für andere, für uns alle?
Und dann mein Gefühl danach: Dankbarkeit - Enttäuschung - Überraschung?
Und wie ging es mir mit den Terminen, die nicht vorher in den Kalender eingetragen waren, sondern die ungefragt einfach plötzlich da waren: ein Krankheit, ein Unfall oder sogar der Tod eines bekannten, eines lieben Menschen?
Und wie ging es mir mit Dingen, die mir so passiert sind, oder wo so klar mein Egoismus ausgebrochen ist und ich andere verletzt habe?
Und wie sehe ich Ereignisse, in denen ich einfach reich beschenkt worden bin ohne dass ich etwas dazu getan habe?
Ich merke, die zu den Terminen im Kalender gehörenden Geschichten haben das Jahr unwahrscheinlich reich gemacht. Und sie haben mich reich gemacht, beileibe nicht nur die positiven, auch manche dunkle Termine haben zum Reifen meiner Person viel beigetragen. So gesehen werde ich sehr dankbar auf dieses Jahr zurückschauen und mich wundern, wozu der Mensch allem fähig ist.
Vor Gottes Angesicht
Noch einmal eine ganz andere Dichte bekommt mein Kalender 2008, wenn ich ihn vor dem Angesicht Gottes anschaue:
Ich spüre, dass dieses Jahr nicht mein Produkt war, dass es sich nicht aus Gewinn und Verlust, aus Erfolg und Misserfolg zusammensetzen lässt.
Ich spüre, dass Gott mit mir diesen Weg gegangen ist. Dass er mich nicht allein gelassen hat, sondern mich immer wieder bei meinem Namen gerufen hat und mir gezeigt hat, worauf es im Leben tatsächlich ankommt: nämlich auf die Liebe. Und Gott ist die Liebe, sagt uns Johannes. Und darum suche ich gern nach der Quelle der Liebe.
Auch an den Stellen, wo ich meinte, Gott hat mich im Stich gelassen, wo nur eine Spur im Sand meines Lebensweges zu sehen ist, werde ich entdecken dürfen, dass es die Stellen im Jahr waren, wo mich Gott getragen und geschleppt habe, bis ich wieder Fuß fassen konnte.
Dieses vergehende Jahr hinstellen vor Gottes Angesicht, lässt mich staunen, was Er und Ich alles fertig gebracht haben. Und auch bei dem, was wir nicht fertig gebracht haben, bleibt er an meiner Seite. Alles Gründe, für dieses Jahr sehr, sehr dankbar zu sein und Gott zu loben und zu preisen. "Der Herr krönt das Jahr mit seinem Segen."
Ausblick auf das Neue Jahr
Im Blich auf das neue Jahr 2009 hab ich mich natürlich gewaltig getäuscht, als ich meinte, der neue Kalender warte noch ganz unberührt und rein und sauber in der Schublade, bis er heute Nacht um 12 Uhr herausgezogen wird.
Der ist schon oft heraufgezogen worden. Da hat sich schon mancher Termin eingeschlichen und ich erinnere mich, dass es ein besonderes Gefühl war, im neuen Kalender jetzt schon etwas einzutragen.
Die Betrachtung des vergehenden Jahres sagt mir im Blick auf das kommende Jahr: Die Fakten sehen und kommen lassen. Sie allein sind nicht alles.
Gespannt und offen sein auf die Geschichten, die diese Fakten beinhalten und reich machen werden.
Und auf Gott setzen, dass ich alles, wirklich alles, vor sein Antlitz bringen darf, was da kommen wird.
Schließen möchte ich mit dem Satz:
Der Mensch hat ungeahnte Möglichkeiten, sein Leben zu gestalten;
ganz zu schweigen von den ungeahnten Möglichkeiten, die Gott mit uns Menschen hat, unser Leben zu gestalten.
Darum ist glücklich und selig zu preisen, wer sich traut, mit Gott zusammen heute Nacht ins neue Jahr hineinzugehen.
- Liedvorschläge1
Hans Hütter
Lieder:
GL 230: Gott, heilger Schöpfer aller Stern
GL 236: Es kommt ein Schiff geladen
GL 237: Vom Himmel hoch, da komm ich her
GL 238: O du fröhliche, o du selige
GL 239: Zu Bethlehem geboren ist uns ein Kindelein
GL 240: Hört, es singt und klingt mit Schalle
GL 241: Nun freut euch ihr Christen, singet Jubellieder
GL 242: Adeste fideles
GL 243: Es ist ein Ros entsprungen
GL 245: Menschen, die ihr wart verloren
GL 247: Lobt Gott, ihr Christen alle gleich
GL 251: Jauchzet, ihr Himmel, frohlocket ihr Engel, in Chören
GL 252: Gelobet seist du, Jesu Christ, dass du Mensch geboren bist
GL 256: Ich steh an deiner Krippen hier (Bach)
GL 257: Der du die Zeit in Händen hast
GL 258: Lobpreiset all zu dieser Zeit, wo Sonn und Jahr sich wendet
GL Ö806: Ich steh an deiner Krippe hier (Luther)
GL Ö812: Singen wir mit Fröhlichkeit
Psalmen und Kehrverse:
GL 55: Jubelt ihr Lande, dem Herrn, alle Enden der Erde schauen Gottes Heil - Mit Psalm 98 - VIII.
GL 244: Halleluja... - Mit Psalm 72 (GL 635,5) - V.
GL Ö800: Alle Enden der Erde schauen Gottes Heil - Mit Psalm 98 (GL 55,2) oder mit Psalm 96 (GL 635,8) - VIII.
- Einleitung4
Hans Hütter (2016)
Wir stehen an der Schwelle zu einem neuen Jahresbeginn und sind im Begriff, das alte zu verabschieden. Wir legen es zurück in die Hände Gottes, dem Schöpfer und Spender allen Lebens. Beim Rückblick begegnet uns vieles, für das wir dankbar sein können; vielleicht auch manches, was uns noch belastet, und manches, das wir noch immer nicht verstehen können.
Wir beginnen unsere Feier mit dem Bekenntnis unserer Schuld und der Bitte um Erbarmen:
Ich bekenne...
Gastautor*in (2015)
Am Beginn des Jahres der Barmherzigkeit und am letzten Tag des Jahres 2015 haben wir uns versammelt, um miteinander Eucharistie zu feiern, um Gott dem Vater für die uns erwiesene Barmherzigkeit zu danken. Für das Jahr 2016 erbitten wir für uns und unsere Familien seine Barmherzigkeit, seine Liebe, seinen Schutz und Segen. Wenden wir uns an seinen Sohn, unseren Christus und bitten wir um sein barmherziges Handeln an uns und unserem Leben.
Pfarrer Hans Tinkhauser, hans.tinkhauser@aon.at
Manfred Wussow (2012)
Heute, am letzten Tag des Jahres 2012, treffen wir uns, um Danke zu sagen für das alte Jahr und Segen zu erbitten für das neue. Der Glanz von Weihnachten liegt über diesem Tag, auch über alle Wechsel der Jahre und Zeiten.
Beim Propheten Jesaja heißt es (Jes 9,5):
Ein Kind ist uns geboren, ein Sohn ist uns geschenkt.
Auf seinen Schultern ruht die Herrschaft.
Ihm vertrauen wir unser Leben an.
Ihn bitten wir:
Manfred Wussow (2010)
Der letzte Abend im alten Jahr bleibt im weihnachtlichen Glanz:
"Ein Kind ist uns geboren, ein Sohn ist uns geschenkt.
Auf seinen Schultern ruht die Herrschaft."
(vgl. Jes. 9,5)
Auch in diesem Jahr haben wir viele Herrschaftsansprüche kennen-, womöglich auch fürchten gelernt. Oft gerieten wir unter Druck. Manchmal kam er aus dem eigenen Herzen, der eigenen Umgebung, der eigenen Angst.
Lasst uns zu dem Kind gehen, dem alle Herrschaft zukommt:
- Bußakt2
Manfred Wussow (2012)
In Unternehmen werden Bücher geschlossen.
Alte Papiere und Terminkalender werden abgelegt.
Ordner kommen ins Archiv.
Herr,
wir können nicht Schluss machen.
Es will uns nicht gelingen, alte Geschichten abzulegen,
alte Vorurteile wegzuräumen,
unsere alten Gedanken in Frieden zu lassen.
Um dein Erbarmen bitten wir:
Herr, erbarme dich.
Wenn Sachen abgetragen sind, geben wir sie in die Altkleider.
Mit Altpapier füllen wir die Container.
Alte Möbel stellen wir an die Straße.
Herr,
wir können uns nicht trennen.
Böse Worte und Gedanken bewahren wir,
was noch heimzuzahlen ist, heben wir auf,
in Herzensecken sammeln wir die Bitterkeit.
Um dein Erbarmen bitten wir:
Christus, erbarme dich.
Eine volle Kiste stellen wir ab, wenn sie zu schwer wird.
Eine Last, die den Rücken krümmt, legen wir ab.
Was wir alleine nicht tragen können, verteilen wir auf viele Schultern.
Herr,
wir kämpfen bis zuletzt.
Fremde Hilfe ist uns suspekt,
wir möchten uns nicht verpflichten.
Die Nähe, die wir nicht nehmen, geben wir auch nicht.
Bevor wir die Kälte beklagen, machen wir sie.
Um dein Erbarmen bitten wir:
Herr, erbarme dich.
Manfred Wussow (2010)
I.
In Unternehmen werden Bücher geschlossen.
Alte Papiere und Terminkalender werden abgelegt.
Ordner kommen ins Archiv.
Herr,
wir können nicht Schluss machen.
Es will uns nicht gelingen, alte Geschichten abzulegen,
alte Vorurteile wegzuräumen,
unsere alten Gedanken in Frieden zu lassen.
Um dein Erbarmen bitten wir:
Herr, erbarme dich.
II.
Wenn Sachen abgetragen sind, geben wir sie in die Altkleider.
Mit Altpapier füllen wir die Container.
Alte Möbel stellen wir an die Straße.
Herr,
wir können uns nicht trennen.
Böse Worte und Gedanken bewahren wir,
was noch heimzuzahlen ist, heben wir auf,
in Herzensecken sammeln wir die Bitterkeit.
Um dein Erbarmen bitten wir:
Christus, erbarme dich.
III.
Eine volle Kiste stellen wir ab, wenn sie zu schwer wird.
Eine Last, die den Rücken krümmt, legen wir ab.
Was wir alleine nicht tragen können, verteilen wir auf viele Schultern.
Herr,
wir kämpfen bis zuletzt.
Fremde Hilfe ist uns suspekt,
wir möchten uns nicht verpflichten.
Die Nähe, die wir nicht nehmen, geben wir auch nicht.
Bevor wir die Kälte beklagen, machen wir sie.
Um dein Erbarmen bitten wir:
Herr, erbarme dich.
- Kyrie4
Beatrix Senft (2021)
Herr, Jesus Christus,
du menschgewordenes Wort Gottes.
Herr, erbarme dich.
Du hast dich in unsere Weltenzeit begeben,
damit alle Völker erkennen dürfen,
dass du der Gott aller bist.
Christus, erbarme dich.
Du bist gekommen,
Verlorene zu suchen,
Vertriebene heimzuführen,
Verletzte und Kranke zu heilen und zu kräftigen.
Herr, erbarme dich.
Ja, Herr, erbarme dich unserer Weltenzeit,
heute und alle Tage unseres Lebens. – Amen.
Hans Hütter (2016)
Herr, Jesu Christus,
Du bist das Alpha und das Omega, Anfang und Ende der ganzen Schöpfung.
Herr, erbarme dich.
Du bist der König und der Herr der Welt.
Christus, erbarme dich.
Du bist der Weg, die Wahrheit und das Leben.
Herr, erbarme dich.
Manfred Wussow (2012)
Herr,
dir vertrauen wir 365 Tage an.
Viele von ihnen sind einfach verflogen.
Viele liegen uns auf dem Magen.
Herr, erbarme dich.
Christus,
du vertraust uns 365 Tage neu an.
Sie liegen wie ein weites Land vor uns.
Wir werden uns wieder aneinander versündigen.
Christus, erbarme dich.
Herr,
die Sonne geht jeden Morgen neu auf.
Deine Barmherzigkeit macht unser Leben hell.
Dir befehlen wir unsere guten Vorsätze.
Herr, erbarme dich.
Manfred Wussow (2010)
Du, Kind in der Krippe,
schenke uns die Schönheit, die Leichtigkeit deiner Liebe.
Herr, erbarme dich.
Du, dem die Engel singen,
schenke uns den Frieden, in dem wir wachsen können.
Christus, erbarme dich.
Du, zu dem Könige eilen,
schenke uns, barmherzig zu sein.
Mit uns. Mit allen Menschen.
Herr, erbarme dich.
- Tagesgebet2
Messbuch - TG Weihnachtszeit: Lass uns zu Christus gehören
Allmächtiger, ewiger Gott,
in der Menschwerdung deines Sohnes
hat alles menschliche Streben nach dir seinen Ursprung
und kommt darin zur Vollendung.
Laß uns zu Christus gehören,
in dem das Heil aller Menschen begründet ist,
der in der Einheit des Heiligen Geistes
mit dir lebt und herrscht in alle Ewigkeit.
MB 7. Tag der Weihnachtsoktav
Messbuch - TG Auswahl 5: leben ohne Angst
Gott, du bist da.
Deine Gegenwart umhüllt und durchdringt uns
wie die Luft, die wir atmen,
ohne die wir nicht leben können.
Gib, daß wir dir ganz vertrauen
und leben ohne Angst.
Darum bitten wir durch Jesus Christus.
MB Auswahl 5
- Eröffnungsgebet6
Beatrix Senft (2021)
Vater im Himmel,
unsere Zeit steht in deinen Händen.
Wir legen alles bei dir ab.
All unsere Jahre.
Nimm du alles in deine bergenden Hände.
Allem, was noch unerlöst und unversöhnt in uns ist,
schenke du deine Gnade und deinen Frieden.
Öffne uns, wie eine Schale, für das,
was die kommende Zeit für uns bereithält
und schenke uns Kraft und Mut,
damit wir alles Kommende annehmen können.
Das erbitten wir mit Jesus Christus,
der uns in seinem großen Vertrauen zu dir, ein Beispiel gab.
Hans Hütter (2016)
Guter Gott,
wir sind gekommen, um dir für all das Gute zu danken,
das Du uns im abgelaufenen Jahr geschenkt hast.
Du führst und begleitest uns durch dein Wort:
Wir bitten dich, zeige uns die Wege,
die Du uns zugedacht hast,
und schenk uns die Gewissheit Deiner Nähe.
Darum bitten wir durch Jesus Christus, unseren Bruder und Herrn.
Manfred Wussow (2010)
Treuer Gott,
das Jahr 2010 legen wir in deine Hand zurück.
Wir haben viel Liebe empfangen und manchen Streit ausgefochten,
wir haben Porzellan zerschlagen und große Ideen entwickelt.
Dir danken wir für Phantasie, Lebensmut und Vertrauen.
Wir danken dir auch für die Menschen,
die uns ertragen haben,
die mit uns feierten und
manchmal auch einfach nur da waren.
Begleite uns mit deiner Barmherzigkeit in das neue Jahr.
Lass uns alle Herausforderungen menschlich bestehen
und hilf uns, miteinander gut zu leben.
Um einen klaren Kopf bitten wir dich,
um weite Herzen und um einen großen Glauben.
Bei dir geht uns das Licht auf.
In Christus, unserem Herrn.
Manfred Wussow (2010)
Gott,
überrascht und staunend
sehen wir uns in deiner Nähe.
Du lädst uns ein.
Von dir sind wir geliebt.
Vor dir legen wir ab:
was uns bedrückt und beschwert,
die Erinnerungen, die uns gefangen nehmen,
die Welt, die uns über den Kopf wächst.
Du machst es in unserem Leben hell,
du vertraust uns Täler und Höhen an.
Und die Sorgen, die andere haben.
Darum bitten wir dich:
Geh nicht so schnell weiter.
Wir kommen nicht mit.
Gib uns das Wort, das uns Mut macht, dir zu folgen.
Denn von Anfang an wolltest du für uns Licht sein,
Wort, das uns trägt.
Durch unseren Herrn Jesus Christus...
Manfred Wussow (2012)
Am letzten Tag dieses Jahr,
treuer, barmherziger Gott,
befehlen wir dir unsere Träume und Albträume,
unsere Hoffnungen und Versäumnisse,
unsere Wege und Sackgassen.
Wir hatten uns viel vorgenommen,
manches gelang,
manches zerrann uns wie Sand unter den Fingern,
manches türmt sich immer noch wie Berge vor uns auf.
Wir danken dir für deine Nähe,
für jeden neuen Anfang,
für Menschen, die bei uns bleiben.
Du wirst uns auch im neuen Jahr mit deiner Treue begleiten.
Schenke uns auf unseren Wegen dein Licht.
Durch Jesus Christus,
deinem Sohn,
unserem Herrn
in der Kraft deines Geistes
von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.
Manfred Wussow (2012)
Treuer Gott,
das Jahr 2012 legen wir in deine Hand zurück.
Wir haben viel Liebe empfangen
und manchen Streit ausgefochten,
wir haben Porzellan zerschlagen
und große Ideen entwickelt.
Dir danken wir für Phantasie,
Lebensmut und Vertrauen.
Wir danken dir auch für die Menschen,
die uns ertragen haben,
die mit uns feierten
und manchmal auch einfach nur da waren.
Begleite uns mit deiner Barmherzigkeit in das neue Jahr.
Lass uns alle Herausforderungen menschlich bestehen
und hilf uns, miteinander gut zu leben.
Um einen klaren Kopf bitten wir dich,
um weite Herzen und um einen großen Glauben.
Bei dir geht uns das Licht auf
In Christus, unserem Herrn. Amen.
- Fürbitten8
Hans Hütter (2016)
Gott, dein sind Zeit und Ewigkeit.
Zu dir kommen wir mit unseren Bitten.
Wir bitten für alle Menschen, denen wir im vergangenen Jahr begegnet sind und an die wir uns in Dankbarkeit erinnern.
Vergilt ihnen das Gute, das sie uns und anderen Menschen getan haben.
Wir bitten für alle Menschen, denen wir im vergangenen Jahr nicht geben konnten, was sie von uns erwartet haben.
Nimm sie unter deinen Schutz und gib ihnen, was sie zum Leben brauchen.
Wir beten für alle Menschen, die im abgelaufenen Jahr aus der Bahn geworfen worden sind;
für alle, die unfreiwillig ihre Heimat verlassen mussten,
und für alle, die in ihren Lebensplänen gescheitert sind.
Begleite sie auf ihrem Lebensweg und lass sie festen Boden unter ihren Füßen gewinnen.
Wir beten für alle, die im abgelaufenen Jahr krank und nicht wieder gesund geworden sind.
Schenke ihnen die Kraft, dass sie die Herausforderungen ihrer Krankheit bestehen können.
Wir beten für alle, die durch ein politisches oder kirchliches Amt für das Wohl anderer zu sorgen haben.
Gib ihnen Kraft für ihre Aufgaben und den Mut, das Notwendige in die Wege zu leiten.
Wir beten für unser Verstorbenen;
in besonderer Weise gedenken wir der im letzten Jahr Heimgegangenen.
Schenke ihnen himmlischen Frieden und Leben in Fülle bei dir.
Gott, in dir findet unsere Zeit ihr Ziel.
Dafür danken wir dir und preisen dich,
durch Jesus Christus, unseren Bruder und Herrn. – Amen.
Zitat (2014)
Lass ferner dich erbitten,
O Vater, und bleib mitten
In unserm Kreuz und Leiden
Ein Brunnen unsrer Freuden.
Gib mir und allen denen,
Die sich von Herzen sehnen
Nach dir und deiner Hulde,
Ein Herz, das sich gedulde!
Schleus zu die Jammerpforten
und lass an allen Orten
auf so viel Blutvergießen
die Freudenströme fließen.
Sprich Deinen milden Segen
zu allen unsern Wegen,
lass Großen und auch Kleinen
die Gnadensonne scheinen!
Sei der Verlassnen Vater,
Der Irrenden Berater,
Der Unversorgten Gabe,
Der Armen Gut und Habe!
Hilf gnädig allen Kranken,
Gib fröhliche Gedanken
Den hochbetrübten Seelen,
Die sich mit Schwermut quälen!
Und endlich, was das meiste,
Füll uns mit deinem Geiste,
Der uns hier herrlich ziere
Und dort zum Himmel führe!
Das alles woll'st du geben,
O meines Lebens Leben,
Mir und der Christenschare
Zum sel'gen neuen Jahre!
(Strophen 8 bis 14 des Liedes "Nun lasst uns gehn und treten" von Paul Gerhardt 1653).
Hans Hütter (2013)
Guter Gott und Vater,
in Jesus von Nazareth hast du uns deine Fürsorge und dein Wohlwollen erfahren lassen.
Am Ende dieses Kalenderjahres bringen wir unsere Bitten vor dich:
Im vergangenen Jahr wurden in unserer Pfarrgemeinde ... Kinder getauft.
Vater wir bitten dich: Schenke ihnen Gesundheit, Geborgenheit, ein Familie, die für sie sorgt, und lass sie zu glücklichen und gläubigen Menschen heranwachsen.
Im vergangenen Jahr wurden in unserer Pfarrgemeinde ... Kinder zur Erstkommunion geführt.
Vater wir bitten dich: Lass die jungen Menschen Freude am Glauben und an der kirchlichen Gemeinschaft finden und stärke sie durch das Hören der Frohen Botschaft und durch die Teilnahme am eucharistischen Mahl.
Im vergangenen Jahr wurden ... Jugendliche aus unserer Pfarrgemeinde gefirmt.
Vater wir bitten dich: Steh ihnen bei, wenn sie nach und nach die verschiedenen Facetten des Lebens entdecken und lass sie einen Platz finden, an dem sie sich wohl fühlen und sich entfalten können.
Im vergangenen Jahr haben sich in unserer Pfarrgemeinde ... das Sakrament der Ehe gespendet.
Vater, wir bitten dich: Begleite die Eheleute mit deinem Segen, lass sie aneinander und miteinander wachsen, schenke ihnen Kraft zur Treue und lass ihr gemeinsames Leben fruchtbar werden.
Im vergangenen Jahr sind aus unserer Pfarrgemeinde ... Frauen und ... Männer gestorben.
Vater, wir bitten dich: Schenke ihnen ewiges Leben und vergilt ihnen alles Gute, das wir ihnen verdanken.
Im vergangenen Jahr sind aus unserer Pfarrgemeinde ... Frauen und ... Männer aus der Gemeinschaft der Kirche ausgetreten.
Vater, wir bitten dich: Führe sie auf ihrem Lebensweg, schenke ihnen aufs Neue das Licht des Glaubens und die volle Gemeinschaft der Kirche.
Im vergangenen Jahr hat unsere Pfarrgemeinde eine Reihe von Festen gefeiert, an denen viele Menschen teilgenommen haben. Viele Frauen und Männer haben Sonntag für Sonntag den Gottesdienst mitgefeiert und zur würdigen Feier beigetragen.
Vater, wir bitten dich: Lass die Feier der Gottesdienste und der kirchlichen Feste für alle Glieder unserer Pfarre eine Quelle der Kraft und der Freude sein.
Im vergangenen Jahr haben ungezählte Personen mitgeholfen, die vielfältigen Aufgaben unserer Pfarrgemeinde wahrzunehmen, für einander da zu sein und für die Gemeinschaft Verantwortung zu tragen.
Vater wir bitten dich: Stärke unseren Zusammenhalt und schenke jedem einzelnen Freude am Miteinander.
Guter Gott und Vater, wir danken Dir, dass du mit uns gehst und die Freuden und Nöte unserer Pfarrgemeinde und eines jeden einzelnen teilst. Wir bitten Dich, begleite uns auch im kommenden Jahr. Amen.
Manfred Wussow (2012)
An dem alten Jahr können wir nichts mehr ändern oder bessern.
Wir legen es in Gottes Hand
Gott,
dir befehlen wir die Menschen, die uns in diesem Jahr begegnet sind.
Die, deren Namen wir kennen, deren Namen einen guten Klang für uns hat,
aber auch die, für die wir keinen Namen haben,
die in den Nachrichten vorbeizogen und in Katastrophen untergingen.
Wir rufen zu dir: Nimm dich ihrer an
Dir befehlen wir die Menschen, die etwas zu sagen haben.
In den Parlamenten und Kabinetten, in den Medien, in den Gerichtssälen.
Die Entscheidungen treffen mussten ohne zu wissen, was daraus wird.
Wir rufen zu dir: Nimm dich ihrer an
Das neue Jahr erwarten wir mit Spannung.
Wir nehmen es aus Gottes Hand.
Gott
Dir befehlen wir die Menschen, bei denen alles nur besser werden kann.
Mit einer neuen Arbeit, einer guten ärztlichen Auskunft,
mit gewachsenem Selbstvertrauen und Mut.
Die es kaum erwarten können, richtig anzufangen.
Wir rufen zu dir: Nimm dich ihrer an.
Dir befehlen wir die Menschen, die einen schweren Weg vor sich haben.
Die fertig werden müssen mit Krankheit und Schmerzen.
Die ihre Arbeit verlieren.
Die sich von einander trennen.
Die in einem Gerichtsverfahren ein Urteil erwarten.
Wir rufen zu dir: Nimm dich ihrer an.
Nimm dich der Menschen an.
Schenke gute Gedanken,
lass Hoffnung wachsen,
erwecke Vertrauen und Barmherzigkeit.
Dann macht das neue Jahr uns reich.
Auf dem Weg zu dir. Amen.
Manfred Wussow (2012)
In dieser Nacht wechselt das Jahr.
Wir schauen zurück. 365 Tage sind eine lange Zeit.
Herr,
wir blättern noch einmal in unseren Kalendern.
Wir sehen Menschen vor uns,
wir finden die Anlässe wieder
und Gefühle werden lebendig.
Dir befehlen wir die Menschen, denen wir begegneten.
Zu dir rufen wir: Herr, erbarme dich.
Herr,
jeder Tag hatte seine Schlagzeilen, seine Bilder.
Wir denken an Syrien, an Israel, an Palästina, an Ägypten auch.
Wir sehen Hass, Grenzen und Hilflosigkeit.
Dir befehlen wir die Menschen, die in Schlagzeile untergehen.
Zu dir rufen wir: Herr, erbarme dich.
Wir schauen nach vorne. Ein unberührtes Jahr liegt vor uns.
Herr,
es stehen schon viele Termine in unseren Kalendern.
Mancher Kalender ist jetzt schon voll.
Wir träumen von guten Begegnungen,
von schönen freien Zeiten
und dass wir alle Arbeit meistern.
Dir befehlen wir die Menschen, mit denen wir unsere Wege teilen.
Zu dir rufen wir: Herr, erbarme dich.
Herr,
in Parlamenten, Gerichtssälen und Redaktionen
werden im neuen Jahr Entscheidungen getroffen
über Menschen und Schicksale.
Es gibt Grauzonen und Ermessensspielräume.
Dir befehlen wir die Menschen, die nach der Wahrheit fragen.
Zu dir rufen wir: Herr, erbarme dich.
Heute ist der 7. Tag der Weihnachtsoktav.
Du krönst das Jahr mit deinem Segen.
In dir ist das Leben,
und das Leben ist das Licht der Menschen.
Dir danken wir. Amen.
Hans Hütter (2011)
Guter Gott und Vater,
in Jesus von Nazareth hast du uns deine Fürsorge und dein Wohlwollen erfahren lassen.
Am Ende dieses Kalenderjahres bringen wir unsere Bitten vor dich:
Im vergangenen Jahr wurden in unserer Pfarrgemeinde ... Kinder getauft.
Vater wir bitten dich: Schenke ihnen Gesundheit, Geborgenheit, ein Familie, die für sie sorgt, und lass sie zu glücklichen und gläubigen Menschen heranwachsen.
Im vergangenen Jahr wurden in unserer Pfarrgemeinde ... Kinder zur Erstkommunion geführt.
Vater wir bitten dich: Lass die jungen Menschen Freude am Glauben und an der kirchlichen Gemeinschaft finden und stärke sie durch das Hören der Frohen Botschaft und durch die Teilnahme am eucharistischen Mahl.
Im vergangenen Jahr wurden ... Jugendliche aus unserer Pfarrgemeinde gefirmt.
Vater wir bitten dich: Steh ihnen bei, wenn sie nach und nach die verschiedenen Facetten des Lebens entdecken und lass sie einen Platz finden, an dem sie sich wohl fühlen und sich entfalten können.
Im vergangenen Jahr haben sich in unserer Pfarrgemeinde ... das Sakrament der Ehe gespendet.
Vater, wir bitten dich: Begleite die Eheleute mit deinem Segen, lass sie aneinander und miteinander wachsen, schenke ihnen Kraft zur Treue und lass ihr gemeinsames Leben fruchtbar werden.
Im vergangenen Jahr sind aus unserer Pfarrgemeinde ... und ... Männer gestorben.
Vater, wir bitten dich: Schenke ihnen ewiges Leben und vergilt ihnen alles Gute, das wir ihnen verdanken.
Im vergangenen Jahr sind aus unserer Pfarrgemeinde ... Frauen und ... Männer aus der Gemeinschaft der Kirche ausgetreten.
Vater, wir bitten dich: Führe sie auf ihrem Lebensweg, schenke ihnen aufs Neue das Licht des Glaubens und die volle Gemeinschaft der Kirche.
Im vergangenen Jahr hat unsere Pfarrgemeinde eine Reihe von Festen gefeiert, an denen viele Menschen teilgenommen haben. Viele Frauen und Männer haben Sonntag für Sonntag den Gottesdienst mitgefeiert und zur würdigen Feier beigetragen.
Vater, wir bitten dich: Lass die Feier der Gottesdienste und der kirchlichen Feste für alle Glieder unserer Pfarre eine Quelle der Kraft und der Freude sein.
Im vergangenen Jahr haben ungezählte Personen mitgeholfen, die vielfältigen Aufgaben unserer Pfarrgemeinde wahrzunehmen, für einander da zu sein und für die Gemeinschaft Verantwortung zu tragen.
Vater wir bitten dich: Stärke unseren Zusammenhalt und schenke jedem einzelnen Freude am Miteinander.
Guter Gott und Vater, wir danken Dir, dass du mit uns gehst und die Freuden und Nöte unserer Pfarrgemeinde und eines jeden einzelnen teilst. Wir bitten Dich, begleite uns auch im kommenden Jahr. Amen.
Manfred Wussow (2010)
Liturge:
Nun lasst uns gehn und treten
mit Singen und mit Beten
zum Herrn, der unserm Leben
bis hierher Kraft gegeben.
Lektoren:
Gib mir und allen denen,
die sich von Herzen sehnen
nach Dir und Deiner Hulde,
ein Herz, das sich gedulde!
Sprich Deinen milden Segen
zu allen unsern Wegen,
lass Großen und auch Kleinen
die Gnadensonne scheinen!
Sei der Verlassnen Vater,
der Irrenden Berater,
der Unversorgten Gabe,
der Armen Gut und Habe.
Hilf gnädig allen Kranken,
gib fröhliche Gedanken
den hochbetrübten Seelen,
die sich mit Schwermut quälen.
Und endlich, was das meiste:
füll uns mit Deinem Geiste,
der uns hier herrlich ziere
und dort zum Himmel führe.
Liturge:
Das alles wollst du geben,
o meines Lebens Leben,
mir und der Christen Schare
zum selgen neuen Jahre!
Paul Gerhardt (1607 - 1676)
Manfred Wussow (2010)
An dem alten Jahr können wir nichts mehr ändern oder bessern.
Es wird uns so abgenommen wie wir es abzugeben haben.
Gott,
dir befehlen wir die Menschen,
die uns in diesem Jahr begegnet sind.
Die, deren Namen wir kennen,
deren Namen einen guten Klang für uns hat,
aber auch die, für die wir keinen Namen haben,
die in den Nachrichten vorbeizogen
und in Katastrophen untergingen.
Wir rufen zu dir: Nimm dich ihrer an!
Dir befehlen wir die Menschen,
die etwas zu sagen hatten.
In den Parlamenten und Kabinetten,
in den Medien, in den Gerichtssälen.
Die Entscheidungen treffen mussten
ohne zu wissen, was daraus wird.
Wir rufen zu dir: Nimm dich ihrer an!
Das neue Jahr erwarten wir mit Spannung.
Was es uns bringt oder nimmt,
liegt nicht nur in unserer Hand.
Gott
Dir befehlen wir die Menschen,
bei denen alles nur besser werden kann.
Mit einer neuen Arbeit,
einer guten ärztlichen Auskunft,
mit gewachsenem Selbstvertrauen und Mut.
Die es kaum erwarten können, richtig anzufangen.
Wir rufen zu dir: Nimm dich ihrer an!
Dir befehlen wir die Menschen,
die einen schweren Weg vor sich haben.
Die fertig werden müssen mit einer Diagnose über Leben oder Tod.
Die ihre Arbeit verlieren.
Die sich von einander trennen.
Die in einem Gerichtsverfahren ein Urteil erwarten.
Wir rufen zu dir: Nimm dich ihrer an!
Nimm dich der Menschen an.
Schenke gute Gedanken,
lass Hoffnung wachsen,
erwecke Vertrauen und Barmherzigkeit.
Dann macht das neue Jahr uns reich.
Auf dem Weg zu dir.
- Gabengebet1
Messbuch - GG 23. Sonntag: eines Sinnes werden
Herr, unser Gott,
du schenkst uns den Frieden
und gibst uns die Kraft, dir aufrichtig zu dienen.
Laß uns dich mit unseren Gaben ehren
und durch die Teilnahme
an dem einen Brot und dem einen Kelch
eines Sinnes werden.
Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn.
MB 23. Sonntag im Jahreskreis
4. Januar, 7.Januar
- Gebet zur Gabenbereitung1
Hans Hütter (2016)
Guter Gott,
die Gaben, mit denen wir den Tisch gedeckt haben,
führen uns vor Augen, dass Du uns alles gibst,
was wir zum Leben brauchen.
Wir bitten Dich verwandle sie in jene Gaben,
die uns für das ewige Leben nähren,
dem wir mit Deinem Sohn Jesus Christus entgegengehen.
Darum bitten wir durch ihn, der mit Dir in Gemeinschaft des Hl. Geistes
lebt und wirkt in Ewigkeit.- Amen.
- Lobpreis1
Hans Hütter (2019)
(für Wortgottesdienstfeiern)
Gott, unser Vater,
wir haben wahrhaft allen Grund, Dir Dank zu sagen:
Wir danken Dir für unser Leben,
für die Lebensfreude der Kinder und der Jugendlichen.
Wir danken Dir für das Geschenk des Glaubens,
für das Licht der Hoffnung
und die Fähigkeit zu lieben.
Wir danken Dir für das tägliche Brot,
für die Nahrung und Kleidung
und für die Menschen, die sich darum mühen.
Wir danken Dir für die vielfältigen Begabungen und Charismen,
mit denen Du uns ausgestattet hast.
Wir danken Dir für alle guten Beziehungen,
für die Ehepartner und für die Freunde,
die unser Leben reich machen.
Wir danken Dir für den Frieden in unserem Land
und für die vielen Menschen,
die sich um Frieden und Gerechtigkeit einsetzen.
Wir danken Dir für alle Menschen,
die uns daheim, in Kirche und Schule
Gottes Wort verkünden,
und für alle, die in unseren Gemeinden
an der würdigen Feier der Sakramente mitwirken.
Wir danken Dir für alle Menschen, die bereit sind,
in Gesellschaft, Politik und Kirche Verantwortung zu übernehmen.
Für all das danken wir Dir
und stimmen ein in den Lobgesang
der ganzen Schöpfung und der Kirche:
- Mahlspruch1
Bibel
Alles ist durch das Wort geworden,
und ohne das Wort wurde nichts, was geworden ist.
In ihm ist das Leben,
und das Leben ist das Licht der Menschen.
(Joh 1,3f)
Oder:
Gott hat seinen einzigen Sohn in die Welt gesandt,
damit wir durch ihn leben.
(1 Joh 4,9b)
- Meditation2
Helene Renner (2020) - Zum Jahresschluss
Gott, du allein weißt, was dieses Jahr wert war.
Vieles habe ich getan und Vieles versäumt.
Ich habe Vieles versucht und Vieles nicht vollendet.
Aus Unglauben habe ich oft gehandelt und entschieden,
auch meinen Mitmenschen bin ich Vieles schuldig geblieben.
An der Schwelle des Jahres möchte ich frei sein von aller Schuld,
allem Hass und allem Neid.
Ich möchte vergeben und Vergebung erhalten.
Ob dieses Jahr Frucht bringt, weiß ich nicht,
du allein siehst es, du kannst meine Mühe segnen.
Ich kann dir nichts geben, Herr, zum Dank für dieses Jahr,
nur, dass ich das Kommende aus deiner Hand annehme.
Gib mir ein neues Jahr und verlass mich nicht.
Gib das Licht deiner Liebe allen, die mir begegnen,
allen, die ich lieb haben darf,
und allen, deren Last ich tragen soll.
Begleite mich mit deinem Segen
jeden Tag, den du mir schenkst.
Helene Renner (2019)
Meine Zeit steht in deinen Händen
Guter Gott, ein neues Jahr liegt vor uns
Geschenk des Lebens - Geschenk deiner Liebe
es ist nicht selbstverständlich dieses neue Jahr
Pläne und Hoffnungen
Angst und Mutlosigkeit
Termine und Begegnungen
Enttäuschungen und Zuversicht -
was wird dieses Jahr für uns sein?
Du rufst uns heraus aus dem Dunkel der Nacht
du schenkst Licht, du öffnest die Zeit
vertraust uns Tage, Stunden, Minuten an
hilf uns behutsam und liebevoll, sorgsam und behütend
mit dieser Zeit umgehen, keine Stunde kehrt zurück
lass uns die Zeit nützen - aber uns nicht von ihr gefangennehmen
lass uns die Zeit verschenken - aber nicht verschleudern
lass uns die Zeit genießen - aber uns nicht in ihr verlieren
gib unseren Tagen, unseren Stunden und Minuten dein Gesicht
hinterlasse deine Spuren, begleite uns jeden Tag
zeichne dich ein in unser Mühen und in unsere Freude
sprich dein gutes Wort über Angst und Vertrauen
sei du der Herr unserer Tage
unserer Stunden und Minuten
segne unser Tun und Lassen
segne du unser Jahr
- Schlussgebet1
Messbuch - SG Weihnachtszeit: Gott, du bist unsere Hilfe und unser Schutz
Barmherziger Gott,
in jeder Not bist du unsere Hilfe.
(Du hast uns im vergangenen Jahr auf unseren Wegen geleitet.)
Bleibe bei uns mit deinem Schutz.
Gib uns,
was wir für dieses vergängliche Leben brauchen,
und führe uns zur ewigen Vollendung bei dir.
Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn.
MB 7. Tag der Weihnachtsoktav
31. Dezember, 4. Januar, 7. Januar
- Gebet zum Abschluss4
Beatrix Senft (2021)
Gott aller Zeiten,
am Ende des alten Jahres,
das uns viel abverlangt hat –
jedem einzelnen und der ganzen Welt –
durften wir uns noch einmal versammeln
und uns stärken lassen durch dein Wort
und durch die Mahlgemeinschaft
mit deinem Sohn, Jesus Christus.
Wir bitten dich,
begleite uns durch die vor uns liegende Zeitspanne
unseres Lebens mit deiner Kraft und deinem Segen. - Amen.
Hans Hütter (2016)
Guter Gott,
in der Kraft dieser Speise,
die wir nun empfangen haben,
lass uns unseren Weg gehen,
bis wir das Ziel unseres Lebens erreichen
und in Deiner Liebe endgültig aufgehoben sind.
Darum bitten wir Dich durch Jesus Christus,
unseren Bruder, Weggefährten und Herrn. - Amen.
Manfred Wussow (2012)
Du, Gott, hast uns Jahr 2012 anvertraut.
Wir danken dir,
dass du uns dein Wort immer wieder gegeben
und uns zu deinem Mahl immer wieder eingeladen hast.
Wir haben deine Freundlichkeit erfahren,
wir waren nie allein auf unseren Wegen,
im Zweifel hast du uns deine Treue bewahrt.
Wir bitten dich um deinen Segen
für uns,
für unsere Lieben,
für alle Menschen.
Das Jahr 2013 legst du in unsere Hände.
Schenke uns jeden Tag die Kraft,
liebevoll und verantwortlich mit einander umzugehen,
Probleme zu meistern
und ein herzliches Lachen für einander zu haben.
Durch Jesus,
den du uns als Messias geschenkt hast.
Sein Glanz liegt über unserem Leben. Amen.
Manfred Wussow (2010)
Du, Gott, hast uns deinen Namen genannt:
"Ich gehe mit dir."
Wir danken dir, dass wir im letzten Gottesdienst
dieses Jahres dein Wort gehört haben
und eingeladen waren an deinem Tisch.
Dankbar geben wir die Tage zurück,
die wir aus deiner Hand empfangen haben.
Für die Tage, die jetzt vor uns liegen,
erbitten wir deine Nähe, deinen Geist.
Bewahre uns das Vertrauen,
hilf uns, die Hoffnung nicht fallen zu lassen
und lass uns in der Liebe wachsen
bis du vollendest, was wir nicht vollenden können.
Du kennst unsere Namen.
Wir gehen mit dir.
Durch Christus, unserem Herrn.
- Segen3
Zitat (2013)
Du Gott der Anfänge segne uns,
wenn wir deinen Ruf hören,
wenn deine Stimme uns lockt
zu Aufbruch und Neubeginn.
Du Gott der Anfänge
Lass leuchten über uns dein Angesicht,
wenn wir im Vertrauen und in Zuversicht
das Vergangene hinter uns lassen
und mutig weitergehen.
Du Gott der Anfänge
sei uns nahe,
wenn Dunkel und Angst uns befällt
vor dem Kommenden, dem Ungewissen.
Du Gott der Anfänge
segne unseren Ausgang und unseren Eingang.
(nach Sabine Naegeli)
Beatrix Senft (2021) - Neujahrssegen
Der Herr nehme dir ab,
was du vom alten Jahr
in seine bergenden Hände zurücklegen möchtest
und gebe dir Frieden.
Der Herr mache dich offen und frei
für das, was im kommenden Jahr vor dir liegt
und schenke dir Kraft und Mut.
Der Herr schütze dich
an Körper und Seele und
lege seinen Segen auf dich.
So segne dich Gott,
der mit uns unterwegs ist
durch Raum und Zeit
und den wir zu fassen versuchen als:
Vater, Bruder und Heiligen Geist. – Amen.
Manfred Wussow (2010) - Gottes liebender Hand, die uns berührt
Ein Dach, das dich schützt,
wenn du Herberge suchst,
eine sanfte Hand, die dich hält,
wenn du dich niedergeschlagen fühlst,
ein gutes Herz, an das du dich anlehnen
kannst, wenn du dich verlierst
im Trubel des Alltäglichen,
einen Menschen in der Nähe, der deine
Tränen auffängt wie eine kostbare Schale,
eine warme Hand,
die deine Augen schließt, auch dann,
wenn du Abschied nimmst und hinübergehst
in die Welt des Lichtes,
das wünsche ich dir
aus Gottes liebender Hand, die uns berührt:
Die sanfte Hand des Vaters und des Sohnes
Und des Heiligen Geistes.
(Quelle unbekannt)
- Sonstiges2
Gotteslob (2013)
In den Anliegen der Kirche
Gebete für die Kirche Für den Papst
Gott, allmächtiger Vater, du hast deinen Diener N. in der Nachfolge des heiligen Petrus erwählt, deine Herde zu weiden und zu Jesus Christus zu führen. Erfülle unseren Papst mit deinem Geist und gib, dass er seine Brüder und Schwestern im Glauben stärke. Steh ihm bei in seinem Bemühen, deinen Willen zu erfüllen und das Band der Einheit, der Liebe und des Friedens unter den Kirchen zu festigen. Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn. Amen.
Für den Bischof
Gott, unser Vater, in Jesus Christus begleitest du die Kirche von N. Wir danken dir für unseren Bischof N. und bitten dich: Erfülle ihn mit deinem Geist und schenke ihm die Weisheit für seinen Hirtendienst. Lass ihn Worte und Wege finden, die uns im Glauben stärken, zur Liebe bewegen und uns im Frieden bewahren. Darum bitten wir durch Jesus Christus, unseren Hirten und Herrn, der in seiner Kirche lebt und wirkt, heute und in Ewigkeit. Amen.
Um Priester, Diakone und Ordensleute
Gott, unser Vater, du hast deinen Sohn Jesus Christus in die Welt gesandt, um uns deine Liebe zu bezeugen. Durch ihn berufst du Frauen und Männer zum Dienst in deiner Kirche. Schenke auch unserer Zeit Ordensleute, die durch ihr Leben nach den evangelischen Räten dich bezeugen, Priester, die den Gläubigen das Evangelium verkünden, sie mit dem Brot des Lebens nähren und die Gemeinden in der Kraft des Heiligen Geistes leiten, und Diakone, die deinem Volk dienen und für die Armen und Notleidenden sorgen. Darum bitten wir durch ihn, Jesus Christus, unseren Herrn. Amen.
Für Laienmitarbeiter in der Kirche
Gott, unser Vater, dein Sohn Jesus Christus ist für uns Mensch geworden. Mit ihm hat dein Reich in unserer Welt begonnen. Durch das Sakrament der Taufe hast du uns als deine Söhne und Töchter berufen, am Aufbau deines Reiches mitzuwirken. Wir danken dir für alle Frauen und Männer, die ihre Berufung wahrnehmen und Mitverantwortung in der Kirche tragen. Wir bitten dich: Dein Wort weise ihnen den Weg durch diese Zeit, dein Geist erfülle sie im Dienst zum Heil der Welt und deine Liebe präge ihr Dasein für die Menschen. Durch ihn, Jesus Christus, unseren Herrn. Amen.
Für die Pfarrgemeinde
Herr Jesus Christus, du bist das Haupt deiner Kirche und die Mitte unserer Gemeinden. Du machst sie zu sichtbaren Zeichen deiner Gegenwart in der Welt. Erfülle sie mit der Kraft deiner Botschaft und dem Geist deiner Liebe. Segne das Zusammenwirken aller Gläubigen in deinem Dienst, damit die Menschen Hoffnung, Trost und Lebensfreude finden. Darum bitten wir dich, der du lebst und herrschest in Ewigkeit. Amen.
Gotteslob (Österreich) Nr 704
Gotteslob (2013)
Die Welt vor Gott bringen
Gebet für die Heimat
V Herr, wir danken dir für unser Land, in dem wir leben,
die Berge, die Täler, die Felder, die Gärten,
die Wälder, die Flüsse und Seen:
A Keine Verblendung zerstöre das Werk deiner Hände.
V Herr, unsere Häuser, unsere Dörfer und unsere Städte
mögen Orte der Hoffnung und des Friedens sein:
A Keine Verhärtung verschließe unsere Türen vor Menschen in Not.
V Herr, die Stätten unserer Arbeit
mögen Orte der Zuversicht und des Gelingens,
der Freude und der Erfüllung sein:
A Keine Mutlosigkeit hindere uns,
mit Verantwortung die Zukunft zu gestalten.
V Herr, die Straßen unseres Landes mögen Wege sein,
die Menschen zueinanderführen:
A Keine Angst und kein Vorurteil trenne uns von Menschen
anderer Kulturen und anderen Glaubens.
V Herr, unsere Gespräche und Begegnungen
mögen Zeiten des Hörens und des Verstehens sein:
A Kein Wort komme über unsere Lippen,
das verletzt und zerstört.
V Herr, die Kirchen unseres Landes mögen offen sein für alle,
die auf dein Wort hören und deine Nähe suchen:
A Dein Name werde geheiligt,
dein Reich sei mitten unter uns.
Meine Zeit steht in deinen Händen
Refrain:
Meine Zeit steht in deinen Händen.
Nun kann ich ruhig sein, ruhig sein in dir.
Du gibst Geborgenheit. Du kannst alles wenden.
Gib mir ein festes Herz,
mach es fest in dir.
Da alle Lieder des Gotteslob urhebergeschützt sind, geben wir hier nur den Refrain wieder.
Gotteslob Österreich 907 und in den meisten Diözesen unter anderer Ordnungsnummer.
Das unbeschriebene Blatt
Da liegen sie
die „Blätter meines Lebens“
Tagebuch-Aufzeichnungen
und die vielen „Blätter“
der Erinnerungen -
gespeichert in dem
was wir wohl unser Herz oder
unsere Seele nennen
mit je eigener Schrift –
mal mit großen Schwüngen
als Ausdruck
von Freude und Lebenskraft
mal klein und gekritzelt
weil es uns schwer fällt
die Schwere in Worte zu fassen
mal stehen da nur große Fragezeichen
weil ich es nicht
fassen konnte
dieses
WARUM
weil ich es nicht
fassen konnte
dieses
WESHALB
hier und da stehen „Leerräume“
Ausdruck vielleicht
dass alles einfach ganz gut
„lief“
möchte ich die Zeiten
die dort „stehen“
noch mal erleben
gerne gehe ich noch mal
in Erinnerung
in die eine oder andere
ZEITSPANNE
hinein
aber
noch einmal erleben
das hieße auch
schwere Zeiten
noch mal
durch-leben
nein
das möchte ich nicht
alles hat seine Zeit
alles hat seine Stunde
und jetzt
jetzt liegt das Kommende
wie ein leeres Blatt
vor mir
wie wird es sich
beschreiben
wie viel
leichte Schwünge werde ich machen
wie viel
werde ich nur hin-kritzeln können
wo entstehen Leerzeichen
wo wieder nur große Fragezeichen
ein leeres Blatt
zu beschreiben
in Stunden
in Tagen
in Wochen
in Monaten -
VIELLEICHT
wird es das letzte Blatt sein
liegen noch viele Kapitel
vor mir
mit je neuem Blatt
ein leeres Blatt
mit der Aufforderung
es zu beschreiben
jetzt
heute
hier
in der Schriftart
die mir
gerade heute
entspricht
das ist dein Geschenk
an mich
Herr
für diesen Moment
geschenkt aus deiner Ewigkeit
dankend nehme ich es entgegen
und
schreibe
wie es kommt
Beatrix Senft (2021)
Einer hat Ewigkeit
Keiner hat Zeit.
Wenigstens nicht für mich.
Überall suche ich ein Ohr.
Und finde doch nur einen Mund.
Einen der selber erzählen möchte und nicht zuhören.
Keiner hat Zeit.
Einer hat Ewigkeit.
Gott.
Der schaut nie auf die Uhr.
Ist nie mit seinen Gedanken woanders.
Hängt nie noch dem letzten Gespräch nach.
Hat nie ein »Der Nächste bitte« auf den Lippen.
Ist Tag und Nacht zu sprechen.
Von jedem Punkt des Universums aus.
Er ist da.
Ist jetzt da.
Ist jetzt für dich da.
Wo?
Da, wo du bist.
Sprich ihn an.
Gott ist immer nur ein Gebet weit von dir entfernt.
Jürgen Werth
Vom Sinn der Zeit
Ein Jahr geht zu Ende. Und das bedeutet immer wieder eine Stunde der Nachdenklichkeit. Bilanzen werden gemacht, Vorschau auf das Kommende versucht. Für einen Augenblick werden wir dieser seltsamen Wirklichkeit »Zeit« inne, die wir sonst unvermerkt einfach gebrauchen. Harte Tage erscheinen im Rückblick eher verklärt, und die fast vergessene Mühsal läßt uns ruhiger und zuversichtlicher werden, gelassener gegenüber dem Drohenden, das auch vergehen wird. Mit dem alten Jahr ist nicht nur viel Schweres, sondern auch manches Schöne vergangen, und je mehr ein Mensch die Mitte seines Lebens überschreitet, desto stärker empfindet er die Verwandlung dessen, was ihm einst Zukunft und Gegenwart war, in Vergangenheit. Er kann zum Augenblick nicht sagen »Verweile doch, du bist so schön«; was Zeit ist, geht dahin, wie es kam. So kann die letzte Stunde des Jahres uns nachdenklich machen über den Sinn der Zeit.
Der Mensch hat mehr Zeit. Die Medizin hat die Zeit des Menschen verlängert. Aber haben wir eigentlich Zeit? Oder hat die Zeit uns? Die allermeisten haben auf keinen Fall Zeit für Gott, sie brauchen ihre Zeit für sich selber, wie sie meinen. Aber haben wir wirklich Zeit für uns selbst? Oder fehlt uns nicht gerade die? Leben wir nicht gerade an uns selbst vorbei? Und ist es vielleicht doch so, daß die wahre Zeit des Menschen jene Zeit ist, die er für Gott hat? [...] Allzuviel spricht dafür, daß Zeit, die ihm nicht mehr offensteht, uns selbst verschlingt und daß nur das Zeithaben für Gott uns Zeit für den Menschen gibt und damit die wahre Freiheit.
Papst Benedikt XVI. - Joseph Ratzinger, Berührt vom Unsichtbaren. Jahreslesebuch, ausgew. u. hrsg. v. Ludger Hohn-Morisch, Freiburg i. Br. u.a.: Verlag Herder 2000, neu aufgelegt 2005.
Der Schwarzseher
Ein Mensch denkt jäh erschüttert dran,
Was alles ihm geschehen kann
An Krankheits- oder Unglücksfällen,
Um ihm das Leben zu vergällen.
Hirn, Auge, Ohr, Zahn, Nase, Hals;
Herz, Magen, Leber ebenfalls,
Darm, Niere, Blase, Blutkreislauf
Zählt er bei sich mit Schaudern auf,
Bezieht auch Lunge, Arm und Bein
Nebst allen Möglichkeiten ein.
Jedoch, sogar den Fall gesetzt,
Er bliebe heil und unverletzt,
Ja, bis ins kleinste kerngesund,
Wär doch zum Frohsinn noch kein Grund,
Da an den Tod doch stündlich mahnen
Kraftfahrer, Straßen-, Eisenbahnen;
Selbst Radler, die geräuschlos schleichen,
Sie können tückisch dich erreichen.
Ein Unglücksfall, ein Mord, ein Sturz,
Ein Blitz, ein Sturm, ein Weltkrieg - kurz,
Was Erde, Wasser, Luft und Feuer
In sich birgt, ist nie ganz geheuer.
Der Mensch, der so des Schicksals Macht
Ganz haargenau bei sich durchdacht,
Lebt lange noch in Furcht und Wahn
Und stirbt - und niemand weiß, woran.
Aus: Eugen Roth, Ein Mensch. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 1995.
Fürbitte zum Jahresschluss
Herr,
du hast uns voll Unruhe geschaffen,
du hast uns zu Fremden gemacht
in dieser Welt.
Laß uns unruhig sein
über unser geringes Werk.
Laß uns unruhig sein
über die Größe deiner Güte.
Laß uns unruhig sein
über die verrinnende Zeit
und jede verlorene Stunde.
Laß uns unruhig sein
über unsere Sünde
und die Schuld aller Menschen.
Laß uns unruhig sein
und dein Gericht erwarten in jedem Augenblick.
Laß uns unruhig sein
und in der Unruhe Glauben halten.
Laß uns unruhig sein,
bis dein Wille geschieht unter uns.
Vater,
mit der Bitte, daß du in Segen wandelst,
was in unserer Hand verdorben ist,
gedenken wir aller,
denen wir im vergehenden Jahr begegnet sind,
der Menschen,
die wir lieben,
und derer,
die uns zu schaffen machen;
aller gedenken wir,
denen wir nahe waren,
aller,
die uns fremd und feind wurden,
und aller,
die wir verloren haben.
Segne sie - segne uns!
Aus Michael Meyer, Nachdenkliche Gebete im Gottesdienst. Verlag Vandenhoeck & Ruprecht in Göttingen 1988.
Nachdenken am Jahresende
Ein Jahr geht zu Ende. Was ist dir von ihm geblieben?
Vielleicht Enttäuschungen und Misserfolge,
ein Haufen Ärger und graue Haare.
Vielleicht ein leiser Schmerz im Herzen,
weil alles so schnell gegangen ist?
Fühlst du vielleicht zum ersten Mal, dass jedes Jahr
von deinem Leben ein Stück abschneidet?
Denk mal ruhig darüber nach. Es kann ja nicht schaden,
wenn du ein paar Illusionen los wirst.
Aber es wäre eine Katastrophe, solltest du den Mut verloren
haben und den Glauben an das kommende Jahr.
Suche weiter nach Frieden.
Suche nach unbelasteter Verbindung zu Gott.
Er kann dir die leeren Hände füllen und das leere Herz.
Aus: Phil Bosmans, Leben jeden Tag. 365 Vitamine für das Herz. Übertragen und herausgegeben von Ulrich Schütz. Herder Verlag, Freiburg Basel Wien 2008 (1999).
Unsere Jahre gehen dahin wie ein Seufzer - Psalm 90,9
Wenn das Jahr sich wendet, schauen wir zurück. Oft hört man im Blick auf das zurückliegende Jahr: Wie schnell ist es vergangen! "Unsere Jahre gehen dahin wie ein Seufzer", so sagt es eine Zeile im Psalm 90. Was für ein Bild ist das: "Unsere Jahre gehen dahin wie ein Seufzer" - das heißt doch: so schnell und flüchtig wie ein "Ach!" und es heißt auch: so traurig, so vergänglich wie ein "Ach!"
Wenn man jung ist, sagt man es noch nicht. Aber je älter man wird, desto mehr wird man zustimmen: "Unsere Jahre gehen dahin wie ein Seufzer." Es ist die Erfahrung der Vergänglichkeit, die immer wieder, wenn ein Jahr zu Ende geht, unser Herz berührt.
Martin Luther hat diesen Vers aus Psalm 90 anders übersetzt, er sagt: "Wir bringen unsere Jahre zu wie ein Geschwätz!" Wie ein leeres Geschwätz, das nichts bedeutet. Ist es so? Ein gewesenes Jahr, ohne Gewicht, federleicht auf der Waagschale der Ewigkeit?
Es gibt eine Motette von Johannes Bach, der hundert Jahre vor dem großen Johann Sebastian Bach gelebt hat: "Unser Leben ist ein Schatten auf Erden." Wenn man sie hört, ist es, als ob das Leben wie ein Schatten dahinhuschte ... Und in der Motette der Vers: "Ach wie flüchtig, ach wie nichtig ist der Menschen Leben! Wie ein
Nebel bald entstehet und bald wiederum vergehet: So ist unser Leben, sehet!"
"Unsere Jahre gehen dahin wie ein Seufzer" - aber sie fallen nicht ins Leere! Der, der die Zeit und die Jahre geschaffen hat, hält wie ein guter Vater die Arme und die Hände ausgebreitet, um die Hin-fälligkeit unserer Jahre aufzufangen, damit sie nicht ins Bodenlose des Nichts versinken.
Der Dichter Rilke sagt es so:
Wir fallen. Diese Hand da fällt.
Und sieh dir andere an: es ist in allen.
Und doch ist Einer, welcher dieses Fallen unendlich sanft in seinen Händen hält.
"Unsere Jahre gehen dahin wie ein Seufzer". Oder: "Wir bringen unsere Jahre zu wie ein Geschwätz" - ja so ist es! Aber das ist nicht alles! So braucht es nicht stehen zu bleiben. Es bleibt unsere Bitte - und sie kann alles verwandeln: "Der du die Zeit in Händen hast, Herr, nimm auch dieses Jahres Last und wandle sie in Segen."
Aus: Johannes Bours, Ich werde ihm den Morgenstern geben. Worte für den Lebensweg. Herausgegeben von Paul Deselaers. Herder Verlag Freiburg Basel Wien 1988.
Neuem zugewandt
Silvester
Der Raum nicht kennt noch Zeit,
doch beide uns gewährt,
er segne euch,
die ihr am Rand des Alten steht,
dem Neuen zugewandt,
noch fragend, was da wird.
Und gehe mit ins Jahr,
das unverbraucht jetzt vor uns liegt.
Ob es böse wird oder gut,
nicht er entscheidet nur darüber -
auch Menschenhand ist mit im Spiel:
kann trösten, heilen,
kann schlagen und
zum Meineid sich erheben.
Darum lass stets das Gute er euch finden,
den Weg, der führt ins lichte Morgen,
in jenes Reich, das immer wieder uns erfahrbar wird,(a>
erst recht am Ende, wenn Himmel dann ...
- auch diese alte Erde ganz neu von ihm gestaltet.
Er geb euch Mut zum Gehen,
die Kraft, die’s dazu braucht,
das Ziel, das er vorherbestimmt.
So segne euch
der Vater,
auch der Sohn
und beider Heilger Geist.
Amen.
Aus: Herbert Jung, Das große Buch der Segensgebete. Herder Verlag Freiburg Basel Wien 2013.
Evangelii Gaudium - Die Freude des Evangeliums
Eine unaufschiebbare kirchliche Erneuerung
27. Ich träume von einer missionarischen Entscheidung, die fähig ist, alles zu verwandeln, damit die Gewohnheiten, die Stile, die Zeitpläne, der Sprachgebrauch und jede kirchliche Struktur ein Kanal werden, der mehr der Evangelisierung der heutigen Welt als der Selbstbewahrung dient. Die Reform der Strukturen, die für die pastorale Neuausrichtung erforderlich ist, kann nur in diesem Sinn verstanden werden: dafür zu sorgen, dass sie alle missionarischer werden, dass die gewöhnliche Seelsorge in all ihren Bereichen expansiver und offener ist, dass sie die in der Seelsorge Tätigen in eine ständige Haltung des „Aufbruchs“ versetzt und so die positive Antwort all derer begünstigt, denen Jesus seine Freundschaft anbietet.
[...]
34. Wenn wir alles unter einen missionarischen Gesichtspunkt stellen wollen, dann gilt das auch für die Weise, die Botschaft bekannt zu machen. In der Welt von heute mit der Schnelligkeit der Kommunikation und der eigennützigen Auswahl der Inhalte durch die Medien ist die Botschaft, die wir verkünden, mehr denn je in Gefahr, verstümmelt und auf einige ihrer zweitrangigen Aspekte reduziert zu werden. Daraus folgt, dass einige Fragen, die zur Morallehre der Kirche gehören, aus dem Zusammenhang gerissen werden, der ihnen Sinn verleiht. Das größte Problem entsteht, wenn die Botschaft, die wir verkünden, dann mit diesen zweitrangigen Aspekten gleichgesetzt wird, die, obwohl sie relevant sind, für sich allein nicht das Eigentliche der Botschaft Jesu Christi ausdrücken. Es ist also besser, realistisch zu sein und nicht davon auszugehen, dass unsere Gesprächspartner den vollkommenen Hintergrund dessen kennen, was wir sagen, oder dass sie unsere Worte mit dem wesentlichen Kern des Evangeliums verbinden können, der ihnen Sinn, Schönheit und Anziehungskraft verleiht.
35. Eine Seelsorge unter missionarischem Gesichtspunkt steht nicht unter dem Zwang der zusammenhanglosen Vermittlung einer Vielzahl von Lehren, die man durch unnachgiebige Beharrlichkeit aufzudrängen sucht. Wenn man ein pastorales Ziel und einen missionarischen Stil übernimmt, der wirklich alle ohne Ausnahmen und Ausschließung erreichen soll, konzentriert sich die Verkündigung auf das Wesentliche, auf das, was schöner, größer, anziehender und zugleich notwendiger ist. Die Aussage vereinfacht sich, ohne dadurch Tiefe und Wahrheit einzubüßen, und wird so überzeugender und strahlender.
[...]
Herausforderungen der Inkulturation des Glaubens
68. Die christliche Basis einiger Völker – besonders in der westlichen Welt – ist eine lebendige Wirklichkeit. Hier finden wir, vor allem unter den am meisten Notleidenden, eine moralische Reserve, die Werte eines authentischen christlichen Humanismus bewahrt. Ein Blick des Glaubens auf die Wirklichkeit kann nicht umhin, das anzuerkennen, was der Heilige Geist sät. Es würde bedeuten, kein Vertrauen auf sein freies und großzügiges Handeln zu haben, wenn man meinte, es gebe keine echten christlichen Werte dort, wo ein Großteil der Bevölkerung die Taufe empfangen hat und seinen Glauben und seine brüderliche Solidarität in vielerlei Weise zum Ausdruck bringt. Hier muss man viel mehr als „Samen des Wortes“ erkennen, angesichts der Tatsache, dass es sich um einen authentischen katholischen Glauben handelt mit eigenen Modalitäten des Ausdrucks und der Zugehörigkeit zur Kirche. Es ist nicht gut, die entscheidende Bedeutung zu übersehen, welche eine vom Glauben gezeichnete Kultur hat, denn diese evangelisierte Kultur besitzt jenseits ihrer Grenzen viel mehr Möglichkeiten als eine einfache Summe von Gläubigen, die den Angriffen des heutigen Säkularismus ausgesetzt ist. Eine evangelisierte Volkskultur enthält Werte des Glaubens und der Solidarität, die die Entwicklung einer gerechteren und gläubigeren Gesellschaft auslösen können. Zudem besitzt sie eine besondere Weisheit, und man muss verstehen, diese mit einem Blick voller Dankbarkeit zu erkennen.
69. Es ist dringend notwendig, die Kulturen zu evangelisieren, um das Evangelium zu inkulturieren. In den Ländern katholischer Tradition wird es sich darum handeln, den bereits bestehenden Reichtum zu begleiten, zu pflegen und zu stärken, und in den Ländern anderer religiöser Traditionen oder tiefgreifender Säkularisierung wird es darum gehen, neue Prozesse der Evangelisierung der Kultur zu fördern, auch wenn sie sehr langfristige Planungen verlangen. Wir dürfen jedoch nicht übersehen, dass immer ein Aufruf zum Wachstum besteht. Jede Kultur und jede gesellschaftliche Gruppe bedarf der Läuterung und der Reifung. Im Fall von Volkskulturen katholischer Bevölkerungen können wir einige Schwächen erkennen, die noch vom Evangelium geheilt werden müssen: Chauvinismus, Alkoholismus, häusliche Gewalt, geringe Teilnahme an der Eucharistie, Schicksalsgläubigkeit oder Aberglaube, die auf Zauberei und Magie zurückgreifen lassen, und anderes. Doch gerade die Volksfrömmigkeit ist der beste Ausgangspunkt, um diese Schwächen zu heilen und von ihnen zu befreien.
70. Es stimmt auch, dass der Schwerpunkt manchmal mehr auf äußeren Formen von Traditionen einiger Gruppen oder auf hypothetischen Privatoffenbarungen liegt, die absolut gesetzt werden. Es gibt ein gewisses, aus Frömmigkeitsübungen bestehendes Christentum, dem eine individuelle und gefühlsbetonte Weise, den Glauben zu leben, zugrunde liegt, die in Wirklichkeit nicht einer echten „Volksfrömmigkeit“ entspricht. Manche fördern diese Ausdrucksformen, ohne sich um die soziale Förderung und die Bildung der Gläubigen zu kümmern, und in gewissen Fällen tun sie es, um wirtschaftliche Vorteile zu erlangen oder eine Macht über die anderen zu gewinnen. Wir dürfen auch nicht übersehen, dass in den letzten Jahrzehnten ein Bruch in der generationenlangen Weitergabe des christlichen Glaubens im katholischen Volk stattgefunden hat. Es ist unbestreitbar, dass viele sich enttäuscht fühlen und aufhören, sich mit der katholischen Tradition zu identifizieren; dass die Zahl der Eltern steigt, die ihre Kinder nicht taufen lassen und sie nicht beten lehren und dass eine gewisse Auswanderung in andere Glaubensgemeinschaften zu verzeichnen ist. Einige Ursachen dieses Bruches sind: der Mangel an Raum für den Dialog in der Familie, der Einfluss der Kommunikationsmittel, der relativistische Subjektivismus, der ungehemmte Konsumismus, der den Markt anregt, das Fehlen einer pastoralen Begleitung für die Ärmsten, der Mangel an herzlicher Aufnahme in unseren Einrichtungen und unsere Schwierigkeit, in einer multireligiösen Umgebung den übernatürlichen Zugang zum Glauben neu zu schaffen.
[...]
83. So nimmt die größte Bedrohung Form an, der »graue Pragmatismus des kirchlichen Alltags, bei dem scheinbar alles mit rechten Dingen zugeht, in Wirklichkeit aber der Glaube verbraucht wird und ins Schäbige absinkt«63. Es entwickelt sich die Grabespsychologie, die die Christen allmählich in Mumien für das Museum verwandelt. Enttäuscht von der Wirklichkeit, von der Kirche oder von sich selbst, leben sie in der ständigen Versuchung, sich an eine hoffnungslose, süßliche, Traurigkeit zu klammern, die sich des Herzens bemächtigt wie »das kostbarste der Elixiere des Dämons«64. Berufen, um Licht und Leben zu vermitteln, lassen sie sich schließlich von Dingen faszinieren, die nur Dunkelheit und innere Müdigkeit erzeugen und die apostolische Dynamik schwächen. Aus diesen Gründen erlaube ich mir, darauf zu beharren: Lassen wir uns die Freude der Evangelisierung nicht nehmen!
Nein zum sterilen Pessimismus
84. Die Freude aus dem Evangelium kann nichts und niemand uns je nehmen (vgl. Joh 16,22). Die Übel unserer Welt – und die der Kirche – dürften niemals Entschuldigungen sein, um unseren Einsatz und unseren Eifer zu verringern. Betrachten wir sie als Herausforderungen, um zu wachsen. Außerdem ist der Blick des Glaubens fähig, das Licht zu erkennen, das der Heilige Geist immer inmitten der Dunkelheit verbreitet. Er vergisst nicht, dass »wo die Sünde mächtig wurde, die Gnade übergroß geworden ist« (Röm 5,20). Unser Glaube ist herausgefordert, den Wein zu erahnen, in den das Wasser verwandelt werden kann, und den Weizen zu entdecken, der inmitten des Unkrauts wächst.
Auszüge aus: Papst Franziskus an die Bischöfe, an die Priester und Diakone, an die Personen geweihten Lebens und an die christgläubigen Laien über die Verkündigung des Evangeliums in der Welt von heute. Gegeben zu Rom, bei Sankt Peter, zum Abschluss des Jahres des Glaubens, am 24. November – Hochfest unseres Herrn Jesus Christus, König des Weltalls – im Jahr 2013, dem ersten meines Pontifikats.
Zeiteinteilung
Vierundzwanzig Stunden zählt der Tag.
Sei dankbar über jede.
Hundertachtundsechzig Stunden hat die Woche.
Sage nie: Ich habe keine Zeit.
Dreihundertfünfundsechzig Tage hat ein Jahr.
An jedem Tag wartet Gott auf dich.
Teile segnend deine Zeit.
Aus: Roland Breitenbach / Stefan Philipps, Segen für Dich. Ein Begleiter durch das Jahr. Verlag Katholisches Bibelwerk, Stuttgart 2005.
Segen – Guthaben
Dass es gut wird.
Dass das Leben gelingt.
Dass mich jemand mag und auf mich setzt.
Dass ich Kraft habe wie ein Tiger.
Dass sich jemand ins Zeug wirft für mich.
Dass ich eine Heimat habe, überall auf der Welt.
Dass ich, wenn ich traurig bin, nicht allein bin.
Dass ich immer wieder neu anfangen kann.
Dass ich hoffen darf - und losgehe.
Bei Gott garantiert.
Gott segne dich und behüte dich. Gott lasse leuchten sein
Angesicht über dir und sei dir gnädig. Gott erhebe sein
Angesicht über dich und gebe dir Frieden.
Aus: Susanne Niemeyer / Matthias Lemme, Brot und Liebe. Wie man Gott nach Hause holt. Kreuz Verlag, Freiburg im Breisgau 2013.
Friede
Das ist mein Segenswunsch
zum Ende des Jahres:
Dein Außen und dein Innen
mögen mehr und mehr zusammenfinden.
Das Hohe und das Tiefe,
das Gerade und das Schiefe,
mögen sich begegnen und ergänzen.
Aus Freude und aus Trauer,
aus der Angst und der Wut,
möge wachsen und bleiben
neuer, starker Lebensmut.
Das und noch so vieles mehr
gibt der Friede Gottes her.
Aus: Roland Breitenbach / Stefan Philipps, Segen für Dich. Ein Begleiter durch das Jahr. Verlag Katholisches Bibelwerk, Stuttgart 2005.
Wunderbarer Gnadenthron
Wunderbarer Gnadenthron,
Gottes und Marien Sohn,
Gott und Mensch, ein kleines Kind,
das man in der Krippen find't,
großer Held von Ewigkeit,
dessen Macht und Herrlichkeit
rühmt die ganze Christenheit:.
Du bist arm und machst zugleich
uns an Leib und Seele reich.
Du wirst klein, du großer Gott,
und machst Höll und Tod zu Spott.
Aller Welt wird offenbar,
ja auch deiner Feinde Schar,
daß du, Gott, bist wunderbar.
Laß mir deine Güt und Treu
täglich werden immer neu.
Gott, mein Gott, verlaß mich nicht,
wenn mich Not und Tod anficht.
Laß mich deine Herrlichkeit,
deine Wundergütigkeit
schauen in der Ewigkeit.
Johann Olearius (1665) in: EG 38.
Nun lasst uns gehn und treten
1. Nun laßt uns gehn und treten
mit Singen und mit Beten
zum Herrn, der unserm Leben
bis hierher Kraft gegeben.
2. Wir gehn dahin und wandern
von einem Jahr zum andern,
wir leben und gedeihen
vom alten bis zum neuen
3. durch so viel Angst und Plagen,
durch Zittern und durch Zagen,
durch Krieg und große Schrecken,
die alle Welt bedecken.
4. Denn wie von treuen Müttern
in schweren Ungewittern
die Kindlein hier auf Erden
mit Fleiß bewahret werden,
5. also auch und nicht minder
läßt Gott uns, seine Kinder,
wenn Not und Trübsal blitzen,
in seinem Schoße sitzen.
6. Ach Hüter unsres Lebens,
fürwahr, es ist vergebens
mit unserm Tun und Machen,
wo nicht dein Augen wachen.
7. Gelobt sei deine Treue,
die alle Morgen neue;
Lob sei den starken Händen,
die alles Herzleid wenden.
8. Laß ferner dich erbitten,
o Vater, und bleib mitten
in unserm Kreuz und Leiden
ein Brunnen unsrer Freuden.
9. Gib mir und allen denen,
die sich von Herzen sehnen
nach dir und deiner Hulde,
ein Herz, das sich gedulde.
10. Schließ zu die Jammerpforten
und laß an allen Orten
auf so viel Blutvergießen
die Freudenströme fließen.
11. Sprich deinen milden Segen
zu allen unsern Wegen,
laß Großen und auch Kleinen
die Gnadensonne scheinen.
12. Sei der Verlaßnen Vater,
der Irrenden Berater,
der Unversorgten Gabe,
der Armen Gut und Habe.
13. Hilf gnädig allen Kranken,
gib fröhliche Gedanken
den hochbetrübten Seelen,
die sich mit Schwermut quälen.
14. Und endlich, was das meiste,
füll uns mit deinem Geiste,
der uns hier herrlich ziere
und dort zum Himmel führe.
15. Das alles wollst du geben,
o meines Lebens Leben,
mir und der Christen Schare
zum sel'gen neuen Jahre.
Paul Gerhardt (1653) in: EG 58.
Das Jahr geht hin, nun segne du
1. Das Jahr geht hin, nun segne du
den Ausgang und das Ende.
Deck dieses Jahres Mühsal zu,
zum Besten alles wende.
2. Du bleibst allein in aller Zeit,
ob wir auch gehn und wandern,
die Zuflucht, schenkst Geborgenheit
von einem Jahr zum andern.
3. Hab Dank für deine Gotteshuld,
den Reichtum deiner Gnaden.
Vergib uns alle unsre Schuld,
die wir auf uns geladen.
4. Und segne unsern Eingang nun.
Hilf, Herr, in Jesu Namen.
Dein Segen g'leit all unser Tun
im neuen Jahre. Amen.
Arno Pötzsch (1942) in: EG Rheinland 551.
Gebet
Vater im Himmel,
Lob und Dank sei dir für die Ruhe der Nacht,
Lob und Dank sei dir für den neuen Tag,
Lob und Dank sei dir für alle deine Güte und Treue in meinem vergangenen Leben.
Du hast mir viel Gutes erwiesen,
laß mich nun auch das Schwere aus deiner Hand hinnehmen.
Du wirst mir nicht mehr auferlegen, als ich tragen kann.
Du läßt deinen Kindern alle Dinge zum besten dienen.
Herr Jesus Christus,
du warst arm und elend, gefangen und verlassen wie ich.
Du kennst alle Not der Menschen,
du bleibst bei mir, wenn kein Mensch mir beisteht,
du vergißt mich nicht und suchst mich,
du willst, daß ich dich erkenne und mich zu dir kehre.
Herr, ich höre deinen Ruf und folge. Hilf mir!
Heiliger Geist,
gib mir den Glauben, der mich vor Verzweiflung und Laster rettet.
Gib mir die Liebe zu Gott und den Menschen, die allen Haß und Bitterkeit vertilgt,
gib mir die Hoffnung, die mich befreit von Furcht und Verzagtheit.
Dietrich Bonhoeffer aus der Haft (1943) in: EG Rheinland 967.
"Blümlein Vergiß mein nicht"
Das Vergissmeinnicht hat eine Blüte, blau mit einem gelben Fleck in der Mitte, genauso soll der wahre Christ das Gedächtnis Gottes nicht nur auf der Zunge tragen, sondern wie bei der Blüte mitten in seinem Herzen. Und so wie dieser Fleck goldgelb ist, soll auch des Christen Herz wie aus Gold sein, lauter und rein, während seine fünf Sinne wie die fünf himmelfarbigen Blütenblätter nicht immer nach den irdischen Dingen trachten sollen, sondern auch dem, was himmlisch ist.
Job Schröter, Annulus Piorum Monitorius. Das ist Gleubiger Gottseliger Christen güldenes Gedenck Ringelein Oder Liebliches wolrichendes Blümlein Vergiß mein nicht (1623), zitiert nach:
Maria Marten, Christus als Pflanze, LThK (36) 2012, S. 122.
Das Leben kommt von vorn
nachts
um halb drei
weiß
ich plötzlich
das
ist der Weg
so
stimmt es
das
geht
das ist der Schlag
der alle Knoten auflöst
das ist die Harmonie
die alle Dissonanzen verstummen lässt
das ist der Traum
der es wert ist
Wirklichkeit zu werden
jetzt
muss ich
zupacken
Aus: Andrea Schwarz, Und jeden Tag mehr leben. Ein Jahreslesebuch. Mit zwölf illustrierten Monatsseiten von Thomas Plaßmann. Herder Verlag, Freiburg Basel Wien 2003.
Zum neuen Jahr
Zwischen dem Alten,
Zwischen dem Neuen,
Hier uns zu freuen
Schenkt uns das Glück,
Und das Vergangne
Heißt mit Vertrauen
Vorwärts zu schauen,
Schauen zurück.
Stunden der Plage,
Leider, sie scheiden
Treue von Leiden,
Liebe von Lust;
Bessere Tage
Sammeln uns wieder,
Heitere Lieder
Stärken die Brust.
Leiden und Freuden,
Jener verschwundnen,
Sind die Verbundnen
Fröhlich gedenk.
O des Geschickes
Seltsamer Windung!
Alte Verbindung,
Neues Geschenk!
Dankt es dem regen
Wogenden Glücke,
Dankt dem Geschicke
Männiglich Gut!
Freut euch des Wechsels
Heiterer Triebe,
Offener Liebe,
Heimlicher Glut!
Andere schauen
Deckende Falten
Über dem Alten
Traurig und scheu;
Aber uns leuchtet
Freundliche Treue;
Sehet das Neue
Findet uns neu.
So wie im Tanze
Bald sich verschwindet,
Wieder sich findet
Liebendes Paar:
So durch des Lebens
Wirrende Beugung
Führe die Neigung
Uns in das Jahr.
JOHANN WOLFGANG VON GOETHE (1749-1831)
in: Judith Sixel (HG.), Poesie für jeden Tag. Jahreslesebuch. Herder Verlag, Freiburg Basel Wien 2007.
Nachdenken am Jahresende
Ein Jahr geht zu Ende. Was ist dir von ihm geblieben?
Vielleicht Enttäuschungen und Misserfolge,
ein Haufen Ärger und graue Haare.
Vielleicht ein leiser Schmerz im Herzen,
weil alles so schnell gegangen ist?
Fühlst du vielleicht zum ersten Mal, dass jedes Jahr
von deinem Leben ein Stück abschneidet?
Denk mal ruhig darüber nach. Es kann ja nicht schaden,
wenn du ein paar Illusionen los wirst.
Aber es wäre eine Katastrophe, solltest du den Mut verloren
haben und den Glauben an das kommende Jahr.
Suche weiter nach Frieden.
Suche nach unbelasteter Verbindung zu Gott.
Er kann dir die leeren Hände füllen und das leere Herz.
Aus: Phil Bosmans, Leben jeden Tag. 365 Vitamine für das Herz. Übertragen und herausgegebenen von Ulrich Schütz. Herder Verlag, Freiburg Basel Wien 2008.
"Euro-Rettungsschirm" ist Wort des Jahres 2011
Vertrauen ist gut, ein Fallschirm ist besser. "Euro-Rettungsschirm" ist laut der zuständigen österreichischen Fachjury an der Universität Graz das Wort des Jahres 2011.
Beim Un-Wort schoss sich das Gremium unter Leitung von Professor Rudolf Muhr auf "Töchtersöhne" ein. Den Spruch des Jahres formulierte demnach Finanzministerin Fekter typisch österreichisch: "shortly, without von delay". Und bereits zuvor bis auf Kabarett-Ebene gehievt worden ist der nunmehrige "Un-Spruch" des Jahres 2011: "Wos woa mei Leistung?" (Copyright: Walter Meischberger).
Euro-Rettungsschirm. "Die Wahl dieses Wortes ist durch seine Bedeutung und aufgrund der Häufigkeit des Auftretens in den Medien begründet. Zudem hat das Wort zwei positive Bedeutungen, indem es als 'Schirm' Schutz vor von oben kommenden negativen Auswirkungen verspricht, gleichzeitig aber auch als 'Rettungsschirm' eine weiche Landung der in die Krise geratenen Wirtschaft der Euro-Länder in Aussicht stellt", lautet die Begründung.
Auf dem zweiten Platz dann: "Arabischer Frühling", der aktuelle Ereignisse "historischer Größe" bezeichne, sich an den "Prager Frühling" anlehne und die Hoffnung auf eine umfassende Demokratisierung in autoritär regierten Ländern ausdrücke. Der "Inseratenkanzler" landete schließlich auf dem dritten Rang. Hier sei allerdings der "Wahrheitsgehalt derartiger Behauptungen" erst Gegenstand des Korruptionsausschusses des Nationalrates.
Das "Erste Un-Wort des Jahres 2011": Töchtersöhne. Die "silberne Medaille" erhielt in dieser Kategorie der "Lobbyist" zugesprochen. Der neutrale Begriff sei durch "korrupte und manipulative Tätigkeit" einiger Berufsvertreter in Verruf gekommen. Das "bronzene" Un-Wort des Jahres stammt aus dem vor kurzem novellierten steirischen Naturschutzgesetz: "letal vergrämen". Ein einfallsreicher Euphemismus für das Töten von Vögeln.
Nicht einzelne Wörter oder Begriffe machen Sprache aus, es sind Sätze oder Sprüche. Finanzministerin Fekter wird hier mit dem "Spruch des Jahres 2011" vor den Vorhang gebeten: "shortly, without von delay". Und dann der "Un-Spruch des Jahres 2011": Wos woa mei Leistung? "Dieser von Walter Meischberger in einem 'privaten' Gespräch gemachte Ausspruch bezog sich auf Absprachen, die in Bezug auf Rechnungen getätigt werden und vor der Staatsanwaltschaft bestimmte Provisionszahlungen im Rahmen von Immobilienverkäufen begründen sollten.
Weitere Kategorien: Das "Erste Jugendwort des Jahres 2011": liken ("Gefällt mir"), danach "planking" und auf dem dritten Platz "egosurfen" als Ausdruck für das Suchen bzw. Gieren nach möglichst vielen Eintragungen der eigenen Person im Internet.
Bessere Zeiten
Herr, setze dem Überfluss Grenzen
und lass die Grenzen
zwischen den Menschen überflüssig werden.
Lass Menschen kein falsches Geld machen,
aber auch das Geld keine falschen Menschen.
Nimm den Ehefrauen das letzte Wort
und erinnere die Ehemänner an ihr erstes.
Schenke unseren Freunden mehr Wahrheit
und der Wahrheit mehr Freunde.
Bessere jene Beamten,
Geschäftsleute und Arbeiter,
die wohl tätig, aber nicht wohltätig sind.
Gib den Regierenden ein besseres Deutsch
und den Deutschen eine bessere Regierung.
Herr, sorge dafür,
dass wir alle in den Himmel kommen,
aber nicht sofort.
(Segensworte, dem Pfarrer von St. Lamberti (Münster) aus dem Jahr 1888 zugeschrieben)
Aus: Roland Breitenbach, Segen für Dich. Dein Begleiter für das Jahr. Verlag Katholische Bibelwerk, Stuttgart 2005.
"Stresstest" setzt sich gegen "Merkozy" durch
Das Wort des Jahres 2011 lautet "Stresstest". Das teilte die Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) mit. Die Jury begründete ihre Entscheidung damit, dass der aus der Humanmedizin stammende Begriff 2011 auffällig oft gefallen sei.
Er habe sich aus sprachlicher Sicht als äußerst produktiv erwiesen und sei in den verschiedensten Bereichen anzutreffen gewesen.
"Nicht nur Banken wurden auf ihre Belastbarkeit getestet, auch etwa das Bahnhofsprojekt 'Stuttgart 21', die grün-rote Landesregierung in Baden-Württemberg und deutsche Atomkraftwerke wurden Stresstests unterzogen", heißt es in der Begründung.
Auf Platz zwei setzten die Sprachwissenschaftler das Wort "hebeln", das für die Ausweitung des Euro-Rettungsschirms EFSF steht. Auch "Arabellion", "Merkozy" und "Fukushima" schafften es unter die ersten zehn Plätze.
Der Schlichter von "Stuttgart 21", Heiner Geißler, lobte die Wahl des Begriffs. "Ein 'Stresstest' ist Teil der notwendigen Information, um zu mehr Bürgerbeteiligung bei großen Projekten zu kommen", sagte der frühere CDU-Generalsekretär der Nachrichtenagentur dpa. Geißler hatte sich am Ende seiner Schlichtung in Stuttgart für den geplanten Tiefbahnhof ausgesprochen.
Silvester
Die Feuer-Feste am Jahresende haben alte germanische Wurzeln. Das Jahresendfest hatten bereits die Römer gefeiert, erstmals im Januar zu Beginn des Jahres 153 v. Chr., als der Jahresbeginn vom 1. März auf den 1. Januar verschoben wurde.[1]
Die Assoziation des Jahresendes mit dem Namen Silvester (deutsch 'Waldmensch', von lat. silva 'Wald') geht auf das Jahr 1582 zurück. Damals verlegte die Gregorianische Kalenderreform den letzten Tag des Jahres vom 24. Dezember auf den 31. Dezember, den Todestag des Papstes Silvester I. († 31. Dezember 335). Der Liturgische Kalender führt den Tag seit 813 auch als dessen Namenstag.[2]
In einigen Gegenden Deutschlands heißt der Tag, quasi als Gegenstück zum folgenden Neujahrstag, auch Altjahr, Altjahrsabend oder das Alte Jahr (vgl. span. nochevieja, 'alte Nacht'), in Österreich ebenso wie in Kroatien und Slowenien auch Altjahrstag, in Kroatien ebenso wie in Slowenien und Serbien als Ausnahme auch Silvestrovo ('Tag des Silvester').
Auch im Niederländischen heißt es zumeist Oudejaarsavond, und nur alternativ auch Silvester. Auf Spanisch: Nochevieja und auf Dänisch, Schwedisch, Portugiesisch spricht man wie im Englischen vom Neujahrs-(vor-)abend: New Year's Eve, Nytårsaften, Nyårsafton, Véspera de Ano-Novo. Der 31. Dezember wird in folgenden Sprachen Silvester genannt: Italienisch notte di San Silvestro, Französisch Reveillon de la Saint-Sylvestre, Polen Sylwester, Tschechien Silvestrovské oslavy, Esperanto Silvestro, Deutsch Silvester. Laut amtlicher deutscher Rechtschreibung existiert für den letzten Tag des Jahres nur die Schreibweise Silvester mit "i", anders als für den Vornamen Sylvester/Silvester.
Brauchtum und Aberglaube
Wie mit allen Festtagen, so verbinden sich auch mit dem Jahreswechsel diverses Brauchtum und allerlei Aberglaube.
Das Abendessen zu Silvester sollte mit der Familie oder mit Freunden erfolgen, denn das Essen "im Kreise" seiner Nächsten symbolisiert den Schutz vor Dämonen, die diesen Kreis nicht zerstören können.
In der Nacht zum Jahreswechsel geht es schon seit Urzeiten um die Abwehr von bösen Geistern.
Geknalle, lärmende Umzüge mit vermummten Gestalten bei denen Trommeln, Schellen und Peitschenknallen für den nötigen Krach sorgten, sollten diese fernhalten.
In unserer Zeit wird dieses Brauchtum weltweit durch gigantische Feuerwerke ersetzt.
Dabei geht es heutzutage nicht mehr um die Vertreibung von Dämonen.
Das Silvesterfeuerwerk ist ein Ausdruck der Freude über das bevorstehende neue Jahr.
Alt und Jung erfreuen sich an dem bunten Himmelsspektakel.
Alleine in Deutschland werden Jahr für Jahr Knaller, Böller, Schwärmer und vor allem Raketen für mehr als 60 Millionen Euro in die Luft gejagt.
Das alte Jahr vergangen ist
Das alte Jahr vergangen ist,
Wir danken dir, Herr Jesu Christ,
Daß du uns hast in aller G'fahr
So gnädiglich behüt't dies Jahr.
Wir bitten dich, ewigen Sohn
Des Vaters in dem höchsten Thron,
Du woll'st dein' arme Christenheit
Ferner bewahren allezeit.
Hilf, daß wir von der Sand' ablan
Und fromm zu werden fahen an.
Kein'r Sünd' im alten Jahr gedenk,
Ein gnadenreich neu Jahr uns schenk.
Christlich zu leben, seliglich
Zu sterben und hernach fröhlich
Am Jüngsten Tag wied'r aufzustehn,
Mit dir in Himmel einzugehn,
Zu danken und zu loben dich
Mit allen Engeln ewiglich.
O Jesu, unsern Glauben mehr
Zu deines Namens Lob und Ehr'!
Johann Steuerlein 1588
SMS-Wünsche
Für das neue Jahr wünsche ich Dir soviel, wie der Regen Tropfen hat, soviel Liebe, wie die Sonne Strahlen hat, und soviel Gutes, wie der Regenbogen Farben hat!
Ich bringe euch zum neuen Jahr die allerbesten Wünsche dar und hoffe, dass es bis zum Ende euch lauter gute Tage sende!
Ich wollte Dir zu Neujahr etwas einzigartiges, grandioses und liebevolles schicken. Aber ich passe einfach nicht auf Dein Handydisplay.
Prosit Neujahr und mögen deine guten Vorsätze deinen Kater überdauern.
Wir brauchen nicht so fortzufahren ...
Wir brauchen nicht so fortzuleben,
wie wir gestern gelebt haben.
Machen wir uns von dieser Anschauung los,
und tausend Möglichkeiten
laden uns zu neuem Leben ein.
Christian Morgenstern
Wir wollen glauben
Wir wollen glauben
an ein langes Jahr,
das uns gegeben ist,
neu, unberührt,
voll nie gewesener Dinge,
voll nie getaner Arbeit,
voll Aufgabe, Anspruch,
Zumutung.
Wir wollen sehen,
daß wir's nehmen lernen,
ohne all zu
viel fallen zu lassen, von dem,
was es zu vergeben hat,
an die, die Notwendiges,
Ernstes und Großes
von ihm verlangen.
Rainer Maria Rilke
Maria Wachtler (2002)
Gabi Ceric (1999)
Alfons Jestl (1996)