"Nur für Beter!"
"Während der Gottesdienstzeiten nicht herumgehen!" Oder: "Nur für Beter!" So lese ich es in manchen Kathedralen und Kirchen. Es ist also doch ein Gespür dafür vorhanden, welch einen Sinn ein Kirchengebäude hat. Eine Kirche, sei es dass sie schlicht und einfach eingerichtet ist, sei es dass viele Kunstschätze in ihr zu sehen sind, ist zuerst eine Stätte des Gebetes, des Gottesdienstes. Gott ist die Mitte dieses Ortes. Ich habe nichts dagegen, wenn dann und wann ein Konzert aufgeführt wird. Doch wenn nicht in einer Kirche, wo dann sonst kann deutlich werden, dass Gott einen Platz, ja sogar den wichtigsten Platz hat. Zwar stehe ich auch auf dem Standpunkt, dass ich Gott überall begegnen kann, aber es braucht auch heilige und besondere Orte, an denen sich Menschen versammeln können oder sich zurückziehen können. Als Wallfahrtsseelsorger bin ich sehr froh, wenn sich die verschiedenen Gruppen nach Kirchenführungen eine kleine Andacht wünschen oder ein Marienlied oder wenn ein Kirchenführung mit der Feier der Heiligen Messe verbunden wird. Damit merke ich: viele Menschen sehen in der Kirche einen Ort, an dem sie Gott begegnen.
Wirtschaftliche Interessen
Das war offensichtlich das Motiv von Jesus, sich so zu verhalten, wie wir ihn sonst nicht kennen. Ihn hat offensichtlich ein heiliger Zorn gepackt. Jesus spürt: das Verhalten der Menschen ist ein klarer Beweis, dass sie sich von Gott entfernt hatten. Wirtschaftliche Interessen machten also auch vor dem Tempel und der Religion nicht Halt. Wo wirtschaftliche Interessen wichtig sind, da wird auch genau nach wirtschaftlichen Motiven gehandelt. Da hat der das Sagen, der am reichsten ist. Da ist die Ausbeutung armer und wirtschaftlich abhängiger Menschen nicht fern. Da gibt es Gier, da gibt es Neid. Ich weiß, dass die Kirche und auch die Christen notwendigen Gesetzen unterworfen sind. Wie schnell aber kann das Geld, der Handel wichtig werden, ja wichtiger als Gott und seine Gebote. Nicht dass sie wichtiger wären, nein es kann sogar noch schlimmer kommen: man kann darüber leicht Gott vergessen. Am allerschlimmsten ist es, wenn der Handel, das Geld an die Stelle Gottes tritt, wenn der Tempel dann nicht mehr Gott selbst gehört, dem Gott Israels, der "Jahwe" ist, der "Ich bin der Ich bin für euch da", dem Gott der Väter Abrahams, Jakobs und Isaaks, dem Gott, den Jesus Vater nennt, sondern dem Gott "Handel". Dagegen wehrt sich Jesus. Sein Verhalten ist ein Eifer für Gott, für den Glauben. Jesus entfernt alles, was von Gott wegführt. Ich bin froh über sein zorniges Verhalten, ist es doch ein Zorn aus Liebe zu Gott.
Näher zu mir und näher zu Gott kommen
Wir stehen in der Fastenzeit. Wir haben an diesem Sonntag das "Bergfest" der diesjährigen österlichen Bußzeit. "Bergfest" bedeutet: wir sind in der Mitte angelangt, nun geht es mit Riesenschritten auf Ostern zu. Ich habe neulich einen schönen Satz gelesen. Es geht nicht um ein "Weniger", es geht in der Fastenzeit um ein "Mehr". Fastenzeit ist nicht bloß eine Diätzeit. Verzicht darf kein Selbstzweck sein, sondern es hat den Sinn, mich wieder mehr zu Gott zu führen.
Wie kann das gehen? Jemand nimmt sich vor, in der Fastenzeit, weniger Fernseher zu schauen. Ist das für ihn eine Leistung, mit der er sich selbst etwas beweisen will oder merkt dieser Mensch mit der Zeit: dadurch, dass der Fernseher ausbleibt, gewinne ich Zeit für mich, Zeit für ein gutes Buch, Zeit für Meditation, Zeit für meine Mitmenschen. Ich gehe vielleicht abends weniger aufgewühlt ins Bett, weil ich durch den Verzicht auf das Fernsehen ruhiger bin, weil ich durch den Verzicht auf das Zappen weniger zerstreut bin. Dadurch bekomme ich mehr Schlaf, bin ruhiger und ausgeglichener. Das alles kommt dann mir und auch meinen Mitmenschen zugute. So kann ich durch jeden Verzicht gewinnen.
Die Fastenzeit ist also eine Zeit, in der ich näher zu mir und näher zu Gott kommen kann. Jeder Verzicht kann dazu helfen, mir wieder bewusst zu werden: was brauche ich für mein Leben wirklich.
Vieles setzen wir an die Stelle Gottes. Von dem müssen wir in unserem Leben immer wieder befreit werden. Es kann auch manchmal - um da im Bild des heutigen Evangeliums zu bleiben - auf sehr heftige Weise geschehen. Auf eine Weise, die zuerst hart aussieht, aber doch von einer leidenschaftlichen Liebe zu uns geprägt ist. Aus dem Leben von uns allen muss doch von Zeit zu Zeit herausgetrieben werden, was mit dem Glauben an Gott, mit unserer christlichen Einstellung nichts zu tun hat. Es ist wichtig, dass wir in jeder Fastenzeit immer wieder und immer mehr das loslassen, was uns von Gott wegführt.
Leidenschaftliche Liebe
Die leidenschaftliche Liebe, die Jesus im Evangelium zum Tempel zeigt, diese leidenschaftliche Liebe hat er für Gott und für jeden einzelnen. Diese leidenschaftliche Liebe war es, die ihn ans Kreuz gebracht hat. Aber das Kreuz war nicht Endstation, es war Durchgang zu einem neuen Leben. Der Tempel, von dem Jesus sagte: reißt diesen Tempel nieder, nach drei Tagen werde ich ihn wieder aufbauen, war der Tempel seines Leibes. Jesus ist dieser neue Tempel. Seine Gegner können das nicht so sehen und daran glauben. Seine Jünger begreifen es erst später, als sie erfahren: Jesus ist auferstanden. Wir müssen es immer wieder glauben lernen.
Nur dann können wir mit Paulus in seinem Brief an die Korinther sagen, dass Jesus als der Gekreuzigte Gottes Kraft und Gottes Weisheit ist. Diese Weisheit ist ganz anders als die Weisheit der Welt. Das Kreuz, das Leiden für die Botschaft aber ist für Jesus und damit auch für uns der Weg zum Heil. Im Kreuz zeigt sich, wer Gott für uns ist: ein Gott für uns Menschen. Wenn einer anderes an die Stelle Gottes, wird er sich und seinen Vorteil suchen. Auf dem ersten Blick und rein menschlich scheint das der Weg zu sein, aber bei genauerem Hinsehen werden wir merken, dass dieser Weg ins Verderben führen kann. Ich glaube, dass Jesus einfach darum so wütend wurde, weil Gott nicht die Ehre gegeben wurde.
Wegweiser zu einem gelungenen Leben
Jesus wurde wütend, um die Menschen zu schocken, um mich zu schocken. Denn die Menschen kannten die Gebote Gottes. Viele kannten die 10 Gebote, die wir in der ersten Lesung aus dem Buch Exodus gehört haben. Diese 10 Gebote werden leider oft als Verbote angesehen mit den Formulierungen "Du sollst nicht …", besonders vom 5. Bis zum 10. Gebot. Doch gerade die 10 Gebote sind Richtschnur, sind Wegweiser zu einem gelungenem Leben hin. Gott hat uns einen Weg gezeigt, wie wir friedlich in dieser Welt zusammen leben könnten, wie wir alle zufrieden und glücklich sein könnten.
Wenn wir Gott achten, neben ihn keine anderen Götter hätten, wenn wir das Eigentum, den Ehepartner achten, das Eigentum des anderen achteten, dann sähe auf der Welt, ja schon in meinem kleinen Umkreis ganz anders aus. Aus einem kleinen Vergehen kann doch sehr schnell eine falsche Haltung werden, die mir und anderen schadet. Die Finanz - und Wirtschaftskrise ist doch auch eine Quittung für vieles falsche Verhalten, das oft klein angefangen hat, doch viel größer und sehr tragisch geendet ist.
Geben wir diesem Gott, dem Gott Israels, der einst sein Volk aus Ägypten herausgeführt hat, zu dem Gott Abrahams, zu dem Gott, den Jesus uns Vater nennen lehrt, die Ehre. Tun wir das aus ganzem Herzen. Das zeigt sich dann auch, wie wir uns in Kirchenräumen verhalten, es zeigt sich in unseren Werten, in unserem Verhalten gegenüber unseren Mitmenschen.