1. Lesung vom 21. Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr A:
Jes 22,19-23
Lesung aus dem Buch Jesaja:
So spricht der Herr zu Schebna, dem Tempelvorsteher:
Ich verjage dich aus deinem Amt,
ich vertreibe dich von deinem Posten.
An jenem Tag werde ich meinen Knecht Eljakim, den Sohn Hilkijas, berufen.
Ich bekleide ihn mit deinem Gewand und lege ihm deine Schärpe um.
Ich übergebe ihm dein Amt,
und er wird für die Einwohner Jerusalems
und für das Haus Juda ein Vater sein.
Ich lege ihm den Schlüssel des Hauses David auf die Schulter.
Wenn er öffnet, kann niemand schließen;
wenn er schließt, kann niemand öffnen.
Ich schlage ihn an einer festen Stelle als Pflock ein;
er wird in seinem Vaterhaus den Ehrenplatz einnehmen.
Bei den Drohworten Jesajas sind die meisten Adressaten Völker. Das Drohwort Jes 22,15-22 ist an eine Person gerichtet, Schebna. Es geht um das Amt des Tempelvorstehers und um eine Entmachtung. Nicht mehr Schebna soll es sein, sondern Eljakim. Das wird auch in 2 Kön 18,36f bestätigt. Eljakim ist der Tempelvorsteher, Schebna Staatsschreiber.
Wie Gott das Amt verleihen und nehmen kann, kann auch Jesus das Amt verleihen. Alle Ehren des Tempelvorstehers werden auf Petrus angewendet. Da dieser jedoch nicht mehr einem zuzuordnendem Tempel vorsteht, wird wieder deutlich: Es geht um eine Verfasstheit der Kirche, die untermauert werden muss.
Die alttestamentliche Lesung stammt aus dem Buch Jesaja, und zwar aus dessen erstem Teil, der im Wesentlichen auf den historischen Propheten Jesaja aus dem 8. Jahrhundert zurückgeht. - Ein Prophet hat Gottes Willen in ganz konkrete Situationen hinein zu verkünden; und so spricht Jesaja auch Worte über einzelne Beamte am Jerusalemer Königshof. - Die im Lesungstext genannten Namen sind auch aus anderen Büchern des Alten Testaments bekannt.
Der Text der ersten Lesung ist, obwohl der Prophet Jesaja bereits im 8. Jahrhunderts vor Christus gewirkt hatte, erst in der Zeit des babylonischen Exils (586-538 vor Christus) oder kurz danach entstanden und als Zeugnis der Hoffnung in einer tristen Situation zu verstehen.
Dazu ist es aber nötig, die unserem Text vorausgehende Stelle (Jes 22, 15-18) miteinzubeziehen: Hier wird von einem Regierungsbeamten namens Schebna erzählt, der wegen seiner Machtarroganz gerügt wird und dem ein schmähliches Ende ankündigt wird. Schebna ist damit aus der Sicht der (Nach-)Exilszeit der Repräsentant des verkommenen Volkes, über das jenes Urteil gesprochen wird, das mit den Deportationen von 586 Wirklichkeit geworden ist. Im Gegensatz dazu spricht nun unser Text von Eljakim. Sein Name bedeutet soviel wie "Gott richtet auf", womit symbolisch der von Gott neu zu errichtende Idealzustand gemeint ist.
In den Leseplan des 21. Sonntags wurde die Stelle deswegen aufgenommen, weil sich das Evangelium (vgl. Mt 16, 19) auf das "Schlüsselwort" von Vers 22 bezieht.
Norbert Riebartsch (2014)
Martin Stewen (2002)
Martin Leitgöb (1996)