Der Einfache hält Ordnung ...
Im Fernsehsender RTL - und inzwischen auch in einigen anderen - ist die Fernsehserie 'Monk' zu sehen. Adrian Monk ist ein völlig neurotischer und zugleich genauso genialer Privatdetektiv, der mit seiner unglaublichen Beobachtungsgabe Kriminalfälle löst. Wenn man einmal der neurotischen Seite dieses Mannes zuschaut, kann einem ganz kribbelig werden. Dieser Mann hat die zwanghafte Angewohnheit, in alles eine Ordnung hinein zu bringen. Was irgendwie nach einem fehlenden Schema aussieht, bringt Adrian Monk wieder im wahrsten Sinn des Wortes »in Ordnung« - in seine Ordnung. Seine Umwelt bringt er damit regelmäßig zur Verzweiflung. Das Ganze hat aber auch eine sehr ernste Seite: Dem, was da im Fernsehen so lustig daher kommt, wohnt durchaus eine tiefer gehende Tragik inne. Denn Menschen, die wie diese Fernsehfigur den Zwang haben, alles in Ordnung bringen zu müssen, leiden massiv darunter. Sie können die Welt auf gar keinen Fall unordentlich sein lassen - denn auch darunter leiden sie.
... das Genie überblickt das Chaos
Wenn man einmal dieser zwanghaften Ordnungswut das Pathologische nimmt, dann kommt ja mal die Ordnungsliebe eigentlich nicht so schlecht daher. Die Dinge meines Lebens in einer rechten Ordnung zu haben und dabei zudem den Überblick bewahren zu können, ist doch eigentlich etwas sehr Positives. Auf der anderen Seite steht ja das Chaos, in dem man leicht versaufen kann, wenn es über einen kommt, so dass das Leben fast unmöglich wird. Es gibt den bekannten Satz "Der Einfache hält Ordnung, das Genie überblickt das Chaos." Aber wer ist denn schon so genial? Auch ich gehöre da eher zu den einfachen Gemütern und versuche - nicht gerade zwanghaft aber doch recht zielstrebig - den Dingen nach Möglichkeit eine Ordnung zu geben. Immer gelingt das allerdings nicht. Und was dann?
Von der Coolness Mariens
Wir hören heute im Evangelium von einem jungen Mädchen, dessen Leben nach den Regeln seiner Zeit in Ordnung war. Alles hatte seinen Platz: Ein Mann war da, eine Versorgung, eine geregelte Zukunft. Und dann das: Schwanger aus dem Nichts. Und weg war die Ordnung. Alles drohte zu wackeln und zu kippen. Und zu allem kam noch die Schwangerschaft nicht ganz aus dem Nichts, sondern war verheißen von einem Boten Gottes. Dessen Kernbotschaft lautet: "Für Gott ist nichts unmöglich."
In diese Situation Ordnung hinein zu bringen war nun wahrlich kein einfaches Ding. Maria wählt da einen klugen Weg: Sie verfällt weder in Panik noch in eine Starre. Sie geht ihrem Schicksal aktiv entgegen und packt es an: "Ich bin die Magd des Herrn; mir geschehe, wie du es gesagt hast." - Diese Zusage hält sie bis zum Ende, bis zum Kreuz auf Golgatha. Denn dieser Gott, der da zu ihr gesprochen hat, will bei ihr bleiben, hält zu ihr durch dick und dünn. Gott steht über menschlichem Chaos. Er lässt sich in keine Ordnung einfügen. Das stellen wir ja immer wieder fest.
Eine Erfahrung, die auch König David gemacht hat, wie wir hörten: Er will seinem Gott ein Haus bauen. Doch Gott lässt David durch den Seher Nathan wissen, dass er das ablehnt. Die Berufung des Davids ist eine andere. Für die Anwesenheit Gottes im Volk kann es noch keine Ordnung geben. Die Zeit dazu ist noch nicht reif. Erst Davids Sohn und Nachfolger Salomo wird Gott ein Haus bauen, den Tempel zu Jerusalem.
Offensein für göttliche Überraschungen -
David wie Maria machen die Erfahrung: "Der Mensch denkt und Gott lenkt." Das aber nicht in einem passiven, völlig hilflosen Sinn. Als seine Geschöpfe sind wir dazu berufen, in der Freiheit der Kinder Gottes zu leben und in dieser Freiheit das Leben auch anzupacken. Aber gleichzeitig sind wir auch eingeladen, dafür offen zu sein, dass hinter allem menschlichen Denken, Planen und Ordnen durchaus immer wieder auch Überraschungen zu erwarten sind. In all unserer Lebensgestaltung und Lebensplanung überrascht uns Gott - immer wieder neu.
Die Frage dabei ist: Was macht das mit uns? Maria hat ihr »Ja« prompt und spontan gesprochen, David hat mit sich und seinem Gott gerungen, - und wir? Ein Sprichwort sagt: "Wenn der Wind der Veränderung weht, bauen die einen Mauern und die anderen setzen Segel." Als Christinnen und Christen glauben wir, dass in den Winden unseres Lebens das Wirken von Gottes Geist spürbar wird. Und da stellt sich die Frage: Setzen wir dann in unserem Leben Segel, dass der Geist das Lebensschiff vorantreibt, oder mauern wir? Eine Grundsatzfrage, die es zu klären gilt.
- auch heute noch
Die Zeit der Ankunft Gottes ist da - aber nicht nur heute. Gott kommt ständig und will eingelassen werden. Diese Wochen mit dem Weihnachtsfest als Höhepunkt führen uns das vor Augen. Aber Gottes Ankommen mit der Kraft des Heiligen Geistes ist kein einmaliges Ereignis, es geschieht ständig neu. Und auch die Frage stellt nicht nur die Adventszeit - aber diese umso deutlicher: Was passiert, wie reagieren wir? Was macht es mit uns, wenn Gott in unser eingerichtetes Leben hinein wirkt?
Die Persönlichkeiten der Verkündigung führen uns in diesen Tagen vor Augen, was es bedeutet, wenn Gott ins Leben tritt. Empfangen wir ihn wie Maria mit offener Bereitschaft oder eher mit unseren eigenen Vorstellungen und Ideen im Hinterkopf wie David? - Gleich wie, eines ist auch sicher: Wir brauchen nicht wie der RTL-Detektiv Adrian Monk krampfhaft für eine Ordnung zu sorgen, die keiner braucht. Gott findet sich auch im Chaos unserer menschlichen Existenz bestens zurecht. Da dürfen wir sicher sein.