Der Kampf zwischen Gut und Bös
Es gibt ein Volksschauspiel mit dem Titel "Der Drachenstich." Ein riesiger, Feuer speiender Drache versetzt die Volksscharen in lähmende Angst. Dieses mythische Ungeheuer ist zwar nicht in konkreter Gestalt nachweisbar, aber es ist der Inbegriff für schlimme Erfahrungen wie kriegerische Überfälle, Terror, Krankheit, Schicksalsschläge und Zeiten gottfeindlicher Diktaturen mit Grausamkeiten. Held und Sieger über das Böse wird in diesem Schauspiel schließlich ein tapferer Ritter, der dem Drachen den tödlichen Stoß versetzt.
Vielleicht sind Ihnen Ähnlichkeiten zur heutigen Lesung aufgefallen. Dort erscheint ein Drache, groß und feuerrot mit sieben Köpfen und zehn Hörnern. Satanische Vernichtungswut spricht aus diesen Zeichen. Der Schweif fegt ein Drittel der Sterne vom Himmel. Dies ist ein Bild für das Weltgericht.
Diesem Drachen steht eine Frau mit ihrem neugeborenen Sohn gegenüber. Auf ihn hat es der Drache abgesehen. Denn in diesem Kind verbirgt sich die Macht, die dem Satan den tödlichen Stoß versetzen kann. Wehrlos wären Mutter und Kind dem dämonischen Monster ausgeliefert. Aber Gott selber steht auf ihrer Seite.
Und Gott hat Großes gewirkt an dieser Frau. Er hat sie mit der Sonne umgeben. Der Mond ist unter ihren Füßen. Durch Gottes Großtaten wird Maria erhoben über die gesamte Schöpfung. Um ihr Haupt strahlt ein Kranz von zwölf Sternen. Diese versinnbilden die zwölf Stämme des auserwählten Volkes und damit alle Gotteskinder, die zu Christus gehören wollen.
Die heutige Lesung ist geprägt vom Kampf mit den feindlichen Mächten. Schon am Anfang der Bibel ist vom Ringen mit der Macht des Bösen die Rede, wo Gott zur Schlange spricht: "Ich will Feindschaft setzen zwischen dir und der Frau, zwischen deiner und ihrer Nachkommenschaft." Diese Auseinandersetzung zieht sich durch die gesamte Bibel. Das Gute muss sich bewähren. Es fällt einem nicht tatenlos in den Schoß.
Sieg ist verheißen, obwohl es äußerlich ganz und gar nicht danach aussah.
So wie Maria ist auch den Glaubenden und der Kirche als ganzer die Überlebenskraft und der Sieg von Gott her verheißen.
Petrus, der erste im höchsten Amt der Kirche, bekommt die Zusage: "Du bist Petrus, der Fels, und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen. Und die Mächte der Unterwelt werden sie nicht überwältigen."
Es siegte eine wehrlose Frau mit einem hilflosen Kind gegenüber einem riesigen Raubtier.
Es siegten die zwölf Apostel als einfache Männer gegen die Weltmacht der Römer.
Sieg ist verheißen den Waffen des Hl. Geistes wie Glaube, Gerechtigkeit, Güte, Hoffnung und Liebe gegenüber den Waffen der Gewalt und Unterdrückung, des Hasses, der Zerstörung und des Todes. Sieg wurde errungen, wo es äußerlich gar nicht danach aussah:
Da wurde in Maria eine Frau gekrönt, die einfach und unauffällig ist. Da wurde ein Lebensweg gekrönt, der unserem Alltag sehr ähnlich ist. Von sich aus konnte Maria mit nichts Besonderem auftrumpfen. Sie wohnte in einem völlig unbekannten Flecken. Ihr Leben war geprägt von der täglichen Arbeit. Wenn sie heute leben würde, fände man sie mit ihrer Einkaufstasche im Supermarkt an den Regalen die Preise und die Sonderangebote vergleichen. Auch sie müsste täglich vom Geldbeutel her überlegen, was geht und was nicht. Maria konnte wirklich keine großen Sprünge machen. Auch sie musste sich mit vielen Kleinigkeiten herumschlagen, die uns Tag für Tag zu schaffen machen.
Mit dem heutigen Fest feiern wir einen Sieg, wo es ganz und gar nicht danach aussah:
Dem Glaubensweg Marias blieben Enttäuschung und Leid nicht erspart. Unter dem Kreuz musste Maria ihre härteste Probe bestehen. Sie musste mit ansehen, wie ihr einziger Sohn zu Tode gequält wird. Diese Verbrecher-Hinrichtung war nicht nur tragisch. Sie lieferte den Gegnern handfeste Trümpfe und stellte auch Maria als Gescheiterte bloß. Spötter und Gaffer machten sich über sie lustig, weil sie immer noch zu einem Hingerichteten stand, der als armer Irrer, als Lügner, als Verführer entlarvt war. Trotz allem hielt Maria unter dem Kreuze aus.
Wie keine Zweite ist Maria den Leidensweg Jesu mitgegangen. Wie keine Zweite hat Jesus Maria in den Sieg der Auferstehung hinein genommen. Maria hat sich in schweren Zeiten von Jesus nicht trennen lassen und darum ist sie ihm auch im Glück am nächsten.
Auch unser Ringen ist nicht hoffnungslos.
Wir feiern heute ein Siegesfest, ein Hoffnungsfest auch für uns. Denn wenn wir von Maria reden, dann reden wir auch ein Stück weit von uns. Maria ist eine Frau aus dem Volk. Was sie an Voraussetzungen mitbrachte, das hat auch jede und jeder von uns. Was Gott mit ihr zuwege brachte, das Gleiche hat der Allmächtige auch mit uns vor.
Die Vollendung Mariens im Himmel kann uns mit Hoffnung anstecken. Was äußerlich gar nicht danach aussieht, will Christus zum Siege führen: die tägliche Kleinarbeit, die man bekanntlich nicht sieht. Selbst Durststrecken und Leidenswege können und wollen sich zu Heilswegen verwandeln mit Gottes Hilfe. Maria hat Gottes Hilfe voll angenommen und genützt. Auch wir sind eingeladen, Gottes Hilfe voll anzunehmen und zu nützen.