Apostelgeschichte 2010
Nachdem wir uns in der Erzdiözese Wien APG 2010 ("Apostelgeschichte 2010" ist ein missionarisches Projekt der Erzdiözese Wien) zu unserem Motto gemacht haben, bietet die erste Lesung Gelegenheit, einen Blick auf diese Stelle in besonderer Weise zu werfen. Die Apostelgeschichte ist so etwas wie die Urkunde des Anfangs unserer Glaubens- und Kirchengeschichte. Lukas beschreibt darin die Ausbreitung des Wortes Gottes durch die Menschen der ersten und zweiten Generation. Petrus, Paulus - heute hören wir auch von Barnabas- sollen durch die Kraft des Heiligen Geistes Zeugen sein und in Jerusalem, Judäa, ja bis an die Grenzen der Erde die Frohe Botschaft von Kreuz, Tod und Auferstehung verkünden. Das geschieht nur sehr mühsam und mit wechselndem Erfolg.
Apostelgeschichte damals
Die erste Lesung gibt einen Einblick in die erste Missionsreise. Paulus ist mit seinem Mitarbeiter Barnabas von Perge nach Antiochien unterwegs, also in der heutigen Türkei. Geographisch gesehen ist das eine sehr schwierige Strecke über Gebirge und Pässe. Das erfordert große körperliche Anstrengung.
Antiochien, damals eine Stadt von ca. 500 000 Einwohnern, liegt an der Grenze von Morgen- und Abendland. Es ist eine Stadt der Wissenschaft, des Vergnügens, Menschen verschiedener Sprachen und Kulturen leben hier. Die Lesung zeigt, wie sich die junge Kirche ausweitet, aber auch mit welchem Widerstand sie zu kämpfen hat.
Es war üblich, dass die Mitarbeiter und das Volk sich am Sabbat in der Synagoge, einem Versammlungsraum, trafen und dort nach der Lesung aus der Tora, die Auslegung des Wortes Gottes hörten. Das geschah zunächst mit großem Erfolg, denn es heißt, "viele Judenschlossen sich dem Paulus und dem Barnabas an." (Apg.13,43). Dann aber kam der Umschwung. Das Wirken der beiden zeigt deutlich die immer stärker werdende Trennung von Kirche und Synagoge. Die Kirche wird - positiv gesehen- immer mehr zur "Heidenkirche", das heißt, wir haben es mit Menschen zu tun, die erst jetzt die Botschaft von Tod und Auferstehung kennenlernen und sie begeistert aufnehmen. Die Juden, also das ursprünglich auserwählte Volk, haben große Schwierigkeiten mit dem Evangelium. Die Stimmung kippt, auch hier in der Lesung: "Die Juden werden eifersüchtig, widersprechen den Worten des Paulus undBarnabas ... stießen Lästerungen aus." (Apg. 13,44-7). Wieso eigentlich?
Auseinandersetzungen
Die Juden fürchten um ihre Identität. Christ zu werden, so meinen sie, ist nur über das Judentum möglich, dazu gehört auch die Beschneidung als Teil jüdischer Identität. Daraus entwickelt sich eine schwere Kontroverse, die auf dem Apostelkonzil in Jerusalem ausgetragen wird. Dort gibt es diesbezüglich einen handfesten Krach zwischen Petrus und Paulus. Petrus besteht auf diesen althergebrachten Weg mit der Beschneidung. Das Apostelkonzil beschließt nach hartem Ringen unter Mitwirkung des Heiligen Geistes, dass man auch Christ werden kann außerhalb des Judentums ohne Beschneidung. Paulus und Barnabas bringen somit zurecht die Jesaiastelle (Jes.42,6) in Erinnerung: "Ich habe dich zum Licht für die Völker gemacht bis an das Ende der Erde sollst du das Heilsein." Das ist somit ein Inklusivmodell, das alle Menschen durch alle Generationen in dieses Heil einbezieht, nicht nur das auserwählte Volk. Nach diesem Apostelkonzil ist somit ein weiteres Hindernis zur Ausweitung der Kirche aus dem Weg geräumt. Wir sehen: Widerstand, Konflikte auf sachlicher Ebene sind mitunter notwendig, um der Frohen Botschaft zum Durchbruch zu verhelfen.
Grabenkämpfe
Die Situation heute gleicht der damaligen. Auch damals standen Gläubige gegen Gläubige auf. Auch heute liefern einander kirchliche Gruppierungen, jede aus tief gläubiger Sichtweise Grabenkämpfe über Medien, sprechen einander das Christsein ab - schwere Sünde wider den Heiligen Geist! - werfen sich Anschuldigungen an den Kopf, alles sehr emotionell geführt.
Das erlösende Wort, das Licht dieser Welt verblasst, auch aus diesem Grund, erstickt im Gesetzeswust kirchenrechtlicher Bestimmungen.
Vertrauen in den Heiligen Geist
Das Evangelium sagt: "Meine Schafe hören auf meine Stimme; ich kenne sie, und sie folgen mir." (Joh.10,27). Das Bild von Hirt und Herde wird heute wenig gut verstanden, sondern eher in "gescheit" und "dumm" eingeteilt. Die Stimme und das Wort können vertrauensbildend, also wohltönend, entängstigend, beruhigend wirken, aber auch schrill, abweisend sein, dass es weh tut. Dann wird die Herde nicht mehr dem Hirten folgen und sich eigene Weideplätze suchen. Leider wird der Weg dorthin zu den saftigen Weiden vom kurialen Stacheldraht, also durch strengen Zentralismus, Dialogverweigerung, Antworten auf Fragen, die niemand stellt, bzw. schon gelöst wurden, abgeschnitten.
Das Licht, der Heilige Geist, wird uns aber Wege zeigen, wie man diesen Stacheldraht umgehen kann, um der österlichen Botschaft, dem mysterium und dem Wort Gottes neue Kraft zu verleihen.