Die biblischen Lesungen wurden mit freundlicher Genehmigung der Ständigen Kommission für die Herausgabe der gemeinsamen liturgischen Bücher im deutschen Sprachgebiet den Lektionaren 2018 ff entnommen. - © 2024 staeko.net. - vgl. Impressum.
Die Katholischen Bibelwerke in Deutschland, Österreich und Schweiz stellen auf ihren Webseiten ausführliche Kommentare und Anleitungen zum Lesen der biblischen Lesungen für Sonn- und Feiertage zum Download im PDF-Format zur Verfügung. Mit freundlicher Genehmigung der Katholischen Bibelwerke übernehmen wir die Kurzeinleitungen zu den Lesungen.
Predigten vom 10. Nov. 2024 - 32. Sonntag im Jahreskreis (B)
06. Jan. 2025
Erscheinung des Herrn, Dreikönig (A/B/C)
05. Jan. 2025
2. Sonntag nach Weihnachten (A/B/C)
01. Jan. 2025
Neujahr - Fest der Gottesmutter Maria (A/B/C)
31. Dez. 2024
31. Dezember: Jahresschluss (Sonst.)
29. Dez. 2024
Fest der hl. Familie (C)
26. Dez. 2024
26. Dezember: hl. Stephanus (Fest)
25. Dez. 2024
Weihnachten, am Tag (A/B/C)
25. Dez. 2024
Weihnachten, am Morgen (A/B/C)
24. Dez. 2024
Weihnachten, in der Nacht (A/B/C)
24. Dez. 2024
Weihnachten, am Vorabend (A/B/C)
22. Dez. 2024
4. Adventsonntag (C)
15. Dez. 2024
3. Adventsonntag (C)
08. Dez. 2024
8. Dezember: Mariä Empfängnis (Fest)
01. Dez. 2024
1. Adventsonntag (C)
24. Nov. 2024
Christkönigsonntag (B)
17. Nov. 2024
33. Sonntag im Jahreskreis (B)
10. Nov. 2024
32. Sonntag im Jahreskreis (B)
Einführungen zu den Gottesdienstlesungen - Ltg 0
1. Lesung - 1 Kön 17,10-16
Lesung aus dem ersten Buch der Könige.
In jenen Tagen
machte sich der Prophet Elíja auf
und ging nach Sarépta.
Als er an das Stadttor kam,
traf er dort eine Witwe, die Holz auflas.
Er bat sie:
Bring mir in einem Gefäß ein wenig Wasser zum Trinken!
Als sie wegging, um es zu holen,
rief er ihr nach:
Bring mir auch einen Bissen Brot mit!
Doch sie sagte:
So wahr der Herr, dein Gott, lebt:
Ich habe nichts mehr vorrätig
als eine Handvoll Mehl im Topf
und ein wenig Öl im Krug.
Ich lese hier ein paar Stücke Holz auf
und gehe dann heim,
um für mich und meinen Sohn etwas zuzubereiten.
Das wollen wir noch essen und dann sterben.
Elíja entgegnete ihr: Fürchte dich nicht!
Geh heim und tu, was du gesagt hast!
Nur mache zuerst für mich ein kleines Gebäck
und bring es zu mir heraus!
Danach kannst du für dich und deinen Sohn etwas zubereiten;
denn so spricht der Herr, der Gott Israels:
Der Mehltopf wird nicht leer werden
und der Ölkrug nicht versiegen
bis zu dem Tag,
an dem der Herr wieder Regen auf den Erdboden sendet.
Sie ging
und tat, was Elíja gesagt hatte.
So hatte sie mit ihm und ihrem Haus viele Tage zu essen.
Der Mehltopf wurde nicht leer
und der Ölkrug versiegte nicht,
wie der Herr durch Elíja versprochen hatte.
Im 17. Kapitel des 2. Buches der Könige sendet Gott den Propheten Elija zum grausamen König Ahab, um ihn zur Vernunft zu bringen. Kein einfaches Unterfangen, und so wendet sich der Prophet zunächst einmal an die Menschen, die er trifft. Da geht es in der Lesung um die Witwe von Sarepta, einer Küstenstadt im heutigen Südlibanon. Es gelingt dem Propheten, die Witwe aus ihrem Elend zu reißen.
In der Antike waren Witwen ohne männliche Versorger im Umfeld nahezu todgeweiht: Sie hatten niemanden, der sie versorgen konnte. Besonders dramatisch wird diese Situation in der vorliegenden Perikope gezeichnet: Die Witwe hätte ja wohl noch einen Sohn, der aber nicht in der Lage ist, für sie sorgen. Vielmehr liegt es an ihr, für den Sohn aufzukommen. Und somit sind beide, obwohl sie mitten im Leben stehen, dem Untergang geweiht. In dieser Situation tritt nun Elija auf und rettet.
In der heutigen Lesung wird die Begegnung Elijas mit der Witwe von Sarepta beschrieben.
Nicht zum Lesungstext gehört 1 Kön 17,9 mit dem Wort Gottes an Elija: "Mach dich auf und geh nach Sarepta, das zu Sidon gehört, und bleib dort! Ich habe dort einer Witwe befohlen, dich zu versorgen." Somit ist es nicht ein zufälliges Treffen, sondern ein gewollter Besuch eines Propheten bei der Witwe. Sie sollte unter der von Gott als Strafe verhängten Dürre (siehe 1 Kön 17,1) nicht leiden.
In dem Gebäck für den Fremden zeigt sie ihre Verwurzelung in der religiösen Tradition: Ein Fremder soll Hilfe finden. Gleichzeitig ist diese individuelle Hilfe für Mutter und Sohn ein Zeichen, dass Gott die Generation dieser Zeit nicht mehr in Kontakt zu ihm sieht. Nur ein "heiliger Rest" glaubt noch und lebt diesen Glauben.
Die Verbindung zum Beispiel des Glaubens wird in Lk 4,26 deutlich, wenn Jesus sie in der Predigt in seiner Heimat zitiert. Der Glaube der Frau hat Gott handeln lassen.
In dieser Erzählung begegnen sich eine Witwe und der Prophet Elija. Der Name der Frau ist nicht überliefert, erzählt wird aber, dass sie allein für sich und ihren Sohn sorgen muss. Als Witwe hat sie keine rechtlich gesicherte Stellung. Sie will den letzten Rest ihrer Vorräte verbrauchen und ist dann bereit, mit ihrem Sohn zu sterben. Indem sie mit dem Propheten aber teilt, werden Mehltopf und Ölkrug nicht leer. Bedrückende existentielle Erfahrung und Gottes schöpferische Kraft werden in dieser Erzählung verbunden.
Die Unterredung einerseits ("so wahr der Herr, dein Gott, lebt"), die Weisung andererseits ("denn so spricht der Herr...") drehen sich um Jahwe, den Gott Israels, der als Schöpfer der Welt Leben gewährt. In dieser Elija-Geschichte wird das auch für Sarepta bezeugt, einem Ort außerhalb Israels (und des Volkes Gottes).
Besonders in den Psalmen wird Gott angerufen als Freund und Helfer der Witwen und Waisen.
Psalm 146 z.B. liest sich wie eine hymnische Fassung der Elija-Geschichte.
1 Kön 17,10:
Der Prophet Elija handelte im Auftrag Gottes und begab sich nach Sarepta, einer Stadt, etwa 13 Kilometer südwestlich von Sidon, an der Straße nach Tyrus. Heute heißt der Ort Sarafant. Nachdem Elija während einer vorangegangenen Hungersnot durch einen von Gott gesandten Raben am Leben erhalten worden war, soll er jetzt von einer armen Witwe versorgt werden.
1 Kön 17,11-12:
Durstigen etwas zum Trinken zu geben, gehörte im Alten Orient zu den ersten Pflichten der Gastfreundschaft. Was zum Essen anzubieten ist gleichsam die zweite Pflicht. Die Witwe ist durchaus bereit zu helfen. Mit der Frage nach etwas Brot und der Unmöglichkeit diese Bitte auszuschlagen, schlittert sie aber in eine absolut existentielle Notsituation. Sie ist bereit ihre letzte Mahlzeit zuzubereiten und auch zu teilen, dann aber müssen sie und ihr Sohn verhungern.
1 Kön 17,13:
Elija spricht ihr vorerst Mut zu und verstärkt dann seine Bitte nach Brot – angesichts der Situation der Witwe eine genaugenommen unverschämte Forderung. Aufgrund der folgenden Verheißung glaubt sie ihm aber und bringt ihm Wasser und Brot.
1 Kön 17,15:
JHWH erhält die Menschen am Leben. Er ist ein Gott der Lebenden. Die Witwe glaubt und ohne berechnend zu sein, übt sie – im Vertrauen auf Gott – die Gastfreundschaft aus.
Die erste Lesung ist einem Kreis von Erzählungen entnommen, der sich um den Propheten Elija rankt. Der Verfasser stellte die vorgefundene Geschichte, die ursprünglich einfach die Überlegenheit des Jahweh-Propheten demonstriert hat, in einen größeren Zusammenhang und verlieh ihr damit zusätzliche theologische Akzente.
Elija hat im Auftrag Jahwehs dem Volk Israel und den umliegenden Stadtstaaten eine Dürreperiode angekündigt. Nach drei Jahren erst wird diese Katastrophe mit einem Gottesurteil auf dem Berge Karmel enden. Dort kommt es zur großen Auseinandersetzung der jahwehgläubigen Prophetenschule des Elija mit dem Baalskult, der Fruchtbarkeitsreligion der kanaanäischen Städte. In diese Geschichte eingeflochten hat der Verfasser zwei Erzählungen von einer Witwe in Sarepta und deren Sohn.
Elija verläßt das Land Israel und geht auf das Wort des Herrn hin nach Sarepta, also mitten in das Land seiner Gegner, mitten ins Land der Baalsreligion. Unter den Ungläubigen wirkt Gott das Wunder der Errettung einer Witwe und ihrem Sohn. Im Gegensatz zum Volk Israel und seinem Königshaus glaubt die heidnische Frau an Jahwe.
1. Lesung (ungekürzte Fassung) - 1 Kön 17,1-16
Lesung aus dem ersten Buch der Könige.
In jenen Tagen
sprach Elija aus Tischbe in Gilead zu Ahab:
So wahr der HERR, der Gott Israels, lebt,
in dessen Dienst ich stehe:
in diesen Jahren sollen weder Tau noch Regen fallen,
es sei denn auf mein Wort hin.
Danach erging das Wort des HERRN an Elija:
Geh weg von hier, wende dich nach Osten
und verbirg dich am Bach Kerit östlich des Jordan!
Aus dem Bach sollst du trinken
und den Raben habe ich befohlen,
dass sie dich dort ernähren.
Elija ging weg und tat, was der HERR befohlen hatte;
er begab sich zum Bach Kerit östlich des Jordan
und ließ sich dort nieder.
Die Raben brachten ihm Brot und Fleisch am Morgen
und ebenso Brot und Fleisch am Abend
und er trank aus dem Bach.
Nach einiger Zeit aber vertrocknete der Bach;
denn es fiel kein Regen im Land.
Da erging das Wort des HERRN an Elija:
Mach dich auf und geh nach Sarepta,
das zu Sidon gehört, und bleib dort!
Ich habe dort einer Witwe befohlen,
dich zu versorgen.
Er machte sich auf und ging nach Sarépta.
Als er an das Stadttor kam,
traf er dort eine Witwe, die Holz auflas.
Er bat sie:
Bring mir in einem Gefäß ein wenig Wasser zum Trinken!
Als sie wegging, um es zu holen,
rief er ihr nach:
Bring mir auch einen Bissen Brot mit!
Doch sie sagte:
So wahr der Herr, dein Gott, lebt:
Ich habe nichts mehr vorrätig
als eine Handvoll Mehl im Topf
und ein wenig Öl im Krug.
Ich lese hier ein paar Stücke Holz auf
und gehe dann heim,
um für mich und meinen Sohn etwas zuzubereiten.
Das wollen wir noch essen und dann sterben.
Elíja entgegnete ihr: Fürchte dich nicht!
Geh heim und tu, was du gesagt hast!
Nur mache zuerst für mich ein kleines Gebäck
und bring es zu mir heraus!
Danach kannst du für dich und deinen Sohn etwas zubereiten;
denn so spricht der Herr, der Gott Israels:
Der Mehltopf wird nicht leer werden
und der Ölkrug nicht versiegen
bis zu dem Tag,
an dem der Herr wieder Regen auf den Erdboden sendet.
Sie ging
und tat, was Elíja gesagt hatte.
So hatte sie mit ihm und ihrem Haus viele Tage zu essen.
Der Mehltopf wurde nicht leer
und der Ölkrug versiegte nicht,
wie der Herr durch Elíja versprochen hatte.
Antwortpsalm - Ps 146,6-10
Kv: Lobe den Herrn, meine Seele! – Kv
Oder GL 58,1
(Oder: Halleluja.)
Der Herr ist es, der Himmel und Erde erschafft, /
das Meer und alles, was in ihm ist. *
Er hält die Treue auf ewig.
Recht schafft er den Unterdrückten, /
Brot gibt er den Hungernden, *
der Herr befreit die Gefangenen. – (Kv)
Der Herr öffnet die Augen der Blinden, *
der Herr richtet auf die Gebeugten,
der Herr liebt die Gerechten. *
Der Herr beschützt die Fremden. – (Kv)
Er hilft auf den Waisen und Witwen, *
doch den Weg der Frevler krümmt er.
Der Herr ist König auf ewig, *
dein Gott, Zion, durch alle Geschlechter. – Kv
(Lektionar 2018 ff. © 2024 staeko.net)
2. Lesung - Hebr 9,24-28
Lesung aus dem Hebräerbrief.
Christus ist nicht
in ein von Menschenhand gemachtes Heiligtum
hineingegangen,
in ein Abbild des wirklichen,
sondern in den Himmel selbst,
um jetzt vor Gottes Angesicht zu erscheinen für uns;
auch nicht, um sich selbst viele Male zu opfern,
wie der Hohepriester
jedes Jahr mit fremdem Blut in das Heiligtum hineingeht;
sonst hätte er viele Male seit der Erschaffung der Welt
leiden müssen.
Jetzt aber ist er am Ende der Zeiten ein einziges Mal erschienen,
um durch sein Opfer die Sünde zu tilgen.
Und wie es dem Menschen bestimmt ist,
ein einziges Mal zu sterben,
worauf dann das Gericht folgt,
so wurde auch Christus ein einziges Mal geopfert,
um die Sünden vieler hinwegzunehmen;
beim zweiten Mal wird er nicht wegen der Sünde erscheinen,
sondern um die zu retten, die ihn erwarten.
Martin Stewen (2024)
Norbert Riebartsch (2009)
Manfred Wussow (2006)
Bernhard Zahrl (2000)
Hans Hütter (1997)
Der Hebräerbrief richtet sich nach gängiger Lesart an die Judenchristen des 1. nachchristlichen Jahrhunderts. Die Bedeutung der vorliegenden Perikope ist nicht ganz einfach zu bestimmen. Sie richtet sich nach der Gesamteinordnung des Textes. Zwei Meinungsströmungen lassen sich in der Exegese ausmachen: Handelt es sich um ein christologische Lehrstück oder eine pastorale Mahnschrift? Wenn die Autoren des Briefes allein Lehraussagen machen wollten, ist die Beziehung der Leserschaft zweitrangig. Wie sie sich zu den Worten der Perikope stellen, ist dann eher abhängig, welche Autorität die Autoren für die Leserschaft haben. Wird hingegen dem Mahncharakter eine höhere Gewichtung zugemessen, dann will dieses Schreiben Einfluss auf die persönliche Christusbeziehung des Einzelnen nehmen sowie auf die christusbezogene Struktur der Gemeinde.
Es geht um das Opfer Christi am Kreuz. Es ist ein Opfer, das endgültig ist (vgl Hebr 9,28). Und es ist ein Opfer, das durch ihn nötig ist, weil sonst niemand es tun konnte (vgl Hebr 9,25f).
Es hat eine Gültigkeit aus sich selbst und ist nicht daran gebunden, dass die Glaubenden es annehmen. Wenn dies aber geschieht, so ist es Zukunft für die Glaubenden.
Wenn die Parallelität zum Hohepriester aufgebaut wird, der für die Menschen das Opfer bringt und in ihren Anliegen betet, dann ist Christus der große Fürsprecher für die Gemeinde.
Die Lesung aus dem Hebräerbrief stellt Christus als "Hohenpriester" dar, unterscheidet ihn aber von den "Hohenpriestern" (Plural), die im Jerusalemer Tempel seit alters her Dienst getan haben. Die Typologie gewinnt nach dem Jahre 70 - der römischen Einnahme Jerusalems und der Zerstörung des Templs - an Bedeutung.
Dies wird näher bestimmt:
Christus geht in kein von Menschen errichtetes Heiligtum, sondern erscheint - für uns - vor Gottes Angesicht.
Christus opfert sich selbst, bringt aber keine jährlichen Opfer (Versöhnungstag) dar - und sein Opfer tilgt die Sünde ganz.
Wenn Christus wieder erscheint (und damit ist seine Epiphanie dann auch abgeschlossen und nicht wiederholbar), kommt er nicht wegen der Sünde, sondern um die zu retten, die ihn erwarten.
In diesem Dreiklang wird die Würde Christi einer Gemeinde verkündigt, die noch in den alten Bildern von Tempel, Hohenpriester und Versöhnungstag lebt. Aber in Christus und von Christus her bekommen die Bilder und Erfahrungen einen neuen Inhalt: Christus ist der Hohepriester, er ist vor Gottes Angesicht und es ist sein eigenes Blut, das für uns spricht. Der Hebräerbrief qualifiziert das als "Ende der Zeiten", weiß aber um das "zweite Mal" - und um die Errettung derer, die Christus erwarten. In einem eschatologischen Blick ist der Bann der Sünde "dazwischen" jedoch gebrochen.
Hebr 9,24-26:
Den Urchristen fiel es schwer, sich vom prächtigen Tempelkult oder von verschiedenen heidnischen Opferkulten zu lösen. In diese Situation hinein möchte der Brief an die Hebräer nochmals die Bedeutung des Opfertodes Jesu Christi in Erinnerung rufen und auf den "neuen Bund" hinweisen. Dieser neue Bund wurde einmal geschlossen und muss nicht jährlich erneuert werden.
Die Opfer früherer Zeiten sind für die Christen nicht mehr notwendig und gelten als überholt. Sündenvergebung, Taufe und Eucharistie beruhen auf Opfertod und Auferstehung Jesu Christi.
Hebr 9,27:
Der Tod wird für uns Menschen ein Weg ins Leben, in die Rettung und Auferstehung. Die Christen sollen nicht müde werden, Gott treu zu bleiben.
Hebr 9,28:
Die Christen dürfen mit Zuversicht auf das Kommen Gottes warten und damit rechnen. Sie brauchen das Gericht nicht mehr zu fürchten. Heilspraktiken oder sogenannte "pharisäische" Leistungen sind zur Erlangung des Heils nicht notwendig.
Das 9. und das 10. Kapitel des Hebräerbriefes versuchen das Christusgeheimnis von den alttestamentlichen Opferriten her zu erfassen. Am Versöhnungstag betritt der Hohepriester das Zelt Gottes mit dem Blut des Sündopferbockes (vgl. Lev 16,15), um die Sünden des Volkes zu sühnen. Das Zelt Gottes fungiert als Abbild des himmlischen Thronsaales Gottes.
Jesus Christus aber hat den Himmel selbst betreten, um mit seinem eigenen Blut vor dem Angesicht Gottes zu erscheinen. Sein Opfer ist deshalb für alle Zeiten gültig und braucht nicht alljährlich wiederholt werden wie im Tempelkult.
Wenn Christus wiederkommt, erscheint er nicht, um das Opfer zu wiederholen, sondern um alle jene zu errretten, die auf ihn warten.
Ruf vor dem Evangelium - Mt 5,3
Halleluja. Halleluja.
Selig, die arm sind vor Gott;
denn ihnen gehört das Himmelreich.
Halleluja.
Evangelium - Mk 12,38-44
Aus dem heiligen Evangelium nach Markus.
In jener Zeit
lehrte Jesus eine große Menschenmenge
und sagte: Nehmt euch in Acht vor den Schriftgelehrten!
Sie gehen gern in langen Gewändern umher,
lieben es, wenn man sie auf den Marktplätzen grüßt,
und sie wollen in der Synagoge die Ehrensitze
und bei jedem Festmahl die Ehrenplätze haben.
Sie fressen die Häuser der Witwen auf
und verrichten in ihrer Scheinheiligkeit lange Gebete.
Umso härter wird das Urteil sein, das sie erwartet.
Als Jesus einmal dem Opferkasten gegenübersaß,
sah er zu, wie die Leute Geld in den Kasten warfen.
Viele Reiche kamen und gaben viel.
Da kam auch eine arme Witwe
und warf zwei kleine Münzen hinein.
Er rief seine Jünger zu sich
und sagte: Amen, ich sage euch:
Diese arme Witwe
hat mehr in den Opferkasten hineingeworfen als alle andern.
Denn sie alle
haben nur etwas von ihrem Überfluss hineingeworfen;
diese Frau aber, die kaum das Nötigste zum Leben hat,
sie hat alles hergegeben, was sie besaß,
ihren ganzen Lebensunterhalt.
Martin Stewen (2024)
Norbert Riebartsch (2009)
Manfred Wussow (2006)
Bernhard Zahrl (2000)
Hans Hütter (1997)
Das heutige Evangelium ist eine Mahnschrift über Heuchlerei und Ehrlichkeit: Wer meint es ernst mit dem Glauben? Der Evangelist lässt Jesus die Thematik anhand von Gemeindeverantwortlichen verdeutlichen, die viel Gutes reden und weniger Gutes machen, und einer Witwe, die nichts zu sagen hat, aber durch Großzügigkeit auffällt.
Die Frühe Kirche hat das soziale Problem der Witwen - unverschuldete Not durch den Tod des Versorgers - auf eine kluge Weise gelöst. Witwen wurden in der Gemeinde mit einem diakonalen Dienst versehen. Ihre Wichtigkeit war schließlich so groß, dass sie - wie später die Jungfrauen - zu einem eigenen Stand innerhalb der Kirche erhoben wurden. Statt dass sie Not und Elend preisgegeben waren, wurden sie jetzt mit hohem Respekt geehrt.
Das heutige Evangelium enthält in der Langfassung zwei verschiedene Abschnitte, in der Kurzfassung bleibt der erste Abschnitt weg.
Der erste Abschnitt ist die Warnung vor der Falschheit der Schriftgelehrten. Sie sind nicht das, was sie sein sollen. In ihrem Amt halten sie die Synagogengemeinde am Leben, arbeiten aber zugleich an ihrem Untergang. Denn sie höhlen es von innen aus.
Der zweite Abschnitt zeigt am Beispiel der Witwe, wie Glaube eine Sache des Herzens ist. Als Arme und als Witwe ist sie doppelt ausgegrenzt. Gerade sie ist es aber, die zeigt, wie Jesu Botschaft umgesetzt werden kann. Zugleich werden die Jünger auf diese Frau und ihre Größe hingewiesen. Sie sollen lernen, die Menschen mit anderen Augen anzuschauen. Wenn sie es lernen, können sie es auch anwenden und die Größe und Würde aller Menschen erkennen.
Das Evangelium hat in seiner "Langfassung" zwei, allerdings ineinander übergreifende Teile: die Warnung vor den Schriftgelehrten, die die Witwen bedrängen und finanziell ausnehmen - und das Opfer einer armen Witwe, das mehr wiegt als die Gaben, die von den Reichen kommen.
Die - pauschale - Kritik an den Schriftgelehrten dokumentiert im Markus-Evangelium auch den Ablösungsprozess der jungen christlichen Gemeinde von ihrer jüdischen Herkunft. (Weil antijüdische Ressentiments bedient werden könnten, abgesehen von der Stichhaltigkeit der Vorwürfe, sollte im Gottesdienst nur die Kurzfassung vorgetragen werden, zumal auf ihr das kerygmatische Gewicht ruht.) Die Möglichkeit, Schriftgelehrte und Witwe gegeneinander zu profilieren, ist zwar im Evangelium angelegt, aber kontextuell beschränkt und relativiert. Wesentlicher sind die Oppositionen von „arme Witwe“ und "viele Reiche", von "Scherflein" und "etwas vom Überfluss".
Von der literarischen Gattung her ist die Geschichte von dem Opfer der armen Witwe eine Chrie. Kennzeichen der Chrie ist die Erzählung einer einmaligen Begebenheit im Leben eines berühmten Mannes. Chrien erzählen nicht von Wundern, sondern von Überraschungen, ermöglichen Kritik und schenken eine nützliche Belehrung.
Jesus überrascht seine Jünger (Vers 43) mit dem Paradox, dass wenig mehr ist, wenn das wenige alles ist (Vers 44). Das Amen-Wort Jesu (Vers 43b) nimmt das letzte Urteil Gottes vorweg; sein Urteil wird schon in dieser Szene gesprochen.
"Die Witwe vollzieht den wahren Gottesdienst, wie ihn Jesus sich für einen gereinigten Tempel wünscht. Sie bringt sich selbst als Opfer dar. Indem der Evangelist mit der Szene vom Scherflein der Witwe Jesu Wirken in Jerusalem beschließt und mit der Endzeitrede fort fährt, in der die Zerstörung des Jerusalemer Tempels angekündigt wird, eröffnet er bereits den Ausblick auf die Passion Jesu. Er macht deutlich: Diese arme Frau hat mehr verstanden als die gebildeten Lehrer Israels. Was sie in ihrem Opfer tat, wird sich in der Lebenshingabe Jesu vollenden. Sein Lebensopfer wird den Tempel und den Tempelkult endgültig aufheben" (Franz Jung).
Mehr (und zum Teil anders): www.perikopen.de/Lesejahr_B/32_iJ_B_Mk12_38-44_Jung.pdf
Mk 12,38:
Eine auf den ersten Blick sehr erstaunliche Äußerung Jesu, gleichsam eine Warnung vor frommen Leuten, deren ganzes Leben auf die Belehrung des Volkes ausgerichtet ist. Einerseits haben sie großen Einfluss auf das Volk, andererseits sind sie aber ein Hindernis für den Glauben des Volkes.
Der Begriff "lange Gewänder" bezeichnet wohl die festlichen Sabbatkleider zur Zeit Jesu - ein faltenreicher Überwurf mit Fäden oder Quasten. Der Rang des Trägers wird hier auch durch die Kleidung sichtbar gemacht (vgl.: Num 15,38; Dtn 22,12). In diese Gewänder hüllten sich die Schriftgelehrten neben dem Gebet auch bei der Rechtsprechung oder beim Lösen von Gelübden.
Offensichtlich grüßten sie auch nicht von sich aus, sondern warteten auf den Gruß des/der jeweils Anderen. In der Synagoge saß das Volk auch oft auf dem Boden, während die Schriftgelehrten auf Bänken oder erhöhten Sitzen saßen - zumeist auch auf "Ehrenplätzen", in der Nähe des Thoraschreines.
Mk 12,40:
Witwen und Waisen standen in Israel unter dem besonderen Schutz des Gesetzes (vgl.: Ex 22,21; Jes 1,7ff; 10,2). Der Witwenstand war rechtlich und religiös sehr stark geschützt und es gehörte zu den selbstverständlichen Dingen des Alltagslebens, Witwen und Waisen beizustehen - zumal die rechtliche Position einer Frau in der damaligen Gesellschaft nicht so abgesichert war wie heute. Immer wieder schärften Propheten dem Volk die Schutzpflicht gegenüber den Witwen ein. Doch offensichtlich ohne große Wirkungen. Unter dem Deckmantel der Frömmigkeit wurde ihre jeweilige Notlage ausgenützt. Darauf bezieht sich auch das drohende Gerichtswort "Aber um so härter wird das Urteil sein, das sie erwartet". Nicht die Ehrenplätze und die Kleidung werden verurteilt, sondern die innere Haltung. (vgl.: Mt 6,5: Wenn ihr betet, macht es nicht wie die Heuchler. Sie stellen sich beim Gebet gern in die Synagogen und an die Straßenecken, damit sie von den Leuten gesehen werden. Amen, das sage ich euch: Sie haben ihren Lohn bereits erhalten.).
Mk 12,41:
Vor den Schatzkammern des Jerusalemer Tempels standen 13 Opferstöcke. 12 für die Tempelsteuer, Pflichtabgaben, die Opfergaben etc. Der diensthabende Priester nahm das Geld entgegen, fragte nach dem Verwendungszweck, prüfte es und warf es dann in den entsprechenden Opferstock. In den 13. Opferstock warf man die freiwilligen Gaben.
Mit den zwei kleinen Münzen der armen Witwe sind wahrscheinlich zwei "Lepta" gemeint, was etwa dem Lohn eines Tagelöhners entspricht und für den allernotdürftigsten Lebensunterhalt einer vierköpfigen Familie gereicht haben dürfte. Die Frau gibt also alles, was sie an diesem Tag zur Verfügung hatte und hat dabei nicht das Bewusstsein, etwas großes getan zu haben. Im Gegensatz zu denen, die einen Teil des Überflusses abgeben, gibt sie "alles".
Mk 12,43:
Die großen Spender werden von Jesus nicht getadelt. Glaube und Religiosität drückten sich immer schon auch in Geldopfern aus. Wichtig ist jedoch für ihn die innere Einstellung, die Bereitschaft zu teilen, gleichsam die Art, wie mit dem Geld "umgegangen", wie es "verwendet" wird. Reichtum ist als solcher nicht schlecht. Von Bedeutung ist aber, was man daraus macht und wie man ihn verwendet.
Das Evangelium erzählt zwei Begebenheiten, die vermutlich ursprünglich getrennt überliefert worden sind. Es ist zu fragen, ob die Erzählung vom Opfer der Witwe nicht eher eine Lehrgeschichte darstellt und in dieser Form nicht stattgefunden hat. Ähnliche Lehrgeschichten gab es im Judentum, gibt es auch in anderen Religionen. Die Witwe wirft griechische Münzen in den Opferstock, obwohl im Tempelbezirk nur jüdisches Geld erlaubt war. Jesus hätte wohl sehr nahe beim Opferstock sitzen müssen, um den Geldwert zu erkennen...
Im ersten Abschnitt spart Jesus nicht mit Kritik an den Schriftgelehrten. Als religiöse Führer haben sie repräsentative Verpflichtungen und müssen entsprechend auftreten. Die Gefahr, daß das, was sie reden und tun nur mehr Schein ist, ist bei allen Religionsdienern gegben.
Gleichsam illustriert wird die Kritik Jesu durch die Geschichte von der armen Witwe. Der Stand der Witwen war im Judentum zwar gesetzlich geschützt wie sonst nirgends in der Antike. Dennoch waren sie der Willkür der Männerwelt ausgesetzt. Die Propheten kritisieren die Übergriffe auf die Hilflosen (vgl. Jes 10, 1f). Wie die Propheten achtget Jesus auf die rechte Opferhaltung, die ihm wichtiger ist als die Geldspende selbst.
Evangelium (Kurzfassung) - Mk 12,41-44
Aus dem heiligen Evangelium nach Markus.
In jener Zeit
als Jesus im Tempel dem Opferkasten gegenübersaß,
sah er zu, wie die Leute Geld in den Kasten warfen.
Viele Reiche kamen und gaben viel.
Da kam auch eine arme Witwe
und warf zwei kleine Münzen hinein.
Er rief seine Jünger zu sich
und sagte: Amen, ich sage euch:
Diese arme Witwe
hat mehr in den Opferkasten hineingeworfen als alle andern.
Denn sie alle
haben nur etwas von ihrem Überfluss hineingeworfen;
diese Frau aber, die kaum das Nötigste zum Leben hat,
sie hat alles hergegeben, was sie besaß,
ihren ganzen Lebensunterhalt.
Von der Hoffnung auf gutes Leben hier und heute
Mangel…
An unseren Sonntagen feiern wir das wöchentliche Ostergedenken. Die Feier dieses Tages soll Freude über Erlösung ausstrahlen, soll weitergeben, wovon das Herz der Christenheit voll ist. Am heutigen Sonntag ist die Osterfreude aber nach der ersten Lesung irgendwie dahin. Die Autorenschaft der Königsbücher führt uns heute mit einer berührenden Geschichte in die seelischen Abgründe einer Frau hinein, der wegen ihres Lebens in einer Hungersnot sterbenselend, richtiggehend nur noch zum Sterben zumute war.
Und in dieser Lage begegnet sie dem Propheten Elija, der ihr vom Leben erzählen will, der sie das Leben spüren lassen will. Kein einfaches Vorhaben im Angesicht des Umstandes, dass die Witwe in ihrer Situation nichts erkennen kann, was ihrem Leben und dem Leben ihres Kindes noch irgendeinen Sinn geben könnte. Ohne zu wissen, was es noch soll, bestellt sie wohl mit Feuerholzsuche ihren Haushalt - doch ihre innere Lebensflamme ist schon längst erloschen.
Das Verhalten des Propheten wirkt in diesem Moment ein wenig befremdlich. Er bittet die selbst notleidende und niedergeschlagene Frau, für ihn zu sorgen. Wir hörten: Zunächst fragt er nach Wasser und schließlich ersucht er die Frau um etwas Essbares. Auf den ersten Blick erscheint Elija doch eher selbstbezogen. Was mit der Frau los ist, rührt ihn auf den ersten Blick wenig. Und dennoch macht der Prophet genau das Richtige. Er holt sie aus ihrer Misere heraus; nicht, indem er ihr etwas Gutes tut oder ihr konkrete Hilfe zukommen lässt, sondern zunächst einmal, indem er sie wertvoll und wichtig macht. Elija lässt die Frau durch seine Bitte spüren, dass ihr Leben für sie selbst einen Sinn hat und anderen etwas bedeutet. Der Dienst am Anderen ist der Anfang des Weges der Erkenntnis. Elija führt sie aber auf diesem Weg noch viel weiter: In den nicht versiegenden Quellen der Gaben Gottes geht ihr schließlich auf, wer der eigentliche Sinn und Urgrund ihres Lebens ist: Gott selbst. Elija schafft es, die Frau aus dem Kreisen um ihre eigene Not herauszuholen und ihr eine neue Blickrichtung zu geben. Angesichts der Wunder Gottes darf sie erkennen: Bei Gott ist jedes Menschenleben unendlich wertvoll, ist jeder und jede geliebt.
…Überfülle
Die Geschichte der Witwe von Sarepta ist eine jener berührenden Heilungsgeschichten der Bibel, die uns in den Heilungsprozess des Menschen mit hineinnimmt. Es ist ein schwieriger Weg, der nur mit Gottes Hilfe letztendlich gelingt. Nur indem Elija den Blick von der Frau zu seinen Bedürfnissen lenkt, nur indem es ihm gelingt, die Lebensperspektive der Frau zu verändern, kann neues Leben sich seinen Weg bahnen. Ein Weg, der durch die Abgründe menschlicher Existenz führt. "Der Mehltopf wurde nicht leer und der Ölkrug versiegte nicht", heißt es. Plötzlich war da Leben in Überfülle.
Heil und Heilung
Zusammen mit der Geschichte, die Jesus den Menschen im Evangelium erzählt, wird ersichtlich, was Heil und Heilung in tiefster Bedeutung meint. Das Heil der Witwe, die Jesus erwähnt, liegt eben nicht in materieller Sicherheit - sonst würde sie diese nicht durch ihre großzügige Spende noch mehr gefährden. Die Witwe gibt, weil sie ihr Leben reich beschenkt weiß - wenn auch offensichtlich in keiner Weise in materieller Hinsicht. Doch sie fühlt sich so gut und so sicher, dass sie anderen noch helfen kann.
Auch wenn Armut krank machen kann, wie uns Hilfsorganisationen wie etwa Caritas immer wieder wissen lassen, kommt es doch zunächst einmal darauf an, aus welcher Perspektive ich auf mein Leben schaue. Wer trotz allem Mangel und aller Not im Leben noch in der Lage ist, das Gute des Lebens, das wir Gott verdanken, zu entdecken, spürt die Fülle des Lebens eher, als jener, der sich in die Tiefen von Verzweiflung und Angst mitreißen lässt. Da braucht es dann einen anderen Menschen, der zu einer neuen Sicht auf das Leben ermutigt.
Wir alle können so für einander da sein. Der Prophet Elija hat es vorgemacht und sich gefragt: Wie kann ich die Witwe aus dem Strudel ihrer Verzweiflung herausreißen und zu neuen Einsichten bringen? Wie kann ich ihr die Überzeugung von einem Leben in Fülle zur Erfahrung werden lassen? Was braucht es, dass sie das Leben wieder in die Hand nehmen und für sich und ihren Sohn da sein kann?
Hoffen wider alle Hoffnung
Wir hören diese Botschaft am Wochenende nach Allerseelen, dem großen Totengedenktag des Kirchenjahres. Allerseelen hat viele von uns wieder neu in Berührung gebracht mit dem Verlust lieber Menschen in der ferneren oder näheren Vergangenheit. Allerseelen verkündet das große Versprechen: In Gott haben alle unsere Toten ewiges Leben, sie sind in ihm geborgen. Allerseelen ist auch ein Glaubensbekenntnis: Mit dem Tod ist nicht Schluss. Da ist noch die große Hoffnung auf ein Nachher, das der Gottessohn im Ereignis seiner Auferstehung verheißen hat.
Aber was ist denn dann mit denen, die leben, mit denjenigen, die mit dem Tod von anderen umgehen müssen, die - vielleicht tragische - Verluste verarbeiten müssen? Welche Perspektiven stehen diesen offen? Wie kommen sie heraus aus der Spirale von Leid und Verzweiflung?
Die zwei Witwen, von denen wir heute gehört haben, laden ein, mitten in Armut, Not, Tod und Verzweiflung nach Spuren des Lebens zu suchen, die in die Zukunft führen können. Manchmal geht das eben auch nur, wenn andere solche Menschen aus dem Teufelskreis des Unheils herausreißen und neue Perspektiven des Lebens aufzeigen.
Und in solchen neuen Perspektiven offenbart sich schließlich Gott selbst.
Der hohe Wert des Gottvertrauens
Kraft in aussichtslosen Situationen
In den biblischen Texten dieses Sonntags geht es um eine Kontrastgesellschaft: arm und reich. Sie wird auch in unseren Landen immer mehr zum Thema. Nahegebracht wird uns diese Gegensätzlichkeit in der alttestamentlichen Erzählung von einer Witwe und im Evangelium von Schriftgelehrten.
In der Lesung aus dem ersten Buch der Könige lesen wir von der bedrückenden Situation einer Witwe und ihres Sohnes, die kaum noch zu essen haben. Ihr Los ist so furchtbar, dass sie den Tod herbeisehnen.
Im Allgemeinen scheint es bei uns nicht ganz so schlimm zu sein. Helfende Hände sorgen dafür, dass nicht nur Brotkrumen, sondern noch genießbare schmackhafte Lebensmittel auf den Tisch kommen. Die Witwe bereitet mit dem letzten Öl und Mehl Nahrung zu; auch für den Gast, den Propheten Elija. Öl und Mehl stehen als Zeichen für unsere sehr begrenzten Möglichkeiten, besonders in Notzeiten. Diese Mittel gilt es klug einzusetzen. So kann daraus Großes entstehen. Das geschieht tatsächlich. "Der Mehltopf wird nicht leer werden und der Ölkrug nicht versiegen bis zu dem Tag, an dem der Herr wieder Regen auf den Erdboden sendet." Und siehe: "Der Mehltopf wurde nicht leer und der Ölkrug versiegte nicht, wie der Herr durch Elíja versprochen hatte". Der Witwe wird bestätigt, dass Gott durch Menschen wirkt und dass Elija ein Mann Gottes ist.
Auch heute erlebt jeder von uns Tiefpunkte, die schwer auszuhalten sind, und in denen der letzte Funken Hoffnung zu erlöschen droht. Wir hörten vor einigen Sonntagen, dass bei Gott alles möglich ist, dass uns schwere Lasten abgenommen werden, oft nicht gleich, dass viel Geduld und Gelassenheit notwendig sind; Geduld, die in Gelassenheit übergeht, um fürchterliche Alltagssorgen durchzustehen-stehen. Es geht um die Kraft in Situationen, die uns niederdrücken, aufrecht stehen bleiben.
Der hohepriesterliche Dienst Jesu an uns
Wer nimmt uns Lasten ab? Das zeigt die zweite Lesung, beispielhaft mit einem guten Lichtblick: Jesus hat ein für allemal durch sein Opfer die Sünde getilgt. Jesus ist als Mensch ganz authentisch. Er erleidet nur einmal den Tod. Das gilt auch für uns. Ängstigend kann die Art des Sterbens sein. Mit dem Tod, so wird es uns zugesagt, beginnt das ewige Leben, das ewige JETZT, raum- und zeitlos, ein „Leben in Fülle“ (Joh 10,10).
Heuchelei
Das Evangelium gibt uns wichtige Hinweise, warum das Verhältnis von Gott und Mensch durch die Geschichte hindurch immer wieder gestört ist. Ein Problem wird besonders sichtbar in der Verbindung bzw. Gegenüberstellung von Amtsträger und Witwe: die Scheinheiligkeit, die Heuchelei, außen hui und innen pfui. Mit der Macht der Religion „fressen [die Schriftgelehrten] die Häuser der Witwen auf und verrichten in ihrer Scheinheiligkeit lange Gebete“ (Mk 12,40).
Diesen Jahrmarkt der Eitelkeiten finden wir bis heute in Staat und Kirche. Im kirchlichen Bereich, vor allem im Klerikalismus, wirkt sich dieser besonders ungut aus. Papst Franziskus wird nicht müde, diesen Zustand scharf zu kritisieren, was in manchen kirchlichen Kreisen gar nicht gut ankommt. Kirche als Heuchlerverein? Ja auch, aber nicht nur! Auch in anderen gesellschaftlichen Bereichen feiert die Heuchelei fröhliche Urstände; etwa in der sog. political correctness. Seit ungefähr vierzig Jahren macht sich diese Erscheinung immer mehr bemerkbar und wird mancherorts so übertrieben, dass durch scheinbare Beschönigungen traurige Realitäten verdeckt werden. Euphemismus nennt man das. Als Beispiel: Wenn jemand arbeitslos wird, ist das zwar schrecklich, aber er wird nur "freigesetzt". Man jongliert mit Halbwahrheiten, die zur Lüge führen, und hebt dazu noch den moralischen Zeigefinger.
Literarisch ist dieses Problem des Heuchelns schon im 17. Jhdt. aufgetaucht. In „Tartuffe oder der Betrüger“ hat Jean Baptiste Molier einen solchen Heuchler treffend dargestellt. Tartuffe, ein schwarz gekleideter Mann, stellt sich als besonders fromm und religiös dar und bringt so beinahe eine Familie um ihren Besitz. Das komödienhafte Stück, das in der Gegenwart Ludwigs XIV. aufgeführt wurde, musste sofort abgesetzt werden, weil sich dadurch Adelige und kirchliche Würdenträgern beleidigt fühlten.
Vertrauen hat einen höheren Wert als Besitz
Jesus lehrt seine Jünger, sich nicht vom Reichtum, vom Aussehen blenden zu lassen, sondern den Blick zu weiten. Schutz und Stärke im Reich Gottes liegen nicht im Mammon, in Rangordnungen und Titeln, sondern im Vertrauen auf die Liebe Gottes. In Jesu Augen hat die geringe kleine Gabe, die die Witwe mit Elija teilt bzw. in den Opferkasten wirft, einen größeren Wert als manch namhafter Geldbetrag, der für einen begüterten Spender entbehrlich ist.
Besitz ist uns von Gott auf bestimmte Zeit anvertraut. Wir sollen und dürfen ihn nützen. Wir müssen aber auch darüber nachdenken, warum Menschen es auch heute noch schwer haben, den Alltag zu bewältigen und manche am Verzweifeln sind.
HeldInnen des Alltags
Wahre HeldInnen
„Das sind wahre Helden!“ - Wenn wir diese Behauptung oder diese Äußerung im Zusammenhang mit einer ungewöhnlichen, außeralltäglichen Leistung hören, dann hat jeder sein bestimmtes Bild von „Helden“ im Hintergrund einer solchen Aussage.
Ein breites Spektrum von „Heldentaten“ gibt es auch heute noch. Einige Heldentaten, wie die Einsatzbereitschaft für andere in Krisengebieten, der Kampf um soziale Gerechtigkeit, das demonstrative Aufzeigen vom globalen Klimawandel und anderer Weltprobleme. All diese „Heldentaten“ sind verbunden mit Mut, Ausdauer, aber auch mit Spontanität und Idealen, die einzelne oder Gruppen motivieren.
Klatschen reicht nicht
Dass wir selbst zu Playern, zu Helden in herausfordernden Situationen werden könnten, wird von uns oft nicht wahrgenommen. Wir neigen zu Zaungästen, zur Zuhörerschaft, welche mit ihrem Beifall und Klatschen „die wahren Helden“ „honoriert“, um dann zum Alltag zurückkehrt.
Dieses „Klatschen“ wird in dem Buch „Klatschen reicht nicht!“ (von Luna Al-Mousili) angesprochen und aufgezeigt, dass eine politische Anerkennung und Aufwertung jener Menschen, die in Krisensituationen am meisten gefordert sind, die in der Covid-Pandemie am meisten gefordert waren, diesem „Beifallklatschen“ folgen muss!
Im Buch werden Porträts von SystemheldInnen aufgezeigt. Viele dieser SystemheldInnen üben Berufe, Arbeiten aus, die von der Gesellschaft wenig, wenn nicht sogar gar nicht geachtet, geschätzt werden, wie die Bezahlung, der berufliche Alltag, die diese SystemheldInnen bewältigen, aufzeigt. Sie geben durch ihren beruflichen Einsatz mehr, als in der Relation zu ihrem Lohn steht.
Dabei geht es nicht darum: was verdiene ich, was kann ich dann beruflich als Leistung einbringen, nein, diese Kosten-Nutzenrechnung ist hier nicht gemeint.
Dieses Verhalten verändert nicht das Umfeld in Krisenherden, oder gibt Hoffnung, dass Konflikte eine Aussicht auf Lösung haben, dass Not und Elend weltweit wahrgenommen und auch angegangen wird.
Die „HeldInnen der Bibel“
Die Lesung aus dem ersten Buch der Könige, sowie die Lesung aus dem Markusevangelium zeigen uns zwei „namenlose“ Heldinnen der Bibel auf. Es sind die, die wir zu den „Heiligen des Alltages“ zählen (aufzählen), die zugreifen, wenn es not/wendig ist, also die Not wenden, die da sind, den Schrei hören, die Angst nehmen, die sich hinwenden mit einem aufrichtigen Wort des Trostes, der Wertschätzung, die Dienste übernehmen, die sonst niemand übernimmt, die so viel geben, wie sie selbst zum Leben brauchen.
Ihre Hingabe - bei der Witwe von Sarepta in Form von Brot, bei der Witwe in der Synagoge in Form einer Opfergabe - ist für „ewig“ im Buch der Bücher, in der Bibel aufgezeichnet! In Ewigkeit werden diese Taten der „Ärmsten der Armen“, zu denen Witwen in biblischen Zeiten gehörten, nicht vergessen, und so Generation für Generation als Beispiel ihr Tun und ihr Einsatz verkündet.
Die Witwe von Sarepta beeindruckt uns noch heute durch ihr Vertrauen, dass auch das Wenige bei weitem ausreicht, um zu sättigen: den Propheten und auch ihren Sohn und sie selbst. Nicht die Verzweiflung über das Fehlen von Mitteln zum Leben, zum Überleben bestimmt letztlich ihr Handeln, es ist das „zumutende, stärkende“ Wort des Propheten, des Fürsprechers, Sendboten Gottes, welches ihr Vertrauen weckt. Gestärkt handelt sie und gewinnt dadurch Leben in Fülle. Denn „Der Mehltopf wurde nicht leer und der Ölkrug versiegte nicht, wie der HERR durch Elija versprochen hatte.“
Auch das Evangelium zeigt heute eine „Heldin des Alltages“ auf, von denen es in der Bibel viele gibt. Meist namenlos, wie diese Witwe, von der die Rede ist.
Nicht die Frömmigkeit, die zur Schau gestellt wird, bewirkt eine soziale Haltung, die auch andere am Leben in Fülle teilhaben lässt. Es ist hier die Haltung der Witwe, die Ärmste der Armen im damaligen sozialen Gefüge, die durch die Opfergabe von zwei Münzen gewürdigt und als Beispiel hingestellt wird. Hier zeigt sich die soziale Hingabe eines Menschen, die über seine Lebensumstände hinausgeht.
Teilen im biblischen Sinne, bedeutet nicht geben vom Überfluss, bzw. sich vom Überfluss zu befreien – es geht dabei der Ökonomie nicht um Verzicht -, sondern vom eigenen Lebensunterhalt (vom eigenen Leben) zu geben:
„Diese arme Witwe hat mehr in den Opferkasten hineingeworfen als alle andern. Denn sie alle haben nur etwas von ihrem Überfluss hineingeworfen; diese Frau aber, die kaum das Nötigste zum Leben hat, sie hat alles hergegeben, was sie besaß, ihren ganzen Lebensunterhalt.“
Es ist das Gute, was wir im „Verborgenen“ (wie es Matthäus in seinem Evangelium aufzeigt), ganz ohne großes Aufsehen, spontan aus der Lebenssituation tun.
AlltagsheldInnen von heute
Was ist mein Beitrag, was kann ich tun im Alltag für ein menschlicheres Zusammenleben, für die Lösung von Alltagsproblemen, die Angst, Not und Verzweiflung im Leben anderer auslösen?
Eine Frau in der U-Bahn, sie weinte, während sie am Handy telefonierte. Für alle sichtbar, hörbar, nur eine wagte den Blick in ihre von Tränen erfüllten Augen. Dann reichte diese Dame ihr eine Packung Taschentücher. Ein zaghaftes Lächeln war „alles“, was die weinende Frau in ihrer Notsituation geben konnte. Es war in diesem Moment mehr, als sie mit Worten als Dank hätte geben können.
„Jesus rief seine Jünger zu sich und sagte. Amen, ich sage euch…" - Dieses Amen erinnert uns: es soll geschehen, was in den Lesungen verkündet wurde, was als Gebet gesagt wurde, was unter uns geschehen soll.
In der Seestadt, ein neues Wohngebiet in Wien, benennt die Gemeinde Wien, die Straßen nach „Alltagsheldinnen“ aus unserer Zeit. Zum jeweiligen Straßennamen gibt es auch die Hinweise, über das, was diese Heldinnen getan haben.
Zum Beispiel: GISELA-LEGATH-Gasse. Sie, Gisela Legath (1908-1973), war eine Bäuerin aus Deutsch Ehrensdorf im Burgenland. Zu Kriegsende, 1945, versteckte sie zwei ungarische jüdische Zwangsarbeiter, denen die Flucht gelungen war.
Eine solidarische Gesellschaft braucht unser Teilen
Armut und Reichtum
Da zieht dir einer das letzte Hemd aus oder den letzten Cent aus der Tasche und es kommt niemandem eigenartig oder komisch vor. Nur einer warnt vor denen in langen Gewändern, die sich überall in Szene setzen. Auch heute verschleiern Slim fit Anzüge und ein breites Lächeln oft die Verhältnisse, machen Arme und Benachteiligte unsichtbar. Selbstdarsteller*innen rücken sich selber ins Licht, blenden.
Damals wie heute stellt sich die Frage nach Armut und Reichtum konkret. Jesus lässt sich von denen in der ersten Reihe nicht beeindrucken. „Nehmt euch in acht vor den Schriftgelehrten!“ Scharf und hart klingt seine Kritik. Er muss es wissen, denn er hat hingeschaut, die Machenschaften studiert und sie öffentlich gemacht. „Sie fressen die Häuser der Witwen“, diese Worte legt Markus Jesus in den Mund. Das ist schon eine kräftige Ansage. Dass sie nebenher noch in ihrer Scheinheiligkeit lange Gebete verrichten, macht die Sache erst so richtig pikant. Denn Beten sollte sich am Willen Gottes orientieren. Und da ist im biblischen Sinne der Auftrag klar. Witwen und Waisen, Fremde, Kinder, ihnen galt der besondere Schutz in der Gemeinschaft und gerade der Tempel hatte diesen zu gewährleisten.
Jesu Beobachtungen ergaben aber ein ganz anderes Bild. Die Witwen werden nicht geschützt, sondern um ihre Häuser, ihr Hab und Gut gebracht. Ja mehr noch. Witwen, die bettelarm sind, bringt man um ihr Leben, anstatt ihren Lebensunterhalt zu sichern. Die Schriftgelehrten und der Tempel fressen die Lebensgrundlagen der Armen auf, bereichern sich auf Kosten der Witwen. Eine Praxis von Umverteilung, die auch uns so unbekannt nicht ist.
Reiche werden reicher, Arme werden ärmer…
Reiche werden reicher, Arme werden ärmer, das alles wird toleriert von Regierenden und Mächtigen, die ihre Taschen nicht voll genug kriegen können. Habende werden bevorzugt, bei Förderungen und Steuerreformen. Auch das ist nicht neu. Auch in der Corona-Krise wurden die Millionäre noch reicher, während viele zugunsten des Profits und der Gewinne arbeitslos gemacht oder auf Kurzarbeit gesetzt wurden und nach wie vor werden und gerade so über die Runden kommen. Und was bedeutet es, wenn eine Mindestsicherung so wenig ist, dass sie zum Leben nicht reicht?
Dazu kann und will die Bibel nicht schweigen. Ja mehr noch, diese Machenschaften und wie das funktioniert, beschreibt Jesus detailgetreu. Er hält den Spiegel vor die Gesichter der Selbstgerechten. Die Reichen geben zwar viel, aber nur vom Überfluss und behalten doch das meiste für sich. Da hat sich bis heute nicht viel geändert. Auf Spendentafeln, in Festschriften oder auf großen Bildschirmen sind die Namen der Reichen zu lesen, sie werden namentlich erwähnt als edle Spender*innen, sie gehören wohltätigen Clubs und Vereinen an.
Vielfach beruht ihr Reichtum darauf, dass sie gut geerbt haben, oder Landbesitz veräußert haben oder auch die Gewinne abschöpfen, die andere erarbeitet haben. Und, wie schon die Bibel beschreibt, besetzen sie die Ehrensitze, während andere sich den Eintritt nicht leisten können, ausgeschlossen bleiben.
Systeme der Ungleichheit und Ungerechtigkeit
Jesus beleuchtet die Schattenseiten eines Systems der Ungleichheit und Ungerechtigkeit und benennt klar das Unrecht. Die, die haben, werden immer reicher und tragen immer weniger zum Allgemeinwohl bei, weil sie eben nicht alles geben, während andere trotz Arbeit kaum mehr ihr Auslangen finden. Das alles wird unterstützt von Politik und Gesetzen, die die Besitzenden schützen und auch bei uns Menschen um ihren Wohnraum bringen. Weil immer mehr mit Wohnraum spekuliert wird. Nehmt euch in acht vor den Mächtigen, die nur mehr ihren eigenen Vorteil sehen, möchte man da auch heute wieder rufen.
Dagegen tritt Jesus an mit seinem Programm der Tora, der Gerechtigkeit und Nächstenliebe. Wenn jede und jeder auf seinen Nächsten, auf seine Nächste schaut, dann geht es allen gut. Soweit zum Thema Nächstenliebe. Im Widerspruch dazu das Handeln der Schriftgelehrten und des Tempels. Die Selbstgefälligkeit und Selbstverliebtheit der Schriftgelehrten verdeckt den Blick auf die Mitmenschen, auf die Schutzbefohlenen der Tora. Die eigene Eitelkeit steht im Mittelpunkt, man will gegrüßt werden, die besten Plätze einnehmen, wichtig sein.
Die Lebensverhältnisse der Armen sind Gradmesser der Praxis der Gemeinde
Jesus hat sich hingesetzt, genau beobachtet, und daraus seine Schlüsse gezogen.
Hier gibt Jesus nicht nur seinen Jüngern klare Anweisungen, auch für die jungen Christengemeinden wird klar, worauf der Blick zu lenken ist. Die Lebensmöglichkeiten, die Lebensverhältnisse der Armen sind Gradmesser der Praxis der Gemeinde. Die Qualität der Menschlichkeit bemisst sich danach, wie mit den Schwächsten umgegangen wird und danach, was man auch den Reichen abverlangt als Beitrag.
Eine arme Witwe wirft das Letze, das sie hatte, sie wirft ihr ganzes Leben hinein. Was bleibt ihr dann zum Leben, könnte man fragen und sich gleichzeitig selbst die Antwort geben: Nichts. Nur der Tod.
Jahwe will Leben. Ein System, das die Menschen um ihr Leben bringt, steht einer göttlichen Grundordnung der Egalität, der Gleichheit und der Autonomie, der Freiheit des Lebens radikal gegenüber. Das macht Jesus eindrucksvoll und prägnant klar. Der Tempel bietet nicht Schutz, sondern bringt Tod. Die Kritik Jesu kann stellvertretend auch unsere Regierenden beleuchten.
Jesu prangert die verkehrte Spendenpraxis an und macht mit der Spende der Witwe beispielhaft deutlich, wie es um die Lebensumstände der kleinen Leute bestellt war. Die Witwe wirft 2 Lepton, die kleinste Währungseinheit und damit ihren ganzen Lebensunterhalt in den Opferkasten. 2 Lepton waren ein Quadrant. Aus der täglichen Armenschüssel wurden damals 8 Quadranten pro Kopf ausgegeben. Auf die Witwe bezogen kann man ein bekanntes Sprichwort bemühen: Zum Sterben zu viel, zum Leben zu wenig. Ihr Leben zu sichern wäre Aufgabe der Schriftgelehrten und des Tempels.
Lob der Witwe?
Allzu oft wurde die Witwe in unserer christlichen Tradition hingestellt als Paradebeispiel des Gebens, als die, die das Letzte gab, was sie hatte. Wovon bezahlt sie dann aber ihr Leben?
Das Lob der armen Witwe scheint also keine zielführende Auslegung dieser Bibelstelle zu sein, will man eine Gesellschaft, in der alle gut leben können. In den Blick gerückt wird auf jeden Fall die Verantwortung der Gemeinde, der Reichen und Habenden, im weiteren Sinne der Gesellschaft für die Menschen, die in ihrem Umfeld leben und die wenig oder nichts zum Leben haben.
Und auch die Frage des Umgangs mit Reichtum wird indirekt geklärt. Sätze aus der Apostelgeschichte rufen hier in Erinnerung: „Alle Glaubenden aber hielten zusammen und hatten alles gemeinsam“. Der Beitrag aller ist gefordert. Teilen ist die Praxis der christlichen Gemeinde, radikale Verantwortung füreinander. Hier dürfte es keine Armen und Bedürftigen geben, weil geteilt wird bis alle genug haben.
Markus ruft mit diesen Sätzen die Tradition in Erinnerung. Witwen, Waisen und Fremde standen als Schwache der Gesellschaft unter besonderem Schutz. Wenn also von der Witwe die Rede ist, werden auch andere Gruppen ins Gedächtnis gerufen. „Denn Jahwe, euer Gott ist der Gott ... der der Waise und Witwe Recht verschafft und den Fremden liebt, so dass er ihm Brot und Kleidung gibt. Auch ihr sollt den Fremden lieben; denn ihr seid selbst Fremde gewesen im Land Ägypten.“
Erinnert euch eurer Geschichte und handelt wie es in der Tora geschrieben steht. Denn wer Tora tut wird leben. Darauf will Markus verweisen.
Eine solidarische Gesellschaft braucht unser Teilen
Wer sind heute die Witwen, die Schutzbedürftigen? Wie ist unser Blick auf die Schwächeren, auf die Bedürftigen unserer Gesellschaft, die Asylwerber*innen, die Geflüchteten, die Mindestpensionist*innen, die Arbeitslosen, die Obdachlosen, Migrantinnen und Migranten, die Kinder? Was tun wir konkret? Setzen wir uns ein für menschenwürdige Verhältnisse für geflüchtete Menschen? Wo teilen wir unseren Lebensraum mit ihnen? Schreien wir laut auf, wenn trotz steigender Gewinne Löhne verhandelt werden, die das Leben nicht mehr sichern? Treten wir auf, wenn menschenverachtend über Migrant*innen, Arbeitslose, Jugendliche geredet wird? Ist uns bewusst, auf wessen Kosten wir leben? Sind unsere Türen offen zum Eintreten und Begegnen? Eine solidarische Gesellschaft braucht unser Teilen. Möge es uns irgendwann gelingen, vom Geben des Überflusses zum wirklichen Teilen zu kommen. Damit alle leben können, und zwar in Fülle.
© Mag. Fritz Käferböck-Stelzer, Leiter des Treffpunkts mensch&arbeit Nettingsdorf.
Ein Glaube, der nicht rechnet sondern schenkt
Zwei Frauen am Rande des Existenzminimums
Heute begegnen uns in den Texten der Schriftlesungen zwei Frauen, die am Rande des Existenzminimums leben; zwei Frauen ohne Zukunft. Zwei Frauen mit leeren Händen Die Witwe von Sarepta und die Witwe im Tempel. Und dennoch, so sagen es die Texte: Beide geben, beide teilen.
Genau gesehen ist es ja gar nicht viel. Im Vergleich zu dem, was andere geben, ist es fast gar nichts - aber - es ist alles, was sie haben. Da bleibt nichts mehr übrig für sie selbst. Diese beiden Frauen warten nicht drauf, dass andere ihnen helfen, nein, sie helfen; sie geben was sie haben. Alles, weil ein anderer Hilfe braucht: dieser hungrige Prophet - und die Armen, für die der Erlös aus dem Opferkasten bestimmt ist. Diese Frauen zählen nichts ängstlich ab, sie halten nichts zurück für morgen, sondern sie gestalten mit ihren kleinen Möglichkeiten das Jetzt: Großzügig und ohne Angst, ohne Sorge und - ohne Berechnung. Einfach um zu helfen.
Frauen mit Freiheit und Glauben
Wieviel Freiheit müssen sie innerlich haben, um so handeln zu können! Und wieviel Glauben müssen beide haben, um so frei sein zu können... Glauben an einen Gott, der sie nicht untergehen lässt; der sie nicht verlässt in der Not, sondern der sich auf die Seite der Kleinen, der Armen und der Schwachen stellt. Etwas tun ohne Berechnung, ohne Hintergedanken, sondern weil es not-wendig ist, einfach nur aus Liebe.
Das ist der Focus, auf den diese Bibelstellen hinauslaufen. Und der Evangelist hat sie wohl absichtlich mit dieser ausführlichen Beschreibung der Schriftgelehrten kombiniert. - Schriftgelehrte, das waren damals sehr ehrenwerte Leute. Menschen, die es sich nie zu leicht gemacht haben, sondern die alles dafür getan haben, um die Gebote zu erfüllen. Alles besonders streng, besonders gesetzestreu, besonders gottesfürchtig und besonders fromm.
Berechnend fromm
Es stellt sich die Frage: Warum spricht Jesus so negativ von ihnen? Und warum baut der Evangelist sie zum Gegenpol zu dieser Witwe auf? Nun, sicher nicht, weil sie fromm und gottesfürchtig waren. Dagegen ist ja nichts zu sagen. Aber sie waren fromm, gottesfürchtig und mildtätig - aus Berechnung. Um eben dafür gelobt zu werden; um überall die besten Plätze zu bekommen; damit keiner an ihnen vorbeikam, ohne sie zu grüßen und damit am Ende nicht einmal Gott umhin kann, sie zu belohnen. Diese Schriftgelehrten waren so berechnend gut und fromm, dass sie meinten, nicht einmal mehr Gott zu gebrauchen, um „in den Himmel zu kommen“. Denn das haben sie selbst erledigt, mit ihrer Gesetzesfrömmigkeit, mit ihren Gebeten und ihrer Frömmigkeit. Einen Gott, der sich den Sündern, den Schwachen und den Kleinen zuwendet, den brauchten sie gar nicht, denn sie fühlten sich ja selbst groß, stark und gerecht durch ihre Frömmigkeit. Und alle, die anders waren, die waren ja nicht so gut wie sie. Und deshalb konnten sie sie verachten.
Spüren Sie, was Jesus an diesen Schriftgelehrten kritisiert? Dass sie sicher waren, alles selber regeln zu können, sogar das Verhältnis, das Gott zu ihnen haben muss. Alles genau berechnet. Aber Gott wünscht sich Menschen, denen er etwas schenken kann; Menschen, die sich von ihm beschenken lassen können; Menschen, bei denen nicht das Morgen zählt, sondern das Heute, das Jetzt, und nicht die eigene Sicherheit, sondern die Hilfe für andere. Menschen, die so fest auf Gott bauen, dass sie sicher sind, dass er dann da ist, wenn sie am Ende sind, und der niemanden hängen lassen wird, der um seinetwillen alles hergegeben hat.
Ein Glaube mit Risiko
Liebe Schwestern und Brüder, davon hören wir heute: Von einem Glauben, der nicht rechnet, sondern der schenkt, von einem Glauben, der nicht kalkuliert, sondern der zur Liebe wird, weil er sich selbst beschenken lassen kann, von Gott her. Ein Glaube mit Risiko, ohne Zweifel. Aber ein Glaube, der die Welt verändern kann. Und unsere Lehrmeisterinnen in Sachen Glauben, „Kirchenlehrerinnen“ sozusagen, sind diese beiden Witwen. Zwei Frauen mit leeren Händen, die ganz viel schenken können.
Widerstand und Solidarität - die subversiven Kraft des Teilens
Drei Blitzlichter
Wie es der Zufall will, liefert uns der heutige Sonntag gleich drei ermutigende Beispiele zum Umgang mit großen Nöten. In der ersten Lesung und im Evangelium begegnen uns zwei Frauen, die teilen, was sie haben. Und das als Frauen, die kaum wissen, wie sie den Tag überstehen sollen. Und auf den heutigen Sonntag fällt auch der Gedenktag des Hl. Martin. Somit heute drei Blitzlichter auf ein Grundthema unseres Lebens: wie geht das mit der Solidarität, was hilft in großer Not?
Eine Witwe, die mit Elija teilt
In der Lesung aus dem Ersten Testament wird geschildert, wie der Prophet Elija Hilfe erfährt. Politisch herrscht in dieser Zeit König Ahab - abgefallen vom Glauben und nun Anhänger des Gottes Baal. Ihm tritt Elija entgegen, verkündet ihm eine große Dürre und Hungersnot als Folge seines Versagens. Die Dürre bricht also nicht einfach herein übers Land, sondern ist Folge von politischen Entscheidungen des Herrschers. Sie ist sozusagen menschengemacht und dagegen kann daher auch angegangen werden, indem man den König damit konfrontiert und er sein Verhalten ändert. Somit handelt Elija auch politisch. Später wird er regelrecht zum Regenmacher werden, als der Konflikt eskaliert im Wettstreit mit den Baalspriestern. Jetzt aber muss er erst einmal Schutz suchen. Gott gibt ihm die Richtung vor: er versteckt sich vor dem Zugriff der Herrschaft, währenddessen die Dürre im Land um sich greift. Schließlich wird ihm von Gott aufgetragen nach Sarepta zu gehen: ein Witwe wird ihn dort versorgen.
Auch sie ist am Ende ihrer Kräfte und sieht eigentlich nur mehr den Tod für sich und ihren Sohn. Sich einmal noch satt essen und dann sterben! Und dann geschieht das Wunder: obwohl sie vom Wenigen, das sie noch hat, Elija etwas gibt, werden ihre Lebensmittel nicht weniger, ja sie erfährt: Es reicht für uns alle! Fürchte Dich nicht, sagt Elija zu ihr. Wer vertraut und die Angst ablegt, selber zu kurz zu kommen, erlebt: wer teilt, schafft mehr für alle. Es ist dies alltägliche Solidarität im Kleinen, das Mehl im Topf, das Öl im Krug. Wenn wir zusammenlegen, steigen wir alle besser aus.
Eine andere Praxis im Untergrund
Eingespannt ist diese kleine Schilderung aber in den politischen Rahmen: wenn die Politik versagt, und durch ihr Handeln Unheil produziert - dann müssen sich die Menschen anders organisieren, müssen teilen was sie haben, und sozusagen im Untergrund bereits jetzt eine andere Praxis leben. So überleben alle drei Beteiligten: die Witwe, ihr Sohn und Elija.
Wir kennen aus der Geschichte solche Beispiele: in politisch harten Zeiten ist es eine Möglichkeit solidarisch zu handeln, an das Sakrament des geteilten Brotes zu glauben. Die andere Möglichkeit wäre es, zuzumachen, das Wenige zurückzubehalten und letztendlich doch daran zugrunde zugehen. Aber wenn das Vertrauen geschenkt wird, dass in größter Not doch mehr möglich ist im Miteinander, dann geschieht ein Wunder.
Eine herzliche Einladung, einmal die gegenwärtige politische Debatte in Österreich daraufhin abzuklopfen: wer handelt in der Logik der Witwe, wer plädiert eher dafür, den Elija draußen vor die Hunde gehen zu lassen (mit vernünftigen Argumenten!).
Ein Geben, das vom Herzen kommt
Ebenso die zweite Frau, von der Jesus heute erzählt: er hat sie beobachtet im Tempel. Die vornehmen und noblen Männer, die, die wissen, wie es geht, die als gelehrt und belesen gelten: sie wissen um ihren Vorrang, und doch: sie stehlen den armen Witwen das Wenige, das sie noch haben, bringen sie am Ende auch noch um ihre Häuser.
Aber Jesus hat auch ein Auge für die am anderen Ende der gesellschaftlichen Skala: die arme Witwe, die fast nichts mehr hat, sie gibt auch das noch her. Und sie gibt damit unendlich mehr als die Reichen. Sie teilt wirklich. Nicht weil sie muss oder damit rechnet, dass das anerkennend beobachtet wird (wer wirft den größeren Geldschein rein, wer praktiziert mehr Charity im Lichte der Öffentlichkeit?). Nein, sie gibt, weil sie diese Haltung einfach lebt und wohl weiß, was das Leben und Überleben ermöglicht: das Teilen. Sie ist trotz der zeitlichen Distanz zur Witwe von Sarepta in einer ähnlichen gesellschaftlichen Situation: am Rande, ohne Versorgung durch die Familie. Doch auch sie wagt und gibt.
Und wenn sie es selbst vielleicht gar nicht so einschätzt: sie ist damit viel näher am Reich Gottes als alle, die augenscheinlich alles richtig machen. Ihre Gabe kommt vom Herzen, nicht vom Sollen oder Müssen
Geben auf Augenhöhe
Und als drittes Blitzlicht die Geschichte vom Heiligen Martin. In unseren Köpfen haben wir wohl das Bild: Martin am Pferd hoch oben, unten der Bettler, den friert. Spannend ist dabei: die ersten bildlichen Darstellungen (erhalten im Fuldaer Sakramentar ca. aus 975 als Übertragung der Darstellung aus der zerstörten Grabeskirche des Hl. Martin in Tours; siehe "Kontexte") des hl. Martin haben kein Pferd im Bild. Martin begegnet dem Menschen in Not auf Augenhöhe - er beugt sich nicht hinab vom kriegerischen Symbol des hohen Rosses, sondern steht dem frierenden Mann gegenüber: Auge in Auge. Und er teilt den Mantel - man könnte auch sagen: er vergreift sich am Staatseigentum, denn der Mantel ist ihm gegeben von der Herrschaft. Er ist Soldat und wird versorgt vom Staat. Aber jetzt, hier in dieser kurzen Begegnung reagiert er menschlich und hellsichtig: helfen tut jetzt nur etwas Wärmendes, und somit nützt er das staatliche Eigentum zur Linderung der Not seines Gegenübers.
So wird diese Legende brisanter und lädt ein, das ins Heute zu übersetzen: wo müssen wir an die staatliche Ressourcen gehen, wo ist die Not, die uns begegnet und wie schaffen wir uns selber Spielräume auch selber zu entscheiden, was wir tun können? Und: wie stellen wir beim Helfen Augenhöhe her?
Politisch brisant
Allen beschriebenen Menschen gemeinsam ist: sie helfen ganz direkt, sie teilen, was sie haben, sie zaudern nicht lange - sie tun es freiwillig, im Vertrauen, dass das jetzt das Richtige ist. Sie wägen nicht ab und schütteln voller Bedenken die Köpfe.
Und doch: auch wenn sie individuell helfen - gleichzeitig setzen sie damit auch ein Zeichen gegen die herrschenden Verhältnisse. Einmal wird ein Prophet im offenen Konflikt mit dem König unterstützt; dann beschämt die Gabe der Witwe am Tempeleingang das religiöse und gesellschaftliche Establishment und macht in einem kleinen Zeichen deutlich worum es wirklich geht. Und schließlich der Soldat des römischen Reiches: am Boden stehend nimmt er Kontakt auf mit dem bettelnden Mann, er teilt und nimmt in Kauf, das er evtl. auch Konsequenzen zu erleiden hat, weil er sich am Staatseigentum vergreift und aus seiner soldatischen Rolle fällt.
Verknöcherte ungerechte politische und religiöse Systeme werden nicht einfach gestürzt durch solche kleinen subversiven Zeichen und Handlungen: aber auf Dauer und wenn viele Menschen „unten“ so zu handeln beginnen, dann beginnen auch scheinbar mächtige Systeme zu wanken. Es braucht weiterhin solche Leute die etwas riskieren, die vertrauen, die damit gleichzeitig widerständig sind gegen den jeweiligen Ungeist der Zeit. Sie arbeiten bereits hier und jetzt mit am Reich Gottes. Es gibt sie auch heute, und wir können ein Teil dieser Bewegung sein. Das hilft in Zeiten der Dürre und Not.
© DSA Mag. Wilfried Scheidl, Leiter RegionalCaritas Linz
Ansehen und Hochachtung bei Gott
Streben nach Ansehen und Bewunderung
Im heutigen Evangelium lenkt Jesus die Augen seiner Zuhörer auf die Schriftgelehrten. Zwei Dinge kreidet er in seiner Rede so manchen Schriftgelehrten an:
Ihr Heischen nach Ansehen und Buhlen um Bewunderung, die ihnen von ihrem Verhalten her nicht zusteht. Denn sie verrichten ihre Gebete ohne aufrichtige, innere Verehrung Gottes, sondern mehr, um dadurch als besonders fromm zu gelten und dadurch Ansehen zu erlangen.
Außerdem vergreifen sich einige von ihnen an den Schwächsten im Volk, den Witwen. Es gibt Schriftgelehrte, die schämen und scheuen sich nicht, Witwen in ihrer Wehrlosigkeit zu überrumpeln und auszunutzen bis dahin, sich sogar am Besitz von Witwen zu bereichern, sofern welcher vorhanden ist.
Es geht Jesus nicht darum, gegen die Schriftgelehrten zu hetzen. Er möchte vielmehr, dass die Zuhörer ehrlich und aufrichtig ihr eigenes Verhalten überprüfen. Nach Ansehen zu streben, ist durchaus in Ordnung. Aber es muss mit aufrichtigen Mitteln geschehen: z.B. helfen – nicht nur dort, wo Lob und Anerkennung gezollt wird, sondern weil ich mit dem Herzen dem anderen in seiner Not, in seinem Leid beistehen möchte, um ihn nicht sich selbst zu überlassen. Oder: Auch immer wieder einmal die Mühe des anderen, die dieser sich gab, ins Rampenlicht stellen, obwohl er erfolglos blieb. Also bei allem eigenen Erfolg und Glück, das man voll genießen sollte, auch das Anerkennens- und Lobenswerte der anderen in den Blick bringen, um das eigene Ansehen auf realistischer und angemessener Ebene zu belassen.
Unredliche Bereicherung
Die beschriebene Bereicherung der Schriftgelehrten auf Kosten der Hilflosigkeit der Witwen trifft in dieser Form wohl auf keinen von uns zu. Dennoch sind wir aufgefordert, uns zu überprüfen, ob nicht auch wir gelegentlich die Schwäche anderer ungebührlich zu unserem eigenen Vorteil ausnutzen. Auch wenn es nicht gleich um Hab und Gut geht, so tritt wohl an jeden Menschen immer wieder einmal die Versuchung heran, die eigene Überlegenheit zum Nachteil des anderen zu gebrauchen. Auf redliche Weise die eigene Überlegenheit zu nutzen, ist o.k. Verwerflich wird es, wo der Schwächere dadurch geschädigt wird und mich das ihm gegenüber auch noch kalt lässt.
Das Vorbild der Witwe
Richten wir unseren Blick auf die Witwe. Jesus lobt sie, weil sie alles gibt, was sie hat. Nun sei auch hier gesagt: Jesus erwartet und verlangt nicht, dass wir die Witwe wortwörtlich nachahmen. Die Sorge für unseren Lebensunterhalt ist zunächst in unsere eigenen Hände gelegt. Dabei dürfen wir sogar reich werden. Was Jesus an der Witwe hervorheben möchte, ist das tiefe Gottvertrauen, dem die Witwe sich ausliefert. Ganz und gar gibt sie sich mit ihrem Schicksal in die Hände Gottes.
Jesus möchte, dass wir uns bewusst werden: Je tiefer wir mit Gott und ihm verbunden sind, umso weiter wird unser Herz. Dann werden und sind wir bereit, von dem, was wir besitzen, auch großzügig einen Teil zu verschenken an Menschen in Not. Die Bilder von Verhungernden, das Leid und die Not Vertriebener, von Katastrophen vernichtend Geschädigter, Kinder, die ihre Eltern verloren haben, werden uns nicht länger kalt lassen. Wo wir im Herzen mit Jesus und Gott verbunden sind, hören wir seine Stimme: Beteilige dich, Not zu beheben, indem du von deinen Gaben großzügig etwas abgibst. Dabei sollten wir unseren Blick nicht nur auf Geld und Güter richten. Wie reich sind wir zusätzlich beschenkt
- durch die Liebe, die wir erfuhren und erfahren,
- durch das Glück, das uns geschenkt wurde,
- durch die Gesundheit und inneren Kräfte, die wir in uns spüren.
Was von diesen Reichtümern teile ich mit anderen? Diese Frage sollen wir nicht unterlassen.
Selbst Arme und Kranke verschenken ihre Liebe manchmal in hohem Maße, während Gesunde und Kräftige sich nicht bewegen.
Manchmal wissen wir ganz genau oder glauben, es zu wissen, was so alles falsch läuft; aber wir bleiben beim Kritisieren stehen. Selbst legen wir keine Hand an, obwohl wir es könnten.
Viele Gemeinden leiden darunter, dass sie Besserwisser besitzen, diese stellen sich jedoch nicht zur Verfügung oder nur, wenn jeder Handgriff ihrerseits mit viel Lob bedacht wird.
Wie handle ich? Wie sieht es in meinem Herzen aus? Zu dieser Frage will uns das heutige Evangelium herausfordern. Stimmt es, dass ich eine lebendige Gottes- und Christusbeziehung habe, die mich zur Liebe und zu Taten drängt? Oder weiß ich wie die Schriftgelehrten zwar viel über Gott zu erzählen; mit aller Hingabe jedoch auch christlich zu handeln, gebe ich mir nur wenig Mühe.
Wo dies zutreffen sollte, will uns Jesus nicht verächtlich kritisieren, sondern herausfordern, uns umgehend zu ändern. Das wäre ein Schritt, der uns selbst vor Gott in Ansehen und Hochachtung bringen würde.
Das Leben steht auf dem Spiel - Über die Gefräßigkeit von Schriftgelehrten und Opferkästen
Abrechnung mit einem unterdrückenden System
„Hütet euch vor den Schriftgelehrten!“ Scharf und hart klingt die Kritik Jesu. Die Begründungen entlocken uns ein zustimmendes Kopfnicken. Gleichzeitig sind sie Anfragen an unsere eigene Praxis. Jesus geht von Galiläa nach Jerusalem, ins Zentrum der politischen und religiösen Macht. Zielstrebig steuert er den Tempel an, den vermeintlichen Ort der Befreiung von der Römerherrschaft. Er schaut sich im Tempel genau um.
Der Abschluss der öffentlichen Lehre Jesu in Jerusalem ist eine Abrechnung mit einem unterdrückenden System, das - so beschreibt es Markus - Häuser und Leben der Witwen frisst. Jesus weiß als gläubiger und praktizierender Jude, dass Witwen besonderen Schutz in der Gemeinschaft genossen und gerade der Tempel diesen zu gewährleisten hatte.
Jesu Beobachtungen ergaben aber ein ganz anderes Bild. Witwen, die Häuser haben, werden von den Vertretern des religiösen Systems enteignet, Witwen, die bettelarm sind, bringt man um ihr Leben, anstatt ihren Lebensunterhalt zu sichern. Die Schriftgelehrten und der Tempel fressen die Lebensgrundlagen der Armen auf. Ganz real durch Enteignung und ideologisch durch eine Spendenpraxis, die den Armen das Letzte aus den Taschen zieht. Ihnen bleibt nichts mehr zum Leben übrig, während die Reichen nur vom Überfluss geben und alles andere für sich behalten.
Unsere heutigen Zustände lassen grüßen. Die, die haben, werden immer reicher und tragen immer weniger zum Gesamt bei, während andere trotz Arbeit kaum mehr ihr Auslangen finden. Das alles wird unterstützt von Politik und Gesetzen, die die Besitzenden schützen.
Wenn jede und jeder auf seinen Nächsten, auf seine Nächste schaut, dann geht es allen gut. Soweit so Nächstenliebe. Im Widerspruch dazu das Handeln der Schriftgelehrten und des Tempels. Die Selbstgefälligkeit und Selbstverliebtheit der Schriftgelehrten verdeckt den Blick auf die Schutzbefohlenen der Tora, der Weisungen Jahwes. Die eigene Eitelkeit steht im Mittelpunkt, man will gegrüßt werden, die besten Plätze einnehmen, wichtig sein. Aber das scheint bei weitem noch nicht das Schlimmste. Sie fressen die Häuser der Witwen leer oder wie es in anderen Übersetzungen heißt: sie bringen die Witwen um ihre Häuser. Als Draufgabe verrichten sie lange Gebete - Gebete, die sich nicht um die Tora und den Willen Jahwes drehen, sondern um die eigenen Machenschaften. Jesus hat sich hingesetzt, genau beobachtet, und daraus seine Schlüsse gezogen.
Die Lebensverhältnisse der Armen sind Gradmesser
Er macht klar, woran die Lehre der Schriftgelehrten zu messen ist. Sie sollen unterstützen zu einem befreiten Leben der Menschen. Gleichzeitig übt Jesus Kritik am Opferkasten, einem System, das sich von den Menschen, für das es da sein sollte, radikal entfernt hat. Hier gibt Jesus nicht nur seinen Jüngern klare Anweisungen, auch für die jungen Christengemeinden wird klar, worauf der Blick zu lenken ist. Die Lebensmöglichkeiten, die Lebensverhältnisse der Armen sind Gradmesser der Praxis der Gemeinde. Die Qualität der Menschlichkeit bemisst sich danach, wie mit den Schwächsten umgegangen wird und danach, was man auch den Reichen abverlangt als Beitrag.
Die Reichen werfen viel in den Opferkasten, das bereitet ihnen allerdings keine Schwierigkeiten. Sie geben vom Überfluss. Eine arme Witwe wirft das Letze, was sie hatte. Sie wirft ihr ganzes Leben hinein. Was bleibt ihr dann zum Leben, könnte man fragen und sich gleichzeitig selbst die Antwort geben: Nichts. Sie ist in einem solchen Spendensystem dem Tod geweiht.
Zum Sterben zu viel, zum Leben zu wenig
Jahwe will Leben. Ein System, das die Menschen um ihr Leben bringt, steht einer göttlichen Grundordnung der Egalität, der Gleichheit und der Autonomie, der Freiheit des Lebens radikal gegenüber. Das macht Jesus eindrucksvoll und prägnant. Jesu prangert die verkehrte Spendenpraxis an und macht mit der Spende der Witwe beispielhaft deutlich, wie es um die Lebensumstände der kleinen Leute bestellt war. Als Lepton wurde die kleinste Währungseinheit eines Währungssystems bezeichnet. Die Witwe wirft 2 Lepton und damit ihren ganzen Lebensunterhalt in den Opferkasten. 2 Lepton waren ein Quadrant. Aus der täglichen Armenschüssel wurden damals 8 Quadranten pro Kopf ausgegeben. Auf die Witwe bezogen kann man ein bekanntes Sprichwort bemühen. Zum Sterben zu viel, zum Leben zu wenig. Ihr Leben zu sichern wäre Aufgabe der Schriftgelehrten und des Tempels.
Radikale Verantwortung füreinander in Barmherzigkeit und Gerechtigkeit
Die Ideologie der freiwilligen Gabe ist problemlos für den, der hat, beziehungsweise zu viel hat. Angewendet auf diejenigen, die bettelarm sind, wirkt sie tödlich. Es geht also Markus nicht um ein Spendenverhalten, das den Leuten den letzten Cent aus der Tasche zieht, denn dann bleibt nichts mehr zum Leben. Allzu oft wurde die Witwe in unserer christlichen Tradition hingestellt als Paradebeispiel des Gebens, als die, die das letzte gab, was sie hatte. Nicht weitergedacht wurde dabei jedoch, wer jetzt für ihren Lebensunterhalt aufkommen sollte, wenn sie nichts mehr hat. Das Lob der armen Witwe scheint also keine zielführende Auslegung dieser Bibelstelle zu sein, will man eine Gesellschaft, in der alle leben können. In den Blick gerückt wird auf jeden Fall die Verantwortung der Gemeinde und im weiteren Sinne der Gesellschaft für die Menschen, die in ihrem Umfeld leben und die wenig oder nichts zum Leben haben. Und auch die Frage des Umgangs mit Reichtums wird indirekt geklärt. Sätze aus der Apostelgeschichte rufen sich hier in Erinnerung. „Alle Glaubenden aber hielten zusammen und hatten alles gemeinsam“. Der Beitrag aller ist gefordert. Die radikale Verantwortung füreinander in Barmherzigkeit und Gerechtigkeit ist eine Anfrage an die Praxis der Gemeinde. Hier dürfte es keine Armen und Bedürftigen geben, weil geteilt wird bis alle genug haben.
Markus ruft mit diesen Sätzen die Tradition in Erinnerung. Witwen, Waisen und Fremde standen als Schwache der Gesellschaft unter besonderem Schutz. Wenn also von der Witwe die Rede ist werden auch die anderen beiden Gruppen ins Gedächtnis gerufen. „Eine Witwe oder eine Waise sollt ihr nicht erniedrigen“, heißt es in Exodus, Kapitel 22. Und im Buch Deuteronomium wird beschrieben: „Denn Jahwe, euer Gott ist der Gott ... der der Waise und Witwe Recht verschafft und den Fremden liebt, so dass er ihm Brot und Kleidung gibt. Auch ihr sollt den Fremden lieben; denn ihr seid selbst Fremde gewesen im Land Ägypten.“ Erinnert euch eurer Geschichte und handelt wie es in der Tora geschrieben steht. Denn, wer Tora tut, wird leben. Darauf will Markus verweisen.
Alle tragen Verantwortung
„Verflucht ist, wer das Recht des Fremden, der Waise oder der Witwe beugt. Und das ganze Volk soll sprechen: Amen.“ (Dtn 27,19). Die Verantwortung wird dem ganzen Volk überantwortet, die Weisungen der Tora treffen also neben den Schriftgelehrten auch uns, sind Anfrage und Anweisung an und für unser konkretes Tun. Wer sind heute die Witwen, die Schutzbedürftigen?
Wie ist unser Blick auf die Schwächeren, auf die Bedürftigen unserer Gesellschaft, die Asylanten, die Flüchtlinge, die MindestpensionistInnen, die Arbeitslosen, die Obdachlosen? Was tun wir konkret? Setzen wir uns ein für menschenwürdige Verhältnisse für Flüchtlinge? Nehmen wir Flüchtlinge auf und teilen unseren Lebensraum mit ihnen? Erheben wir die Stimme, wenn Löhne verhandelt werden, die das Leben nicht mehr sichern? Treten wir auf, wenn menschenverachtend über AusländerInnen, Arbeitslose, Jugendliche geredet wird? Ist uns bewusst, auf wessen Kosten wir leben? Und hat das Auswirkung auf unsere Lebensgestaltung? Sind unsere Türen offen zum Eintreten und Begegnen?
Eine solidarische Gesellschaft braucht die Grundhaltung des Teilens. Vom Geben des Überflusses zum wirklichen Teilen zu kommen, ist immer wieder Aufgabe, die uns als Gemeinde wesentlich herausfordert. Wir können wie Jesus unser Tun und Handeln beobachten und schauen, wo wir stehen, im Sichern des Lebensunterhaltes für alle. Als Gemeinde stehen wir in einer Verantwortungstradition für die Schwächeren. An ihren Lebensmöglichkeiten misst sich die Tragfähigkeit unserer christlichen Praxis. Hier wird die entscheidende Frage der Bibel Wirklichkeit: Wem werde ich zum Nächsten? Wen nehmen wir als Gemeinde wahr?
© Mag. Fritz Käferböck-Stelzer, Betriebsseelsorger, mensch und arbeit Nettingsdorf
Wer gibt, dem wird gegeben
Jahrmarkt der Eitelkeiten
Dieses Evangelium wird manch Mächtigen, der sich gern selbst darstellt oder für Opportunisten, Eyecatcher, die sich oft im Kreis der Prominenz herumtreiben, keine Freude bereiten. Diese Textstelle nimmt auch nicht Rücksicht auf Leute, die vor ihre Namen viele Titel setzen, um das eigene Ego zu stärken. Solche Erscheinungen, Vorgangsweisen, springen uns leicht ins Auge, faszinieren. Jesus spricht diesen Auffälligkeiten und all den Menschen, die sich davon beeindrucken lassen, eine Warnung aus: „Nehmt euch in Achtvor den Schriftgelehrten!“( Mk. 12,38). Hütet euch vor denen, die sich gar so gerne im Rampenlicht der Öffentlichkeit zeigen!
Er stellt diesem Jahrmarkt der Eitelkeiten, die wir in Staat und Kirche zu allen Zeiten erlebten und erleben, eine Witwe gegenüber, eine Frau aus der untersten Gesellschaftsschicht, die kaum einmal ins Blickfeld der Öffentlichkeit gerät und wenn, dann mit schlechten Nachrichten.
Kontraste
Dürfen wir uns also nicht an schönem Gewand, an Anerkennung und Wertschätzung durch die Gemeinschaft erfreuen? Sollen wir ärmlich gekleidet, vielleicht sogar zerlumpt herumhüpfen und eher bemitleidet als geehrt werden? Das ist so nicht gemeint!
Dieses Evangelium, auch die erste Lesung, arbeitet mit Kontrasten, um zu zeigen, worauf es ankommt, was wirklich zählt und welchen Gefahren wir ausgesetzt sind. Es geht nicht um Pharisäerschelte allein, sondern betrifft die Jünger, genauso wie uns alle heute.
Jesus spricht den Machtmissbrauch zum eigenen Vorteil an. Gerade im Glaubensleben werden verschiedene Dinge überbewertet wie Kleidungsvorschriften, Rangordnungen. „Wer darf zu deiner Rechten und zu deiner Linken sitzen, wenn du in deine Herrlichkeit kommst?“ (Mk.10,37) fragen bereits die Jünger.
Hybris - Hochmut
Macht zu haben, ist weder gut noch böse. Gefährlich wird sie nur, wenn sie mit Angst gepaart ist, dann schafft sie Unsicherheit. Dann verbergen sich solche Menschen hinter Titeln, Orden, auffallenden Gewändern. Macht kann aber auch zu Hochmut führen. Es ist doch interessant, dass die Liste der sieben Gefährdungen - früher Todsünden - mit der Hybris beginnt. Darunter ist die Weigerung zu verstehen, sich in seiner ganzen Wirklichkeit, also auch mit den Fehlern anzunehmen. Macht und Hochmut können spalten, weil die Angst besteht, dass jemand hinter der glänzenden Fassade Fehler und Schwächen aufdeckt.
Jesus lehrt seine Jünger schauen, nicht aufs Auffällige, wie lange Kleider, Teppiche und Schmuck, sondern er lehrt sie so zu schauen wie ER. Seine Sichtweise soll auch unsere werden, daher der Blick auf die Witwe. Aber ist das wirklich so wünschenswert, die Armut zu sehen?
Die Frau beim Opferkasten war großzügig, in gewisser Weise auch sorglos, weil sie von dem Wenigen noch etwas hergegeben hat. Sie war sorglos, weil sie sich ganz der Hand Gottes anvertraut hatte und ihre bescheidene Gabe dadurch mehr Wert erhielt als manche Gold- und Silbermünze, die in den Opferkasten fiel.
Wer gibt, dem wird gegeben
So ähnlich bringt es auch die erste Lesung aus dem Buch der Könige zum Ausdruck. Dort sagt der Prophet Elija der Witwe, sie brauche sich nicht zu fürchten, wenn sie „etwas von der Handvoll Mehl im Topf und ein wenig Öl im Krug“ (1 Kön.17,12) dem Propheten für „ein kleines Gebäck“ (1 Kön. 17,13) zur Verfügung stelle.
Jesus setzt andere Maßstäbe: Wer teilt, auch von dem Wenigen, das er hat und aus ganzem Herzen gibt, bekommt sogar mehr. Schutz und Stärke liegen nicht im Mammon, in Rangordnungen, in Titeln und schöner Kleidung, sondern im Vertrauen auf die Liebe Gottes, auf seine Zuwendung.
Diese Frau stellt uns Jesus heute vor Augen als Richtlinie für unsere persönliche Lebensgestaltung.
Gottes Geist treibt uns, alles zu geben
Zwei Menschengruppen stehen sich heute gegenüber: die führende religiös-geistiche Schicht und eine arme Witwe.
Die Pharisäer
Die Pharisäer sind gläubige Leute, die sich abmühen, das Gesetz und die Gebote genau zu erfüllen, die nach Vorschrift fasten, Reinigungs- und Essensgebote halten und es sich nicht leicht machen. Sie strengen sich an, die Gebetsnorm möglichst andächtig und fromm zu verrichten.
Dennoch galten sie nichts bei Jesus. Jesus sagt laut, was viele fühlten, dass sie knallharte Ichmenschen sind, denen es um das menschliche Ansehen geht, nicht um Gott und nicht um den Nächsten. Dass ihnen prächtige Standeskleidung und öffentliche Ehrerweisung wichtiger sind als ein armer Mensch. Die Sucht vorne zu sein um jeden Preis und gelobt zu werden sei unersättlich.
Eine arme Witwe
Da ist eine arme Witwe, abgearbeitet und ohne Ansehen, die andern hilft und sich nicht hervorhebt, die einfach wie ein Kind ist, die kindlich auf Gott vertraut. Sie schenkt ihrem Gott alles, was sie hat, ihr ganzes Geld, das in den Augen der Pharisäer nur wertlose Münzen sind.
Jesus sieht ihr Herz und rühmt sie: nicht von ihrem Überfluss hat sie gegeben, nein für das Haus Gottes schenkte sie alles, das ganze Vermögen. Sie glaubt, dass der nächsten Tag für sich selber sorgen werde, durch den einen Gott, der die Schwachen nicht vergisst. Sie vertraut, dass das, was sie in ihrem armen Leben, besonders seit dem Tod des Mannes gelebt und erfahren hatte, auch jetzt wahr ist, dass Gott denen gibt, die geben. Jesus hat dies schon in seiner Feldrede verkündet: „Gebt, dann wird euch gegeben werden, in reichem Maß“.
Der Geist Jesu, gelebt von Menschen bei uns.
Heute beeindrucken mich die Aussagen von freiwilligen Helfern bei den Flüchtlingen an den Landesgrenzen oder in den Flüchtlingslagern. Viele leisten Hilfe bis zur Erschöpfung. Sie bezeichnen sich nachher als ausgelaugt und müde, doch glücklich.
Eine unglaubliche Geschichte unserer Zeit wurde mir von verlässlichen Quellen erzählt, die von einem Studenten berichtete. Dieser sagte: „Ich lebe in einer größeren Stadt, es ist tiefer Winter, 22 Uhr, draußen Eiseskälte. Ich hülle mich in meinen warmen Anorak und beeile mich, nach Hause zu kommen. Ein junger Mann tritt mir in den Weg und bittet mich, ihm seinen Ofen für 42 Euro abzukaufen. Er erklärt mir, wenn er nicht noch am gleichen Tag die volle Miete bezahle, werde ihn die Hausbesitzerin auf die Straße setzen. Meine Reaktion: „Leider kann ich nicht“. In meinem Geldbeutel sind genau 45.-€, die reichen müssen, um die Ausgaben der zweiten Hälfte Februar zu decken. Jeder Cent ist schon bestimmt für die notwendigsten Lebensmittel wie Brot, Butter usw. Meine Freunde sind in Winterferien und ich habe niemand, von dem ich etwas leihen könnte.
Während ich weitergehe, fällt mir ein, dass ich wenigstens ein warmes Zimmer habe, während jener Mann nichts hat. Ich erinnere mich an das Wort der Schrift: „Gebt und es wird euch gegeben werden“. Ich kehre um, rufe den Mann und gebe ihm das Geld. Den Ofen kann er behalten.
Auf dem Weg nach Hause überfällt mich Angst: Ich weiß wirklich nicht, wie ich bis zum Monatsende kommen soll. Und siehe da: ich komme an und sehe an meiner Tür eine große Tasche hängen. Welche Überraschung! Brot, Speck, Eier, Käse, Honig, Butter... Alles Dinge, von denen ein hungriger Student träumt. Bis heute habe ich noch nicht herausgefunden, wer jene Tasche an meine Tür gehängt hatte.
Die Geschichten hinter den Münzen
Hauptrollen
Es kommt selten, eigentlich nie vor, dass Witwen in einem Gottesdienst die Hauptrolle spielen. Könige, Priester und Propheten haben es da schon einfacher - von Pfarrern, Bischöfen und Päpsten einmal abgesehen. Darf ich es sagen? Ich freue mich!
Dass den beiden Witwen - und dann auch noch aus ganz unterschiedlichen Zeiten und Orten - die Hauptrolle zukommt, war ihnen an der Wiege nicht gesungen worden. Sie haben einmal geheiratet - oder - wie das früher so war - wurden geheiratet, die Kinder kamen - und dann der Tod des Ehemannes, des Partners, des Vaters. Quasi über Nacht rutschten die beiden Witwen in ein höchst ungesichertes Leben. Keine Versorgung, kein Beistand, keine Zukunft. Von der Hand in den Mund - sagen wir.
Witwen haben es heute besser. Eine Grundversorgung wird gewährt. Aber an ihrem Geschick knabbern viele lange. Ich kenne Witwen, die für ihr Leben gezeichnet sind, auch wenn sie sich nichts anmerken lassen. Es ist dann wie eine große Trauer, die über dem Leben liegt. Umso mehr bewundere ich den Mut, noch einmal anzufangen, dem Leben neu zu trauen, aus Schatten herauszutreten. Zwei Witwen übernehmen heute sogar die Hauptrollen - und füllen sie bestens aus.
Dem Leben neu zu trauen ... das ist wohl auch die größte Sehnsucht, die Menschen haben.
Sarepta
Im ersten Buch der Könige wird die Geschichte der Witwe von Sarepta erzählt. Sie ist nicht nur Witwe - sie ist für den Propheten Elija auch eine Fremde. Sarepta ist heidnisches Ausland. Was hat der Mann Gottes hier überhaupt zu suchen? Die einfache Antwort, ganz einfach: er hat Hunger. Der Hunger hat sich über die ganze Gegend gelegt. Hunger kennt übrigens keine Grenzen, auch keine Heiden, keine Gottesmänner. Gottesfrauen auch nicht. Oder doch?
Die Geschichte ist schnell erzählt. Die Witwe teilt den letzten Bissen mit Elija. Ob das wohl stimmt, was er ihr sagt? Dass der Mehltopf nicht leer wird, der Ölkrug nicht versiegt? Auf eine so windige Geschichte lässt sich normalerweise kein Mensch ein. Was, wenn ich herein gelegt werde? Von diesem unbekannten Mann? Schließlich: es geht um eine Hand voll Mehl - und den unabsehbar nahen Tod. Muss man sich mit ihm abfinden? Jetzt? Aber die Geschichte hat auch noch eine andere Seite: was, wenn dieser fremde Mann Recht hat? Wenn es weiter geht, wenn noch Hoffnung ist? Mit einer Hand voll Mehl kommt man nicht weit - oder eben doch - sehr weit. Die Witwe, deren Namen wir nicht kennen, gibt alles - und gewinnt alles. Auf dieser Szene darf der Blick verweilen. Das Ende verwandelt sich in einen neuen Anfang. Es ist schön, wenn Geschichten so offen bleiben - und doch von nichts anderem erzählen, als von Vertrauen, von einer heilsamen Begegnung, von gemeinsam geschmeckter Zukunft.
Jerusalem
Der Weg von Sarepta nach Jerusalem ist weit. Wir schaffen ihn aber spielend. Anders als Sarepta ist Jerusalem nicht Peripherie, sondern Hauptstadt, Nabel der Welt. Hier, im Tempelbezirk, steht auch ein großer Opferkasten. Offen (und groß) genug, um alles zu sehen, was sich an ihm - und in ihm abspielt. Ihm gegenüber sehen wir Jesus sitzen. Mehr muss Markus auch nicht erzählen - damit ist der Schauplatz abgesteckt.
Was soll ich erzählen? Große, größte Beträge wandern in den Opferkasten - und werden, so der Brauch, angekündigt, mit großer Geste versehen - und gefeiert. Viele gut gekleidete Männer sonnen sich im hellen Licht ihrer Wohltätigkeit. Auf die Gabe kommt es nicht so sehr an - sie kommt aus Überfluss, tut nicht weh, ist längst abgeschrieben. Aber auf den Geber kommt es an. An diesem Ort wird aufgetrumpft. An diesem Ort werden andere abgespeist. An diesem Ort werden andere in die hintere Reihe verwiesen. Immerhin: im Tempel!
Aus der hinteren Reihe kommt verschämt eine Witwe. Sie bringt, wie es im Evangelium heißt, zwei kleine Münzen mit - und wirft sie ein. Als Martin Luther, Erfurter Jung, die Stelle übersetzte, fiel ihm das "Scherflein" ein - eine wertlose, billige Münze, die in seiner Stadt 1480 geprägt wurde. Ohne Herrscherbild, ohne Zierrat, mickrig. Luther hat dann von dem Scherflein der armen Witwe sprechen können - und dieses Scherflein ist sprichwörtlich bis auf den heutigen Tag. Sein Scherflein beitragen, sagen wir - und haben doch viel mehr. Was aber tatsächlich bei dieser Witwe im Evangelium so auffällt: dieses Scherflein ist alles, was sie hat - es ist ihr Tagesunterhalt (und mehr). Sie gibt das Scherflein - und wird an diesem Tag nichts mehr zu essen haben. Sie gibt einen Tag ihres Lebens. Wenigstens.
Im großen Topf verschwinden die Scherflein - es ist fast zu mühsam, sie mitzuzählen - wo es doch um Gold, Silber, Prachtmünzen geht. Na ja, die großen Scheine gab es noch nicht. Die, die zählen, machen sich auch nur die Finger schmutzig. Aber Jesus sagt: die arme Witwe hat m e h r in den Opferkasten geworfen als alle anderen zusammen. Sie hat sich selbst gegeben. Warum sie das wohl macht? Eine rührselige Geschichte, die eine Illustrierte kaufen könnte, wird uns nicht aufgetischt. Diese Witwe bleibt geschützt - so verborgen wie ihre Gabe. Aber wir sehen das große Vertrauen. Sie teilt ihr Leben mit denen, die Hilfe brauchen. Wer nur die Scherflein sieht, sieht nichts. Aber wer den rechten Blick wagt, auf diesen einen Menschen, sieht eine neue Welt.
Ob die beiden Witwen etwas gemeinsam haben? Mir fällt das Vertrauen auf - und dass das alles für sie selbstverständlich ist.
Vertrauen
Ich weiß, dass wir - mehr oder weniger alle - in einer Welt leben, in der Geld eine große, zu große Rolle spielt. Geld regiert angeblich sogar die Welt.
Zu merken ist das sogar bei "Spendengala's", die im Fernsehen live übertragen werden. Kleinbeträge sind dort nicht vorgesehen - ich fühlte mich sogar vor einiger Zeit, nach einem schrecklichen Seebeben, im Tempel von Jerusalem. Es muss alles groß sein, alles glänzen, alles zu sehen sein. Wenn ich daran denke, dass das Geld gebraucht wird, werde ich kleinlaut. Lieber so als gar nicht, denke ich.
Aber ich kenne auch Menschen, die sehr hilfsbereit sind, obwohl sie es sich eigentlich nicht leisten können. Sie geben manchmal mehr, als ihrer Familie zuträglich ist. Aber sie fragen nicht groß... Bei ihnen stimmt es dann auch, dass sie ihr Leben mit anderen teilen. Wer steuerlich absetzen kann, was er gibt, wer an Reputation in der Öffentlichkeit gewinnt, wer auf einer Scala abgemessen wird - ist das noch (oder schon) geteiltes Leben?
Wenn wir bei uns die Kollekten zählen, tauchen die Centstücke auch auf. Komisch sieht es schon aus. Aber keiner von uns weiß, welche Geschichten sich hinter den Münzen verstecken. Im Klingelbeutel oder im Körbchen liegen die großen und die kleinen Gaben beieinander.
Es kommt selten, eigentlich nie vor, dass Witwen in einem Gottesdienst die Hauptrolle spielen. Könige, Priester und Propheten haben es da schon einfacher - von Pfarrern, Bischöfen und Päpsten einmal abgesehen. Darf ich es sagen? Ich freue mich!
Und der Friede Gottes,
der höher ist als unsere Vernunft,
bewahre unsere Herzen und Sinne
in Christus Jesus,
unserem Herrn.
Not sehen und solidarisch handeln
Ein letztes Mahl
eine kleine Geschichte, die sich ganz am Rande des großen Weltgeschehens abspielt und doch davon beeinflusst ist. Eine Witwe, ein Prophet, Kinder, von denen gesprochen wird und der israelitische König Ahab, der Elija verfolgt, weil er das, was Elija sagt, als regierungsfeindlich einstuft. Wahrscheinlich hat diese kurze Begegnung ursprünglich einen anderen Erzählhintergrund gehabt, doch wird sie hier im Zusammenhang einer großen Dürre die in Israel herrscht und den sich daraus ergebenden Folgen, die besonders für die sogenannten einfachen Leute verheerend sind, erzählt.
In dieser bedrohlichen Lage begegnen sich Elija und die Witwe, dessen Namen wir nicht erfahren. Namenlos steht sie für das Schicksal vieler Menschen. Sie sammelt vor den Toren der Stadt Holz um für sich und ihren Sohn eine letzte Mahlzeit zu bereiten, für mehr reicht es nicht. Sie scheint sich in ihr Schicksal ergeben zu haben. Was soll sie auch schon tun? So ist das Leben.
Und dann ist da dieser Fremde, der kaum mehr hat als sie. Gemeinsam leiden sie Hunger und Durst. Und dieser Fremde fordert sie, die kaum genug für eine letzte Mahlzeit hat, auf, ihm etwas zu essen zu machen. Spinnt dieser Mann, oder treibt ihn die eigene Not derart um. Sie besinnt sich auf sich und ihren Sohn, dafür ist sie verantwortlich.
"Sei unbesorgt!" - Was soll diese Aussage, wie soll sie ohne Sorge sein in dieser schier ausweglosen und tödlichen Situation! Doch der Fremde hält eine Verheißung bereit, nämlich, dass der Topf nicht leer wird, bis der Gott Israels es wieder regnen lässt und die Dürre- und Hungerkatastrophe vorbei ist. Eine geschickte Lüge um sich noch einmal satt zu essen, auf ihre Kosten oder die Hoffnung, die nur von außen kommen kann und die ihre Not lindert?
Entscheiden muss sie. Sie hat die Möglichkeit mit dem Fremden die eigene Not, die eigene Bedürftigkeit aber auch die Hoffnung zu teilen oder die Henkersmahlzeit mit ihrem Sohn einzunehmen. Es liegt bei ihr.
Wahr werden kann diese Geschichte im Zusammenspiel der beiden, des Propheten Eilija und der Witwe von Serepta. Jeder für sich wäre verloren. Und da, wo beide beginnen sich wahrzunehmen in ihrer Not und in ihrer Hoffnung, da kann Gottes Verheißung wirken.
Not teilen
Vielleicht ist jetzt der Sprung in die Gegenwart etwas gewagt. Aber dass es für eine gute Zukunftsgestaltung ungeheuer wichtig ist, Not und Hoffnung bei anderen und bei sich selber wahrzunehmen, ist mir noch einmal bei der Einweihung des Denkmal für die ermordeten Sinti und Roma deutlich geworden. Hier ist etwas geschehen, das im wesentlichen christlich und menschlich ist, ohne dass es so benannt wurde.
Über eine halbe Millionen Sinti und Roma - im allgemeinen Sprachgebrauch Zigeuner - sind in der Zeit des Dritten Reiches ermordet worden. Menschen mit Träumen und Grenzen, Menschen mit Angst und Mut, Menschen mit ihren guten und schlechten Seiten, Menschen wie Sie und ich. Kann aus so viel Unrecht überhaupt noch einmal wieder etwas Gutes wachsen. Ich glaube, wenn es nur auf uns ankäme, wird das kaum gelingen.
Abtauchen und auftauchen
Der israelische Künstler Dari Karavan hat als Denkmal einen runden Brunnen aus schwarzem Basalt geschaffen, das optisch eine ungeheure Tiefe des Wassers suggeriert. Hier steckt die Tiefe menschlichen Leids und menschlicher Sehnsucht und versinkt doch nicht. Und in der Mitte ein Dreieck, das jeden Tag abtaucht und mit einer neuen Blume als Symbol neues Lebens wieder auftaucht. Ein Jude schafft in Deutschland ein Denkmal für ermordete Sinti und Roma.
Er hat sicherlich kein christliches Symbol schaffen wollen und wir haben auch kein Recht es christlich zu vereinnahmen, doch einen intensiveren Hinweis auf das, was für uns Christen die Taufe ist, habe ich bisher glaube ich kaum gesehen.
Trotz aller Schuld, trotz aller Vernichtung, trotz allen Leids, trotz aller Demütigung, trotz des so mächtigen Todes gewinnt das Leben immer wieder neu Kraft und die Oberhand wenn wir Menschen uns darauf einlassen, die, die Täter sind, und die, die Opfer sind.
"Auschwitz Eingefallenes Gesicht erloschene Augen kalte Lippen Stille ein zerrissenes Herz ohne Atem ohne Worte keine Tränen". (Santino Spinelli)
Dieses Gedicht des italienischen Dichters und Sintis steht auf dem Rand des Brunnens.
Elija und die Witwe konnten sich in ihrer Not und Hoffnung gegenseitig wahrnehmen und darin wohl auch einen Teil der eigenen Angst überwinden. Wenn am Tag der Einweihung über das Asylrecht von Sinti und Roma verhandelt wird, dann mag es sein, dass sie nicht im eigentlichen Sinne politisches Asyl beanspruchen können. Was aber ebenso wahr ist: wenn dieses Denkmal nicht absolut ad absurdum geführt werden soll, dann kann uns die Not der Sinti und Roma ganz und gar nicht egal sein, als Deutsche nicht und auch als Christen nicht.
Unsere jüdisch christliche Tradition sagt uns: wo wir uns in unserer Not gegenseitig sehen und handeln, entwickelt sich Neues und Gutes.
- Liedvorschläge1
Hans Hütter
Lieder:
GL 143: Mein ganzes Herz erhebet dich
GL 144: Nun jauchzt dem Herren alle Welt
GL 216: Im Frieden dein, o Herre mein
GL 268: Erbarme dich, erbarm dich mein (6. Str.)
GL 342: Komm, Heilger Geist, der Leben schafft (1. bis 4. Str.)
GL 358: Ich will dich lieben, meine Stärke
GL 382/Ö866: Ein Danklied sei dem Herrn (5. Str.)
GL 392: Lobe den Herren, den mächtigen König der Ehren
GL 421: Mein Hirt ist Gott der Herr
GL 422: Ich steh vor dir mit leeren Händen, Herr
GL 427: Herr, deine Güt ist unbegrenzt
GL 428: Herr, dir ist nichts verborgen (1. Str.)
GL 435: Herr, ich bin dein Eigentum
GL 437: Meine engen Grenzen
GL 440: Hilf, Herr meines Lebens
GL 455: Alles meinem Gott zu Ehren
GL 489: Lasst uns loben, freudig loben
GL 543: Wohl denen, die da wandeln vor Gott in Heiligkeit
Psalmen und Kehrverse:
GL 55: Jubelt, ihr Lande, dem Herrn; alle Enden der Erde schauen Gottes Heil - Mit Psalm 98 - VIII.
GL 77: Der Herr ist erhaben, doch er schaut auf die Niedrigen: Ja, seine Rechte hilft mir. - VII.
GL 518: Beim Herrn ist Barmherzigkeit und reiche Erlösung. - Mit Psalm 146 (GL 77,2) - VII.
GL 629,1-2: Du führst mich hinaus ins Weite; du machst meine Finsternis hell. - Mit Psalm 30 - I.
GL 629,3-4: Ich gehe meinen Weg vor Gott im Lande der Lebenden - Mit Psalm 116 - VI.
GL 651,5-6: Freut euch: Wir sind Gottes Volk, erwählt durch seine Gnade. - Mit Psalm 34 - V.
- Einleitung5
Martin Stewen (2024)
Frauen, denen in der antiken Gesellschaft der Ehemann und damit der Versorger starb und die dann vielleicht in ihrem Schicksal völlig alleingelassen waren, kamen nahezu immer in prekäre Situationen. Die Frühe Kirche hat ihnen daraufhin diakonische Aufgaben übergeben, sie dafür versorgt und schließlich so den Witwenstand zu einem Amt in der Kirche erhoben. Ihr Wirken hatte oftmals großen Einfluss auf die Gemeinden. - Die Beispiele von Witwen in schlimmster Armut in vorkirchlicher Zeit sind heute Aufhänger der Verkündigung.
Hans Hütter (2021)
Zu Allerheiligen feierten wir die vielen unbekannten und ungenannten Heiligen des Alltags, die nicht im Kalender stehen, sich aber tagtäglich als Christen bewährt haben.
Zu Allerseelen gedachten wir der Toten, unserer verstorbenen Angehörigen, Freunde und Bekannten, aber auch der vielen Toten, an die kein Garbstein mehr erinnert.
Die biblischen Lesungen dieses Sonntags lenken unsere Aufmerksamkeit auf die vielen Menschen, die einspringen, wo Hilfe notwendig wird. Die Katastrophen der letzten Zeit machten uns bewusst, wie selbstverständlich und oft auch unbedankt Menschen helfen und sich für andere einsetzen.
Am Beginn unseres Gottesdienstes bitten wir um Vergebung, wo wir gegenseitige Hilfe unterlassen haben und sprechen das Schuldbekenntnis.
Klemens Nodewald (2018)
Nicht zu unbedacht oder oberflächlich sollen wir in den Tag und Alltag hineinleben. Durch die Texte der Bibel werden wir immer wieder dazu aufgerufen, unser Herz und unser Handeln zu überprüfen. So z.B. durch das heutige Evangelium, wo Jesus bemüht ist, uns zum Nachdenken zu bewegen.
Manfred Wussow (2012)
Heute begegnen uns im Gottesdienst zwei Witwen. Sie haben einen schweren Weg hinter sich. Sie haben alle Sicherheiten verloren.
Die alttestamentliche Lesung erzählt, dass selbst in der Hungernot eine Witwe den letzten Rest ihres kleinen Vorrats mit dem Propheten Elija teilt. Und Jesus sieht einer Witwe zu, die ihr letztes Scherflein opfert. Sie gibt alles, was sie hat - sie gibt sich selbst.
Der Weg der beiden Witwen wird in unserem Gottesdienst lebendig. Worauf setzen wir unser Vertrauen?
Wir bitten um Gottes Erbarmen:
Bernhard Rathmer (2012)
Es sind zwei Witwen, mit denen wir in den Lesungstexten des heutigen Sonntags konfrontiert werden. Sie haben einen schweren Weg hinter sich. Aber selbst in der Hungersnot teilt die Witwe, von der die alttestamentliche Lesung erzählt, den letzten Rest ihres Vorrats mit dem Propheten Elija. Und Jesus sieht einer Witwe zu, die ihr letztes Scherflein opfert. Sie schenkt sich selbst. Beide sind in einer schwierigen Situation. Beide haben gelernt nicht nur sich zu sehen. Beide lassen sich ein auf die konkrete Situation und auf die Not, die ihnen begegnet. Beide schöpfen daraus Hoffnung.
Das Leben der beiden Witwen wird in unserem Gottesdienst lebendig. Sie fragen uns: Worauf setzt ihr euer Vertrauen?
- Bußakt2
Klemens Nodewald (2018)
Wenden wir uns dem Herrn zu und bitten wir ihn:
Herr Jesus Christus,
du hast viel Mühe darauf verwendet,
Menschen für ein Leben in Liebe zu gewinnen.
Herr, erbarme dich.
Auch wir Menschen von heute sollen uns begeistern lassen,
nach dem Guten in alle Richtungen zu streben.
Christus, erbarme dich.
Stärke uns, wenn wir müde und nachlässig werden,
damit wir in diesem Zustand nicht verharren.
Herr, erbarme dich.
Jesu Geist bewege und belebe uns.
Er schenke uns Ausdauer und Kraft. - Amen.
Bernhard Rathmer (2012)
Wir sind reich, und doch ängstlich und kleinlich
Herr, erbarme dich.
Wir spüren unsere Leere, du schenkst und Fülle.
Christus, erbarme dich.
Wir sind geliebt und doch so unsicher.
Herr, erbarme dich.
- Kyrie4
Martin Stewen (2024)
Jesus Christus, Gottessohn und Menschenfreund,
du Hoffnung in aller Not:
Herr, erbarme dich.
Jesus Christus, Gottessohn und Menschenfreund.
du Trost in allem Leid:
Christus, erbarme dich.
Jesus Christus, Gottessohn und Menschenfreund.
du Verheißung der Erlösung:
Herr, erbarme dich.
Hans Hütter (2021)
Herr, Jesus Christus,
dir ist die Not der Armen und Kranken zu Herzen gegangen.
Herr, erbarme dich.
Du hast nicht über den Hunger und die Not der Armen und Kleinen hinweggeschaut.
Christus, erbarme dich.
Du hast die Unbedeutenden aufgerichtet und groß gemacht.
Herr, erbarme dich.
Beatrix Senft (2021)
Herr, Jesus Christus,
aus der Fülle seiner Unermesslichkeit und Liebe hat der Vater dich in unser Kleindenken gesendet.
Herr, erbarme dich.
Du hast dich den Menschen zugewandt,
die an ihrer inneren und äußeren Bedürftigkeit zu scheitern drohten.
Christus, erbarme dich.
Du hast dich verschenkt bis ins Äußerste.
Herr, erbarme dich.
Manfred Wussow (2012)
GL 485
Oder:
Herr,
du beschenkst uns reich.
Aber unsere Herzen sind klein.
Herr, erbarme dich.
Dir vertrauen wir unsere Leere an.
Du schenkst uns einen neuen Geist.
Christus, erbarme dich.
Du vertraust uns deine Liebe an.
Bewahre uns davor, auf falsche Sicherheiten zu setzen.
Herr, erbarme dich.
- Tagesgebet1
Messbuch - TG 32. Sonntag: du hast uns in deine Hand geschrieben
Allmächtiger und barmherziger Gott,
wir sind dein Eigentum,
du hast uns in deine Hand geschrieben.
Halte von uns fern, was uns gefährdet,
und nimm weg, was uns an Seele und Leib bedrückt,
damit wir freien Herzens deinen Willen tun.
Darum bitten wir durch Jesus Christus.
MB 32 Sonntag im Jahreskreis
- Eröffnungsgebet5
Werkbuch WGF (2004) - EG 32. Sonntag B: Bewahre uns vor falschem Schein
Gott,
du siehst in unser Herz,
du kennst unseren guten Willen
und weißt um unser Versagen.
Wir bitten dich:
Bewahre uns vor falschem Schein
und stärke unser Verlangen nach dir und deinem Wort.
So bitten wir durch Jesus Christus, deinen Sohn,
der mit dir und dem Heiligen Geist
lebt und herrscht in Ewigkeit.
WB 32. Sonntag im Jahreskreis B
Sonntagsbibel
Gott,
dein Sohn Jesus Christus,
ist arm geworden, um uns reich zu machen.
Mach uns fähig, mit den Armen zu teilen.
Durch Christus, unseren Herrn.
Martin Stewen (2024)
Guter Gott,
dein Sohn hat alle Freuden und Hoffnungen,
alle Trauer und Angst der Menschen mitgelebt.
Mach uns bereit und fähig, seinem Beispiel zu folgen,
und unseren Nächsten nahe zu sein
mit derselben Hingabe, die dein Sohn vorgelebt hat.
Darum bitten wir durch Jesus Christus.
Beatrix Senft (2021)
Guter Gott,
oft hören wir das, was du uns zusprichst nicht
und wir haben wenig Vertrauen darauf,
dass du auch in schweren Zeiten mit uns bist.
Uns selbst und das, was wir besitzen,
materiell und ideell, zu teilen,
fällt uns oft schwer.
Schenke uns immer wieder die Bereitschaft,
uns auf den Weg deines Sohnes zurückrufen zu lassen,
der uns ein Beispiel gab,
dass im Teilen unser wahres Glück liegt.
Das erbitten wir mit ihm,
Christus, unseren Bruder und Herrn. – Amen.
Manfred Wussow (2012)
Treuer und liebender Gott,
auf dein Wort hin haben wir uns zum Gottesdienst versammelt.
Was uns in der letzten Woche bewegte, bringen wir dir,
Szenen der Nähe und Szenen der Fremde,
Ängste, die uns auf der Seele liegen,
Ärger, den wir nicht verdaut haben,
Sehnsüchte, die wir nicht zu sagen wagen.
Du wirst uns in deinem Wort einen guten Weg weisen,
deine Nähe zusagen
und uns vorausgehen.
Durch unseren Herrn und Bruder Jesus Christus,
der uns deinen Geist schenkt.
Von Ewigkeit zu Ewigkeit.
- Fürbitten7
Martin Stewen (2024)
Guter Gott,
in der Dunkelheit dieser Zeit erleben wir unsere Nöte und Sorgen noch stärker. Mit dem, was unser Herz schwer macht, was uns sorgt und ängstigt, kommen wir zu dir und bitten dich:
Mit Sorge schauen wir auf die politischen Bewegungen in dieser Zeit.
Erfülle Machthaberinnen und Machthaber mit deinem Geist und lass sie ihr Tun zum Wohl der ihnen anvertrauten Gesellschaften gestalten.
Erschüttert erleben wir, wie religiöse und kulturelle Verschiedenheiten statt an Verhandlungstischen in bewaffneten Konflikten ausgetragen werden.
Bewege die Herzen aller, die Einfluss nehmen können, zu Frieden und Gerechtigkeit.
Oft leiden Menschen im Verborgenen an ihren sozialen, wirtschaftlichen und persönlichen Miseren.
Schenke uns ein waches Auge für jene, die unsichtbar leiden, und mach uns fähig und willens, Schutz und Hilfe zu gewähren.
Die Weltsynode in Rom ist zu Ende gegangen und ihre Früchte sollen nun reifen.
Lass all jene, die von den Ergebnissen enttäuscht sind, nicht mutlos werden, und schenke den neu Begeisterten Schaffenskraft, mit der sie an deiner Kirche weiterbauen können.
Menschen sind von uns gegangen: nach einem erfüllten Leben, nach schwerer Krankheit, durch einen gewaltsamen Tod.
Schenke ihnen allen einen Platz in deinem Reich und tröste die Trauernden.
Guter Gott, wir vertrauen auf deinen Überfluss an Zuwendung und legen dir unsere Bitten in die Hand. Nimm alles an durch Christus. unseren Bruder und Herrn. – Amen.
Renate Witzani (2024)
Vor Gott zählt nicht der Schein. Er weiß um unser wahres Sein und unsere tiefsten Nöte. Voll Vertrauen kommen wir mit unseren Bitten zu ihm:
Stärke in deiner Kirche das Bewusstsein für die wirklichen Nöte der Menschen in unserer Zeit.
Stärke weltweit die Solidarität mit den sozial Schwachen, die besonders hart unter den Folgen von Naturkatastrophen und Wirtschaftskrisen leiden.
Stärke in der jungen Generation die Zuversicht, dass auch sie mit deiner Hilfe und gegenseitiger Unterstützung wie schon die früheren Generationen Lösungen für vorerst bedrohlich erscheinende Probleme der Zukunft finden werden.
Stärke in uns das Bewusstsein für die vielen Vorurteile, die uns in unseren Beziehungen eingrenzen und behindern.
Stärke alle, die durch die Pforte des Todes auf dem Weg zu deiner ewigen Anschauung sind.
Denn nur du bist unser wahres Licht und unsere Hoffnung auf ein gutes Ende.
Dir danken wir und loben und preisen dich jetzt und allezeit. - Amen.
Renate Witzani (2021)
Vertrauen ist immer ein Wagnis. Wagen wir es, uns wirklich einem Gott anzuvertrauen, der für uns total unverfügbar ist? Gerade das hat uns Jesus aber vorgelebt.
Zu seinem und unseren Vater lasst uns beten:
Sei mit deiner Kirche in ihrem Bemühen durch Vielfalt und Buntheit andere für deine Botschaft zu begeistern.
Sei mit allen in unserer Gesellschaft, die sich trotz oft gegenteiliger Standpunkte in den aktuell zu meisternden Krisen um Einheit bemühen.
Sei mit allen, die Beziehungsfähigkeit, Sozialkompetenz und die Fähigkeit zum Teilen über die kompromisslose Durchsetzung ihrer Eigeninteressen stellen.
Sei mit uns, wenn wir versuchen, unseren Glauben im Alltag in Wort und Tat zu leben.
Sei mit allen, die ihr eigenes Sterben erleben und mit denen, die sie dabei begleiten.
Jesus wollte trotz seiner Gottheit in allem uns gleich werden, um uns so den Zugang zu dir, Vater, zu ermöglichen. Den Weg zum wahren Leben, den er uns vorgelebt hat, wollen wir nachgehen und dir mit ihm und in ihm danken,
jetzt und bis in Ewigkeit. - Amen.
Klemens Nodewald (2018)
Wenden wir uns an unseren Herrn Jesus Christus,
der uns zu lebendig gelebter Liebe aufruft.
Unser Bemühen um das Gute will er unterstützen.
Darauf vertrauen wir und bitten:
V.: Christus, höre uns - A.: Christus, erhöre uns
Öffne unsere Augen für die Menschen in ihren Nöten und bewege unsere Herzen, ihnen beizustehen so gut, wie wir es können und vermögen.
Segne alle, die sich für andere einsetzen und ihnen zu Recht und Schutz verhelfen.
Bewege und lenke die Gedanken der Mächtigen und Einflussreichen, für Frieden und Gerechtigkeit rund um die Erde einzutreten.
Schenke allen Gemeinden mutige und einsatzfreudige Helfer, die Hand anlegen und ihre Gemeinde lebendig gestalten.
Sende deinen Geist in besonderer Weise auf alle herab, die große Verantwortung tragen: in Kirche und Gesellschaft, in der Erziehung Heranwachsender, in der Leitung lebenswichtiger Einrichtungen.
Nimm alle Verstorbenen auf in die Gemeinschaft mit dir.
Herr Jesus Christus,
du bist unser Helfer und Wegbegleiter.
Dir vertrauen wir uns an.
Und wir preisen dich: heute und in Ewigkeit. – Amen.
Renate Witzani (2018)
Gott wurde in Jesus Mensch. Er versteht uns, weil er selbst menschliche Nöte erfahren hat.
Ihn lasst uns bitten:
Gott, dein Wort ist mächtig und wirkt in Kirche und Welt.
Hilf uns, auf deine Nähe zu vertrauen und uns nicht nur auf unsere eigenen Kräfte zu verlassen.
In vielen Ländern bestimmen die Vertreter der Religionen über das Leben der Menschen.
Lehre sie einen rechten Gebrauch ihrer Macht, um die ihnen Anvertrauten in ihrer Entfaltung zu unterstützen anstatt sie dabei zu behindern.
Jesus nachzufolgen bedeutet auch, seine Herzlichkeit und Menschlichkeit auszustrahlen.
Stärke alle, die meist wenig beachtet, ehrlich und bescheiden als Christen zu leben versuchen.
Das Leid der Menschen in Kärnten und Osttirol hat uns alle erschüttert.
Viele Einsatzkräfte konnten in dieser Notsituation gar nicht so helfen wie sie eigentlich wollten. Beschütze die Betroffenen und ihre Helfer.
Gott, du hast in Jesus den Tod überwunden und Leben geschenkt.
Tröste alle Sterbenden und Trauernden in dieser Hoffnung.
Gott, du bist uns nicht fern.
In Jesus bist du bei uns, bist unser Leben und unsere Zeit.
Dich loben und preisen wir jetzt und bis in Ewigkeit. - Amen.
Renate Witzani (2015)
Wer über sich selbst und seine eigene Person hinaus die Anderen sieht, wird selbst beschenkt.
Um diese Umkehr in unseren Herzen lasst uns gemeinsam beten:
In Jesus lässt uns Gott erkennen, wie sehr er die Menschen liebt.
Hilf deiner Kirche so zu leben und zu wirken,
dass sie den Menschen den Weg zu dir weist.
Alle Menschen dieser Erde sind in einer Schicksalsgemeinschaft verbunden.
Hilf uns, anbahnende Katastrophen – wie jetzt die neuerliche Hungersnot in Äthiopien – rechtzeitig zu erkennen und den Menschen vor Ort Hilfe zum Überleben zu geben.
Bei allem, was wir tun, kommt es auf unsere innere Einstellung an.
Hilf uns, egal ob wir uns zu den Armen oder Reichen unserer Gesellschaft zählen, eine innere Freiheit von Geld und Macht anzustreben.
In der Taufe hast du uns zu Kindern Gottes gemacht.
Hilf den Neugetauften unserer Gemeinde, diesen Reichtum für ihr Leben zu erkennen.
Durch Jesu Leiden und Sterben sind wir alle erlöst.
Schenke unseren Verstorbenen Anteil an den Früchten dieses neuen Lebens.
Herr, wo wir nicht weiter wissen,
weise du uns den Weg und die Richtung für unser Leben.
Steh uns bei, heute und in Ewigkeit. - Amen.
Manfred Wussow (2012)
Im Evangelium gibt eine Witwe alles, was sie hat.
Wir wollen Gott für sie danken und ihn bitten:
Herr,
wir bitten dich für die Menschen,
die ein hartes Schicksal tragen müssen.
Hilf ihnen, nicht zu verbittern.
Wir rufen zu dir: Lass uns in deiner Güte leben.
Wir bitten dich für die Witwen,
die mit einer kleinen Rente auskommen müssen.
Hilf ihnen, ihren Lebensmut nicht zu verlieren.
Wir rufen zu dir: Lass uns in deiner Güte leben.
Wir bitten dich für die Reichen,
die ihre Träume aus Überfluss schöpfen.
Hilf ihnen, barmherzig zu sein.
Wir rufen zu dir: Lass uns in deiner Güte leben.
Wir bitten dich für die, die Gesetze machen oder in Ämtern "Fälle" verwalten.
Hilf ihnen, menschlich zu sein.
Wir rufen zu dir: Lass uns in deiner Güte leben.
Wir bitten dich für Bischof Tawadros,
dem neuen Papst der Kopten in Ägypten.
Hilf den bedrängten Christen dort, standzuhalten
und für Frieden und Versöhnung einzutreten.
Wir rufen zu dir: Lass uns in deiner Güte leben.
Wir bitten dich für den gewählten amerikanischen Präsidenten.
Hilf ihm, seine Weltmachtrolle zum Wohle aller auszufüllen.
Wir rufen zu dir: Lass uns in deiner Güte leben.
Du, Herr, weißt, was uns Sicherheiten bedeuten und was uns sicher macht.
Bewahre uns davor, unser Leben auf Geld, Ansehen und Macht zu bauen.
Hilf uns, unser Vertrauen auf dich zu setzen.
Du befiehlst uns die schwachen, alleingelassenen und verängstigten Menschen an. Amen.
In deiner Barmherzigkeit sind wir alle geborgen.
- Gabengebet1
Messbuch - GG 32. Sonntag: das Leidensgeheimnis deines Sohnes feiern
Gott, unser Vater,
nimm unsere Opfergaben gnädig an
und gib, dass wir mit gläubigem Herzen
das Leidensgeheimnis deines Sohnes feiern,
der mit dir lebt und herrscht in alle Ewigkeit.
MB 32. Sonntag im Jahreskreis
MB Mittwoch in der Karwoche
- Gebet zur Gabenbereitung2
Martin Stewen (2024)
Gütiger Gott
der Prophet Elija hat der Witwe in Sarepta versprochen:
“Der Mehltopf wird nicht leer werden
und der Ölkrug nicht versiegen.”
Wenn wir jetzt unter den Gestalten von Brot und Wein
die Gegenwart deines Sohnes feiern,
lass uns darauf vertrauen,
dass wir aus deiner guten Hand Leben in Fülle empfangen.
Dafür danken wir dir durch ihn,
Christus, unseren Bruder und Herrn.
Manfred Wussow (2012)
Guter Gott,
du hast uns zu deinem Mahl geladen.
Brot und Wein machst du zu Gaben deines Reiches,
legst deine Verheißung hinein
und schenkst dich uns selbst.
In Christus, der sich erniedrigte, für uns starb
und den Tod überwand.
Wir danken dir, zu ihm zu gehören.
Du hast "ja" zu uns gesagt.
Auf dem Weg deines Sohnes.
Ihn loben wir. Amen.
- Lobpreis1
Hans Hütter (2021)
Kehrvers:
Dir sei Lob und Dank und Ehre!
Oder: Danket dem Herrn, er hat uns erhöht; Großes hat er an uns getan. (GL 404)
Guter Gott,
in dieser heiligen Feier möchten wir Dir danken
für all die Liebe, die du uns tagtäglich entgegenbringst.
Wir danken dir, dass Jesus Christus auf die Not der Menschen geachtet hat,
sich erniedrigt hat und Mensch geworden ist.
Kehrvers
Er hat sich der Armen und Schwachen angenommen
und sie aus ihrer Niedrigkeit erhöht.
Er hat uns die Fülle seines Lebens geschenkt.
Ein Leben, das sich nie erschöpft.
Kehrvers
Ihm vertrauen wir, wenn er einmal wiederkommt,
um die Welt zu richten.
Denn er sieht nicht auf äußeren Glanz,
sondern auf die Aufrichtigkeit des Herzens.
Kehrvers
Er rettet alle, die sich ganz auf dich verlassen
und dich mit ganzem Herzen suchen.
Darum loben und preisen wir dich mit der ganzen Kirche,
mit allen Engeln und Heiligen:
Danklied, z. B. GL 395: Den Herren will ich loben
- Präfation2
Messbuch - Präfation Schweizer Hochgebet 3: Jesus geht an keiner Not vorüber
Wir danken dir, treuer und barmherziger Vater,
für Jesus, deinen Sohn unseren Herrn und Bruder.
Seine Liebe galt den Armen und Kranken,
den Ausgestoßenen und Sündern.
An keiner Not ging er vorüber.
Sein Leben und seine Botschaft lehren uns,
daß du ein Gott bist, der sich der Menschen annimmt
wie ein Vater sich um seine Kinder sorgt.
Darum loben und preisen wir dich,
wir rühmen deine Güte und Treue
und verkünden mit allen Engeln und Heiligen
das Lob deiner Herrlichkeit:
Heilig...
Präfation aus dem Schweizer Hochgebet 3
Messbuch - Präfation Sonntage 3: Die Rettung des Menschen durch den Menschen Jesus Christus
In Wahrheit ist es würdig und recht,
dir, Herr, heiliger Vater,
allmächtiger, ewiger Gott,
immer und überall zu danken.
Denn wir erkennen deine Herrlichkeit in dem,
was du an uns getan hast:
Du bist uns mit der Macht deiner Gottheit
zu Hilfe gekommen und
hast uns durch deinen menschgewordenen Sohn
Rettung und Heil gebracht
aus unserer menschlichen Sterblichkeit.
So kam uns aus unserer Vergänglichkeit
das unvergängliche Leben
durch unseren Herrn Jesus Christus.
Durch ihn preisen wir jetzt und in Ewigkeit
dein Erbarmen und singen mit den
Chören der Engel das Lob
deiner Herrlichkeit:
Heilig ...
MB Sonntage 3
- Mahlspruch1
Bibel
Der Herr ist mein Hirte, nichts wird mir fehlen.
Er lässt mich lagern auf grünen Auen
und führt mich zum Ruheplatz am Wasser.
(Ps 23 (22), 1-2)
Oder:
Christus spricht:
Kommt alle zu mir, die ihr euch müht und schwere Lasten zu tragen habt,
ich will euch Ruhe schaffen.
(Mt 11,28)
Oder:
Das ist mein Gebot:
Liebt einander, so wie ich euch geliebt habe.
Es gibt keine größere Liebe,
als wenn einer sein Leben für seine Freunde hingibt.
(Joh 15,12-13)
- Meditation2
Helene Renner (2021)
Gott fordert nichts von mir
was ich nicht geben kann
weil ich es nicht habe
Ich brauche mich nicht
mit anderen zu messen
weil er
mich nicht an anderen misst
Gott schaut auf mein Herz
Er gab mir Begabungen
Fähigkeiten
Zeit und Geld
und viel Liebe
und die Kraft
all das zu schenken
an die, die es brauchen
an die Menschen,
die er mir zur Seite gestellt hat
Letztlich ihm zu schenken
ihm
der mir alles gegeben hat
Bernhard Rathmer (2012)
tragen
ertragen
mittragen
sprechen
versprechen
zusprechen
achten
gut achten
beachten
hoffen
glauben
lieben
(Bernhard Rathmer)
- Schlussgebet1
Messbuch - SG 32. Sonntag: erhalte in uns deinen Geist
Wir danken dir, gütiger Gott,
für die heilige Gabe,
in der wir die Kraft von oben empfangen.
Erhalte uns in deinem Geist
und lass uns dir stets aufrichtig dienen.
Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn.
MB 32. Sonntag im Jahreskreis
- Gebet zum Abschluss3
Martin Stewen (2024)
Barmherziger Gott,
wir haben im Wort vom Heil
und im Sakrament von Brot und Wein
deine Nähe und Zuwendung erfahren.
Dafür danken wir dir.
Lass uns daraus Kraft und Mut schöpfen,
wenn wir in der Zuwendung zu unseren Nächsten
Zeugnis von deiner Barmherzigkeit ablegen wollen.
Das erbitten wir durch ihn,
der für uns gegenwärtig geworden ist,
Christus, unseren Bruder und Herrn.
Beatrix Senft (2021)
Guter Gott,
reich beschenkt durch dein Wort
und durch die Gemeinschaft des Mahles
gehen wir in die neue Woche.
Lass uns in ihr achtsam schauen auf das,
was uns im Großen und Kleinen geschenkt wird
und das auch dankend anerkennen.
Und mach uns wachsam,
wo wir andere beschenken können,
mit unserer Zuwendung
und mit allem, was sie lebensfähig erhält.
Für deine schenkende Liebe danken wir dir,
heute und allezeit. – Amen.
Manfred Wussow (2012)
Schauen wir auf unser Leben zurück,
liebender, barmherziger Gott,
sind wir reich beschenkt.
Du begleitest uns auch in die neue Woche.
Manche Herausforderung brauchen wir,
manche fürchten wir.
Wir bitten dich um deinen Segen.
Für uns,
für die Menschen, die wir lieben,
für die Menschen, denen wir begegnen,
auch für die, die uns fremd bleiben.
Lass uns in deinem Frieden leben
bis du vollendest, was wir nicht vollenden können.
Durch unseren Herrn und Bruder Jesus Christus. Amen.
Von Raben gefüttert
O, Elija,
wie groß dein Vertrauen
zum Herrn
loszugehen
auf sein Wort
geschickt in eine Zeit
die Mangel
verheißt
vertrauend
vom Quellwasser und
vom Futter der Raben
leben zu können
treue Tiere
sich treu
ein Leben lang
aber selber gefräßig
ich erlebe sie seit Monaten
sie sind als Pärchen
täglich in meinem Leben
haben sich in mein Leben „geflogen“
kommen mittlerweile auf Pfiff
warten auf mein Futter
fliegen über weite Strecken
hinter mir her
kommen jetzt schon
bis an meine Haustür
o Elija
mit ihnen
hat Gott dir „Treue“
zugesprochen
SEINE TREUE
und die Treue
der Vögel
auch bei mir -
auch in schweren Zeiten -
einfach da
und wenn auch ich sie füttere
fühle ich mich
gefüttert von ihnen
lächle schon am frühen Morgen
wenn sie mich „ankrähen“
weil das Futter nicht schnell
genug kommt
freue mich
wenn sie
im dichten Vorbeiflug
signalisieren
„wir sind schon da“
Elija und ich
„gefüttert“ von Raben
gesättigt von der Treu
die Gott uns schenkt
Beatrix Senft, unveröffentlicht.
Martin von Tours
Die vermutlich älteste Darstellung der Mantelteilung
Um 975 ist die älteste uns erhaltene Darstellung der Mantelspende entstanden, eine Miniatur, die vermutlich nach einem Wandgemälde in der längst zerstörten Grabeskirche des hl. Martin in Tours gestaltet ist. Sie befindet sich in einem Fuldaer Sakramentar, das heute in der Universitätsbibliothek in Göttingen (fol-113r-hl-martin) aufbewahrt wird.
Ganzer Beitrag:
www.martinsjahr.bistum-trier.de/legenden-spirituelles/mantel-geteilt-das-aelteste-bild/
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Gebet
Allmächtiger Gott, nimm von mir allen eitlen Sinn, alles Streben nach Lob, allen Neid, alles Begehren, jede Unersättlichkeit, Trägheit und Wollust, alle Neigung zum Zorn, alle Rachsucht, alle Schadenfreude, alle Lust daran, andere zum Zorn und Arger zu reizen, alle Lust daran, andere in Bedrängnis und Not zu tadeln und zu verletzen.
So gib mir, guter Gott, einen demütigen, bescheidenen, ruhigen, friedlichen, geduldigen, barmherzigen, gütigen, zarten und zu Mitleid fähigen Sinn, kurz, alle Schattierungen der Nächstenliebe - in allen meinen Worten, in allen meinen Werken, in allen meinen Gedanken, als Vorgeschmack deines heiligen, gesegneten Geistes.
Thomas Morus in: Erhelle meine Nacht. Die 100 schönsten Gebete der Menschheit. Hg. von Benrhard Lang, C.H.Beck Verlag, München 2004.
Die Armut und das Zweite Vatikanische Konzil
Das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965) hat sich ganz besonders der Armenthematik angenommen. So heißt es in der dogmatischen Konstitution über die Kirche Lumen gentium. „Wie aber Christus das Werk der Erlösung in Armut und Verfolgung vollbrachte, so ist auch die Kirche berufen, den gleichen Weg einzuschlagen, um die Heilsfrucht den Menschen mitzuteilen. Christus Jesus hat, ,obwohl er doch in Gottesgestalt war [...] sich selbst entäußert und Knechtsgestalt angenommen' (Phil 2, 6); um unsretwillen 'ist er arm geworden, obgleich er doch reich war' (2 Kor 8,9). So ist die Kirche, auch wenn sie zur Erfüllung ihrer Sendung menschlicher Mittel bedarf, nicht gegründet, um irdische Herrlichkeit zu suchen, sondern um Demut und Selbstverleugnung auch durch ihr Beispiel auszubreiten. Christus wurde vom Vater gesandt, ,den Armen die frohe Botschaft zu bringen, zu heilen, die bedrückten Herzens sind' (Lk 4,18), ,zu suchen und zu retten, was verloren war' (Lk 19,10). In ähnlicher Weise umgibt die Kirche alle mit ihrer Liebe, die von menschlicher Schwachheit angefochten sind, ja in den Armen und Leidenden erkennt sie das Bild dessen, der sie gegründet hat und selbst ein Armer und Leidender war." Die pastorale Konstitution über die Kirche in der Welt von heute Gaudium et spes betont: „ ... dass Christus selbst in den Armen mit lauter Stimme seine Jünger zur Liebe aufruft [...] Es ist jedoch Sache des ganzen Volkes Gottes, wobei die Bischöfe mit Wort und Beispiel vorangehen müssen, die Nöte unserer Zeit nach Kräften zu lindern, und zwar nach alter Tradition der Kirche nicht nur aus dem Überfluss, sondern auch von der Substanz."
Aus: Josef Gelmi, Papst Franziskus – eine Revolution von oben. Ein Gegenbild zur Vergangenheit. topos taschenbücher, Kevelaer 2014.
Sei wachsam
Ein Wahlplakat zerrissen auf dem nassen Rasen,
Sie grinsen mich an, die alten aufgeweichten Phrasen,
Die Gesichter von auf jugendlich gemachten Greisen,
Die Dir das Mittelalter als den Fortschritt anpreisen.
Und ich denk' mir, jeder Schritt zu dem verheiß'nen Glück
Ist ein Schritt nach ewig gestern, ein Schritt zurück.
Wie sie das Volk zu Besonnenheit und Opfern ermahnen,
Sie nennen es das Volk, aber sie meinen Untertanen.
All das Leimen, das Schleimen ist nicht länger zu ertragen,
Wenn du erst lernst zu übersetzen, was sie wirklich sagen:
Der Minister nimmt flüsternd den Bischof beim Arm:
Halt du sie dumm, - ich halt' sie arm!
Sei wachsam,
Präg' dir die Worte ein!
Sei wachsam,
Fall nicht auf sie rein!
Paß auf, daß du deine Freiheit nutzt,
Die Freiheit nutzt sich ab, wenn du sie nicht nutzt!
Sei wachsam,
Merk' dir die Gesichter gut!
Sei wachsam,
Bewahr dir deinen Mut.
Sei wachsam
Und sei auf der Hut!
Du machst das Fernsehen an, sie jammern nach guten, alten Werten.
Ihre guten, alten Werte sind fast immer die verkehrten.
Und die, die da so vorlaut in der Talk-Runde strampeln,
Sind es, die auf allen Werten mit Füßen rumtrampeln:
Der Medienmogul und der Zeitungszar,
Die schlimmsten Böcke als Gärtner, na wunderbar!
Sie rufen nach dem Kruzifix, nach Brauchtum und guten Sitten
Doch ihre Botschaft ist nichts als Arsch und Titten.
Verrohung, Verdummung, Gewalt sind die Gebote,
Ihre Götter sind Auflage und Einschaltquote.
Sie biegen die Wahrheit und verdrehen das Recht:
So viel gute alte Werte, echt, da wird mir echt schlecht!
Refrain
Es ist 'ne Riesenkonjunktur für Rattenfänger,
Für Trittbrettfahrer und Schmiergeldempfänger,
'ne Zeit für Selbstbediener und Geschäftemacher,
Scheinheiligkeit, Geheuchel und Postengeschacher.
Und die sind alle hochgeachtet und sehr anerkannt,
Und nach den schlimmsten werden Straßen und Flugplätze benannt.
Man packt den Hühnerdieb, den Waffenschieber läßt man laufen
Kein Pfeifchen Gras, aber 'ne ganze Giftgasfabrik kannst du kaufen.
Verseuch' die Luft, verstrahl' das Land, mach ungestraft den größten Schaden,
Nur laß dich nicht erwischen bei Sitzblockaden!
Man packt den Grünfried, doch das Umweltschwein genießt Vertrau'n,
Und die Polizei muß immer auf die Falschen drauf hau'n.
Refrain
Wir ha'm ein Grundgesetz, das soll den Rechtsstaat garantieren.
Was hilft's, wenn sie nach Lust und Laune dran manipulieren,
Die Scharfmacher, die immer von der Friedensmission quasseln
Und unterm Tisch schon emsig mit dem Säbel rasseln?
Der alte Glanz in ihren Augen beim großen Zapfenstreich,
Abteilung kehrt, im Gleichschritt marsch, ein Lied und heim ins Reich!
„Nie wieder soll von diesem Land Gewalt ausgehen!"
„Wir müssen Flagge zeigen, dürfen nicht beiseite stehen!"
„Rein humanitär natürlich und ganz ohne Blutvergießen!"
„Kampfeinsätze sind jetzt nicht mehr so ganz auszuschließen."
Sie zieh'n uns immer tiefer rein, Stück für Stück,
Und seit heute früh um fünf Uhr schießen wir wieder zurück!
Refrain
Ich hab' Sehnsucht nach Leuten, die mich nicht betrügen,
Die mir nicht mit jeder Festrede die Hucke voll lügen,
Und verschon' mich mit den falschen Ehrlichen,
Die falschen Ehrlichen, die wahren Gefährlichen!
Ich hab' Sehnsucht nach einem Stück Wahrhaftigkeit,
Nach 'nem bißchen Rückgrat in dieser verkrümmten Zeit.
Doch sag die Wahrheit und du hast bald nichts mehr zu lachen,
Sie wer'n dich ruinier'n, exekutier'n und mundtot machen,
Erpressen, bestechen, versuchen, dich zu kaufen.
Wenn du die Wahrheit sagst, laß draußen den Motor laufen,
Dann sag sie laut und schnell, denn das Sprichwort lehrt:
Wer die Wahrheit sagt, braucht ein verdammt schnelles Pferd.
Refrain
Aus: Reinhard Mey, Alle Lieder. Maikäfer Musik Verlagsgesellschaft mbH, Berlin 1985.
Das Lied der Witwe
Am Anfang war mir das Leben gut.
Es hielt mich warm, es machte mir Mut.
Dass es das alles Jungen tut,
wie konnt ich das damals wissen.
Ich wusste nicht, was da Leben war -,
auf einmal war es nur Jahr und Jahr,
nicht mehr gut, nicht mehr neu, nicht mehr wunderbar,
wie mitten entzwei gerissen.
Das war nicht Seine, nicht meine Schuld;
wir hatten beide nichts als Geduld,
aber der Tod hat keine.
Ich sah ihn kommen (wie schlecht er kam),
und ich schaute ihm zu wie er nahm und nahm:
es war ja gar nicht das Meine.
Was war denn das Meine; Meines, Mein?
War mir nicht selbst mein Elendsein
nur vom Schicksal geliehn?
Das Schicksal will nicht nur das Glück,
es will die Pein und das Schrein zurück
und es kauft für alt den Ruin.
Das Schicksal war da und erwarb für ein Nichts
jeden Ausdruck meines Gesichts
bis auf die Art zu gehen.
Das war ein täglicher Ausverkauf
und als ich leer war, gab es mich auf
und ließ mich offen stehn.
Rainer Maria Rilke, Das Lied der Witwe, in: Die Gedichte. IT 2246. Insel Verlag, Frankfurt und Leipzig 1998.
Sein Scherflein beitragen
In diesem Satz klimpert echtes Kleingeld aus der Geldbörse von Martin Luther. Das Scherflein war eine seit 1480 in Erfurt geprägte Kleinstmünze. Mit diesem Geld aus der Zeit der Bibelübersetzung hat Luther das im Evangelium Gemeinte gut übersetzt. Der Evangelist Markus vergleicht eine arme Frau an der Sammelbüchse mit protzigen reichen Spendern: "Und es kam eine arme Witwe und legte zwei Scherflein ein; das macht zusammen einen Pfennig." (Mk. 12,42). Die auf Aramäisch wohl Peruta, auf griechisch Lepton genannten Münzen waren das Mickrigste, was es gab. Es war übrig gebliebenes jüdisches Kleingeld, das vor der römischen Herrschaft in Palästina geprägt worden war. Die Bronzemünzen stammten aus der Zeit jüdischer Herrscher zwischen 169 und 63 vor Christus. Dass es nicht das Besatzergeld mit dem Bildnis des als Gott verehrten römischen Kaisers war, hat die Münze für Jesus passend erscheinen lassen. Wenn wir heute unser Scherflein beitragen, geht es nur um einen kleinen Beitrag. Der biblische Sinn ist anders: Dort bedeutet es, bis an die Grenzen der eigenen Möglichkeiten zu gehen. Also Vorsicht, wenn man sein Scherflein verspricht!
Psalm 146 (1)
Du meine Seele singe, wohlauf und singe schön
dem, welchem alle Dinge zu Dienst und Willen stehn.
Ich will dem Herrn droben hier preisen auf der Erd;
ich will ihm herzlich loben, solang ich leben wird.
Hier sind die treuen Sinnen, die niemand Unrecht tun,
all denen Gutes gönnen, die in der Treu beruhn.
Gott hält sein Wort mit Freuden, und was er spricht, geschieht;
und wer Gewalt muss leiden, den schützt er im Gericht.
Er ist der Fremden Hütte, die Waisen nimmt er an,
erfüllt der Witwen Bitte, wird selbst ihr Trost und Mann.
Die aber, die ihn hassen, bezahlet er mit Grimm,
ihr Haus und wo sie saßen, das wirft er um und um.
Ach ich bin viel zu wenig, zu rühmen seinen Ruhm;
der Herr allein ist König, ich eine welke Blum.
Jedoch weil ich gehöre gen Zion in sein Zelt,
ist's billig, dass ich mehre sein Lob vor aller Welt.
Paul Gerhardt 1653, in EG 302, 1.4.7 und 8.
Psalm 146 (2)
Lobe den Herren, o meine Seele! Ich will ihn loben bis in' Tod;
Weil ich noch Stunden auf Erden zähle, will ich lobsingen meinem Gott.
Der Leib und Seel gegeben hat, werde gepriesen früh und spat.
Halleluja, Halleluja
Dieser hat Himmel, Meer und die Erden und alles, was darinnen ist, gemacht;
alles muss pünktlich erfüllet werden, was er uns einmal zugedacht.
Er ist's, der Herrscher aller Welt, welcher uns ewig Treue hält.
Halleluja, Halleluja.
Sehende Augen gibt er den Blinden, erhebt, die tief gebeuget gehn;
Wo er kann einige Fromme finden, die lässt er seine Liebe sehn.
Sein Aufsicht ist des Fremden Trutz, Witwen und Waisen hält er Schutz.
Halleluja, Halleluja.
Rühmet, ihr Menschen, den hohen Namen des, der so große Wunder tut.
Alles, was Odem hat, rufe Amen und bringe Lob mit frohem Mut.
Ihr Kinder Gottes, lobt und preist Vater und Sohn und Heilgen Geist!
Halleluja, Halleluja.
Johann Daniel Herrnschmidt 1714, in: EG 303,1.4.6 und 8.
Vom Glück des Gebens
Höchstes Glück ist doch, zu spenden
Denen, die es schwerer haben
Und beschwingt, mit frohen Händen
Auszustreun die schönen Gaben.
Schöner ist doch keine Rose
Als das Antlitz des Beschenkten
Wenn gefüllt sich, o große
Freude, seine Hände senkten.
Nichts macht doch so gänzlich heiter
Als zu helfen allen, allen!
Geb ich, was ich hab, nicht weiter
Kann es mir doch nicht gefallen.
Bertold Brecht, Vom Glück des Gebens, in: ders., Gedichte über die Liebe, Suhrkamp Verlag, Frankfurt 1982.
Dass dein Geschenk du selber bist
Schenke groß oder klein,
Aber immer gediegen.
Wenn die Bedachten
Die Gaben wiegen,
Sei dein Gewissen rein.
Schenke herzlich und frei.
Schenke dabei,
Was in dir wohnt
An Meinung, Geschmack und Humor,
So dass die eigene Freude zuvor
Dich reichlich belohnt.
Schenke mit Geist ohne List.
Sei eingedenk,
Dass dein Geschenk
Du selber bist.
Joachim Ringelnatz,
Verschenkte Sicherheiten
... Das, was uns an dem Text so provoziert, ist, dass wir das Tun der Witwe völlig unvernünftig, vielleicht sogar unverantwortlich finden. Denn sie riskiert, nun anderen zur Last zu fallen. Und offenbar findet Jesus das Tun der Witwe - solche Unvernunft! - gut! Wir leben in einer anderen Zeit, wo jeder selbst vorsorgen soll, nicht nur für den Zahnersatz, auch für die Rente natürlich, da kann man doch so nicht leben! Und in den Ohren derer, die schon lange arbeitslos sind und die jeden Cent zweimal umdrehen müssen, bevor sie ihn ausgeben, mögen solche Worte geradezu wie Hohn klingen! Was hat sich Jesus nur dabei gedacht?
(...)
Jesus greift nicht die Reichen an und er kritisiert hier auch nicht die Bereitschaft zum teilweisen Verzicht - aber trotzdem gibt uns die Geschichte vom Scherflein der Witwe das Gefühl, dass das alles nicht genügt, und auch wenn wir nicht zu den 100 reichsten Menschen der Welt gehören, wir doch immer noch einige Sicherheiten zurückbehalten und nicht alles geben. Die Witwe aber gibt das Ganze - sie gibt alle Sicherheiten auf. Genau das ist es, was uns Jesus mit dem Beispiel der Witwe vor Augen führen will: Dass wir es nicht wagen, ganz bewusst [sehenden Auges] alle eigenen Sicherheiten aufzugeben. Die Witwe tut es, sie schaut nicht auf das Geld, sie schaut nicht auf die Reichen vor ihr und sie kriegt auch keine Minderwertigkeitskomplexe, sie sieht auch Jesus gar nicht dort sitzen - ihr Blick, ja sie selbst ist ganz auf Gott ausgerichtet. Sie vertraut Gott über alle Dinge und so kann sie alles hergeben
(...)
Oft sind es wenige, besonders begnadete Augenblicke, wo wir uns wirklich ganz selbst vergessen, ganz von uns absehen können - wo wir tatsächlich Gott über alle Dinge fürchten, lieben und vertrauen! Da merke ich, dass ich so radikal, wie es Jesus hier seinen Jüngern vor Augen stellt, nicht mit ihm Schritt halten kann. Aber dann begreife ich, dass Jesus hier - in diesem Bild von der armen Witwe - von sich selbst spricht: Er ist diese Witwe, die ganz von sich selbst wegsieht auf Gott und alles hingibt.
(...)
Silke Sauer, Studentenpfarrerin in Erfurt, Predigt in der Augustinerkirche in Erfurt, 27. Februar 2005
Ein See dunkler Erinnerungen
Gedenkstätte für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma. Das Mahnmal liegt im Berliner Tiergarten direkt neben dem Bundestag.
www.zeit.de/kultur/2012-10/fs-mahnmal-sinti-roma-2
Zeit online
Eine Begegnung
Neulich begegnete mir eine ältere Dame - Jahrgang 1912 - auf der Pflegestation im Seniorenheim. Wir kamen kurz ins Gespräch, und plötzlich zog sie eine Münze aus ihrer Tasche: "Die schenke ich Ihnen!" sagte sie. "Vielleicht können Sie die gebrauchen...!"
Ich schaute mir die Münze etwas genauer an: Es war eine Reichsmark aus dem Jahr 1904. Mit silbernem Eichenlaub auf der einen Seite, und dem Reichsadler auf der anderen. Die Münze war für den Gebrauch wertlos geworden - doch ich freute mich über dieses kleine Stück Geld mehr wie über große Geldgeschenke oder andere Gaben. Es war eine Kostbarkeit, die von Herzen kam..., und die ich seitdem mit mir herumtrage.
Aus: Konvent der Kamillianer (Hrsg);Sonntagsgruß zum 32. Sonntag Freiburg 84. Jahrgang 2009.
Von Herz zu Herz
Trösten geschieht vor allem im Reden, im Zusprechen von Worten, die wieder eine Sinn stiften in der Sinnlosigkeit, den jeder Verlust erst einmal verursacht. Aber die Worte dürfen kein bloßes Vertrösten sein. Denn das Vertrösten geht am Menschen vorbei. Ich sage irgend etwas, von dem ich selbst nicht überzeugt bin. Ich nehme Worte in den Mund, die keine Halt geben und keinen Sinn stiften.
Trösten aber heißt, zum anderen hin sprechen, Worte sagen, die ihn erreichen, die ihm ganz persönlich gelten, die zu seinem Herzen vordringen. Trösten heißt, Worte finden von Herz zu Herz, Worte, die aus dem Herzen kommen und nicht auf irgendwelche leeren Floskeln zurückgreifen, Worte, die das Herz des anderen berühren, die ihm einen neuen Horizont eröffnen und ihm einen festen Stand ermöglichen.
Aus: Anselm Grün: Das kleine Buch vom wahren Glück, Herder Verlag, Freiburg /Brsg. Sonderausgabe 2007.
Hunger
Menschen haben Hunger,
Hunger nach Zuneigung und Nähe,
nach Schutz und Geborgenheit,
nach Verständnis und Trost,
nach Zuspruch und Zeit.
Wer stillt ihren Hunger?
Wer teilt mit ihnen,
wenn sie an ihrer Arbeit zerbrechen,
wenn ihnen die Krankheit allen Mut nimmt,
wenn sie die Einsamkeit nicht ertragen,
wenn Kälte und Frost sich ausbreiten,
wenn Hoffnungslosigkeit es Nacht um sie werden lässt?
Wer?
nach Anne Endewitz
Aus: Elmar Simma, Der geschenkte Morgen, 2008 Otto Müller-Verlag, Salzburg-Wien.
Worauf es ankommt
Es kommt nicht darauf an,
wie viel wir tun, sondern
wie viel Liebe wir in das legen,
was wir tun.
Mutter Theresa
Aus: Elmar Simma, Der geschenkte Morgen, 2008 Otto Müller-Verlag, Salzburg-Wien.
Abendgebet für einen guten Tag
Ja gesagt
und auch Nein
zur richtigen Zeit
Menschen getroffen
und Heimat gefunden
am richtigen Ort
Arbeit getan
und den Sinn gewusst
Leben geschmeckt
und verstanden
worden
bis in die Tiefe
Den müden Kopf
in Dein Dunkel gelegt
und die offenen Fragen
an Dein faltiges Herz
ruhewärts
Aus: Benedikta Hintersberger OP, Andrea Kett, Hildegund Keul, Aurelia Spendel OP (Hrsg); Du bist der Atem meines Lebens. Das Frauengebetbuch. Schwabenverlag Ostfildern 2006.
Martin Stewen (2024)
Norbert Riebartsch (2009)
Manfred Wussow (2006)
Bernhard Zahrl (2000)
Hans Hütter (1997)