Äußerer Friede - innerer Friede
In einem Zeitungsartikel habe ich gelesen, dass sehr viele Christen und Christinnen wegen ihres Glaubens verfolgt werden. Sie werden benachteiligt, ausgegrenzt. Welch ein Geschenk ist es doch, wenn ich meinen Glauben leben darf ohne Nachteile, ohne Gefahr für meine Gesundheit befürchten zu müssen, ohne berufliche Nachteile erleiden zu müssen. Sicher hat Jesus diesen Frieden nicht verheißen. Im Gegenteil: er hat Verfolgung denen angekündigt, die an ihn glauben. Weil die Welt die Botschaft Gottes ablehnt. Diese Botschaft steht in vielem dem entgegen, was in der Welt zählt und wichtig ist.
Dennoch: Jesus verheißt uns Frieden. "Der Herr hat zu seinen Aposteln gesagt: Frieden hinterlass ich euch, meinen Frieden gebe ich euch!" So betet der Priester in der Liturgie. Anschließend wird in vielen Gemeinden der Friedensgruß geschenkt. Selbstverständlich soll der kein Streithansel sein, der im Gottesdienst anderen den Friedensgruß schenkt. Doch bei den Worten Jesu merke ich, dass es hier im einen tieferen Frieden geht. Es geht um mehr als um einen Waffenstillstand, eine Abwesenheit vom Krieg.
Um diesen Frieden müssen wir uns auch bemühen. Es geht um einen tiefen Frieden, der mir geschenkt wird, wenn ich Jesus liebe, wenn ich seine Einladung ernst nehme und mein Leben auf ihn aufbaue. Ich bemühe mich, immer mehr von ihm und von seinen Worten geformt zu werden. Dazu ist eines notwendig. Ich muss versuchen, ihn immer tiefer kennen zu lernen, ihn zu begreifen. Da komme ich im Leben niemals an einem Ende. Ich kann ihn nur dann lieben, wenn ich ihn kenne. Ich bin mit ihm eins, ich werde mit ihm eins, wenn ich mich auf ihn einlasse. In jeder Situation meines Lebens sollte ich mich fragen: wie würde Jesus an meiner Stelle handeln? Was sind die Richtlinien seines Verhalten.
Mit Gott eins sein
Frieden - das hat sehr viel zu tun mit Eins-sein. Das hebräische Wort schalom heißt übersetzt: mit Gott eins zu sein. Im Paradies waren die Menschen mit Gott eins. Darum waren sie heil. Dieser Friede ist aber eine Gabe, die daraus erwächst, dass der Mensch versucht, Gott anzunehmen, seine Worte und seinen Willen zu bejahen und zu suchen. Tiefer Friede kann ich nur erfahren, wenn mich Gottes Gegenwart erfüllt. Sie haben dieses Eins-sein verloren, weil sie nicht bereit waren, Gott als Schöpfer anzuerkennen und sich selbst als Geschöpf. Vielmehr wollte und will auch noch der Mensch wie Gott sein.
Doch das kann nur Jesus für sich in Anspruch nehmen. Nur Jesus kann von sich sagen, dass er wie der Vater ist. Wir müssen uns das immer wieder neu bewusst machen. Nur in der Einheit mit Gott kann wirklicher Friede entstehen. Frieden stiften heißt, dass ich versuche, mit Gott und mit den Mitmenschen Einheit zu stiften. Damit sind nicht faule Kompromisse gemeint, damit ist auch nicht gemeint, dass sich der eine auf Kosten des anderen durchsetzt, dass einer nachgibt. Sondern es wird darauf geschaut, was der Wille Gottes sein kann, was für alle gut ist, was dem Reich Gottes dient.
Das zu suchen wird immer unsere Aufgabe sein. Wir leben unseren Glauben ja nicht in einem zeitlosen Raum, wir leben unseren Glauben in unserer Welt, in unserer konkreten Situation, in dieser Zeit. Auch unsere Zeit möchte Antworten bekommen auf die Fragen, möchte Antworten bekommen für ein gelingendes Leben.
Mit Gottes Beistand
Doch sind wir in unserer Aufgabe, das Leben als Christinnen und Christen zu meistern nicht allein. Jesus hat uns seinen Beistand verheißen, den Heiligen Geist. Wenn Johannes schreibt, dass dieser Geist uns an alles erinnern wird, dann heißt das keine Gedächtnisauffrischung, sondern es bedeutet, die Botschaft Jesu immer tiefer zu erfassen, immer besser auf das Leben anzuwenden, immer tiefer von dieser Botschaft bestimmt zu werden. Erfahrungen lassen mich wachsen und reifen. Diese Einsichten sind niemals das eigene Verdienst, sie werden mir geschenkt. Ich muss nur dafür offen sein.
Wir haben ein wunderbares Beispiel in der Apostelgeschichte. Wir hören wie Menschen aufeinander hören, wie sie bereit sind, auf eine neue Situation zu reagieren. Was wäre geschehen wenn, ja wenn Petrus weiter festgehalten hätte, dass sich die Heiden beschneiden lassen müssen.
Wie ist der Glaube zu leben, in unserer Zeit? Was ist denn wirklich wichtig? Sind es die Gesetzte, Gebote, sind es Gewohnheiten, die vielleicht vor langer Zeit ihren Sinn hatten? Gerade die Apostelgeschichte, gerade auch die Worte Jesu im Evangelium zeigen mir: worauf es ankommt, das ist die Liebe. In allem, was Jesus tat, hat er die Liebe gelebt, in seinen Worten, in seinen Taten, in seiner Hingabe an uns und für uns. Wo wir versuchen, die Liebe zu leben, in dem wir füreinander leben, indem wir das miteinander suchen, wo wir annehmen, da ist Gott zu erfahren.
Wo Liebe und Güte wohnen, wohnt der Herr
"Wo die Liebe und die Güte ist, dort nur wohnt der Herr." Daran zeigen wir, dass der Glaube nichts Abstraktes ist, nein, der Glaube wird konkret. Es nutzt nichts "Herr, Herr zu sagen!" und dabei nicht den Willen Gottes zu tun oder zu suchen. Wo wir einander annehmen, wo wir die schwachen annehmen, dort ist Gottes Liebe sichtbar. Gott ist die Liebe. So hieß eine ansprechende Enzyklika des emeritierten Papstes Benedikt XVI. Der Christ ist dort Christ, wo er diese Liebe lebt und sich immer wieder von den Worten Jesu formen und leiten lässt.
"Wo die Liebe und die Güte wohnt, dort nur wohnt der Herr!" Ist das nicht auch ein wenig die Botschaft der Lesung aus der Offenbarung des Johannes? Johannes sieht keinen Tempel. Denn Gott ist der Tempel. Auch kein Licht ist nötig, denn das Lamm, der Inbegriff eines friedlichen Tieres, ist das Licht dieser Stadt. Mit seiner Liebe, mit seiner Friedfertigkeit gibt Jesus das Lamm Gottes seine Antwort auf die Gewalt der Menschen.
Die neue Welt, die Johannes sieht, braucht keinen Tempel, denn Gott ist ihre Mitte, Gott, der die Liebe ist. Es ist einfach, das zu sagen, wenn man nicht verfolgt wird, wenn man nicht um sein Leben fürchten muss: doch Friede, Liebe, das erlebe ich in meinem Herzen, unabhängig wie die äußere Situation ist, weil ich Gott gefunden habe, weil in der Verbindung mit Gott mir wahrer Friede geschenkt wird: "Wo die Liebe und die Güte wohnt, dort nur wohnt der Herr!"