Nein sagen können gegen leere Versprechungen
In meinem Schrank stehen mehrere Bücher über das "Nein sagen" Ehrlich gesagt ist das oft sehr schwer. Nicht Nein sagen zu können, das ist auch schon mal ein Sprachfehler! In diesen Büchern wird deutlich, dass es auch gesund sein kann, Nein zu sagen, dass es gefährlich ist, sich ausnutzen zu lassen. Wer nie Nein sagt, kann krank und ausgebrannt werden. Diese Bücher haben eine gute Absicht. Ich soll mich abgrenzen. Ich darf durch mein ständiges Ja sagen andere nicht in ihrer Bequemlichkeit unterstützen. Manches Mal ist ein Nein für den anderen eher hilfreich. Ich muss mich immer fragen, wann ist es angebracht ist Nein zu sagen, oder wann ist ein Nein auch eine Lieblosigkeit.
Im Evangelium hören wir von zwei Söhnen. Was Jesus da erzählt, das ist eine Erfahrung die Menschen oft machen. Die einen machen leere Versprechungen, die anderen tun mehr als sie versprechen. Wie oft haben wir Ja gesagt, aber ein Versprechen nicht einhalten können. Wie oft haben wir zuerst Nein gesagt, aber dann gemerkt: da braucht uns jemand, da sind wir wichtig und haben eine Bitte oder ein Anliegen doch erfüllt.
Den Willen Gottes TUN
In dem Gleichnis aber geht es um den Willen eines anderen, um den Willen Gottes im Leben der Welt und im eigenen Leben. Dieses Gleichnis erzählt Jesus zuerst den religiösen Führern, denen, von denen man am meisten erwarten könnte, dass sie den Willen Gottes kennen und leben. Sie beschäftigen sich Tag für Tag mit Religion. Tag für Tag verrichten sie Gebete. Tag für Tag lesen sie die Heiligen Schriften. Und doch: Jesus hält ihnen einen Spiegel vor. Es kommt nicht auf die schönen Sprüche an. Es kommt nicht darauf an, Herr, Herr zusagen. Es kommt nicht allein darauf an im Vater Unser zu beten: "Dein Wille geschehe!" Es kommt darauf an, den Willen Gottes zu tun. Es kommt nicht allein darauf an, in die Kirche zu gehen.
Schon bin ich bei mir. Ich merke bei diesen Gedanken, wie sehr ich bei mir selbst gelandet bin. Das heißt: ich spüre, dass ich mich selbst und jeder von uns sich von diesem Gleichnis her fragen muss: bin ich einer, der zwar Herr, Herr sagt, der betet, "Dein Wille geschehe" und dann doch nicht anders leben als die anderen?
Die Möglichkeit umzukehren
Welcher der beiden Söhne bin ich? Diese Frage ist nicht leicht zu beantworten. Beide Söhne aber haben eines nötig: die Umkehr. Der zweite Sohn macht uns Mut. Es ist möglich, sein Leben und seine Entscheidung zu überdenken. Es ist möglich, immer wieder seine Entscheidung für oder gegen Gott, für ein Leben oder gegen ein Leben mit ihm zu ändern.
Den zweiten Sohn stellen hier die Menschen dar, die sich auf die Worte des Johannes hin bekehren. Es sind die Randgruppen, die am meisten verschrien waren: die Zöllner und die Dirnen. Sicher suchen sich viele von den Randgruppen freiwillig die Situation, in der sie leben. Viele andere aber geraten auch unverschuldet hinein, oder wählen ihren Stand aus Verbitterung oder wegen schlechter Erfahrung. Sie alle haben durch die Worte des Johannes gemerkt, dass in ihrem Leben einiges falsch lief. Viele von ihnen kehrten um. Sie wurden anders. Sie haben entdeckt: mit Gott zu leben, bringt Sinn und Erfüllung.
Jeder hat Umkehr nötig
Umkehr hat jeder von uns nötig und notwendig. Auch die Menschen, die versuchen, als Christ zu leben, die sich redlich mühen, Gottes Willen auch zu tun, haben die Umkehr nötig. Niemals darf ich - gerade in meinem Leben mit Gott - sagen: ich bin fertig. Ich brauche mich nicht mehr zu entwickeln. Vielleicht gelingt es mir schon einiges von dem, was Jesus verkündet, in die Tat umzusetzen. Vielleicht spüre ich, wie gut es tut, als Christ zu leben.
Wenn ich ehrlich bin, dann spüre ich aber doch auch, dass ich noch viele Neins in mir trage, dass ich mich in vielem Gottes Willen verweigere. Ich will meinen Willen tun, ich suche mich selber. Nein sage ich, wenn ich denke: das, was wir da hören, das ist doch gar nicht zu leben. Das kann Jesus doch nicht so gemeint haben. Oder ich denke bei mir innerlich, dass es in unserer Situation nicht möglich ist, den Willen Gottes zu tun. Ich muss ja in der Welt bestehen, sonst gehe ich unter. Ich höre das Wort, ich kenne es, finde es auch gut, aber wenn es ernst wird, dann finde ich Ausreden.
Immer wieder neu werden
Wir müssen uns fragen: wo stimmt mein Leben nicht mit dem überein, was ich höre, was ich verkünde. "Wenn ich glaube, ich brauche nicht mehr besser zu werden, dann bin ich schon nicht mehr gut." So ein Wort. Ich muss immer wieder neu werden. Das ist nicht unsere eigene Leistung. Es ist Gottes Handeln an uns. Gott, der durch Ereignisse zu mir spricht, der mir durch Mitmenschen sagen kann, wo ich falsch lebe, dass ich Gottes Gebote und auch die Worte Jesu ernst nehme. Ich kann mich auf redliche Weise mit allem, was mich prägt, auseinandersetzen.
Das ist nötig. Denn es ist auch möglich, den Glauben zu verlieren, abzukommen vom Willen Gottes. Auch durch die Worte des Ezéchiel werden wir ermutigt, uns dort zu ändern, wo es nötig ist. Sie verheißen uns Leben. Je mehr wir in den Glauben hineinwachsen, umso mehr wird unser Leben gelingen. Auch dürfen wir uns nicht ausruhen auf dem, was wir im Glauben erreicht haben. Es ist immer wieder möglich, das Gute aufzugeben. Ich kann als Gerechter mein ach so gerechtes Leben aufgeben, wenn ich unbarmherzig und selbstgerecht bin. Die Menschen, die Jesus mit seinem Gleichnis von den beiden Söhnen zuerst ansprach, haben auch nicht gemerkt, dass sie sich eigentlich innerlich schon von Gott abgewandt hatten.
Mit seinen Worten zeigt Ezéchiel, dass Gott gnädig ist, und immer wieder die Chance eröffnet umzukehren. Jesus nagelt den zweiten Sohn nicht auf sein erstes Nein fest. Er sieht, was der zweite Sohn tut. Jesus sieht, wo wir uns von unserem Nein abwenden, wo wir immer mehr in dem Willen Gottes hineinwachsen.
Im Miteinander den Willen Gottes tun
Auch der Gemeinde von Philippi wird ans Herz gelegt, mit dem Leben und im Miteinander den Willen Gottes zu tun. "Seid unter einander eines Sinnes. Seid untereinander so gesinnt, wie es dem Leben in Christus Jesus entspricht!" Auch uns ist es jederzeit möglich, immer wieder neu anzufangen, immer wieder aufeinander zuzugehen, einander zu ertragen, einander anzunehmen, wie man ist, einander die Hand zum Frieden zu reichen. Das kann gelingen, wenn immer wieder Menschen in die Liebe zu Gott hineinzuwachsen und seinen Willen zu tun suchen.
Die Bücher, die uns das Neinsagen lehren, mögen im zwischenmenschlichen Miteinander helfen. Zu Gott und seinem Willen aber wollen wir nicht Nein sagen, nicht beim Nein bleiben, sondern immer mehr Ja sagen und dieses Ja auch tun.