Lesung aus dem Hebräerbrief.
Jeder Hohepriester wird aus den Menschen genommen
und für die Menschen eingesetzt zum Dienst vor Gott,
um Gaben und Opfer für die Sünden darzubringen.
Er ist fähig,
mit den Unwissenden und Irrenden mitzufühlen,
da er auch selbst behaftet ist mit Schwachheit,
und dieser Schwachheit wegen
muss er wie für das Volk
so auch für sich selbst Sündopfer darbringen.
Und keiner nimmt sich selbst diese Würde,
sondern er wird von Gott berufen, so wie Aaron.
So hat auch Christus sich nicht selbst die Würde verliehen,
Hohepriester zu werden,
sondern der zu ihm gesprochen hat:
Mein Sohn bist du. Ich habe dich heute gezeugt,
wie er auch an anderer Stelle sagt:
Du bist Priester auf ewig
nach der Ordnung Melchisedeks.
Er hat in den Tagen seines irdischen Lebens
mit lautem Schreien und unter Tränen
Gebete und Bitten vor den gebracht,
der ihn aus dem Tod retten konnte,
und er ist erhört worden aufgrund seiner Gottesfurcht.
Obwohl er der Sohn war,
hat er durch das, was er gelitten hat,
den Gehorsam gelernt;
zur Vollendung gelangt, ist er für alle, die ihm gehorchen,
der Urheber des ewigen Heils geworden
und wurde von Gott angeredet
als Hohepriester nach der Ordnung Melchisedeks.
Bekanntes wird mit Neuem verbunden, um das Neue begreifbar zu machen. Über die Aufgaben des Hohepriesters wussten die Menschen Bescheid. Das Opfer für sich und die ihm anvertrauten Menschen. Bei Christus war es anders: Er konnte mit seinem Dienst ganz bei den ihm Anvertrauten sein. Diesen Dienst tut er im Auftrag Gottes. Letztlich hat Gott die Menschen seinem Sohn anvertraut.
V 1-2: Der Hohepriester ist "aus Menschen genommen" und "für Menschen bestellt". Es werden einige Voraussetzungen und Funktionen genannt, die für jeden Hohenpriester zutreffen müssen: Er muß ein Mensch sein, muß mit unseren Schwächen mitfühlen können, mitfühlen mit den Unwissenden und Irrenden. Er muß solidarisch sein mit der Menschheit. Er hat die besondere Aufgabe, die Beziehung der Menschen zu Gott für diese Menschen zu ordnen. Er vertritt das Volk vor Gott. V 3-4: Infolge der Sünden ist diese Beziehung nicht "in Ordnung". Der Hohepriester muß deshalb Gaben und Opfer für die Sünden darbringen, für die des ganzen Volkes sowie für die eigenen Sünden. Der Hohepriester kann sich seine Würde nicht selbst geben, sondern erhält sie von Gott. Das levitische Priestertum kann aber die Sünde nicht beseitigen. Es kann keine volle und dauernde Gemeinschaft mit Gott bewirken. Das Schuldbewußtsein bleibt und ruft nach immer neuen Sühneopfern. Es fehlt letztlich der Charakter der Ewigkeit: ein Hoherpriester für immer; keine ständige Wiederholung des Opfers, sondern ein Opfer "ein für allemal", eine endgültige Reinigung. V 5-6: Dieser Hohepriester ist "Jesus, der Sohn Gottes". Er ist dieser ewige und erhabene Hohepriester. Er erfüllt die Voraussetzungen: Aus Menschen genommen; für die Menschen bestellt, um Opfer darzubringen; er kann mitfühlen mit unseren Schwächen; er ist selbst versucht worden, aber ohne Sünde; er ist von Gott selbst berufen. Zugleich beseitigt er die Mängel im Alten Bund: Gott hat ihn ein für allemal zum Priesteramt bestellt. Die irdische Liturgie verliert ihren Charakter der Vorläufigkeit. Jesus hat durch seinen Tod ein für allemal Erlösung gebracht. Durch seine Selbsthingabe hat er für sein Volk und für alle Menschen Sühne, Vergebung und Heiligung bewirkt. Das Priestertum Christi ist ein Realität, die auf göttlicher Berufung gründet. Damit ist das alttestamentliche Priestertum endgültig abgeschafft. Christus überbietet und vollendet jedes frühere Priestertum. Weil Christus Gottes Sohn ist, hat Christus das Priestertum gleichsam von Gott geerbt, der ihn als seinen Sohn gezeugt hat.
Norbert Riebartsch (2003)
Feri Schermann (1997)