1. Lesung vom 2. Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr C:
Jes 62,1-5
Lesung aus dem Buch Jesaja:
Um Zions willen kann ich nicht schweigen,
um Jerusalems willen nicht still sein,
bis das Recht in ihm aufstrahlt wie ein helles Licht
und sein Heil aufleuchtet wie eine brennende Fackel.
Dann sehen die Völker deine Gerechtigkeit
und alle Könige deine strahlende Pracht.
Man ruft dich mit einem neuen Namen,
den der Mund des Herrn für dich bestimmt.
Du wirst zu einer prächtigen Krone in der Hand des Herrn,
zu einem königlichen Diadem in der Rechten deines Gottes.
Nicht länger nennt man dich «Die Verlassene»
und dein Land nicht mehr «Das Ödland»,
sondern man nennt dich «Meine Wonne»
und dein Land «Die Vermählte».
Denn der Herr hat an dir seine Freude,
und dein Land wird mit ihm vermählt.
Wie der junge Mann sich mit der Jungfrau vermählt,
so vermählt sich mit dir dein Erbauer.
Wie der Bräutigam sich freut über die Braut,
so freut sich dein Gott über dich.
Die vorliegende Perikope entstammt dem sog. Tritojesaja, jenem dritten angehängten Teil des Jesaja-Buches, dessen Autorenschaft in eine nachexilische Zeit gehört. In dieser Zeit, die als Rettung und Neuanfang wahrgenommen wurde, zielt die Verkündigung der Propheten auf einen Gott, der sich seines Volkes doch noch erbarmt - trotz aller Not und allen Leides. Die Verbindung zwischen Gott und den Menschen wird gesehen wie ein Ehebund, der charakterisiert ist durch Rechte und Pflichten.
Der heutige Abschnitt des Jesaja stammt aus dem sogenannten Tritojesaja. Der Text entstand in der Zeit nach der babylonischen Gefangenschaft. Das Volk musste sich und seinen Rhythmus als Volk Gottes finden. Im Bild der Hochzeit zwischen zwei jungen Menschen wird ausgesagt, wie Gott fühlt. Gott empfindet Freude über das Volk, das ihn sucht. Die Botschaft des Textes ist eine doppelte: Vergiss Gott in deinen Aufgaben nicht, aber das wird auch deine Zukunft sein. Im Alltag mit Gott liegt deine Zukunft.
Recht und Gerechtigkeit prägen diesen Abschnitt aus "Tritojesaja", dem dritten Teil des Jesajabuches. Der Prophet spricht mit jener Leidenschaft, die den Propheten des Herrn zueigen ist. Angelpunkt, um den es sich in der Lesungsperikope dreht, ist die Gottesstadt, Jerusalem mit dem Berg des Herrn, dem Zion. An ihr wird die Gerechtigkeit Gottes der Welt offenbar. Der Begriff der Gerechtigkeit ist im Ersten Testament vielschichtig. Gerecht ist einerseits der, der so handelt, dass das Wohl einer Gemeinschaft gesichert ist. Die göttliche Gerechtigkeit ist im Alten Orient oft mit dem Tun des Menschen verbunden. Der Mensch, der gerecht lebt, darf sich der Gerechtigkeit und der Nähe Gottes sicher sein. Letztlich aber geht die Gerechtigkeit von Gott aus. Von ihm kommt die Fähigkeit, sich der Gemeinschaft gegenüber treu und loyal zu verhalten. Gottes Gerechtigkeit ist Quelle von Recht und Ordnung und damit von erfülltem Leben in Israel. Diese Sicht von Gerechtigkeit wird auch in unserem Abschnitt deutlich gemacht. Als Grund dafür, dass in Jerusalem das Licht der Gerechtigkeit erstrahlt, wird genannt: Gott ist mit dieser Stadt. Jerusalem wird Ort der Gegenwart Gottes. Das Verhältnis zwischen dem Herrn und seiner Stadt wird in wunderbaren Worten mit der Beziehung zwischen Bräutigam und Braut verglichen.
Martin Stewen (2013)
Norbert Riebartsch (2010)
Gabi Ceric (2001)