Harter Wettbewerb auf dem Arbeitsmarkt
Wer sich heute auf dem Arbeitsmarkt um eine Stelle bewirbt, muss klare Vorstellungen darüber haben, welche Fähigkeiten sie oder er vorweisen kann, um einen Job zu bekommen. Verschiedene Einrichtungen bieten Schulungen an, um die eine oder andere Anforderung besser erfüllen zu können. Wer eine gut bezahlte Anstellung bekommen will, muss entsprechende Qualifikationen mitbringen. Meist stehen einer offenen Stelle eine große Zahl von Interessenten gegenüber.
Anders ist es in der Kirche. Hier leiden wir an einem zermürbenden Personalmangel. Wir haben viel zu wenige Priester und auch in den übrigen Pastoralberufen herrscht Mangel. Dazu kommt, dass durch Strukturreformen sich das Anforderungsprofil verändert hat. Ein Priester soll sich mit der Kirche identifizieren, ein guter Organisator sein, ansprechend Gottesdienste leiten und predigen können, ein einfühlsamer Seelsorger, umsichtiger Verwalter sein und und und... Nicht zu vergessen eine angemessene tiefe Spiritualität. Ähnliches erwartet man von Gemeindereferentinnen und Pastoralassistenten.
Es geht auch ohne Alleskönner
Als Jesus nach seinem Tod uns seiner Auferstehung in den Himmel aufgefahren ist, war er schier unersetzbar. An seine Qualifikationen kam niemand auch nur annähernd heran. Die Jünger verfielen zunächst in Schockstarre und haben sich zurückgezogen. Zu Pfingsten hat sie der Heilige Geist hinausgeweht und siehe da: sie predigen und treten öffentlich auf. Täglich wurden der jungen Gemeinde, so berichtet die Apostelgeschichte, neue Jesusbegeisterte hinzugefügt.
Es dauerte nicht lange, bis die erste Katastrophe über die junge Bewegung hereinbrach. Stephanus wurde gesteinigt und viele Anhänger des neuen Weges sind aus Jerusalem geflohen und haben sich in alle Windrichtungen zerstreut. Allerdings: Wo sie hinkamen, entstanden neue christliche Gemeinschaften.
Ein reiches Erbe
Im Evangelium haben wir das Gleichnis von den Talenten gehört, die ein Mann, der auf Reisen ging auf seine Knechte verteilt hat. Ein Talent war damals ein Maß für Silbergeld.
Jesus hat seine junge Kirche reich beschenkt, nur waren sich die Jünger dessen zunächst nicht bewusst. Er hinterließ ihnen kein Silbergeld, sondern ein geistiges Erbe. Die Jünger mussten erst lernen, damit entsprechend umzugehen. Offenbar ist das einigen besser gelungen und anderen weniger gut. Das Gleichnis legt nahe, dass es nicht auf den Erfolg ankommt, sondern darauf, dass wir die Talente, die Jesus uns gegeben hat, nicht vergraben oder brach liegen lassen.
Auch wir haben alles, was Jesus seiner Kirche hinterlassen hat. Wir haben seine Frohe Botschaft vom Reich Gottes. Wir haben eine Vielzahl von Erzählungen, wie Jesus mit den Menschen umgegangen ist und wie er gepredigt hat. Und schließlich haben wir seine Zusage, dass er immer bei uns sein werde. Nicht hinterlassen hat er uns ein Budget, mit dem wir entsprechend ausgebildetes Seelsorgspersonal anstellen könnten.
Initiativen von unten
Krisen mit dem kirchlichen Personal hat es im Laufe der Geschichte schon öfter gegeben. Meist waren sie Anlass für neue Initiativen, die dann von unten her entstanden sind. Die meisten Orden haben als Initiativen von unten begonnen. Einzelne Frauen oder Männer haben einen Notstand wahrgenommen und einfach getan, was sie dagegen tun konnten. Sie haben begonnen, Kranke zu pflegen, um die sich niemand gekümmert hat, Kinder zu unterrichten, die keine Chance auf Schulbildung hatten und vieles andere mehr.
In den klassischen Missionsländern wie Südamerika oder Afrika haben Nichtpriester begonnen mit anderen zusammen die Bibel zu lesen und miteinander für sich auszulegen, andere Menschen im Glauben zu unterrichten oder auf andere Weise für die Gemeinschaft aktiv zu werden.
Mit dem Gleichnis von den Talenten ermutigt uns Jesus, mit dem, was er uns hinterlassen hat, zu arbeiten. Dazu gehört das geistige Erbe, das wir vor allem in den Heiligen Schriften vorfinden, aber auch unsere persönlichen Fähigkeiten und Begabungen, mit denen wir von Natur aus ausgestattet sind und die wir entfaltet haben.
Neue Formen des Gemeindelebens
Manches Mal treffe ich auf Gemeinden, die zu klein sind, dass sie einen eigenen Seelsorger bekommen, in denen aber Menschen leben, die nicht zusehen wollen, dass ihr geistliches Leben und ihr Engagement für die gemeinsamen Anliegen verkümmert oder verloren geht. Verschiedene beherzte Initiativen ermöglichen ein Gemeindeleben neuen Stils. Andere wieder - nicht selten sind es Menschen, denen der herkömmliche Gemeindebetrieb zu eng ist - engagieren sich haupt- oder ehrenamtlich in Organisationen, die für die Gesellschaft wichtige Dienste leisten.
Es gibt aber auch Christen, die sich resigniert zurückziehen und beklagen, dass alles nicht mehr so ist, wie es einmal war oder ihren Idealvorstellungen entsprechend sein sollte. Sie warten darauf, dass jemand kommt, der die gewohnten seelsorglichen Aktivitäten nach ihren Vorstellungen fortsetzt. Sie warten auf einen perfekten Superpriester oder Superbischof, der die anstehenden Aufgaben bewältigt.
Roger Schutz, der Gründer der Mönchsgemeinschaft von Taizé, sagte einmal: lebe das, was du vom Evangelium begriffen hast, und sei es noch so wenig. Ich möchte dem hinzufügen: Und nütze dazu die Begabungen und Fähigkeiten, die du ins Leben mitbekommen hast oder die dir im Laufe deines Lebens zugewachsen sind.