Vor einigen Monaten bat mich ein Ehepaar, mit ihnen und ihrer Verwandtschaft anlässlich des 25-jährigen Ehejubiläums einen Gottesdienst zu feiern. Als Evangelientext wünschten sie sich für diesen Anlass die Erzählung von den Emmausjüngern. Sie erkannten eine Reihe von Parallelen in ihrem gemeinsamen Weg als Ehepaar und den Erfahrungen der beiden Jünger. Im Miteinander-gehen, -teilen, -suchen und sich austauschen haben auch sie die Gegenwart des Auferstandenen erfahren, auch wenn sie das oft erst im Rückblick so direkt benennen konnten. Er lebt, er ist da und er geht mit uns mit.
Von den Emmausjüngern lernen
Wo begegnen wir heute dem Auferstandenen? Was können wir uns den beiden Jüngern abschauen?
Sie verweilen bei dem, was sie erlebt und erfahren haben. Ihre Gedanken kreisen um die Ereignisse der letzten Tage und Wochen. Noch haben sie keine ausreichende Erklärung für all das, was sich da abgespielt hat. Zu vieles ist noch offen und ohne Antwort.
Sie teilen ihre Gedanken und ihre Gefühle, ihre Hoffnungen und ihre Trauer miteinander und mit dem Fremden, der sich zu ihnen gesellt.
Sie hören auf das, was ihnen der Fremde zu sagen hat. Sie öffnen sich seiner Sichtweise, obwohl diese gar nicht den eigenen Deutungen entspricht.
Sie hören die oft und oft gehörten uralten Texte der Heiligen Schriften neu und entdecken darin, dass alles so kommen "musste".
Und dann ist da noch das Brotbrechen. Ein zur Gewohnheit gewordener Ritus, in dem die Lebenshaltung Jesu, sein Tun und Denken zusammengefasst war. Nun sehen sie am Fremden, dass dieses Zeichen das ganze Leben Jesu vergegenwärtigt.
Glaube ist ein Geschenk Gottes
Manch einer wird sich nun sagen: Das tue ich doch auch immer wieder in ähnlicher Weise. Warum brennt mein Herz nicht und gehen mir die Augen nicht auf?
Ich denke, wir müssen uns vor der Illusion hüten, wir könnten die Begegnung mit dem Auferstandenen erzwingen, wir könnten sie herbeiführen, wie ein Wissenschaftler ein bestimmtes Ergebnis erzielt, wenn er eine bestimmte Versuchsanordnung genau einhält.
Die Begegnung mit dem Auferstandenen ist kein Experiment, mit dem wir einen wissenschaftlichen Beweis führen können. Die Begegnung mit dem Auferstandenen ist ein Geschenk, eine Gabe des Herrn selbst, die einem mitten im Leben widerfährt. Wir können dazu beitragen, dass wir uns für eine solche Begegnung offen halten.
Wie das Beispiel des eingangs genannten Ehepaares zeigt, begegnet uns der Herr immer wieder in der Begegnung mit anderen Menschen, die in ähnlicher Weise auf der Suche und für eine Begegnung offen sind.
Für mich zählen solche Momente zu den kostbarsten Glaubenserfahrungen. Wenn ich wahrnehme, dass ich in einem persönlichen Gespräch das Herz eines Menschen berühre, und der Gesprächspartner / die Gesprächspartnerin meines. Oder wenn ich erlebe, wie sich Menschen in einem Glaubensgespräch gegenseitig öffnen, sich ganz persönliche Erfahrungen und Gedanken gegenseitig anvertrauen und dabei spürbar wird, dass der Herr mitten unter uns ist.