Lesung aus dem Buch Maleáchi.
So spricht Gott, der Herr:
Seht, ich sende meinen Boten;
er soll den Weg für mich bahnen.
Dann kommt plötzlich zu seinem Tempel
der Herr, den ihr sucht,
und der Bote des Bundes, den ihr herbeiwünscht.
Seht, er kommt!,
spricht der Herr der Heerscharen.
Doch wer erträgt den Tag, an dem er kommt?
Wer kann bestehen, wenn er erscheint?
Denn er ist wie das Feuer des Schmelzers
und wie die Lauge der Walker.
Er setzt sich, um das Silber zu schmelzen und zu reinigen:
Er reinigt die Söhne Levis,
er läutert sie wie Gold und Silber.
Dann werden sie dem Herrn die richtigen Opfer darbringen.
Und dem Herrn
wird das Opfer Judas und Jerusalems angenehm sein
wie in den Tagen der Vorzeit,
wie in längst vergangenen Jahren.
Bevor aber der Tag des HERRN kommt,
der große und furchtbare Tag,
seht, da sende ich zu euch den Propheten Elija.
Er wird das Herz der Väter wieder den Söhnen zuwenden
und das Herz der Söhne ihren Vätern,
damit ich nicht komme
und das Land schlage mit Bann.
Zeitlich befinden wir uns in der ersten Hälfte des fünften Jahrhunderts vor Christus, örtlich in Jerusalem. Die Zeit des babylonischen Exils ist vorüber. Viele sind heimgekehrt und der Tempel in Jerusalem wieder aufgebaut. Die Heimkehrer sind der Willkür der örtlichen Instanzen ausgeliefert. Den Besitz bzw. das Eigentum der Exilanten haben sich natürlich Daheimgebliebene sowie eine nichtjüdische Oberschicht unter den Nagel gerissen bzw. wurden damit seitens der babylonischen Fremdherrschaft belehnt. Die jetzige persische Reichsregierung kümmert sich auch nicht um die Heimkehrer. Viele jüdische Rückkehrer versuchen ihre Situation durch Einheirat in die Oberschicht zu verbessern. Jedenfalls bedeuten diese Zustände eine gewaltige Portion Frustration.
Noch einen weiteren Nährboden hat diese Frustration. Diese ruft den Propheten Maleachi bzw. den unbekannten Propheten, der eben als Maleachi bezeichnet wird, auf den Plan: Im Exil wuchs die Hoffnung und die Vorstellung, dass mit dem Ende des Aufbaues des Tempels in Jerusalem der Messias kommen werde. Da dem nicht so ist, verringert sich die Zahl der Jahwetreuen. Nur wenige halten am Glauben und an dieser Erwartung fest. Viele lassen nicht nur vom Jahweglauben, sondern die Sitten verrohen und Missstände von religiösen Bereichen bis hin in gesellschaftliche treiben Hochkonjunktur.
Maleachi tritt wortstark gegen diese Situation an. Zugleich malt er aus: Ja was ist, wenn der Herr kommt!? Wenn er einzieht in Jerusalem, in den Tempel!? Er kommt zum Gericht! Damit ist nicht eine Vernichtung gemeint! Der Prophet macht deutlich, dass die Hoffnung auf den Messias nicht aufzugeben ist, und er selbst daran weiterhin festhält. Er selbst, der Prophet, ist somit der Bote, der vorausgesandt ist. Dies entspricht dem Schema, dass Herrscher eben Boten vorausschicken, um angekündigt zu werden.
Alfons Jestl (2003)