Die biblischen Lesungen wurden mit freundlicher Genehmigung der Ständigen Kommission für die Herausgabe der gemeinsamen liturgischen Bücher im deutschen Sprachgebiet den Lektionaren 2018 ff entnommen. - © 2024 staeko.net. - vgl. Impressum.
Die Katholischen Bibelwerke in Deutschland, Österreich und Schweiz stellen auf ihren Webseiten ausführliche Kommentare und Anleitungen zum Lesen der biblischen Lesungen für Sonn- und Feiertage zum Download im PDF-Format zur Verfügung. Mit freundlicher Genehmigung der Katholischen Bibelwerke übernehmen wir die Kurzeinleitungen zu den Lesungen.
Predigten vom 24. Dez. 2024 - Weihnachten, in der Nacht (A/B/C)
06. Jan. 2025
Erscheinung des Herrn, Dreikönig (A/B/C)
05. Jan. 2025
2. Sonntag nach Weihnachten (A/B/C)
01. Jan. 2025
Neujahr - Fest der Gottesmutter Maria (A/B/C)
31. Dez. 2024
31. Dezember: Jahresschluss (Sonst.)
29. Dez. 2024
Fest der hl. Familie (C)
26. Dez. 2024
26. Dezember: hl. Stephanus (Fest)
25. Dez. 2024
Weihnachten, am Tag (A/B/C)
25. Dez. 2024
Weihnachten, am Morgen (A/B/C)
24. Dez. 2024
Weihnachten, in der Nacht (A/B/C)
Einführungen zu den Gottesdienstlesungen - Ltg 0
1. Lesung - Jes 9,1-6
Lesung aus dem Buch Jesaja.
Das Volk, das in der Finsternis ging,
sah ein helles Licht;
über denen, die im Land des Todesschattens wohnten,
strahlte ein Licht auf.
Du mehrtest die Nation,
schenktest ihr große Freude.
Man freute sich vor deinem Angesicht,
wie man sich freut bei der Ernte,
wie man jubelt, wenn Beute verteilt wird.
Denn sein drückendes Joch
und den Stab auf seiner Schulter,
den Stock seines Antreibers zerbrachst du
wie am Tag von Midian.
Jeder Stiefel, der dröhnend daherstampft,
jeder Mantel, im Blut gewälzt, wird verbrannt,
wird ein Fraß des Feuers.
Denn ein Kind wurde uns geboren,
ein Sohn wurde uns geschenkt.
Die Herrschaft wurde auf seine Schulter gelegt.
Man rief seinen Namen aus:
Wunderbarer Ratgeber, Starker Gott,
Vater in Ewigkeit, Fürst des Friedens.
Die große Herrschaft
und der Frieden sind ohne Ende
auf dem Thron Davids und in seinem Königreich,
es zu festigen und zu stützen durch Recht und Gerechtigkeit,
von jetzt an bis in Ewigkeit.
Der Eifer des HERRN der Heerscharen
wird das vollbringen.
Die vorliegenden Verse des Jesajabuches sind wohl im letzten Drittel des 8. Jahrhunderts v. Chr. verfasst worden unter dem Eindruck des Syrisch‑Ephraimitischen Krieges. Neben vielen anderen Kleinstaaten wurden auch die beiden Reiche Judas der Herrschaft des assyrischen Königs unterstellt. Kurzum: Es herrschte politisches und kulturelles Chaos. In dieser Zeit verkündet der Prophet Jesaja eine neue Hoffnung: Ein Retter wird kommen und bessere Zeiten brechen heran.
Der Text führt vom Dunkel ins Licht und lädt zu einem großen Jubel ein, vergleichbar nur dem Jubel bei guter Ernte und reicher Beute. "Volle" Bilder also für die angesagte neue Zeit.
Zweimal wird mit einem "denn" die Begründung formuliert: Jahwe zerbricht das Joch - und es wird ein Kind geboren, das auf seinen Schultern Rat, Stärke, Ewigkeit und Heil trägt. In beiden Sätzen, die die Zuverlässigkeit der Verheißung unterstreichen, geht es um einen Schulter-Wechsel: Die Schultern der Menschen, die die Geschichte ihres Lebens und ihres Volkes tragen müssen, werden frei - und Jahwe bürdet einem Kind auf, was Leben und Zukunft verspricht. Die Namen, die das Kind trägt, geben ihm göttliche Würde. In diesem Kontext fällt die Nähe zum ägyptischen Krönungsritual kaum noch auf.
Dass die Worte um 730 v.Chr. geschrieben werden, ist zwar nicht unwichtig zu wissen, aber die mit ihnen verbundenen Erfahrungen und Hoffnungen sind bis heute vielen Menschen vertraut. Jesaja führt aus der Klage heraus. Er sieht schon das Licht, das aufgeht, er hört schon den Jubel, der mitreißt. Jahwe wird die Geschichte wenden. Nicht mit militärischer Intervention, sondern mit einem Kind. Jesaja sieht eine Zeit ewigen Friedens anbrechen mit Recht und Gerechtigkeit als Stützen der Herrschaft.
Israel war vor 722 v. Chr. in zwei kleine Königreiche aufgespalten, in ein Nord- und ein Südreich. Wie die anderen kleinen Königtümer, z. B. Syrien, wurden es von den Großmachtgelüsten der Assyrer bedrängt.
Der Prophet Jesaja trat im Südreich auf und forderte, dass sein Volk und der König ihr Vertrauen allein auf Gott setzen sollen und sich jeglichen Bündnisses mit anderen Völkern enthalten sollen. Die Abhängigkeit von der assyrischen Herrschaft und die kriegerischen Auseinandersetzungen, in welche die beide Reiche geraten sind, sieht Jesaja als Folge des mangelnden Gottvertrauens. Jahwe hat sein Volk im Stich gelassen und ist ihm ferne.
Der vorliegende Text läßt ich in drei Abschnitte gliedern. Zunächst wird in eine Zeit der Bedrängnis hinein Licht und Freude angekündigt. Offenbar wurde die Situation des Volkes als dunkel und niederdrückend empfunden. Dann wird das Zerbrechen der assyrischen Zwangsherrschaft und das Ende der kriegerischen Auseinandersetzungen verheißen. Der Prophet erinnert an den Tag von Midian, als Gideon mit nur 300 Mann ein zahlenmäßig weit überlegenes Heer der Philister schlug und sich Unabhängigkeit und Respekt verschaffte. Der damalige Sieg wurde dem bedingungslosen Vertrauen auf Jahwe zugeschrieben.
Schließlich wir die Geburt eines Kindes angesagt. Auf dieses Kind soll das Volk sein Vertauen setzen. Das Kind trägt große und verheißungsvolle Namen: "Wunderbarer Ratgeber", "starker Gott", "Vater in Ewigkeit" und "Fürst des Friedens". Diese Namen sind das Regierungsprogramm des erwarteten Messias: Er wird mit Klugheit ausgestattet und von Gott selbst eingesetzt sein, wie ein Vater für sein Volk sorgen und eine Friedenszeit heraufführen, in der die Menschen sich entfalten können.
Antwortpsalm - Ps 96,1-3. 11-13a.
Kv - Heute ist uns der Heiland geboren:
Christus, der Herr. – Kv
(Oder GL 635,3)
Singt dem HERRN ein neues Lied,
singt dem HERRN, alle Lande,
singt dem HERRN, preist seinen Namen!
Verkündet sein Heil von Tag zu Tag! - Kv
Erzählt bei den Nationen von seiner Herrlichkeit,
bei allen Völkern von seinen Wundern!
Der Himmel freue sich, die Erde frohlocke,
es brause das Meer und seine Fülle. - Kv
Es jauchze die Flur und was auf ihr wächst.
Jubeln sollen alle Bäume des Waldes
vor dem HERRN, denn er kommt,
denn er kommt, um die Erde zu richten. - Kv
2. Lesung - Tit 2,11-14
Lesung aus dem Brief des Apostels Paulus an Titus.
Denn die Gnade Gottes ist erschienen,
um alle Menschen zu retten.
Sie erzieht uns dazu,
uns von der Gottlosigkeit
und den irdischen Begierden loszusagen
und besonnen, gerecht und fromm in dieser Welt zu leben,
während wir auf die selige Erfüllung unserer Hoffnung warten:
auf das Erscheinen der Herrlichkeit
unseres großen Gottes und Retters Christus Jesus.
Er hat sich für uns hingegeben,
damit er uns von aller Ungerechtigkeit erlöse
und für sich ein auserlesenes Volk schaffe,
das voll Eifer danach strebt, das Gute zu tun.
Martin Stewen (2023)
Manfred Wussow (2007)
Regina Wagner (1999)
Mit dem Brief des Völkerapostels an seinen Freund Titus will Paulus das Leben der Christengemeinde auf Kreta ordnen. In der vorliegenden Perikope entfaltet Paulus weitere Ausführungen seiner Theologie der Gnade. Im Zusammenhang mit dem Weihnachtsfest wird deutlich: Diese Gnade Gottes wird anschaubar, wenn Gott Mensch wird in einer Krippe.
Uns begegnet in diesem kurzen Abschnitt eines ohnehin nur kleinen Briefes das Weihnachtsevangelium in handlicher Form. Der Spitzensatz ist: Gottes Gnade ist erschienen, um alle Menschen zu retten.
Was daraus folgt, ist in wenigen Sätzen zu sagen: Besonnen, gerecht und fromm können wir in dieser Welt leben - während wir auf das Erscheinen der Herrlichkeit Gottes sowie des Retters Christus warten. Prägnant wird auch zum Ausdruck gebracht, dass Gottes Gnade erschienen ist - während wir auf die "selige Erfüllung unserer Hoffnung“ warten. Was wie ein Gegensatz wirkt, der sich einer zeitlichen Ordnung zu entziehen scheint, ist perspektivisch zusammengeführt. Im "wir" sind die Leser nicht mehr unbeteiligte Zuschauer.
Der Schlusssatz hält fest, was er - Christus - schon getan hat: er hat sich (1.) hingegeben, um uns von aller Schuld zu erlösen und (2.) sich ein Volk zu schaffen, das ihm gehört und das Gute tut. Wir betreten mit diesen Worten die "Weihnachtsstube", das "Wartezimmer der Hoffnung".
Mit dem Bekenntnis zu Jesus Christus, dem Retter und Heilbringer, begründet der Verfasser des Titusbriefes die Forderung nach einem gerechten, frommen und besonnenen Leben der Gläubigen.
Zwischen dem ersten und zweiten "Erscheinen" Gottes in Jesus Christus, soll die Kirche als Gemeinschaft erfahrbar werden, die ihr Leben nach den Tugenden gestaltet und so entsprechend Zeugnis von der Heilstat Gottes gibt. Das Vorbild des Titusbriefes ist das hellenistische Ideal eines ordentlichen, frommen und verantwortungsbewußten Lebens. Die Gnade Gottes hat hier eine erzieherische Wirkung, deren Effekt die Lebenshaltung der Gläubigen von den Abgefallenen unterscheidet. In der Entscheidung für den Glauben geschieht ein Abwendung von der Gottlosigkeit und von den irdischen Begierden, die hier aber nicht genauer definiert werden.
Der Blick auf die Erfüllung der Hoffnung nach der Wiederkunft Jesu Christi gehört eng zusammen mit der Forderung nach der Bewährung des Glaubens im gegenwärtigen Leben. Leben und Hingabe Jesu ist für die Kirche Voraussetzung ihrer Existenz, daraus erwächst die Einladung, ja die Verpflichtung für die Gläubigen, das Gute zu tun. Glaube und Handeln sind nicht zu trennen.
Ruf vor dem Evangelium - Lk 2,10-11
Halleluja. Halleluja.
Ich verkünde euch eine große Freude:
Heute ist uns der Retter geboren;
er ist der Messias, der Herr.
Halleluja.
Evangelium - Lk 2,1-14
Aus dem heiligen Evangelium nach Lukas.
Es geschah aber in jenen Tagen,
dass Kaiser Augustus den Befehl erließ,
den ganzen Erdkreis in Steuerlisten einzutragen.
Diese Aufzeichnung war die erste;
damals war Quirinius Statthalter von Syrien.
Da ging jeder in seine Stadt, um sich eintragen zu lassen.
So zog auch Josef
von der Stadt Nazaret in Galiläa
hinauf nach Judäa in die Stadt Davids, die Betlehem heißt;
denn er war aus dem Haus und Geschlecht Davids.
Er wollte sich eintragen lassen
mit Maria, seiner Verlobten,
die ein Kind erwartete.
Es geschah, als sie dort waren,
da erfüllten sich die Tage, dass sie gebären sollte,
und sie gebar ihren Sohn, den Erstgeborenen.
Sie wickelte ihn in Windeln
und legte ihn in eine Krippe,
weil in der Herberge kein Platz für sie war.
In dieser Gegend lagerten Hirten auf freiem Feld
und hielten Nachtwache bei ihrer Herde.
Da trat ein Engel des Herrn zu ihnen
und die Herrlichkeit des Herrn umstrahlte sie
und sie fürchteten sich sehr.
Der Engel sagte zu ihnen: Fürchtet euch nicht,
denn siehe, ich verkünde euch eine große Freude,
die dem ganzen Volk zuteilwerden soll:
Heute ist euch in der Stadt Davids der Retter geboren;
er ist der Christus, der Herr.
Und das soll euch als Zeichen dienen:
Ihr werdet ein Kind finden,
das, in Windeln gewickelt, in einer Krippe liegt.
Und plötzlich war bei dem Engel ein großes himmlisches Heer,
das Gott lobte
und sprach:
Ehre sei Gott in der Höhe
und Friede auf Erden
den Menschen seines Wohlgefallens.
Martin Stewen (2023)
Regina Wagner (1999)
Hans Hütter (1996)
Mit dem Evangelium der Weihnachtsnacht vernehmen wir einen der bekanntesten Texte der Heiligen Schrift, der unsere Traditionen rund um das Fest geprägt hat - wie etwa die Krippenlandschaft oder das Krippenspiel, das der Hl. Franz von Assisi im Jahr 1223 erstmalig begangen hat.
Die Geburtsgeschichte bei Lukas ist von jener Ambivalenz durchzogen, die sich bis zum Tod Jesu durchzieht. Zum einen wird Jesus Sohn Davids genannt, von Engeln verkündet, auf der anderen Seite geschieht seine Geburt unter einfachsten Umständen: beinahe auf der Straße, schließlich in einem Stall.
Das ist die entscheidende Heilserfahrung von Weihnachten: Der große Gott, der uns sein Heilsversprechen gibt, tritt ein in menschliche Begrenztheit. Er wird schließlich leiden und gekreuzigt werden - und auferstehen. Auf genau diesen Weg zum Heil will er die Menschheit mitnehmen. Eine Einladung für alle.
Geburt und Kindheit
Im Gegensatz zum Markusevangelium enthält das Lukasevangelium auch eine Geburts- und Kindheitsgeschichte Jesu, so wie das Matthäusevangelium.
Es fällt auf, daß danach im 3. Kapitel ein eigenständiger Anfang steht, der die vorangehenden Kapitel nicht brauchen würde. Die beiden Kapitel der Kindheitsgeschichte sind stärker vom semitischen Denken und Sprechen geprägt, aber trotzdem finden sich die typischen Stilelemente des Lukas. Auch sind hier schon fast alle theologischen Themen formuliert, die im weiteren Evangelium aufgegriffen und entfaltet werden.
Zeitlich ist die Abfassung des Lukas nach dem Jahr 70 n. Chr. (Zerstörung des Jerusalemer Tempels) anzusetzen. Die Trennung zwischen Judentum und Christentum ist noch nicht endgültig, die lukanischen Gemeinden rechnen sich noch zum Judentum. Gerade die Personen, die in der Kindheitsgeschichte vorkommen, sollen die Verbindung zum sogenannten Alten Testament deutlich machen. Als gläubige Juden verstehen sie die Geburt Jesu als Kommen des Messias, den Anbruch der Heilszeit Gottes. Ihr Handeln setzt Maßstäbe für Nachfolge Jesu.
Nicht irgendwann
So sorgfältig, wie er das ganze Evangelium gestaltet und formuliert, arbeitet er auch hier. Es liegt ihm sehr viel daran, die Geburt Jesu in die konkreten geschichtlichen Umstände hineinzustellen und auf die Weltgeschichte zu beziehen, Ähnliches tut er auch bei der Erzählung von der Auferstehung.
Trotzdem sind die historischen Fakten nur der Rahmen, es geht ihm nicht um Geschichtsschreibung, sondern um die Verkündigung der frohen Botschaft.
Die Hoffnungen des jüdischen Volkes auf einen königlichen Messias dachten teils an einen neuen König aus dem Stamm Davids, der sein Volk zur alten Blüte zurück führen sollte, teils daß Gott selbst als König kommen sollte um die Schöpfung unter seiner Herrschaft zur Vollendung zu führen. Für Lukas ist Jesus von Anfang an der Sohn Gottes und gehört zugleich zum Stamm Davids. Deshalb muß er in Bethlehem geboren werden, was er mit der Volkszählung begründet, die Kaiser Augustus (31 v. Chr.- 14. n. Chr.) zur Steuererhebung im ganzen Reich durchführen ließ.
Geboren im Stall
Die Geburt Jesu geschieht im Verborgenen, der Kern der Erzählung liegt in den einfachen und nüchternen Worten der Verse 6-7. Maria bringt ihren Sohn zur Welt, von Elisabeth wurde gesagt: „Sie gebar einen Sohn“ (Lk 1,57). Sie tut, was eine Mutter mit ihrem Kind tut, sie wickelt es und sucht einen Platz wo es geschützt liegen kann.
Die Hirten erfahren von der Geburt des Kindes, als gesellschaftliche Außenseiter stehen sie für die Kleinen, Verachteten, Ausgestoßenen, denen als ersten die frohe Botschaft verkündet wird. Sie sind auch diejenigen, die hören, zuhören, beobachten und sich auch auf den Weg machen. Sie brechen auf und finden das Zeichen, von dem ihnen erzählt wird. Auch wenn Furcht die erste Reaktion des Menschen auf die Nähe Gottes ist, lassen sich die Hirten von der Freudenbotschaft, der Frohen Botschaft aus ihrem Gewohnten herausreißen. Zur Botschaft gehört auch ein Lobgesang: die Engel preisen Gottes Herrlichkeit und verheißen den Frieden für die Menschen auf der Erde, Friede im umfassenden Sinn, weil Gott sich den Menschen zuwendet, die offen für seine Gnade sind.
Die Hirten möchten sich überzeugen von dem, was ihnen gesagt wird, und sie lassen sich überzeugen von dem, was sie sehen. Sie bleiben nicht beim freudigen Staunen, sondern werden zu Verkündern und stimmen ein in den Lobpreis Gottes.
Maria erhält durch die Hirten die Botschaft über ihren Sohn, was sie durch den Engel Gabriel und durch Elisabeth gehört hatte, wird durch die Hirten vertieft. Maria nimmt das Wort in sich auf, die einzelnen Botschaften, wollen zusammengefügt, bedacht und verstanden werden, es ist keine Kleinigkeit was über ihr Kind gesagt wird.
Hören, sich auf den Weg machen, über das Gefundene staunen, zum Glauben kommen und in den Lobpreis Gottes einstimmen sind die Schritte der ersten Zeugen der Botschaft, daß Gottesheilszeit begonnen hat, weil er Mensch geworden ist.
Von der Geburt Jesu erzählen nur das Matthäus- und das Lukasevangelium. In beiden Evangelien bilden die sogenannten Kindheitsgeschichten eine in sich geschlossene Einheit, die sich von den Erzählungen über das Wirken Jesu und seine Passion deutlich abheben.
Lukas bietet eine kunstvolle Komposition, in der die Ankündigung und die Geburt Johannes des Täufers und Jesu gegenübergestellt werden. Grundtenor ist die Schilderung menschlich betrachtet unmöglicher Ereignisse, die nur als von Gott gewirkt verstanden werden können. Ist die Geburt Johannes' des Täufers schon wundervoll genug, wird sie von der Jesu noch bei weitem übertroffen. Die ursprüngliche Darstellung der Geburt Jesu dürfte vom Evangelisten Lukas selbst noch weiter ausgestaltet worden sein. Bevorzugte Motive seiner Theologie (z. B. die Liebe zu den Armen und Kleinen) treten auch in dieser Erzählung hervor.
Der erste Abschnitt erzählt von der Geburt Jesu als einem ganz alltäglichen Ereignis und gibt ihr einen historischen und theologischen Rahmen. Dass es sich dabei nicht um Geschichtsschreibung in unserem heutigen Verständnis handelt, zeigt die Tatsache, daß sich die Volkszählung und die damit in Verbindung gebrachten Namen nicht verifizieren lassen. Vielmehr spricht aus den ersten fünf Versen der Theologe: Die Geburt Jesu fällt in eine Zeit, in der Augustus als unumstrittener Herrscher von messianischem Format Anerkennung genießt. Das Land und Volk, aus dem der Messias hervorgehen soll, wird von Statthaltern dieses großen Regenten beherrscht. Wie tief dieses Volk gesunken ist, zeigt sich in der Tatsache, dass Nachkommen Davids sich der Fremdherrschaft zu unterwerfen haben, indem sie sich in deren Steuerlisten eintragen lassen müssen. In diesen historischen Tiefpunkt des Gottesvolkes fällt die Zeit der Niederkunft. Diese verläuft unspektakulär in einfachen ärmlichen Verhältnissen. Bis hin zu den Windeln nichts Außergewöhnliches.
Was sich sichtbarerweise ereignet hat, ist so alltäglich, dass die Bedeutung dieses Geschehens erst durch einen Engel von Gott selbst offenbar gemacht werden muß. Er offenbart die Größe des Ereignisses einfachen Hirten. Diese wurden von der feinen und gelehrten jüdischen Gesellschaft verachtet und galten als von den Heilserwartungen ausgeschlossen, da sie weder den Sabbat noch die Reinheitsvorschriften halten konnten.
In diesem zweiten Abschnitt spiegelt sich die ganze Jesusgeschichte wider: Jesus, der als Mensch in Erscheinung trat und wirkte, wurde in seiner Göttlichkeit nur von den Einfachen und Schlichten erkannt. Diese betrachten ihr Erkennen als Offenbarung Gottes. Alles, was nach außen hin wahrgenommen und als Zeichen gesehen werden kann, ist so unscheinbar und alltäglich wie ein neugeborenes Kind.
Den Stallgeruch von Betlehem miteinander teilen
Das Krippenspiel von Greccio
Vor 800 Jahren, im Jahr 1223, drei Jahre vor seinem Tod, feierte Franziskus von Assisi das Weihnachtsfest in Greccio, einem kleinen Ort in den Sabinerbergen, auf halbem Weg zwischen Assisi und Rom. Thomas von Celano hat die Lebensgeschichte des Franziskus aufgeschrieben und über das Weihnachtsfest in Greccio steht dort: Etwa zwei Wochen vor Weihnachten ließ Franziskus ihn [Johannes, einen Freund aus Greccio] zu sich kommen und sagte: 'Wenn du möchtest, dass wir in diesem Jahr in Greccio Weihnachten feiern, dann geh schnell an die Vorbereitungen und tue genau das, worum ich dich bitte. Ich möchte die Erinnerungen an das Kind wachrufen, das in Bethlehem geboren wurde, und so greifbar wie möglich mit eigenen Augen die schmerzlichen und ärmlichen Umstände sehen, worunter es zu leiden hatte. Ich möchte sehen, wie es in der Krippe auf Stroh zwischen Ochs und Esel lag'. Johannes bereitete alles so vor, wie Franziskus es ihm aufgetragen hatte. Und dann fand statt, was als erstes Krippenspiel in die Kirchengeschichte eingegangen ist. Der Franziskus-Biograph beschreibt es so: Männer und Frauen jener Gegend kamen mit Fackeln und Kerzen, der Wald füllte sich mit den Stimmen, in den Felsen erklangen freudige Lieder. In der Felsengrotte, die die Einsiedelei der Brüder bildete, war diese Futterkrippe aufgebaut, über der dann der Weihnachtsgottesdienst zelebriert wurde, auch umgeben von Tieren der Bauern.
Sehen, fühlen, riechen
Die Motivation des Franziskus dabei, wir hörten es: so anschaulich wie möglich werden lassen, wie der große Gott in die Begrenztheit und Armut des kleinen menschlichen Lebens tritt. Anders als die Kirche des 13. Jahrhunderts, die weit weg von den Menschen lebte, wollte Franziskus Weihnachten wirklich da feiern, wo es stattgefunden hat: in der Armut eines Stalls, in der Armut der Welt.
Wie hältst du's mit dem Glauben?
Zum umfänglicheren Verständnis dieser Weihnachtssituation von Greccio aus dem Jahr 1223 muss man einen genaueren Blick in die Lebensjahre des Franziskus zuvor werfen. Im Jahr 1219 hat sich Franziskus auf eine Reise in den Nahen Osten begeben. Dort erlebte er die Kriegsheere der mittelalterlichen Kreuzzüge, was ihn einmal mehr an die Schrecken seiner eigenen Zeit als Soldat erinnerte. Und er vernahm zudem auch die massive antiislamische Rhetorik, die diese Kriegssituation geprägt hat. Erschüttert von der Friedlosigkeit zwischen den Religionen ersuchte Franziskus daraufhin um ein Treffen mit dem Sultan in Ägypten. Bei Thomas von Celano heißt es, dass Sultan Malik al Kamil Franziskus in der Stadt Damiette freudvoll empfing, da er mit dem christlichen Bettelmönch vor allem eines teilte: die Begeisterung für Mystik und Spiritualität. Am Ende dieses Treffens soll der Sultan Franziskus die Bitte mit auf den Weg gegeben haben, für ihn zu beten. Die Schrecken des Kreuzzugs sowie diese friedvolle Begegnung mit dem muslimischen Sultan, wenngleich historische Umstände des Treffens teils angezweifelt werden, müssen beim Poverello einen ganz tiefen Eindruck hinterlassen haben. Fortan sah Franziskus Frieden nicht mehr nur als Notwendigkeit zwischen Menschen und Nationen, sondern auch zwischen Religionen.
Friede geht nur mit dem ganzen Menschen
Unter diesem Stern stand damit im Jahr 1223 auch das Weihnachtsfest und das Krippenspiel von Greccio. Franziskus' Leitidee: Wenn wir Frieden haben wollen zwischen Menschen, Nationen, Kulturen, Religionen, dann müssen wir den Stallgeruch des Anderen in der Nase haben, dann müssen wir einander erleben und verstehen wollen, dann müssen wir dicht aneinander dran sein. Nur dann kommt dieser Friede wirklich, den die Engel den Hirten auf den Feldern verkündet haben. Tun wir das nicht, gibt es Krieg und Hass. - Auch das gehörte in den reichhaltigen Erfahrungsschatz des Mannes aus Assisi.
Diese franziskanische Botschaft von Weihnachten dringt an unser Ohr in einer Zeit, die geprägt ist von Wirren und Auseinandersetzungen, die Angst machen. Mit dem Ukrainekrieg geschehen Flucht und Vertreibung in gar nicht so weiter Ferne, mit den Auseinandersetzungen zwischen dem israelischen und dem palästinensischen Volk werden Gräben zwischen den Religionen wieder einmal vertieft, obwohl wir doch gehofft hatten, dass das einmal zu Ende geht. Und mit den schrecklichen Erkenntnissen über die verschiedensten Arten von Missbrauchstaten müssen wir erleben, wie die Erfahrungen von Übelstem auch mitten in unserer Kirche angekommen sind.
Nicht zuerst politisch
Franziskus aber hat mit seinem Krippenspiel von Greccio deutlich gemacht: Wenn Weihnachten nicht nur eine wunderschöne Feier bei Weihrauch und Kerzenschein bleibt, sondern wenn wir auch diese existentielle Ernsthaftigkeit vernehmen können, die die Krippe erfüllt, in der Gott den Stallgeruch der Menschheit annimmt, dann kann dieses Fest der Menschwerdung Gottes wirklich verwandeln. Die Bettelordenbewegung des 13. Jahrhunderts hatte einen deutlichen Einfluss auf den Wandel der Kirche, weil sie die Botschaft vom Heil Gottes wieder echt und ehrlich unter den Menschen gelebt hat. Aber die Botschaft von Weihnachten will nicht nur zum großen politischen, kulturellen und religiösen Wurf ausholen. - Jede und jeder von uns ist mit heineingenommen in die Festidee vom Frieden und kann sie mitgestalten. Friede beginnt nicht nur dann, wenn wir politische Verträge abschließen, die reichlich oft ja auch Makulatur bleiben. Friede beginnt nicht nur dann, wenn wir an gemeinsamen Esstischen Kultur miteinander teilen. Und Friede ist auch nur dann in ersten Schritten getan und muss noch gehörig gedeihen, wenn wir uns interreligiös treffen.
Werde Mensch
Der Friede, den die Engel auf den Feldern von Bethlehem verkündet haben, kann dann passieren, wenn wir - jede und jeder von uns - es machen, wie Gott es vorgemacht hat: wenn wir selbst beim Anderen einkehren, wie Gott bei uns eingekehrt ist. Wenn wir selbst bereit sind, den Stallgeruch des anderen anzunehmen, seine Eigenarten und auch seine Widerspenstigkeiten kennenlernen und aushalten wollen. Wenn wir selbst ganz und gar menschlich sein wollen, wie Gott Mensch geworden ist.
Dann passiert Weihnachten - und das nicht nur am 25. Dezember.
Gott wird Mensch
Weihnachtsstimmung
„Stille Nacht, heilige Nacht…“ - geschlagen ist die Einkaufsschlacht, vorausgesetzt, Sie haben genug Geld für die Geschenke und müssen dafür keine Schulden machen. Ja, es kommt vor, dass die eine oder andere Person übermüdet, erschöpft vor dem Christbaum und den Geschenken steht, was die Festfreude mindert.
Was bedeutet somit dieses Fest mitten in der Nacht für uns? Wieso feiern wir es und gehen sogar noch in die Kirche, wenn man zu vorgerückter Stunde lieber ins Bett kriechen würde? Auf diese Frage wird es viele verschiedene Antworten geben. Wahrscheinlich werden sie alle einigermaßen diesen Ansichten zustimmen können, weil sie eher den schönen Rahmen beschreiben und weniger den Inhalt. Es ist schon richtig, dass Weihnachten auch ein Fest der Sinne und des Geruchs ist, der Christbaum mit seinen Lichteffekten, die Geschenke, das gute Essen, die warme Stube. Der Duft der Weihnachtszeit kommt in viele Wohnungen durch Weihrauch, durch den Duft der Nadelbäume. Später tauchen auch noch die Heiligen Drei Könige auf. Soweit also der Rahmen der einfach dazugehört.
Menschwerdung Gottes
Weihnachten bei fast allen Menschen als tiefe Sehnsucht nach Friede, Hoffnung, nach Freude und Licht in einer oft sehr dunklen und brutalen Welt, vielleicht sind manche Vorstellungen davon auch etwas diffus. Und da kommt Jesus in Menschengestalt in diese Welt, Jesus gibt Orientierungshilfe. Er ist das Licht, damit er uns besonders in den Dunkelheiten des Lebens den Weg, unseren persönlichen Lebensweg zeigt, weil Er Licht, Wahrheit und Leben ist. (Joh 14,6). Somit können wir den eigentlichen Inhalt dieses Festes in einem Satz zusammengefasst formulieren: „Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt.“ (Joh 1,4).
Gott wird ganz Mensch und spricht zu uns durch den logos mit seinen vielen Übersetzungsmöglichkeiten, er spricht durch das Wort zu uns. Gott spricht leise, in Stille zu uns. Also gut hinhören, was Er uns sagt, welche Fragen ER uns stellt, weil ER in der Verkleidung unseres persönlichen Lebens kommt, weil ER auch fragt: Ist da jemand, vielleicht in deiner Umgebung, den du übersehen hast, der gerne mit dir reden würde, der auf ein gutes Wort wartet? Ist da jemand, der sich einsetzt für ein christliches Menschenbild und Unrecht zu benennen wagt, auch dabei Benachteiligung zu riskieren? Ist da jemand, der es selbstverständlich findet, auch für bezahlte Leistungen Danke zu sagen? Ist da jemand, der dringend Hilfe braucht und sie nicht bekommt?
Sehr oft spricht uns Jesus in verschiedenen Menschengestalten an: im traurigen Kind, das keine Weihnachtsgeschenke bekommt, weil Eltern nicht wissen, wie sie Miete und Heizungskosten zahlen sollen, verzagte Erwachsene und auch Jugendliche, deren Beziehungen zu ihrer nächsten Umgebung abgebrochen sind.
Wahrer Friede
In diesen Alltagssorgen liegen die Wurzeln für Unfrieden. Vom Stall in Bethlehem geht Frieden aus, er wird uns versprochen. Friede bedeutet nicht nur kein Krieg oder vorgetäuschte Harmonie, gerade zu Weihnachten. Wie oft wird da explosive Stimmung mühsam niedergehalten? Mit der Geburt Jesu ist uns jener Friede zugesagt, den die Welt nicht geben kann (vgl. Joh 14,27). Das geschieht durch den Beistand des Heiligen Geistes. Wir brauchen ihn nur mit unserem menschlichen Willen anzunehmen. Dieser Friede führt zum ganzheitlichen Wohlergehen auf Erden, auch körperlich/leiblich, geistig/seelisch. Dieser Friede führt zur Freude und zum Glück, die Heilige Schrift nennt das „Leben in Fülle“ (Joh 10,10). Die Hoffnung besteht dann darin, dass er lange anhält. „Mach es wie Gott, werde Mensch!“, ein guter, sehr einprägsamer Vorsatz, der einer ständigen Einübung bedarf. „Frohe Weihnacht“ bedeutet, Freude am Leben, bedeutet inneren Frieden. Ich wünsche Ihnen in dieser Heiligen Nacht, Zugang zu diesem Jesus, der einer von uns geworden ist, ganz Mensch mit allen Höhen und Tiefen.
Unpolitische Weihnachtfreude?
Unpolitische Weihnachten?
Vor einigen Jahren gab es eine öffentliche Diskussion, ob nicht Weihnachtspredigten vielfach lediglich ein Forum für politische Aussagen seien. Dabei müsse es doch vielmehr darum gehen, an einem Fest, wo Menschen sich nach Frieden und Ruhe sehnen, eine nachdenkliche Predigt zu halten, welche den Glauben in Schwingung bringt. Diese Ansicht wiegt in einem Jahr, in dem Ukrainekrieg, Inflation, Energiekrise und Corona wohl jeden von uns beunruhigen, in einem besonderem Maße schwer. So machen wir uns auf die Suche nach besinnlichen Themen im Weihnachtsevangelium, das wir eben gehört haben.
Es beginnt mit: "Kaiser August erließ den Befehl, alle Menschen in Steuerlisten einzutragen." - Wir hören: Israel ist besetztes Land, eine Besatzungsmacht und ihr Führer treten Freiheit mit Füßen, beuten Menschen aus. Ist dies ein Umfeld für Besinnliches? Müsste man sich hier nicht politisch äußern? Darf man einfach schweigen?
Und es geht weiter: "Josef zog nach Judäa, weil er aus dem Haus und Geschlecht Davids war. Er wollte sich eintragen lassen mit Maria, seiner Verlobten, die ein Kind erwartete". - Ein Paar gemeinsam auf dem Weg, die junge Frau, Maria, hochschwanger, aber nicht verheiratet. Undenkbar eigentlich nach damaligen Moralvorschriften, und die Älteren unter uns werden sich auch noch daran erinnern, wie unbarmherzig manche Kirchengemeinden hier bei uns mit Frauen umgegangen sind, die unverheiratet schwanger wurden. Viele Pfarrer haben sich weniger mitfühlend verhalten als Josef, der immerhin seine Frau nicht verstoßen hat, sondern zu sich nahm. Und stehlen sich nicht auch heute noch immer wieder Männer aus der Verantwortung und lassen ihre Frauen im Stich? Schon wieder sind wir in politischen Diskussionen gelandet.
Kommen wir zum nächsten Punkt: "Sie legten es in eine Krippe, weil in der Herberge kein Platz für sie war". – Auch das kennen wir: Wohnungsmangel, zu wenig bezahlbarer Wohnraum... Dies spüren besonders Menschen mit niedrigen Einkommen, Menschen, die hier fremd sind. Und dann noch (bald) mit Kleinkind, Kindergeschrei, Lärm... Auch dieses Thema hat wenig mit weihnachtlicher Besinnlichkeit zu tun.
Aber es bleiben ja noch die Hirten, die Nachtwache bei ihren Herden halten. - Blos: Bei den Hirten kommt schnell die Frage auf nach prekären Arbeitsverhältnissen, nach Menschen, die, so wie die Mitarbeitenden in der Pflege, Tag und Nacht im Einsatz sind, aber nicht besonders üppig entlohnt werden. Und dann bin ich sogar ganz schnell bei all den prekären Beschäftigungsverhältnissen und den daraus resultierenden sozialen Spannungen in unserem Land, den Mitarbeitern in Fleischfabriken und in der Obst- oder Spargelernte, deren Lebens- und Arbeitsverhältnisse weit entfernt sind von dem, was wir unter Sozialverträglichkeit verstehen. - Vertreibt ein tieferer Einstieg in die Thematik uns nicht die Weihnachtsstimmung?
Freudige Weihnachten
Immerhin, da ist noch die Botschaft der Engel: "Fürchtet euch nicht, ich verkünde euch große Freude. Heute ist euch der Retter geboren." Und dann der Engelchor: "Ehre sei Gott in der Höhe, und Friede den Menschen seines Wohlgefallens". - Wir hören es: Gott bricht in das Leben der Hirten, aber auch in unser Leben ein. Eine großartige Zukunft liegt vor uns, wenn wir uns auf diese Botschaft einlassen. Wenn wir uns nicht fürchten über die Botschaft der Engel, wenn wir bereit sind, unser Leben grundlegend zu ändern. Wenn wir umkehren, unserem Leben neue Perspektiven geben. Diese freudige Botschaft wird heute verkündet. Sie kann unsere Herzen frohmachen und Weihnachtsstimmung aufkommen lassen.
Weihnachtsfrieden spüren
Aber vielleicht wundern Sie sich, warum trotz dieser weihnachtlichen Klänge von diesem Frieden so wenig zu spüren ist? Ich kann mir vorstellen, dass dies eben das Ergebnis ist, wenn man von der Weihnachtsbotschaft alles wegstreicht, was einem an Weihnachten nicht wirklich passt. Dann bleibt am Ende nur eine hohle Phrase, die mit der Wirklichkeit nichts mehr gemein hat. Vielleicht ist dies auch das Ergebnis, wenn wir den ganzen politischen Sprengstoff, den die Botschaft des Jesus von Nazareth enthält, auf dem Altar einer rührseligen Weihnachtsduselei opfern.
Möge die Botschaft der Weihnacht bei uns hörbar bleiben!
Gesegnete Weihnachten!
Berührt vom Geheimnis des Lebens
Fröhliche Kinder
"Mein" Weihnachtserlebnis hatte ich dieses Jahr genau eine Woche vor dem großen Fest. Mit vereinten Kräften reinigten wir unsere Kirche und bereiteten sie auf Weihnachten vor. Das hat mich ganz schön angestrengt. Zum Abschluss bekamen wir Besuch von einer Familie unserer Gottesdienstgemeinde. Zusammen mit ihren Patenkindern "inspizierten" sie unsere Arbeit. Der kleine Elias durfte von den Schultern des Patenonkels aus erhöhter Position das Ganze betrachten. Er war "happy" und begrüßte mich mit einem strahlend frohen Gesicht, obwohl wir uns zuvor noch nicht gesehen hatten. Vergessen waren die zurückliegenden Mühen und ich wusste nun spontan, dass ich mich nicht umsonst angestrengt hatte und dass es im Leben noch eine andere Dimension gibt, die ich im Alltag leicht vergesse.
Ein paar Stunden später erlebte ich Ähnliches, als ich von einer Gottesdienstaushilfe in einer anderen Pfarrgemeinde nach Hause ging. Den Kopf hatte ich voll mit schweren Gedanken und Sorgen, die mir auf dem Weg bewusst geworden sind. Wenige Meter vor unserem Haus begegnete mir eine Gruppe von Menschen, sie waren offensichtlich auf dem Heimweg nach einem Spaziergang durch Wiener Weihnachtsmärkte. Ein Bub in einem ähnlichen Alter wie Elias saß auf den Schultern eines großgewachsenen Mannes. Er grüßte mich von weitem mit einem fröhlichen Lachen und fragte mich, wie ich heiße und wo ich wohne. Auch ich fragte ihn nach seinem Namen und wo er wohne. Er erzählte mir, dass er Michael heiße, bezüglich der Wohnung konnte er nur vage die Richtung andeuten…
Diese Begegnungen haben mich aus meinen manchmal trüben Gedanken über die gegenwärtige Situation der Kirche und die Zustände in unserer Welt mit ihren Kriegen, Krisen und Konflikten herausgeholt und weckten in mir Freude und tief gefühlte Hoffnung.
Das Kind in der Krippe
Heute steht, bzw. liegt ein neugeborenes Kind im Mittelpunkt unseres Feierns. Die Umstände, unter denen es zur Welt kam, lösen in vielen Menschen Mitgefühl und Sorgen aus: Der Stall, die winterliche Kälte, die nahe Stadt, in der kein Platz für sie war, das Gefühl des politischen und religiösen Niedergangs im ganzen Lande. Es brauchte wohl eine besondere Gabe, in dieser Situation Engel singen zu hören…
Und dennoch hielt in diesem Moment die Welt den Atem an und einige wenige Menschen waren ergriffen vom Geheimnis des Lebens, das stärker ist als alle Mächte, die das Leben bedrohen.
Der Glaube an einen Gott, der Leben schenkt und Neues entstehen und wachsen lässt, lässt uns einen Moment den Atem anhalten, ehrfürchtig staunen, Leben wertschätzen und dafür dankbar zu sein. Gläubige Menschen sehen in diesem Kind das Göttliche des Lebens und schöpfen daraus Hoffnung und Zuversicht für unsere Welt samt all ihren Krisen. Weihnachten spricht sogar Menschen an, die mit Kirche und Religion nicht viel anzufangen wissen.
Gläubige Christen sehen darüber hinaus in diesem Neugeborenen "das Göttliche Kind", den menschgewordenen Messias, den fleischgewordenen Gott. Für sie hat dieses Kind einen Namen: Jesus, "Gott rettet", Emmanuel, "Gott ist mit uns".
Sich berühren lassen
In den Tagen vor Weihnachten haben wir uns darauf vorbereitet, dass wir fähig sind, das Geheimnis dieses Festes im ursprünglichen Sinn des Wortes wahr-nehmen zu können, die hinter dem Weihnachtstreiben stehende Wahrheit zu entdecken.
In den nun folgenden Tagen werden wir nicht genug darüber nachdenken können, welche Konsequenzen dieses Fest für uns im Umgang mit dem Geschenk des Lebens und des Glaubens an seinen göttlichen Ursprung mit sich bringt.
Für heute genügt es, wenn wir vor diesem Geheimnis des Lebens und des Glaubens innehalten, uns davon berühren lassen, dankbar staunen und den Schöpfer loben. Mehr als alle von uns gemachten "Weihnachtszutaten", mehr als alle Gedankenkonstruktionen wird uns das Berührtsein vom Geheimnis des göttlichen Kindes Hoffnung und Zuversicht für unser Leben schenken.
Ehre sei Gott in der Tiefe!
Sich bücken können
In einer Legende fragt ein Schüler seinen geistlichen Lehrer: „Warum haben früher Menschen Gott gesehen, und warum sehen sie ihn heute nicht mehr?“ Der Meister antwortete: „Weil sich heute keiner mehr tief bücken kann.“
Die Heilige Schrift fasst den Inhalt des Weihnachtsfestes an verschiedenen Stellen so zusammen: „Ein Kind wurde uns geboren, ein Sohn wurde uns geschenkt. Die Herrschaft wurde auf seine Schulter gelegt.“ (Jes 9,5). Oder ganz kurz: „Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt.“ (Joh 1,14). Dieses Johannesevangelium ist so wichtig, dass es während der Weihnachtszeit mit diesem letztgenannten Satz dreimal verkündet wird.
Erste Lesung und Evangelium geben Einblick in die jeweilige Zeitgeschichte, Jesaja selbstverständlich wesentlich früher als das Evangelium. Die Umstände und die politischen Zustände hingegen sind ziemlich gleich geblieben. Im Buch Jesaja (ausgehendes 8. Jhdt. v. Chr.), Zeit der assyrischen Bedrohung Israels von außen, Korruption in der Oberschicht und Gottvergessenheit von innen. Die vielen kriegerischen Auseinandersetzungen werden im Textbild so dargestellt: „Jeder Stiefel, der dröhnend daherstampft, jeder Mantel im Blut gewälzt, wird verbrannt.“ (Jes 9,4). Mantel und Fußbekleidung wärmen in diesem Fall nicht. Der Stiefel ist Zeichen brutaler Machtergreifung, „wie man jubelt, wenn die Beute verteilt wird.“ (Jes 9,2). Das kann man heute sogar in den Medien sehen, dazu auch die vielen unschuldigen Menschen, die im Dunklen leben, nicht nur deswegen, weil ihnen das Licht abgedreht wird durch Zerstörung der Infrastruktur, sondern auch durch die Dunkelheit des Elends und der Hoffnungslosigkeit. Das alles macht krank.
Demut gegen Demütigung
Lukas berichtet im Evangelium von einer Volkszählung zur Zeit des Kaisers Augustus. Das stimmt historisch vermutlich nicht ganz. Mit der Volkszählung ist die Demütigung des Volkes Israels durch die römischen Behörden gemeint. Dieses Volk ist nicht mehr Herr über sein eigenes Vermögen. Die Steuerlisten dienen dazu, um zu sehen, was man an Geld und anderem Vermögen aus dem Volk dieser Provinz noch herauspressen kann. Man wollte auch feststellen, wer von den Männern als Soldat (Realsymbol Stiefel) für den Wehrdienst noch geeignet ist. Das Militär kommt hier ganz schlecht weg. Zur Ehre des Militärs muss man sagen, dass es in einigermaßen zivilisierten Staaten heute auch viele friedensstiftende Aufgaben übernommen hat, etwa Hilfe bei Naturkatastrophen oder in kriegsgefährdeten Gebieten weitere Eskalationen zu verhindern sucht.
Gott wird Mensch unter schlechtesten Bedingungen. Welches Königskind würde heute in einer Höhle oder armseligem Stall zur Welt kommen? Wärme vielleicht durch Windeln, Decke oder die natürliche Wärme der Tiere, Stroh, das nicht unbedingt eine weiche Unterlage bildet. Gott kam als Mensch in die Welt, „aber die Seinen nahmen ihn nicht auf.“ (Joh 1,11). Das geschieht leider heute auch in weiten Kreisen durch Ablehnung, Gleichgültigkeit, Unwissenheit, Ignoranz und Intoleranz. Auf diese Weise kann er in den Herzen dieser Menschen keine Aufnahme finden. Gott ist auch heute bei vielen Menschen auf Herbergssuche. Bedenken wir: Gott kommt in der Verkleidung unseres Lebens und die ist extrem unterschiedlich. So können wir bei der Geburt Jesu von einer „Karriere nach unten“ sprechen.
Pax christiana
Unter Kaiser Augustus - er wird ja im Evangelium genannt - erlebte das römische Imperium die längste Friedensperiode seines Bestehens und auch die Geburt Jesu. Möglich, dass Augustus von der Geburt Jesu überhaupt nichts erfahren hat, nur die Herrscher in den Provinzen zitterten um ihre Macht. Worauf stützt sich diese Macht und die lange Friedenszeit des Augustus? Es ist die PAX ROMANA, die auf Angst, Militär und Gewalt aufbaut, dagegen die PAX CHRISTIANA, die ohne Militär, ohne Angst uns „befreien will von der Gottlosigkeit und den irdischen Begierden“ (Titus 2,12), die uns frei macht, was uns an schlechten Eigenschaften besetzt hält. Jesus ist gekommen, um zu retten und nicht zu richten. Deswegen begibt er sich auf eine „Karriere nach unten“. „Ehre sei Gott in der Tiefe!“ Papst Franziskus erinnert uns fast täglich an die „Option für die Armen“, damit wir nicht nur kurzfristig bei den verschiedenen Spendenaktionen, im Besonderen „Licht ins Dunkel“ Licht in die Welt tragen, sondern möglichst lange denen helfen, die vor Sorgen nicht mehr schlafen können.
Das Evangelium dieser Nacht ist nicht nur gute Nachricht, sondern auch Frohe Botschaft.
Es wird alles ganz anders in dieser Nacht
In dieser Nacht
Es ist nichts anders. In dieser Nacht.
An der Grenze frieren Flüchtlinge. An einer anderen marschieren Soldaten auf. Auf vollen Intensivstationen ringen Menschen mit dem Tod. In den von der Flut im Sommer betroffenen Regionen haben viele ihr Zuhause verloren. Irgendwo in der Einöde wird ein Kind geboren. Es ist nichts anders. In dieser Nacht.
Doch wie viele Menschen in dieser Nacht miteinander verbunden sind! Der Kaiser Augustus und sein Statthalter Quirinius … Maria und Josef mit ihrem ersten Kind, gerade geboren … der König David, Ururururgroßvater … Hirten und … Engel. Nun ja, eigentlich sind Engel keine Menschen – ein großes himmlisches Heer. Aber da wir noch in der Reihe fehlen, kommen wir dazu. Zuschauer, Pilger und Fremde – Neugierige, Enttäuschte und Menschen voller Hoffnung.
Dann bauen wir die Krippe auf. Mit den Figuren, die schon so lange darauf warten, wieder dabei zu sein. Es entstehen zauberhafte Landschaften. Oder auch karge Wüsten. Oder ein Mehrfamilienhaus. Oder ein Flüchtlingslager. Oder ein Gefängnis. Oder eine zerbombte Stadt. Mitten drin – die Krippe. Manchmal muss man sie suchen. Sie wirkt wie verloren. Vielleicht ist sie auch nur versteckt. Damit wir sie finden.
Wie viele Menschen doch in dieser Nacht miteinander verbunden sind! Nur Augustus und sein Statthalter fehlen. An der Krippe. Sie fehlen wirklich! Hier gehörten sie hin! Ochs und Esel können sie nicht vertreten - und tuen es doch.
Nacht
Es zeichnet sich etwas ab. In dieser Nacht.
Zu Weihnachten gehört doch die Nacht. Stille Nacht, heilige Nacht. Alles schläft. Einsam wacht…. Viele Geschichten ranken sich um die Nacht, um die Kälte, um eisige Nächte. Um eisige Herzen.
Im Evangelium erzählt Lukas nichts von einer Nacht. Auffälligerweise. Nur, dass die Herrlichkeit, der Glanz Gottes auf die Erde kommt. Die Spur in die Nacht aber hat ein anderer gelegt. Jesaja. Prophet Israels:
Das Volk, das in der Finsternis ging,
sah ein helles Licht;
über denen, die im Land des Todesschattens wohnten,
strahlte ein Licht auf.
Finsternis ist mehr als Nacht. Es fehlen die Sterne. Es fehlt der Mond.
Finsternis ist die Welt im Dunkeln - das Leben der Menschen verliert sich.
Finsternis ist das Warten ohne Lichtschimmer - die Nacht ist ohne Tag.
Finsternis ist der Tod – er spukt und versteckt sich zwischen allen Zeilen.
Wir kennen die widerstrebenden Gefühle und die verängstigten Blicke,
Wir sind hilflos bei den vielen Schuldzuweisungen und der blinden Aggressivität,
Wir sind überfordert mit Trauer und Verzweiflung vieler Menschen.
Staunend, verwundert hören wir die Engel mit ihrem Lobgesang.
Gibt es noch etwas zu singen? Und zu lachen? Wenn Gott kommt,
wird der Himmel hell und die Erde von Glanz schön.
Denn ein Kind wurde uns geboren,
ein Sohn wurde uns geschenkt.
Die Herrschaft wurde auf seine Schulter gelegt.
Man rief seinen Namen aus:
Wunderbarer Ratgeber, Starker Gott,
Vater in Ewigkeit, Fürst des Friedens.
Kind in der Krippe
Es gibt etwas zu sehen. In dieser Nacht.
Ein Kind hat das Licht der Welt erblickt. Gerade. Eine kleine Notiz im Evangelium. Mehr nicht. Einen Namen hat das Kind auch noch nicht. Da müssen wir noch etwas warten. Es wird nur von einem Kind erzählt. Von einem Kind unter vielen. Nichts Besonderes. Nichts Heiliges. Wenn da nicht die Engel wären, nicht die Worte, nicht der Glanz – ich wüsste nichts. Von Gott auch nicht. Die Windeln soll ich aber sehen. Und die Krippe. Riechen soll ich das Stroh. Es riecht nach Sommer:
Sie – Maria - wickelte ihn in Windeln
und legte ihr Kind in eine Krippe,
weil in der Herberge kein Platz für sie war.
Einfach so: sie legte ihn in eine Krippe.
Ein Kind träumt. Man kann ihm dabei zusehen. Stunde um Stunde. Man kann sich nicht sattsehen.
Ein Kind fängt an. Mit den ersten kleinen Schritten. Vergangenheit hat es noch nicht. Nur Zukunft.
Ein Kind wächst. Es wächst in das Leben hinein. Es erobert sich die Welt.
Ein Kind weint. Warum weint es, fragen die Eltern. Unerfahren. Manchmal verängstigt. Warum?
Ein Kind bockt. Es lernt seine Stimme kennen, es entwickelt einen eigenen Willen, es trotzt.
Ein Kind schmiegt sich an. Es sucht Nähe, Haut, Atem, Liebe.
In der Herberge war kein Platz! Was ist, wenn es in der Welt keinen Platz mehr gibt. Für Menschen? Für ein Kind?
Gott wird Mensch
Es wird etwas anders. In dieser Nacht.
Dass Gott selbst einer von uns Menschen wird, feiern wir. Im ältesten Hymnus – Paulus überliefert ihn – besingen Menschen, dass Gott sich seiner Herrlichkeit, seiner Göttlichkeit, seiner Allmacht entäußert – und den Menschen gleich wird, gehorsam bis zum Tod, ja, bis zum Tod am Kreuz (Phil. 2,5ff)..
Die ersehnte Allmacht Gottes hat Menschen immer schon verführt.
Sie brauchen ihn als Feigenblatt für ihre eigenen Allmachtsphantasien.
Sie nutzen ihn aus für Dummheit und Bequemlichkeit.
Sie verstecken sich hinter ihm, um Geschichte zu schreiben und Geschäfte zu machen – Unterdrückung, Hass und Angst inclusive.
Sie schieben in vor, wenn sie einen Schuldigen brauchen für die von ihnen verkorkste Welt.
Sie können ihn auch gut für ihre Frömmigkeit gebrauchen. Die steht sogar Tyrannen gut.
Gott aber lässt sich nicht länger missbrauchen. Er verlässt den Thron, auf den man ihn bannen wollte! Er wird nicht einfach Mensch – er wird Kind. Er träumt. Er fängt an. Er wächst. - Er weint. Er bockt. Er schmiegt sich an. Die Engel kommen zu ihm. Ihm singen sie das Lied von seiner Ehre. Uns singen sie das Lied vom Frieden.
Die große Herrschaft
und der Frieden sind ohne Ende
auf dem Thron Davids und in seinem Königreich,
es zu festigen und zu stützen
durch Recht und Gerechtigkeit,
von jetzt an bis in Ewigkeit.
So schon Jesaja. Schon wieder. Die Engel.
Was die Herren dieser Welt vergeigen (es können auch Frauen sein), wird im Himmel neu gesungen: Ein Kind trägt die Welt.
Allmächtig ist die Liebe. Nur die Liebe. Sie fängt einfach klein an, sie braucht keine Vergangenheit – nur Zukunft. Manchmal ist sie ganz trotzig. Nähe gewährt sie immer. Sie erobert die Welt.
In dieser Nacht
Es ist alles ganz anders. In dieser Nacht.
Suchen wir Gott, finden wir ihn in einer Krippe.
Sehnen wir uns nach ihm, führt er uns zu Menschen.
Lieben wir ihn, wachsen unter uns Recht und Gerechtigkeit.
Es wird alles ganz anders. In dieser Nacht.
In meinem Kopf, in meinem Herzen, in meiner Welt.
Ich werde anders. In dieser Nacht.
Und der Friede Gottes,
der Nächte hell macht,
der gebe unserem Leben Klarheit.
In Christus Jesus,
unserem Herrn.
Meditation vor der Krippe
Finsternis und Dunkelheit
„Ich steh´ an deiner Krippe hier
und kann mich satt mich sehen“,
so beginnt das Lied des reformatorischen Predigers, Pfarrers und Liedermachers Paul Gerhardt (1607-1676) und so möchte auch ich meine Betrachtungen in dieser hochheiligen Nacht einleiten und dazu aber auch einen Blick auf die Texte, die wir soeben gehört haben, werfen.
Bei der Meditation vor der Krippe kommt mir auch ein Liedtext des Jesuiten Friedrich Spee (1591-1635) in den Sinn. Er hat in der Zeit schwerer Religionskriege gelebt. Sie haben Europa viele Todesopfer gekostet, und es war eine Zeit, in der viele Frauen unschuldig den Tod fanden, weil sie für Hexen, für Unglücksbringer gehalten wurden. Es war eine Zeit voll Leid, Finsternis und Dunkelheit.
„Wo bleibst du Trost der ganzen Welt,
worauf sie all ihr Hoffen stellt?“,
so fragt Friedrich Spee in der 4. Strophe des Liedes „O Heiland reiß die Himmel auf“. Heute überflutet eine Coronawelle nach der anderen den Erdball, Millionen Menschen sind davon betroffen durch Quarantäne, Einsamkeit, Existenzsorgen und Not. Dazu kommen noch Flüchtlingsprobleme. Auch heute viel Dunkelheit und Finsternis. Sie steht nicht nur für das Böse, sondern auch für Unkenntnis, Unsicherheit und Dummheit.
Gottesfinsternis auch bei uns. Sie wird ausgeblendet, indem sehr oft Äußerlichkeiten dieses Festes den Blick auf den Inhalt verstellen. Das süße Weihnachtsbaby in der Krippe, keine Spur von der Beschwerlichkeit irdischen Lebens, das Kind nicht auf weichen Polstern, sondern auf Stroh gebettet, die Armut der Hirten, die sich schon in der Darstellung der Krippenfiguren zeigt.
„Wo bleibst du Trost der ganzen Welt,
worauf sie all ihr Hoffen stellt?“
Im Innersten hält doch jeder Mensch Ausschau nach dem wahren Licht, dem Seelentrost, nach Anerkennung, Liebe, Geborgenheit.
Lehrt nicht auch die Krippe Bescheidenheit, dass wir uns noch mehr darum kümmern sollten, menschliche Grundbedürfnisse wie Wohnung, Kleidung, Nahrung ausreichend zur Verfügung zu stellen, sodass niemand im Elend versinken muss?
Licht durch ein Kind
Auch die 1. Lesung spricht zunächst von Dunkelheit im Sinn von politischen Gewaltmaßnahmen: „Jeder Stiefel, der dröhnend daherstampft, jeder Mantel, der mit Blut befleckt ist, wird verbrannt“, aber dann der Wendepunkt: „Das Volk Israel sieht ein helles Licht, das Freude schenkt.“ Dieses helle Licht ist auch in der Krippe zu sehen, friedvoll, erwärmend, beruhigend.
Ein hilfloses Kind wird gefeiert mit den Grenzerfahrungen dieser Welt. Dieses Kind liefert sich aus mit dem Widerstand von allen Seiten und endet kläglich am Karfreitag, im Tod. Und doch wird Jesus das Böse und den Tod besiegen nicht durch Waffengewalt oder irdische Machtspiele sondern mit der Ohnmacht der Liebe.
Ein weiterer Gedanke an der Krippe kommt aus dem Lukasevangelium: „Und das soll euch ein Zeichen sein: Ihr werdet ein Kind finden, das, in Windeln gewickelt, in einer Krippe liegt.“ Der evangelische Theologe und Kirchenhistoriker Franz Overbeck (1837- 1905) schreibt: „Das Christentum liegt in jüdischen Windeln.“ Das haben wir lange Zeit vergessen mit allen Auswirkungen des Antijudaismus bzw. Antisemitismus. „Nicht du trägst die Wurzel [Jesse], sondern die Wurzel trägt dich.“ (Röm 11,17-20).
Gottes Geschenke
Gott besucht die Menschen. Wenn Gott in Jesus zu Besuch kommt, bringt er Geschenke. Diese können wir allen Evangelien, so auch Lukas entnehmen: Heilung, Rettung, Erlösung, damals und heute. Heute geschieht dies vielfach durch rettende Engel in Menschengestalt. Im Evangelium heißt es: „Heute ist euch in der Stadt Davidsder Heiland geboren.“ Dieser Gedanke wird weitergeführt beim greisen Simeon: „Denn meine Augen sahen dein Heil, das du allen Völkern bereitet hast.“ (Lk 2,30).
Nochmals soll Paul Gerhardt zu Wort kommen mit der letzten Strophe seines Liedes:
„Ich sehe dich mit Freuden an
und kann nicht satt mich sehen
und weil ich nun nichts weiter kann,
bleib ich anbetend stehen.
O, dass mein Sinn ein Abgrund wär
und meine Seel ein weites Meer,
dass ich dich möchte fassen.“
Gott und Mensch stehen so im Mittelpunkt einer unendlichen Heils- und Liebesgeschichte. – Gnadenreiche Weihnachten, Ihnen allen!
Weihnachten ist dort, wo Gott in unser Leben tritt
Ungewöhnliche Weihnachten
Viele Menschen feiern in diesem Jahr Weihnachten an ungewöhnlichen Orten unter ungewöhnlichen Umständen. In diesem Erleben sind sie den Akteuren der Weihnachtserzählungen, Maria, Josef, den Engeln und Hirten näher als in anderen Jahren. Wenn Gott in das Leben eines Menschen eintritt, geschieht das meist auf ungewöhnliche Weise.
"Wann ist Weihnachten?" fragen Kinder in einem Werbespot des Fernsehens. 2020 müssen wir diese Frage abwandeln. Viele fragen sich: Wo ist Weihnachten? Wo können wir in diesem Jahr Weihnachten feiern? Die Reisebeschränkungen hindern nicht wenige daran, Weihnachten mit ihrer Familie zu feiern. Besucherbeschränkungen hindern viele daran, ihre Lieben in Krankenhäusern oder Pflegeheimen zu besuchen und mit ihnen zu feiern. Manche sind positiv getestet worden oder mussten sich als Kontaktpersonen in Quarantäne begeben und können bestenfalls im Fernsehen etwas vom Weihnachtsfest mitbekommen. Manchen bleibt nichts anderes übrig, als den Weihnachtsgottesdienst über das Fernsehen mitzufeiern.
Wo feiern Sie Weihnachten? Wie feiern Sie Weihnachten? Ist das noch Weihnachten? Was kann ich von einem solchen Weihnachtsfest erwarten?
In dieser ungewöhnlichen Situation sind wir gar nicht so fern vom Ur-Weihnachten, von dem uns die Evangelisten Lukas oder auch Matthäus erzählen. Maria und Josef werden sich ihren Aufenthalt in Betlehem auch anders vorgestellt haben. Dass sie zur Geburt ihres Kindes mit einem Stall vorliebnehmen müssen, werden sie sich nicht einmal in Albträumen vorgestellt haben.
Rund um Weihnachten werden in den Gottesdiensten viele alte biblische Erzählungen in Erinnerung gerufen, die berichten, dass Gott für Menschen unerwartet und ganz anders, als sie sich das gewünscht haben, in ihre Leben getreten ist. Wenn Gott zu Menschen kommt, ist das für Menschen auf jeden Fall ungewöhnlich. All diesen Erzählungen ist gemeinsam: Die Begegnung mit Gott kann man nicht machen. Sie geschieht oder geschieht nicht. Sie ist diesen Menschen passiert, widerfahren, geschenkt worden.
Weihnachten widerfährt, geschieht, wird geschenkt
Mehr als in anderen Jahren haben wir 2020 zur Kenntnis nehmen müssen, dass wir nicht alles machen oder erzwingen können, was wir gerne hätten und wie wir es gerne hätten. Uns ist die Pandemie widerfahren und wir haben uns in die Gegebenheiten fügen müssen. Auch Weihnachten können wir nicht machen und erzwingen. Das erleben wir dieses Jahr besonders eindringlich. Leicht verfestigt sich der Eindruck, wenn wir alles richtig machen, alles gut vorbereiten, dann bekommen wir gute Weihnachten. So viel wir für das Weihnachtsfest auch vorbereitet haben, das Eigentliche des Weihnachtsfestes kann niemand erzwingen. Es widerfährt einem, es geschieht, es wird uns geschenkt: Die Begegnung mit lieben Menschen, dass wir sie glücklich erleben oder selbst glücklich sind, die Freude in ihren Augen und in den Augen der Kinder werden uns geschenkt. Auch die Begegnung mit dem Göttlichen, dass Gott uns nahe kommt, in unser Leben tritt, dass wir erfahren, dass Gott da ist, können wir nicht herbeizwingen, es wird uns geschenkt.
Maria, Josef, Engel und Hirten
In der Weihnachtserzählung wurden uns Josef und Maria vorgestellt: sie mussten in all den Ereignissen rund um die Geburt ihres Kindes annehmen lernen, dass Gott sehr ungewöhnliche Wege geht, um seine Pläne mit den Menschen zu verwirklichen. Ich kann mir gut vorstellen, dass sie Wut, Enttäuschung, Verzweiflung erlebt haben, sich am Rand ihrer Kräfte gefühlt haben. Dennoch ist in der Geburt ihres Kindes nicht nur der Retter der Welt, der Erlöser der Menschheit zur Welt gekommen, sondern vor allem Gott in ihr Leben getreten. Im neugeborenen Kind sind sie mit Gott und dem Geheimnis des Lebens in Berührung gekommen.
Erzählt wird uns auch von Engeln. Sie verkünden die Frohe Botschaft von der Menschwerdung Gottes. Sie geben den einfachen menschlichen Ereignissen eine religiöse Deutung. Nur wenige hören ihre Stimmen und nur bei wenigen kommt ihre Frohe Botschaft an. Was die Engel den Hirten über das Kind ausrichten, gilt in gleicher Weise auch uns.
Schließlich wird uns auch noch von Hirten erzählt. Wir wundern uns, wie schnell sie all diese geheimnisvollen Zusammenhänge begreifen. Uns haben sie voraus, dass sie in so einfachen Verhältnissen leben, dass sie den Wahrheiten der grundlegenden Lebenswirklichkeiten näher sind als wir in unseren komplexen Wahrnehmungen. Sie sind einfach offen für die religiöse Dimension dessen, was sie sehen und wahrnehmen, und erleben so eine Gottesbegegnung, die ihnen widerfährt, passiert, geschenkt wird.
Gott ist da, wo auch immer er dich antrifft
Weihnachten 2020 kann für uns trotz aller Widrigkeiten auch eine Chance sein. Die meisten von uns erleben es in ungewöhnlichen Umständen, viele auch an ungewöhnlichen Orten. Wo immer wir sind, Gott kann hier und heute in unser Leben eintreten. Wir können ihm begegnen in der Gestalt des Kindes in der Krippe oder auch in der Begegnung mit Menschen, durch die uns Gott berührt und sagt: Fürchte dich nicht! Ich bin da, mitten in deinem Leben, wo auch immer ich dich antreffe.
Immanuel - Gott mit uns, ohne Wenn und Aber
Alles schwierig
Diese Zeiten sind nicht wahrlich einfach, überhaupt nicht einfach. Sehr herausfordernd. Und es ist deutlich zu merken: Es wird jeden Tag schlimmer. Wo soll das alles noch hinführen? Wie soll das enden? Aber dann geht's doch noch irgendwie: Am Ende finden Maria und Josef auf ihrem Weg von Galiläa nach Judäa kurz vor der Geburt ihres Sohnes einen Platz für die Niederkunft ihres ersten Kindes. Es kommt schließlich zur Welt, unter Umständen, die man heutzutage eigentlich niemanden mehr zumuten möchte. Eigentlich. Die Welt sieht an vielen Stellen dahingehend leider anders aus, als wir das gerne hätten.
Das ist es?
Da liegt er also nun, der neue König der Menschheit, der den König von Israel, Herodes, so erzittern lässt. Auf Stroh, in einem Stall, die Eltern derzeit noch völlig mittellos - die berufliche Karriere Josefs kam erst später ins Rollen -, und die erste Gesellschaft Jesu: Ochs und Esel. Unter einem dramatischen und alles verändernden Heilsereignis, in dem der Messias, der Retter, in die Welt eintritt, haben sich vermutlich alle, die damals drauf gewartet haben, etwas Anderes vorgestellt. Später trudeln statt überschwenglichen Glückwunschadressen Hirten mit ihrer Herde ein. Ein wenig danach ausländische Kaufleute einer anderen Kultur. Die Wirkmächtigkeit dieses Heilsereignisses ließ sich hier nicht einmal erahnen. Wie soll das gehen, was soll da kommen?
Und so geht es weiter: Später wird der Messias ein Wanderprediger, voll von guten Taten und Worten wohl, aber sterben muss er am Kreuz wie ein Verbrecher, weil die Politik was gegen ihn hatte. Ein Kommen und Wirken mit Macht und in Pracht und Herrlichkeit sieht definitiv anders aus.
Das Kreuz - welch herrschaftliches Zeichen
Der Apostel Paulus hat das einmal seinen Gemeindemitgliedern in Philippi so erklärt: "Jesusentäußerte sich und wurde wie ein Sklave und den Menschen gleich. Sein Leben war das eines Menschen; erniedrigte sich und war gehorsam bis zum Tod, bis zum Tod am Kreuz. Darum hat ihn Gott über alle erhöht und ihm den Namen verliehen, der größer ist als alle Namen."
Und das feiern wir jetzt in dieser unserer Zeit, in der wir auch immer wieder feststellen: Es ist wahrlich nicht einfach, überhaupt nicht einfach. Sehr herausfordernd. Und es ist deutlich zu merken: Es wird jeden Tag schlimmer. Und immer wieder fragen wir uns: Wo soll das alles noch hinführen? Wie soll das enden? In dieser Zeit feiern wir die Menschwerdung Gottes. In dieser Not. Klar, wir nehmen diese Zeit unterschiedlich wahr - je nach Intensität der Betroffenheit. Aber selten fühlte sich die Menschheit als Ganze so bedroht wie gerade jetzt während dieser Pandemie.
Und unser Erlöser erscheint mitten darinnen nicht in Herrlichkeit, sondern in einer Krippe.
Auf zu neuen Horizonten
Wer so von außen betrachtend an unser Fest herangeht, wer so dem Kind in der Krippe begegnet, hat zunächst einmal Recht mit seinen Gedanken und Reflexionen. Nach logischen und menschlichen Maßstäben machen solche Bedenken absolut Sinn. Ein mächtiger König und Erlöser in einer Krippe - da stimmt was nicht. Nur: Gott funktioniert weder logisch noch nach menschlichen Maßstäben. Gott ist barmherzig und gnädig, er ist empathisch, er orientiert sich am Wesen des Menschen und dazu gehört auch menschliches Leiden, die Niederungen menschlicher Existenz.
Im alttestamentlichen Buch Exodus spricht Gott noch zu Mose: "Ich bin der Herr, dein Arzt." In der Geburt Jesu ändert sich diese Situation schließlich. Aus dem Arzt, der dem Menschen gegenübersteht, in sein Leben eingreift und der hoffentlich gesünder, weitsichtiger und weiterschauend ist als der Patient Mensch, wird der Gott des Lebens, der nicht mehr nur von außen eingreift sondern mitträgt. Was kein Arzt und kein Therapeut machen darf, nämlich die Krankheiten und Beschwerden seines Patienten annehmen - Gott tut es: Gott kommt in die Not, in das Elend und in die Begrenztheit unserer Existenz und lässt in Christus, unserem Erlöser, wahr werden, was der alttestamentliche Psalmbeter hoffend und glaubend gesprochen hat: "Er führt mich hinaus ins Weite, er befreit mich, denn er hat an mir Gefallen." All die Not, die äußere und die dem Menschen innewohnende, alles, was in die Enge treibt und Ängste bewirkt, wird unter der Herrschaft Gottes wohl nicht einfach so zunichte gemacht und löst sich in Luft auf, aber wird in einen größeren und weiteren Horizont unserer Existenz gestellt und kann so in gläubiger Annahme einen neuen Sinn bekommen.
Klein aber fein
So geht Königsherrschaft auf Gottes Weise. Der Prophet Jesaja bringt diese nach menschlichem Ermessen widersprüchliche Situation in klingende Worte, wenn er die Leute wissen lässt: "Ein Kind wurde uns geboren, ein Sohn wurde uns geschenkt. Die Herrschaft wurde auf seine Schulter gelegt." Damit ist die Menschwerdung Gottes in einem Stall, mit Ochs und Esel als erste Zeugen, gefolgt von Verfolgung und schließlich von der Flucht der Heiligen Familie nach Ägypten nur konsequent gemäß der Heilslogik Gottes.
Damit werden unsere Zeiten nicht einfacher, nicht weniger herausfordernd. Überhaupt nicht. Und vielleicht müssen wir in diesen Tagen der Weihnachtsfeierlichkeiten resigniert feststellen, dass sie den Frust über die Pandemie und ihre üblen Folgen nicht einfach so wegwischen - vor allem dann, wenn wir erleben müssen, dass Vertrautes und sehr Liebgewonnenes wie Begegnungen mit unseren Liebsten nicht möglich sind. Aber die Menschwerdung Gottes in einem Stall lässt uns auch wissen: Gott geht mit durch Hochzeiten des Leben und alle Enttäuschungen, er geht mit durch Berg und Tal - denn er ist: Immanuel - Gott mit uns.
Weihnachten, mehr als ein Geburtstag
Wozu feiern wir "alle Jahre wieder"?
Die Christmette erlebe ich jedes Jahr als ein großes Aufatmen. Zu Ende ist die anstrengende Zeit der Weihnachtsvorbereitungen. Die Geschenke sind gekauft und meistens auch schon übergeben. Das Festessen befindet sich zum Teil schon in Verdauung oder ist zumindest schon vorbereitet. Jetzt haben die meisten Menschen Zeit, sich einander zuzuwenden.
Wozu tun wir uns das jedes Jahr an? Was hat das mit Weihnachten zu tun? Oft wird kritisiert, dass viele, die Weihnachten feiern, gar nicht mehr wissen, warum wir feiern. Meist wird als Grund für das Fest der Geburtstag Jesu angegeben, obwohl wir genau genommen den Termin seiner Geburt gar nicht wissen. Und was feiern jene, die mit Jesus nichts am Hut haben und sich vom Christentum distanzieren?
Weihnachten ist mehr als eine Geburtstagsfeier für Jesus
Wir Christen verbinden mit diesem Fest mehr als eine Geburtstagsparty für Jesus. Wir lesen die großen Erzählungen von seiner Geburt, weil sich darin das zentrale Glaubensgut des Christentums ausdrückt: Das Wohlwollen Gottes gegenüber den Menschen und gegenüber der ganzen Schöpfung ist so groß, dass er selbst Mensch geworden ist und die Lebensrealität der Menschen geteilt hat. Das Kind in der Krippe, seine Geborgenheit bei seinen Eltern, der Willkommensgruß der Hirten sind zum Bild des Wohlwollens und der Liebe Gottes zu uns Menschen geworden. Dieses Motiv hat Jahrhunderte hindurch Dichter, Sänger und bildende Künstler inspiriert und reiches Kunstschaffen hervorgebracht. Die Theologie hat dieses Glaubensgut unter dem Begriff Gnade zusammengefasst. In der Lesung aus dem Brief an Titus haben wir gehört: Die Gnade Gottes ist erschienen, um alle Menschen zu retten.
Zeichen des Wohlwollens und der Liebe
Doch was hat diese theologische Formulierung konkret mit unserem Feiern zu tun?
Unter dem Blickwinkel »Weihnachten als Feier des Wohlwollens Gottes« bekommen unsere weihnachtlichen Feiergepflogenheiten ihren tieferen Sinn.
Mit Geschenken bringen wir auch untereinander unser Wohlwollen zum Ausdruck. Die Kinder, Familienangehörige und Freunde sollen wissen und spüren, dass wir sie gernhaben und dass sie sich auf unser Wohlwollen verlassen können. Und es ist gut, wenn wir dies von Zeit zu Zeit zum Ausdruck bringen und einander spüren lassen. Wir geben an sie das Wohlwollen, das wir von Gott her empfangen haben, weiter.
Liebe geht durch den Magen, heißt es. Auch das zeigen wir uns rund um dieses Fest; Manchmal in einem Ausmaß, dass der Magen überfordert ist. Auch der Brauch, dass wir rund um das Fest Arme, Obdachlose usw. unterstützen, hat damit zu tun. Auch sie sollen spüren können, dass sie nicht abgeschrieben sind.
Das Wertvollste und für viele auch das Schwierigste, das wir uns schenken können, ist Zeit füreinander. Die Weihnachtsfeiertage sind traditionellerweise arbeits- und geschäftsfrei. Der tiefere Sinn liegt darin, dass wir uns in diesen Tagen Zeit füreinander nehmen und so unser gegenseitiges Wohlwollen ausdrücken.
Tücken und Fußangeln
Der Umgang mit diesen symbolischen Akten und Zeichen hat aber auch seine Tücken. Sie sind nicht automatisch Zeichen des Wohlwollens und der Liebe; auch nicht Zeichen des Wohlwollens und der Liebe Gottes. Symbolische Handlungen können leicht unbemerkt andere Bedeutungen bekommen, wenn wir uns nicht immer wieder die Bedeutung bewusstmachen, die wir mit ihnen verbinden.
Geschenke werden leicht ein Konsumgut, wenn wir nicht bewusst darauf achten, dass wir damit Liebe und Wohlwollen ausdrücken wollen. Die Wirtschaft versteht es geschickt, dies für sich zu nützen.
Wenn das Weihnachtsessen nicht auch in einer liebevollen Gemeinschaft eingenommen wird, in der die Liebe, mit der gekocht und zubereitet worden ist, erkannt und an-erkannt wird, bleibt es uns nicht nur im Magen liegen, sondern auch als unverdauter Frust derer, die sich verausgabt haben, in der Seele.
Und wenn die Zeit, die man miteinander verbringt, nicht als Zuwendung und Aufmerksamkeit füreinander gestaltet wird, kann sie zum Gegenteil dessen werden, was wir mit Weihnachten zum Ausdruck bringen wollen. Wir wundern uns dann, dass alte Konflikte gerade zu Weihnachten aufbrechen.
Frohe und gnadenreiche Weihnachten
Im Bild der Krippe mit dem Kind, in der aufopfernden Liebe seiner Eltern und in der Zuneigung der Hirten leuchtet uns die Liebe und das Wohlwollen Gottes auf, das ein jeder von uns in persönlicher Weise in seinem Leben erfahren hat. Dieses Wohlwollen Gottes feiern wir heute mit allen Ausdrucksmöglichkeiten, die uns in den Familien, in unserer Gottesdienstgemeinde und in der Gesellschaft zur Verfügung stehen.
Das Wohlwollen Gottes ist die Basis unseres Glaubens. Es ist auch der Grund unserer Freude, die wir heute einander zeigen und wünschen. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen frohe und gnadenreiche Weihnachten!
Sich durch Gottes Liebe verwandeln lassen
Gott kommt auf schlichte Weise
Die Botschaft von Weihnachten, von der Geburt unseres Erlösers mit all den Ereignissen im Umfeld, ist immer wieder bewegend. Was hat sich Gott in seiner Liebe da nur ausgedacht!
Durch die Propheten war Israel im Auftrage Gottes die Ankunft eines Messias verheißen worden. Sehnsüchtig wurde dieser vom Volk erwartet und sein Kommen erfleht. In Jahwe setzten die Israeliten ihr Vertrauen. Denn oft und immer wieder hatte er sie in der Vergangenheit beschützt, vor Bösem und dem Untergang bewahrt.
Womit die Israeliten allerding nicht gerechnet hatten, war die schlichte Art und Weise der Ankunft des Messias. Noch weniger erahnten sie, dass Gottes Sohn in menschlicher Gestalt als Messias die Erde betreten würde. Aus ihrer menschlichen Sicht stellten sie sich vielmehr vor: Einer aus ihren Reihen würde von Jahwe berufen und mit gewaltiger Macht ausgestattet, um als Triumphator, König oder Kaiser, in jedem Fall aber als Weltenherrscher aufzutreten. Mit der Geburt Jesu stellt Gott das menschliche Denken vollkommen auf den Kopf.
Niemand ist von der göttlichen Liebe ausgenommen
Zugleich gibt er von Anfang an zu erkennen: Niemand wird von seiner göttlichen Liebe ausgeschlossen. Die Hirten gehörten damals zur untersten Schicht im Volk. Sie waren als Diebe verschrien. Alles Mögliche an Bösem traute man ihnen zu. In diesem Milieu, in einem Stall kommt Christus zu Welt.
Mit Staunen soll uns die Reaktion der Hirten erfüllen. Sie, die Einfachen und Kleinen im Volk, lassen sich bewegen, die Botschaft des Himmels an sie ernst zu nehmen. Sie brechen auf zum Kind in der Krippe. Dort erfahren sie, dass alles wahr ist, was ihnen vom Engel gesagt und verkündet wurde. Staunen und tiefe innere Betroffenheit erfüllt sie. Mit großer Freude, Ergriffenheit und Ehrfurcht schauen sie auf Christus, der sich auch ihnen kundtut.
Zu dieser inneren Haltung der Hirten, Betroffenheit und Ehrfurcht, will uns Weihnachten anregen. Da wir das weitere Leben Jesu kennen, sein Wirken in uneingeschränkter Liebe und seine Auferstehung – beide ein Beweis seiner Messianität – ist auch uns bekannt, wer im Menschen Jesus von Nazareth zur Welt kam. Weihnachten ausgiebig und in froher Stimmung den Geburtstag unseres Heilands Jesu Christus feiern, ist goldrichtig. Dabei soll uns gleichzeitig bewusst werden: Dieses Kind in der Krippe möchte wahrhaft und echt geliebt werden, so wie es uns innig liebt. Das Fest Weihnachten geht immer wieder schnell vorüber; aber die Liebe zu Jesus soll in uns gegenwärtig bleiben. Denn sie wird uns befähigen und stärken, bewusst weitherzig zu lieben und alle Tage Gutes neu und vielfältig anzustreben. Wenn das Begehen des Weihnachtsfestes dazu beiträgt, dann feiern wir gelungene und gute Weihnachten.
Sich von der Liebe Gottes verwandeln lassen
Dass Jesu Geburt ausgerechnet den Kleinen und Verachteten verkündet wird, kann und soll uns wahrscheinlich noch zu folgender Überlegung herausfordern. Der Satz, dass sich alle Menschen nach Geliebt-Werden sehen, wird wohl von niemanden bestritten – auch von uns nicht. Aber dann erwischen wir uns immer wieder einmal, dass wir gering über jemanden denken, ihn wegen seines Versagens ablehnen, Nähe und Wohlwollen zu ihm nicht mehr aufkommen lassen. Jesus geht in seiner Liebe als Erstes auf die Verachteten und Abgelehnten zu. Heilige waren die Hirten sicher nicht, aber Hungernde nach Wertschätzung und Anerkennung.
Wie schön wäre es, wenn uns Weihnachten dazu anregen würde, uns neu in unserem Verhalten zu überprüfen. Wie sehr sehnt sich so mancher, seines Versagens wegen oder aufgrund seiner inneren Einstellung und seines Verhaltens nicht abgeschrieben oder gar verachtet zu werden. Welche Hilfe würde ihm gewährt, wenn er durch uns spüren könnte: Wir möchten trotz allem einen gemeinsamen Weg mit ihm gehen. Welch wunderbare Botschaft ginge da von uns aus.
Bert Brecht hat einmal sinngemäß gesagt: Berichte mir nicht lang und breit, was du glaubst und welch hehre Normen du vertrittst; erzähl mir lieber, was durch deinen Glauben und dein Verhalten an Gutem bewirkt wird.
Machen wir aus Weihnachten kein gewöhnliches, eben nur ein alle Jahre wiederkehrendes Fest. Lassen wir uns von Weihnachten und der Geburt Jesu verwandeln zu Menschen, die sich von der Liebe Gottes erfassen lassen, um selbst immer wieder Liebende zu sein – und das nicht nur in den Weihnachtstagen.
Gott begegnet uns im Kind
Strahlende Kinderaugen
Wohl die meisten von Ihnen haben den hl. Abend zu Hause gefeiert. Noch schöner werden solche Stunden, wenn Kinder dabei sind. Das Strahlen froher Kinderaugen bleibt unvergesslich.
Heute sind wir hier vor dem Altar und dem Christkind in der Krippe versammelt. Weihnachtliche Musik, Gesänge und der Kirchenraum im Festtagskleid wollen uns die frohmachende Botschaft näherbringen, dass der unendliche Schöpfergott einer von uns geworden ist und diese Nähe nie mehr aufgibt. Nirgendwo auf der Welt gibt es etwas Vergleichbares. Nirgend anderswo steigt der Höchste herab in die Niederungen unseres Alltags und der Dunkelzonen, um sich unser anzunehmen. Der Größte zeigt damit, dass im Kleinen und Unscheinbaren das Wesentliche, das Göttliche, Platz hat.
Gott begegnet uns im Kind. Ein unauslotbares Geheimnis. Wir können es nur in Ehrfurcht bestaunen und uns beschenken lassen.
Weihnachten, das Fest der Kinder, ist vielleicht deshalb so beliebt, weil es stark jene Seite in uns anrührt, die wir als Erwachsene so leicht vergessen, die wir uns ja »nicht leisten können« im Kampf ums Dasein: unsere Kind-Seite!
Weihnachten lenkt unsere Aufmerksamkeit auf das Kind und will gerade uns Erwachsene entlasten und kindhafte Unbeschwertheit fördern. Denn Erwachsene stufen sich vorwiegend ein nach Ausbildung, Beruf und Leistung. In einer Zeit, in der berufliche Aufgaben und familiäre bis an unsere persönlichen Grenzen fordern, in einer Generation, in der häufiger als früher von Burn-out die Rede ist, will uns die weihnachtliche Botschaft aufatmen lassen.
Ja sagen zum Kind in uns
Da tut es gut, wenn das Kindsein in uns, näherhin das, was in uns keimhaft angelegt ist, angenommen wird und sich entfalten kann. Wenn wir Ja sagen zum Kind in uns, dürfen auch Störfaktoren und Entwicklungsblockaden unserer Kindheit an die Oberfläche kommen. Vor dem Christkind brauchen wir uns nicht mächtig aufzubauen, um groß und unanfechtbar dazustehen. Vor Gott in der Krippe dürfen wir hintreten wie die Hirten und alle Hilfesuchenden, die später vom erwachsenen Heiland geheilt worden sind. Die strahlenden Augen des Christkindes wollen nicht durchbohren und fixieren, sondern mit seinem Licht erfüllen und wärmen. Das Kind in der Krippe befreit uns von Belastungen und Zwängen der Erwachsenenwelt, wo wir uns mit anderen vergleichen und uns selber unter Druck setzen.
Weihnachten möchte das Kind in uns gesund werden lassen. Gemeint sind alle Erfahrungen und Erlebnisse unserer Kindheit. Diese Kindseite in uns steht für unsere innere Freiheit und Fröhlichkeit und ist dem intuitiv Göttlichen sehr verbunden.
Fachleute sagen: So wie wir als Kinder behandelt wurden, behandeln wir uns während unseres ganzen Lebens oder sorgen unbewusst dafür, dass wir so behandelt werden. In vielen von uns steckt noch die Seele einer trotzigen Vierjährigen oder eines todtraurigen Fünfjährigen. Und dieses Kind kommt uns immer wieder in Quere. Wir wollen uns erwachsen verhalten, wenn wir mit dem Chef oder der Chefin sprechen, aber plötzlich sind alte Ängste, alte Ablehnungsgefühle wieder da, die mit dieser aktuellen Person nichts zu tun haben. Schon eine Gestik, der Klang der Stimme dieser Person kann uns in Kontakt bringen mit einer alten Angst vor dem strengen Vater oder der Mutter oder sonst einer bedrohlichen Person aus der Kindheit. Eine bestimmte Wortwahl, die laute Stimme können Verbindungen herstellen zu einer Begebenheit, in der wir getadelt worden sind. Oft ziehen wir uns vor einer Person zurück und finden keine Erklärung dafür, warum wir sie ablehnen.
Das Kind in uns heilen lassen
Weihnachten lädt uns ein, dass wir mit dem Kind in uns, der Mitgift aus der Kindheit, liebevoll umgehen. Wir können all das, was uns in die Wiege gelegt worden ist, vergessen, verdrängen, oder ernst nehmen und sorgsam behandeln. Wenn wir unser inneres Kind bejahen, die Person also, die wir als Kind waren, wird auch unser Erwachsenen-Ich gesünder.
Glücklich, wer einen vertrauten Menschen findet, wo solche unerledigte Restbestände zur Sprache kommen können. Gott ist wohl auch deswegen als Kind zu uns gekommen, damit wir das Kleine und Unfertige in uns nicht verstecken müssen. Auch in der Medizin hat das, was sich der Diagnose unterzieht und erkannt wird, gute Chancen, geheilt zu werden.
Werdet wie die Kinder
Wenn Jesus zu den Erwachsenen sagt: Werdet wie die Kinder, dann wünscht er uns ein unbeschwertes Verhältnis zu ihm, so wie es Kinder in ihrem Urvertrauen zu ihren Eltern haben.
Werdet wie die Kinder, wie Gotteskinder, die sich von ihrem Vater im Himmel beschenken lassen, die wissen und spüren, dass die wichtigsten Lebenswerte nicht machbar sind, sondern vom Schöpfergott kommen.
Werdet wie die Kinder mit ihrer erfrischenden Offenheit und Unschuld. Naht euch ohne Angst der höchsten Instanz, legt in sein mütterliches Herz alles Unstimmige und Störende und lasst euch in seinen Armen trösten und stärken.
Weihnachten will uns neugierig machen, mehr mit unserem menschenfreundlichen Gott in Kontakt zu kommen.
Christus, der Retter ist da!
Geben und Nehmen im Gleichgewicht
Es ist besser nicht zu regieren, als falsch zu regieren. Es darf kein „weiter so“ geben. Wir wollen auf Augenhöhe verhandeln. Es gibt Kernforderungen ohne die wir nicht zusammenkommen. Zur Zeit wird Ergebnis offen sondiert: Alle Optionen sind möglich. Und vor allem muss es um Geben und Nehmen gehen: Es kann nicht sein, dass eine Seite mehr durchsetzen kann, als die andere.
Solche und ähnliche Statements und Äußerungen begleiten die deutsche Öffentlichkeit seit der Bundestagswahl Ende September. Sie dominieren seitdem die politische Lage und das politische Klima.
Angst vor dem eigenen Identitätsverlust. Das Taktieren um des eigenen Vorteils willen. Das Bestreben sich alle Handlungsoptionen offen zu halten und sich nicht festlegen zu wollen. Geben und Nehmen, die sich im Gleichgewicht halten müssen, sind nicht nur Teil der politischen Kultur. Sie prägen ja auch die Lebenseinstellung und die Lebenspraxis vieler Menschen in unserem Land.
Bis hin zum heutigen Abend. Haben wir uns heute Abend wirklich beschenkt? Oder war es mehr ein Tauschen: ein Geben und Nehmen von in etwa gleich teuren Geschenken? Ich finde das jetzt nicht so tragisch. Aber es ist eben doch ein Indiz dafür, wie sehr die beschriebenen Haltungen nicht nur das politische Leben prägen.
Sehnsucht nach einem anderen Leben
Wenn ich abends noch Zeit für einen kleinen Spaziergang habe, dann fällt mir auf, dass schon seit der Woche vor dem 1. Advent in vielen Fenstern und Vorgärten Lichterketten leuchten, Fenster und Wohnungen festlich geschmückt sind und vielerorts auch der Weihnachtsbaum schon längst im Wohnzimmer steht. Wer konnte und Zeit hatte, machte es sich - zumindest am Sonntag Nachmittag - „gemütlich“, bei einer Tasse Kaffee oder Tee mit leckeren Keksen oder einem schönen Stück Kuchen. Die zauberhafte Atmosphäre der Weihnachtsmärkte hat auch in diesem Jahr wieder viele Menschen angelockt. Und trotz aller Distanz versuchen die meisten von uns, an den Feiertagen ihre Familien zu sehen und ein wenig Zeit miteinander zu verbringen.
Für mich sind dies alles Zeichen dafür, dass tief in uns eine Sehnsucht wohnt, die sich in den adventlichen und weihnachtlichen Tagen Raum verschafft: Wir sehnen uns eigentlich nach einem anderen Leben: Einem heilen Leben. Einem Leben, in dem ich mein Ansehen nicht durch Leistung verdiene, sondern so angenommen und geliebt werde, wie ich eben bin. Einem Leben, in dem Scheitern einen Lebensplan nicht abbricht, sondern trotzdem zu einem guten Ende weitergeführt werden kann. Einem Leben, in dem Beziehungen trotz eigener Grenzen und Unzulänglichkeiten gelingen. Letztlich nach einem Leben, dass nicht in einem dunklen Loch auf dem Friedhof endet, sondern ewig dauert.
In uns allen leben solche oder ähnliche Sehnsüchte, die weit über unseren Alltag und auch unser Leben hinausreichen. Nur haben sie in den Zwängen unseres Alltags so wenig Platz. Und werden oftmals auch als unrealistisch betrachtet. Ich muss in meinem Beruf nun mal den Anforderungen gerecht werden. Ich kann mir in meiner Beziehung ja auch nicht alles gefallen lassen und manchmal hat man sich eben auseinandergelebt. Und schließlich ist ja noch keiner vom Tod zurückgekommen, wer weiß schon, ob es da wirklich noch etwas gibt.
Gott zeigt und sein Gesicht
Trotzdem hat uns der Weg heute in die Kirche und an die Krippe geführt. Viele haben das Gefühl: Zu Weihnachten gehört eben irgendwie auch der Gang in die Kirche dazu. Die Botschaft, die heute Abend verkündet wurde, kennen Sie alle von Kindesbeinen an. Vielfach kann man sogar mitsprechen: „In jenen Tagen erließ Kaiser Augustus den Befehl, alle Bewohner des Reiches in Steuerlisten einzutragen. Dies geschah zum ersten Mal; damals war Quirinius Statthalter von Syrien.“ usw.
Die meisten von uns tragen natürlich ein Bild von Gott in ihrem Herzen: Gott ist groß und gewaltig. Gott sieht und weiß alles von mir. Gott lenkt unser Leben und hat es in der Hand. Gottes Weisungen sind oftmals anstrengend und schränken oft mein Leben ein. Gott wird einmal meine guten und bösen Tage abwägen und dann sein Urteil sprechen. Gott ist oft so unheimlich und macht mir Angst. Und wie auch immer ihr eigenes Bild aussehen mag.
Denken Sie an Ihr letztes Vorstellungsgespräch, an das letzte Rendezvous, oder an eine andere Situation, in der Sie auf Ihnen unbekannte Menschen getroffen sind. Wir alle geben uns bei solchen Gelegenheiten normalerweise sehr viel Mühe. Die Anderen sollen einen guten Eindruck von mir haben. Wenn ich es ehrlich meine, sollen sie aber auch von Anfang meine Persönlichkeit kennen lernen, mich so mögen und wertschätzen, wie ich wirklich bin.
Die Ohnmacht der Liebe
Heute Abend ist etwas wirklich Ungeheuerliches geschehen: Als Gott in das Leben der Menschen tritt, tut er dies als „Kind, das in Windeln gewickelt in einer Krippe liegt“, wie es die Engel den Hirten verkündeten.
Jeder von uns schaut doch gerne in einen Kinderwagen hinein. Jedes Baby ist so süß. Keiner hat vor einem Baby Angst. Man möchte es vielmehr sofort auf den Arm nehmen und mit ihm kuscheln. Ein Baby ist auf der anderen Seite so zart, dass man es nur ganz vorsichtig und sanft berührt. Es ist so hilflos, dass wir immer wieder fassungslos sind, wenn Menschen Babys und kleinen Kindern Böses antun.
In der Faszination eines Babys, mit aller Zärtlichkeit, die ein Kind in uns weckt, aber auch in aller Ohnmacht und Hilflosigkeit offenbart sich uns der große und gewaltige Gott, der Schöpfer des Himmels und der Erde.
Wer ein Baby sieht, muss es einfach lieben und gerne haben. Muss es auf den Arm nehmen und zärtlich drücken. Und bekommt dann so viel zurück: An Vertrauen, an Zärtlichkeit, an Wohlgefühl, an innerem Frieden. Es stimmt: Ein Baby ist schwach und hilflos. Seine eigentliche Stärke ist die Ohnmacht der Liebe.
Diese Ohnmacht der Liebe ist das wahre Gesicht, das uns Gott im Stall von Bethlehem zeigt. Eine Liebe, die den Menschen vor Ausgrenzung, Einsamkeit, soziale Ächtung und Krankheit zwar nicht bewahrt, sie aber trotzdem überwinden kann. Eine Liebe, die in ihrer Ohnmacht sogar stärker ist als der Tod.
Sehnsucht kann zu einer Wirklichkeit werden
Es ist gut, dass Sie alle heute Abend hier sind. Dass Sie der Sehnsucht nach einem neuen und heilen Leben auch den Raum gegeben haben, heute in die Kirche zu kommen. Die Erfüllung dieser Sehnsucht liegt als ein in Windeln gewickeltes Kind in einem Stall.
Bleiben Sie aber nicht nur staunend vor der Krippe stehen. Sondern nehmen Sie dieses Kind vorsichtig auf den Arm. Drücken Sie es alle Tage des kommenden Jahres zärtlich und liebevoll. Dann wird es Ihnen so viel zurückgeben. Ihre Sehnsucht ist dann nicht nur ein Gefühl, das sich im Advent Luft verschafft. Ihre Sehnsucht kann zu einer Wirklichkeit werden. So wie wir es im Lied singen: „Christ, der Retter ist da!“
Gott ist bei uns
Lass warm und hell die Kerzen heute flammen
In dieser Nacht ist es hell, warm, freundlich. In unserer Kirche. Es ist schön, sich umzuschauen. Mit den Augen zu wandern. Ein kleines Stück heile Welt, ein wenig vom Paradies. Wir spüren das. Wir genießen das. So manche Erfahrung, die wir auch heute mitbringen, ist eher dunkel, kalt, unbarmherzig. Der Weihnachtsfrieden ist brüchig. Wir ahnen auch die dunklen Schatten über dem noch nicht einmal begonnenen neuen Jahr.
Am 19. Dezember 1944 schrieb Dietrich Bonhoeffer aus dem Kellergefängnis des Reichssicherheitshauptamtes in Prinz-Albrecht-Str. in Berlin seiner Verlobten, Maria von Wedemeyer, einen Brief. Ihm legte er „ein paar Verse, die mir in den letzten Abenden einfielen“ als „Weihnachtsgruß für Dich und die Eltern und Geschwister“ bei. Es ist das Gedicht, später auch das Lied: Von guten Mächten wunderbar geborgen.
Bonhoeffer bittet:
Lass warm und hell die Kerzen heute flammen,
Die du in unsre Dunkelheit gebracht.
Führ, wenn es sein kann, wieder uns zusammen.
Wir wissen es, dein Licht scheint in der Nacht.
Wenn sich die Stille nun tief um uns breitet,
So lass uns hören jenen vollen Klang
Der Welt, die unsichtbar sich um uns weitet,
All deiner Kinder hohen Lobgesang.
Bonhoeffer hat den Tod vor Augen. Nicht einmal vier Monate später wird er aufgehängt. Im KZ Flossenbürg. Wie viele Menschen wurden ins Unheil gestürzt – wie viele Menschen haben andere ins Unheil gestürzt. Entschuldigung. Ich formuliere, als sei es vergangen. Wie viele Menschen werden ins Unheil gestürzt – wie viele Menschen stürzen andere ins Unheil. Ich sage das so. Aber ich verstehe es nicht.
Da fährt ein LKW in den Weihnachtsmarkt …
Da fliehen Menschen übers Meer …
Da liegen die Leichen auf den Straßen von Aleppo…
Bonhoeffer schreibt von dem, was ihm in den letzten Abenden einfiel. Vielleicht ist die Angabe „Abend“ auch alles andere als beiläufig. Die Zelle ist zugesperrt. Nur eine Funzel brennt. Aber Bonhoeffer sieht ein Licht, erzählt von dem Leben, traut der göttlichen Verheißung. Auch eine Erfahrung in der Nacht.
„Lass warm und hell die Kerzen heute flammen,
Die du in unsre Dunkelheit gebracht.“
Die du in unsere Dunkelheit gebracht. Das ist Gegenwart - nicht vergangen, abgetan, überholt. Das ist jetzt. Unsere Dunkelheit ist ins Licht gestellt, wir sind – im Licht!
Uns ist ein Kind geboren
Jesaja sagt das auch! In der alttestamentlichen Lesung dieser Nacht hören wir ihn. Schreckliche Zeiten. Kleinlaut und mutlos lassen die Menschen die Geschichten über sich ergehen, die andere für sie machen. Aber es kündet sich Neues an! Hört!: „Das Volk, das im Dunkel lebt, sieht ein helles Licht; über denen, die im Land der Finsternis wohnen, strahlt ein Licht auf.“
Viele Menschen leben im Dunkel, sie wohnen im Land der Finsternis. Die Tag- und Nachtzonen der Welt sind subjektiv sehr unterschiedlich verteilt und leider auch festgelegt. Eine verkorkste Welt. Zerrissen, gelähmt, ausgebeutet. Doch das Licht breitet sich aus. Es strahlt sogar auf! Superlativ!
Manchmal suchen Menschen für ihre Wege die Dunkelheit. Sie wollen nicht entdeckt, nicht erkannt werden. Auch alles, was unter die Teppiche gekehrt wird, soll nicht ans Licht. Meisterschaftsspiele der besonderen Art. Jetzt aber werden alle Untaten publik, sichtbar – und Menschen können von dem reden, was sie bedrückt und klein macht. Es gibt ein Gegenüber! Es gibt einen Raum! Das Licht bringt auf einmal eine große Offenheit mit, auch über allem Dunklen den Mantel des Schweigens zu zerreißen. Bestimmt und beharrlich. Dunkelheit hat viele Gesichter, viele Schatten, viele Konturen – selbst im hellen Sonnenschein. Was Jesaja sieht, ist eine Offenbarung: Alle Gewalt, alles Böse, alle Angst – vorbei. „Jeder Stiefel, der dröhnend daherstampft, jeder Mantel, der mit Blut befleckt ist, wird verbrannt, wird ein Fraß des Feuers.“
Gott beginnt seine Geschichte mit Menschen neu
Die Erde atmet auf. Sie muss nicht mehr die Toten verstecken. Sie kann grünen und blühen – wie das Paradies. Kinder lachen. Sie haben eine Zukunft. Es gibt auch keinen Krieg mehr. Und keine Kriegsgewinner. Die Aktien der Rüstungsindustrie sind nichts mehr wert. Aber keiner vermisst – das Unheil.
Jesaja schenkt den Menschen unerwartet, auch überraschend, einen weiten Blick.
„Denn uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist uns geschenkt. Die Herrschaft liegt auf seiner Schulter; man nennt ihn: Wunderbarer Ratgeber, Starker Gott, Vater in Ewigkeit, Fürst des Friedens. Seine Herrschaft ist groß, und der Friede hat kein Ende. Auf dem Thron Davids herrscht er über sein Reich; er festigt und stützt es durch Recht und Gerechtigkeit, jetzt und für alle Zeiten. Der leidenschaftliche Eifer des Herrn der Heere wird das vollbringen.“
Gott beginnt seine Geschichte mit Menschen neu. Er wird Mensch! Ein Kind. Mit „denn“ fängt der große Satz an: Denn uns ist ein Kind geboren. Ihm Ohr habe ich jetzt Händel, den „Messias“. Es muss ins Herz gesungen werden: Denn uns ist ein Kind geboren.
Was alles auf diesem Kind lastet? Kaum, dass es geboren wird. Wunderbarer Ratgeber... Starker Gott... Vater in Ewigkeit... Fürst des Friedens... Wenn es noch eine Hoffnung für Menschen geben kann, dann ein Kind. Wehrlos, schutzbedürftig, immer erst am Anfang. Keine Erfahrungen, kein Wissen, kein Besserwissen. Gott beginnt seine Geschichte mit Menschen neu. Er wird Mensch! Er wird Kind! Gott kann von vorne anfangen.
Weiß Jesaja, was er sieht, ahnt, sagt?
Friede bei den Menschen seiner Gnade
Als Josef und Maria sich auf den Weg nach Bethlehem machen, wissen sie noch nicht, was sie dort erwartet, was ihnen dort begegnet. Die Geschichte mit der Steuer ist schon für Lukas eher ein Kunstgriff als ein gesichertes Wissen. Irgendwie müssen die beiden nach Bethlehem – in die Stadt Davids. Hier verdichten sich Verheißungen und Träume. Von dem Wunderkönig, der der Welt die Gerechtigkeit wieder zurückgibt, die ihr auf unendlich langen und irrigen Wegen abhanden gekommen ist. Der Frieden schenkt. Für alle Zeiten. Unabhängig von den Mächtigen, von den Meinungsforschern, von den Hasenfüßen.
Was erzählt Lukas eigentlich?
„Als sie dort waren, kam für Maria die Zeit ihrer Niederkunft,
und sie gebar ihren Sohn, den Erstgeborenen. Sie wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe, weil in der Herberge kein Platz für sie war.“
Ist Ihnen schon einmal aufgefallen, dass der Name Jesus in dieser Geschichte nicht einmal genannt wird? Es ist ein Junge, das erste Kind der Maria. In Windeln gewickelt, in eine Krippe gelegt. Ein Kind armer, einfacher Leute. Ein Kind wie jedes andere auch. Eine Geschichte, sparsam mit Worten, ohne hohen Ton. Nicht einmal fromm.
Es sind die Engel, die den Hirten sagen, was in Bethlehem wirklich geschehen ist! Jetzt gerät Lukas in Fahrt. Himmlischer Glanz über der Weide. Fernab von der nächsten menschlichen Behausung. Hier sind nur die Hirten und die Schafe. Mit beiden ist kein Staat zu machen! Weder mit den Hirten, diesem Pack – sagen viele -, noch mit den Schafen – dummes Vieh. Warum muss gerade hier der Himmel aufgehen?
„Fürchtet euch nicht, denn ich verkünde euch eine große Freude, die dem ganzen Volk zuteil werden soll: Heute ist euch in der Stadt Davids der Retter geboren; er ist der Messias, der Herr.
Und das soll euch als Zeichen dienen: Ihr werdet ein Kind finden, das, in Windeln gewickelt, in einer Krippe liegt.“
Der Retter ist geboren! Seine Zeichen? Windeln und die Krippe. Mehr nicht. Allerweltszeichen. Auch nichts Himmlisches. Was Maria nicht sagen konnte, was Josef nicht zu sagen wagte, das erfahren die Hirten. Gott offenbart sich doch tatsächlich auf Umwegen, auf einer Weide. Nicht in einem Palast, einer Gelehrtenstube, einer Bibliothek. Gott kommt zu einfachen Leuten, zu armen Leuten und ist selber einfach und arm.
Aber die Engel finden die Worte, die so einfach und schön sind, dass wir sie immer wieder, eigentlich sonntäglich singen: „Verherrlicht ist Gott in der Höhe, und auf Erden ist Friede bei den Menschen seiner Gnade“.
All deiner Kinder Lobgesang
Dietrich Bonhoeffer hat in seinem – letzten – Weihnachtsgruß eine Bitte, aber auch eine Gewissheit geschenkt.
„So lass uns hören jenen vollen Klang
Der Welt, die unsichtbar sich um uns weitet,
All deiner Kinder hohen Lobgesang.“
Ob er an die Engel gedacht hat, an das himmlische Heer? An den großen Lobgesang? Ich denke schon. Als Christen hören wir die Engel, wir sehen den Glanz des Himmels, wir betten uns darein. Wir werden umhüllt. Das hat etwas von Schutz, das hat auch etwas von Schönheit. Mit der Welt, „die unsichtbar sich um uns weitet“, ist Gottes Welt gemeint. Aus ihr kommt der volle Klang.
Ihr begegnen wir mit Lobgesang „all deiner Kinder hohen Lobgesang“. Bonhoeffer spielt hier mit den Worten „Klang“ und „Lobgesang“ und verbindet so Himmel und Erde. Das ist der Weihnachtsgeschichte abgelauscht.
Von guten Mächten wunderbar geborgen,
erwarten wir getrost, was kommen mag.
Gott ist bei uns am Abend und am Morgen
und ganz gewiss an jedem neuen Tag.
In dieser Nacht ist es hell, warm, freundlich. In unserer Kirche. Es ist schön, sich umzuschauen. Schön, sich anzuschauen. Ein kleines Stück heile Welt, ein wenig vom Paradies.
Wenden wir uns einander zu - Wünschen wir jetzt einander:
Frohe Weihnachten
Und der Friede Gottes,
der Nächte hell macht,
der gebe unserem Leben Klarheit.
In Christus Jesus,
unserem Herrn.
Amen.
Ein Lichtblick für die Menschen werden
Ein Randereignis
Als Jesus geboren wurde, da hat das weiter niemanden gekümmert und keine Schlagzeilen gemacht. Gut, ein paar Hirten sind zur Krippe gegangen. Aber das waren einfache, ja primitive Leute. Was bedeutete das schon? Hätte damals jemand dem Statthalter Quirinius oder dem Kaiser Augustus mitgeteilt, da sei irgendwo in Palästina Gott selber auf die Welt gekommen, hätten die höchstens mit den Schultern gezuckt und gesagt: na ja, eine mehr von den religiösen Fantasiegeschichten, die immer wieder mal auftauchen und kolportiert werden. Der Lauf der Welt ging weiter wie eh und je. Augustus und Quirinius lebten in ihren Palästen und machten große Politik. Die Hirten lebten auf den Feldern und in Hütten und waren arm.
Ist es nicht auch heute so? Es sind nun weit mehr als 2000 Jahre her, seit dieser Jesus geboren wurde. Und was hat sich seither verändert? Auch heute nimmt die Welt ihren Lauf wie eh und je. Auch heute leben die Großen in Villen und Palästen und machen ihre Politik und ihre Geschäfte. Auch heute vegetieren viele arm dahin. Krieg, Terror und Hass machen heute das Leben finster wie damals und das Unrecht ist kaum weniger geworden. Auch heute denken viele, das ganze Getue mit Jesus sei doch nur eine religiöse Fantasiegeschichte. Das ist die eine Seite.
Beginn einer ganz neuen Geschichte begonnen
Es gibt eine Andere. Als unter dem Statthalter Quirinius und Kaiser Augustus Jesus geboren wurde, da hat etwas Neues angefangen und ist in der Tat alles anders geworden. Nicht nur ein paar lumpige Hirten gingen zur Krippe, sondern später auch Könige. Mit der Geburt Jesu hat eine ganz neue Geschichte begonnen, die Geschichte derer, die an diesen Jesus glauben, die Geschichte der Kirche Jesu Christi. Diese Geschichte zieht sich nun über mehr als 2000 Jahre hin. Seit der Geburt Jesu ist das, was wir an Weihnachten feiern für viele Millionen von Menschen zu dem geworden, was ihrem Leben Halt und Licht und Hoffnung gegeben hat. Generationen von Menschen haben im Vertrauen, dass dieses Licht in jeder Finsternis leuchtet nicht nur gelebt, sondern sind mit diesem Glauben auch voller Hoffnung gestorben.
Wenn wir nun heute, in der Nacht des 24. Dezember 2016 Weihnachten hier in der Kirche mit der Feier der Eucharistie begehen, dann reihen auch wir uns ein in die lange Geschichte der Glaubenden. Wir sind hier, weil auch wir überzeugt sind: die Geburt Jesu bedeutet den Anfang eines Lebens ganz neuer Art und bringt eine Hoffnung, die sich durch nichts mehr begrenzen oder unterkriegen lässt.
Das Gute wird über das Böse siegen
Ihre Wurzel und ihren Beginn hatte diese Geschichte des Glaubens in Jesu Geburt vor über 2000 Jahren. Aber das Fundament und die Wahrheit dieses Glaubens, die sind so frisch und aktuell wie damals am ersten Tag. Jesus, geboren aus Maria, schenkt sich uns jetzt als der Menschgewordene, als der Gekreuzigte und Auferstandene im Brot der Eucharistie, das sein Leib, das er selber ist. So schenkt er sich uns als das Licht, das in die Welt kam und auch heute und morgen jede Finsternis erleuchten will. Was der Engel im Weihnachtsevangelium den Hirten verkündet hat, das ist auch uns zugesagt: „Ich verkünde euch große Freude. Euch ist der Retter geboren“. Heute Nacht ist diese Freude uns aufs Neue geschenkt, weil auch uns heute, in der Hl. Nacht 2016 zugesichert wird, dass allem Anschein zum Trotz das Gute siegen wird über das Böse, das Recht über das Unrecht und das Leben über den Tod.
Lassen wir uns von Jesus beschenken, indem wir ihn gläubig im Brot der Eucharistie empfangen. Und tragen wir das Licht und die Freude von Weihnachten hinaus in unsere Welt und zu unseren Mitmenschen, indem wir unseren Glauben so überzeugend und so konsequent leben, wie es uns möglich ist. Auch von unserem Glaubenszeugnis hängt es ab, ob das Wort des Propheten Jesaja, das wir in der Lesung gehört haben, noch heute gilt und greift: „Das Volk, das im Dunkel lebt, schaut ein großes Licht“. Es gibt viel Dunkel in der Welt von heute und auch in unseren Lebensbereichen. Ob die Menschen, die in solchem Dunkel leben in Weihnachten nur eine religiös verbrämte Fantasiegeschichte sehen oder das große Licht erkennen, das aufstrahlt in der Dunkelheit, das entscheidet sich nicht zuletzt daran, ob und wie wir das leben, was wir jetzt hier miteinander feiern.
Bekennen wir nun in diesem Sinn unseren Glauben...
Wenn ein großartiger Mensch Geburtstag feiert
Unglaubliche Geschichten
Prominente Leute tragen sich früher oder später mit dem Gedanken, Memoiren herauszugeben. Das gibt ihnen die Möglichkeit, besondere Momente ihres Lebens aus einsem Blickwinkel darzustellen, den sonst niemand haben konnte. Unliebsame Aspekte des persönlichen Werdeganges werden mitunter auch weggelassen. Und wenn jemand das Schreiben nicht so liegt, nimmt er sich einen Ghostwriter, der weiß, was die Leute gerne lesen und wie man etwas gut darstellt.
Anders arbeiten Historiker. Sie tragen akribisch wie Kriminalisten jedes Detail der Biographie zusammen, das sie irgendwo finden können, und versuchen so, ein der Wirklichkeit entsprechendes Lebensbild zu verfassen. Darin spielen die Herkunft, das Elternhaus, das Milieu und der Bildungsweg eine bedeutende Rolle.
Wir feiern heute das Geburtsfest Jesu, eine der unbestreitbar bedeutendsten Persönlichkeiten der Weltgeschichte. Von seiner Geburt berichten – man muss wohl besser sagen erzählen - nur zwei Evangelisten. Sie sind keine Historiker. Kein Historiker würde kommentarlos solche Geschichten wiedergeben. Memoiren hat der Gefeierte keine hinterlassen. Das scheint auch historisch ziemlich sicher: Er hat nichts niedergeschrieben und auch keinen Ghostwriter engagiert, der ihn ins rechte Licht gesetzt hätte.
Was ist Wahrheit?
Evangelisten sind Theologen, die haben eine eigene Vorstellung von Wahrheit und eigene Methoden, um an diese Wahrheit heranzukommen. Matthäus und Lukas sind die einzigen von den Christlichen Kirchen akzeptierten Schriftsteller, die das Leben und Wirken Jesu von Geburt an beschreiben. Es gibt zwar noch einige Schriften aus den ersten Jahrhunderten des Christentums, die von Vorgängen um die Geburt Jesu und von seiner Kindheit zu erzählen wissen, aber nicht in der Bibel enthalten sind. Die Historiker, die sich damit befassen, winken aber gleich ab und betrachten diese Schriftsteller als eine Art Trittbrettfahrer des damaligen Literaturbetriebes, die sie weder historisch noch theologisch ernst nehmen.
Matthäus und Lukas verfolgen kein historisches Interesse, sondern ein theologisches. Die Wahrheit von der Geburt Jesu ist bei ihnen nur im theologischen Sinn zu verstehen. Historische Fakten waren zu ihrer Zeit vermutlich nicht mehr greifbar oder für ihr Werk nicht wichtig genug.
Folgt man ihrer Erzähllinie, so entstammt Jesus einfachen Leuten, deren Stammbaum sie irgendwie auf den König David zurückführen. Gesellschaftlich betrachtet, taucht Jesus aus dem Nichts auf, bzw. mitten aus dem Volk. Das hindert sie nicht, für ihn göttliche Abstammung zu beanspruchen. Ein Engel, so erzählt Lukas, teilt Maria, der Mutter Jesu mit: "Der Heilige Geist wird dich kommen, und die Kraft des Höchsten wird dich überschatten." (Lk 1,35).
Jesus, Sohn Gottes
Um die Frage der Göttlichkeit Jesu kreisen alle vier Evangelien. Markus z.B. erzählt uns überhaupt nichts von der Geburt Jesu oder seiner Kindheit, sondern beginnt sein Evangelium mit dem ersten öffentlichen Auftreten Jesu. In seiner Jesus-Geschichte beginnt es den Jüngern im Laufe ihres Kennenlernens Jesus langsam zu dämmern, dass er der erwartete Messias ist. Ein Höhepunkt seiner Jesusgeschichte ist, dass der römische Hauptmann, der die Hinrichtung Jesu beaufsichtigt unter dem Kreuz bekennt: "Wahrhaftig, dieser Mann war Gottes Sohn." (Mk 15,39). Die anderen drei Evangelisten verfolgen mit je eigenen literarischen Mitteln ähnliche Absichten.
Jesus als göttliches Geschenk des Himmels ist das zentrale Motiv der Weihnachtserzählung des Evangelisten Lukas. Der große Gott neigt sich herab zu den Menschen. Die erste Adresse seiner Einkehr bei den Menschen sind Hirten. Sie gehörten damals zur untersten Gesellschaftsschicht. Zeugen der Größe und Bedeutsamkeit dieses Ereignisses sind Engel, die Gott loben und verherrlichen. Er taucht die Geburt Jesu in ein göttliches Licht, um seine Göttlichkeit von Anfang an hervorzukehren.Wenn wir Weihnachten ein wenig begreifen wollen, müssen wir uns das ganze Leben und Wirken Jesu vor Augen halten und die Faszination, die von dieser Persönlichkeit ausging.
Wenn wir zu einem runden Geburtstag einer Bekannten oder eines Freundes eingeladen werden, schauen wir auch auf den ganzen Menschen, wie wir ihn gegenwärtig erleben und wertschätzen. Bilder und Geschichten von seiner Geburt spielen dabei bestenfalls eine nebensächliche Rolle. Wenn wir zu Weihnachten beim Christkind in der Krippe stehen bleiben, geraten wir – so fürchte ich – auf eine falsche Fährte.
In diesem Sinne zeigt sich unser Evangelist Lukas nicht nur ein großartiger Geschichtenerzähler, sondern als genialer Theologe. Er bringt uns das Großartige und außerordentliche der Menschwerdung Gottes in einer phantastischen Geschichte nahe.
Kann ich das glauben?
Sie werden nun vielleicht denken: Das kann ich glauben oder auch nicht. Genau um diese Frage geht es. Dass Jesus gelebt hat und irgendwann als Mensch geboren worden sein muss, bezweifelt kein namhafter Historiker. Für sie sind die historischen Umstände seiner Geburt nicht wirklich von Bedeutung.
Die entscheidende Frage ist vielmehr eine persönliche und theologische: Kann ich glauben dass dieser großartige Mensch uns von Gott geschenkt worden ist? Kann ich glauben, dass er als Messias und Retter in diese Welt gekommen ist? Kann ich glauben, dass dieser Mensch wahrhaft Gottes Sohn ist?
Wer die Gnade dieses Glaubens hat, wird heute dafür Gott danken, ihn loben und preisen, ähnlich wie es uns von den Engeln und Hirten erzählt wird. Wer jedoch diesbezüglich Zweifel und Bedenken hat, wird an diesem Festtag eingeladen, sich auf die Suche zu machen und zu fragen: Wer war dieser Jesus nun wirklich? War er wirklich Gottes Sohn? Ist er der Messias, der von so vielen Menschen erwartet wird? Auch wenn jemand in ihm nur einen gewöhnlichen Menschen sieht, geht von ihm viel Wegweisendes aus. Grund für seine Geburt zu danken, wird auch er finden.
Hoffnung trotz bitterer Realität
Bittere Realität
Zu den meist letzten Weihnachtsvorbereitungen gehört für viele Menschen das aufstellen der Krippe. So ist es zumindest bei uns zu Hause. Wenn auch vielleicht schon einiges steht, das letzte was gemacht wird ist am Heilig Abend, dass das Jesus-Kind in die Krippe gelegt wird. Die Krippe ist dabei häufig ein einfacher Stall, doch wird er in unserer Wohnzimmern so gut ausgestaltet, dass es schon ganz behaglich darin aussieht. Gott soll es ja nicht schlecht haben wenn er zu uns kommt.
Und doch, als ich in diesem Jahr begann darüber nachzudenken, kamen mir auch ganz andere Gedanken. Die vertraute Weihnachtsatmosphäre mit dem Kind in der Krippe und dem holden Knaben im lockigen Haar stellt sich viel viel schwerer ein als in den letzten Jahren.
"Sie wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe, weil in der Herberge kein Platz für sie war." Das war mit Sicherheit kein Idyll, sondern bittere Realität. Das Gespür, wir finden selbst in der schwierigen Situation keinen Ort, an dem wir in Ruhe alles geschehen lassen und erledigen können. Und doch noch eine fast schon wieder heilvolle Situation wenn man sich manch anderes Schicksal anschaut.
Mütter und Kinder auf der Flucht
Ich habe in den vergangenen Wochen das Buch „Altes Land“ von Dörte Hansen gelesen. Unter anderem ist kommt darin die Vertreibung der Deutschen aus Ostpreußen Anfang 1945 zur Sprache. Erzählt wird von Müttern, die mit ihren kleinen Kindern fliehen, ohne ihre Männer, häufig auf sich allein gestellt. Kinder werden auf dieser Flucht geboren und müssen versorgt werden. Es gibt niemanden der helfen kann. Von sterbenden und toten Kindern ist die Rede, von Kindern, die von ihren Müttern am Wegrand zurückgelassen werden müssen. Um sie beerdigen zu können ist die Erde zu hart. So manches Mal verlieren Mütter auf diesem Leidensweg selber den Mut und setzten nach ihren verstorbenen Kindern ihrem Leben ein Ende.
Und auch das ist heute nur noch ein vergangener Teil der Geschichte. Von der Allgemeinheit fast schon vergessen.
Und heute trifft es wieder Menschen, die vor Krieg, Gewalt und Elend fliehen. Wieder nach Europa, wieder in die vermeintlichen reichen Länder. Und es geht die Hoffnung mit, hier einen Platz zu finden. Wieder ist es die Gewalt, die von anderen ausgeht, von Krieg und Naturkatastrophen, die Menschen ihrer Lebensgrundlagen beraubt, ihnen ihre Heimat, ihre Sicherheit, ihr Leben stiehlt.
In solchen Situationen ist es dann gleich, ob die Bomben im Namen Allahs, oder sonst eines Gottes, im Namen unserer westlichen Demokratie oder einer ideologischen Verbohrtheit geworfen werden. Auch unsere Bomben treffen Frauen, Kinder und ältere Menschen, Jugendliche, die mit diesem Krieg nichts zu tun haben wollen. Wie erbärmlich klingt es in dieser Situation wenn ein amerikanischer Präsidentschaftskandidat Muslimen die Einreise verbieten will. Es waren amerikanische Bomben, die den Kreislauf der Gewalt erst richtig in Gang gesetzt haben und bis heute anfeuern. Es ist auch unsere westliche Lebenskultur mit ihrem Reichtum und dem Konsum, die Menschen ihre Lebensgrundlagen nimmt und junge Menschen ohne Perspektive radikalisiert.
Große Veränderungen
Dies wahrnehmend bin ich mit meinem „Latein“ auch schon fast am Ende. Ich sehe Menschen, die helfen und sich einsetzen wo es ihren Möglichkeiten entspricht. Ich sehe Menschen, die ernsthaft um eine gute Regelung bemüht sind, die die Bedürfnisse und Möglichkeiten berücksichtigt, ich sehe aber auch Menschen, die die Chance nutzen, ihr rechtes und braunes Süppchen auf dem Rücken von Flüchtlingen und Helfern kochen.
Und wo stehe ich? Wo stehen Sie? - Die Globalisierung hat uns erreicht. Nicht nur auf der Habenseite der Bilanz, die uns ein gutes Leben sicherte, sondern auch auf der Sollseite, die uns die Kosten zeigt, die nicht nur andere für uns tragen möchten.
Wir stehen vor großen Veränderungen, die wir als Menschen dieser Erde nur gemeinsam tragen können. Jeder ist herausgefordert. Ein paar Euro mehr auf der Stromrechnung sind da nur ein kleiner Anfang und der Mensch aus einem anderen Land in unseren Städten der neue Alltag.
hoffen
Wenn heute Morgen hier in der Kapelle das Friedenslicht aus Betlehem steht, aus einer Region, die täglich mit Hass und Gewalt zu tun hat, aber ebenso dem Ort, den wir als Geburtsort Jesu bezeichnen, dann zeigt das zum einen, dass wir als Christinnen und Christen, als Menschen aller Religionen und Weltanschauungen, hoffen dürfen. Und es zeigt uns, dass wir verantwortlich sind und unsere Lebensweise hinterfragen und ändern müssen und können.
Ich, wir dürfen die Krippe in unseren Wohnzimmer genießen, es ist aber auch gut wenn wir wahrnehmen, dass sie nicht einfach ein nettes Stillleben ist, sondern die bittere Realität von Menschen die das gleiche Leben in sich tragen wie wir.
Eine wahrhaft heilige Nacht
Eine total verrückte Botschaft
Weihnachten ist für viele Kreise unserer Gesellschaft zu einem Fest geworden, das praktisch nichts mehr mit dem christlichen Glauben zu tun hat. Man mag es beklagen, aber das hat auch einen Vorteil. Es kann auf neue, sozusagen unverbrauchte Weise ans Licht treten, was die Botschaft von Weihnachten im christlichen Sinne bedeutet. Und ich scheue mich nicht, zu behaupten: es ist eine provozierende, ja eigentlich eine total verrückte Botschaft.
Überlegen wir nur kurz Folgendes: wir Menschen leben auf dem Planeten Erde. Dieser Planet ist ein kleiner Teil unseres Sonnensystems, das seinerseits eher am Rand einer Galaxie angesiedelt ist, die wir Milchstraße nennen. Aber auch diese Milchstraße ist gleichsam nur ein Stäubchen, wenn sie verglichen wird mit der unzählbaren Größe und Menge von Sternensystemen die es sonst im Weltall gibt. Und zwischen diesen Sternensystemen gähnen Abstände und Abgründe scheinbar ohne Ende.
Unser Weltall ist so groß, dass auch die Instrumente modernster Wissenschaft es nicht auszumessen vermögen. Es ist so gewaltig, dass wir es mit unserer ganzen Vorstellungskraft nicht einholen können. In diesem ungeheuren Weltall leben wir nun auf einem winzigen Planeten und wenn wir uns das vor Augen halten, müssen wir uns dann nicht selber als Winzlinge einstufen? Und gerade auf diesen Planeten, gerade zu uns Winzlingen soll Gott kommen, jener Gott, der Himmel und Erde geschaffen hat, der also noch gewaltiger, noch unvorstellbarer sein muss als das ganze Weltall. Ist das nicht wirklich ver-rückt?
Gott kommt als ein kleines, unscheinbares Kind in unsere Welt
Ja, so verrückt ist die Botschaft vom christlichen Weihnachten. Sie besagt: Gott, der Ursprung und Schöpfer ist von allem, der selber aber ohne Anfang und Ende, sondern einfach von Ewigkeit zu Ewigkeit ist, dieser Gott kommt als ein kleines, unscheinbares Kind in unsere Welt.
Das verändert nun unsere Lebenssituation total. Wir Menschen sind keine erbärmlichen Winzlinge. Wir sind kein verlorener Haufe, der ziellos im Universum herumirrt und einem blinden Schicksal ausgeliefert ist - nein: wir Menschen sind geschaffen und gehalten von dem, den wir Gott nennen.
Und dieser Gott ist uns nicht fern. Er ist nicht irgendwo verborgen hinter den Lichtjahren der Sternbilder, sondern er ist uns ganz nahe. Er ist selber Mensch geworden. Er hat sich ganz klein gemacht. Er wurde ein Kind, um eben ganz so zu sein, wie wir Menschen sind.
Gemeinschaft mit Gott und Vollendung
Wenn aber der unendliche Gott so den Weg zu uns endlichen Menschen geht und selber alles durchlebt was zum Menschsein gehört, von der Geburt bis zum Tod und bis zum Tod am Kreuz, dann bedeutet das: jeder Mensch ist nun ebenfalls von der Geburt bis zum Tod von Gott angenommen und gehalten. Und allen Menschen, wann und wo immer sie auf dieser Welt gelebt haben mögen, will Gott seine Gemeinschaft und eine Vollendung schenken, die alles übersteigt, was wir uns vorstellen können. Deshalb kann das Evangelium dieser Nacht verkünden: "Fürchtet euch nicht; ich bringe euch große Freude; heute ist euch der Retter geboren".
Eigentlich kennen wir diese Botschaft. Sie klingt vertraut, denn wir hören sie alle Jahre wieder an Weihnachten. Und dennoch enthält sie etwas so Großes, dass wir sie niemals ganz zu fassen vermögen, sondern uns immer wieder neu auf sie einlassen müssen. Erst wenn wir diese Botschaft in unseren Herzen ankommen lassen und in Glauben umwandeln, wird sie in uns selber drin aufstrahlen als ein Licht, das alles verändert und unserem Leben unzerstörbaren Sinn und Halt gibt. Glaube, das bedeutet, dass das Kind, dessen Geburt wir heute Nacht feiern, dass dieser Jesus Christus für uns zum Leitstern wird, auf den hin wir das Leben ausrichten und dem wir es ganz anvertrauen.
Wir leben auf dem winzigen Planeten Erde als Menschen, die vergänglich sind. Und die Wissenschaftler sagen uns, dass das Weltall, in dem wir leben, mit rasender Geschwindigkeit immer weiter auseinander fliegt, dass also die Abstände und Abgründe immer unendlicher werden, die Löcher immer tiefer, die Finsternis immer gähnender. Aber wir dürfen fest glauben, dass da Einer ist, der das alles zusammenhält, dass in seiner Hand das ganze große Weltall und jedes kleine Menschenleben geborgen sind. Wir dürfen ihm jetzt begegnen als einem neu geborenen Kind und ihn in der Eucharistie empfangen als das Brot, das uns winzigen Menschen ewiges Leben verheißt. Deshalb ist diese Nacht für uns Christen heilige Nacht, Weihnacht.
Menschen seiner Gnade
Nacht
Draußen ist es dunkel. Es ist Nacht. Warm und hell ist es in unserer Kirche. Kerzen leuchten. Wir singen die alten, wir singen die neuen Lieder. Von der stillen, von der heiligen Nacht. Diese Nacht ist anders, anders als die vielen anderen Nächte, die wir verschlafen, die wir vielleicht aber auch durchwachen. Aufgeschreckt, verunsichert, mit Schmerzen.
Draußen ist es dunkel. Es ist Nacht. Wie feiern Weihnachten in einer - Nacht. Und sind doch auf der Schwelle. Auf der Schwelle zum Tag. Wir erwarten den Morgen, wir erwarten das Licht.
Glanz
Das Evangelium erzählt uns von einem Glanz, der aus einer, aus der anderen Welt kommt. Engel haben ihren großen Auftritt - auf einem Feld. Verdreckt sind die Hirten, die hier hausen - unweit vom Dorf, aber weit genug weg von der Zivilisation. Leute mit schlechtem Ruf und noch schlechteren Manieren hüten für einen Hungerlohn die Schafe ihrer Herren. Es gibt Tage, an denen sie nicht einmal richtig satt werden. Schade, dass sie nicht auch Gras fressen können. Das Leben auf der kargen Weide ist hart, erbärmlich hart - und macht hart, erbärmlich hart. Die Wölfe hatten es besser. Wölfe haben es immer besser. - Von einer Idylle - an der uns so viel liegt - erzählt auch der Evangelist nichts. Nachdrücklich, wenn auch einsilbig, erzählt er von der Nachtwache. Von durchwachter Nacht.
Aber: die Engel gastieren hier. Schön, glanzvoll - es ist, als ob der Himmel über diese Nacht seinen Glanz ausschüttet. Ohne Maß, ohne Berechnung. Dann erklingt auch das Lied, das nur aus dem Himmel kommen kann: Ehre sei Gott in der Höhe - und Friede auf Erden. Haben die Hirten etwas mit dem Unfrieden zu schaffen? Sind sie - schuldig? Verantwortlich?- Sind sie Opfer? Leidtragende? Ein wenig verwundert höre ich zu. Verschwendete Liebesmüh, verschwendete Liebe - an diesem Ort. Hätten die Engel nicht lieber ein Machtwort zu den Despoten, Tyrannen und Terroristen bringen sollen? Ultimativ, drohend, unerbittlich? Stattdessen singen sie den Hirten ein Lied. Mitten in der Nacht. Und uns auch. Wohin das noch führen soll...
Krippe
Alles, was die Engel singen, alles wir die Hirten hören, alles, was wir hören - führt uns zur Krippe.
Zu einer Futterkrippe. Heute liegt in ihr ein Baby, neu geboren, gerade geboren. Maria und Josef finden keinen besseren Ort. Es ist kein Raum in der Herberge. Warum ist immer alles voll, wenn Menschen ein Dach über dem Kopf brauchen, ein warmes Bett für die Nacht, einen Platz für den Säugling, das kleine, das schwache Kind. Nein, Lukas erzählt ohne Unterton, er erzählt auch nichts zwischen den Zeilen - nur: mir müssen diese Gedanken kommen! In dieser Nacht! Bevor der Morgen graut!
Jesus, der Messias, der Herr - so wird er im Evangelium genannt - findet in einem Stall sein erstes Zuhause. Die großen Worte, dass Gott Mensch wird, dass seine Verheißungen in Erfüllung gehen, dass eine neue Zeit anbricht, werden hier ganz klein. In Stroh gebettet. Den Tieren näher als den Mächtigen. Aber was deutlich wird, so deutlich, dass es niemand übersehen kann: Gott hat sich klein gemacht, nein, nicht nur klein: niedrig, gering.
heimatlos
So lange ist es noch nicht her, dass am Heiligen Abend oder in der Christnacht von Flucht und Vertreibung gesprochen wurde. Nach dem Krieg feierten viele Menschen Weihnachten nicht nur in Ruinen, sondern auch mit der Erfahrung, wohl nie mehr zurückzukönnen. Nach Schlesien, Ostpreußen, Pommern. Sie hatten ihre Heimat verloren, aber die neue noch nicht gefunden. Innerlich. Viele spürten auch die Ablehnung, manchmal fein getarnt, manchmal zu offen. Jetzt saßen sie alle in der Kirche und feierten Weihnachten. Die Einheimischen und die - Fremden. Hieß es im Evangelium dann "in der Herberge (sei) kein Platz für sie" gewesen, entstanden in den Köpfen der Menschen ganz eigene Bilder. Zwischen Traum und Albtraum, zwischen Hoffnung und Angst. Aus Fremden wurden dann Einheimische. So mancher Weihnachtsgottesdienst baute Brücken, gab neue Ideen, überwand Vorurteile. Soll, darf ich das - Erfolgsgeschichte nennen?
Dass Gott sich klein macht, sich in unsere Welt begibt, nicht einmal auf Augenhöhe: in eine Krippe - das lässt Bilder, Worte und Lieder unter uns wachsen. Zu Weihnachten. Liebe ist immer zärtlich, kindlich, zutraulich. Liebe ist aber auch immer zerbrechlich, gefährdet, bedrängt. Liebe muss behütet werden. Wie ein Licht.
Maria und Josef kommen in einem Stall unter. Die Themen Flucht, Vertreibung, Heimatlosigkeit sind auf einmal auch wieder bei uns da. Wir bekommen mit, wie Krieg und Terror viele Menschen hinwegfegt, auseinanderreißt und vielleicht für immer trennt. Sie aber haben schreckliche Wege vor sich - und hinter sich. Können sie bei uns - wenigstens für eine Zeit - eine Heimat finden, ein Zuhause? Können sie bei uns ausruhen? Noch einmal neu anfangen? Die schwierigen Fragen, die mit diesen Themen verbunden sind, werden wir in dieser Nacht nicht lösen, aber es fällt ein Licht, ein Glanz auf sie: Gott hat sich, als er Mensch wurde, auf die Seite derer geschlagen, die ganz unten sind.
Wohin wir gehören? Schwer zu beantworten ist die Frage nicht...
Zeichen
In dieser Weihnachtsnacht hören wir die Geschichte von der Geburt Jesu. Eingebettet in die große Weltgeschichte. Kaiser Augustus wird namentlich genannt, sein syrischer Statthalter Quirinius auch. Aber Gott hat seine eigene Geschichte mit den Menschen. Mit den großen - und mit den kleinen. Seine Geschichte ist eine Liebesgeschichte.
Da sehen wir zwei Menschen auf einem langen Weg. Maria trägt ein Kind unter dem Herzen. In einem Stall kommt Jesus zur Welt. Engel besingen diese Geburt. Es wird ganz hell. Augustus weiß das nicht, Quirinius auch nicht. Aber ich!
Dann machen sich die Hirten auf. Sie müssen vor keinem Palast warten - sie werden auch nicht verjagt. Ställe kennen sie. In ihrer vertrauten Welt finden sie ein Kind. So, wie ihnen zugesagt war: "Ihr werden ein Kind finden, das, in Windeln gewickelt, in einer Krippe liegt." Dass Gott hier selber liegt, ist ein Geheimnis. Ein offenes Geheimnis. "Und plötzlich war bei dem Engel ein großes himmlisches Herr, das Gott lobte und sprach:
»Verherrlicht ist Gott in der Höhe
und auf Erden ist Friede
bei den Menschen seiner Gnade.«"
Draußen ist es dunkel. Es ist Nacht. Warm und hell wird es in unserem Leben. Kerzen leuchten. Wir singen die alten, wir singen die neuen Lieder. Von der stillen, von der heiligen Nacht. Diese Nacht ist anders, anders als die vielen anderen Nächte, die wir verschlafen, die wir vielleicht aber auch durchwachen. Aufgeschreckt, verunsichert, mit Schmerzen.
Wir sind Menschen seiner Gnade!
Jetzt geht die Sonne auf.
Und der Friede Gottes,
der höher ist als unsere Vernunft,
bewahre unsere Herzen und Sinne
in Christus Jesus, unserem Herrn.
Mensch sein
Unspektakulär
Weihnachten – der schönste Geburtstag, der sich denken lässt. Dass wir ihn überschwänglich und ausgedehnt feiern, ist das Richtigste, was wir tun können. Gott wird Mensch, kommt in unsere Welt, ohne sie sich vorher zurechtzubasteln. Die Welt bleibt nicht für kurze Zeit stehen, um auf diesen großen Augenblick ihrer Geschichte aufmerksam zu machen. Niemand hält überrascht und voller Staunen den Atem an. Gottes Sohn passt sich der Welt und ihrem Lauf an. Kaiser Augustus muss seine Volkszählung nicht unterbrechen. Der hochschwangeren Maria wird der Weg nach Betlehem nicht erspart. In den Herbergen erkämpfen sich Josef und Maria nicht einen Platz zur Unterkunft mit dem Hinweis auf ihr Messias-Kind.
So wie viele andere arme Kinder auf dem Erdball kommt Christus ohne besondere Beachtung auf die Welt. Ein Unterstand, eine Art Stall wird zur Geburtsstube des Menschensohns. Ohne Vorzüge anderen gegenüber, ohne in eine reiche oder berühmte Familie geboren zu werden, ohne Vorwürfe an die Hausbesitzer oder Herbergsbetreiber in Betlehem kommt Gottes Sohn zur Welt.
Diese Art und Weise seiner Geburt und des Eintretens Jesu in die Welt ist sicher ein Punkt, den wir in diesen Tagen neu bedenken sollen. Der Sohn Gottes entäußert sich total seines ganzen Glanzes und seiner Würde. Oder vielleicht sollten wir besser sagen: Der Sohn Gottes zeigt uns, welcher Wert in uns Menschen steckt, auch ohne Reichtum, ohne Besitz, Macht oder Einfluss. Was wir wert sind, liegt in unserem Inneren, in unserem Mensch-Sein.
Mensch sein
Mensch sein in unserer Welt, in die wir hineingeboren sind, und menschlich in ihr handeln, ist mit seiner Geburt die Botschaft, Bitte und Aufforderung Jesu an uns, noch bevor er überhaupt sprechen kann. Dieser Botschaft bleibt Jesus selbst ein Leben lang treu: in Wort und Tat. Er redet nicht nur über menschlich sein, sondern lebt, pflegt und bewahrt sich das Menschsein sein ganzes Leben hindurch – in einem Leben, das viele Varianten durchlief:
Kindheit in einer eher ärmlichen Familie. Dem Verwöhnt-Werden sind deutlich Grenzen gesetzt. Die Phase als Wundervollbringer und Heilsverkünder. Großer Jubel und offene, bittere Ablehnung begleiten ihn. In beide Richtungen bleibt Jesus ganz dem Menschsein treu. Die angebotene Königsherrschaft zur Machtausübung lehnt er ab; Trost spenden, aufrichten, sich erbarmen, helfen, heilen, Freund sein, mit den Fröhlichen feiern, sich mit den Leidenden verbinden, das bestimmt sein Handeln. In der Bibel können wir an vielen Stellen beobachten: Die Menschen damals bestaunten zwar die Wunder, die Jesus wirkte, aber fasziniert sind sie vor allem von dem, was von Jesus ausgeht: seine Wärme, seine Güte, seine Liebe und Herzlichkeit – eben seine Menschlichkeit.
Sichtbare Liebe Gottes
Alle Feste, die wir im Laufe des Jahres oder unseres Lebens feiern, bergen in ihrem Kern die Erinnerung an etwas Großes. Weihnachten sollen unsere Gedanken in zwei Richtungen gehen: Einmal soll uns die Liebe Gottes zu uns Menschen vor Augen stehen. In Jesus hat uns Gott seinen Sohn als Retter und Heiland gesandt. Gott redet nicht nur von seiner Liebe zu uns; er handelt, wenn die Zeit gekommen ist. Seine Zusagen und Verheißungen löst er auch ein. Diese beglückende Tatsache gilt es auszukosten und überschwänglich zu feiern.
Sodann sollen wir Weihnachten aber auch auf uns selbst schauen und dabei neu bedenken, welch wunderbarer Schatz in unserem Inneren liegt. Mensch kann ich immer wieder sein. Nichts und Niemand auf der Welt kann mich daran hindern. Wenn es das Weihnachtsfest nicht schon gäbe, wir müssten es unbedingt erfinden. Denn was gäbe es Größeres und Schöneres zu feiern als die Tatsache: Wir können das Menschsein leben unabhängig davon, ob wir reich sind oder arm, in hohem Ansehen stehen oder zu den einfachen Menschen zählen, jung sind oder alt, krank, hinfällig oder kerngesund. Wir können uns neu aufraffen, wenn wir nachlässig oder gleichgültig geworden sind, Zorn oder Ärger uns aus der Bahn geworfen haben. Dieses Geschenk, Mensch und menschlich sein können, übertrifft einfach alle Geschenke, die uns im Leben gemacht werden.
Wie Christus der Welt geschenkt ist, so dürfen und sollen auch wir uns als ein Geschenk an die Welt verstehen. Unabhängig von dem, was wir leisten und vollbringen, werden wir immer neu ein Geschenk für andere, wenn unser Denken und Handeln menschliche Züge trägt. Und nichts und niemand kann uns – Dank sei Gott! – daran hindern. So lasst uns Weihnachten jedes Jahr neu feiern und nach dem Mensch-Sein streben: ganz bewusst jeden Tag neu ein Leben lang.
Gesegnete und mit viel Menschsein gefüllte, frohe Weihnachtstage!
Menschwerdung und Menschsein in unmenschlichen Zeiten
Mensch – du bist göttlich!
Mensch – du bist göttlich. So einfach lautet die Zusage, die uns Weihnachten in der Geburt Jesu entgegenkommt. Wir feiern die Menschwerdung Gottes. Nicht in den Palästen der Mächtigen, sondern ganz unten kommt Gott zur Welt, in einem Stall bei den kleinen Leuten, den Hirten, heute vielleicht bei AsylwerberInnen, Arbeitslosen, Obdachlosen, AusländerInnen. Gott kommt als Säugling zur Welt, schutzlos, angewiesen auf menschliche Nähe, auf einen behutsamen Umgang miteinander, auf grenzenlose Solidarität. Weihnachten stellt uns so konkret die Frage: Wo sind wir Mensch, wo handeln wir menschlich? Mit der Geburt des Kindes werden Verhältnisse neu beleuchtet und zurechtgerückt. Gott will ein Gott mit uns sein.
Das Reich des Kaisers
In jenen Tagen erließ Kaiser Augustus den Befehl. Der Kontext, das Umfeld, das Lukas hier absteckt, ist klar. Das römische Imperium war weltbeherrschend und der Kaiser wurde quasi als Gott verehrt. Das war gläubigen Jüdinnen und Juden und in deren Nachfolge den Anhängerinnen des Neuen Weges, wie die ersten Christinnen und Christen bezeichnet wurden, ein Dorn im Auge. Denn es gibt nur einen Gott, Jahwe.
Lukas erklärt auch die Wirkweise dieser Herrschaft. Menschen müssen weite Wege auf sich nehmen, wenn der Kaiser ruft. Das gesamte Volk sollte erfasst, registriert, gezählt werden, denn so könnte es effektiver unterdrückt und ausgeplündert werden. Der Herrscher Augustus setzt mit seinem Befehl Menschen in Bewegung, mutet weite, für eine Schwangere wie Maria unmenschliche Wege zu.
Das „Reich des Kindes“
Die Inszenierung Gottes sieht anders aus. Unbemerkt von den Machtvollen drängt er sich ins Dasein. Kein Herrscher, der befiehlt, nein, ein Gott der ruft. Er kommt in die Zeit. Das ist ein wirklicher Einschnitt. In die vermeintliche Geschichte der Herrschenden dieser Welt bettet Lukas den Beginn einer neuen, gänzlich anderen Geschichte ein, die neue Bundesgeschichte Jahwes mit den Menschen, die in der Geburt Jesu neu beginnt. Lukas stellt dem Römischen Imperium das „Reich des Kindes“ gegenüber. Auch das Reich des Kindes hat einen Herrschaftsanspruch, aber seine Herrschaft bedeutet Befreiung für Israel und damit für alle Völker, eine Herrschaft, die sich am Menschen orientiert.
Josef und Maria – weltgeschichtlich völlig unbedeutend – sind repräsentativ für alle, die da gehen müssen. Lukas schwenkt von Kaiser Augustus über den Machthalter Kyrenius zu Josef und Maria, um letztendlich beim erstgeborenen Sohn Marias stillzustehen. Die Heilsgeschichte Jahwes mit den Menschen beginnt Lukas mit der Geburt eines Kindes, noch namenlos, gelegt in ein Krippe, möglicherweise eine ganz normale Futterkrippe für Tiere, vielleicht sogar ohne Stallgebäude, weil in der Herberge kein Platz war. Also alles andere als die Idylle des Knaben mit lockigem Haar, gebettet in einem Futtertrog, im Dreck des Alltäglichen wächst das Menschliche - die Krippe, der Futterplatz im Kontrast zur Herberge, dem Unterkunftsraum für Menschen.
Fragwürdige Zeugen
Zugänglich aber für Menschen, die ähnlich unterwegs sind: Die Hirten, im Freien lagernd, ausgesetzt, ausgestattet mit der besonderen Kenntnis, die Erde und den Himmel zum Wohl ihrer Herde gut beobachten zu können. Hirten waren verachtete Leute, die im Verdacht standen, es mit Mein und Dein nicht so genau zu nehmen, ausgeschlossen auch von der Zeugenaussage vor Gericht. Gerade sie werden zu Zeugen des Geschehens gemacht. Parallel fallen mir dazu die Frauen am Grab ein, auch fragwürdige Zeuginnen, deren Aussagen angezweifelt wurden. Wem trauen und glauben wir in unserem Leben?
Diese Hirten lassen sich offensichtlich nicht antreiben vom kaiserlichen Befehl. Wohl aber lassen sie sich berühren und ansprechen von einem Engel, einem Boten Jahwes, der mit seiner Botschaft einen Zugang zu ihnen findet. Die Botschaft Jahwes ist kurz und klar. „Fürchtet euch nicht“. Ein Engel, ein Bote bringt eine gute Nachricht, eine neue Perspektive, für die es sich lohnt, aufzustehen und sich auf einen neuen Weg zu machen. Eine große Freude wird angekündigt, die dem ganzen Volk zuteilwerden soll und jetzt hier, bei den Hirten ihren Anfang nimmt. Heute, hier und jetzt ist ein Befreier geboren, ein Befreier in unmenschlichen Zeiten. Jahwe traut diesen Hirten also ganz schön viel zu, sie sollen die Verkünder des Heils werden. Und ein neuer Friede wird verkündet, ein Friede bei den Menschen, die in der Gnade Jahwes leben, die also nach dem Willen der Tradition, der Tora und der Propheten ein mitmenschliches Leben führen.
Anders als erwartet mischt Gott sich in die Geschichte ein
Das ist natürlich gegenüber den vermeintlichen Herrschern dieser Welt eine Provokation, die ihresgleichen sucht. In Zeiten, in denen Herrschende ihrem Volk keinen Schutz und kein gutes Leben bieten, in denen Furcht offensichtlich an der Tagesordnung ist, und auch die Einschreibung in Steuerlisten klar macht, dass die Mechanismen der Ausbeutung und Unterdrückung geschärft werden sollen, setzt Lukas andere, neue Maßstäbe. Gegen den machtvollen Kaiser und seinen Statthalter setzt er ein Kind, schutzlos, machtlos, namenlos. Ein Säugling, angewiesen auf die Zuwendung seiner Umgebung, um leben zu können, verwiesen auf die unbedingte Solidarität der Mitmenschen. Gott kommt am Rand der Gesellschaft zur Welt, machtlos aber nicht ohnmächtig, mischt sich anders, als wir es gewohnt sind, in die Geschichte ein, um der Menschen willen.
Das Kind setzt in Bewegung, die Hirten machen sich auf den Weg, trauen der Verkündigung, den Worten des Boten. Diese Hoffnung für die Machtlosen gegen die Mächtigen entfacht ein Feuer, öffnet die Münder und Herzen, bringt einen neuen Geist in das Leben, der diese Lebendigkeit weitergeben und weitertragen will. Diese Hoffnung auf ein neues Leben steckt förmlich an.
Weihnachten erinnert also weniger an das Nachspielen alter Krippenszenen mit dialektsprechenden Hirten, Schafen und einer Stallidylle, sondern lädt ein, mit Lukas den Weg der Befreiung zu gehen und für uns mögliche Wege der Mitmenschlichkeit aufzuzeigen gegen die heutigen Imperien. Die Machthaber aller Länder werden mit der Befreiungsgeschichte des Kindes letztendlich entlarvt. Weihnachten ist die Zeit der Menschwerdung gegen die Zeiten der Unmenschlichkeit.
Den Weg der Befreiung gehen
Die Hirten erzählen, was ihnen über dieses Kind, immer noch namenlos, gesagt wurde und versetzen die Zuhörenden in Staunen. Solche Weisheit und Erkenntnis hat man ihnen offensichtlich nicht zugetraut. Die Hirten berühren auch Maria. Sie bewahrt alles, was geschehen ist, in ihrem Herzen und denkt darüber nach. Und das ist ja ganz Gewaltiges. Da werden Hirten, eine Randgruppe der Gesellschaft, wesentlich, sie bringen mit ihrer Erzählung Geschichte neu in Gang. Gott entfacht durch die Zuwendung zu diesen Menschen eine neue Lebendigkeit, setzt die Hirten in ein neues Licht, verändert so Wirklichkeit und kehrt die bestehenden Verhältnisse um.
Der Glanz des Herrn beleuchtet Lebens- und Herrschaftsverhältnisse neu, macht aus unten oben und lenkt den Blick auf die Geringsten. Mit Gott ist nichts unmöglich, auch angesichts herrschender Verhältnisse, dass Veränderung ist immer möglich, auch oder gerade wenn sie im Unscheinbaren, am Rand wächst. Diese Geschichte ermuntert und ermutigt uns für das eigene Leben.
Sich in Bewegung setzen lassen
Der Bischof von Rom, Franziskus, weist uns ebenfalls neue Wege und geht immer wieder bewusst an die Ränder der Gesellschaft. Bei seinem Besuch in Lampedusa rief er auf gegen eine Globalisierung der Gleichgültigkeit. Das kann uns Mut machen, unseren Blick zu schärfen, zu weiten, uns betreffen und berühren zu lassen und erinnert daran, dass wir immer füreinander als Menschen Verantwortung zu tragen, Antwort zu geben haben auf die Anrufungen, die uns begegnen. Es liegt ähnlich wie bei den Hirten dann an uns, uns aufzumachen von vertrauten Plätzen weg zu einer neuen Krippe, zu einem neuen Menschsein. Das mag Lukas auch als Anregung für die Gemeinden in diesen Text verpackt haben. Eine neue, erfüllte Zeit ist eine Zeit, wo es wesentlich ist, sich umeinander zu kümmern, wo sich Menschen aufeinander beziehen und ihr Leben teilen, Schutzlose bevorzugt im Blick sind.
Zeit für ein kurzes Gedankenexperiment: Was wäre, würde man heute den Rufen Jahwes, der Botschaft des Evangeliums, der Praxis Jesu mehr trauen als den Rufen und Befehlen der heute Herrschenden, der PolitikerInnen, der Banken, der Versicherungen und des Geldes?
Mit-Menschlichkeit in Zeiten der Individualisierung und der Hartherzigkeit
Mit der Geburt des Kindes in Bethlehem stellt sich Gott auf die Seite der Machtlosen und gibt die Zusage, mit den Machtlosen zu gehen. Mit-Menschlichkeit in Zeiten der Individualisierung und der Hartherzigkeit braucht immer wieder die Zuwendung zueinander, braucht den Blick auf die herrschenden Verhältnisse, deren Kritik, denn die Bibel träumt von einer herrschaftsfreien, solidarischen Gesellschaft und unserer Mitarbeit am Reich Gottes.
Gott kommt dort zur Welt, wo wir die Botschaft der Menschlichkeit ernst nehmen und uns barmherzig, liebevoll und respektvoll einander zuwenden und uns für ein menschenwürdiges, gutes Leben auf den Weg machen. Auf diesem Weg dürfen wir uns der Zusage des Engels gewiss sein.
„Fürchtet euch nicht“ – Plural, nicht Singular. Wer das „euch“ ernst nimmt, kommt an einem Leben in Beziehung und Verbundenheit nicht vorbei, weiß sich bezogen auf die Mitmenschen, die Nächsten. Meistens wird Gott ganz leise Mensch, wenn Menschen zu Menschen werden. So möge uns die Botschaft der Geburt des Kindes immer wieder erinnern, unser Mit-Mensch-sein zu nähren und wohlwollend, freundlich miteinander umzugehen. Alljährlich zu Weihnachten und Tag für Tag, im echten Leben.
Autor: Mag. Fritz Käferböck-Stelzer, Betriebsseelsorger, Treffpunkt mensch & arbeit, Nettingsdorf
Gott kommt in eine unheile Welt
»Stille Nacht, heilige Nacht«
Im Betrachten des Weihnachtsliedes »Stille Nacht! Heilige Nacht!« wollen wir uns diesem Kommen Gottes vor über 2000 Jahren, wie auch über das Kommen Gottes hier und heute, in einigen Schritten nähern.
Vor bald 200 Jahren entstand in Oberndorf bei Salzburg ein Weihnachtslied, welches heute zu den populärsten weltweit gehört. In über 300 Sprachen wurde es übersetzt. In dieser Nacht wird es vielerorts gesungen oder gehört – auch in unserer Christmette heute werden wir dieses Lied zum Abschluss singen: »Stille Nacht! Heilige Nacht!«.
Der Hilfspriester Joseph Mohr textete dieses Lied in sechs Strophen; der Dorfschullehrer Franz Xaver Gruber komponierte dazu die so einprägsame Melodie von »Stille Nacht! Heilige Nacht!«.
Viele Legenden haben sich im Laufe der Zeit rund um die Entstehungsgeschichte dieses Liedes gebildet. Gerade vor wenigen Wochen kam ein neuer (amerikanischer) Film über dieses Lied in unsere Kinos.
In dieser Zeit - Anfang des 19. Jahrhunderts - war vieles nicht ganz leicht. Es gab viel Not und auch Elend, nach so vielen Kriegen… auch in der kleinen Filialkirche in Oberndorf,…
Mit dem schlichten Inhalt und auch der Melodie des Liebes werden viele Sehnsüchte des Menschen angesprochen: insbesondere der nach Frieden, nach Geborgenheit, nach Stille und Ruhe, nach Heil und letztlich auch nach Rettung. Auch viele dem Christentum ferne Menschen finden sich in diesem Lied wieder. Es geht auch um das Neuwerden eines Menschen, der Sehnsucht nach Liebe…
Geschichtliches Kommen Gottes
Ja, wir Christen gedenken in dieser Heiligen Nacht an das einmalige geschichtliche Kommen Gottes als Mensch in diese unsere Welt- und Menschheitsgeschichte. Nicht Ostern, nicht Pfingsten, nicht viele andere große Feste im Laufe eines Jahres, bilden diesen tiefsten Kern des Christentums. Den Kern finden wir in diesem Fest der Menschwerdung Gottes. Dieses Fest ist Ausgangspunkt einer letztlich geheimnisvollen und tragenden Verbindung zwischen dem ewigen Schöpfer und Gott – der sich uns immer wieder auch entzieht – und den Menschen aller Zeiten.
Die Heilige Nacht war nicht nur heil
Ja, Gott kam in einer stillen und Heiligen Nacht zu uns Menschen. Doch, so dürfen wir weiterdenken, war das Kommen Gottes damals wohl kaum so still, so froh, ja so heil. Wenn wir dem Evangelium nach Lukas folgen, so kam dieser Sohn Gottes in einer Höhle außerhalb des Ortes zur Welt. „Weil in der Herberge kein Platz mehr war“. Obdachlos könnte man sagen,… Man legte das Kind in eine Krippe. Alles sehr fragil, sehr armselig, ja geradezu schlimm…
Gott kam wohl ganz bewusst in eine solche Situation, in einer solchen Umgebung, in solchen Umständen zu den Menschen. Nicht in einem Palast, umringt von Höflingen, Hebammen oder Ärzten, Dienern, Wachleuten oder gar Hofjournalisten…
„Stille Nacht! Heilige Nacht!
Die der Welt Heil gebracht.
Aus des Himmels goldenen Höh’n
Uns der Gnade Fülle lässt seh’n
Jesus in Menschengestalt!
Jesus, in Menschengestalt!“
So lautet die ursprünglich dritte Strophe des Liedes.
Auch heute noch kommt Gott in die Welt
Das sind der Glaube und die tiefe Hoffnung der Christen weltweit. Gerade heute, wenn viele sich – wie wir – zu dieser Feier versammeln. Wir blicken nicht nur allein zurück auf ein wichtiges geschichtliches Datum vor über 2000 Jahren. Nein, wir glauben, dass Gottes Geist sich auch heute in der Welt zeigt, ja in dieser Welt wirkt.
Vielleicht finden wir Gott auch heute besonders dort, so vieles fragil ist in Familie, Partnerschaft und im beruflichen Bereich. Wo Not und Leid sich zeigen, wo nach Heil, Frieden und Gerechtigkeit gesucht, gebetet und gerungen wird, wo Menschen auf der Flucht sind. Auch das ist ein Geheimnis von Weihnachten:
Dieses leise Kommen Gottes in den Höhen und Tiefen des Menschen – wenn er bereit ist, sich darauf einzulassen. Und immer wieder geschehen Wunder. „Wer Augen hat, der sehe!“
„Stille Nacht! Heilige Nacht!
Wo sich heute alle Macht
Väterlicher Liebe ergoss
Und als Bruder huldvoll umschloss.
Jesus, die Völker der Welt!
Jesus, die Völker der Welt!“
So wünsche ich Ihnen und mir, dass wir in diesen weihnachtlichen Tagen, neben all dem gemeinsamen und einsamen Feiern, diese Augenblicke des Offenwerdens für Gottes Heilsbotschaft neu bedenken: Sei es hier und jetzt in dieser nächtlichen Stunde, sei es in einem kurzen und offenen Gebet, in einer Stille im Blick auf die brennenden Kerzen, sei es beim Singen des schönen Liedes: »Stille Nacht! Heilige Nacht!« Sei es im uneigennützigen Tun, im Helfen in der Not.
Möge ihnen Heil, Frieden und Gottes Nähe geschenkt werden!
Segensreiche Weihnachten!
Gott kommt in die Welt
Gott ist am Leben
"Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen von heute, besonders der Armen und Bedrängten aller Art, sind auch Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Jünger Christi." So hat es vor 50 Jahren das II. Vatikanische Konzil formuliert. Diese Aussagen fordern uns als Kirche, als Gemeinschaft der Christen heraus, am Leben der Mitmenschen Anteil zu nehmen, an dem, was sie freut, an dem, worunter sie leiden. Das ist die Aufgabe der Kirche. Wenn die Kirche am Leben bleiben will, dann muss sie am Leben der Menschen bleiben. Leider, so scheint es, haben sich die Kirche und die Lebenswirklichkeit der Menschen von einander entfernt.
Gott macht es uns vor, das Leben der Menschen zu teilen, nahe am Menschen zu sein. Das ist Weihnachten. Das feiern wir heute. Gott ist in die Welt gekommen. Er ist der Immanuel, der Gott mit uns, der Jahwe. Alles tat Gott aus Liebe zu den Menschen. In Jesus ist Gott uns als Mensch begegnet. Darum wollen wir auch heute wieder mit den Hirten zur Krippe gehen, um ihn anzubeten. Mit Maria und Josef wollen wir das Kind anbeten.
Wo ist Gott? Das fragen wir bei allem Leid, bei allen Ungerechtigkeiten. Vor vielen Jahren habe ich in einer Jugendzeitschrift eine provokative Überschrift gelesen. Lieber Gott, komm bitte noch mal runter und schau dir den Laden selber an. Gott ist in die Welt gekommen. Doch hat sich Jesus nicht einfach alles angeschaut. Sicher hat Jesus nicht mit einem Trick die Welt verändert. Doch hat Jesus Zeichen gesetzt, Handlungen getan, die Licht in vieler Dunkelheit brachte. Seine Worte, ja die Worte der Bibel sind heute brandaktuell wie damals. Sie haben viel mit der Wirklichkeit des Lebens zu tun.
Ein helles Licht?
"Das Volk, das im Dunkel lebt, sieht ein helles Licht." So hat der Prophet Jesaja Jahrhunderte davor geschrieben. Einem verängstigten Volk ist das zugesprochen. Doch die Trauer der Menschen wird ernst genommen. Die Angst und das Dunkel, die zu siegen scheinen, haben einfach nicht das letzte Wort. Es wird ein Retter angekündigt.
Auch heute gibt es Völker, die im Dunkel leben. Das sind die Kriege, die es zur Zeit gibt. Immer wieder gibt es Bilder von Menschen, die vor zerstörten Häuser stehen. Nicht nur ihre Häuser sind zerstört, sondern oft auch das, was sie sich aufgebaut haben im Leben. Oft sind auch traurige Kinderaugen zu sehen, weil sie spüren: so haben wir keine Zukunft mehr, keine Chance auf ein Leben, das erfüllend ist. Kinder leiden immer am meisten unter Kriegen.
Wo ist das Licht, das sie sehen können? Wir können hier die Kriege nicht beenden. Doch können ihre Sorgen, ihre Ängste auch unsere Sorgen, unsere Ängste werden. Es geht einfach nicht an, wenn wir gleichgültig diesen Entwicklungen gegenüber stehen. Es kann damit angehen, dass wir uns dort, wo wir können, für Frieden einsetzen.
Menschen im Dunkel
Auch bei uns gibt es viele Menschen, die im Dunkel leben. Wenn es auch viel Wohlstand gibt, so gibt es viele, die arm leben. Es ist doch schlimm, wenn Menschen einen so geringen Lohn bekommen, dass sie davon nicht leben können, auch dann, wenn sie Vollzeit arbeiten. Es ist traurig, wenn Millionen Menschen in Südeuropa kaum Aussicht haben auf ein wirtschaftlich gesichertes Leben. Die Aussichten scheinen duster zu sein. Auch hier kann ich als einzelner wenig tun. Doch miteinander können Menschen manches auch bewegen. Es gibt sie, die Männer und Frauen, die sich einsetzen, die bereit sind, Zeit zu schenken, Geld zu spenden, Bewusstsein zu stiften. Wir leben nicht in eine Welt, die heil ist. Sonst hätte Gott ja gar nicht Mensch werden brauchen. Wir leben in einer Welt voller Ungerechtigkeit, voller Leid und voller Hass.
Es gilt, dieses mit den Mitmenschen auszuhalten, mit durch zustehen. Es ist unsere Aufgabe, dieser Welt ein menschliches Angesicht zu geben. Es gibt Leid und Traurigkeiten, die wir lindern können. Aber nicht nur Leid und Traurigkeiten, sondern auch das ehrliche Anteilnehmen an den Freuden der Mitmenschen hat sich das Konzil auf die Fahnen geschrieben.
Gott lebt mit uns in Jesus Christus
Gott lebt mit uns. In Jesus Christus. Wir können lamentieren über die Bosheit der Menschen. Doch Gott geht es um uns. Seine Güte soll uns erziehen, uns von der Gottlosigkeit loszusagen. Wir sollen besonnen, fromm und gerecht in dieser Welt leben, während wir auf das Erscheinen der Herrlichkeit unseres großen Gottes warten. Um diese Welt menschlicher zu gestalten, dazu ist jeder gefragt und auch wichtig. Verantwortung kann ich nicht einfach bloß weitergeben, sondern immer fängt es bei mir selber an.
Es ist leicht, Forderungen zu stellen, leicht, zu sagen, was man so tun müsste. Es ist leicht, darüber zu klagen, dass ein paar Tagen nach Weihnachten die Tagesordnung weiterbesteht. Es ist aber nicht leicht, so zu leben versuchen, dass Mitmenschen spüren, zu wem wir gehören. Es kommt auf unser Beispiel an. Wir sind berufen, jetzt als Christen zu leben. Dabei muss Gott das wichtigste sein. In der Lesung fiel das Wort "erziehen!" "Erziehen" - das gilt mehr als durch Worte geht das durch das eigene Vorbild, durch das Beispiel. Wenn wir ihn anbeten, dann zeigen wir unsere Ehrfurcht, unsere Achtung vor dem, was er der Welt bedeutet. Dann zeigen wir ihm, wir wollen unser Leben nach seinem Vorbild gestalten.
Gott hat uns ein Beispiel gegeben. Jesus kam nicht mit Herrlichkeit, sondern Jesus kam arm in diese Welt. Jesus wurde nicht mit offenen Armen empfangen. Damit hat sich Gott auf die Seite derer gestellt, die arm sind, die abgelehnt werden. Jesus steht auf die Seite der Menschen, die hilflos der Macht gegenüber stehen. Es sind die Hirten, die zuerst die Botschaft des Engelshören: "Fürchtet euch nicht, euch ist heute der Retter geboren!" Es sind die so genannten kleinen Leute. Von Beginn an zeigt Gott, der arm in einem Stall zur Welt kommt, dass es andere Werte zählen. Nicht Macht, nicht Geld, nicht Position, sondern Gott geht in Jesus den Weg der kleinen Schritte.
Die ganze Welt ist Heimat Gottes
Gott nimmt sich auch keine persönliche Heimat, der Menschensohn hat ja keinen Ort, wohin er sein Haupt legen kann. Denn die ganze Welt, alle Menschen sind seine Heimat. Alle Menschen sollen Heimat finden in Gott. Wie viele Menschen sind heimatlos, werden aus ihrem Land vertrieben, müssen vor Verfolgungen fliehen. Gott nimmt sich auch dieser Menschen an. Er erlebt auch diese Situation. Wir können uns fragen, wie stehen wir zu Menschen, die Gastfreundschaft, die Aufnahme und Hilfe brauchen. Gastfreundschaft ist eine sehr wichtige Eigenschaft im Christentum.
Gott kommt nicht in eine heile Welt. Doch diese Welt kann durch uns, die wir seine Ankunft feiern, heller und heiler werden. Wir sind nicht nur Handelnde, Machende. Wir sind auch selber Beschenkte. Gott kommt auch in mein Leben, mein ganz persönliches, mit meinen ganz persönlichen Freuden, mit meinen persönlichen Sorgen. Gott nimmt mich darin ernst. Das kann ich erfahren durch die Nähe von Mitmenschen, die mir beistehen in den Sorgen, die sich mit mir freuen, die mit mir lachen und mit mir weinen. Gott lebt mein Leben mit mir. Ich brauche es nicht allein, aus eigener Kraft zu bewältigen. Wenn auch Menschen mich verlassen, es gibt immer noch einen, der mir nahe ist. Wenn mich niemand aufnimmt, einer nimmt mich auf, er, der alles durchlebt hat. Das ist ein Grund zu feiern.
"Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen von heute, besonders der Armen und Bedrängten aller Art, sind auch Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Jünger Christi." Sie sind Gottes Freude und Hoffnungen." Wenn wir ihn in der Krippe in diesem Kind anbeten, dann wollen wir ihm unsere Sorgen und Nöte bringen, in dem festen glauben: Gott kommt in die Welt. Gott ist am Leben. Er ist uns nahe.
Wie verrückt in die Menschen verliebt
Wie denken wir Gott?
Was wir heute Nacht feiern ist das, was uns Christen nicht nur von den Ungläubigen, sondern auch von allen anderen Religionen unterscheidet. Wir feiern, dass mit Jesus, geboren aus Maria der Jungfrau, Gott selber in die Welt gekommen ist. Mit diesem Jesus ist Gott selber ein Mensch geworden.
Eine solche Botschaft ist im wahrsten Sinn des Wortes ver-rückt. Sie sprengt alle menschlichen Maßstäbe. Sie steht quer zu dem, was wir uns normalerweise vorstellen und mit unserer Vernunft ausdenken. "Niemand hat Gott je gesehen", sagt das Johannesevangelium. Wenn der Mensch Gott nicht von vornherein ablehnt, wie es viele tun, sondern positiv über ihn nachdenkt, wie denkt er dann? Wir denken uns Gott doch als das Größte und Umfassendste; wir denken uns Gott als den, der alles übersteigt, was wir Menschen uns vorstellen können. Und dieser Gott soll selber ein kleiner, schwacher Mensch geworden sein, ein Kind, das in Windeln gewickelt war und dort auch hineingepinkelt hat? Wer das annimmt, wer das glaubt, macht sich der nicht lächerlich?
Lächerlich, erbärmlich, total verrückt...
Es wird lächerlich gemacht: in Filmen und in Zeitschriften, oder von Leuten, die sich intelligent vorkommen, wenn sie zynisch darüber daherreden. Aber auch Menschen, die seriös denken, haben damit ihre Schwierigkeiten. So ist es heute zuhauf und so war es schon von Anfang an. Zuerst hatte das Christentum Anhänger gefunden vor allem bei einfachen, ja primitiven Leuten. Im Weihnachtsevangelium sind die vertreten durch die Hirten. Sie zählten zu den untersten Schichten der Gesellschaft. Als sich das Christentum dann ausbreitete und auch von gebildeten Leuten wahrgenommen wurde, da erhoben sich dann auch gleich die Einwände dagegen und einer der Haupteinwände lautete von Anfang an: Es kann doch nicht sein, dass Gott selber Mensch wird und dazu noch auf so erbärmliche Weise, wie das Weihnachtsevangelium es schildert.
Wir kennen die Schrift eines griechischen Philosophen aus dem 2. Jahrhundert, also den Anfängen des Christentums (178 n. Chr.). Er hieß Kelsus und kommentierte das Weihnachtsgeschehen sinngemäß so: da habe sich einer fälschlich als Sohn einer Jungfrau ausgegeben, die aus einem dreckigen jüdischen Dorf stammte. Sie sei von ihrem Mann wegen Ehebruchs verstoßen worden, unstet herumgeirrt und habe dann diesen Jesus geboren, den die Christen als Sohn Gottes verehrten und anbeteten. So etwas sei doch total verrückt und lächerlich (Origenes, Contra Celsum I, 28).
Man kann diese Schrift heute im Internet nachlesen und sie ist aktuell, denn auch was heute gegen die christliche Weihnachtsbotschaft vorgebracht wird, variiert weitestgehend nur, was bereits dieser Kelsus in der Anfangszeit des Christentums verfasst hatte.
Ja, diese Botschaft ist verrückt. Aber weist nicht gerade diese Verrücktheit paradoxerweise darauf hin, dass es sich hier um eine Botschaft handelt, die eben nicht von Menschen erfunden und nicht von Menschen ausgedacht wurde? Denn noch einmal: Menschen denken sich Gott als den Großen, Erhabenen, Allmächtigen aus und ganz sicher nicht als ein Kind, "das in Windeln gewickelt in einer Krippe liegt".
Die Verrücktheit Gottes
Mit der Weihnachtsbotschaft rühren wir an das, was man die Verrücktheit Gottes nennen könnte. Nur er konnte sich so etwas ausdenken. Und damit hat er uns auch gezeigt, wer er ist und wer er für uns Menschen sein will. Wenn der große, unendliche Gott so etwas Verrücktes tut, dass er selber ein kleiner Mensch wird und das unter so miserablen Umständen, muss er dann nicht der sein, der sozusagen "wie verrückt" in die Menschen verliebt ist?
In der Tat, das ist die Botschaft von Weihnachten. Gott sagt uns da: Mensch, du bist mir so viel wert, ich mag dich so sehr, dass ich selber zu dem werde, was du bist. Und das bedeutet dann umgekehrt: alles, was menschlich ist, das ist von Gott angenommen und durch ihn gerettet. Deshalb kann das Weihnachtsevangelium sagen: "Der Retter ist euch geboren".
Das klingt noch einmal verrückt, vor allem, wenn wir uns vor Augen halten, wie viel Unrecht und Böses in unserer Welt sind, wie viel Leid und Angst über jedem einzelnen Menschenleben lasten können. Und doch sind wir gerade mit all dem von Gott angenommen und durch ihn gerettet. Der in Windeln gewickelt in der Krippe liegt ist derselbe, der alles Böse und die ganze Schuld der Welt ans Kreuz getragen und durch seinen Tod und seine Auferstehung überwunden hat.
Deshalb feiern wir zu Recht die Menschwerdung Gottes mit großer Freude. Wir bekennen damit auch, dass Gott für uns nicht nur ein Allmächtiger ist, der irgendwo jenseits in fernen Himmeln thront (Islam), dass er auch nicht nur irgendwie ein abgrundtiefes und unfassbares Alles ist (Buddhismus), sondern der, der sich ganz konkret und ganz einmalig im Antlitz des Menschen Jesus gezeigt hat und mit diesem Jesus zu jedem Menschen sagt: Du bist von Gott geliebt. Du bist von Gott angenommen und gerettet.
Ein "Geschenk fürs Leben"
Geschenke haben besonders in der Kindheit eine große Bedeutung.
Wenn ich an die Heiligabende meiner Kindheit und Jugend zurückdenke, so hatten die Geschenke immer eine besondere Bedeutung für mich.
Die typische Weihnachtsstimmung war natürlich auch ganz wichtig, die großen und kleinen weihnachtlichen Geheimnisse, der Weihnachtsgottesdienst mit der vertrauten Weihnachtsgeschichte und der Flötenmusik, der Tannenbaum, das traditionelle Essen, die festliche Kleidung.
Aber die einzelnen Geschenke prägten die Weihnachtsfeste doch in besonderer Weise. Wie oft eröffneten sich mir durch Geschenke ganz neue Welten. Mit Rollschuhen konnte ich viel schneller unterwegs sein. Ein Buch konnte mir neue Bereiche aufschließen und ich entdeckte Themen, die mich noch über viele Jahre hinweg beschäftigten.
"Geschenke fürs Leben" sind dafür gedacht, dass sie einen ein Leben lang begleiten.
Ich erinnere mich, dass ich, je älter ich wurde, zunehmend Geschenke erhielt, die mir mit der Bemerkung übergeben wurden, dass sie ein besonderes Geschenk, dass sie "etwas fürs Leben" seien. Damit war gemeint, dass das Geschenk so ausgewählt worden war, dass es mich ein Leben lang, oder zumindest für lange Zeit, begleiten konnte. Das Geschenk war nicht in erster Linie für den sofortigen Genuss, sondern mehr für den langfristigen Gebrauch gedacht. Manche dieser Geschenke begeisterten mich sofort, in andere musste ich gewissermaßen erst "hineinwachsen". Aber als ich sie dann lieben gelernt hatte, mochte ich sie gar nicht mehr missen.
Die Geburt Jesu Christi möchte auch ein "Geschenk fürs Leben" sein.
Im Weihnachtsevangelium haben wir gerade gehört, was die Engel damals auf den Hirtenfeldern Bethlehems verkündeten: "Fürchtet euch nicht, denn ich verkünde euch eine große Freude, die dem ganzen Volk zuteilwerden soll: Heute ist euch in der Stadt Davids der Retter geboren; er ist der Messias, der Herr." Dass Gott uns zu Weihnachten mit seinem Sohn, mit seiner Nähe beschenkt, scheint mir auch so ein "Geschenk fürs Leben" zu sein.
Es ist ein Geschenk, das spontane Freude auslösen kann, ein Geheimnis, in das man aber auch zuweilen erst hineinwachsen muss, um es wirklich zu verstehen. Ein "Geschenk fürs Leben" ist für den längeren Gebrauch gedacht. Man braucht keine Sorge zu haben, dass es sich so schnell abnutzt. Und es ist ein Geschenk, das sich immer wieder neu verstehen lässt und mit dem man immer wieder neu umzugehen lernt.
Das JA Gottes zu mir ist ein Geschenk, das jedes Jahr in neuer Verpackung unter dem Tannenbaum liegt.
Ich stelle mir vor, dass Gott mir ein schönes Paket gepackt hat, das jedes Weihnachtsfest wieder ganz frisch unter meinem Tannenbaum liegt und ausgepackt werden möchte. In diesem Paket wartet auf mich die weihnachtliche Botschaft: Fürchte dich nicht, denn dir ist der Heiland geboren! Ich, dein Gott, sage JA zu dir. Ich will dir in diesem Kind nahe sein und dir in diesem Kind meine Liebe zeigen. Es ist mein Geschenk für dich, ein "Geschenk fürs Leben".
Ich packe das Paket aus und versuche, dieses Geschenk immer besser verstehen zu lernen. Damit es mir leichter fällt, einen guten Zugang zu finden, erreicht mich die Weihnachtsbotschaft jedes Jahr in anderer Weise. In neuer, kreativer Verpackung liegt das Geschenk auf dem Gabentisch, manchmal ganz schlicht, manchmal mit besonderer Ausschmückung versehen. Gott spricht viele "Sprachen", damit ich ihn auch in meiner ganz konkreten persönlichen Lebenssituation verstehen kann. Im letzten Jahr eignete sich das damalige Geschenkpapier besonders gut für mich, in diesem Jahr wird mir die Gabe womöglich in einer anderen Verpackung verehrt.
"Geschenke fürs Leben" nutzen sich nicht ab.
Das ist das Schöne an gut ausgewählten "Geschenken fürs Leben", dass sie sich kaum abnutzen. Und sollte ich mich an einem Weihnachtsfest über ein solches Geschenk nur verhalten freuen können, kann ich vielleicht ein paar Monate später mit dem Geschenk sehr viel mehr anfangen. Ich kann es wieder neu hervorholen und mich freien Herzens daran erfreuen. Es ist mir ja überreicht und anvertraut.
Gott ist ein guter Schenker, der nicht auf die Gegenleistung schielt.
Dass das Geschenk Gottes an uns sich nicht abnutzt, dass Gott uns nicht unter Druck setzt, seine Gabe sofort als das beste Geschenk aller Zeiten zu empfinden, dass er für uns einfach da sein will und auf uns wartet, bis wir uns seinem Geschenk auch öffnen können, das alles kann uns auch in diesen Tagen entlasten. Wir dürfen uns beschenken lassen, ohne dass von uns eine Gegenleistung erwartet wird. Natürlich ist es schön, wenn wir die Freude auch weitergeben. Aber Gott ist ein guter Schenker, ein Schenker, der nicht berechnend auf die Gegenleistung schielt, sondern uns aus vorbehaltloser Liebe glücklich machen will.
Gott ist uns nahe - ob wir traurig sind oder froh.
Wir dürfen die weihnachtliche Botschaft der Engel auch in diesem Jahr uns ganz persönlich zusprechen lassen: Fürchte dich nicht, denn der barmherzige Gott kommt auf die Erde, Gott wird Mensch, um auch dir seine Liebe zu zeigen. Er will dir gerade auch in den Weihnachtstagen nahe sein, in allem Kummer, wenn Du Menschen vermisst, die in diesem Jahr unter dem Tannenbaum fehlen, in aller Freude, wenn das Schenken und Beschenkt werden glückt und Du dich im vertrauten Zusammensein mit Menschen geborgen und aufgehoben fühlen darfst.
Ein frohes und gesegnetes Weihnachten!
- Liedvorschläge1
Hans Hütter
Lieder:
GL 220: Die Nacht ist vorgedrungen, der Tag ist nicht mehr fern.
GL 228: Tochter Zion, freue dich
GL 230: Gott, heilger Schöpfer aller Stern
GL 237: Vom Himmel hoch, da komm ich her
GL 238: O du fröhliche, o du selige
GL 239: Zu Bethlehem geboren ist uns ein Kindelein
GL 240: Hört, es singt und klingt mit Schalle
GL 241: Nun freut euch ihr Christen, singet Jubellieder
GL 242: Adeste fideles
GL 243: Es ist ein Ros entsprungen
GL 245: Menschen, die ihr wart verloren
GL 247: Lobt Gott, ihr Christen alle gleich
GL 248: Ihr Kinderlein, kommet
GL 249: Stille Nacht, heilige Nacht
GL 250: Engel auf den Feldern singen
GL 251: Jauchzet, ihr Himmel, frohlocket ihr Engel, in Chören
GL 252: Gelobet seist du, Jesu Christ, dass du Mensch geboren bist
GL 253: In dulci jubilo
GL 254: Du Kind, zu dieser heilgen Zeit
GL 256: Ich steh an deiner Krippen hier (Bach)
GL Ö802: Ihr Christen, herkommet, o kommet doch all
GL Ö803: Stille Nacht, heilige Nacht (Urfassung, 6 Strophen)
GL Ö806: Ich steh an deiner Krippe hier (Luther)
GL Ö807: Der Heiland ist geboren
GL Ö809: In tiefer Nacht trifft uns die Kunde
GL Ö812: Singen wir mit Fröhlichkeit
Psalmen und Kehrverse:
GL 55: Jubelt ihr Lande, dem Herrn, alle Enden der Erde schauen Gottes Heil - Mit Psalm 98 - VIII.
GL 244: Halleluja... - Mit Psalm 72 (GL 635,5)
GL 635,3+5: Heute ist uns der Heiland geboren, Christus, der Herr - Mit Psalm 72 oder mit Psalm 96 - V.
GL 635,6: Der Himmel freue sich, die Erde frohlocke, denn der Herr ist uns geboren, Halleluja - Mit Psalm 96 - VIII.
GL Ö800: Alle Enden der Erde schauen Gottes Heil - Mit Psalm 98 (GL 55,2) oder mit Psalm 96 (GL 635,8) - VIII.
GL Ö805,1: Ein Licht ging strahlend auf: Geboren ist der Herr - Mit Psalm 95 (GL 53,2) oder Psalm 121 (GL 67,2) - VI.
GL Ö805,3: Unser Heiland ist geborn, nun sind wir nicht mehr verlorn - Mit Psalm 95 (GL 53,2) oder Psalm 121 (GL 67,2) - VI.
GL Ö808: Hodie Christus natus est, hodie Salvator apparuit - Mit Psalm 95 (GL 53,2) oder Psalm 121 (GL 67,2) - VI.
- Einleitung13
Martin Stewen (2023)
Ein Kind in einem Stall? Das ist Menschwerdung Gottes? - Ja, und das ist erst der Anfang. Was vor über 2000 Jahren begonnen, soll sich bis heute ereignen - immer wieder. Damit der Friede unter uns zu einer Erfahrung aller wird.
Freut euch im Herrn,
heute ist uns der Heiland geboren.
Heute ist der wahre Friede vom Himmel gekommen!
Herzlich willkommen zur Feier von Weihnachten.
Hans Hütter (2022)
"Ich verkünde euch eine große Freude:
Heute ist euch in der Stadt Davids der Retter geboren,
Christus, der Herr." –
Mit diesen Worten des Engels heiße ich Sie herzlich zum Weihnachtsgottesdienst willkommen.
Im Mittelpunkt aller weihnachtlichen Bilder steht das neugeborene Kind in der Krippe. Wir verneigen uns vor dem Geheimnis Lebens, das von diesem Bild repräsentiert wird. Wer sich davon berühren lässt, kann daraus für sein eigenes Leben und für das Leben der ganzen Welt Hoffnung schöpfen.
Am Beginn dieser Feier treten vor den neugeborenen König der Welt hin und huldigen ihm:
Manfred Wussow (2021)
Stille Nacht, heilige Nacht. Alles schläft. Einsam wacht …
Jetzt legen wir einfach alles ab.
Den Stress vor Weihnachten.
Die Diskussionen um Corona und Omikron.
Die politischen Unsicherheiten.
Die eigenen Ängste.
Durch der Engel Halleluja,
Tönt es laut von fern und nah:
Christ, der Retter ist da!
Hans Hütter (2020)
Normalerweise freuen wir uns über Abwechslung. Die Abwechslung, die uns das Weihnachtsfest 2020 abverlangt, stimmt uns eher nachdenklich.
Der Blick auf das Kind in der Krippe und den Stall von Bethlehem macht uns mehr als in anderen Jahren bewusst: Jesus wurde nicht in eine heile Welt hineingeboren. Im Gegenteil: die Welt um Maria, Josef und Jesus war in einem noch viel größeren Ausmaß unheil als unsere.
Jesus ist Mensch geworden, um unsere unheile Welt zu heilen. Am Beginn unserer Feier treten wir mit unserer Not an ihn heran und bitten ihn, dass er uns daraus erlöse.
Klemens Nodewald (2019)
Zu Weihnachten sind wir eingeladen, den schönsten und würdigsten Geburtstag zu feiern, den es gibt. Gottes Sohn tritt in unsere Welt und bekundet damit, wie sehr Gott jeden von uns liebt.
Wer dies Geschehen mit Innerlichkeit betrachtet, wird Christus voller Dankbarkeit sein Herz öffnen mit dem Wunsch, selbst ein wirklich Liebender zu sein.
Allen unseren Versuchen in dieser Richtung wird Christus seine Unterstützung schenken. Wenden wir uns ihm zu.
Ludwig Götz (2018)
Jesus Christus, der unsretwegen Mensch geworden ist, sei mit euch!
Schwestern und Brüder, zu Beginn dieses Weihnachtsgottesdienstes wünsche ich Ihnen ein gnadenerfülltes und segensreiches Fest der Geburt Christi. Kein anderes Fest im Kirchenjahr bietet so viel festlichen Schmuck und so viele sprechende Zeichen auf, um uns nahezubringen, was wir heute feiern. Nicht unsere Tüchtigkeit, nicht unser Bemühen stehen im Vordergrund, sondern dass Gott selber uns beehrt und mit uns leben will. Die Kirchen im Festglanz wollen sagen: Alle Stunden unseres Lebens sind in göttliches Licht getaucht. In allen dunklen und schweren Situationen kann Gottes Kraft den Durchbruch zu mehr Leben schaffen.
Die Freude über diese geschenkte Wahrheit wollen wir in Liedern und Gebeten vor Gott bringen.
Bernd Kösling (2017)
„Heute ist Euch in der Stadt Davids der Retter geboren. Und das soll Euch als Zeichen dienen: Ihr werdet ein Kind finden, das in Windeln gewickelt in einer Krippe liegt.“ Mit dieser Botschaft des Engels an die Hirten in Bethlehem begrüße ich Sie herzlich zur Christmette. Es ist schön, dass Sie da sind. Und dass Sie Weihnachten nicht nur im Kreis Ihrer Lieben zu Hause feiern, sondern sich auch auf den Weg zum Stall in Bethlehem gemacht haben, um das neugeborene Kind zu sehen.
In dieser Feier werden wir daran erinnert, dass das Licht, das die Krippe so hell macht, die Sonne des Ostermorgens ist. Es ist der gekreuzigte und auferstandene Herr, dessen Geburt wir in dieser Nacht feiern. Ihn begrüßen wir nun in unserer Mitte:
Manfred Wussow (2016)
Diese Nacht nennen wir heilig. Sie ist dunkel wie jede andere. Aber wir sind hellwach. Wir sind auf dem Weg, das Kind zu finden, von dem die Engel singen. Es wird hell. Um uns und in uns.
Wir hören: Heute ist euch in der Stadt Davids der Retter geboren; er ist der Messias, der Herr.
Gott wendet sich uns in Liebe zu. Er wird einer von uns. Er begegnet uns mit den Augen, mit dem Lächeln eines Kindes.
Ihm befehlen wir unsere Nächte an.
Hans Hütter (2015)
"Heute ist euch in der Stadt Davids der Retter geboren; er ist der Messias, der Herr." Mit dieser Botschaft hat ein Bote Gottes damals in Betlehem einfache Hirten überrascht. Mit dieser Botschaft sind auch wir konfrontiert, wenn wir heute das Fest der Geburt Jesu feiern.
Unglaubliche Geschichten werden uns dazu erzählt. Es geht aber nicht um diese Geschichten. Es geht um die Frage: Kann ich glauben, dass in Jesus von Nazareth Gott Mensch geworden und in unsere Welt herabgestiegen ist? Dieser Glauben gibt uns Hoffnung in den dunkelsten Nächten des menschlichen Daseins. Diese Hoffnung lässt uns zu dieser ungewöhnlichen Stunde Gott loben und danken.
Bernhard Rathmer (2015)
Weihnachten fordert uns als Christinnen und Christen heraus, weil es unsere Zerbrechlichkeit und Erlösungsbedürftigkeit und die Zerbrechlichkeit und Erlösungsbedürftigkeit der ganzen Schöpfung sichtbar macht. Wir erfahren hautnah, dass der Friede bedroht ist. Wir sehen die Not vieler Menschen. Wir erleben die Bedrohung der gesamten Schöpfung. Wir fühlen uns hilflos und ausgeliefert.
Weihnachten ist jedoch auch die Nachricht, dass uns eine Hoffnung geschenkt ist, die wachsen kann, die uns Mut und Lebenskraft schenkt, weil Gott Mensch geworden ist, klein und hilflos und doch Freund aller Menschen.
Klemens Nodewald (2013)
In der Hoffnung, dass sie einen schönen Heiligen Abend verbringen und durchleben konnten, begrüße ich sie zu dieser Festfeier der Eucharistie in der Weihnacht. Mit Jubel lasst uns unsere Herzen füllen. Denn in der Geburt Jesu betrat unser Erlöser und Heiland die Erde. Gott löst sein Versprechen ein, ein Gott mit uns und für uns zu sein.
Öffnen wir ihm unsere Herzen, damit er in uns Einzug halte mit seiner Gnade und seinem Segen.
Bernhard Rathmer (2013)
Weihnachten ein Fest der inneren und äußeren Widersprüche. Wir schmücken unsere Häuser und Kirchen und hier im Krankenhaus die Stationen festlich. Und doch fühlen wir uns verlassen. Wir beschenken uns, und finden doch in all dem Überfluss keine echte Lebensfreude. Wir treffen Menschen und fühlen uns doch einsam. Wir hören die Weihnachtsbotschaft und verharren dennoch in unserem Trott. Wir sehen das Kind in der Krippe und können doch nicht glauben.
Jörg Thiemann (2012)
Wir alle sind hierher gekommen, weil wir gerade an diesem Tag einen besonders feierlichen Gottesdienst feiern wollen. Das gehört für viele von uns einfach dazu.
Der tiefe Grund ist die Botschaft: Ein Kind ist uns geboren. Ein Sohn ist uns geschenkt. Euch ist heute der Retter geboren.
Dieses wollen wir feiern. Gott kommt zu uns. Wir haben uns auf den Weg gemacht, wie die Hirten, nach Bethlehem eilten. Hören wir mit gläubigem Herzen die Botschaft, dass Gott uns nahe ist. Feiern wir seine Liebe in den Gestalten von Brot und Wein.
Bitten wir IHN im Kyrie um sein Erbarmen.
- Kyrie13
Martin Stewen (2023)
Jesus Christus,
starker Gott in schwacher Menschennatur.
Herr, erbarme dich.
Jesus Christus,
göttlicher Retter mit menschlichen Grenzen.
Christus, erbarme dich.
Jesus Christus,
Inbegriff des Friedens in friedloser Zeit.
Herr, erbarme dich.
Hans Hütter (2022)
Herr, Jesus, Christus,
du bist als Licht für alle, die in Finsternis leben, in die Welt gekommen.
Herr, erbarme dich.
Du bist der Fürst des Friedens
und bringst der Welt Recht und Gerechtigkeit.
Christus, erbarme dich.
Dein Name ist "Wunderbarer Ratgeber" und "Starker Gott",
du zerbrichst das drückende Joch der Antreiber.
Herr, erbarme dich.
Beatrix Senft (2022)
Herr, Jesus Christus, dem Wort deines Vaters folgend,
hast du dich in die Welt senden lassen.
Herr, erbarme dich.
Du bist gekommen als Licht für die Welt.
Christus, erbarme dich.
Du hast unsere Licht- und Schattenseiten durchlebt
und bist durch Leid und Tod in die Auferstehung gegangen.
Herr, erbarme dich.
Manfred Wussow (2021)
Ich steh' an deiner Krippe hier,
o Jesu, du mein Leben;
ich komme, bring' und schenke dir,
was auf der Seel mir liegt.
Herr, erbarme dich.
Ich lag in tiefer Todesnacht,
du warest meine Sonne,
die Sonne, die mir zugebracht
Licht, Leben, Freud’ und Wonne
Christus, erbarme dich.
Ich sehe dich mit Freuden an
und kann mich nicht satt sehen;
und weil ich nun nichts weiter kann,
bleib’ ich anbetend stehen.
Herr, erbarme dich.
O dass mein Sinn ein Abgrund wär’
und meine Seel’ ein weites Meer,
dass ich dich möchte fassen.
Gloria in excelsis…
Hans Hütter (2020)
Herr, Jesus Christus,
du bist in eine Welt eingetreten, die unter politischer Fremdherrschaft und sozialer Ungerechtigkeit litt.
Herr, erbarme dich.
Du bist in eine Welt hineingeboren worden, die einen guten Hirten herbeigesehnt hat.
Christus, erbarme dich.
Du bist Mensch geworden in einer Welt, in der die Würde der Menschen mit Füßen getreten worden ist.
Herr, erbarme dich.
Klemens Nodewald (2019)
Herr Jesus Christus,
die Liebe zu uns Menschen drängte dich zur Erde.
Herr, erbarme dich.
Du hast dich erniedrigt und nahmst menschliche Gestalt an.
Christus, erbarme dich.
Zur Vollendung unseres Lebens werden wir teilhaben an deiner Herrlichkeit.
Herr, erbarme dich.
Ludwig Götz (2018)
Zu Christus, der als Kind zum Greifen nahe ist, rufen wir:
Herr Jesus Christus,
du hast Himmel und Erde verbunden.
Herr, erbarme dich.
Deine Liebe macht sich klein für uns,
damit wir groß werden.
Christus, erbarme dich.
Was du mit uns vorhast,
erkennen wir in deinen Heiligen.
Herr, erbarme dich.
Manfred Wussow (2016)
Herr,
du machst diese Nacht hell.
Wir verstecken uns oft in der Dunkelheit.
Herr, erbarme dich.
Christus,
du machst diese Nacht hell.
Schenke uns den Mut, in deiner Liebe zu leben.
Christus, erbarme dich.
Herr,
du machst diese Nacht hell.
Wir suchen Wege zu einander.
Herr, erbarme dich.
Das soll euch als Zeichen dienen:
Ihr werdet ein Kind finden, das, in Windeln gewickelt, in einer Krippe liegt.
Und plötzlich war bei dem Engel ein großes himmlisches Heer, das Gott lobte und sprach:
Ehre sei Gott in der Höhe...
Hans Hütter (2015)
Kyrierufe GL 160 oder GL 163,3
Oder:
Jesus, Sohn des lebendigen Gottes, Retter der Welt,
Kyrie eleison.
In dir ist uns die Größe und Herrlichkeit Gottes erschienen.
Christe eleison.
Du bist der Fürst des Friedens,
der im Dunkel unserer Welt als helles Licht aufstrahlt.
Kyrie eleison.
Oder:
Herr, Jesus Christus,
du bist das helle Licht, auf das dein Volk gewartet hat.
Herr, erbarme dich.
Du bist das Kind, auf das wir unsere Hoffnungen setzen.
Christus, erbarme dich.
Du bist der Starke Gott, der uns Frieden bringt.
Herr, erbarme
Bernhard Rathmer (2015)
Herr Jesus Christus,
geboren in einem Stall - Gottes Sohn unter uns Menschen.
Herr erbarme dich.
Herr Jesus Christus,
ein Futtertrog als erstes Bett - Bruder der Menschen mitten im Leben.
Christus erbarme dich.
Herr Jesus Christus,
verfolgt und gedemütigt - Erlöser der Welt für jeden Menschen.
Herr erbarme dich.
Klemens Nodewald (2013)
Herr Jesus Christus,
aus Liebe zu uns kamst du auf unsere Erde.
Herr, erbarme dich.
Hoffnung und Zuversicht für Hilfe, Trost und Erbarmen darf jeder schöpfen.
Christus, erbarme dich.
Heil und Segen schenkst du jedem, der sich dir zuwendet.
Herr, erbarme dich.
Der Herr festige unser Vertrauen in ihn.
Er fülle unsere Herzen mit Glück und Dank.
Und er stärke unser Bemühen, auf seinen Wegen durchs Leben zu gehen. – Amen.
Bernhard Rathmer (2013)
Herr Jesus Christus,
geboren in einem Stall - Gottes Sohn unter uns Menschen.
Herr erbarme dich.
Herr Jesus Christus,
ein Futtertrog als erstes Bett - Bruder der Menschen mitten im Leben.
Christus erbarme dich.
Herr Jesus Christus,
verfolgt und gedemütigt - Erlöser der Welt für jeden Menschen.
Herr erbarme dich.
Jörg Thiemann (2012)
GL 159: Licht, das uns erschien...
GL 163,3
Oder:
Herr Jesus Christus,
geboren im Stall von Bethlehem, in tiefster Armut.
Herr, erbarme dich.
Herr Jesus Christus,
du Retter der Welt aus tiefster Dunkelheit.
Christus, erbarme dich.
Herr Jesus Christus,
du Erlöser aus tiefster Schul:
Herr, erbarme dich.
- Tagesgebet1
Messbuch - TG Weihnachten in der Nacht
Herr, unser Gott,
in dieser hochheiligen Nacht
ist uns das wahre Licht aufgestrahlt.
Laß uns dieses Geheimnis
im Glauben erfassen und bewahren,
bis wir im Himmel
den unverhüllten Glanz deiner Herrlichkeit schauen.
Darum bitten wir durch Jesus Christus.
MB Weihnachten in der Nacht
- Eröffnungsgebet7
Sonntagsbibel
Großer Gott,
wir feiern Weihnachten und bekennen,
daß dein Sohn für uns Mensch geworden ist.
Jesus, der Herr, ist unser Bruder und unser Retter.
In der Freude dieses Tages bitten wir dich:
hilf uns wie die Hirten Boten deiner Güte und Menschenliebe zu sein.
Durch Christus, unseren Herrn.
Sonntagsbibel - Weihnachten - Am Tag
Martin Stewen (2023)
Gott,
menschgeworden in einem Stall
nicht in den Palästen der Mächtigen,
daheim in den Herzen der Menschen,
nicht in den Köpfen der Klugen,
auferstanden für diese Welt,
nicht zum Wohl einiger Erwählter,
schenke uns deine Gegenwart immer wieder neu.
Werde immer wieder Mensch,
wo Menschlichkeit verlorengeht.
Und bleibe der Gott aller, die auf dich setzen.
So bitten wir durch ihn,
Christus, den menschgewordenen Gott,
mit dir, dem Vater vor aller Zeit,
in der Kraft des Heiligen Geistes,
von heute bis in alle Ewigkeit. – Amen.
Beatrix Senft (2022)
Vater im Himmel,
in die Schrecken unserer Weltenzeit hinein
willst (hast) du dein Wort Menschen werden lassen,
in deinem Sohn Jesus Christus.
Heute dürfen wir ihm als Kind in der Krippe begegnen.
Selbst noch hilflos, wird er zum Retter der Welt.
Durch IHN gilt deine Zusage,
dass wir uns nicht fürchten sollen.
Lass uns darauf vertrauen,
wo das Dunkel unserer Zeit uns noch gefangen hält
und lass uns auch in unserem Leben sein Licht aufgehen.
Das erbitten wir mit ihm, der uns Bruder ist – für alle Zeit.
Manfred Wussow (2021)
Kommt und lasst uns Christum ehren
Herz und Sinnen zu ihm kehren!
Singet fröhlich, lasst euch hören,
wertes Volk der Christenheit!
Gott,
wir sind glücklich,
dass du Mensch geworden bist.
Einer von uns.
Du hast dich auf unsere Fragen eingelassen,
die Bitterkeit geschmeckt
und die Enttäuschungen angenommen.
Du sprichst mit uns wie ein Bruder,
du hörst uns zu wie eine Schwester,
du schenkst uns deinen Frieden.
Wir danken dir für die Nacht,
die in hellem Licht aufbricht.
Schönstes Kindlein in dem Stalle,
sei uns freundlich, bring uns alle
dahin, da mit süßem Schalle
dich der Engel Heer erhöht.
Manfred Wussow (2016)
Treuer, barmherziger Gott,
wir danken dir für diese Nacht.
In den letzten Tagen haben wir uns abgehetzt,
wir sind über Nachrichten gestolpert,
wir haben den Frieden gesucht,
ihn aber nicht gefunden.
Bei dir kommen wir zur Ruhe.
Wir bitten dich um den Glanz,
der aus dem offenen Himmel kommt,
um den Lobpreis,
der uns einen neuen Ton schenkt.
Führe uns zur Krippe,
lass uns Jesus finden und
einander mit der Freude anstecken,
die es hell werden lässt unter uns.
In Christus, unserem Bruder und Herrn.
Manfred Wussow (2011)
Vater im Himmel,
wir danken dir für das Geschenk,
das du uns zu Weihnachten gemacht hast:
wir danken dir für Jesus, deinen Sohn.
Als Kind kommst du zu uns.
Wehrlos. Aber in seiner Liebe trägt es die Welt.
Über deiner Schöpfung liegt ein Glanz,
über unserem Leben ein großes Licht.
Mit den Hirten machen wir uns auf den Weg,
dich zu finden,
dich anzubeten.
Mit den Engeln singen wir dein Lob:
Ehre sei Gott in der Höhe
und Frieden auf Erden
Durch Jesus Christus, unseren Herrn und Bruder
In Ewigkeit.
Jörg Thiemann (2012)
Gott,
große Freude wurde den Hirten verkündet,
den Ärmsten der Armen.
Große Freude verkündet dein Wort.
Tiefe Liebe wird sichtbar in Brot und Wein.
Wir kommen zu dir,
wir gehen dir im Herzen entgegen.
Dir dem Gott für uns Menschen. Amen.
- Fürbitten19
Martin Stewen (2023)
Guter Gott,
wir stehen an deiner Krippe und feiern deine Menschwerdung. Nichts, was uns bedrückt und belastet, ist dir fremd.
So bitten wir dich voll Vertrauen:
Wir beten für all die Menschen in der Ukraine, im Gazastreifen, in Israel und an so vielen Stellen in der Welt, deren Leben in Krieg und Unterdrückung bedroht ist:
Lass die Verantwortlichen zu Frieden und Gerechtigkeit finden.
Wir beten für all jene, deren Leben nicht vom Glanz der Weihnacht erhellt ist, weil Krankheit, Gebrechen, wirtschaftliche Nöte sie plagen:
Schenke ihnen die Kraft durchzuhalten und lass sie zu Wegen und Möglichkeiten aus ihrer Misere finden.
Wir beten für all die Menschen, die sich Verantwortlichen in der Kirche anvertraut haben und geistlich oder sexuell missbraucht worden sind:
Hilf den Opfern dieser Gewalt, Wege zu finden, ihr Leben zu leben, und lass uns an einer Kirche bauen, in der solches nicht mehr vorkommen kann.
Wir beten für die Verstorbenen dieser Tage:
Für alle, die in Frieden zu dir heimgehen durften.
Für alle, die von schwerer Krankheit gequält wurden.
Für die Opfer von Gewalt:
Schenke ihnen einen Platz in deinem Reich.
Der Stern von Bethlehem führt auch uns auf unseren Pfaden des Lebens. Für dein Mitgehen danken wir dir.
Wir loben und preisen dich - bis in alle Ewigkeit. – Amen.
Renate Witzani (2023)
Gott ist Mensch geworden, damit auch wir in dieser unserer Welt menschlich leben lernen.
Vereint mit allen, die in dieser Nacht ihre tiefe Sehnsucht nach einem heilen Leben feiern, bitten wir:
Um neue unverbrauchte Wege der Verkündigung, durch die Menschen dazu bewegt werden, sich auf dich und deine Botschaft einzulassen.
Um Frieden für die Menschen in den vielen politisch prekären Orten dieser Welt, damit die Wunden von Krieg, Gewalt, Unterdrückung und Verschleppung heilen können.
Um dein Licht für die finstere Welt der Obdachlosen, sozial Schwachen, Drogenabhängigen, unheilbar Kranken und all jener, die für sich keinen Ausweg mehr sehen.
Um deinen Segen für alle Menschen, die in unserem Herzen einen Platz haben und für die, mit denen wir uns manchmal schwertun.
Um Trost und Hoffnung für alle, die um Angehörige trauern und dein Licht für alle, die selbst dem Tod nahe sind.
Dich, Kind in der Krippe, preisen wir als Fürst des Friedens, wunderbarer Ratgeber und starker Gott.
Dir danken wir als Urgrund aller Lebensfreude heute und bis in Ewigkeit. - Amen.
Hans Hütter (2022)
Das auf menschliche Hilfe angewiesene Kind in der Krippe ist der lang erwartete "Starke Gott".
Ihm tragen wir unsere Bitten vor:
Wir beten für alle Kinder der ganzen Welt.
Lass sie ihre göttliche Herkunft bewusst werden
und gib ihnen, was sie zum Leben in Würde brauchen.
Wir beten für alle Kinder, die mitten im Krieg das Licht der Welt erblicken
und von menschlicher Grausamkeit bedroht sind.
Lass sie Wohlwollen und Herzlichkeit erleben.
Wir beten für alle Kinder und Jugendlichen, die als Soldaten, Arbeitskräfte oder für persönliche Bedürfnisse missbraucht und ausgebeutet werden.
Befreie sie aus der Gewalt ihrer Peiniger.
Wir beten für alle Familien, die in wirtschaftliche Not geraten sind
und auf Hilfe anderer angewiesen sind.
Gib ihnen, was sie zum Leben brauchen.
Wir beten für alle Menschen, die auf der Flucht sind
und nach besseren Lebensmöglichkeiten suchen.
Lass sie Orte finden, an denen sie willkommen sind.
Wir beten für unsere verstorbenen Angehörigen und Freunde.
Führe sie aus dem "Schatten des Todes" in dein himmlisches Licht.
Du, Herr, bist als Retter in die Welt gekommen.
Du kannst uns Frieden und Leben in Fülle schenken. – Amen.
Renate Witzani (2022)
Wir sehnen uns danach, dass das neugeborene Kind in der Krippe unsere oft so verworrene Welt heil macht.
Zu ihm, unseren Heiland und Retter, tragen wir unsere Bitten:
Für eine Kirche, in und mit der wir so gerne die Botschaft deiner göttlichen Liebe glaubwürdig verkündigen würden, die aber aufgrund menschlicher Schwachheit oft auf Unverständnis stoßt.
Für eine Menschheit, in der alle in Freiheit, Würde und Rechte leben dürfen, in der aber Gewalt, Krieg, Intoleranz, Gier nach Macht und Geld eine zufriedene Existenz vieler verunmöglicht.
Für alle, die heute anderen Liebe schenken dürfen oder von ihnen beschenkt werden, und für die, die unter ihrem Mangel an Heil an Seele oder Körper besonders leiden.
Für unsere ganz persönlichen Bitten und all das, was wir im Innersten spüren und gerne tun würden und doch nicht zusammenbringen.
Für alle Verstorbenen, dass in deiner Nähe ihre Sehnsucht nach Heil und Vollkommenheit erfüllt ist.
Jedes Neugeborene ist ein Zeichen der Hoffnung. Du, Kind in der Krippe, bist es aber ganz besonders, weil du die Verheißung nach Heil in der Welt erfüllst. Du bist wahrhaft unser Retter, der uns am Weg vom Holz in der Krippe zum Holz am Kreuz die Botschaft von der unermesslichen Liebe Gottes gebracht hat. Vor die knien wir nieder und danken dir jetzt und bis in Ewigkeit. - Amen.
Manfred Wussow (2021)
Dies ist die Nacht, da mir erschienen
des großen Gottes Freundlichkeit;
das Kind dem alle Engel dienen,
bringt Licht in meine Dunkelheit;
und dieses Welt- und Himmelslicht
weicht hunderttausend Sonnen nicht.
Wir sehen den Kaiser Augustus.
Er hat mit seinem Gebot der Welt einen neuen Lauf beschert.
Wir bitten dich für alle, die Macht haben:
Dass sie dem Wohl und dem Glück aller Menschen dienen.
Ehre sei Gott in der Höhe und Frieden auf Erden!
Wir sehen Quirinius, den Statthalter von Syrien.
Er vertritt seinen Herrn in der Provinz.
Wir bitten dich für alle, die einen großen Einfluss haben.
Dass sie sich für Recht und Gerechtigkeit einsetzen.
Wir sehen Maria und Josef
Sie haben sich auf den Weg gemacht,
um alte Verheißungen zu erfüllen.
Wir bitten dich für alle, die Kinder bekommen, erziehen und pflegen.
Dass wir ihnen eine Welt überlassen, die lebenswert ist.
Wir hören die Engel
Sie haben himmlischen Lobpreis angestimmt
und der Erde Glanz verliehen.
Wir bitten dich für die vielen Engel,
die in schweren Stunden einfach kommen.
Dass wir ihnen danken und unter die Arme greifen.
Wir gehen zur Krippe.
Ein Kind wurde in einem Stall auf Stroh gebettet,
Gott ist klein und schwach.
Wir bitten dich um Augen und Ohren, ein Wunder zu finden.
Dass in menschlichen Gesichtern Gott selbst zu sehen ist.
Drum, Jesu, schöne Weihnachtssonne,
bestrahle mich mit deiner Gunst;
dein Licht sei meine Weihnachtswonne
und lehre mich die Weihnachtskunst,
wie ich im Lichte wandeln soll
und sei des Weihnachtsglanzes voll.
Renate Witzani (2021)
Mit der Geburt Jesu beginnt eine neue Ära. Gott schenkt sich uns in einem kleinen Kind. In diesem kleinen Kind wird für uns Himmlisches erfahrbar. Lassen wir uns von seiner Liebe zu einem Leben bewegen, das durch sein Licht alles Dunkle in unserer Welt erhellt:
Um das Licht deiner Liebe für alle, die in und mit deiner Kirche leben;
für alle, die sich in ihrer jeweiligen Religion der absoluten Wahrheit verpflichtet fühlen;
aber auch für alle, die ihre subjektive Wahrheit zum Maß aller Dinge machen.
Um das Licht deiner Liebe für alle, denen es am Lebensnotwendigem mangelt;
für alle, die nicht in Frieden und Freiheit leben können;
für alle, die in ihrer Gesundheit beeinträchtigt sind, weil es an Pflege, Medizin und Hygiene mangelt;
aber auch für alle, die im Überfluss leben und dies gar nicht zu schätzen wissen.
Um das Licht deiner Liebe für alle, die in Beziehungen leben, die sie tragen und ihnen Geborgenheit vermitteln;
aber auch für alle, die unter Einsamkeit leiden
und für die Kinder und Jugendlichen, die in ihrer Entwicklung unter den Gegebenheiten der Pandemie leiden.
Um das Licht deiner Liebe für uns, wenn wir jetzt in einem Moment der Stille unsere persönlichen Bitten dem Kind in der Krippe anvertrauen.
Um das Licht deiner Liebe für alle Sterbenden und alle unsere Lieben, von denen wir uns schon verabschieden mussten.
Weil du in der Geburt Jesu in unsere Welt trittst, feiern wir heute ein frohes Fest. Dafür danken wir dir und stimmen ein in den himmlischen Lobgesang aller Engel und Heiligen. - Amen.
Hans Hütter (2020)
Guter Gott,
zu Weihnachten überhäufen wir uns gegenseitig mit Geschenken und erfüllen wir uns viele Wünsche. Zugleich spüren wir, dass unsere tiefsten Sehnsüchte unbefriedigt bleiben.
Wir kommen mit unseren Bitten und unerfüllten Wünschen zu dir.
Wir bitten dich für alle, die unter der gegenwärtigen Pandemie zu leiden haben;
besonders für die vielen Erkrankten und für alle, die durch die Schutzmaßnahmen in existentielle Not geraten sind.
Wir bitten dich für alle, die in der allgemeinen Aufregung die Orientierung verloren haben
und für alle, die in Angst und Unsicherheit geraten sind.
Wir bitten dich für alle, die in dieser Krise Entscheidungen zum Wohle aller zu treffen haben und dafür oft viel Kritik einstecken müssen.
Wir bitten dich für unsere Kinder und Heranwachsenden, die in ihrer Ausbildung und persönlichen Entfaltung beeinträchtigt werden.
Wir bitten dich für die älteren und mit Vorerkrankungen belasteten Menschen, die sich durch die notwendigen Vorsichtsmaßnahmen isoliert und einsam fühlen.
Wir bitten dich für unsere Verstorbenen;
besonders für jene, die Opfer der Pandemie geworden sind.
Wir bitten dich für alle, über deren Not in dieser schwierigen Situation hinweggeschaut wird;
für die Opfer der Kriege und für alle, die aus ihren Heimatländern vertrieben worden sind.
Du, Gott bist gekommen, um die Welt aus ihrer Not zu retten.
Komm und hilf uns! – Amen.
Klemens Nodewald (2019)
Herr Jesus Christus,
du hast menschliche Natur angenommen und bist vertraut mit den Nöten der Menschen.
An dich richten wir unsere Anliegen und Bitten.
Fülle die Herzen aller Menschen mit der Bereitschaft, einander weitherzig zu lieben.
Christus, höre uns…
Segne und stärke alles Bemühen, auf einander zuzugehen und sich zu versöhnen.
Erbarme dich der Menschen in Not, Leid, Krankheit oder sonstigen Schwierigkeiten.
Sende ihnen gute Helfer.
Führe alle, die Böses planen und vor Unrecht nicht zurückschrecken, zur Einsicht und Umkehr.
Schenke allen Erfolg, die sich für Frieden einsetzen, und segne, die ihren Wohlstand mit Armen teilen.
Stehe den Sterbenden bei und nimm die Verstorbenen auf in die Gemeinschaft mit dir.
Herr Jesus Christus,
du bist uns Menschen in Liebe zugetan und stärkst uns, wo immer wir Gutes anstreben.
Dafür danken wir dir, heute am Weihnachtsfest in besonderer Weise. – Amen.
Renate Witzani (2019)
Da uns die Dunkelheit unseres eigenen Lebens und der Welt bewusst ist, können wir umso klarer sehen, welches Licht durch Jesus Christus, den menschgewordenen Gott, in unsere Welt gekommen ist.
Wir bitten dich, Vater:
Für deine Kirche, die besonders heute nachts allen Menschen die Botschaft von deiner göttlicher Liebe und deinem Frieden verkünden will.
Für eine Welt, die von Naturkatastrophen, Kriegen und Krisen geplagt, sich nach einer gerechten Ordnung für alle sehnt.
Für die verschiedenen Völker und Religionen im Heiligen Land.
Sie glauben alle an dich, den einen Gott.
Führe du sie zu einem friedlichen Miteinander.
Für unsere ganz persönlichen Anliegen, die wir in einem Moment der Stille vor dich tragen.
Für alle Verstorbenen, denen wir uns über ihren Tod hinaus verbunden fühlen.
Beschenke sie mit deinem Erbarmen.
Die Nacht ist vorgerückt.
In Christus, dem Kind in der Krippe, ist uns der Tag der Erlösung nahe gekommen.
Dir, dem Vater ewiger Herrlichkeit, sei Ehre, Lobpreis und Dank. - Amen.
Ludwig Götz (2018)
Herr, unser Gott,
du hast dich in Jesus Christus nicht nur herabgeneigt in unsere Lebensverhältnisse.
Du bleibst uns für immer zugeneigt und hast ein Ohr für unsere Bitten.
Darum wenden wir uns voll Vertrauen an dich und bitten dich:
Komm in unsre Welt!
Wir beten für alle Menschen, dass ihre vielen Termine und Aufgaben die Zugänge Gottes in das Leben von Jung und Alt nicht versperren.
Wir denken an Erwachsene am Arbeitsplatz und im öffentlichen Leben, denen der Leistungsdruck viel Freude und Schwung nimmt.
Wir bitten für Kinder, die ohne religiöse Erziehung aufwachsen.
Wir beten für Familien, die zu wenig Wohlwollen und Geborgenheit erleben.
Wir beten, dass unser althergebrachter Glaube neue Lebensgeister bekommt und für die Aufgaben in der kommenden Zeit Hilfe leisten kann.
Herr, unser Gott, dein Name Emmanuel sagt uns, dass du ein Gott mit uns bist.
Für diese Zusage danken wir dir und preisen dich. - Amen.
Renate Witzani (2018)
Mit der Geburt Jesu in Betlehem bricht das Reich Gottes unter uns an.
Im Kind in der Krippe ist uns der Retter und ein wunderbarer Ratgeber geboren.
Ihn bitten wir:
Für alle christlichen Kirchen,
dass sie über ihre jeweiligen Grenzen hinaus dein Heil allen Menschen nahebringen.
Für unser christliches Abendland,
dass wir uns gemeinsam mit unseren Politikern bemühen, deine Vision von einer besseren Welt für alle wenigstens ansatzweise zu realisieren.
Für alle Menschen, die sich aus der Enge ihrer Lebenssicht in Abhängigkeit von Macht, Geld und Drogen flüchten.
Für unsere persönlichen Anliegen, in denen wir von dir Rat und Hilfe erbitten.
Für unsere Verstorbenen, nach deren Nähe und Gemeinschaft wir uns heute besonders sehnen.
Mehr noch als jedes andere neugeborene Kind erfüllst du die Menschen mit Freude und Hoffnung.
Mit dem ganzen Himmel und der Erde danken wir dir und loben und preisen dich jetzt und allezeit. - Amen.
Bernd Kösling (2017)
Fürbitten
Wir danken Christus, dem Herrn,
der in dieser Nacht den Frieden Gottes zu uns Menschen gebracht hat,
und bitten ihn aus ganzem Herzen:
Wir beten für alle, die heute mit uns Weihnachten feiern,
für unsere Familienangehörigen und Freunde,
und auch für die, die wir gerne haben, aber an diesen Festtagen nicht sehen können.
Wir beten für alle, die den heutigen Abend allein und einsam verbracht haben,
für die, die krank sind,
für die, die mit der Botschaft von Weihnachten wenig anfangen können.
Wir beten für die Christen und Christinnen in Jerusalem und im Heiligen Land
und wir beten für unsere Mitchristen in aller Welt,
die wegen ihres Glaubens verfolgt werden.
Wir beten für alle Menschen, die das Fest in Unfrieden erleben müssen:
Unfrieden in ihrem Herzen, in ihren Familien oder sozialem Umfeld.
Unfrieden wegen ihrer Arbeitsbedingungen und Lohnzahlungen.
Unfrieden in Kriegs-und Terrorgebieten.
Wir beten für unsere lieben Toten.
Für die, die wir heute besonders vermissen
und für die, an die niemand mehr denkt.
Denn in dir, Herr Jesus Christus, ist Gottes Liebe sichtbar unter uns erschienen.
Durch dich preisen wir den Vater in der Einheit des Heil Geistes in alle Ewigkeit. - Amen.
Renate Witzani (2017)
Durch die Menschwerdung seines Sohnes hat Gott unwiderruflich die Würde eines jeden Menschen bezeugt.
Dass wir uns davon ergriffen für die Würde eines jeden Menschen einsetzen, lasst uns beten:
Für deine Kirche, dass in ihr die Würde eines jeden Menschen geachtet wird und sie darin der ganzen Gesellschaft zum Vorbild wird.
Für alle, die sich in Dankbarkeit und Ehrfurcht für deine Schöpfung einsetzen und die Schönheit und Würde aller Geschöpfe anerkennen.
Für alle Menschen, denen ihre Würde vorenthalten wird: Für die Opfer von Gewalt und Terror, für die Armen und Hungernden, für die Obdachlosen und Arbeitslosen, für die Gefangenen und alle jene, die sich ihrer Lebensperspektiven beraubt fühlen.
Für uns selbst und unsere eigenen Bitten und Anliegen.
Für alle unsere Verstorbenen, denen wir uns nahe fühlen und derer wir in tiefer Trauer gedenken.
In festlicher Freude feiern wir das Geheimnis von Weihnachten.
Wir loben dich und preisen dich, den Vater, dein menschgewordenes Wort, Jesus Christus, im Heiligen Geist. - Amen.
Manfred Wussow (2016)
In dieser Nacht ist alles anders. Sie erstrahlt in himmlischem Glanz.
Wir hören den Lobpreis der Engel.
Ehre sei Gott in der Höhe, auf Erden Frieden bei den Menschen.
Lasst uns beten:
Ein LKW wird in eine Menschenmasse gesteuert.
Wir verstehen die sinnlose Gewalt nicht, die sich an vielen Stellen der Welt immer wieder breit macht. Die Angst, dass der Unfriede unter uns Menschen wächst, greift nach uns.
Zu dir rufen wir:
Wir wissen es, dein Licht scheint in der Nacht.
Menschen sind auf der Flucht. Viele suchen den Weg über das Mittelmeer. Viele flüchten in die Nachbarländer.
Wir wissen oft nicht, ob unsere Kapazitäten reichen, unsere Grenzen zu öffnen.
Uns fehlt auch der Mut, mit den vielen Veränderungen, die auf uns zukommen, neue Wege zu gehen. Dann schotten wir uns ab.
Zu dir rufen wir:
Wir wissen es, dein Licht scheint in der Nacht
Der Krieg zerfetzt weiter Menschen und Städte im Nahen Osten.
Alte Kulturen werden geopfert. Die Heimat vieler Menschen verwandelt sich in Ruinen.
Hilflos sehen wir dem Gemetzel zu. Aber wir finden keinen Frieden dabei.
Wir haben auch nicht die Kraft, der Rüstungsindustrie ins Handwerk zu pfuschen.
Zu dir rufen wir:
Wir wissen es, dein Licht scheint in der Nacht
Kinder werden geboren. Eltern freuen sich heute besonders.
Lachende Kinderaugen sind das größte Weihnachtsgeschenk.
Nicht alle Kinder haben eine Zukunft. Von Hunger und Krankheit bedroht, sterben viele früh, andere wachsen auf der Straße auf und leben von der Hand in den Mund.
Wir sehen weltweit Ungerechtigkeit wachsen, auch bei uns.
Zu dir rufen wir:
Wir wissen es, dein Licht scheint in der Nacht
Auch in dieser Nacht liegen Menschen krank danieder.
In Krankenhäusern, Heimen, Hospizen oder zu Hause.
Auch in dieser Nacht sterben Menschen. Manche ganz alleine, manche auch alleine gelassen. Wir denken auch an die Menschen, mit denen wir früher Weihnachten feierten, die jetzt aber nicht mehr unter uns sind.
Zu dir rufen wir:
Wir wissen es, dein Licht scheint in der Nacht
In dieser Nacht ist alles anders. Wir kennen Dunkelheit, Sorge und Angst.
Du schenkst uns den Frieden, der von deinem Herzen kommt.
Wir singen von unseren Hoffnungen.
Ehre seit Gott in der Höhe – auf Erden Frieden bei den Menschen. – Amen.
Renate Witzani (2016)
Das Geheimnis der Weihnacht ist, dass Gott Mensch wurde.
In seiner übergroßen Liebe hat er sich uns gleich gemacht,
damit wir zu ihm finden können.
Dass wir ihn überall dort erkennen, wo er uns heute begegnet,
lasst uns ihn bitten:
Dass wir alle zu einer Kirche werden, die vermitteln kann, dass dir, dem göttlichen Kind in der Krippe, kein Mensch zu unbedeutend oder zu fremd ist, um nicht von deiner Liebe umfangen zu werden.
Dass die Sehnsucht der Menschen nach einem friedlichen Miteinander stärker ist als Hass, Terror und totalitäre Machtsysteme.
Dass wir dich, das Kind in der Krippe, in unseren alltäglichen Begegnungen mit den Armen, Ausgegrenzten, Kranken, Einsamen und Entrechteten erkennen.
Dass wir im festen Glauben an deine göttliche Liebe zu uns, dir jetzt in einem Moment der Stille unsere ganz persönlichen Anliegen anvertrauen dürfen.
Dass unsere Verstorbenen aus der Erwartung ihres irdischen Lebens bei dir zu ihrer ewigen Weihnacht gelangt sind.
Die Sehnsucht nach mehr als dem, das für uns sichtbar und messbar ist, eröffnet uns für das Göttliche schlechthin. Weihnachten aber wird es dann, wenn wir in deiner Menschwerdung auch deine Sehnsucht nach uns Menschen erkennen und annehmen können.
Darum bitten wir dich, lass es Weihnachten werden, hier in unserer Gemeinde, in unserem Land und in der ganzen Welt. - Amen.
Hans Hütter (2015)
Guter Gott und Vater,
im Dunkel unserer Zeit lässt Du dein Licht aufstrahlen.
Wir bitten dich:
Erfülle unsere Hoffnung,
dass wir die gegenwärtigen Kriege beenden
und die politischen Konflikte friedlich lösen können.
Lass die vielen Menschen, die ihre Heimat verlassen haben,
um ein besseres Leben zu finden, nicht zugrunde gehen.
Eröffne den jungen Menschen,
die vor einer ungewissen Zukunft stehen,
Perspektiven für ein erfülltes und zufriedenes Leben.
Steh deiner Kirche bei in all ihren Bemühungen,
die Frohe Botschaft heute mit Leben zu erfüllen.
Schenk Frieden und ewiges Leben
all unseren verstorbenen Angehörigen und Freunden.
In deinem Sohn Jesus Christus
ist deine Liebe und Sorge für uns Menschen offenbar geworden.
Dir vertrauen wir. – Amen.
Bernhard Rathmer (2015)
Lasst uns beten zu Gott, unserem Vater,
dass seine Liebe, die unter uns erschienen ist,
allen Menschen sichtbar werde:
Gott unser Vater,
wir beten für die Verantwortlichen in den vielen Ländern der Erde und für uns alle, die wir unsere Erde mitgestalten,
dass wir in unseren Entscheidung und Handlungen Verantwortung füreinander tragen.
Wir beten für jene Menschen auf allen Kontinenten unserer Erde,
deren Leben und Überleben bedroht ist durch Naturkatastrophen,
durch Ungerechtigkeit oder Gewalt, dass sie Hilfe und Kraft erfahren.
Wir beten für alle Christinnen und Christen,
dass die Botschaft des Evangeliums ihnen Mut und Hoffnung für ihren Alltag gibt.
Wir beten für uns selber,
dass wir aus der Freude der Evangeliums und deiner Menschwerdung leben können.
Wir beten für unsere Verstorbenen Familienangehörigen und Freunde,
dass sie von Dir das Geschenk des ewigen Lebens erhalten haben.
Guter Vater, voll Vertrauen haben wir unsere Bitten zu dir getragen.
Hilf uns und erfülle uns mit Zuversicht.
Darum bitten wir ...
Manfred Wussow (2014)
Die Engel singen:
"Verherrlicht ist Gott in der Höhe und auf Erden ist Friede bei den Menschen seiner Gnade."
In dieser Nacht beten wir:
Für die Menschen, die auf der Flucht sind,
die ihre Heimat verlassen haben,
die nicht wissen, wie sie weiter leben können.
Wir rufen: Um Frieden, Herr, bitten wir dich!
Für die Menschen, die Flüchtlingen Unterkünfte einrichten,
ihnen Hilfe und Schutz gewähren,
die Fremde freundlich aufnehmen.
Wir rufen: Um Frieden, Herr, bitten wir dich!
Für die Menschen, die sich Hassparolen widersetzen,
die Vorurteile und Ressentiments beim Namen nennen,
die für Recht und Gerechtigkeit kämpfen.
Wir rufen: Um Frieden, Herr, bitten wir dich!
Für die Menschen, die heute glücklich sind,
die Vater und Mutter geworden sind - oder werden,
in deren Armen ein Kind ins Leben wächst.
Wir rufen: Um Frieden, Herr, bitten wir dich!
Für die Menschen, die unglücklich sind,
die mit ihrer Einsamkeit nicht fertig werden,
die sich mit anderen überworfen haben.
Wir rufen: Um Frieden, Herr, bitten wir dich!
Für die Menschen, die in diesem Jahr einen lieben Menschen verloren haben,
die heute an vergangene Zeiten denken,
die in dieser Nacht traurig sind.
Wir rufen: Um Frieden, Herr, bitten wir dich!
"Als die Welt verloren, Christus ward geboren;
In das nächt’ge Dunkeln fällt ein strahlend Funkeln.
Und die Engel freudig singen:
Gloria, Gloria, Gloria in excelsis Deo!”
Renate Witzani (2014)
Das Kind in der Krippe ist unser aller Retter!
Ihm vertrauen wir unsere Bitten und Anliegen an:
Staunen erfüllt alle, die an die Anwesenheit Gottes im Kind in der Krippe glauben können.
Lass Staunen und Dankbarkeit in deiner Kirche wachsen.
Mit dem Streit um den Tempelberg in Jerusalem wird der Konflikt zwischen Juden und Palästinensern noch mehr verschärft.
Stärke jene, die unermüdlich für den Frieden in ihrem gemeinsamen Land eintreten.
In jedem Menschen scheint dein göttliches Antlitz auf.
Lehre uns, Kranken zu dienen, Ausgegrenzte aufzunehmen
und in allen Menschen die Würde ihrer Person zu achten.
Jeder von uns hat ganz persönliche Anliegen.
Erfülle sie nach deinem Willen.
Von vielen lieben Menschen müssen wir uns in diesem irdischen Leben verabschieden.
Tröste die Trauernden und erfülle an unseren Verstorbenen deine Verheißung.
Christus, göttlicher Retter in Menschengestalt,
vom Vater in die Welt gesandt hast du uns als Beistand den Heiligen Geist geschenkt.
Dir, dem dreifaltigen Gott, gebührt Ehre und Lobpreis,
jetzt und allezeit. - Amen.
- Gabengebet1
Messbuch - GG Weihnachten in der Nacht
Allmächtiger Gott,
in dieser heiligen Nacht
bringen wir dir unsere Gaben dar.
Nimm sie an
und gib, daß wir durch den wunderbaren Tausch
deinem Sohn gleichgestaltet werden,
in dem unsere menschliche Natur
mit deinem göttlichen Wesen vereint ist.
Darum bitten wir durch ihn, Christus, unseren Herrn.
MB Weihnachten in der Nacht
- Gebet zur Gabenbereitung5
Martin Stewen (2023)
Guter Gott,
wir halten Mahl an der Krippe deines Sohnes,
des göttlichen Kindes.
Du selbst deckst uns den Tisch.
Wenn wir uns um diesen Altar versammeln,
gibst du uns einen Vorgeschmack der kommenden Herrlichkeit,
die an der Krippe zu Bethlehem anfassbar wurde.
Dafür danken wir dir durch ihn,
Christus, unseren Bruder und Herrn. – Amen.
Manfred Wussow (2021)
Dass du, Herr,
Brot bist und Wein,
du, der du den Himmel dein eigen nennst,
ist ein Wunder.
Wir suchen deine Größe und Macht –
du wirst klein.
Wir fürchten die Finsternis –
du gehst in sie ein.
Dass du, Herr, alles verwandelst,
Brot und Wein,
Leben und Hoffnung
führt uns in dein Reich,
du, der du uns liebst.
Vor aller Zeit
Bis in Ewigkeit.
Lorenz Walter Voith (2013)
Menschgewordener Gott,
mit diesen Gaben von Brot und Wein
bringen wir auch unsere Frage,
wo du bist, wo du dich finden lässt?
In dieser Nacht bekennen wir:
Nicht in einer Herberge bist du zu finden,
sondern in einem Stall - im Unscheinbaren
so wie du dich uns in diesem Heiligen Mahl neu schenkst
im Brot des Lebens und im Kelch des Heiles.
Dir sei Lob und Dank, jetzt und in Ewigkeit.
Jörg Thiemann (2012)
Gott, du bist Mensch geworden,
klein, arm, bedürftig, in einer Krippe.
Du wirst klein in einem Stück Brot,
in einem Tropfen Wein.
Verwandle uns, dass wir füreinander da sind,
dass wir denen dienen, die ganz unten stehen.
Du hast mit diesen Menschen Mahl gehalten,
gerade in diesen Menschen können wir dich sehen. Amen.
Manfred Wussow (2011)
Dir, Herr, geben wir die Nacht.
Du schenkst uns Licht.
Dir, Herr, geben wir Brot und Wein.
Du schenkst dich uns selbst.
Dir, Herr, geben wir unsere Arbeit.
Du schenkst uns dein Reich.
Sieh', Herr, was wir dir bringen, ist von dir,
was wir in dieser Nacht empfangen, ist auch von dir.
Wir danken dir!
Komm, unser Herr!
- Präfation1
Messbuch - Präfation Weihnachten 1: Christus, das Licht
In Wahrheit ist es würdig und recht,
dir Herr, heiliger Vater,
allmächtiger, ewiger Gott,
immer und überall zu danken.
Denn Fleisch geworden ist das Wort,
und in diesem Geheimnis
erstrahlt dem Auge unseres Geistes
das neue Licht deiner Herrlichkeit.
In der sichtbaren Gestalt des Erlösers
läßt du uns den unsichtbaren Gott erkennen,
um in uns die Liebe zu entflammen
zu dem, was kein Auge geschaut hat.
Darum singen wir mit den Engeln und Erzengeln,
den Thronen und Mächten
und mit all den Scharen des himmlischen Heeres
den Hochgesang von deiner göttlichen Herrlichkeit:
Heilig ...
MB Weihnachten 1
- Mahlspruch2
Bibel
Ein Kind ist uns geboren,
ein Sohn ist uns geschenkt.
Man nennt ihn Starker Gott, Friedensfürst.
(vgl. Jes 9,4f)
Oder:
Ich verkünde euch eine große Freude:
Heute ist euch der Retter geboren; er ist der Messias, der Herr.
(Lk 2,10f)
Oder:
Das Wort ist Fleisch geworden
und hat unter uns gewohnt
(Joh 1,14)
Beatrix Senft (2022)
Gottes Sohn ist in die Welt gekommen,
hat sich damit klein und verletzlich gemacht
und verschenkt sich immer wieder neu in Brot und Wein.
Seht, wie klein er sich gemacht hat in diesem Stückchen Brot,
um uns ganz nahe zu kommen.
Seht, das ist das Lamm Gottes,
das hinwegnimmt alle lastende Schuld dieser Welt.
- Meditation6
Helene Renner (2021)
Wie die Hirten
dürfen wir die Nähe Gottes erfahren
mit freudigem Erschrecken
wahrnehmen
dass Gott nicht an uns vorübergeht
auch wenn wir noch so weit weg sind.
Wie die Hirten
dürfen wir dem Licht trauen
den Boten Gottes zuhören
und uns auf den Weg machen.
Wie die Hirten
dürfen wir hingehen zur Krippe
uns selbst überzeugen
dass ER wirklich da ist
wir dürfen ihn loben
und das Wunder weitersagen.
Wie die Hirten
sollen wir heimkehren in unseren Alltag
Gott nicht mehr aus den Augen verlieren
und Frieden bringen auf Erden.
Helene Renner (2019)
Möge das Licht dieser Nacht
unser Leben erleuchten.
Möge der Stern am Himmel
unsere Gedanken lenken.
Möge die Demut der Hirten
unseren Glauben stärken.
Möge die Botschaft der Engel
unsere Ohren erreichen.
Möge der himmlische Frieden
unsere Tage erfüllen.
Möge das Kind in der Krippe
unser Herz berühren.
Möge der Segen dieser Nacht
uns in unseren Alltag begleiten.
Bernd Kösling (2017)
Für die meisten von uns, ist Weihnachten das Fest der Liebe und der Familie. Das ist gut so, denn im Stress eines Jahres bleibt dafür so wenig Zeit. Aber ich sehne mich auch nach mehr. Gott wird eigentlich deshalb Mensch, um mir seine Liebe und Freundschaft anzubieten, mich als verlässlicher Freund durch das Leben zu begleiten.
Menschen, die schon viele Jahre in dieser Freundschaft leben, berichten davon, wie sie sich in Krisenzeiten ihres Lebens von ihm getragen fühlten, in Momenten der Schuld und des eigenen Fehlverhaltens Vergebung erfahren haben und in Zeiten der Unsicherheit und Orientierungslosigkeit auf einem sicheren Fundament stehen, das ihnen Halt gibt.
Das Aufbauen und Pflegen einer solchen Beziehung ist ein lebenslanger Prozess. Mit allen Höhen und Tiefen, die wir auch aus unserem menschlichen Leben kennen. Aber aus ihrer Sicht, macht es Sinn, sich auf das Liebesangebot des Kindes von Bethlehem einzulassen. Sie haben gelernt, über das irdische Leben hinaus in eine andere Dimension hinein zu schauen. Wir nennen sie „Paradies“ oder „Himmel. Sie berichten davon, dass es ihre Art zu leben, verändert hat. Bis dahin, dass sie fähig sind, den Menschen zu vergeben, die ihnen Unrecht getan haben. Und sie haben gelernt, am Grabe lieber Menschen zwar traurig, aber nicht hoffnungslos zu sein.
Ich will es doch noch einmal versuchen: Das Angebot der Freundschaft Gottes im Kind von Bethlehem anzunehmen. Ihn auf den Arm zu nehmen und mich von der Ohnmacht seiner Liebe beschenken zu lassen.
Dann darf ich natürlich die weihnachtliche Atmosphäre dieser Tage genießen: in den Begegnungen in der Familie und mit meinen Freunden, im gemeinsamen Essen und Trinken und auch in der Erholung, die uns die freien Tage der Weihnachtszeit ermöglichen; aber auch im Glauben und Vertrauen auf Gottes Liebe und Barmherzigkeit.
Zitat (2015)
Ein Gerücht ist in der Welt, eine Ahnung
von etwas, dass größer ist als wir.
Eine Geheimbotschaft geht um,
eine Botschaft, die aufhorchen lässt.
Frauen, Männer und Kinder haben Träume,
Arme, Einsame und Traurige schöpfen Hoffnung.
In der Kirche brennt ein kleines Licht.
Menschen rücken zusammen.
Ein Gerücht ist in der Welt,
das nicht stirbt.
(Herman-Josef Coenen)
Bernhard Rathmer (2013)
Meistens wird Gott ganz leise Mensch
Die Engel singen nicht;
Die Könige gehen vorbei;
Die Hirten bleiben bei ihren Herden.
Meistens wird Gott ganz leise Mensch:
von der Öffentlichkeit unbemerkt;
von den Menschen nicht zur Kenntnis genommen
- in einer kleinen Zweizimmerwohnung,
in mitten der Auswirkungen eines Taifuns
in einem Krankenzimmer,
in nächtlicher Verzweifelung,
in der Stunde der Einsamkeit
in der Freude am Leben.
Meisten wird Gott ganz leise Mensch
wenn Menschen zu Menschen werden
wenn eine Hoffnung lebendig bleibt.
Manfred Wussow (2011)
Der zur Weihnacht geboren wurde,
hat nicht auf Probe mit uns gelebt,
ist nicht auf Probe für uns gestorben,
hat nicht auf Probe geliebt.
Er ist das Ja und sagt das Ja,
ein ganz unwiderrufliches göttliches Ja
zu uns, zur Menschheit, zur Welt.
Dieses Ja kann uns tragen,
kann uns heraus reißen aus Vorläufigkeiten,
Unsicherheiten, Halbheiten, Vergeblichkeiten.
Er will uns begleiten und so befähigen,
selber Ja zu sein,
nicht auf Probe, nicht nur zur Hälfte,
nicht nur "ja aber".
Mögen wir sein Ja erfahren
in uns, über uns, um uns,
uns mögen andere es erfahren
durch uns.
(Klaus Hemmerle)
- Schlussgebet1
Messbuch - SG Weihnachten in der Nacht
Herr, unser Gott,
in der Freude über die Geburt unseres Erlösers
bitten wir dich:
Gib uns die Gnade, ihm unser ganzes Leben zu weihen,
damit wir einst Anteil erhalten
an der ewigen Herrlichkeit deines Sohnes,
der mit dir lebt und herrscht in alle Ewigkeit.
MB Weihnachten in der Nacht
- Gebet zum Abschluss5
Martin Stewen (2023)
Du Gott des Lebens,
du bist in unsere Welt gekommen,
um Anteil zu nehmen an unseren Schwächen und Grenzen.
Im Glauben daran, dass du unser Leben weitmachen
und zur Vollendung führen kannst,
haben wir das Fest der Geburt deines Sohnes
und das Sakrament des Altares gefeiert.
Der Stern von Bethlehem erfülle uns mit seinem heiligen Glanz -
heute Nacht, in dieser Festzeit,
alle Tage unseres Lebens
bis in Ewigkeit.
Beatrix Senft (2022)
Herr, Jesus Christus,
die Gnade deiner Geburt ist uns heute neu geschenkt worden.
Du willst auch unsere Dunkelheiten erhellen.
Lass uns den Zuspruch der Engel empfinden:
Fürchtet euch nicht, wir verkünden euch eine große Freude.
Mache uns bereit, uns von dieser Freude anstecken zu lassen
und deine frohmachende Botschaft in die Welt zu tragen.
Dir sei mit dem Vater und dem Hl. Geist aller Lobgesang in Ewigkeit.
Manfred Wussow (2021)
Des lasst uns alle fröhlich sein
Und mit den Hirten gehn hinein,
Zu sehn, was Gott uns hat beschert,
Mit seinem lieben Sohn verehrt.
Du, Gott, hast die Nacht hell gemacht.
Das Lob der Engel führt uns zu dir.
Lass uns einander, wenn es dunkel wird um uns,
deine Freundlichkeit teilen,
und wenn Wege im Finsteren verschwinden,
schenke uns einen weiten Blick.
Du traust uns zu,
Engel zu werden.
Sei mir willkommen, edler Gast!
Den Sünder nicht verschmähet hast
Und kommst ins Elend her zu mir,
Wie soll ich immer danken dir?
Du aber schenkst uns deinen Segen.
Er trägt uns in Ewigkeit.
Jörg Thiemann (2012)
Gott,
die Hirten gingen zurück an ihren Platz.
Wir gehen nun zurück in unsere Familien, zu unseren Freunden,
zu unseren Arbeitsplätzen.
Du sendest uns aus, von dir zu reden, wo wir gefragt werden,
deine Liebe zu zeigen, wo es nötig ist.
Sende uns aus, dann wird Jesus geboren,
nicht nur heute, sondern immer und überall. Amen.
Manfred Wussow (2011)
Wir danken dir, Gott,
dass du zärtlich zu uns kommst,
uns das Lächeln eines Kindes schenkst
und doch die ganze Welt mit deinem Wort trägst.
Du hast dich in unsere Gesichter verliebt,
wirst einer von uns,
stirbst gar am Ende unseren Tod.
Wir danken dir für deine Treue,
für geteilte und angenommene Wege,
für das Licht in dunkler Nacht.
Sei uns nahe, wenn es um uns dunkel wird
und schenke uns ein fröhliches Herz,
Geduld und Güte
alle Tage und Nächte unseres Lebens,
Im Glanz von Bethlehem
durch Jesus,
in seinem Gesicht sehen wir dich.
Von Ewigkeit zu Ewigkeit.
- Segen5
Messbuch - Feierlicher Segen an Weihnachten
Der barmherzige Gott hat durch die Geburt seines Sohnes die Finsternis vertrieben
und (diese Nacht) diesen Tag erleuchtet mit dem Glanz seines Lichtes;
er mache eure herzen hell mit dem Licht seiner Gnade. - Amen.
Den Hirten ließ er durch den Engel die große Freude verkünden;
mit dieser Freude erfülle er euer ganzes Leben. - Amen.
In Christus hat Gott Himmel und Erde verbunden;
durch ihn schenke er allen Menschen guten Willens seinen Frieden,
durch ihn vereine er euch mit der Kirche des Himmels. - Amen.
Das gewähre euch der dreieinige Gott,
der Vater und der Sohne und der Heilige Geist. - Amen.
MB Weihnachten
Bernhard Rathmer (2015)
Gott, der euch liebt,
strahle euch mit dem Lächeln eines Kindes an.
Gott, der ein gutes Wort für euch hat,
mache eure Herzen leicht.
Gott, der eure Wege begleitet,
schenke euch einen festen Schritt.
Das gewähre euch der dreifaltige Gott…
Lorenz Walter Voith (2013)
Der Herr komme
zu uns mit seinem Wort,
damit es Weihnachten wird
und wir uns freuen können.
Der Herr segne
uns mit seinem Wort,
damit wir den Frieden finden,
auf den wir alle warten.
Der Herr behüte
uns durch sein Wort,
damit wir unsere Angst ertragen,
die uns unruhig und einsam macht.
Der Herr bewahre
uns in seinem Wort,
damit wir zu Boten des Friedens werden.
Denn darauf hofft unsere Welt.
So segne euch der Dreieinige Gott:
der Vater, der Sohn und der Hl. Geist.
Amen.
Zitat (2012)
gott ist mensch geworden
in einem stall
er segne dich
er berge dich in seiner menschlichkeit
wenn unmenschlichkeit dich erschrickt
gott lasse leuchten sein angesicht über dir
er begleite deine wege
wenn du dich von allen guten geistern verlassen fühlst
er sei dir gnädig
wenn du ungnädig mit dir bist
gott erhebe sein angesicht über dich
er strahle auf in deinem leben
wie die engel den hirten erleuchtung brachten
er gebe uns seinen frieden
in den familien
unter den völkern
und zwischen den religionen
(Siegfried Eckert, in: ders., Gott in den Ohren liegen. Gebete, Kreuz-Verlag, Stuttgart 2008)
Manfred Wussow (2011)
Der Segen des Gottes von Sara und Abraham,
der Segen des Sohnes, von Maria geboren,
der Segen des Heiligen Geistes, der über uns wacht
wie eine Mutter über ihre Kinder,
sei mit euch allen.
Im Namen des Vaters ...
Reformierte Liturgie, S. 152.
Vor 800 Jahren hielt Franz von Assisi die erste Krippenfeier
In einer nächtlichen Grotte in den Bergen nördlich von Rom fand 1223 die erste Krippenfeier statt - Ohne Maria, Josef und Jesuskind, aber mit viel Heu und noch mehr Begeisterung - Die Wirkung blieb kein Strohfeuer.
Ganzer Beitrag:
https://www.kathpress.at/goto/meldung/2329062/vor-800-jahren-hielt-franz-von-assisi-die-erste-krippenfeier
Kathpress am 14.12.2023
Der geboren wurde
DER Ersehnte.
DER namentlich in die Welt Gesandte.
DER, der vor seiner Geburt JESUS genannt wurde.
DER, der vom Vater ausging.
DER Jude.
DER, der geboren wurde.
DER, Emanuel.
DER Obdachlose.
DER Heimatlose.
DER Flüchtling.
DER Freund der Fischer.
DER, der mit Randgruppen umherzog.
DER, der seinen Vater unseren Vater nannte.
DER, der den Menschen Gutes – Wunder tat.
DER Versuchte.
DER Tempelreiniger.
DER Umjubelte.
DER Fallengelassene.
DER …
DER …
DER …
DER Verratene.
DER Leidtragende.
DER Verspottete.
DER, der sich bespeien ließ.
DER Dornengekrönte.
DER Gegeißelte.
DER Gekreuzigte.
DER Auferstandene = Christus.
DER, der ist.
DER, der seinen Geist in diese Welt gesandt hat.
DER, der in die Welt geboren wurde.
DER, der sich von der Welt verraten ließ.
DER, der für die Welt starb.
DER, der diese Welt überwand.
DER, auf den wir hoffen?
Für alle Zeit - bis in Ewigkeit?
Amen. – So sei es???
Ja, Amen. – So sei es!!!
Nicht nur Weihnachten.
TÄGLICH.
Beatrix Senft 2023.
gekommen für alle
mit der Geburt Jesu Christi
verhielt es sich so
die Last seines Volkes
sie drückte hart auf den Seelen
und
es schrie
und flehte
streckte die Hände bittend zum Himmel
und
erbat den Emanuel
den:
GOTT IST MIT UNS
der Heil bringen sollte
und ER kam als Kind in die Welt
klein
unscheinbar
bedürftig
wie jedes Kind
fiel nicht als Retter vom Himmel
mit dem Schwert in der Hand
um die vermeintliche Ordnung Gottes
wieder herzustellen
wurde geboren im Höhlenstall
weil in der „geordneten“ Welt
kein Platz für ihn war
kam in SEINE Welt
bestehend aus dem Notdürftigsten
kam zu den Menschen
die sozial am Rande standen
„empfing“ auch die „feinen Herren“
die sich nicht zu schade waren
die Mühsal eines weiten Weges
auf sich zu nehmen
um ihn zu sehen
ER kam in kleinster Gestalt
ER kam in die mickerigste Behausung
damit von Anfang an klar war
ICH BIN GEKOMMEN FÜR ALLE
für alle
die mich einlassen
in „ihre innere Behausung“
so haben wir alle
so habe auch ich
eine Chance
an Weihnachten
und an jedem Tag
ich muss nur aufmachen
Tor und Tür
meines SEINS
Christ ist geboren in einem Stall
und will sich „gebären“
bei dir
und
mir –
ja überall
Beatrix Senft 2023.
Weihnachtsstern
Wir müssen
dem Stern
der Weihnacht
eine Chance geben
sich in uns
zu öffnen
damit die Botschaft Jesu
in unser Leben
strahlen kann
Beatrix Senft 2023.
Der Weihnachtsfriede
Friede wird verkündet
„Frieden auf Erden
den Menschen seines Wohlgefallens.“ (Lk 2,14)
Friede wird zugesagt
„Frieden hinterlasse ich euch,
meinen Frieden gebe ich euch.“ (Joh 14,27)
Friede wird erbeten
„Erbittet für Jerusalem Frieden!“ (Ps 122)
Friede wird getan
„Selig sind, die Frieden stiften!“ (Mt 5,9)
Friede wird verheißen:
„Der Herr wird sein Volk
segnen mit Frieden!“ (Ps 29,11)
Frieden wünschen, zusagen, erbitten, tun und erwarten:
Das ist die Botschaft des Gottessohns,
der für Frieden und Versöhnung alles gegeben hat.
Johann Pock, Weihnachten 2022.
Strahlendes Jesuskind
Das Kind
lächelte und strahlte,
so wie jedes Neugeborene strahlt.
Aber sein Strahlen war Licht,
heller als Sonne und Mond,
heller als die Sterne.
Alles fing zu leuchten an,
der Stall, die Tiere,
die Gesichter der Eltern.
Das Strahlen
ging hinaus bis aufs Feld
zu den Hirten,
es erleuchtete die Nacht.
Und das Leuchten blieb
in der Welt,
in den Herzen der Menschen.
Ilse Pauls
Geboren in einem Stall
mit der Geburt Jesu Christi
verhielt es sich so
die Last seines Volkes
sie drückte hart auf den Seelen
und
es schrie
und flehte
streckte die Hände bittend zum Himmel
und
erbat den Emanuel
den:
GOTT IST MIT UNS
der Heil bringen sollte
und ER kam als Kind in die Welt
klein
unscheinbar
bedürftig
wie jedes Kind
fiel nicht als Retter vom Himmel
mit dem Schwert in der Hand
um die vermeintliche Ordnung Gottes
wieder herzustellen
wurde geboren im Höhlenstall
weil in der „geordneten“ Welt
kein Platz für ihn war
kam in SEINE Welt
bestehend aus dem Notdürftigsten
kam zu den Menschen
die sozial am Rande
standen
„empfing“ auch die „feinen Herren“
die sich nicht zu schade waren
die Mühsal eines weiten Weges
auf sich zu nehmen
um IHN zu sehen
ER kam in kleinster Gestalt
ER kam in die mickerigste Behausung
damit von Anfang an klar war
ICH BIN GEKOMMEN FÜR ALLE
für alle
die mich einlassen
in „ihre innere Behausung“
so haben wir alle
so habe auch ich
eine Chance
an Weihnachten
und an jedem Tag
ich muss nur aufmachen
Tor und Tür
meines SEINS
Christ ist geboren in einem Stall
und will sich „gebären“
bei dir
und
mir –
ja überall
Beatrix Senft 2022.
Der Stern
Er leuchtet still.
Schaut ein Stern leuchtet still.
Der Stern, der etwas sagen will.
Was er uns wohl sagen will?
Gott sendet Licht.
Für uns sendet Gott das Licht?
Fürchte dich nicht.
Hört, wir sollen uns nicht fürchten.
Er leuchtet still.
Schaut, der Stern wird immer heller.
Der Stern, der etwas sagen will.
Meint ihr, auch wir können darauf vertrauen?
Gott sendet Licht.
Ja, ich spüre es deutlich!
Vergisst uns nicht.
Gott hat auch uns nicht vergessen,
heute, hier und jetzt.
© Beatrix Senft nach dem Lied: Er leuchtet still, der Stern, der etwas sagen will. - Text: Wolfgang Longard.
Einer wird kommen
Einer wird kommen,
der die Knoten deines Lebens
auflöst,
der den roten Faden findet,
der aus dem Labyrinth
hinaus führt,
der deine schmerzenden Glieder
berührt,
der deine Verletzungen
heilt.
Und du wirst staunen -
ER kommt nicht als Held.
Als kleines Kind
wird ER kommen,
mit einem Lächeln
voll Wärme,
das alles in dir
zerfließen lässt,
mit einem Strahlen,
das Glanz in dein Leben bringt,
mit einem Lachen,
das dich vergessen lässt,
was einmal war.
Ilse Pauls
Weihnachtssegen
Ein Lied von Heiko Kuschel und Reinhard Burchhardt als PDF herunterladen.
Text: Heiko Kuschel, Musik: Reinhard Burchhardt
Wer nach Bethlehem fliegen will
Ein Lied von Hildegard Wohlgemuth und Reinhard Burchhardt als PDF herunterladen.
Text: Hildegard Wohlgemuth, Musik: Reinhard Burchhardt
Weihnachtliche Verwunderbarkeit
Wunderbares geschah in jener Nacht
als der Unnahbare sich nahbar machte,
als die Grenze von profan und heilig durchbrochen wurde
und Göttliches im Menschlichen,
Menschliches im Göttlichen sich fand.
Das Wunder der Geburt und das Holz der Krippe
führen zu den Wundmalen am Holz des Kreuzes.
Bewunderung, Verwunderung und Verwundung
sind nahe miteinander verwandt.
Der Jubel der Engel und die Verwunderung der Hirten
über einen verletzlichen Heiland
und eine profane Heilige Familie
erzeugen eine neue Form weihnachtlichen Staunens:
die Verwunderbarkeit.
Johann Pock, Weihnachten 2021
Gott ist Mensch geboren
Gott ist Mensch geboren
unvorstellbar –
ja - seien wir doch ehrlich –
es ist unvorstellbar
da können doch
die Drei Könige –
Sterndeuter –
oder was immer sie waren
nur in einem Palast
gesucht haben
wo anders
könnte denn
GOTT
geboren werden
Gott ist Mensch geboren
Engel –
Himmlische Heerscharen -
verkünden es
verkünden es doch sicher
den Mächtigen
der Welt
nein –
sie verkünden es
den Hirten
denen
die ganz unten stehen
am Rand der Gesellschaft
Gott ist Mensch geboren
geboren
in einem Stall -
einer Höhle vielleicht
kann man
noch tiefer fallen
aus des Himmels Höhen
dieser
menschgewordene
Gott
er lässt sich
hinein
in unser Leben
in unsere Tiefen
er kommt
in unsere Armut
in unsere Hoffnungslosigkeit
in unser Ausgegrenzt-Sein
in unser „Am-Rande-Stehen“
in unser Vermögen und unser Unvermögen
er kommt
in die kleinste Behausung
in unser SEIN
er kommt
in unser Sein
unsere Herzen aus Stahl und Beton
und
in unsere strohbedeckte Innerlichkeit
ein leichter Windstoß –
und schon stehen wir im Freien
da
mitten hinein
lässt er sich gebären
gebären im Stall bei Ochs und Esel
gebären in die Zeltunterkünfte unserer Zeit
gebären in die Bunker und Keller der Kriege
gebären in die Kranken- und Sterbezimmer
gebären in die „Hütten“* der Gefangenen
gebären in all unsere Bedürftigkeit
lässt sich
gebären
als Gott
um uns
von Mensch zu Mensch
zu begegnen
und
schenkt uns
Raum
Wärme
Aufrichtung und
Hoffnung
damit auch wir fähig werden
Menschen
von
Mensch zu Mensch
zu begegnen
Gott ist Mensch geboren
und
kommt uns immer wieder entgegen
in unserer inneren Armut
und
in unserem inneren Reichtum
Gott ist Mensch geboren
gebiert sich täglich neu
IN UNSER GANZES SEIN
* Hütte - Bezeichnung der Gefangenen für ihre Zelle
Beatrix Senft (2021)
Zu Bethlehem, da ward ich wer
Nun sei es kräftig besungen:
Geschöpf hat den Schöpfer bezwungen,
Der Mensch ist in Gott eingedrungen.
Ich kneife mich froh in Arm und Bein:
Dies Adamsfleisch wuchs mitten hinein
Zwischen Vater und Geist ins dreieinige Sein.
Es wird sich menschlich mühen,
von tödlichen Wunden erglühen,
Doch göttlich in Ewigkeit blühen.
So ängstige, Sünder, dich ferner nicht:
Hält einst ein Mensch das Menschengericht,
Erkennst du dies mildeste Kindesgesicht.
Ein Mensch gebietet den Weiten
Der göttlichen Herrlichkeiten,
Ein ewiges Fest zu bereiten.
Ich Bettler – ach, was kein Bettler mehr!
Zu Bethlehem, da ward ich wer:
Mein Bruder ist Gott und liebt mich sehr.
Heinrich Suso Waldeck
(1873 – 1943)
Die Legende vom verlorenen Hirten
Eines Morgens warteten die Schafe darauf, von ihrem Hirten aus dem Pferch heraus und auf die Weide geführt zu werden. Aber der Hirte kam und kam nicht. Anfangs warteten die Schafe geduldig, dann ungeduldig. Sie begannen jämmerlich zu blöken, und die Verwirrung nahm zu. Das bewährte Leittier wandte sich in seiner Ratlosigkeit an den Hund mit der Frage, ob er denn wisse, was in dieser Notlage zu tun sei. Der Hund jaulte einige Male laut auf, um Zeit zum Nachdenken zu gewinnen, und schlug schließlich vor, in das zuletzt beweidete Tal zurückzukehren und dort den Hirten zu suchen.
Der Vorschlag gefiel dem Leittier und seinem Anhang. Einige der Böcke durchbrachen das Gatter des Pferches mit ihren kräftigen Leibern. Der Weg war frei. Der Hund rannte voraus und das Leittier mit allen anderen Tieren, den alten und jungen, hinterher. Erschöpft kamen sie auf der Weide im fernen Tal an. Bevor sie sich auf die Suche nach dem verlorenen Hirten machten, mussten sie sich erst ausruhen. Hunger hatten sie vor lauter Kummer keinen, dafür um so mehr Durst. Diesen stillten sie gierig an der ihnen schon bekannten Wasserstelle. Dann legten sie sich im Schatten der Ölbäume und der Tamarisken nieder und schliefen, todmüde, wie sie waren, unverzüglich ein.
Da geschah etwas nie Dagewesenes: Alle hatten den gleichen Traum! Sie träumten, aus ihnen seien Hirtenfrauen und Hirtenmänner und Hirtenknaben geworden. Als sie dann alle, kurz nacheinander aufwachten, war es tatsächlich so, wie sie es geträumt hatten. Sie bestaunten sich gegenseitig und wunderten sich, dass sie, in schafwollene Kleider und Mäntel gehüllt, aufrecht umhergehen konnten. Zuerst waren sie gegenüber der neuen Wirklichkeit misstrauisch, aber bald konnten sie mit ihr einverstanden und auch ein wenig stolz auf sie sein. Jeder und jede von ihnen besaß eine Hirtentasche, gefüllt mit frischem Brot, mit würzigem Käse und saftigen Früchten. Sie stärkten sich gelassen und gründlich, bevor sie ihren Rückweg antraten. Für diesen brauchten sie länger als für den Hinweg, weil sie sich an das Gehen auf zwei Beinen und mit gehobenem Haupt erst gewöhnen mussten. Gegen Abend erkannten sie den Ort, an dem sich ihr Pferch befunden hatte. Dieser war jedoch in eine Stadt verwandelt worden, in der sie alle, Haus um Haus ihren Platz erhielten. Sie nannten die Stadt "Neu-Bethlehem": zur Erinnerung an die Hirten, welche die Botschaft von der Ankunft des Kindes vernahmen, das selbst ein Hirte werden sollte, und als Bekundung des Willens, das neue Leben als ein Volk von Hirtinnen und Hirten zu führen."
Aus: Hermann M. Stenger, Im Zeichen des Hirten und des Lammes. Mitgift und Gift biblischer Bilder. Tyrolia-Verlag, Innsbruck-Wien 2000.
Eine Weihnachtslegende
Es war einmal ein hartherziger Hirte, der sich und anderen nichts Gutes gönnte. Eines Nachts kam ein Mann zu ihm und bat um Feuer. Doch der hartherzige Hirte hetzte seine Schäferhunde auf den Fremden. Diese bissen ihm ins Bein und in seine Hand, und einer hängte sich sogar an seine Kehle. Aber zum großen Erstaunen des Hirten zeigten die Bisse keinerlei Wirkung. Der fremde blieb völlig unverletzt.
Nun war der Fremde ganz nahe gekommen und sagte zu dem Hirten: "Guter Freund, hilf mir, leih mir ein wenig von deinem Feuer. Meine Frau hat soeben ein Kind geboren, und ich muss ein Feuer machen, um den Kleinen zu wärmen."
Da erwachte in dem Hirten wieder der alte Menschenhass. Da er wusste, dass weit und breit kein Eimer und keine Schaufel zu finden waren, um die glühenden Kohlen fortzutragen, sagte er zu dem Fremden: "Nimm von den glühenden Kohlen, so viel du brauchst." Und seine Schadenfreude begann zu wachsen.
Da hob der Fremde die glühenden Kohlen mit bloßen Händen auf und legte sie in seinen Mantel, und weder seine Hände noch sein Mantel wurden verbrannt. Der hartherzige Hirte wunderte sich zutiefst und fragte den Fremden: "Was ist das für eine seltsame Nacht heute?"
Da gab der Fremde zur Antwort:
"Mit Worten kann ich dir das nicht beschreiben. Komm mit und sieh!"
Der Hirte ging mit. Und sie kamen zu einem Viehstall. Im Stall kniete die Mutter neben ihrem Kind, das in einem Futtertrog lag. Etwas weiter hinten standen ein Ochse und ein Esel.
Da wurde die verhärtete Seele des Hirten weich. Das eiskalte Herz begann zu schmelzen, als der das frierende und zitternde Kind sah.
Und er nahm seinen dicken Mantel und deckte das Kind damit zu. Tränen standen in seinen Augen, und er fiel auf die Knie - vor diesem Kind.
Ein Kind kann eisige Herzen auftauen. Die Heilige Nacht ist jedes Jahr eine einmalige Chance, das Kind aus der Krippe in dein Herz zu legen. Und du wirst dich wundern, wie dieses Kind dich verändert und wie das Eis in deinem Herzen zu schmelzen beginnt.
Selma Lagerlöf in: Bardeler Adventsmeditationen, Osnabrück.
So könnt es Weihnachten werden
1. Die Hirten besuchen das Jesuskind,
und wen besuchst du?
Der Ochs und der Esel in der Krippe singt,
für wen singst du?
Das Stroh hält das Jesuskindlein warm,
und wen wärmst du?
Maria hält ihr Kind im Arm,
und wen hältst du?
Refrain:
So könnt es Weihnachten werden,
Weihnachten auf Erden.
Keiner müsste mehr einsam sein,
keiner wär allein.
So könnt es Weihnachten werden,
Weihnachten auf Erden.
Keiner müsste mehr einsam sein,
keiner wär allein.
2. Ein Stern leuchtet den Weisen den Weg,
für wen leuchtest du?
ein Engel spricht, dass es jeder versteht,
mit wem sprichst du?
Könige beschenken den Retter der Welt,
und wen beschenkst du?
Josef lacht, weil s ihm gefällt,
mit wem lachst du?
Refrain: So könnt es Weihnachten werden,
Weihnachten auf Erden.
Keiner müsste mehr einsam sein,
keiner wär allein.
So könnt es Weihnachten werden,
Weihnachten auf Erden.
Keiner müsste mehr einsam sein,
keiner wär allein.
Lied: So könnt es Weihnachten werden, Text und Musik: Kurt Mikula
https://www.youtube.com/watch?v=U3fg3KCWNm4
Sie bewegte diese Worte in ihrem Herzen
Ein Wort bleibt hart und unbeweglich,
wenn ich es nur mit dem Verstand erfasse;
es kann mich höchstens "informieren".
Erst, wenn ich das Wort "ver-nehme",
es mit dem Herzen höre,
fängt es an zu sprechen.
Damit mich das Wort an-sprechen kann,
muss ich "aufhören",
aufhören mit meinem Reden;
ich muss ent-sagen.
Solange ich geplagt bin von mir selbst,
von meinen oft habgierigen Absichten,
Zielen und Zwecken,
bleibe ich verschlossen
und im Innersten starr und unbeweglich.
Menschen, die sich aus sich selbst bewegen,
gelangen höchstens zur Betriebsamkeit,
die früher oder später mit der Todesstarre endet.
Um in die Bewegung des Lebens zu gelangen,
muss ich mich bewegen lassen
vom Leben selbst, - vom Wort.
Wort ist geronnenes Erleben.
Wenn ich mich dem Wort aus-setze,
es einlasse und bewege
mit den Kräften meines Herzens
(wenn ich es "meditiere"),
fängt das Wort an zu sprechen.
Es taut auf,
und das ganze Leben und Erleben
wird lebendig -
die ganze "Wirk-lichkeit" des Wortes,
die in ihm verborgen ist.
Jedes Wort ist ein Schatz,
ein "Wort-Schatz".
ich bin so arm,
nicht weil mir die Worte fehlen,
sondern weil ich sie nicht "schätze".
Ich missbrauche sie
in meinem "Eigen-Sinn"
und dadurch töte ich
den eigenen Sinn der Worte.
Wenn ich das Wort bewege,
wird es "wahr";
ich "be-wahre" es
und werde es "ge-wahr";
es schenkt mir seine Wahrheit
und macht mich selber wahr.
Das Wort fängt an,
mich zu ergreifen und mich zu bewegen:
Ich "komme zu Wort",
ich kann mich jetzt "zur Sprache bringen"
und im Wort aus mir herausgehen,
mich aus-sprechen
mich mit-teilen.
Das Wort "wird Fleisch",
es gestaltet mich
und nimmt von mir Gestalt an.
Wort ist Gott - Gott ist Wort.
Im Wort kommt Gott zu mir,
seine Gegenwart in mir
bestätiget er durch sein Wort.
Aus: Elmar Gruber, Maria - Weg des Glaubens, Meditationen, München 1998.
Die menschgewordene Liebe des Vaters
... Dieser Jesus verkörpert das unterscheidend Christliche. Alle Weltreligionen kennen einen Gott oder mehrere Götter, die im Himmel oder anderen Sphären wohnen und deshalb unerreichbar sind. Für das Christentum thront Gott nicht unerreichbar im Himmel, er hat vielmehr Interesse an seiner Welt und ist dort gegenwärtig, wo wir Menschen sind. Noch mehr: Er wird Mensch, um unser Leben zu teilen, bis zum Tod am Kreuz, jenem letzten erschütternden Erweis seiner Hingabe und Liebe. Dadurch befreit er uns von der alten religiösen Angst, vor Gott nicht zu genügen und uns deshalb bei ihm beliebt machen zu müssen. Diese Befreiung von der allen anderen Religionen innewohnenden Angst nennen wir - Erlösung. Jesus Christus ist die menschgewordene Liebe des Vaters, er macht leibhaft erfahrbar, wer Gott ist. Durch ihn ist die Güte und Menschenfreundlichkeit Gottes ein für allemal offenbar geworden. Gott ist nicht unnahbar fern, sondern menschlich nah.
Aus: Stefan Jürgens, Ausgeheuchelt. So geht es aufwärts mit der Kirche, Freiburg 2019.
Gott lässt sich erkennen
Weihnachten – Gott ist sichtbar geworden auf Erden in jeder Freundlichkeit und Liebe unter den Menschen.
Gott lässt sich erkennen: Die Einfachen, Kleinen, Armen können ihm begegnen, alle, die von ihrem hohen Ross heruntersteigen und die Maske des Hochmuts absetzen wollen.
Darum, lieber Mensch, lege allen Ballast der Überheblichkeit und Selbstgerechtigkeit ab. Öffne dein Herz und deine Arme, mögen die auch hart sein wie die Krippe – wenn sie nur offen sind – und tritt ein in das Geheimnis der Liebe von Weihnachten.
Phil Bosmans in:: Ludger Hohn–Morisch (Hrsg); Für jeden Tag ein gutes Wort. Herder Verlag Freiburg – Basel – Wien 2005
Licht und Wärme
Um in diesen Weihnachtstagen glücklich zu sein, brauchst du Licht und Wärme, kein kaltes Neonflimmern und keine Wärme, die eine Heizung liefert. Du brauchst Licht im Herzen, um den Sinn des Lebens zu sehen, und die Wärme lieber Menschen, die dich gern haben.
In Armut und Kälte ist einer in die Welt zu allen Menschen gekommen, der mit seinem ganzen Leben Licht und Wärme sein wollte. Wenn du offen bist für das Geheimnis des Menschen, offen wie ein Kind, wirst du Licht empfangen und Wärme fühlen.
Phil Bosmans in:: Ludger Hohn–Morisch (Hrsg); Für jeden Tag ein gutes Wort. Herder Verlag Freiburg – Basel – Wien 2005.
Trotzige Weihnachten
Weihnachten ist das große „Trotzdem“ Gottes
angesichts der Ignoranz des Menschen:
„Er kam in sein Eigentum - doch die Seinen
nahmen ihn nicht auf“ (Joh 1,11)
Weihnachten trotzt der Macht
und setzt ihr die Ohnmacht des Kindes
entgegen.
Weihnachten trotzt den Konventionen
und ermöglicht Unerwartetes:
Eine unverheiratete Jungfrau wird zur
Gottesgebärerin,
Heu und Stroh sind das Lager des Königs,
einfache Hirtenmusik ersetzt
Posaunenklang.
Trotzig sein ist also manchmal
die göttliche Reaktion
auf menschliches Unverständnis:
Trotz der Fehler des Menschen - Mensch
werden.
Trotz ihrer Ablehnung - die Menschen
lieben.
Trotz des Todes am Kreuz - die
Menschen retten.
Gott ist ganz schön trotzig
- das ist unser Glück.
Johann Pock, Weihnachten 2019.
wie wir
Jesus ist der Sohn Gottes,
der König der Welt.
Er ist für uns Mensch geworden.
Er wollte aus Liebe so sein wie wir.
Er wollte uns nicht blenden durch den Glanz seiner Pracht.
Er wollte uns nicht zwingen durch seine Macht.
Er wollte uns nicht übertrumpfen durch seine Weisheit.
Er wollte ganz einfach unser Bruder sein.
Darum hat er sich als armes Kind in Windeln wickeln lassen,
er lebte in einer einfachen Arbeiterfamilie,
und schließlich starb er am Kreuz,
nur bekleidet mit einem Lendentuch.
Gerade daran erkennen wir seine große Liebe zu uns.
Aus: Klaus Hemmerle, Zur Krippe durch die Hintertür. Verlag Neue Stadt.
Der „krippale“ Infekt
Bald wünscht man sich wieder „Frohe oder Gesegnete Weihnachten". Ich habe mir in diesem Jahr etwas anderes ausgedacht: Ich wünsche Ihnen einen heftigen, krippalen Infekt: Dass Sie sich an der Krippe infizieren; dass Sie sich vom Kind in der Krippe anstecken lassen; dass der Mann, dessen Geburtstag wir feiern, Sie mit seiner Botschaft infiziert.
Auch diesen krippalen Infekt bekommen Sie bei Kälte, wenn Sie die Kälte in vielen menschlichen Beziehungen spüren; wenn Ihnen die Kälte des Egoismus, der Ellbogenmentalität bewusst wird; wenn Sie unter der Kälte der Freudlosigkeit Ihrer Mitmenschen leiden.
Das Ansteckungsrisiko ist aber auch groß, wenn Ihr Immunsystem nicht intakt ist; wenn Sie nicht immun sind gegen Fragen wie: „Wozu bin ich auf der Welt? Was macht mein Leben wertvoll und gut?"; wenn Sie nicht so abgehärtet sind, dass Ihnen alles gleichgültig ist.
Schnell anstecken können Sie sich auch durch den Kontakt mit schon Infizierten, wenn Sie Menschen begegnen, die begeistert sind von der Sache Jesu; denen man ansieht, dass sie als erlöste und befreite Menschen leben.
Habe ich mich vielleicht schon angesteckt? - können Sie jetzt fragen. Wenn Sie eines der drei folgenden Symptome an sich entdecken, sind Sie bereits durch das Kind in der Krippe infiziert:
Schwäche: Wenn Sie eine Schwäche haben für Ihre Mitmenschen; wenn Sie sich dafür interessieren, wie es ihnen geht, worunter sie leiden, was sie brauchen; wenn Sie bereit sind zu helfen, zu teilen und aufzumuntern.
Fieber: Wenn Sie fiebern und sehnsüchtig warten auf Gerechtigkeit und Frieden; wenn Sie sich sehnen nach Heilung und Hilfe, nach Begleitung und Zuwendung; wenn Sie brennend interessiert sind an einem gelingenden, sinnvollen Leben; wenn Sie immer mehr wissen wollen über Jesus und seine Vision vom Reich Gottes.
Schluckbeschwerden: Wenn Sie nicht mehr alles schlucken können, was an Ungerechtigkeit und Lieblosigkeit in Ihrer Umgebung geschieht; wenn Sie Verletzungen und Spott nicht mehr einfach wegstecken und in sich hineindrücken wollen; wenn Sie sich weigern, alles hinzunehmen, was man Ihnen an Oberflächlichem und Belanglosem vorsetzt.
Und was kann ich tun, was soll ich tun, wenn das passiert ist? - können Sie jetzt noch fragen. Alles, was den grippalen Infekt mit „g" verhindert oder bekämpft, hilft Ihnen, den mit "k" zu hegen und zu pflegen:
Zunächst einmal Inhalieren: den Geist Jesu immer mehr in sich aufnehmen; sich weiterhin erfüllen lassen von seinen Worten und Gedanken, von seinem Gottvertrauen und von seiner Menschenliebe; einen Hauch seiner Gelassenheit und Unbekümmertheit einatmen und wieder verströmen.
Dann eine gesunde Mischung finden zwischen Ruhe und Bewegung. Sich zum einen Ruhe gönnen: Momente der Stille einbauen in den Tages- und Wochenrhythmus; sich Zeit lassen fürs Gebet; durch das Mitfeiern der Gottesdienste bewusst den Alltagstrott und die Geschäftigkeit unterbrechen. Sich zum anderen aber auch in Bewegung bringen: Aufstehen und Festgefahrenes, Erstarrtes hinter sich lassen, auf andere zugehen und ihnen mit der Offenheit und Weite Jesu begegnen; sie etwas spüren lassen von der Freude, die mit dem Kind in der Krippe in die Welt gekommen ist.
Ich kann nur hoffen, dass Sie jetzt sagen: Ja, diesen „krippalen" Infekt wünsche ich mir auch. So möchte ich mit dem Kind in der Krippe in Berührung kommen und mich immer tiefer in seine Gedankenwelt und Lebensgeschichte hineinziehen lassen. Durch die Begegnung mit ihm möchte ich nicht grippekrank, sondern krippen-gesund werden und andere mit dieser Gesundheit anstecken.
Wolfgang Raible in: Anzeiger für die Seelsorge. Dezember 2007.
Die Verkündung
Letzthin, im Zug, direkt neben dir, das elend-fröhliche Digitalpiepsen eines Handys, und du weißt, jetzt wirst du die Seite nicht in Ruhe zu Ende lesen können, du wirst mithören müssen, wo die Unterlagen im Büro gesucht werden sollten oder warum die Sitzung auf nächste Woche verschoben ist oder in welchem Restaurant man sich um 19 Uhr trifft. Kurz, du bist auf die unüberhörbaren Schrecknisse des Alltags gefasst - und da kramt der junge Mann sein Apparätchen aus der Tasche, meldet sich und sagt dann laut: »Nein! - Wann? - Gestern Nacht? - Und was ist es? - Ein Bub? - So herzig! - 3 1/2 Kilo? - Und wie geht es Jeannette? -So schön! - Sag ihr einen Gruß, gell! - Wie? - Oliver?...« Und über uns alle, die wir in der Nähe sitzen und durch das Gespräch abgelenkt und gestört werden, huscht ein Schimmer von Rührung, denn soeben haben wir die uralte Botschaft vernommen, dass uns ein Kind geboren wurde.
Franz Hohler
Gott beschenken
Das Ungeheuerliche am Weihnachtsgeschehen:
Gott macht sich in der Menschwerdung seines Sohnes abhängig von uns.
Er wird zum Empfänger, zum Beschenkten.
Nichts gibt uns eine größere Würde als dies:
Wir haben etwas, was wir Gott schenken können.
Jeder von uns hat Gott etwas anzubieten.
Keiner ist minderwertig, keiner bedeutungslos.
Wir dürfen an die Gabe Gottes, die er uns anvertraut hat,
glauben und dürfen sie ihm weitergeben.
Aus: Klaus Hemmerle, Zur Krippe durch die Hintertür. Verlag Neue Stadt.
Das Kind
Ach, das Kind richtet ja jetzt schon die Welt. Wieviel der Typen, die der Mensch heute vorstellt, können ehrlich vor der Krippe erscheinen?
Die meisten wollen ja gar nicht. Hoch zu Ross lässt die schmale und spärliche Tür niemand ein. Die einfachen gesunden Hirten, die finden den Weg.
Die königlichen Weisen, die ruft der Stern.
Aber die Anmaßung in Jerusalem erschrickt vor dem Kind.
Wie viel von dem, was wir heute leben, kann vor diesem Kinde nicht bestehen!
Und wie wäre das eigene und das allgemeine Leben anders, wenn wir daran dächten, dass dem Leben seine größte Stunde schlug, als Gott ein Mensch, ein Kind wurde.
Wir würden nicht so fordernd und gewalttätig und gierig zueinander kommen und voreinander steh‘n. Kinder schlagen keine Wunden. Wir aber wollten so groß sein und mächtig - erwachsen und zuständig: das Ergebnis sind wir selbst und der Trümmerhaufen, der uns geblieben ist.
Aus Alfred Delp, Im Angesicht des Todes. Knecht Verlag.
Gottes Sohn wird Mensch
Gottes Sohn wird Mensch, damit der Mensch Heimat habe in Gott.
Hildegard von Bingen
Je höher
Je höher etwas ist, desto tiefer fällt es.
So findet man die erhabensten Offenbarungen an den niedrigsten Orten.
Wenn du dich also an einem Ort wiederfindest,
der scheinbar ohne irgendeine Spiritualität ist - verzweifle nicht.
Je niedriger du stehst, desto höher kannst du aufsteigen.
Kabbala, Den Himmel auf die Erde bringen.
Die Theologie von Weihnachten
Ihre bald 2000 Jahre alte Überlieferung, ihre sprachliche Form und ihre - bei aller Volkstümlichkeit des Inhaltes - theologische Tiefe haben der Weihnachtsgeschichte des Lukas (Lk 2,1-20) einen Glanz verliehen, der auch in unseren Tagen die gesellschaftliche und kommerzielle Überfremdung des Festes immer noch zu überstrahlen vermag.
Doch es gilt, der Entstehung dieser Geschichte nachzugehen. Detlev Block versucht das in seinen liedhaften Zeilen, die wichtige theologische Information weitergeben: Ostern ist Weihnachten vorgeordnet! Das den Auferstandenen umstrahlende Osterlicht ist Ursprung des Lichtes von Weihnachten. Die Ostersonne (Markus 16,2) hinter dem Kopf des Auferstandenen ist, dies wird vor allem in mittelalterlichen Bildern deutlich, identisch mit der Weihnachtssonne hinter dem Kopf des Krippenkindes. Da gibt es keine Differenz. Und darum kann Christian Keimann mit Blick auf Jesus in der Krippe 1646 bekennen:
Wonne, Wonne über Wonne:
Christus ist die Gnadensonne.
aus EG 34,1
Und Friedrich Spee sang schon 1622:
O klare Sonn, du schöner Stern,
dich wollten wir anschauen gern.
O Sonn, geh auf, ohn deinen Schein
in Finsternis wir alle sein.
EG 7,5 / GL 231,5
Entstanden etwa 60 Jahre nach dem Tod Jesu, ist die Weihnachtsgeschichte des Lukas Glaubenszeugnis. Niemand um das Jahr 90 wusste noch etwas von der realen Geburt des Kindes Jesus in der Zeit des Kaisers Augustus. Doch der auf Ostern gegründete Glaube an Christus als den Sohn Gottes erfüllte die christliche Gemeinde um 90 zutiefst. Und als die Frage nach der Geburt des Christus Jesus aufkam, konnte sie sich diese nur in Bildern des Alten Testamentes vorstellen. Der Messias konnte nur - zugleich zu den Armen - in Licht und Herrlichkeit Gottes gekommen sein. So entstand die Erzählung von der Armutsgeburt in der Höhle und der Lichtbotschaft gottgesandter Engel zugleich. Lukas schrieb sie auf, eine Geschichte, die das Weihnachtsfest der Christen auf Jahrtausende hin begründen sollte.
Historisch belegen lässt sich das alles nicht. Folgendes aber ist historisch wahrscheinlich: Im Jahr 7 vor Christus wird Jesus als Sohn von Maria und Josef an unbekanntem Ort in Palästina geboren. Der Erwachsene wird von Johannes am Jordan getauft. Von 27 - 30 verkündet er in den Dörfern Galiläas in bildkräftig erzählender Rede den Anbruch der Herrschaft Gottes unter den Menschen. Zugleich heilt er viele. Junge Männer und Frauen folgen ihm. Mit Gesetzeslehrern diskutiert er die sachgemäße Auslegung der Tora. Im Jahr 30 beim Passafest in Jerusalem festgenommen und verurteilt, erleidet er einen elenden Tod am Schandkreuz der römischen Fremdherren. Danach aber als der Lebendige erfahren, wird er von den Seinen als ,Messias', ,Christus' ins Bekenntnis aufgenommen. Bald schon erzählt man wundersame Geschichten von ihm.
Aus: Dietrich Steinwede (Hg.), Jetzt ist die Zeit der Freude. Weihnachtliche Texte. Verlag Ernst Kaufmann, Lahr 2011.
Sage, wo ist Bethlehem?
Sage, wo ist Bethlehem?
Wo die Krippe? Wo der Stall?
Mußt nur gehen, mußt nur sehen -
Bethlehem ist überall.
Sage, wo ist Bethlehem?
Komm doch mit, ich zeig es dir!
Mußt nur gehen,
mußt nur sehen -
Bethlehem ist jetzt und hier.
Sage, wo ist Bethlehem?
Liegt es tausend Jahre weit?
Mußt nur gehen,
mußt nur sehen -
Bethlehem ist jederzeit.
Sage, wo ist Bethlehem?
Wo die Krippe? Wo der Stall?
Mußt nur gehen,
mußt nur sehen -
Bethlehem ist überall.
Rudolf Otto Wiemer in: Dietrich Steinwede (Hg.), Jetzt ist die Zeit der Freude. Weihnachtliche Texte. Verlag Ernst Kaufmann, Lahr 2011.
In einer Gegend
plötzlich
unverhofft
mitten im kalten winter
in der nacht
in einem milieu
wo man es nicht vermutete
in einer gegend ...
die ...
ja die gegend
betlehems felder
wissen sie wo das ist
da ganz am rand der weit
da hat der himmel
die erde geküsst
maria
und da
ist ein ros entsprungen
aus einer wurzel zart
mitten im kalten winter
wohl zu der halben nacht
Wir danken dir, verborgener Gott
wir danken dir
verborgener gott
daß du uns deine stimme
hast hören lassen
deine stimme
im geburtsschrei
eines kindes
im geburtsschrei
einer neuen welt
Wir danken dir, weiser Gott
wir danken dir
weiser gott
für das kind
auf stroh
das uns menschen
einfacher
weiser
menschlicher
und göttlicher
macht
Wilhelm Willms in: Dietrich Steinwede (Hg.), Jetzt ist die Zeit der Freude. Weihnachtliche Texte. Verlag Ernst Kaufmann, Lahr 2011.
Der Heiland
Immer wieder wird er Mensch geboren,
Spricht zu frommen, spricht zu tauben Ohren,
Kommt uns nah und geht uns neu verloren.
Immer wieder muß er einsam ragen,
Aller Brüder Not und Sehnsucht tragen,
Immer wird er neu ans Kreuz geschlagen.
Immer wieder will sich Gott verkünden,
Will das Himmlische ins Tal der Sünden,
Will ins Fleisch der Geist, der ewige, münden.
Immer wieder, auch in diesen Tagen,
Ist der Heiland unterwegs, zu segnen,
Unsern Ängsten, Tränen, Fragen, Klagen
Mit dem stillen Blicke zu begegnen,
Den wir doch nicht zu erwidern wagen,
Weil nur Kinderaugen ihn ertragen.
Hermann Hesse in: Gedichte zur Weihnacht. Hg. Von Stephan Koranyi und Gabriele Seifert. Verlag Reclam, Stuttgart 2009.
Die Engelsbotschaft
In der Botschaft „des Engels" an die Hirten und im Lobpreis der Engelchöre lässt Lukas die Bedeutung der Geburt Jesu voll zum Ausdruck kommen. Dem Volk Gottes und darüber hinaus den Menschen insgesamt (vgl. Lk 3,23.38) ist „der Retter" gesandt (2,11). „Große Freude" wird verkündet (2,10). „Freude" ist ein Stichwort, das im Evangelium des Lukas vom Anfang (1,14) bis zum Ende (24, 41.52) immer wieder aufklingt. Dem Wort des Engels an die Hirten folgt ein Lobpreis Gottes durch ein großes Engelheer: „Verherrlicht ist Gott in der Höhe, und auf Erden ist Friede bei den Menschen seiner Gnade" (2,13f). Was in der Geburt Jesu seinen Anfang nimmt, ist „Verherrlichung Gottes". Gott wird offenbar als der Große und Heilige - und zwar dadurch, dass er sich den Menschen mit seiner barmherzigen Liebe zuwendet. Die Menschen erfahren die „Gnade" Gottes, das heißt den Heilswillen Gottes. Es geht nicht unmittelbar um den „guten Willen" der sich öffnenden Menschen, wie das Engelwort oft gedeutet wurde. Wenn vom „Frieden" die Rede ist, den Gott schenkt, dann ist damit ein alle Bereiche umfassendes Heil („schalom") gemeint, ein Heil, das nur Gott schenken kann.
Den Hirten wurde gesagt, dass ihnen im Krippenkind ein „Zeichen" gegeben sei (2,12). „Die Vorstellung von dem ,Kind im Futtertrog' mag ähnlich wie die von ,Mose im Binsenkörbchen (Ex 2,3) zeichenhafte Bedeutung haben": Gott hat Großes vor mit diesem Kind. „Das eigentliche Paradoxon liegt jedoch in der Armut der Umstände. Eine Ermutigung „für die ,Armen im Lande', an die sich Lukas in besonderer Weise wendet" (Josef Ernst).
Aus: Augustin Schmied, Für uns gekommen. Biblische Betrachtungen zur Advents- und Weihnachtszeit. Verlag Neue Stadt, München Zürich Wien 2016.
Verrückte Weihnachten
Gott muss verrückt sein!
Da ist er der Schöpfer der ganzen Welt,
lebt im Himmel,
umgeben von Engeln und Heiligen.
Und was macht Gott?
Er wird Mensch!
Er steigt aus der Unendlichkeit
in die Endlichkeit,
aus der Ordnung in das Chaos,
aus dem Paradies auf die Erde.
Damit aber
macht Gott auch die Menschen verrückt:
er ver-rückt sie in seine Nähe
er rückt ihre Schuld zurecht
er ent-rückt sie aus der Todessphäre.
Der Sohn Gottes in einer Krippe,
der Allmächtige als hilfsbedürftiges Kind
zeigt, dass man als gläubiger Mensch
wohl ein bisschen verrückt sein muss.
Aber gerade als Verrückte
sind wir Gott ähnlich,
und Weihnachten ist das Fest
eines verrückten Gottes.
(Johann Pock, Weihnachten 2017)
Fürchtet euch nicht!
Menschen leben in Angst
vor der Zukunft, vor dem Unbekannten,
vor Leid und Tod.
Menschen machen einander Angst,
auch im Namen der Religion.
Ich brauche aber keinen Gott,
der zum Fürchten ist!
Der Engel verkündet den Hirten:
Fürchtet euch nicht!
Das Kind in der Krippe macht nicht Angst,
sondern führt zum Staunen.
Die Liebe Gottes will
weder Gottesfurcht, noch Ehrfurcht,
sondern nichts
als wiederum Liebe.
Hans Pock, Weihnachten 2016
Du, der du ein König bist
Du,
der du ein König bist,
hast dich so klein gemacht,
um als Mensch
unter Menschen zu leben.
Du,
der du der Größte bist,
hast dich so arm gemacht,
um im Stall
geboren zu werden.
Du,
der du der Mächtigste bist,
hast dich am Kreuz
menschlicher Gewalt
unterworfen.
Du, der du ein König bist,
bist zu mir gekommen,
klein und bescheiden
im Brot.
Deine Demut, Herr,
ist es,
die wir lernen müssen.
Ilse Pauls
Die Hirten auf dem Feld
In jener Gegend lagerten Hirten auf freiem Feld und hielten Nachtwache bei ihrer Herde.
Was haben die Hirten und Hirtinnen von Bethlehem, wörtlich dem Brot-Haus, wohl wirklich erlebt, als sie die kalte Winternacht bei ihrer Herde verbrachten? Stellen wir uns das ganz plastisch vor. Wir sind einer von ihnen und sitzen mit einem übergeworfenen Tuch oder einem grob gegerbten Fell am Lagerfeuer. Die Zeit vergeht, es ist eine lange Nacht. Die Sinne sind geschärft, die Augen sehen den leisesten Lichtschein, das Glitzern der Sterne und das Leuchten in den Augen der Tiere und Menschen. Die Ohren hören das leiseste Geräusch, jeden losgetretenen Stein, jedes knackende Ästchen und jeden Hauch des Windes. Nichts entgeht uns, und unsere Sinne sind wachsam gespannt.
Wir sind die Hüter der Herde, und es ist unsere Aufgabe, sie vor Raubtieren und Unfällen zu schützen. Vielleicht schleichen Wölfe oder Wildkatzen um unser Lager und warten nur auf eine günstige Gelegenheit, um ein junges Tier zu reißen. Vielleicht schleicht sich etwas anderes heran, etwas, das wir nicht kennen, etwas, das im Dunkel der Nacht verborgen ist, etwas geheimnisvoll Gefährliches.
Angst vor dem Unsichtbaren, Unerwarteten ist etwas, das die Seele wohl kennt, und das wir manchmal nur mühsam unterdrücken können. Vielleicht sind es Räuber, die durch die Nacht schleichen oder eine römische Patrouille, schließlich ist es ein besetztes Land, regiert von fremden Soldaten. Aber dann gibt es eine noch größere Angst, nicht vor den sichtbaren Kräften, den Menschen und Tieren, sondern vor ganz anderen Mächten und Gewalten, die in der Stille der Nacht und der Einsamkeit allmählich spürbar werden.
Wir rücken ein wenig näher zum Feuer und werfen einen vertraulichen Blick zu unseren Gefährten und Gefährtinnen, das gibt uns ein wenig Sicherheit, und wir entspannen uns wieder.
Aber nach einer Weile kehrt sie wieder, die Angst, das Gefühl der Unruhe und der Gegenwart anderer Kräfte, die unserem Verstand und unserem Willen nicht gehorchen.
Unruhig ist mein Herz, bis es Ruhe findet in Dir. Diese grundsätzliche Unsicherheit wohnt in jedem menschlichen Herzen, solange es nicht den eigenen, tragenden Grund gefunden hat. Angst entsteht, weil wir unsere wahre Natur nicht kennen!
Es ist eine besondere Nacht, das spüren wir alle, irgendetwas Ungewöhnliches ist am Werk. Himmel und Erde sind sich näher als sonst, der Atem des Jahres ist an einem Übergang, und die Natur bereitet sich auf einen Wandel vor. Die Nächte sind immer länger geworden, und das Licht der Sonne hat sich zurückgezogen, immer weiter bis zum tiefsten Punkt. Und jetzt, noch kaum spürbar, noch kaum ahnbar, kommt eine Wende, unsichtbar, mitten in der Nacht und doch voller Licht.
Am Himmel erscheint ein neuer Stern, ein starkes Leuchten, genau über uns, ein Zeichen, dass auch unten auf der Erde etwas Neues kommt, etwas, das weitreichende, kosmische Dimensionen hat.
Und dann verdichtet sich das Geschehen, der Kairos, der einzigartige Moment, entfaltet seine Wirksamkeit, und die Menschen werden ergriffen von etwas, das sie nicht verstehen und nicht begreifen können, etwas, das sie belebt und verwandelt, etwas, das man nur in Bildern und Gleichnissen beschreiben kann. Die Bibel drückt es so aus:
Da trat der Engel des Herrn zu ihnen, und der Glanz des Herrn umstrahlte sie. Sie fürchteten sich sehr, der Engel aber sagte zu ihnen: Fürchtet euch nicht, denn ich verkünde euch eine große Freude, die dem ganzen Volk zuteilwerden soll:
Heute ist euch in der Stadt Davids der Retter geboren...
Fürchtet euch nicht, euch geschieht nichts Böses, im Gegenteil, ganz im Gegenteil, freut euch, freut euch mit uns! Es sind keine menschlichen Stimmen, die so reden, es sind Wesen der Seele und des Geistes, die in dieser Nacht Freude verkünden und den Menschen nahe kommen, denn diese Menschen geht es etwas an, was hier im Gange ist. Nicht irdische Kräfte und nicht das alltägliche Einerlei sind hier am Werk, sondern ein Ereignis, das weit über die Geschichte und den Horizont eines kleinen Bergstammes hinausgeht.
Noch einmal, fürchtet euch nicht, dass eure kleinen Herzen einer himmlischen Macht begegnen, einem himmlischen Heer, das nicht ausgezogen ist, um zu kämpfen oder zu zerstören, sondern um Gott zu loben und den Menschen eine große Freude zu verkünden. Das Evangelium setzt so fort:
Und plötzlich war bei dem Engel ein großes himmlisches Heer, das Gott lobte und sprach: Verherrlicht ist Gott in der Höhe, und auf Erden ist Friede bei den Menschen seiner Gnade.
Auf Erden ist Friede ..., singt der Chor der Engel. Was bedeutet das?
Es bedeutet: Ihr seid frei geworden! Die Zeit des Wartens ist vorüber und die Elendsgeschichte der Menschheit verwandelt sich in Glück. Euch ist heute der Retter geboren, der Messias, der gekommen ist, um Frieden zu bringen, Gerechtigkeit und Glück, etwas, das euch mit all eurer Anstrengung und Mühe, mit all eurem Eifer in Jahrhunderten und Jahrtausenden nicht gelungen ist, ganz im Gegenteil, die Verwirrung und die Not sind größer als je zuvor. Aber gerade das wird sich jetzt ändern, gerade das wird jetzt geheilt, gerade im tiefsten Dunkel geht das hellste Licht auf.
Und das soll euch als Zeichen dienen: Ihr werdet ein Kind finden, das in Windeln gewickelt in einer Krippe liegt!
Johannes Toegel. Weihnachten für Erwachsene. Verborgene Schätze. Styria Verlag, Wien Graz Klagenfurt 2015.
Krippe und Christbaum
Die Geburt Jesu wird seit dem 4. Jahrhundert am Jahresende, in der Zeit der Wintersonnenwende, gefeiert. Seit 400 Jahren prägen zwei ganz unterschiedliche Zeichen dieses Fest: Christbaum und Krippe. Der Christbaum ist zuerst im Elsaß nachgewiesen, in Bürgerhäusern in Schlettstadt und Straßburg, die Krippe in Jesuitenkirchen von Coimbra, Prag und Altötting.
Die ersten Christbäume waren mit Äpfeln, Hostien und Kerzen geschmückt. Sie wurden am 24. Dezember aufgestellt, nach dem alten kirchlichen Kalender der Gedenktag von Adam und Eva. Das Grün erinnerte an das Paradies, die Äpfel an den Sündenfall, die Hostien an die Erlösung, die Kerzen an Christus, „das wahre Licht, das in die Finsternis kam" (Joh 1,4-9). Der ganze Baum war Licht in der Finsternis der längsten Winternacht und Zeichen der Erlösung. Der Brauch, ihn im Wohnraum aufzustellen, wurde später durch die Hugenotten vom Elsaß aus nach Frankreich, in die Pfalz, nach Baden und andere evangelisch gewordene Landschaften verbreitet. In Bayern führte ihn Karoline von Baden, die erste Königin von Bayern, zum Weihnachtsfest 1800 ein.
In der Biedermeierzeit wurde der Christbaum zum Inbegriff der „Deutschen Weihnacht". [Unser Bild zeigt eine Darstellung zum Märchen vom Tannenbaum von Hans Christian Andersen.] Als die Nationalsozialisten ihn zum Zeichen eines heidnisch-germanischen Julfestes machen wollten, wurde er als Antwort darauf auch in katholische Kirchen übernommen. Seither umrahmen symmetrische Fichtenwälder viele Altarräume in der Weihnachtszeit. Aber der ursprüngliche Sinn, der sich im Grün, im Apfel, der Hostie und dem Licht konkretisiert, wird kaum irgendwo gesucht. Außerhalb der Kirchen wurden Christbäume, überreich beladen, zum Symbol des Konsums.
Wenn wir seine christliche Botschaft wieder entdecken wollen, sollten wir in der Kirche nur einen Baum aufstellen, ihn mit Äpfeln, Hostien und Wachs(!)kerzen schmücken und die Texte vom Paradies, vom Licht, vom Abendmahl lesen.
Das Figurentheater der Weihnachtskrippe haben die Jesuiten vielleicht nicht erfunden. Aber als Medium der Verkündigung haben sie es überall auf der Welt verbreitet, in Portugal, Böhmen und Bayern, in ihren Missionsgebieten in Amerika und Asien. Die Figuren aus Holz, Wachs oder Terrakotta wurden so aufgestellt und beleuchtet, daß sie zu sprechen und zu handeln scheinen. Das Geschehen wurde sowohl als Erzählung aus alter Zeit und einem fernen Land historisiert, als auch im Hier und Heute vergegenwärtigt. Das neue Bildmedium wurde zu einem Welterfolg. Bald wurden Weihnachtskrippen auch an Fürstenhöfen, in Bischofs- und Klosterkirchen nachgebaut, im 19. Jahrhundert dann auch in Privathäusern.
Mit den Krippen wurden zunächst das Weihnachtsevangelium des Lukas und die Erzählung von den Weisen aus den Morgenland nach Matthäus illustriert. Bald aber überlagerten andere weihnachtliche Legenden, Privatoffenbarungen und Dichtungen die knappen Berichte der Evangelisten. Um 1900 bemühte man sich darum, in den Figuren und Landschaften Palästina realistisch darzustellen. Seit 1930 setzten sich Heimatkrippen mit blonden Frauen und Kindern in Trachtenkleidung durch.
Heute sollte sich eine Kirchenkrippe neu mit den Texten des Evangeliums auseinandersetzen. Sie sollte fremde Motive aus Privatoffenbarungen, Apokryphen und Weihnachtsmärchen reduzieren und sich entweder um Authentizität bemühen oder um Modernität. Entweder man entscheidet sich, Palästina zur Zeit Jesu nachzustellen, also Jesus und seine Mutter als orientalische Juden zu entdecken, oder man überträgt das Geschehen in unsere Gegenwart: Wo würde heute eine überall abgewiesene junge Schwangere ihr Kind bekommen können? In einer Tankstelle? Einem Gewerbepark? Und wen würden die Engel in der Nähe wach finden? Obdachlose, Polizisten, Müllmänner?
Die Geburt Jesu mit Figuren und Kulissen in eine angeblich „gute, alte Zeit", beispielsweise ein Bergdorf des 18. Jahrhunderts, zu versetzen, ist verlogen. Krippen sollten nicht gemütlich sein, sondern aufregend wie die Geburt und das Leben Jesu.
Aus: Peter B. Steiner, Glaubensästhetik. Wie sieht unser Glaube aus? 99 Beispiele und einige Regeln. Verlag Schnell & Steiner GmbH, Regensburg 2008.
Gott ist Mensch geworden
Nach 2000 Jahren christlicher Sozialisation geht uns der Satz „Gott ist Mensch geworden" leicht von den Lippen. Schwieriger wird es, wenn wir die heute üblichen Worte für Neugeborene benützen: „Gott ist Baby geworden" oder „Gott ist Säugling geworden". Für das Lukasevangelium war die Geburt Jesu ein natürlicher Vorgang: „Sie gebar ihren erstgeborenen Sohn, wickelte ihn in Windeln" (2, 7). So aber sehen die Weihnachtsbilder in unseren Kirchen und Museen und auf den Weihnachtspostkarten nicht aus. Da liegt ein nacktes Kind mit Goldstrahlen auf dem Boden und wird von einer Frau mit langem offenem Haar kniend angebetet.
Es war eine Frau, die sechs Kinder geboren hatte, und die wußte was für eine harte und schmutzige Arbeit Gebären ist: die heilige Birgitta von Schweden, die seit 1370 alle bei uns verbreiteten Bilder von der Anbetung des neugeborenen Jesus angeregt hat. Zuvor, und in der Ostkirche bis heute, wurde Maria dargestellt, wie sie erschöpft von der Geburt auf einem Lager liegt und sich ihrem gewickelten Kind liebevoll zuwendet.
Distanzierte Anbetung statt tätiger Zuwendung - dieser Wandel in der Bildvorstellung hat mit Reinheitsvorstellungen zu tun. Birgitta wollte sich die Jungfrau Maria nicht mit Blut befleckt vorstellen, das göttliche Kind nicht an einer Nabelschnur hängend. Darum beschrieb sie eine Vision, wie Maria allein mit aufgelöstem Haar im Stall von Betlehem betete und plötzlich das Kind vor ihr lag, ganz rein und leuchtend wie die Sonne. In den entsprechenden Bildern wurde Jesus zum Sternenkind, nicht zum Menschensohn.
Darstellungen einer Geburt gibt es in der europäischen Kunst nicht. Sie sind möglich, wie Beispiele der afrikanischen und altamerikanischen Kunst zeigen, aber nicht in einer Bildwelt, die auf die Griechen zurückgeht. Hier war nur die Sorge um das neugeborene Kind und das Nähren an der Brust bildfähig. Die stillende Gottesmutter war ein beliebtes Andachtsbild der frühen niederländischen Kunst. An diese Tradition knüpfte Rembrandt 1635 an (vgl. Bild: ). Er zeigt eine Frau in einer einfachen Tracht, die ein dicht eingewickeltes Kind an ihre Brust hält. Das Kind ist satt und schläft ein; sein Mund und die Brust sind von Milch und Spucke verschmiert. Aber das Kind darf noch nicht schlafen, es kann noch nicht in das Korbbett gelegt werden. Es muß erst aufstoßen, sonst wird es die Milch erbrechen. Alle Eltern und Kinderpfleger wissen das. Nach dem Stillen ist ein schwieriger Moment, das Kind will satt einschlafen, soll schlafen, aber erst muß man es noch ein wenig aufrecht halten, den Schlaf verzögern, bis zum befreienden Aufstoßen. In diesem Moment des gespannten Wartens muß es still sein. Darum hat der Mann im Bild, Josef, sein Werkzeug - Bohrer, Sägen, Beil - beiseite gelegt und beugt sich ganz sanft und aufmerksam über das Kind.
Jeder, der mit kleinen Kindern zu tun hatte, kennt diese Situation und erkennt sie im Bild Rembrandts wieder. [Eine alltägliche, menschliche Situation, die in der nebenstehenden Radierung nochmals - anders - dargestellt ist.]
Nichts weist auf die göttliche Natur des Kindes hin: Gott ist Säugling geworden. Er, der allen Vögeln ihre Nahrung gibt, begnügt sich mit ein paar Tropfen Milch, wie der Dichter Sedulius im 5. Jahrhundert schrieb.
Rembrandt hat die Menschwerdung Gottes ernst genommen, wörtlich verstanden. Katholische Weihnachtsbilder sind „göttlicher". Strahlen, Goldglanz und Engel möblieren unsere Krippen zu Vorsälen des Himmels, so als ob Jesus von Nazareth gar nicht wirklich auf der Erde gelebt hätte. Peter Paul Rubens ist in seiner Hirtenanbetung für Neuburg an der Donau 1620 Rembrandt vorausgegangen in seinem Verzicht auf übernatürliche Lichterscheinungen. Sein weiß gewickeltes Kind liegt auf gelbem Stroh, das von einer Laterne so beleuchtet wird, daß es zu glänzen beginnt. Rembrandt zeigt nicht den Stall von Betlehem sondern die Werkstatt in Nazareth, kein Weihnachtsfest, sondern den Alltag einer jungen Arbeiterfamilie mit unendlicher Zärtlichkeit und Geduld.
Aus: Peter B. Steiner, Glaubensästhetik. Wie sieht unser Glaube aus? 99 Beispiele und einige Regeln. Verlag Schnell & Steiner GmbH, Regensburg 2008.
Adam und Eva an der Krippe
Von einem hellgelben Strohhaufen heben sich ein blauer Esel und ein roter Ochse ab, daneben ganz in blauem Umriss eine Frau mit einem nackten Kleinkind, am Rand der Futtertrog, die Krippe, als notdürftiger Kinderbettersatz. Die Szene ist in eine rechteckige Form eingepasst, die Andeutung eines Stalls. Ihm fehlt die Vorderwand, er ist offen wie ein Puppenhaus. Giotto di Bondone hat um 1300 die biblische Geschichte in solchen Puppenhäusern ausgemalt. Über dem Stalldach befindet sich auf unserem Bild ein nachtblauer Flimmel mit einem Gestirn. Von rechts schreitet ein nackter roter Mann vor blauem Grund auf das Licht des Stalls zu, von links eine Frau mit einem grünen Tuch um die Hüften, begleitet von einem Reh.
Das Gemälde steht in einem Geflecht von Traditionen: Die Geburt im Stall nach der Erzählung des Lukasevangeliums wird seit 320 mit einer Krippe und Tieren dargestellt. Ausgehend von dem Vergleich Adam und Christus bei Paulus (1 Kor), entwickelten die Kirchenväter seit dem 4. Jahrhundert das Gegensatzpaar Eva und Maria, das bald zu einem Thema von Dichtung, Malerei und Skulptur wurde. Eine künstlerische Tradition wurde bereits genannt, die kirchliche Monumental-Malerei der Toskana um 1300. In Florenz und Siena wurden damals die Grundlagen der europäischen Malerei erarbeitet.
Aber der Maler unseres Bildes, Karl Caspar (1879-1956), wählte andere Farben. Weder nackte Männer noch Ochsen sind rot, Esel sind nicht blau. Seine Farben bilden nicht mehr ab. Damit steht er in der Tradition der Malerei des „Blauen Reiter". Die kleine Münchner Künstlergruppe wollte 1912 damit aufhören, einfach Sichtbares wiederzugeben. Statt dessen wollte sie „sichtbar machen", wie es Paul Klee formulierte.
Dieser Ausstieg aus dem überlieferten Aufgabenkreis der Kunst, nämlich Natur nachzuahmen, wie es seit Aristoteles als selbstverständlich galt, ist das einzige Ereignis von welthistorischer Bedeutung, das je in München stattgefunden hat. Der Aufbruch der modernen Kunst über die Grenzen des Materialismus zum Geistigen - so sagte das Wassilij Kandinski - fiel in die Zeit, als die katholische Kirche den Antimodernisteneid für ihre Priester einführte, um sich auf Dauer in einer defensiven Kräftekonzentration von der modernen Welt abzusetzen. Künstler, die sich der Kirche verpflichtet fühlten, gerieten dadurch in ein Dilemma. Entweder sie verrieten ihre Kunst, um den kirchlichen Auftraggebern zu gefallen, oder sie trennten sich von der Kirche.
Karl Caspar hat sein Leben lang an der Bibel als Quelle seiner Kunst festgehalten. Aber sein Werk entstand seit 1912 außerhalb der Kirchen, verteidigt von mutigen Katholiken wie Konrad Weiß und Carl Muth, aber ohne Chance gegen eine kirchliche Ablehnungsfront. Carl Muth hatte 1898 mit seiner Schrift „Steht die katholische Belletristik auf der Höhe der Zeit?” den Inferioritätsstreit ausgelöst, den Streit darüber, ob Katholiken ihrer Umwelt kulturell unterlegen seien. Karl Caspar, der zu den Gründungsmitgliedern des Deutschen Künstlerbundes gehörte, wollte eine Kunst auf der Höhe ihrer Zeit. Die Kirche konnte ihm bis lange nach seinem Tod nicht folgen, mit Ausnahme des Weihbischofs Senger von Bamberg, der ein Casparfresko für die Ostapsis des dortigen Doms durchsetzte, das 1928 großen Streit auslöste. Im Münchner Dom wurde noch 1953 ein Entwurf Caspars als zu modern abgelehnt und erst 1976 für die Unterkirche das Passionstriptychon von 1917 erworben.
Sollten sechzig Jahre, zwei Generationen, der Abstand bleiben, mit dem die Kirche den Entwicklungen der modernen Welt hinterherhinkt?
Aus: Peter B. Steiner, Glaubensästhetik. Wie sieht unser Glaube aus? 99 Beispiele und einige Regeln. Verlag Schnell & Steiner GmbH, Regensburg 2008.
Lichtblicke
Die Öffentlichkeit steht im Bann permanenter Krisenberichterstattung. Kriege, Konflikte und Gewalt bestimmen die Schlagzeilen. Doch es gibt auch positive Nachrichten: Die Armut sinkt, der Kampf gegen die schlimmsten Krankheiten zeitigt Erfolge, und die Welt hat endlich ein Klimaabkommen. Ein Überblick.
Tageszeitung Die Presse am 18.12.2015.
http://diepresse.com/home/politik/aussenpolitik/4890660
Fremdenliebe ist Nachahmung Gottes
Alttestamentler Georg Braulik im "Kärntner Sonntag": Altes Testament liefert Impulse für das Engagement im Bereich Asyl
Wien, 17.12.2015 (KAP) Das Alte Testament der Bibel liefert in der vorweihnachtlichen Zeit im Blick auf die Herbergssuche Impulse für das Engagement bei der Versorgung und Unterbringung von Flüchtlingen: "Im Deuteronomium heißt es, »Gott liebt die Fremden und gibt ihnen Nahrung und Kleidung - auch ihr sollt die Fremden lieben«", zitierte der renommierte Wiener Alttestamentler Georg Braulik aus dem 5. Buch Moses in der aktuellen Ausgabe des "Kärntner Sonntag". Fremdenliebe sei in dem Abschnitt also als "Nachahmung Gottes" dargestellt, so Braulik.
Der Text aus dem 10. Kapitel des Buches ist aber nicht die einzige Stelle, die sich auf den Umgang mit "den Fremden" bezieht. Braulik verwies auf das Kapitel 23: "Wenn ein fremder Sklave aus welchen Gründen auch immer seinem Herrn entflieht, dann muss er in Israel aufgenommen werden". Dabei komme ihm das Privileg zu, sich einen Wohnort aussuchen zu können. "Das alles ist einmalig im Alten Orient. Der Fremde und Flüchtling soll in Israel, im Volk Gottes, als gleichberechtigter Bruder behandelt werden."
Grundsätzlich habe "der Fremde" auch im Alten Orient mit den Witwen und Waisen seinen Platz in den sozialen Randgruppen. Der Alttestamentler erklärte dies mit dem Fehlen von Bodenbesitz, "womit ihnen in einer agrarischen Gesellschaft auch die Existenzgrundlage fehlt". Vorschriften, wie jene aus dem Buch Deuteronomium, holten "die Fremden" aus dieser Position am Rand der Gesellschaft in deren Mitte zurück. Mit Almosen habe das aber wenig zu tun. "Es geht hier um Rechtsvorschriften, also um ein Recht, das jenen am Rande der Gesellschaft zukommt."
Beispiel dafür sei etwa die Regelung, "dass der Zehnte, der normalerweise an den Tempel abgeliefert wurde, in jedem dritten Jahr im Wohnort verbleibt und der Ernährung der Fremden, Witwen und Waisen dient", so der Benediktinerpater. Durch diese und andere Maßnahmen konstruiere das Buch Deuteronomium schließlich eine Gesellschaft ohne Arme. "Nicht zuletzt haben Fremde, Witwen und Waisen teil an den Höhepunkten des Lebens, den gemeinsamen Festen im Jerusalemer Heiligtum. Und erst in ihrer Gemeinschaft kommt es zur Freude Gottes."
Ziel der Gebote sei in der Bibel immer das Fortbestehen der Gemeinde. Braulik: "Sie sind als dankbare Antwort auf die Rettung aus der Sklaverei zu verstehen und sind die Voraussetzung, um die gewonnene Freiheit auf allen Gebieten des Lebens bewahren zu können."
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NGOs schlagen Alarm für die Flüchtlingsversorgung
Hilfsorganisationen orten "Zusammenbruch des Systems" und legen Maßnahmen zur Unterbringung, Versorgung und Integration der Flüchtlinge vor.
Wien, 15.12.2015 (KAP) Vertreter führender NGOs schlagen angesichts der prekären Situation bei der Unterbringung von Flüchtlingen Alarm: "Das Erstaufnahmesystem, wie es gesetzlich vorgesehen war, ist zusammengebrochen", erklärte Michael Chalupka, Direktor der Diakonie, stellvertretend für die Vertreter von Caritas, Hilfswerk, Rotem Kreuz, Samariterbund und Volkshilfe am Dienstag bei einer gemeinsamen Pressekonferenz in Wien. Rund 7.000 Flüchtlinge seien derzeit in Notquartieren untergebracht und das, "obwohl sie schon in Grundversorgungseinrichtungen sein müssten". Bis Jahresende fehlen laut NGOs 15.000 Plätze. Gemeinsam haben die Organisationen nun Maßnahmen ausgearbeitet, der die Versorgung, Unterbringung und Integration der Flüchtlinge in geordnete Bahnen lenken soll.
Täglich werden aktuell 300 bis 400 Asylanträge gestellt, viele der Antragsteller landen danach direkt auf der Straße oder in prekären Notquartieren, kritisierten die NGO-Vertreter. Die gesetzliche Regel, wonach innerhalb von 48 Stunden polizeilich in einer Prognoseentscheidung abgeklärt werden muss, ob die Dublinregelung greift oder Österreich für die Abwicklung des Asylverfahrens zuständig ist, sei schon lange aus dem Ruder geraten. Mit schwerwiegenden Folgen: "Denn erst nach der Prognoseentscheidung haben Asylwerber das Recht, in die Grundversorgung aufgenommen zu werden", erklärte Chalupka.
Aus den 48 Stunden seien "Monate geworden", so der Diakonie-Direktor weiter. Treffen würde das vor allem unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (UMF). "Dort dauert alles wegen der Altersfeststellung noch länger. Oft vergehen sechs Monate bis zum Erstgespräch." Aktuell warten rund 1.300 UMF im Erstaufnahmezentrum Traiskirchen auf die Überstellung in altersgerechte Quartiere im Rahmen der Grundversorgung.
Chalupka präsentierte einen gemeinsamen Lösungsvorschlag: "Die Erstaufnahme und die Aufnahme in die Grundversorgung müssen in Zukunft einheitlich von den Ländern durchgeführt werden. Mit je einem leistungsfähigen Verteilungszentrum in jedem Bundesland." Außerdem brauche es einen Mechanismus des Ausgleichs zwischen den Bundesländern. Hat ein Bundesland seine Quote erfüllt, soll es durch andere Bundesländer entlastet werden. Schließlich müssten die Aufnahme in die Grundversorgung von der Prognoseentscheidung losgekoppelt werden.
Die Finanzierung der neuen Erstaufnahmezentren legen die NGOs in den Verantwortungsbereich der Länder. Der Bund soll im Gegenzug rund 70 Prozent der Tagsätze in der Grundversorgung übernehmen, die zurzeit durch die Länder beglichen werden. Wie eine solche Regelung funktionieren kann, zeige sich derzeit in den Bundesländern Wien und Niederösterreich, "die aus der Not heraus ein neues System entwickelt haben, weil das alte nicht mehr funktioniert", so Chalupka.
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Wie uns Gott erscheint
Die Orte
Die Zeichen
Die Namen
Jabbok:
Engel, kämpfend
bis zur Morgenröte.
Für die, die aushalten in der Nacht,
Gott von Angesicht zu Angesicht:
Er, der segnet.
Horeb:
Brennender Dornbusch.
Das Elend gesehen,
den Klageschrei gehört.
Für alle, die weinen:
Ich werde da sein.
Wüste:
Wolkensäule bei Tag
für die Wegsuchenden.
Feuer in der Nacht
für die in der Finsternis.
Er, der vorangeht.
Horeb, Berghöhle:
Nicht im Erdbeben oder Sturm,
im Feuer nicht mehr,
sondern ein Säuseln, kaum spürbar.
Für die, die ein leises Zeichen verstehen:
Stimme eines dünnen Schweigens.
Betlehem:
Glanz in der Nacht,
Worte des Friedens,
Kind in einer Krippe.
Für alle Wartenden:
Immanuel,
Gott mit uns.
Aus: Joop Roeland, Die Stimme eines dünnen Schweigens. Die Quelle Verlag Feldkirch 1992.
Von der Stille der Heiligen Nacht
Am Samstag vor dem ersten Advent leitete ich einen Besinnungstag für Religionslehrer in einem Städtchen im Badischen. Wir waren in einer kleinen Kirche mitten am Marktplatz - und um uns herum war der Weihnachtsmarkt in vollem Gange. Vom Karussell dudelte »Jingle Beils« herüber, man hörte fröhliches Stimmengewirr, drüben sang ein Kinderchor »Leise rieselt der Schnee«. In einer Pause stand ich zufällig mit dem Pfarrer zusammen, dessen Pfarrhaus am Rande des Marktplatzes steht. »Geht das die ganzen vier Wochen so?«, fragte ich mitfühlend. »Ja«, seufzte er, »mit der Stille ist es vorbei, wenn die Blasmusik 'Stille Nacht' spielt ...« Es war seltsam, aber dieser Satz ließ mich die folgenden Tage nicht mehr los: »Mit der Stille ist es vorbei, wenn die Blasmusik 'Stille Nacht' spielt.« Wie ist das denn tatsächlich mit der »Stille der Heiligen Nacht«?
Die Wochen vor dem Fest sind für die meisten wohl alles andere als still. Viele Erwartungen und Hoffnungen werden mit Weihnachten verbunden. Manchmal scheint es fast so, als ob das »schöne Fest« zum Jahresende all das wettmachen soll, was im Laufe des Jahres eben nicht »schön« war. Und dann soll Weihnachten das »perfekte Fest« werden - mit viel Freude und viel Fröhlichkeit! Stille Nacht? Das ist eigentlich eher nicht vorgesehen.
Nichts gegen ein schönes Fest, nichts gegen liebe Fröhlichkeit! Ich genieße den Heiligabend auch mit Freunden, einem guten Essen. Aber dafür bräuchte es nicht unbedingt Weihnachten, das geht auch am Geburtstag oder bei der Feier einer Goldenen Hochzeit.
Ob Weihnachten und Stille vielleicht doch etwas miteinander zu tun haben, wenn es mehr als »nur« ein schönes Fest sein soll? »Stille Nacht, heilige Nacht...«? Könnte das die Spur sein?
Immer dann und dort, wo etwas »Heiliges« ins Spiel kommt, wenn man sich vom Heiligen berühren lässt, da verstummt man, wird man leise. Das ist so, als ob die Seele auf einmal ins Lauschen kommt, ins Lauschen auf nie gehörte Worte, ungesungene Melodien, Klänge und Töne. Um das aber erlauschen zu können, muss es still sein, still um mich herum, aber auch still in mir. Es gibt solche Momente im Leben. Das kann der Augenblick sein, wenn eine Mutter ihr neugeborenes Kind im Arm hält oder Liebende sich einfach anschauen und verstehen. Das kann der Regenbogen sein, der am Himmel steht - oder ein Sonnenuntergang am Meer, Momente, in denen ich ganz still werde und mich vom Heiligen berühren lasse.
Ein »heiliger Abend« ohne solche »heiligen Momente« wäre nicht anders als jedes andere Fest.
Klar - ich kann solche heiligen Momente nicht »machen«, sie sind immer Geschenk. Aber ich kann wenigstens die Voraussetzungen dafür schaffen, indem ich bewusst in diesen Stunden der Freude und der Gemeinschaft auch einmal die Stille suche. Das kann der Moment beim Anzünden einer Kerze sein, der liebevolle Blick auf das schlafende Kind, der kurze Gang vor die Haustür und der Blick in den Sternenhimmel, auch das »Gänsehaut-Gefühl«, wenn der Kirchenchor das »Transeamus« anstimmt - Momente, in denen das Heilige mich vielleicht berühren kann.
Was aber ist mit denen, für die die Heilige Nacht bereits viel zu still ist? Mit denen, die einsam zu Hause sitzen, weil sie keinen Menschen haben? Mit denen, die sich an diesem Abend nicht freuen können, weil sie um einen Partner, ein Kind, einen Freund trauern? Mit denen, die den Heiligen Abend im Krankenhaus verbringen müssen, vielleicht voll Sorge in die Zukunft schauen? Diese Stille ist nicht immer leicht auszuhalten - und sie soll auch nicht billig weggetröstet werden. Aber vielleicht sind diese Menschen dem Geheimnis dieser Nacht näher als so mancher, der »nur« ein schönes Fest feiert: »Alles schläft, einsam wacht nur das traute hochheilige Paar ... Christ, der Retter ist da!« Jesus Christus kann nur dort »ankommen«, wo man ihn braucht, wo man seiner bedarf. Es waren die Hirten, die in der Stille der Nacht bei ihren Herden gewacht haben, die die Botschaft des Engels gehört haben. Die Bevölkerung von Betlehem hat das eigentliche Ereignis dieser Nacht verschlafen.
»Während tiefes Schweigen alles umfing und die Nacht in ihrem schnellen Lauf bis zur Mitte vorgerückt war, da sprang dein allmächtiges Wort vom Himmel her, vom königlichen Thron« (Buch der Weisheit 18,14-15a) - der Heiligabend braucht die Stille und das Wach-Sein, um für mich zur Heiligen Nacht werden zu können.
Aus: Andrea Schwarz, Gib dem Engel eine Chance. Gedanken und Geschichten zu Weihnachten. Herder Verlag, Freiburg Basel Wien 2013.
Menschwerdung
Gott,
Du bist
heruntergekommen aus den Höhen
ausgebrochen aus den Statuen
geflohen aus dem Gold antiker Tempel
Mensch geworden durch eine Frau
Kind geworden
klein
hilflos
angewiesen
anwesend
bei den Menschen
mit den Menschen lebend
mit den Menschen lachend
mit den Menschen leidend
machtlos
gegen Unmenschlichkeit
machtlos
gegen Kriegsmaschinerien
Sei immer da
mit Deiner Kraft
mit Deiner Liebe
wo Menschen Deine liebende Nähe brauchen
Menschwerdung Gottes
Hoffnungszeichen für die Welt
Christine Philipsen in: Du bist der Atem meines Lebens. Das Frauengebetbuch. Herausgegeben von Benedikta Hintersberger OP, Andrea Kett, Hildegard Keul, Aurelia Spendel OP. Schwabenverlag / KlensVerlag, Ostfildern 2010.
Der christliche Menschwerdungsgedanke
Zugegeben, der Erlösungsgedanke ist schwierig zu erfassen. Doch glaube ich, seit Christus ist die tote Welt aus dem Schlaf erwacht. Seit er erschienen ist, leben wir. Ich glaube, der beste Beweis für den christlichen Menschwerdungsgedanken wird durch die Taten und Gedanken edler Menschen erbracht und nicht durch das Erzählen unbestätigter Geschichten.
Oscar Wilde in: Wahres Glück wächst in der Stille. Aus den Quellen der Weisheit. Herausgegeben von Christian Leven. Herder Verlag, Freiburg Basel Wien 2007.
Höchstes Licht
Du höchstes Licht, du ewger Schein,
du Gott und treuer Herre mein,
von dir der Gnaden Glanz ausgeht
und leuchtet schön so früh wie spät.
Das ist der Herre Jesus Christ,
der ja die göttlich Wahrheit ist,
mit seiner Lehr hell scheint und leucht‘,
bis er die Herzen zu sich zeucht.
Er ist das Licht der ganzen Welt,
das jedem klar vor Augen stellt
den hellen, schönen, lichten Tag,
an dem er selig werden mag.
Den Tag, Herr, deines lieben Sohns
lass stetig leuchten über uns,
damit, die wir geboren blind,
doch werden noch des Tages Kind‘
und wandeln, wie’s dem wohl ansteht,
in dessen Herzen hell aufgeht
der Tag des Heils, die Gnadenzeit,
da fern ist alle Dunkelheit.
Zuletzt hilf uns zur heilgen Stadt,
die weder Nacht noch Tage hat,
da du, Gott strahlst voll Herrlichkeit,
du schönstes Licht in Ewigkeit.
O Sonn der Gnad ohne Niedergang,
nimm von uns an den Lobgesang,
auf dass erklinge diese Weis
zum Guten uns und dir zum Preis.
Johannes Zwick (1545), in: L EG 441
Engel und Sterne
Engel und Sterne umgeben uns in dieser Nacht. Das ist ein Bild dafür, wie zart und zerbrechlich diese Nacht ist.
Wie wurden die Sterne geboren? Die Wissenschaft meint, am Anfang habe es einen Urknall gegeben und daraus sei das Ganze entstanden: die Sterne und unsere arme kleine Erde. Das mag wohl so gewesen sein, aber unsereinem, der mehr mit Gedichten als Naturwissenschaft aufgewachsen ist, ist es zuwider, dass eine Explosion am Anfang steht, eine Zerstörung. Sterne sind für ihn das gesammelte freundliche Licht von Kerzen, Mondnächten, vom Leuchten in den Augen des geliebten Menschen. Aus diesem Licht werden Sterne gemacht: die Sterne dieser heiligen, zerbrechlichen Christnacht.
Sterne und Engel. Wo Engel herkommen, ist noch schwieriger zu sagen. Weil Engel erkennt man meistens erst nachher: wenn sie vorübergegangen sind. Das Licht, das noch ein wenig nachleuchtet in deiner Wohnung, in deinem Herzen - daran erkennt man: Ein Engel hat mich gegrüßt.
Mit solchen Bildern vom Licht von Engeln und Sternen möchte ich das Licht unserer heiligen Nacht umschreiben.
Es geht um mehr als Bilder. Es geht um Erfahrungen der Güte und der Menschenfreundlichkeit. Wenn es gleichzeitig regnet und die Sonne scheint, ist Kirtag in der Hölle. So wird niederländischen Kindern erzählt. Daran dachte ich bei einem Spaziergang durch Istanbul unter solchen gegensätzlichen Wetterverhältnissen. Besser hätte ich weniger in die Luft, sondern mehr auf die glitschige Straße geschaut, wo ich in der Nähe des Basars strauchelte und fiel. Man hörte kleine Teufel laut auflachen. Vielleicht war ich eine höllische Kirtagsdarbietung? Aber auch die Engel waren unterwegs. Ein paar freundliche Türken halfen mir aufstehen. Einer brachte eine Flasche Wasser und reinigte das verschmutzte Gewand. Engel sind unterwegs, mit uns und für uns. Nicht alle Engel sind katholisch. Barmherzigkeit kann auch von einem moslemischen Engel geschenkt werden. Wo Liebe und Güte sind, da ist Gott. Weihnachten, Menschwerdung Gottes findet dort statt.
Oder: Lachen schenken. Jene Clowns, die sich für schwerkranke Kinder einsetzen (Kliniclowns) und es als ihre Aufgabe sehen, diese Kinder mit ihren großen traurigen Augen in den von Chemotherapie gezeichneten Köpfen zum Lachen zu bringen: Ich bewundere sie sehr. Gewiss ist unter denen so mancher Engel versteckt.
Als ich noch ein Baby war, ärgerte mein Vater meine Mutter, indem er über mich behauptete: Er schaut aus wie ein Clown. Ich denke, bei mir ist das wie bei vielen von uns: In uns steckt ein heimlicher Clown, ein versteckter Engel, der andere zum Lachen bringen möchte. Freude schenken. Wo Menschenfreundlichkeit ist, da ist Gott.
Wir sollten nicht warten, ob Engel, katholische oder moslemische, unterwegs sind. Wir sollten selbst diese Engel sein. Die Menschenfreundlichkeit Gottes möge auch durch uns weitergegeben werden. Wo Liebe und Güte sind, ist Gott. Wo Liebe und Güte sind, findet Weihnachten statt.
Aus: joop roeland, wie die worte das fliegen lernten. Otto Müller Verlag, Salzburg 2006.
Stille Nacht! Heilige Nacht
Originaltext:
Stille Nacht! Heilige Nacht!
Alles schläft. Einsam wacht
Nur das traute heilige Paar.
Holder Knab’ im lockigen Haar,
Schlafe in himmlischer Ruh!
Schlafe in himmlischer Ruh!
Stille Nacht! Heilige Nacht!
Gottes Sohn! O! wie lacht
Lieb’ aus deinem göttlichen Mund,
Da uns schlägt die rettende Stund’.
Jesus! in deiner Geburt!
Jesus! in deiner Geburt!
Stille Nacht! Heilige Nacht!
Die der Welt Heil gebracht,
Aus des Himmels goldenen Höh’n
Uns der Gnade Fülle lässt seh’n
Jesum in Menschengestalt!
Jesum in Menschengestalt!
Stille Nacht! Heilige Nacht!
Wo sich heut alle Macht
Väterlicher Liebe ergoss
Und als Bruder huldvoll umschloss
Jesus die Völker der Welt!
Jesus die Völker der Welt!
Stille Nacht! Heilige Nacht!
Lange schon uns bedacht,
Als der Herr vom Grimme befreyt,
In der Väter urgrauer Zeit
Aller Welt Schonung verhieß!
Aller Welt Schonung verhieß!
Stille Nacht! Heilige Nacht!
Hirten erst kundgemacht
Durch der Engel „Halleluja!“
Tönt es laut bey Ferne und Nah:
„Jesus der Retter ist da!“
„Jesus der Retter ist da!“
Gebräuchliche Fasssung:
Stille Nacht, heilige Nacht!
Alles schläft, einsam wacht
Nur das traute, hochheilige Paar.
Holder Knabe im lockigen Haar,
Schlaf in himmlischer Ruh,
Schlaf in himmlischer Ruh.
Stille Nacht, heilige Nacht!
Gottes Sohn, o wie lacht
Lieb aus deinem göttlichen Mund,
Da uns schlägt die rettende Stund,
Christ, in deiner Geburt,
Christ, in deiner Geburt.
Stille Nacht, Heilige Nacht!
Hirten erst kundgemacht,
Durch der Engel Halleluja.
Tönt es laut von fern und nah:
Christ, der Retter ist da,
Christ, der Retter ist da.
Gotteslob 1975.
Weihnachten – Fest der Geschichte
Diese Feste (Weihnachten) feiern nicht die Gültigkeit der immer bleibenden, wenn auch in einem Zyklus von immer neuen Wiederkehr sich bewegenden Natur, sondern die Einmaligkeit der Geschichte: die Geburt Jesu unter Augustus, seinen Tod unter Pontius Pilatus usw. In diesen Festen bleibt der Feiernde nicht in seiner Gegenwart und macht nicht das immer Gültige seiner Existenz in religiöser oder profaner Feier ausdrücklich, sondern wendet seinen Blick in die geschichtliche Vergangenheit zurück, feiert das Gedächtnis eines je einmaligen geschichtlichen Ereignisses. Er feiert nicht Gegenwart, er proklamiert nicht unmittelbar Zukunft, er stellt sich vielmehr einem scheinbar vergangenen ja einmaligen Ereignis und räumt ihm Bedeutung und Macht für seine eigene Gegenwart und Zukunft ein; er begeht die ewige Gültigkeit des je einmalig Geschichtlichen. Er verwandelt das Geschichtliche weder zu einer immer gültigen Idee, für die dieses Geschichtliche letztlich doch nur ein Fall wäre, neben dem auch andere gleichberechtigte Verwirklichungen dieser Idee gegeben sind oder denkbar bleiben, noch lässt er dieses einmalig Geschichtliche in eine verweste Vergangenheit zurückfallen, in der es für jetzt und für die Zukunft keine Bedeutsamkeit hätte.
Karl Rahner, Das große Kirchenjahr, Herder-Verlag, Wien-Freiburg, 1987.
Ein einziger Tag im Jahr gehört der Liebe.
Ein einziger Tag im Jahr gehört der Liebe.
Ein einziger Tag ist ja den Toten frei.
Schon morgen heben
an die anderen Triebe.
Statt geben – nehmen.
Statt fördern – hemmen.
Statt Liebe – Hiebe.
Ach, dass es bei der Liebe bliebe!
Peter Rosegger, Zeitschrift „Heimgarten“, 24.12.1907
Jesus, die Gabe Gottes
Jesus ist die Gabe Gottes, eine unvergleichliche Gabe: empfangen durch den Heiligen Geist, geboren von der Jungfrau Maria. Das ist der Kern der Botschaft, die auf den ersten Seiten des Evangeliums nach Matthäus und Lukas zum Ausdruck kommt.
In Jesus hat Gott unser Fleisch angenommen: Im Hebräischen bezeichnet das Wort »Fleisch« den ganzen Menschen in seiner Hinfälligkeit, die ganze Person, insofern sie schwach und vergänglich ist. Im Leib seiner Mutter geformt, wurde Jesus nackt geboren; Maria und Josef liebten ihr Kind, da er wie alle Menschenkinder lachte und weinte. In ihm nahm Gott die Augen eines Kindes an, und mit seinen kleinen Füßen musste Jesus lernen, die Wege der Menschen zu gehen.
Unser Glaube, Herder-Verlag,1990.
Gottes Traum
... Die Menschen träumten Gottes Traum nicht mit. War Gottes Traum ausgeträumt?
Gott wagte noch mehr! Er wagte das Äußerste. Er ging selbst, Mensch unter Menschen, in sein Volk hinein und lebte seinen Traum in einem Menschen, in Jesus von Nazareth. Aller Entwurf Gottes sammelte sich in ihm: Hier war das neue Herz! Die Kraft Gottes ging von ihm aus, wer ihn berührte, wurde heil. Hier war der Keim des Gottesreiches auf Erden. Hier war der Mensch, der ganz Gott vertraute, der ganz mit Gott lebte. An dieser Stelle brach in der düsteren Menschengeschichte der Gewalt das Licht durch, die Dämonen flohen vor ihm.
Die Menschen, besonders die Kleinen, die Armen, spüren es. Sie sammelten sich um ihn am Ufer des galiläischen Meeres. Sie lauschten seinen Worten, in denen er die Grundsätze des Gottesreiches verkündete, den Traum Gottes wie sein Volk mitten unter den Völkern und für die Völker leben sollte: "Selig, die keine Gewalt anwenden; selig, die Frieden stiften, selig, die Barmherzigen..." Wenn ihr von Gott geliebt seid, so verkündete er, unendlich geliebt, habt ihr dann nicht alles? Wenn ihr Söhne und Töchter Gottes seid, seine Geliebten, was kann euch da noch fehlen? Was müsst ihr dann noch krampfhaft festhalten? Wenn ihr den Schatz im Acker gefunden habt, wenn ihr, so würden wir heute sagen, das große Los gezogen habt, dann könnt ihr alles andere loslassen. Wenn euch dann einer den Mantel nimmt, dann lasst ihm auch noch den Rock; wenn euch dann einer auf die rechte Wange schlägt, dann haltet ihm auch die andere hin. Dann könnt ihr sogar den Feind lieben, denn ihr seid doch in der großen Freude, ihr seid doch von Gott unendlich geliebt, von ihm, der seine Sonne aufgehen lässt über Gute und Böse.
Johannes Bours, Der Mensch wird des Weges geführt, den er wählt, Freiburg 1986.
Was sollen wir bringen?
Aber noch etwas gehört zum Bild von Weihnachten: das Schenken. Unsere Krippenspiele malen es breit aus, wie die Hirten überlegen, was sie mitbringen können; sie schöpfen dabei aus dem Alltag der Menschen unserer Heimat.
Ein liturgischer Hymnus der Ostkirche widmet sich demselben Thema, aber er gibt ihm eine größere Tiefe. Er sagt: "Was wollen wir dir bringen, Christus, da du für uns als Mensch auf die Erde geboren wirst? Jedes der Geschöpfe, die dein Werk sind, bringt dir in der Tat sein Zeugnis der Dankbarkeit: die Engel ihre Liebe; der Himmel den Stern, die Weisen ihre Gabe, die Hirten ihr Staunen; die Erde ihre Höhle, die Wüste die Krippe. Wir Menschen aber bringen dir eine Jungfrau und Mutter.
Maria ist das Geschenk der Menschen an Christus - das besagt aber zugleich: Vom Menschen will der Herr nicht etwas, sondern ihn selbst. Gott will von uns nicht Prozente, sondern unser Herz, unser Sein. Er will unseren Glauben und aus dem Glauben das Leben, sodann aus dem Leben jene Gaben, von denen im letzten Gericht die Rede sein wird: Nahrung und Kleidung für die Armen, das Mitleiden und Mitlieben, das tröstende Wort und das tröstende Dabei sein für die Verfolgten, die Eingekerkerten, die Verlassenen und die Verlorenen.
Was sollen wir dir bringen, o Christus? Wir bringen ihm sicher zu wenig, wenn wir nur untereinander teure Geschenke austauschen, die gar nicht mehr Ausdruck unseres Selbst und seiner sonst verschwiegenen Dankbarkeit sind. Versuchen wir, ihm den Glauben zu bringen, uns selbst, und wenn es nun wäre in der Form: Ich glaube, Herr, hilf meinem Unglauben! Und vergessen wir an diesem Tag nicht die vielen, in denen er auf Erden leidet.
Josef Ratzinger, Benedikt XVI, Der Segen der Weihnacht, Meditationen, Freiburg 2005.
Gott begegnen im Mitmenschen
Hundert Jahre nach dem Tod Jesu kamen die Christen zu der Erkenntnis: "So menschlich wie Jesus kann nur Gott sein. Und da begannen sie, ihn Gott zu nennen" (Leonardo Boff). Oder wie Reinhard Körner schreibt: "Weil Jesus selber so war, wie er von Gott sprach, konnten ihm die Zuhörer - die ehrlichen jedenfalls, die armen und kleinen - seinen rundum liebenden Gott glauben. Konnte denn Gott schlechter sein als der beste Mensch, den sie erlebten?"
Ein solches Bekenntnis hat seine Konsequenzen, die von der frühen Christenheit noch gar nicht übersehen werden konnten: Gott wird mit dem Menschen auf eine untrennbare Weise zusammengebracht. Das hat es in der Religionsgeschichte noch nie gegeben. Das ist genau das Besondere des Christentums. Gott ist nicht in fernen Himmeln, er ist in der Welt anzutreffen.
Ganz schlicht, ohne jede große Theologie: Der Gott, der das Wagnis eingegangen ist, als Jesus Christus Mensch zu werden, ist menschlich. Denn in einem Menschen können, sollen wir Gott erkennen. Das ist die Großtat Gottes für uns: Er hat sich erkennbar, spürbar, greifbar gemacht. Jesus wird nicht müde, all die Gelegenheiten aufzuzählen, wo und wie wir Gott begegnen können - vor allem in unseren Mitmenschen.
Ich war hungrig - ihr habt mir ein Brot gereicht.
Ich war obdachlos - ihr habt für ein Dach überm Kopf gesorgt.
Ich wurde geschlagen - ihr habt mich in Schutz genommen.
Ich lebe in schwuler Partnerschaft - ihr habt uns eingeladen.
Ich war anderer Meinung - ihr habt mich angehört.
Seit Jesus Christus können wir nicht von Gott reden, wenn wir nicht zugleich vom Menschen reden wollen. Oder anders herum: Je mehr wir in unserem Leben "wie Jesus" sind, umso deutlicher wird Gott durch uns sichtbar. Das ist die große Herausforderung des Christentums.
Roland Breitenbach, Sechs Minuten Predigten von A bis Z, Freiburg 2008.
"Jesus kommt aus einem armen Elternhaus" - Wirklich?
Ich finde es gut, dass Jesus keine simplen Weisheiten parat hat nach dem Strickmuster: "Geld macht nicht glücklich!" Jesus kennt das Leben, und das Leben ist unfair. Es gibt keine einfache Lösung. Es kennt glückliche arme Menschen und unglückliche, genauso wie er sicher auch glückliche Reiche kennt und unglückliche. "Es ist nicht so gut mit Geld, wie es schlecht ist ohne", sagt eine verschmitzte alte jüdische Weisheit.
Wir haben uns an die Vorstellung gewöhnt, dass Jesus aus armen Verhältnissen käme, und fantasieren das schon bei der Weihnachtsgeschichte dazu. Aber von der Armut der Familie Jesu steht in der Bibel nichts. Im Gegenteil - der einzige Hinweis auf Materielles sind die wertvollen königlichen Geschenke der Weisen aus dem Morgenland. Weihrauch, Myrrhe und Gold (leider fehlt jeder Hinweis, was mit den teuren Sachen geschah). Jesus war wie sein Vater Josef Zimmermann, und das war keineswegs ein schlecht bezahlter Beruf. Ein Zimmermann hatte damals ungefähr die Aufgaben, die heute bei uns ein Architekt erfüllt. Jesus hat reiche Freunde, die Zöllner zum Beispiel. Während der Kreuzigung stellen die Soldaten fest, dass er ein wertvolles Gewand trug. Ich denke, dass Jesus nicht ohne weiteres aus der Armut kam.
Dadurch bekommt Jesu armes Leben als Wanderprediger ohne Schuhe und ohne Dach über dem Kopf eine noch größere Bedeutung. Jesus wählt die Armut freiwillig. Warum hast du, Jesus, die Armut gewählt? Ich höre ihn antworten: Das habe ich getan, um euch ein lebendiges Zeichen zu sein. Die armen, unterdrückten und verachteten Menschen können euch wichtige Wahrheiten bringen für einen Durchbruch im Leben. Denn es gibt in eurer Seele einen Teil, den ihr unterdrückt und verachtet, und das ist die arme Frau oder der arme Mann in eurem Inneren. Diese kleine, unscheinbare und oft übersehene Gestalt, die ihr am liebsten verleugnen möchtet, die für euch aber die wichtigsten Gaben bereithält.
Und ich freue mich, könnte Jesus sagen, wenn Menschen im Laufe ihres Lebens Kontakt bekommen mit dieser armen Gestalt ihrer Seele. Das ist ein Ziel, auf das hin zu leben sich lohnt. So wie Martin Luthers letzte Worte auf seinem Sterbebett, die das Thema Geld auf die vielleicht einfachste Formel bringen: "Wir sind Bettler, das ist wahr."
Werner Tiki Küstenmacher, Die 3 Minuten Bibel, München 2006.
Offener Himmel ...
In dieser Nacht öffnet sich der Himmel
um für immer offen zu bleiben.
In dieser Nacht berührt der Himmel die Erde,
um sie für immer zu verwandeln.
In dieser Nacht ist Gott Mensch geworden,
um sich auf ewig mit uns zu verbinden.
In dieser Nacht ist alles anders.
Für einen Augenblick
hält die Welt den Atem an.
Einsame und Verzweifelte,
Enttäuschte und Unzufriedene,
Starke und Selbstsichere,
Erfolgreiche und Glückliche
staunen über das Kind in der Krippe.
Gott wird Mensch.
Udo Hahn
Du leiseste aller Geburten
EINER
wird den Ball
aus der Hand der furchtbar
Spielenden nehmen.
Sterne
haben ihr eigenes Feuergesetz
und ihre Fruchtbarkeit
ist das Licht
und Schnitter und Ernteleute
sind nicht von hier.
Weit draußen
sind ihre Speicher gelagert
auch Stroh
hat einen Augenblick Leuchtkraft
bemalt Einsamkeit.
Einer wird kommen
und ihnen das Grün der Frühlingsknospe
an den Gebetsmantel nähen
und als Zeichen gesetzt
an die Stirn des Jahrhunderts
die Seidenlocke des Kindes.
Hier ist
Amen zu sagen
diese Krönung der Worte die
ins Verborgene zieht
und
Frieden
du großes Augenlid
das alle Unruhe verschließt
mit deinem himmlischen Wimpernkranz
Du leiseste aller Geburten.
Nelly Sachs, Gedichte
Wie der heilige Franz
Wie der heilige Franz
an der Krippe
knien
und nur noch eines
sehen
das Kind und das Leben.
Wie Ochs und Esel
an der Krippe
stehen
und nur noch eines
fühlen
das Kind und das Leben
Wie die heilige Maria
an der Krippe liegen
und nur noch eines
gebären
das Kind und das Leben
Wie der heilige Josef
an der Krippe
sitzen
und nur noch von einem
träumen
vom Kind und vom Leben
P. Anton Rotzetter
Suchen und finden
Suchen und finden,
den Weg durch die Wüste,
über manchen Umweg,
vom Stern geführt,
im Traum bestätigt.
Gesucht und gefunden,
das Haus des Brotes,
das Kind und die Mutter,
die Wiege des Lebens,
das Ziel der Sehnsucht.
Suchen und finden,
den Ort, wo die Kronen abgelegt,
die Knie gebeugt,
die Hände gefaltet,
die Herzen weit geöffnet werden.
Gesucht und gefunden,
die dargebrachten Schätze,
das Gold der Sehnsucht,
den Weihrauch der Hingabe,
die Myrrhe der Schmerzen.
Suchen und finden,
den anderen Heimweg
durch unbekannte Gefilde,
doch mit einer Zuversicht im Herzen,
die unwiderruflich ist für immer.
Gesucht und gefunden,
die wahre Größe,
die sich zeigt in der Zuneigung,
wo die Schenkenden
reich Beschenkte sind.
Paul Weismantel.
Loben und preisen
Die Heilige Schrift der Juden (das Alte Testament der Christen) kennt keinen eigenen Ausdruck für Dank oder Dankbarkeit. Sie verwendet dafür Wörter des Lobes oder der Preisung. Wo im Griechischen oder Lateinischen von Dank die Rede ist, preisen oder loben die Juden. Lob und Dank sind vor allem an Gott gerichtet. Wachgerufen werden sie durch die Erinnerung an die Wohltaten Gottes, an erfahrene Befreiung, Heilung, Bewahrung in Not und Rettung. Der Dank ist daher eng mit der Erinnerung verknüpft. Er stammt aus der Erinnerung. Ein Vergessen würde das Ende des Danks bedeuten. Daher wird ausdrücklich vor allem Vergessen gewarnt. Im Vergessen liegt der Grund allen Unheils. Denn wenn die Heilstaten Gottes vergessen werden, bleibt der Mensch sich selbst überlassen.
Er schreibt das Gute sich selber zu, wird überheblich und liefert sich zugleich selbst gemachten Göttern aus. Die Juden pflegen daher eine großartige Kultur des Erinnerns.
Die Heilige Schrift kann als Teil dieser Kultur betrachtet werden. Sie dokumentiert nicht nur Vergangenes, sondern sie führt auch vor, wie durch Erinnerung das Geschehen lebendige Gegenwart bleibt.
Aus: Gustav Schörghofer, danke tausendmal. Wie positives Denken und Dankbarkeit das Leben verändern. Styria Verlag, Wien Graz Klagenfurt 2011.
Staunender Hirte
So möchte auch ich stehen und staunen können,
weit Ausschau halten
nach den Zeichen der Hoffnung und des Friedens.
So möchte auch ich verweilen,
auch wenn der Weg noch weit und steinig ist,
der mich dorthin führt, wo ich das Heil finde.
So möchte auch ich Hirte sein,
Nachtwache halten
und mich nicht vom Schlaf der Müdigkeit in Beschlag nehmen lassen.
So möchte auch ich von den Hirten lernen,
der Botschaft des Engels zu trauen und ihr zu folgen,
um die Geburt des Kindes zu feiern.
Paul Weismantel
Gebet
Du heruntergekommener Gott,
Du bist aufgebrochen aus deinem Himmel.
Du bist mir nahe gekommen.
Nicht in der Ferne muss ich dich suchen,
sondern in der Nähe.
Nicht nach oben muss ich mich ausstrecken,
um dich zu finden,
ich kann mich nach unten beugen
um deine Spur zu finden:
auf dem Boden,
im Unscheinbaren
bei den Kleinen,
bei denen, die »ganz unten« sind,
bei den »Herunter-Gekommenen«.
Je länger ich hinschaue, mein Gott,
staune ich
über deine Größe im Kleinen.
Heribert Arens ofm in: Reinhard Kürzinger / Bernhard Sill (Hrsg.), Das große Buch der Gebete. Über 800 alte und neue Gebetstexte für jeden Anlass. Lizenzausgabe für Verlag HOHE GmbH, Erfstadt 2007.
Auf Goldgrund
So [der Autor bezieht sich auf den Weltkatechismus] wird von Anfang an das »Leben Christi« auf Goldgrund gemalt, die historische Erkundung aber vermieden. Es gibt ein »Weihnachtsmysterium«, ein »Kindheitsmysterium«, die »Mysterien des Verborgenen Lebens« und die »Mysterien des Öffentlichen Lebens«. Zwischen Tatsache und Legende wird nicht unterschieden. Zweihundertfünfzig Jahre historisch-kritische Exegese scheinen nur vereinzelt durch, hauchdünn, insgesamt bleiben wissenschaftliche Ergebnisse vor der Tür. Das mindert entschieden die Glaubwürdigkeit des Glaubensbuches. Die Forderung in der Bibelenzyklika Pius' XII., stets die Intentionen der einzelnen biblischen Autoren zu ermitteln und zu unterscheiden, wird übergangen. Es hätte deutlich werden müssen, dass die einzelnen Evangelien nichtharmonisierbare Jesusbilder entwerfen. Stattdessen überblendet der Weltkatechismus das Eigenprofil der Evangelien und kreiert ohne Rücksicht auf literarische Zusammenhänge ein stilisiertes »Mysterium«: einen Jesus, der weder der Jesus des Markus, des Matthäus, Lukas oder Johannes ist, sondern ein Produkt der Katechismusverfasser, die aus ihrem dogmatischen Verständnis heraus einen eigenen Jesus backen und dabei das Neue Testament als Steinbruch für Belegstellen missbrauchen. Ein solcher Flickenteppich zusammengeklitterter Zitate muss mit dem Widerspruch kundiger und kritischer Leser rechnen. Doch scheint es, dass die Kirche solche Leser bereits abgeschrieben hat. Will sie den theologischen Sachstand der exegetischen Wissenschaften nicht wahrnehmen und in ihre Darstellung einbeziehen, um keine schlafenden Hunde zu wecken? Aber die Angst, dass das eigene Glaubensgehäuse unter diesen Erkenntnissen zerfallen könnte, wird bei aller stattfindenden Verdrängung sehr wohl empfunden.
Der Katechismus folgt mit seinen sogenannten »Mysterien des Lebens Christi« dem liturgischen Kirchenjahr mit Advent, Weihnachten, Beschneidung, Epiphanie, Darstellung im Tempel und Flucht nach Ägypten. Er schildert eine vermeintliche Historie und übersieht, dass die Kindheitserzählungen nach Lukas und Matthäus späte Überlieferung sind, die als Legendenfolge zur Sprache zu bringen ist, will man ihre Theologie erfassen. Stattdessen spricht der Katechismus von »Berichten in den Evangelien« und fasst darunter auch »die jungfräuliche Empfängnis« und dass Maria »allzeit Jungfrau« geblieben sei - Wendungen, die im Rahmen ihrer Textgattung als Metaphern zu deuten wären. Aber weil dieses Verständnis abgelehnt wird, muss wenig später die entgegenstehende, diesmal durchaus biographische Notiz bei Mk 6,3 in ihrer realen Eindeutigkeit bestritten werden: die dort genannten Brüder Jesu - Jakobus, Joses, Judas und Simon - sowie seine nur namenlos erwähnten Schwestern dürfen nur noch Vettern und Kusinen sein. Wobei »Jakobus, der Bruder des Herrn« (Gal 1,19), sogar außerhalb des Neuen Testaments mehrfach bezeugt ist. Gewiss, angesichts einer Mariologie, die von einer Jungfräulichkeit vor, in und nach der Geburt spricht und diese fromme Spekulation in Kirchenfesten und mannigfachen Formen der Volksfrömmigkeit feiert, sind Geschwister Jesu eine Katastrophe. Da übergeht man gerne, dass in der Antike von Jungfrauengeburt und göttlicher Sohnschaft ohne biologische Problematik gesprochen wurde. Hier wie an vielen anderen Stellen heizt der Gegensatz von Dogma und Geschichte den Verdunstungsprozess des Glaubens kräftig an.
Aus: Hubertus Halbfas, Glaubensverlust. Warum sich das Christentum neu erfinden muss. Patmos Verlag, Ostfildern 2011.
Mit den Hirten will ich gehen
Mit den Hirten will ich gehen,
meinen Heiland zu besehen,
meinen lieben heilgen Christ,
der für mich geboren ist.
Mit den Engeln will ich singen,
Gott zur Ehre soll es klingen,
von dem Frieden, den er gibt,
jedem Herzen, das ihn liebt.
Mit den Weisen will ich geben,
was ich Höchstes hab im Leben,
geb zu seligem Gewinn,
ihm das Leben selber hin.
Mit Maria will ich sinnen
ganz verschwiegen und tief innen
über dem Geheimnis zart:
Gott im Fleisch geoffenbart.
Mit dir selber, mein Befreier,
will ich halten Weihnachtsfeier;
komm, ach komm ins Herz hinein,
laß es deine Krippe sein.
Emil Quandt (1880), EG 544 (Ausgabe Rheinland).
Geburt Christi
Hättest du der Einfalt nicht, wie sollte
dir geschehn, was jetzt die Nacht erhellt?
Sieh, der Gott, der über Völker grollte,
macht sich mild und kommt in dir zur Welt.
Hast du dir ihn größer vorgestellt?
Was ist Größe? Quer durch alle Maße,
die er durchstreicht, geht sein grades Los.
Selbst ein Stern hat keine solche Straße.
Siehst du, diese Könige sind groß,
und sie schleppen dir vor deinen Schoß
Schätze, die sie für die größten halten,
und du staunst vielleicht bei dieser Gift - :
aber schau in deines Tuches Falten,
wie er jetzt schon alles übertrifft.
Aller Amber, den man weit verschifft,
jeder Goldschmuck und das Luftgewürze,
das sich trübend in die Sinne streut:
alles dieses war von rascher Kürze,
und am Ende hat man es bereut.
Aber (du wirst sehen): Er erfreut.
Rainer Maria Rilke, Sämtliche Werke. Hrsg. Rilke-Archiv. 1. Band: Gedichte. Erster Teil, Frankfurt: Insel 1955.
Verlässliches Paradies
Es geht um die Vergänglichkeit und wie ihr gelassen zu begegnen ist, ohne Kampf und Dramatik. Weihnachten ist ein Synonym für Vergangenheit. Ein Tag, der, mit Träumen von Stille, Innigkeit und Frieden beladen, in der Realität ziemlich oft katastrophal danebengeht, in der Erinnerung aber leuchtet. Kindheit als verlässliches Paradies auch in ganz unparadiesischen Zeiten...
Eva Demski, Frankfurter Anthologie - Kindheit als verlässliches Paradies, FAZ 17.12.2005.
Wie der Esel zu seinem Kreuzzeichen kam
Als der Jesusknabe im Stall von Bethlehem geboren wurde und die vielen Leute kamen, um sich mit den Eltern zu freuen, das war der Esel einfach froh, dass er sich mit seinem grauen Fell tief im Schatten verstecken konnte. Er war nicht für den großen Auftritt vor der Welt geschaffen. Seine Ohren waren zu groß geraten und seine Beine zu kurz. Weder war er ein feuriger Rappe noch ein strahlender Schimmel, sondern einfach ein Grautier. Die Welteroberer und Herrscher lieben Rosse und Wagen, die Kaufleute aus dem fernen Saba die hochnäsigen Kamele. Er aber war nur der Lastenträger in den Dörfern und der geduldige Esel für die Fußfaulheit der kleinen Leute. Jetzt ließ er den Kopf hängen und sein Fell wurde noch ein wenig grauer als sonst, da er seinen Alltag und das Leben überhaupt meditierte. Er wurde zwar immer wieder gebraucht, er wurde auch geschätzt, weil er so brauchbar war, aber er wurde nie hofiert. Das Leben war schon seltsam, ... irgendwie ungerecht. Und wenn er müde war und nicht mehr wollte und nicht mehr konnte, dann gab es Schläge, damit er doch weiter trottete. Es war kein fauler Esel, ... er war ein dummer Esel, ... eben ein ... Esel.
Der Gesang der Engel verfolgte ihn bis in seine Träume und auch die Freude der Hirten und Geschenke der weisen Männer, die von einem so besonderen Stern erzählten, der sie bis in seinen Stall geführt hatte. Das muss schon ein besonderes Kind sein, aber er war nicht Besonderes und so passten sie beide kaum zueinander. Es ist nicht gut, sich falsche Träume zu machen, dachte er. Denk daran: du bleibst ein kleiner grauer Esel und wirst nie ein bunter Vogel.
Dann kam der Tag, an dem der Mann ihn so seltsam anschaute und mit der Mutter sprach, dass sie ganz schnell von hier weg mussten. Und sie packten ihre sieben Sachen und der Mann setzte die Mutter und das Kind auf seinen Rücken. Der kleine Esel seufzte, jetzt hat der Alltag wieder begonnen. Als der Knabe beim Trott der vielen Schritte langsam müde wurde, fiel sein kleiner Kopf auf den Nacken seines Reittieres und die Haare dort kitzelten in seiner Nase und er musste niesen. Dem Eselchen sträubten sich vor Schreck die Haare, so dass sie wie eine Bürste senkrecht zu Berge standen. Das gefiel dem Kleinen. Er streichelte die Haare immer wieder und dann legte er seine Arme ganz eng um den Hals und schlief wieder ein.
Als sie am Abend in einem Gehöft am Wege rasteten war der Esel immer noch ganz aufgeregt. Der kleine Knabe hatte Freude an ihm gehabt. Er hatte sich an ihn gekuschelt und ihn umarmt. Das machte den Esel richtig stolz und seine Nackenhaare standen vor Aufregung auch jetzt noch senkrecht. Als er dann in einer Glitzerscheibe sein Spiegelbild sah, wollte er es kaum glauben: Die Nackenhaare waren auf einmal schwarz und da wo der Knabe seine Arme um seine Schultern gelegt hatte, war auch sein Fell schwarz geworden. Der Knabe hatte ihm ein Siegelzeichen eingebrannt.
Dass der kleine Knabe damals so viel Freude und Vertrauen zu ihm hatte, das hat der Esel nie vergessen und bis heute ist er bis in die Schwanzspitze hinein mächtig stolz auf das Kreuz auf seinem Rücken.
Abt Albert Altenähr OSB, Weihnachtsbrief der Abtei Kornelimünster.
Martin Stewen (2023)
Manfred Wussow (2007)
Hans Hütter (1997)