Die biblischen Lesungen wurden mit freundlicher Genehmigung der Ständigen Kommission für die Herausgabe der gemeinsamen liturgischen Bücher im deutschen Sprachgebiet den Lektionaren 2018 ff entnommen. - © 2024 staeko.net. - vgl. Impressum.
Die Katholischen Bibelwerke in Deutschland, Österreich und Schweiz stellen auf ihren Webseiten ausführliche Kommentare und Anleitungen zum Lesen der biblischen Lesungen für Sonn- und Feiertage zum Download im PDF-Format zur Verfügung. Mit freundlicher Genehmigung der Katholischen Bibelwerke übernehmen wir die Kurzeinleitungen zu den Lesungen.
Predigten vom 01. Dez. 2024 - 1. Adventsonntag (C)
06. Jan. 2025
Erscheinung des Herrn, Dreikönig (A/B/C)
05. Jan. 2025
2. Sonntag nach Weihnachten (A/B/C)
01. Jan. 2025
Neujahr - Fest der Gottesmutter Maria (A/B/C)
31. Dez. 2024
31. Dezember: Jahresschluss (Sonst.)
29. Dez. 2024
Fest der hl. Familie (C)
26. Dez. 2024
26. Dezember: hl. Stephanus (Fest)
25. Dez. 2024
Weihnachten, am Tag (A/B/C)
25. Dez. 2024
Weihnachten, am Morgen (A/B/C)
24. Dez. 2024
Weihnachten, in der Nacht (A/B/C)
24. Dez. 2024
Weihnachten, am Vorabend (A/B/C)
22. Dez. 2024
4. Adventsonntag (C)
15. Dez. 2024
3. Adventsonntag (C)
08. Dez. 2024
8. Dezember: Mariä Empfängnis (Fest)
01. Dez. 2024
1. Adventsonntag (C)
Einführungen zu den Gottesdienstlesungen - Ltg 0
1. Lesung - Jer 33,14-16
Lesung aus dem Buch Jeremia.
Siehe, Tage kommen - Spruch des HERRN - ,
da erfülle ich das Heilswort,
das ich über das Haus Israel
und über das Haus Juda gesprochen habe.
In jenen Tagen und zu jener Zeit
werde ich für David einen gerechten Spross aufsprießen lassen.
Er wird Recht und Gerechtigkeit wirken im Land.
In jenen Tagen wird Juda gerettet werden,
Jerusalem kann in Sicherheit wohnen.
Man wird ihm den Namen geben:
Der HERR ist unsere Gerechtigkeit.
Der Prophet Jeremia gehört zu den vorexilischen Propheten aus dem Südreich Juda. Er bekam kurz vor seinem Tod die Zerstörung des Tempels vermutlich noch mit. Andere Quellen belegen aber auch, dass er zuvor nach Ägypten verschleppt und dort gesteinigt wurde.
In der vorliegende Perikope sieht Jeremia die Zerstörung Jerusalems voraus. Doch auch darüber hinaus hat Israel eine Zukunft - wenn es auf seinen Gott setzt.
Die Perikope stellt eine Sammlung von Einzelsprüchen dar, die das kommende Heil betreffen. Sie sind bewusst als "Spruch des Herrn" ausgewiesen, als Jahwewort.
Die Rede vom "Spross" aus dem Haus Davids verweist auf den Titel des künftigen Herrschers, den Messias; sie geht zurück auf Jes 10,28-34, einem Drohwort, dass Juda "wie mächtige Bäume" gefällt wird; aus den Baumstumpf aber erwächst ein junger Trieb (Jes 11,1). Sach 6,12: "Da ist ein Mann, Spross ist sein Name; denn wo er steht, wird es sprossen, und er wird den Tempel des Herrn bauen."
Die Rede von "Recht und Gerechtigkeit" ist mit dem Wirken des Königs verbunden.
Vers 16 "Der Herr ist unsere Gerechtigkeit" verweist auf den letzten König, Zidkija (= "Jahwe ist meine Gerechtigkeit").
Die Kapitel 26 bis 35 des Jeremiabuches, denen die erste Lesung des Ersten Adventsonntags entnommen ist, enthalten Drohworte und Verheißungen an Jerusalem und Juda. In ihrem Kern sind sie in den Auseinandersetzungen vor dem Zusammenbruch Judas entstanden. Die Worte des Jeremia waren vielen Juden in der babylonischen Gefangenschaft Verheißung und Trost. Die Verse der Lesung sind Teil eines verhältnismäßig späten Nachtrags zu den Trost- und Verheißungsworten des Propheten.
Im V. 15 wird ein Spross für David verheißen. Dies zu einer Zeit, in der das Haus David völlig darniederlag. Das Wort "Spross" spielt auf ein Bild des Propheten Jesaja (Jes 10:33) an, in dem er Juda mit einem Wald vergleicht, dessen mächtige Bäume gefällt werden.
Aufgabe des Königs ist es, für Recht und Gerechtigkeit zu sorgen. Der verheißene König wird im Gegensatz zu König Jojakim, dem Jeremia das Gericht ankündigte, dieser Aufgabe nachkommen.
Antwortpsalm - Ps 25,4-5. 8-10. 14
Kv: Zu dir, o Herr, erhebe ich meine Seele. - Kv
(oder GL 307,5)
Zeige mir, HERR, deine Wege, *
lehre mich deine Pfade!
Führe mich in deiner Treue und lehre mich; /
denn du bist der Gott meines Heiles. *
Auf dich hoffe ich den ganzen Tag. - (Kv)
Der HERR ist gut und redlich, *
darum weist er Sünder auf den rechten Weg.
Die Armen leitet er nach seinem Recht, *
die Armen lehrt er seinen Weg. - (Kv)
Alle Pfade des HERRN sind Huld und Treue *
denen, die seinen Bund und seine Zeugnisse wahren.
Der Rat des HERRN steht denen offen, die ihn fürchten, *
und sein Bund, um ihnen Erkenntnis zu schenken. - (Kv)
2. Lesung - 1 Thess 3,12 - 4,2
Lesung aus dem ersten Brief des Apostels Paulus
an die Gemeinde in Thessalonich.
Schwestern und Brüder!
Euch aber lasse der Herr wachsen und reich werden
in der Liebe zueinander und zu allen,
wie auch wir euch lieben,
damit eure Herzen gestärkt werden
und ihr ohne Tadel seid,
geheiligt vor Gott, unserem Vater,
bei der Ankunft Jesu, unseres Herrn,
mit allen seinen Heiligen.
Amen.
Im Übrigen, Brüder und Schwestern,
bitten und ermahnen wir euch
im Namen Jesu, des Herrn:
Ihr habt von uns gelernt,
wie ihr leben müsst, um Gott zu gefallen,
und ihr lebt auch so;
werdet darin noch vollkommener!
Ihr wisst ja,
welche Ermahnungen wir euch
im Auftrag Jesu, des Herrn, gegeben haben.
Martin Stewen (2012)
Johann Pock (2000)
Hans Hütter (1997)
Der erste Brief des Apostels Paulus an die Gemeinde von Thessaloniki gehört zu den ältesten christlichen Schriftzeugnissen. Die Forschung ist sich einig, dass Paulus als Autor gilt. Der Brief ist ca. 50 n. Chr. in Korinth entstanden.
Die ersten christlichen Schriftzeugnisse rechneten mit der baldigen Wiederkunft des Auferstandenen. Die Naherwartung forderte entsprechend ein ihr angemessenes, wachsames Leben. Die vorliegende Perikope ist eine Mischung aus Bitten für und Ermahnungen an die Gemeinde.
Aus dem ältesten der Paulusbriefe sind hier Wünsche und Erwartungen an die Gemeinde benannt. Paulus geht es dabei um eine geschwisterliche Liebe untereinander. Das Ziel, auf das alles zuläuft, ist in 3,13 benannt: "Wenn Jesus, unser Herr, mit allen seinen Heiligen kommt" – also die Parusie.
Als Vorbild für ein Leben, das sich an diesem Ziel ausrichtet, stellt Paulus sein eigenes Leben hin.
Der Erste Brief an die Thessalonicher, dem die zweite Lesung des Ersten Adventssonntags entnommen ist, gilt als der älteste erhaltene Brief des Apostels Paulus. Auf seiner zweiten Missionsreise um das Jahr 50 hat er die Gemeinde in Thessaloniki gegründet, musste aber infolge heftiger Agitationen jüdischer Kreise die Stadt vorzeitig verlassen. Von Athen aus, einer weiteren Station seiner Missionsreise, schickte er Timotheus, um die Gemeinde in Thessaloniki zu besuchen. Auf die erfreulichen Nachrichten hin, die Timotheus von dort nach Athen brachte, schrieb Paulus den vorliegenden Brief, um die Christen der jungen Gemeinde zu stärken.
Die hier von Paulus geäußerten Wünsche und Mahnungen werden erst verständlich, wenn man sich vor Augen hält, dass Paulus fest von der baldigen Rückkehr des Messias/Christus und von der Vollendung der Welt überzeugt war. In dieser Verfassung war nichts dringlicher als die persönliche Integrität jedes einzelnen. Es geht für den Christen darum, Gott zu gefallen und ohne Tadel zu sein, wenn der Messias zurückkehrt.
Ruf vor dem Evangelium - Ps 85,8
Halleluja. Halleluja.
Lass uns schauen, HERR, deine Huld
und schenk uns dein Heil!
Halleluja!
Evangelium - Lk 21,25-28. 34-36
Aus dem heiligen Evangelium nach Lukas.
In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern:
Es werden Zeichen sichtbar werden an Sonne, Mond und Sternen
und auf der Erde
werden die Völker bestürzt und ratlos sein
über das Toben und Donnern des Meeres.
Die Menschen werden vor Angst vergehen
in der Erwartung der Dinge, die über den Erdkreis kommen;
denn die Kräfte des Himmels werden erschüttert werden.
Dann wird man den Menschensohn
in einer Wolke kommen sehen,
mit großer Kraft und Herrlichkeit.
Wenn dies beginnt,
dann richtet euch auf und erhebt eure Häupter;
denn eure Erlösung ist nahe.
Nehmt euch in Acht,
dass Rausch und Trunkenheit
und die Sorgen des Alltags euer Herz nicht beschweren
und dass jener Tag euch nicht plötzlich überrascht
wie eine Falle;
denn er wird über alle Bewohner der ganzen Erde hereinbrechen.
Wacht und betet allezeit,
damit ihr allem, was geschehen wird, entrinnen
und vor den Menschensohn hintreten könnt!
Martin Stewen (2012)
Johann Pock (2000)
Hans Hütter (1997)
Die vorliegende Perikope umfasst sieben Verse aus der endzeitlichen Rede Jesu, die der Evangelist unmittelbar vor die Passionsgeschichte gesetzt hat. Diese Predigt ist in allen drei Evangelien enthalten. Die Verse schauen zum einen auf das erneute Kommen Jesu und haben dafür andererseits Ermahnungen parat. Im Gegensatz zu den sehr frühen Paulus-Schriften versucht Lukas die Naherwartung des Kommens zu relativieren. Seine Ermahnungen zielen auf eine gute Gestaltung der irdischen Zeit - etwa einerseits durch Mission bei fremden Völkern, andererseits durch ein gutes persönliches Leben -, nach der das Kommen Jesu in Herrlichkeit dann stattfinden kann.
Aus der Endzeitrede Jesu (Lk 17,20-37) sind hier zwei kurze Abschnitte herausgenommen: die kosmische Schilderung (Verse 25-28) und die Mahnrede (Verse 34-36). Zielpunkt ist hier (ähnlich wie in der Lesung aus dem Ersten Thessalonicherbrief) in Vers 27 die Rede vom Kommen des Menschensohns "in Macht und Herrlichkeit".
Die apokalyptische Schilderung zeigt die Begleitumstände dieses Kommens; nicht um eine Angstmacherei geht es dabei (wie es Vers 26 nahelegen könnte), sondern darum, die Hoffnung zu nähren, dass die Bedrängnis ein Ende haben wird: die Erlösung ist nahe, die Menschen können ihre Häupter erheben (Vers 28).
In der Mahnrede (Verse 34-36) warnt Jesus vor einem gedankenlosen "In-den-Tag-Hineinleben"; der Blick auf die kommende Endzeit hat Auswirkung auf mein Leben hier und jetzt. "Wachet und betet" (Vers 36) ist die Haltung, die es braucht: Aufmerksamkeit für das Leben um mich herum - und Offenheit für Gottes Wirklichkeit darin.
Mit dem Ersten Adventssonntag beginnt in der Liturgie das Lesejahr C, in dem ein großer Teil der Evangelientexte dem Werk des Lukas entnommen sind. Gleich der Einstieg am Ersten Adventssonntag bietet einen Text, der sich in ähnlicher Gestalt auch bei Markus und Matthäus findet. Er gehört zur apokalyptischen Literatur, die im Spätjudentum sehr beliebt war und auch in die ersten drei Evangelien Eingang gefunden hat.
Lukas übernimmt jedoch nicht einfach den Text, wie er ihn bei Markus vorgefunden hat. Er zieht seine eigenen Linien und setzt eigene Akzente. Nach der Zerstörung Jerusalems bahnt sich bei Lukas eine Abkehr von der unmittelbaren Naherwartung der Messiasrückkehr an. Die Weltuntergangsvisionen der Apokalyptiker haben sich für ihn im Fall Jerusalems erfüllt, und dennoch geht das Leben, auch jenes der christlichen Gemeinden weiter.
Lukas interessiert sich weniger als seine "Evangelistenkollegen" für die kosmischen Ereignisse. Er spricht zwar von der Erschütterung des Himmels, vom Toben des Meeres und von der Angst der Menschen. Für ihn sind das Mahnungen, auf das Kommen des Menschensohnes zu blicken und auf dieses Ereignis hin das Leben auszurichten.
Lukas sieht durch das Noch-nicht-Eintreten des Kommens des Menschensohnes die Gefahr der Verflachung des christlichen Lebens. Wie die Heiden beginnen Christen ihren Lebensinhalt in Rausch und Lebensgenuß zu suchen oder sie gehen in den Sorgen des Alltags auf. Nach Auffassung des Lukas sollen sie in Wachsamkeit und Gebet ihr Leben auf das Kommen Christi ausrichten.
Evangelium (ungekürzt) - Lk 21,25-36
Aus dem heiligen Evangelium nach Lukas.
In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern:
Es werden Zeichen sichtbar werden an Sonne, Mond und Sternen
und auf der Erde
werden die Völker bestürzt und ratlos sein
über das Toben und Donnern des Meeres.
Die Menschen werden vor Angst vergehen
in der Erwartung der Dinge, die über den Erdkreis kommen;
denn die Kräfte des Himmels werden erschüttert werden.
Dann wird man den Menschensohn
in einer Wolke kommen sehen,
mit großer Kraft und Herrlichkeit.
Wenn dies beginnt,
dann richtet euch auf und erhebt eure Häupter;
denn eure Erlösung ist nahe.
Und er sagte ihnen ein Gleichnis:
Seht euch den Feigenbaum und die anderen Bäume an:
Sobald ihr merkt, dass sie Blätter treiben,
erkennt ihr, dass der Sommer nahe ist.
So erkennt auch ihr,
wenn ihr das geschehen seht,
dass das Reich Gottes nahe ist.
Amen, ich sage euch:
Diese Generation wird nicht vergehen,
bis alles geschieht.
Himmel und Erde werden vergehen,
aber meine Worte werden nicht vergehen.
Nehmt euch in Acht,
dass Rausch und Trunkenheit
und die Sorgen des Alltags euer Herz nicht beschweren
und dass jener Tag euch nicht plötzlich überrascht
wie eine Falle;
denn er wird über alle Bewohner der ganzen Erde hereinbrechen.
Wacht und betet allezeit,
damit ihr allem, was geschehen wird, entrinnen
und vor den Menschensohn hintreten könnt!
Innehalten
Schöne Bescherung
Jetzt haben wir die Bescherung. Im vergangenen Sommer wollten die meisten Menschen nicht daran denken, dass die Pandemie uns wieder so einschneidend zusetzen wird. Dank der rückläufigen Infektionszahlen in der warmen Jahreszeit fühlten wir uns in Sicherheit. Jetzt fragen wir uns: Wer trägt Schuld dass es so weit gekommen ist? Jeder sucht sich seinen Sündenbock und: schuld sind immer die anderen. Nicht hören wollen wir, dass wir auch mit schuld sind, weil wir es an Wachsamkeit haben fehlen lassen und es mit den Vorsichtsmaßnahmen nicht mehr so genau genommen haben.
Was uns gegenwärtig angesichts der Pandemie bewusst wird, gilt auch für andere Probleme, die uns Angst machen. Wie schön wäre es, wenn eine Weltklimakonferenz die schlimmsten Folgen des Klimawandels verhindern könnte. Sobald wir jedoch aufgefordert werden, einen persönlichen Beitrag zu leisten und uns in dem einen und anderen Bereich einzuschränken, beginnen wir zu vergleichen und herauszustreichen, dass wir ohnehin nicht so schlecht unterwegs sind wie andere.
Wir errichten Zäune, um Migranten aus anderen Erdteilen davon abzuhalten zu uns zu kommen. Zur gleichen Zeit sind nur wenige bereit, sich für die Entwicklung ärmerer Länder zu engagieren.
Kollektive Ängste
Von Zeit zu Zeit überfallen uns kollektive Ängste: Wohin wird das alles führen? Wie viele und welche Opfer wird die Pandemie noch fordern? Wann und mit welcher Wucht kommt das nächste Virus? Welche Schäden wird die Erderwärmung noch anrichten? Wohin treibt unsere Gesellschaft, wenn sich alte Ordnungen auflösen und neue sich nur nach und nach entwickeln? Wir sorgen uns um unseren Wohlstand, die Freiheit und um die Zukunft der kommenden Generationen.
Das Evangelium, das wir heute am ersten Adventsonntag gehört haben, wurde in einer Zeit niedergeschrieben, in der es in mancher Hinsicht drunter und drüber ging. Viele lebten in Angst. Die religiösen Minderheiten wie die Juden und die Christen mussten immer wieder als Sündenböcke herhalten und wurden verfolgt. Wie kann man da noch Hoffnung haben? Manche nahmen Zuflucht in die Hoffnung, dass ohnehin bald alles zu Ende ist. Sie deuteten alle bedrohlichen Ereignisse als Anfang vom Ende.
Die Verfasser der Evangelien bemühten sich, den Blick ihrer Hörer- und Leserschaft auf Jesus Christus zu lenken. Von ihm erwarten sie, dass er die Welt richten und neu ordnen wird. "Wenn dies beginnt, dann richtet euch auf und erhebt eure Häupter; denn eure Erlösung ist nahe." Weiters raten sie zur Wachsamkeit. Sie warnen davor, sich durch welche Mittel auch immer zu betäuben und vor dieser Wirklichkeit zu flüchten.
Zu Christus aufschauen
Mittlerweile warten wir schon nahezu zweitausend Jahre, dass der Menschensohn mit großer Kraft und Herrlichkeit kommt und die Seinen aus diesen Nöten herausholt. Bzw. die meisten warten schon lange nicht mehr… - Zumindest nicht in dem Sinne wie die Christen damals.
Dennoch glaube ich, dass diese Passagen der Evangelien nicht obsolet oder hinfällig geworden sind. Ich halte nicht Ausschau nach einem Wunderwutzi, der nach Batman-Manier kommt und aus dieser Welt herausholt. Ich glaube vielmehr, dass uns der Menschensohn Jesus Christus die Instrumente in die Hand gegeben hat, mit denen wir unserer Bedrohungen Herr werden können. Er hat einfach und in materieller Hinsicht anspruchslos gelebt, solidarisch mit den Einfachen und Armen. Er hat Ausgegrenzte integriert, hat Frieden, Versöhnung und Barmherzigkeit nicht nur gefordert, sondern konkret gelebt. An diesen Einstellungen hat er auch angesichts des Todes festgehalten. Seine Hoffnung für diese Welt kam von Gott her.
Auf der Suche nach Strategien der Angstbewältigung lohnt es sich auch heute noch, zu ihm, der in den Himmel entrückt ist, aufzuschauen, von ihm zu lernen und mit seinen Einstellungen an die Herausforderungen unserer Zeit heranzugehen. Alarmismus, Panikmache, Auseinanderdividieren der Bevölkerungsgruppen sowie Rückzug in abgeschottete Welten wird die anstehenden Probleme nicht lösen. Es braucht heute weltweite Zusammenarbeit, Solidarität, Versöhnung der Völker, wechselseitigen Respekt und Hinhören auf die Sorgen und Nöte der anderen, funktionierende Konzepte der Integration.
Der Lockdown ist eine Zeit des Innehaltens. Wir haben zwangsweise Zeit, die wir neu füllen müssen. In der Tradition war der Advent jedes Jahr eine Zeit des Innehaltens. Ein selbstgewählter Lockdown, der uns helfen wollte, über Dinge nachzudenken, für die uns im Getriebe des Alltags zu wenig Zeit blieb. Nicht eine Zeit des Dahindösens, sondern eine Zeit des Wachwerdens und Bewusstmachens von Werten, die in unserem Leben nicht zu kurz kommen dürfen. Machen wir aus der Not eine Tugend und geben wir dem Advent dank des Lockdowns seinen ursprünglichen Sinn zurück.
Ängste, die spalten
Katastrophen
Kommt Ihnen dieser Text bekannt vor? Zweimal musste ich schauen, denn wir haben ihn vor zwei Wochen in der Fassung des Evangelisten Markus gehört.
Wieder hören wir von ungebändigten Naturgewalten, von Zeichen am Himmel und von der Angst der Menschen. In andere Worte gekleidet, könnte das ein Text aus 2021 sein. Wir erlebten (oder bekamen Berichte davon), was Umweltkatastrophen wie Brände, Hitze und Fluten anrichten, Vulkanausbrüche und Stürme, Erdbeben und Überschwemmungen. Vieles davon ist mitverursacht durch den Menschen, den Ausstoß von Treibhausgasen, manches davon entzieht sich dem völlig, es sind Bewegungen und Veränderungen der Erdkruste, die uns zeigen, wie klein und hilflos wir in Wirklichkeit sind, wenn wir der Natur gegenüberstehen.
Menschen ängstigen sich vor dem Übermächtigen, Sichtbaren, wie den konkret und bedrohlich gewordenen Katastrophen, und sie haben Angst vor den unsichtbaren Gewalten, der wissenschaftlich gestützten Bedrohung durch den Klimawandel oder die Pandemie des Covid-19-Virus mit ihren vielfältigen Begleiterscheinungen: Krankheit und Tod, Isolation, wirtschaftlichen Zusammenbrüchen, gesellschaftlichen Spaltungen, dem Verlust von Lebensräumen, dem Abbruch von Gesprächen und Dialogen.
Ängste
Sobald eine gewisse Menge von Angst im Spiel ist, greifen Verstand und Ratio nicht mehr so richtig: Die Angst vor Erkrankung und einem schlimmen Tod, die Angst vor der Vergiftung des eigenen (noch gesunden) Körpers, die Angst vor Ansteckung und Verlust des Gewohnten, die Angst vor Unfreiheit und Knechtung durch Gesetze und Vorschriften. Welche Angst ist „wichtiger", wiegt schwerer - deine oder meine? Eine Rangliste dieser Ängste zu erstellen ist da sinnlos und führt nicht zusammen.
Ängste zu benennen und einander mitzuteilen, ist ein hilfreicher Weg zur Selbsterkenntnis
eine vor einander ausgesprochene Angst kann mitunter auch kleiner werden. Außerdem ist es eine Möglichkeit, um Gräben zu überbrücken: Ein Gespräch über meine und deine Ängste ist auch ein Weg zu mehr Verständnis füreinander.
Angst ist ein Gefühlszustand, der kopflos macht und lähmt, und zwar ein Zustand der viel Kraft bindet - und damit auch beinhaltet. Diese Energie, die in der Angst und ihrer Aufrechterhaltung steckt, lässt sich wandeln in Kraft zur Verbesserung der Lebensumstände.
Wandelnde Kraft
Wie eine solche Wandlung in Gang kommen kann, lesen wir im heutigen Bibeltext: Der Evangelist Markus (vor 14 Tagen gehört) gibt den jungen, bedrängten Gemeinden von Christ*innen eine Perspektive und verspricht - nach bedrohlichen und turbulenten Zeiten Rettung. Lukas schreibt nun den älteren Text des Markus weiter und rückt eine Haltung in den Blick, die nach vorne gewandt ist. Die Bibel in gerechter Sprache übersetzt: Wenn Menschen den Atem anhalten vor Furcht und vorauseilender Angst darüber, was über den Erdkreis kommen wird - dann richtet euch auf und erhebt euren Kopf! Habt Acht auf euch, damit eure Herzen nicht durch Trunkenheit und Rausch und Lebensangst beschwert werden.
Der Macht der Angst, die uns lähmen kann, können und müssen wir ein Quantum an Widerstand entgegenhalten, damit wir den Kopf über Wasser haben: uns aufrichten (auch wenn uns nicht danach ist), herumschauen - das geht nur mit erhobenem Kopf. Und nüchtern bleiben - im echten Sinn (wenn sich Lukas gegen Alkohol und andere berauschende Drogen wendet) und auch im übertragenen. Die Vernunft hochhalten.
Und eine andere Tugend wird wichtig: Wenn der Tag kommt wie eine Falle, wie ein Fangeisen (das sieht man ja, wenn man ganz genau hinschaut) - mahnt uns Lukas zur Wachsamkeit und Klugheit, dazu genau hinzuschauen und die ganze Lebenserfahrung zu investieren ins Gestalten der Gegenwart, in unser Zugehen auf die Zukunft.
Auf Christus schauen
Bis hierher ist das auch ein möglicher Leitfaden für Menschen, die mit Religion bzw. Christentum nichts auf dem Hut haben. Was die Evangelien noch sagen, ist für uns Christ*innen eine echte Perspektive, ein neuer Ausblick: Schaut auf Christus, der kommt. Auf Christus schauen, der den Tod überwunden hat und uns die Heimat bei Gott offen hält das ist mehr, als wir Menschen allein schaffen können mit unseren Dialogen und aller hilfreichen Psychologie.
Wie Christus kommt, wenn er kommt? Die ersten Generationen erwarteten, dass er plötzlich, für alle sichtbar, in einem kosmischen Ereignis kommt, um ein neues göttliches Reich zu schaffen. Das ist nicht so eingetreten. Aber dass Gott in das Leben von Menschen kommt, äußerlich nicht so imposant, aber dennoch wirksam und erlösend, das war und kann immer sein, wie viele Lebensgeschichten bezeugen.
Was wird also wichtig sein in den kommenden Wochen, Monaten und Jahren? Andere Menschen in ihrer jeweiligen Verfasstheit ernst zu nehmen, vielleicht raubt ihnen die Angst ja gerade den Atem. Wachsam zu sein und vernünftig. Aufmerksam und zuversichtlich. Der Lähmung widerstehen. Einander guten Willen zugestehen. Brücken zueinander bauen.
© Angelika Gumpenberger-Eckerstorfer, Seelsorgerin in Wels St. Franziskus.
Ende oder Anfang?
Sind wir am Ende?
Möglich, dass wir in Zeiten großer Krisen, vor allem der Klimakrise, diese angekündigten Zeichen im Evangelium jetzt besser verstehen, weil wir ja aufgrund der Naturerscheinungen viel gegenwärtig selber erfahren. Dennoch ist zunächst merkwürdig, dass am Beginn eines neuen Kirchenjahres von der Endzeit gesprochen wird. Stehen wir vor dem Weltuntergang, vor dem Ende der Zeiten? Das sieht alles sehr bedrohlich aus.
Ein Satz im Evangelium lässt aber aufhorchen: „Wenn all das beginnt, dann richtet euchauf… denn eure Erlösung ist nahe.“ Das heißt: Durch die Ankunft des Erlösers beginnt eine neue Zeit. Der Menschensohn bringt Erlösung und Befreiung von all dem, worunter wir zu leiden haben, was uns große Sorgen macht, ein Hoffnungsschimmer also, eine Zusage, die schon damals an Israel in einer konkreten Gefahrensituation mit ähnlichen Worten gerichtet wurde. Dort setzt JHWH einen Neuanfang mit dem Versprechen, dass ein neuer König kommt, der Gerechtigkeit und Frieden bringen wird, der König aus dem Haus Davids.
Noch eine Auffälligkeit im Evangelium: „Richtet euch auf, erhebt eure Häupter, denn eureErlösung ist nahe.“ Eine ähnliche Stelle finden wir in Psalm 24,7: Erhebt eure Häupter, damit der König der Herrlichkeit einziehen kann. Auch hier liegt der Erlösungsgedanke nahe. Mit anderen Worten: wach bleiben, gut hinhören, aufstehen, mit allen Sinnen vernehmen, welche Botschaft uns der neue König bringen will.
Kopf hoch!
Das alte Kirchenjahr endet mit einem düsteren Markusevangelium, und das neue beginnt mit einem düsteren Lukasevangelium. Das wird dann etwas verständlicher, wenn man weiß, dass das Markusevangelium um das Jahr 70 zur Zeit der Zerstörung des Jerusalemer Tempels aufgeschrieben und durch diese Vernichtung ein ganz wesentliches Identitätsmerkmal des jüdischen Volkes zerstört wurde und das Lukasevangelium gut zwanzig Jahre später niedergeschrieben worden ist. Da sieht die Situation ganz anders aus. Aus diesem Satz lediglich eine Vertröstung aufs Jenseits herauszulesen, wäre zu wenig. Es muss auch eine Vertröstung aufs Diesseits geben.
Die Situation, wie schon erwähnt, ist heute nicht anders. Merken wir schon etwas von der angekündigten Erlösung? Klimakatastrophe, Kriege, Missstände in Politik und Wirtschaft, Korruption. Das macht Angst, ist auch gefährlich, deshalb: „Erhebt eure Häupter.“ Stellt euch den Anforderungen, werdet wach, heraus aus der Lethargie, weg mit der Gleichgültigkeit, weil man ohnedies nichts ändern kann. Seid wachsam, jetzt ist Hilfe nötig. Wer sein Haupt nicht erhebt, bleibt kurzsichtig, „steckt sein Köpferl im Sand“, wie der jüngst verstorbene Arik Brauer in einem beinharten Protestsong feststellt. Das beängstigende Szenario ist mit einem Trostwort verbunden. Vielleicht ist das eine gute Tages- und Wochenlosung: „Erhebt eure Häupter, denneure Erlösung ist nahe!“ Sie kann schon jetzt beginnen in hoffentlich erfreulichen Alltagserlebnissen und Begegnungen. Sollte das nicht funktionieren, dann: Seid beharrlich im mutigen Vorwärtsstreben!
Mit erhobenem Haupt Zeugen und Boten der neuen Welt
Apokalyptische Bilder
Ach, dass der 1. Advent in der Kirche nicht so schön riecht und schmeckt wie ein Glühwein auf dem Weihnachtsmarkt! Es ist von bestürzten und ratlosen Völkern die Rede, von Menschen, die vergehen vor Angst, gar von einem erschütterten Himmel. Die Welt ist in Aufruhr. Nichts kann sie mehr halten, nichts tragen. Der Boden unter den Füßen gibt nach und die Sonne ist schwarz. Was im Horrorfilm, gemütlich im Kino, im Wohnzimmer bei einem Glas Wein, die Nerven kitzelt, hat sich in die Realität gewagt. In die Schlagzeilen der Zeitungen. Im Fernsehen an die erste Stelle. Hör auf! Sage ich mir. Schweig! Das ist doch kein Evangelium, keine frohe Botschaft! Und dann werde ich ganz still, entsetzt darüber, dass die apokalyptischen Bilder und Vorstellungen keine literarische Fiktion sind, nicht aus kranken Köpfen kommen und ganz einfach die Welt spiegeln, wie ich sie kenne. Bestürzte und ratlose Völker. Angst, die Menschen vergehen lässt. Ein Himmel, der leer ist und nichts mehr verspricht. Sieht so das Ende aus? Ich friere.
Erhobene Köpfe
Lukas, der seinem Freund Theophilos alles aufschreibt, was er von Jesus weiß, gehört hat, erfahren hat, verschweigt dieses dunkle Kapitel nicht. Ob er sich überwinden musste, das alles so aufzuschreiben? Vielleicht müsste er jetzt lächeln. Warum sollte ich es verschweigen? Ist es nicht so? Muss es nicht so auch gesagt werden? Aber schau: Wenn wir das sehen – was machen wir dann? Kopf in den Sand? Gekonnt weggucken? Lamentieren? Oh, bitte nicht! Richtet euch auf und erhebt eure Häupter; denn eure Erlösung ist nahe!
Das mit dem erhobenen Kopf gefällt mir! Wir gehen viel zu geduckt. Manchmal auch gedeckelt. Mutlos und verzagt sind wir dann. Wir stecken einander damit sogar an. Und wenn es dann nicht anders geht, hüllen wir uns in Schweigen. Oft halten wir die Bilder nicht aus, die uns zu sehen aufgenötigt werden. Die über die Monitore huschen. Die sich in Träume schleichen. Im Bild: wir gehen gedrückt, wir lassen den Kopf hängen.
Doch wenn wir mit aufrechtem Gang und erhobenen Kopf in die Welt schauen, ist das ein Zeichen der Hoffnung für viele Menschen.
Mut heißt: Hinsehen und Ernstnehmen.
Mut heißt: Hören und Verstehen.
Mut heißt: stehen bleiben und reden.
Der aufrechte Gang hat nichts mit Kriechen zu tun und unsichtbar ist er ganz und gar nicht. Der erhobene Kopf drückt nicht nur Haltung aus, er lässt sich nicht unterkriegen, nicht zusammenschreien, nicht ausrichten. Im Evangelium sehen wir den Menschen, wie er von Gott geschaffen wurde. Von ihm geliebt. Von ihm groß gemacht. Sein Ebenbild. Es geht eigentlich gar nicht anders: Ich muss aufrecht gehen und mein Haupt erheben.
Ein neuer Anfang
Was Lukas seinem Freund aufgeschrieben hat, lesen wir heute. Das Wort Evangelium steht darüber. Frohe Botschaft Jesu, frohe Botschaft von Jesus. Frohe Botschaft für uns. In Kurzform: Jesus kommt. Jesus ist nahe.
In den apokalyptischen Bildern, die auch Lukas ausmalt, taucht am Ende ein neuer Anfang auf. Wenn alles verloren zu gehen scheint, die Welt keine Heimat mehr ist, nicht einmal mehr Verlass auf Sonne und Mond ist – dann ist das letzte Wort nicht gesprochen! Gott bleibt in seiner Treue mit den Menschen, mit der Welt verbunden. Seine Schöpfung, das Werk seiner Liebe, lässt er nicht fallen. Sein erstes Wort war: Es werde Licht. Sein letztes Wort bleibt: Es wird Licht. „Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte werden nicht vergehen!“ Jesus hat das so ausgedrückt: Das Reich Gottes ist nahe. Es, er ist immer nahe, auch dann, wenn Menschen einander zum Wolf werden, wenn sie die Welt ausplündern und ruinieren, wenn sie Lebensgrundlagen und Lebensräume vernichten. Schließlich, wir haben es geahnt, wir haben es gewusst, schaffen auch Menschen die apokalyptischen Bilder und Schreckensszenarien. Von ratlosen Völkern. Von verängstigten Menschen. Von wildgewordener Natur.
Dann wird man den Menschensohn in einer Wolke kommen sehen, mit großer Kraft und Herrlichkeit. - So beschreibt das Lukas. Aber so groß und herrlich sich das anhört: Gerade Lukas weiß, dass Gott sich klein macht, ein Kind wird. Gerade Lukas weiß, dass Gott sich Hirten offenbart. In seinem Weihnachtsevangelium – es dauert nicht mehr lange – hören wir den Gesang der Engel: Ehre sei Gott in der Höhe und auf Erden Frieden den Menschen seines Wohlgefallens.
Klarheit
„Siehe, Tage kommen - Spruch des HERRN - ,
da erfülle ich das Heilswort,
das ich über das Haus Israel
und über das Haus Juda gesprochen habe.
In jenen Tagen und zu jener Zeit
werde ich für David einen gerechten Spross aufsprießen lassen.“
So hat das der Prophet Jeremia kommen sehen. In der Lesung hörten wir es. Eine neue Zeit wird angekündigt. Und eine neue Welt.
Und Paulus zeigt uns die Konsequenz – auch das ist uns heute nicht neu:
"Euch aber lasse der Herr wachsen und reich werden
in der Liebe zueinander und zu allen,
wie auch wir euch lieben,
damit eure Herzen gestärkt werden
und ihr ohne Tadel seid,
geheiligt vor Gott, unserem Vater,
bei der Ankunft Jesu, unseres Herrn,
mit allen seinen Heiligen. "
Stimmt das eigentlich, dass der 1. Advent in der Kirche nicht so schön riecht und schmeckt wie ein Glühwein auf dem Weihnachtsmarkt! Es ist von bestürzten und ratlosen Völkern die Rede, von Menschen, die vergehen vor Angst, gar von einem erschütterten Himmel. Aber auch von uns: wie wir aufgerichtet werden und mit erhobenem Haupt Zeugen und Boten der neuen Welt sind, die von Gott kommt, gekommen ist, kommen wird. In der Liebe zueinander und zu allen. Mit gestärkten und mutigen Herzen. Geheiligt vor Gott, unserem Vater. Das ist köstlicher als ein Glühwein.
Und der Friede Gottes,
der höher ist als unsere Vernunft,
bewahre unsere Herzen und Sinne
in Christus Jesus,
unserem Herrn.
Hoffnung trotz aller Ängste
Vielerlei Ängste gehen um
Niemand wagt es heute, ruhige Zeiten zu verheißen. Die Zeitungen sind voll vom Gegenteil. Vielerlei Ängste gehen um. Thema Nummer 1 ist der Krieg, der im Begriff ist, auf Europa überzuschwappen, und sind die vielen Flüchtlinge, die nach Europa kommen. Wie wird unser Gesellschaftssystem die Aufnahme so vieler Flüchtlinge verkraften? Wie wird sich das bislang friedliche Miteinander der verschiedenen Religionsbekenntnisse verändern? Welche Auswirkungen hat sie auf die ohnehin schon prekäre Situation auf dem Arbeitsmarkt? Auf die Parteienlandschaft? Ängste gehen um, und da und dort wird versucht, daraus politisches Kleingeld zu machen.
Und wenn wir das derzeitige Thema Nummer 1 in welcher Weise auch immer abgehakt haben werden, stehen andere große und wichtige angstbeladene Themen Schlange: Umwelt, Erderwärmung, Klimawandel, Folgen für die Weltwirtschaft, Entwicklungspolitik usw.
Auch wenn wir einzelne Themen nach und nach lösen, früher oder später holt uns unsere eigene Endlichkeit und die Zerbrechlichkeit unseres Lebens ein: Unfälle, Krankheiten, Schicksalsschläge, zerbrechende Beziehungen... Auch diese ganz persönlichen und individuellen Möglichkeiten tragen beträchtliches Angstpotential in sich.
Niemand kann sich ständig mit all diesen negativen Zukunftsmöglichkeiten beschäftigen. Die meisten Menschen verkraften das nicht. Es hilft uns, wenn wir im Alltag so viel als möglich davon ausblenden.
Advent
Der 1. Adventssonntag ruft uns jedes Jahr in Erinnerung: Wir leben in einer zerbrechlichen Welt. Alles, was wir in dieser Welt vorfinden, zerfällt früher oder später. Das ist ein Faktum, das die theologischen Texte der Apokalyptik mit Vorliebe abhandeln. Die Hoffnung stirbt zwar zuletzt, wie eine beliebte Redensart nahelegt, aber auch sie stirbt.
Die apokalyptischen Texte, die in die Bibel Eingang gefunden haben, wollen aber nicht Angst machen, sondern uns zu einer Hoffnung hinführen, die nicht stirbt: "Wenn all das geschieht, dann richtet euch auf, und erhebt eure Häupter, denn eure Erlösung ist nahe."
Hoffnung trotz aller Ängste
Wie kann man angesichts so handfester Fakten Hoffnung haben? Christliche Hoffnung nährt sich nicht aus der Überzeugung, dass sich früher oder später alles zu einem Besseren entwickeln wird, dass wir durch unseren Erfindungsgeist die Fehler der Natur beheben könnten. Christliche Hoffnung gründet sich nicht auf einen unbeirrten Fortschrittsglauben und ist auch nicht mit Optimismus zu verwechseln. Christliche Hoffnung erwächst aus dem Vertrauen, dass der Schöpfer seine Schöpfung aus Liebe ins Dasein gerufen hat und dass ein liebender Schöpfer seine Schöpfung nicht vergehen lassen wird. Er wird wiederkommen und sie neu erstehen lassen.
Christen vertrauen darauf, dass die Schöpfung trotz aller scheinbaren Mängel gut ist, dass es richtig ist, sich für einen guten Umgang mit der Schöpfung und für die Bewahrung der Schöpfung einzusetzen. Papst Franziskus hat darauf aufmerksam gemacht, dass die Verantwortung für unseren Planeten Erde auch die Fragen der sozialen Gerechtigkeit und des Friedens umfasst.
Die größte Bedrohung der Schöpfung ist der Mensch, der sich anmaßt, über der Schöpfung zu stehen, und der die Erde rücksichtslos für sich selbst ausbeutet. Menschen haben sogar Möglichkeiten in der Hand, die Grundlagen des Lebens zu zerstören. Die Angst vor dem Untergang der Welt ist zum ständigen Begleiter der Menschheit geworden.
Der Glaube an einen guten Schöpfer, der seine Schöpfung nicht im Stich lässt, bietet selbst angesichts dieser Möglichkeiten noch Hoffnung: Sie traut dem Schöpfer eine Neuschöpfung zu, weil Gott uns liebt und weil er seiner Liebe treu bleibt.
Seid wachsam!
Der Advent erinnert uns aber auch an die Konsequenzen solchen Vertrauens. Er mahnt uns zur Wachsamkeit. Wir sollen uns nicht von den Ängsten, die im Raum stehen, lähmen lassen. Wir sollen uns auch nicht durch die vielen Möglichkeiten der Verdrängung wichtiger Fragen und Themen irreführen lassen. Paradoxerweise ist Weihnachten zum Hochfest des Konsums geworden. Wir baden im Wohlstand und lassen uns von seinen zahlreichen Annehmlichkeiten einlullen.
Wachsamkeit heißt wach und aufmerksam zu sein, bewusst zu leben und Achtsamkeit zu pflegen. Wir brauchen nicht in Sack und Asche zu gehen. Es genügt, darauf zu achten, was allen gut
Morgen ist Weltuntergang - gehen wir hin?
Schon gepackt?
Wenn man ein wenig im Internet stöbert, kann es sein, dass man irgendwann auf eine Webpage gerät, die Notvorräte für schlimme Zeiten anbietet. Knapp 200 Euro kostet der Proviant für neunzig Tage, zehn bis fünfzehn Jahre ist er haltbar - so die Informationen zu den Produkten. Wer bitte braucht so etwas? - Der Anbieter hat in diesen Monaten ein klares Zielpublikum: alle jene Menschen - und derer gibt es nicht wenige -, die sich sicher sind, dass mit dem 21. Dezember die Welt untergeht. Anlass dazu gibt der Kalender des ausgestorbenen Volkes der Maya in Zentralamerika. Dieser Kalender endet - umgerechnet in unsere heutige Zeitrechnung - mit dem genannten Tag. Aus dieser 'Quellenlage' haben aktive Endzeittheoretiker dieses aktuelle Szenario gezimmert: Am 21. Dezember dieses Jahres ist also alles vorbei.
Und nun? Fühlen Sie sich nun auch gemüßigt, noch ein paar letzte Male einkaufen zu gehen, letzte Dinge zu erledigen? usw.? Ich bin mir sicher: Eine solche Panik lohnt sich nicht. Verschiedenes spricht gegen Panikattacken: Zum einen sind sich Archäologen sicher, dass die Maya selbst das Szenario eines Weltunterganges gar nicht kannten und folglich eine solche Prophezeiung aus dem Kalender auch nicht heraus lesen konnten und wollten. Zum anderen: Schauen wir mal ein wenig durch die letzten Jahre, stoßen wir auf viele Weltuntergangsprophezeiungen. Immer wieder sind Menschen sich sicher, dass das Ende nahe ist. Was aus denen bislang wurde, wissen wir - sonst säßen wir nicht hier. Zu der angeblichen Maya-Prophezeiung schreibt der Zürcher Sekten-Kenner Hugo Stamm in seinem Blog im Tagesanzeiger vom 30. Mai dieses Jahres: "Am 22. Dezember [also am Tag nach dem angeblichen Weltuntergang],” so Stamm, "wird sich die Erde mit all ihren Bewohnern so drehen, wie sie sich bereits am 21. und am 20. und am 19. gedreht hat: so wie immer.”
Die Bibel weiß es besser?
Nun haben die Maya aber Weltuntergangsprophezeiungen nicht erfunden - es gab sie vor ihnen und nach ihnen in reichlicher Fülle. Eine solche Prophezeiung hörten wir gerade in der Textstelle aus dem Lukas-Evangelium: "Die Menschen werden vor Angst vergehen in der Erwartung der Dinge, die über die Erde kommen; denn die Kräfte des Himmels werden erschüttert werden,” heißt es dort.
Schon wieder, möchte man sagen. Aber wenigstens ist bei Lukas kein konkretes Datum genannt, kann man sich beruhigen. Und wir spüren dabei deutlich: Endzeitliche Vorstellungen, Ideen vom Ende der Welt nötigen den meisten von uns nicht mehr als ein Lächeln ab. Aber was ist denn mit diesen Bildern? Welche Botschaft lässt sich ihnen denn vielleicht doch abgewinnen? Dazu muss man diese Endzeitbilder im Kontext der ganzen Frohbotschaft einmal auf sich wirken lassen. Dann wird schnell klar: Diese Bilder im Neuen Testament beschreiben ja gar kein Ende, sondern vielmehr einen Neuanfang nach jedem Ende. Das Urereignis aller Neuanfänge hat stattgefunden im Ereignis der Auferstehung des Gottessohnes - und wir sind als Getaufte eingeladen, uns in dieses Ereignis mit hinein nehmen zu lassen und immer wieder Im Leben einen Neuanfang zu wagen.
Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne
Diesen Neuanfang allen Lebens bei unserem Gott verortet zu wissen, das gilt nicht nur am Ende aller Zeiten, das gilt auch für jedes Ende, das uns im Leben trifft. So hat auch das Bild, das uns im Evangelium beschrieben wurde, einen konkreten historischen Hintergrund: Für Lukas brach das Ende der Zeiten herein mit der Zerstörung Jerusalems durch die Römer im Jahr 70 nach Christus. Und seine Erfahrung war: Auch nach dieser Tragödie gab es einen Neuanfang. Und so macht Lukas auch uns Mut, immer in jedem Ende den Keim eines Neubeginns zu suchen.
Dazu, so mahnt der Evangelist wie auch der Apostel Paulus in seinem Brief an die Gemeinde von Thessaloniki, ist Wachsamkeit geboten. So wie sich die Auferstehung Jesu und der Beginn des neuen Lebens ganz klammheimlich in der Grabeshöhle auf Golgotha vollzog, beginnen die zarten Neuanfänge nach den Katastrophen unseres Lebens ebenso in aller Stille. Wir müssen also ganz genau hinschauen, wo sich neues Leben anbahnt. "Seid wachsam!", heißt es.
Die nun beginnende Adventszeit lädt uns ein, unser Leben einmal wieder genau in den Blick zu nehmen, - neu wachsam zu werden für all das, was es zu bieten hat. Vor allem dann, wenn die Dunkelheit dieser Jahreszeit unser ganzes Leben gefangen nehmen will. In der Stille und Einsamkeit dieser Tage kommt uns so manches in unserem eigenen Leben wie im Leben der Welt in geradezu apokalyptischen Bildern entgegen. So hart und unausweichlich, dass ein 'Danach' kaum vorstellbar ist. Wie viele Schicksale erleben wir als endzeitlich, wie viele Kriegs- und Katastrophensituationen in der Welt muten geradezu apokalyptisch an. Aber anders als der Maya-Kalender und ähnliche Endzeitszenarien geht es für uns Christinnen und Christen nach allem Ende immer noch mindestens einen Schritt weiter. In der Auferstehung seines Sohnes hat Gott uns verheißen, mit uns Menschen immer noch diesen Schritt tun zu wollen.
Menschgewordener Traum
Und dieses Heilsereignis ist nicht irgendeine phantasiereiche Vorstellung wie die Szenarien der Apokalypse. Das Versprechen, dass es immer noch einen Tag mehr als den Letzten Tag gibt, diese Zusage Gottes ist für uns ganz anschaulich und anfassbar geworden. Gottes Heil wird Mensch - nicht von den Menschen abgerückt, sondern mitten unter uns, einer von uns. Gottes Heil bekommt Hand und Fuß - in einem Stall bei Bethlehem. Was das für unser Leben heißt, gilt es herauszufinden. Noch drei Wochen Adventszeit liegen vor uns. Schauen wir wachsam hin und hören wir genau, wo hin der Weg dieser Zeit uns führen soll.
Advent - eine Zeit aufmerksamen Wartens
Gemeinschaft mit dem kommenden Christus
Die Botschaft vom kommenden Herrn, dem Richter und Vollender der Welt, ist uns zwar bekannt, aber irgendwie fremd und beklemmend. Die Bilder von den Zeichen an Sonne, Mond und Sternen, vom Toben und Donnern der Meere, von den in Angst und Schrecken versetzten Menschen flößen uns Angst ein. Wir wollen sie nicht. Wir assoziieren mit solchen Aussagen einen Atomkrieg oder Tsunamis, - schreckliche Vorstellungen.
Doch Jesus will die Seinen inmitten eines unlösbaren globalen Chaos nicht verwirren, sondern trösten. Lukas schreibt: "Dann wird man den Menschensohn mit großer Macht und Herrlichkeit auf einer Wolke kommen sehen Wenn (all) das beginnt, dann richtet euch auf, und erhebt eure Häupter; denn eure Erlösung ist nahe."
Der kommende Herr
Wir sind nicht gewohnt an den kommenden Christus zu denken. Wir lassen ihn innerlich nicht zu, verdrängen ihn, entfalten keine Sehnsucht. Lieber bleiben wir beim vergangenen und gegenwärtigen Christus. Doch stutzen wir der biblischen Botschaft nicht die Flügel! Sie lautet deutlich und hoffnungsvoll: Wir gehen einer Zukunft entgegen, Jesus Christus, dem kommenden Herrn. Christus ist Zukunft, nicht nur Vergangenheit. Seine Kräfte erschöpfen sich nicht im Jetzt. Es wird sich herausstellen, wer dieser Jesus ist und was wir ihm verdanken.
In der Urkirche gab es noch ein Gespür für die Herrschaft Jesu, die sich einmal offenbaren wird. In den christlichen Märtyrerakten vom seligen Apollonius hieß es: Er erlitt den Märtyrertod. Die Zeitangabe benennt den damaligen Kaiser und dann heißt es: unter der Herrschaft Jesu Christi, dessen Reich ewig währt. Da wusste man noch, was Karl Rahner einmal formulierte: "Die Herren der Welt kommen und gehen; unser Herr kommt!"
Innerhalb der Geschichte kommt Jesus neu auf uns zu. "Maranatha" heißt: Er kommt jetzt! Oder: Komm, Herr Jesu! Beides, dass er jetzt kommt - immer wenn Menschen glauben - und sein endgültiges Kommen gehören zusammen.
Nehmt euch in acht
Lukas mahnt, achtsam zu sein. Denn Konsum und Rausch, Lauheit und Gleichgültigkeit können uns überrollen. Die Alltagssorgen begrenzen uns auf einen engen Horizont, wir wiegen uns in Sicherheit, alles sei in Ordnung. Da können wir nur mehr kleinkariert denken. Wir richten uns ein auf eine Gesellschaft ohne Gott. Wir machen uns nicht mehr ernsthaft die Mühe zu überprüfen, ob dieser Schein-Friede ein guter Friede ist. Jesus sagt deshalb: Wachet und betet allezeit! Lasst das Herz unruhig bleiben! Der leidenschaftliche Appell drängt: Seid wachsam! Denn Ihr werdet vor den Menschensohn hintreten, spätestens im Sterben.
Advent - eine Zeit aufmerksamen Wartens
Bei uns allen kommt mit dem Advent der Wunsch hoch, diese Zeit vor Weihnachten bewusster zu leben. Dazu wünschen wir uns, stressfreier, erfüllter und gelassener zu sein. Gerne zünden wir Kerzen an, besuchen Rorate-Gottesdienste, Wir wollen uns vom äußeren Getriebe nicht vereinnahmen lassen. Wir haben guten Willen, uns mehr auf Jesus und die Nächsten auszurichten. Es ist somit eine Zeit des Wartens und des Begegnens.
Der eine spürt: Ich will Jesus treffen, indem ich mich mehr ums Beten und den Gottesdienst kümmere. Andere suchen Jesus auf dem Weg der Buße in den verschiedenen Möglichkeiten. Wir brauchen die Verzeihung der Sünden und Neuanfänge. Es gilt, auch finanzielle Mittel zu teilen mit denen, die nicht das Existenzminimum haben. Die deutsche Kirche sammelt an Weihnachten in der Adveniataktion für die Armen Südamerikas.
Aufmerksam leben
Dazu eine adventliche Erfahrung: Ein Franziskaner machte in einem Altenheim Besuch. In Begleitung einer Schwester führte ihn sein Weg durch den Flur an einer Sitzbank vorbei, auf der eine in sich versunkene alte Frau saß, auf der eine große Verlassenheit lastete. Als er schon fast an ihr vorüber war, erfasste ihn ein starkes Mitgefühl. Er machte kehrt, ging auf sie zu, zeichnete ihr wortlos das Kreuzzeichen auf die Stirn, streichelte ihr noch kurz über die Wange und ging weiter. Nach ein paar Metern drehte er sich noch einmal um und sah, dass sie ihm mit großen erstaunten Augen nachsah. Wieder zu Hause bekam er einen Anruf von jener Schwester, die bei dieser Begebenheit dabei war. Sie sagte: Ganz liebe Grüße soll ich bestellen von der Frau, der sie das Kreuzzeichen auf die Stirn gemacht haben. Sie bedankt sich von ganzem Herzen und wollte Ihnen 50,-€ schenken. Stellen Sie sich vor, sie ist nach zwei Tagen gestorben und hat immer wieder nur das eine erzählt: Der Pater hat mir das Kreuzzeichen gegeben. Ich komme in den Himmel! Dabei hat sich unser Hausgeistlicher monatelang um sie bemüht, weil sie aus der Kirche ausgetreten war. Und bislang wollte sie von allem nichts wissen.
Liebe Gläubige, leben wir aufmerksam im Advent! Denn der Her ist nahe. Er wird uns begegnen.
Ich, dein Gott, verlasse dich nicht
Samen zum Wachsen bringen
Ich habe ein kleines Hobby. Wenn ich an einem besonderen Ort bin, dann nehme ich Samen einer Pflanze von jenem Ort mit, oder einen Kern von einer Frucht, die ich dort gegessen habe. Zuhause angekommen, stecke ich mein Mitbringsel in die Erde und schaue dann, ob und was daraus wird. Meistens habe ich es dann schon vergessen, ob und was ich in welchen Topf hineingegeben habe. Sodass es dann für mich fast immer wie ein kleines Wunder ist, dass da etwas Kleines und Feines zu wachsen beginnt. Manches Mal aber kann ich es kaum erwarten, bis ein Trieb hervorkommt. Manches Mal braucht es aber auch viel Zeit, dass überhaupt etwas wachsen kann, weil ich es übersehen habe, die Erde mit genügend Feuchtigkeit zu versorgen.
In der Lesung haben wir Worte vom Propheten Jeremia gehört. Da ist auch von einem Spross die Rede, der aufsprießen soll. Ein kleiner Trieb, der groß werden und gute Frucht bringen soll. Und zwar etwas, das für uns wie selbstverständlich klingt: Recht und Gerechtigkeit. Das ist aber Voraussetzung dafür, dass Menschen in Sicherheit leben können. Die letzten Tage und Wochen haben uns wieder einmal hinhören und hinsehen lassen, dass dies in manchen Ländern der Welt nach wie vor nicht selbstverständlich ist. Luftalarm, Flucht in den Bunker, Zerstörung, Tod ... Das kenne ich nur von Hörensagen und aus Erzählungen meiner Vorfahren, die solches im II. Weltkrieg erlebten. Und ich erfahre davon aus den Medien heute. Die Ängste der Menschen aber sind dieselben geblieben. Bis heute.
Was machen Kinder, wenn sie abends im Bett Angst haben? Sie stehen auf und gehen in das Schlafzimmer ihrer Eltern. Sie suchen die Nähe derer, von denen sie wissen, dass sie ihnen die Angst nehmen können, die ihnen sagen: Du brauchst dich nicht zu fürchten. Ich bin bei dir. Und manches Mal zünden Eltern in der Nähe des Bettes ein kleines Licht an, das die angstmachende Dunkelheit vertreibt.
Ein Licht anzünden
Wir haben heute auch ein kleines Licht angezündet. Das erste auf dem Adventkranz. Es vermag auch schon ein wenig die Dunkelheit zu vertreiben. Der Schein dieser Kerze verweist uns aber auf den, der von sich gesagt hat: ich bin das Licht der Welt. Er ist auch derjenige, auf den wir besonders in diesen Wochen wieder viele unserer Erwartungen setzen: Jesus Christus, der Heiland, der Frieden auf Erden bringen will. Einen Frieden, den die Welt sich nicht geben kann.
Ein Spross, der nur ein wenig aus der Erde hervorschaut, birgt in sich die Kraft ein großes Gewächs zu werden. Wie er aber auch Pflege, Zeit und Geduld braucht, so ist es wohl auch mit jenem Frieden und jener Sicherheit, nach der sich die Menschen unserer Zeit sehnen. Es braucht auch hier das Mitwirken und den guten Willen von uns Menschen, damit vielleicht doch auch einmal das Unvorstellbare Wirklichkeit werden kann. Auch dort, wo die Situation nach menschlichem Ermessen aussichtslos geworden ist oder Menschen die Hoffnung aufgegeben haben.
Vielleicht tun wir gerade dann gut daran, uns an den Kindern ein Beispiel zu nehmen: uns an den zu wenden, von dem wir wissen, dass er eine gute Nachricht für uns hat, und der immer wieder uns wissen und erfahren lässt: Du brauchst keine Angst zu haben. Ich bin mit dir. Ich, dein Gott, verlasse dich nicht. Ich sorge für dich und dein Leben.
Vielleicht kann das für uns auch ein kleiner Vorsatz für diese Adventzeit sein. Wenn die Kerze am Adventkranz brennt, erinnert sie uns still daran.
Die Erlösung ist nahe
"Die Welt steht auf kan Fall mehr lang…"
"Die Welt steht auf kann Fall mehr lang…", lautet der Refrain des berühmten Kometenliedes (siehe Kontexte) in Johann Nestroys "Der böse Geist Lumpazivagabundus". Mit diesem Lied nahm der Wiener Komödiant die üppig blühenden Weltuntergangsprophezeiungen seiner Zeit aufs Korn.
Erinnern Sie sich noch an den Jahreswechsel zum Jahr 2000. Das Y2K-Problem (siehe Kontexte) der Computerwelt animierte unzählige Autoren zu Katastrophenspekulationen. Weltuntergangsängste haben alle paar Jahre Saison. Der nächste Termin 2012 (siehe Kontexte) kann im Kino bereits vorerlebt werden.
Bereits zur Zeit Jesu gab es eine spezielle Literatursparte zu diesem Thema, die sogenannte Apokalyptik. Einige Fragmente davon haben sogar Eingang in die Evangelien gefunden. Das letzte Buch des Neuen Testamentes, die Geheime Offenbarung des Johannes, ist als ganzes diesem Thema gewidmet und hat seitdem immer wieder Anlass zu neuen Spekulationen gegeben.
Wer diese Texte genau liest und mit der übrigen apokalyptischen Literatur vergleicht, wird entdecken, dass apokalyptische Motive vom biblischen Autor aufgegriffen und christlich umgedeutet werden. So auch der Textabschnitt, den wir heute im Evangelium gelesen haben. Der Evangelist zitiert die Schreckensvorstellungen nicht, um Angst zu schüren, sondern um seinen Lesern und Zuhörern Hoffnung zu geben und Angst zu nehmen: "Wenn all dies beginnt, dann richtet euch auf, und erhebt eure Häupter; denn eure Erlösung ist nahe." Alle, die auf Christus, den Menschensohn und Herrscher der Welt, vertrauen, brauchen keine Angst zu haben.
Das Leben ernst nehmen
Eine wichtige Frage der Weltuntergangsliteratur ist der Zeitpunkt, wann das alles eintreffen wird. Auch die Christen spekulieren über den Zeitpunkt der Wiederkunft Christi, um entsprechend vorbereitet zu sein, wenn der Herr kommt, um die Welt zu richten. Der Evangelist mahnt zur Wachsamkeit, damit dieser Tag die Christen nicht überrascht.
Was bedeuten diese Mahnungen für uns heute? Zu oft schon wurde der Weltuntergang verschoben, als dass man solche Spekulationen ernst nehmen könnte. Kann man diese Texte dann vergessen und als religiöse Spinnerei belächeln? Ist dann nicht die ganze Bibel unglaubwürdig, wenn sich einige ihrer Autoren so offensichtlich verrechnet haben? Es lohnt sich, genauer hinzuschauen.
Eher als das Ende der Welt eintritt, muss jeder Leser mit dem eigenen Lebensende rechnen, dessen Zeitpunkt ebenso unvorhersehbar ist. Spätestens, wenn das eigene Ende eintritt, wird in drei Instanzen Bilanz gezogen. Ob gläubig oder nicht gläubig, werden sich dann Menschen, die mich kannten, ein Urteil über mein Leben bilden. Daran werden auch vollmundige Leichenreden nicht mehr viel ändern. Jeder Mensch kennt darüber hinaus eine Instanz in sich selbst, vor der er oder sie bestehen möchte. Zumindest wenn man älter wird, verspürt man ein Gefühl von Zufriedenheit oder Unzufriedenheit über sich selbst. Es stellt sich Dankbarkeit, Stolz oder auch Enttäuschung über das im Leben Erreichte ein. Die dritte Instanz ist für einen gläubigen Menschen die Erwartung einer Beurteilung, die der Schöpfer, bzw. Jesus Christus als von ihm eingesetzter Richter über sein Leben anstellen wird.
Die Mahnung zur Wachsamkeit ist führt über das Angstmachen hinaus und gilt nicht zuletzt gerade jenen, die sich um keine Moral mehr kümmern, weil ohnehin alles zugrunde geht und keine Zukunft hat.
Das Reich Gottes ist nahe
Ebenso wichtig wie der Hinweis auf das Ende, von dem her wir unsere Lebenspläne und -inhalte bedenken sollen, ist eine weitere Sichtweise der apokalyptischen Mahnungen.
Die angekündigten Katastrophen haben zwar bis jetzt noch nicht zum Weltuntergang geführt. Sie spielen sich aber nicht nur in den Köpfen und im Kino ab, sondern sind handgreifliche Wirklichkeit: Die Zerstörung und Vergiftung der Umwelt, Erdbeben, Überflutungen, Tsunamis, erbarmungslose Kriege, Völkermord, Terroranschläge, Vertreibungen…
Wenn all das geschieht, erhebt euer Haupt, denn eure Erlösung, das Reich Gottes, ist nahe. Es ist die gleiche Zusage, die Jesus seit seinem ersten Auftreten als Frohe Botschaft seinen Zuhörern immer wieder verkündete. Wer wachsam, aufmerksam und wahrnehmungsfähig ist, wird dem Erlöser Christus mitten im Leben begegnen, auch wenn er von katastrophalen Zuständen umgeben ist. Das Reich Gottes ist nahe, auch wenn es um den Zustand der Welt schlecht bestellt ist.
Advent ist nicht nur eine Zeit des Erwartens im Blick auf das herannahende Weihnachtsfest. Der Advent mahnt nicht nur, auf das Kommen Gottes am Ende des Lebens zu denken. Gott ist da und begegnet mir mitten in den Ereignissen meines Lebens, sogar wenn es drunter und drüber geht.
Das Gesicht des Advent hat sich in den letzten Jahren in vielerlei Hinsicht verändert. Aus der stillsten Zeit im Jahr ist eine Zeit hektischer Geschäftigkeit geworden. Es nützt nicht viel, darüber zu lamentieren und der guten alten Zeit nachzuhängen. Der Advent unserer Tage ist eine Zeit vieler Begegnungen geworden. Wer aufmerksam und wach ist, kann gerade darin dem Herrn begegnen und in unserer Zeit Spuren des Reiches Gottes entdecken.
Die Ambivalenz des Advent: Warten auf das Christkind und auf den Weltenrichter
Es werden Zeichen sichtbar werden an Sonne, Mond und Sternen, und auf der Erde werden die Völker bestürzt und ratlos sein." - Mit diesen Worten eröffnet das Lukasevangelium in diesem Jahr die Adventstexte. Sonnenfinsternis, drohende Meteoriten, Naturkatastrophen - all das wird heute oft gedeutet als Menetekel, als ein Unheilszeichen an der Wand unseres Wohlstandes. Wie passen solche Bilder und Worte aber zu dem, was wir eigentlich mit Advent verbinden? Nämlich eine eher liebliche Zeit, das Entzünden von Kerzen, den Duft von Glühwein und Gewürznelken, die fröhlichen Lieder in den Geschäften. Bei aller Kritik an der Hektik und an der Kommerzialisierung der Adventszeit wird es doch von vielen als eine schöne Zeit erlebt. Vor allem aber ist es kirchlich das Zugehen auf Weihnachten, auf das Fest der Geburt Christi. Warum also hören wir gerade am Eingang dieser besinnlichen Zeit solche Texte?
Zwischen Erlösung und Gericht
Das heutige Evangelium ist hier ein für mich deshalb sehr wichtig, weil es beide Seiten des Advents beinhaltet. Denn es benennt das Ziel, auf das alles zuläuft, mit dem so befreienden Satz: "Wenn all das beginnt, dann richtet euch auf, und erhebt eure Häupter, denn eure Erlösung ist nahe!" Aber genauso benennt es die Herausforderungen des Lebens und wehrt somit jeglicher Verharmlosung unseres Lebens und unseres Glaubens. Es zeigt auf, dass unser Leben im Horizont Gottes gelebt wird - von der Geburt bis zum Tod. Und das Evangelium sagt: wir haben dieses Leben als Geschenk erhalten, um es zu verwalten. Und wir haben uns über dieses unser Leben vor Gott auch zu rechtfertigen. Man könnte sagen: Ein Leben, das Gott ernst nimmt, rechnet auch mit seinem Gericht. Und zwar rechnet es mit jenem Gericht, von dem Jeremia in der Lesung spricht: Jahwe ist dabei die Gerechtigkeit; der Richter ist jener "gerechte Spross" aus dem Haus Davids, der "für Recht und Gerechtigkeit im Land sorgen wird" (Jer 33,15).
Gericht unter diesem gerechten und barmherzigen Gott aber heißt: Gott rückt zu-Recht. Der Theologe Wolfgang Beinert hat es für mich sehr treffend formuliert: "Ge-richt ist das Ereignis nicht des Hin-richtens (als Vernichtung des Delinquenten im extremen Fall), sondern des Her-Richtens, als Wieder-in-Ordnung-Bringen, als Recht-machen. Was zerstört oder kaputt gemacht worden ist (durch menschliche Willkür), das wird zu Recht gerückt." (W. Beinert, in: Das Christentum, S. 246).
Und genau darum geht es Jesus, wenn er vom Kommen des Menschensohnes spricht: es geht nicht um Vernichtung, sondern um das Gericht als Zurechtrücken, als Befreiung, als Erlösung; als das Ins-Recht-Setzen der Kleinen, der Armen, der Unterdrückten.
Seid wachsam…
Wann aber wird nun dieser Tag sein, das Jüngste Gericht? Im Zeitpunkt des eigenen Todes? Irgendwann später? Oder noch während dieses Lebens...?
Die Jünger fragten es ihn, wir selber fragen es uns vielleicht - aber würde das Wissen um den Zeitpunkt wirklich etwas ändern? Ändern muss sich mein Leben wohl im Wissen um das Faktum, dass dieses Gericht, dieses Zurechtrücken auf mich wartet - und genau darauf will Jesus vorbereiten, wenn er zur Achtsamkeit, zur Wachsamkeit aufruft: "Wacht und betet allezeit ... damit ihr vor den Menschensohn hintreten könnt."
In der 2. Strophe des Liedes "Sonne der Gerechtigkeit" heißt es: "Weck die tote Christenheit aus dem Schlaf der Sicherheit, dass sie deine Stimme hört, sich zu deinem Wort bekehrt."
Wachsamkeit ist somit die Grundtugend des Advents. Wachsamkeit nimmt dieses Leben hier und jetzt ernst; es flüchtet sich nicht in einen Dualismus, der nur die "geistige" Welt als wichtig ansieht. Wachsamkeit bedeutet: Jeder Mensch neben mir ist wichtig; jeder Tag, jede Stunde.
Es müssen nicht immer große Geschehnisse sein, die mich wachrütteln - vielleicht sind es gerade auch die einfachen Zeichen unserer liturgischen Feiern:- das Zunehmen des Lichtes am Adventkranz, die wiederkehrenden Vorbereitungszeiten von Advent und Fastenzeit.
Advent als Zeit der Neuorientierung
So ist für mich schließlich jeder Advent ein Aufruf zu einer Neuorientierung. Im Bild gesprochen: Jedes Messgerät muss immer wieder neu geeicht werden; jeder Seefahrer überprüft seine Position immer wieder neu am Polarstern. Advent ist dieses Innehalten und sich wieder neu orientieren: Aufzuwachen aus dem Schlaf der Sicherheit und wieder bewusst zu leben.
"Wachet und betet allezeit" kann so ein Aufruf zu bewusstem Leben sein: in der Überfülle der Angebote bewusste Entscheidungen zu treffen; das eigene Leben mit den Augen Jesu, mit den Augen Gottes anzusehen versuchen.
Advent ist nicht harmlos: Die Realität eines zurechtrückenden Gerichts - aber eben eines Gerichts, der Ruf zur Wachsamkeit, zu einer Neuorientierung meines Lebens - all das steht aber gerade in dieser dunkelsten Zeit des Jahres dennoch unter der Überschrift der zentralen Worte des Evangeliums: "Wenn all das beginnt, dann richtet euch auf" - ihr, die ihr unterdrückt seid, depressiv, die ihr keinen Ausweg wisst; ihr, die ihr auf der Suche seid, ihr frommen oder verzweifelten, ihr reichen und Armen ... "erhebt eure Häupter, denn eure Erlösung ist nahe."
- Liedvorschläge1
Hans Hütter
Lieder:
GL 142: Zu dir, o Gott, erheben wir die Seele mit Vertrauen
GL 218: Macht hoch die Tür, die Tor macht weit
GL 220: Die Nacht ist vorgedrungen, der Tag ist nicht mehr fern.
GL 221: Kündet allen in der Not: Fasset Mut und habt Vertrauen
GL 222: Herr, send herab uns deinen Sohn (4. und 6. Str.)
GL 225: Wir ziehen vor die Tore der Stadt
GL 230: Gott, heilger Schöpfer aller Stern (1., 5. und 6. Str.)
GL 231: O Heiland reiß die Himmel auf
GL 233: O Herr, wenn du kommst, wird die Welt wieder neu
GL 435: Herr, ich bin dein Eigentum (4. Str.)
GL 481: Sonne der Gerechtigkeit
GL 554: "Wachet auf", ruft uns die Stimme
GL 621: Hört, eine helle Stimme ruft
Psalmen und Kehrverse:
GL 234: Ihr Himmel, tauet den Gerechten, Ihr Wolken regnet ihn herab - Mit Psalm 80 (GL 48,2) - I.
GL 622: Habt Mut, ihr Verzagten, und fürchtet euch nicht! Gott selbst wird kommen und euch erretten. - Mit Psalm 35 - VIII.
GL 634,3: Richtet euch auf und erhebt euer Haupt, denn es nahet eure Erlösung - Mit Psalm 67 (GL 46,2) - II.
GL 633: Hebt euch, ihr Tore, hebt euch, ihr Tore! Unser König kommt. - Mit Psalm 24 - VII.
- Einleitung3
Manfred Wussow (2018)
Heute zünden wir die 1. Kerze an. Der Adventskranz fängt zu leuchten an. Eine neue Zeit beginnt. Und von Sonntag zu Sonntag wächst das Licht. Wir feiern heute, dass Jesus kommt.
Völker sind bestürzt und ratlos, Menschen vergehen vor Angst, manchmal scheint die Sonne zu wanken.
Wir werden aufgerichtet. Erhobenen Hauptes schauen wir in die Welt. Erhobenen Hauptes schauen wir ihm, Jesus, entgegen
Hans Hütter (2015)
Der frisch duftende Adventkranz mit der ersten brennenden Kerze darauf bringt heimelige vorweihnachtliche Stimmung in unsere Häuser und in unsere Kirche. Schauen wir jedoch nach draußen, was sich in der Welt um uns derzeit tut, vergehen uns diese heimeligen Gefühle. Rundherum gibt es genug Anlässe, die uns angst machen.
Die liturgischen Texte des 1. Adventssonntags greifen uralte Ängste der Menschheit auf, nicht um Ängste zu schüren, sondern um Wege der Hoffnung aufzuzeigen. Sie weisen auf Jesus Christus hin, der kommen wird, um uns in eine gute Zukunft zu führen. Ihm huldigen wir am Beginn unseres Gottesdienstes.
Martin Stewen (2012)
Ende gut, alles gut? - Nicht jeder traut diesem Satz, - manche schüren sogar Ängste vor dem Ende und machen damit gute Geschäfte. Die Verkündigung dieses 1. Advents lädt uns ein zur Gelassenheit und mahnt zugleich zu Wachsamkeit.
Rufen wir zu dem, der aller Dinge Anfang ist und auch deren Ende hält:
- Kyrie5
Beatrix Senft (2021)
Herr, Jesus Christus,
du bist gekommen,
damit die Liebe Gottes mitten unter uns anbrechen kann.
Herr, erbarme dich.
Du hast uns vorgelebt, wie wir leben sollen,
damit heilbringendes Leben gelingt.
Christus, erbarme dich.
Du hast uns auch ein Beispiel für schwere Stunden gegeben
und eine Hoffnung auf Überwindung all dessen, was uns im Dunkeln hält.
Herr, erbarme dich.
Manfred Wussow (2018)
Herr,
wie soll ich dich empfangen
und wie begegne ich dir,
o aller Welt Verlangen,
o meiner Seelen Zier?
Herr, erbarme dich
Christus,
was hast du unterlassen
zu meinem Trost und Freud,
als Leib und Seele saßen
in ihrem größten Leid?
Christus, erbarme dich
Herr,
ich lag in schweren Banden,
du kommst und machst mich los;
ich stand in Spott und Schanden,
du kommst und machst mich groß.
Herr, erbarme dich
Nichts, nichts hat dich getrieben
zu mir vom Himmelszelt
als das geliebte Lieben,
damit du alle Welt
in ihren tausend Plagen
und großen Jammerlast,
die kein Mund kann aussagen,
so fest umfangen hast.
Ehre sei Gott in der Höhe
(nach Paul Gerhardts „Wie soll ich dich empfangen“)
Hans Hütter
Herr, Jesus Christus,
Himmel und Erde werden vergehen,
aber deine Worte werden nicht vergehen.
Herr, erbarme dich.
Du wirst wiederkommen in Herrlichkeit:
Christus, erbarme dich.
Du kommst zu einer Stunde,
in der wir es nicht erwarten.
Herr, erbarme dich.
Martin Stewen (2012)
Herr Jesus Christus,
unsere Zeit steht in deinen Händen.
Herr, erbarme dich.
Du schenkst Geborgenheit zu aller Zeit.
Christus, erbarme dich.
Gib uns ein festes Herz.
Herr, erbarme dich.
Der gute Gott erbarme sich unser,
er nehme von uns, was Leben schwer macht,
er lasse uns leichten Fußes durch die Zeiten gehen
bis zur Vollendung in seinem Reich.
Johann Pock (2009)
Herr Jesus Christus,
du bist der erwartete Messias.
Herr, erbarme dich.
Du machst unsere Dunkelheit hell.
Christus, erbarme dich.
Auf deine Wiederkunft wartet die ganze Schöpfung.
Herr, erbarme dich.
- Tagesgebet1
Messbuch - TG Advent 1 So: Seine Ankunft vorbereiten
Herr, unser Gott,
alles steht in deiner Macht;
du schenkst das Wollen und das Vollbringen.
Hilf uns, dass wir auf dem Weg der Gerechtigkeit
Christus entgegengehen
und uns durch Taten der Liebe
auf seine Ankunft vorbereiten,
damit wir den Platz zu seiner Rechten erhalten,
wenn er wiederkommt in Herrlichkeit.
Er, der in der Einheit des Heiligen Geistes
mit dir lebt und herrscht in alle Ewigkeit.
MB 1. Adventsonntag
- Eröffnungsgebet4
Beatrix Senft (2021)
Vater im Himmel,
mit allem, was uns die letzte Woche geschenkt,
aber auch abverlangt hat,
mit allem, was gelungen und misslungen ist,
stehen wir vor dir.
Auch mit dem, was uns ängstigt in dieser Zeit.
Was uns als Dunkel vor Augen steht.
Wir breiten unsere Hände aus und halten dir alles hin.
Fülle du unsere Hände neu.
Richte du uns auf, dass wir unsere Häupter erheben können
und in deinem Zuspruch wieder neu erfahren:
Unsere Erlösung ist nahe.
Ja, sie ist uns in Christus Jesus schon geschenkt.
Schenke uns die Kraft, darauf unsere Hoffnung zu setzen.
Sonntagsbibel - Am Beginn der Adventszeit
Gott,
du allein bist der Herr der Schöpfung und der Geschichte.
Durch deinen Sohn bietest du uns die Erlösung an.
Am Beginn der Adventszeit bitten wir dich:
Schenk uns das Vertrauen, daß du unser Leben
und unsere Welt in deinen Händen hältst.
Durch Christus, unseren Herrn.
Manfred Wussow (2018)
Gott, dass du kommst,
immer schon unterwegs zu uns,
feiern wir heute fröhlich und leicht.
Eine Kerze erzählt uns von dem Licht,
das unter uns wächst, sich ausbreitet
und die ganze Welt erstrahlen lässt.
Wir danken dir.
Du kennst die großen Ängste und Fragen, die uns umtreiben,
die kleinen Hoffnungen, die mühsam um einen Raum kämpfen.
Hilf uns, dich zu erwarten,
nach dir Ausschau zu halten
und bei dir Frieden zu finden
in Christus, unserem Herrn.
Martin Stewen (2012)
Gütiger Gott,
du hältst uns und trägst uns durch die Zeit.
Manchmal spüren wir deine Nähe nicht.
Wir verlieren das Ziel unseres Lebens aus den Augen
und fürchten uns vor dem, was kommt.
Lass uns deine Gegenwart immer wieder neu erfahren -
hier und heute im Wort der Frohbotschaft und
im Sakrament der Gegenwart deines Sohnes.
So bitten wir durch ihn, Jesus Christus, unseren Bruder und Herrn.
- Fürbitten8
Sozialreferat der Diözese Linz (2021)
Gott, du gehst unsere Wege mit - durch einsame und bedrängte Zeiten, wenn wir warten und ungeduldig sind, wenn wir unser Ziel erreicht haben. Was uns bewegt, dürfen wir dir sagen, legen wir dir ans Herz:
Gott, wandle du unsere Ängstlichkeit und unser Misstrauen in Zuversicht und Vertrauen.
Gott, begleite uns, wenn wir herumirren, und bau mit an Brücken zueinander.
Gott, flute uns mit Tatkraft, wenn wir uns daran machen, die Welt für die Generationen nach uns zu retten.
Gott, heile unsere Verletzungen und die Wunden, die wir einander zufügen.
Gott, lenke unseren Blick auf die Zeichen deines Kommens und deiner Gegenwart.
Gott, schenke unseren Verstorbenen Heimat und Licht bei dir.
Gott, du gehst unsere Wege mit. Gib du, was wir nicht können, und lass uns deine Nähe spüren.
Darum bitten wir in Christus, unserem Bruder und Herrn. Amen.
© Angelika Gumpenberger-Eckerstorfer, Seelsorgerin in Wels St. Franziskus.
Renate Witzani (2021)
Jesus hat uns die Botschaft von einem Gott des Vergebens und Verstehens gebracht. Er selbst ist für uns zu einem Maßstab der Menschlichkeit geworden.
Ihn lasst uns bitten:
Um eine Zeit der Vorbereitung, in der wir uns in unserem Leben, Denken, Handeln und Sprechen neu auf das ausrichten, was wir in wenigen Wochen zu Weihnachten feiern werden.
Um einen Aufbruch und Neuanfang aus den Niederungen unseres Pandemiealltags, um den Spalt innerhalb der Gesellschaft wieder zu kitten.
Um die Erkenntnis, was uns abseits unseres Machens und Wollens wirklich trägt, wenn die Welt um uns herum zusammenzubrechen droht.
Um Genesung und Hoffnung für die vielen an Covid Erkrankten und alle, die mit ihnen leiden und die, die sie pflegen und betreuen.
Um dein Erbarmen und deine Gerechtigkeit für unsere Verstorbenen.
Jesus, du ermutigst uns zu einem Leben im Vertrauen auf Gott, den du deinen und unseren Vater nennst. Er wirkt in unserem Leben.
Ihm gilt unser Lob, Dank und alle Ehre jetzt und bis in Ewigkeit. - Amen.
Manfred Wussow (2018)
Es ist im Evangelium von bestürzten und ratlosen Völkern die Rede, von Menschen, die vergehen vor Angst, gar von einem erschütterten Himmel.
Wir werden aber aufgerichtet und mit erhobenem Haupt Zeugen und Boten der neuen Welt, die von Gott kommt.
Wir beten für die Menschen in den vielen Krisengebieten der Welt, die von Krieg und Terror heimgesucht werden, die sich der Gewalt nur durch Flucht entziehen können, die keine Heimat mehr haben.
Sogar in den Nachrichten verschwinden sie.
Herr! Komm, all Angst und Not zu stillen!
Wir beten für die Kinder, die ohne Hoffnung aufwachsen, die nicht genug zum Essen haben, die stille Zeugen von Tod und Gewalt werden. Ihre Seelen sind verletzt, ihre Wunden nicht zu heilen.
Herr! Komm, all Angst und Not zu stillen!
Wir beten für die alten Menschen, die verbittert und enttäuscht auf ihr Leben zurückschauen, die vergessen werden, die einsam und verlassen sterben. Sie waren umsonst auf der Welt.
Herr! Komm, all Angst und Not zu stillen!
Wir beten für die Menschen, die andere aufrichten, wenn sie klein gemacht wurden, die ihnen Mut machen, wenn sich die ganze Welt gegen sie verschworen hat, die ihnen den Rücken stärken, wenn sie sich am liebsten verkriechen würden. Sie brauchen starke Hände.
Herr! Komm, all Angst und Not zu stillen!
Wir beten für die Kirchen, die so viele Hoffnungsgeschichten in sich bergen, aber auch so schreckliche Erinnerungen, die von Liebe erzählen, doch hart sind im Urteil, die die Welt Gottes bezeugen, sich aber im Dschungel der Welt verlieren. Sei du uns Sündern gnädig.
Herr! Komm, all Angst und Not zu stillen!
Wenn alles verloren zu gehen scheint, die Welt keine Heimat mehr ist, nicht einmal mehr Verlass auf Sonne und Mond – dann ist das letzte Wort nicht gesprochen!
Gott bleibt in seiner Treue mit uns Menschen, mit der Welt verbunden.
Seine Schöpfung, das Werk seiner Liebe, lässt er nicht fallen.
In Christus, unserem Herrn.
Renate Witzani (2018)
Am Beginn eines neuen Kirchenjahres sehen wir voll Spannung auf das, was die Kirche und was uns persönlich im kommenden Jahr erwartet.
Dass uns Gottes Geist dabei führe und leite, lasst uns beten:
In den Wochen des Advents leben wir als deine Kirche ganz besonders auf das Geschehen der Erlösung hin.
Hilf uns, den Weg zu dir zu finden und so zu leben, dass wir andere dabei mitnehmen können.
Kosmische Katastrophen erinnern uns daran, dass unsere Welt irgendwann einem Ende zustrebt.
Mehre in allen Völkern die Bereitschaft zum Frieden und gegenseitiger Achtung.
Allem Neuen begegnen wir oft auch mit Angst vor dem noch Unbestimmten.
Stärke uns mit Zuversicht und bewahre uns vor Resignation.
Wir sind in dir gehalten.
Hilf uns, aus dieser Sehnsucht nach dir, unser Leben zu gestalten.
Unser Leben ist auf dich, unser Ziel, ausgerichtet.
Schenke unseren Verstorbenen Anteil an deiner Herrlichkeit.
In der Menschwerdung Jesu erwarten wir unseren Erlöser.
Unsere Erlösung passiert jedoch nicht ohne unser eigenes Zutun.
Wir bitten dich, erwecke in uns immer mehr die Sehnsucht nach dir und deinem Reich. - Amen.
Hans Hütter (2015)
Herr, Jesus Christus,
was um uns geschieht, macht uns bestürzt und ratlos.
In den Nöten unserer Zeit wenden wir uns an dich:
Wir beten für die Opfer der Terroranschläge und Kriege der vergangenen Tage und für ihre Angehörigen.
Zeige dich ihnen als Menschensohn, der die Seinen nicht zugrunde gehen lässt.
Wir beten für alle Sicherheitskräfte, die in ständiger Bedrohung ihren Dienst tun.
Schütze sie und vergilt ihnen, was sie für uns auf sich nehmen.
Wir beten für alle Verantwortlichen im Krisenmanagement und für alle Politiker,
dass sie in dieser angespannten Situation die richtigen Entscheidungen treffen.
Wir beten für alle Kinder und Jugendlichen,
dass sie trotz aller Krisen und Bedrohungen, ausreichend Geborgenheit erleben und sich entfalten können.
Wir beten für alle, die in Angst auf ihre persönliche Zukunft schauen,
für alle Kranken, Arbeitsuchenden, für die Obdach- und Heimatlosen.
Steh ihnen bei in ihrer Not.
Wir beten für alle Verstorbenen, im Besonderen für alle, an die niemand mehr denkt.
Lass sie in deinem himmlischen Reich Frieden und Heimat finden.
Auf dich, Herr, schauen wir.
Auf dich warten wir,
von dir erwarten wir die Erlösung von allem Bösen. - Amen.
Renate Witzani (2015)
Am Beginn des Advents können wir uns die Frage stellen,
was sich alles in der Welt ändern müsste,
damit Gottes Reich sichtbar werden kann.
Um diese Umkehr in unseren Herzen lasst uns gemeinsam den Vater bitten:
Für ein Miteinander auf Augenhöhe von Judentum, Christentum und Islam,
um alte Feindbilder zu überwinden und zum Weltfrieden beizutragen.
Für eine Neuordnung und Selbstbestimmung der von zentralen autoritären Regimen beherrschten Ländern, die ihre Bürger töten oder Millionen von Menschen zu Flüchtlingen machen.
Für alle Menschen, die unter Stress und Hektik leiden,
dass sie Momente der Ruhe finden,
um ihr Bedürfnis nach Sinn in ihrem Leben wahrnehmen zu können.
Für uns selbst, dass wir im Umgang miteinander wachsam dafür werden,
wo wir durch Unachtsamkeit und Selbstgerechtigkeit andere verletzen.
Für unsere Verstorbenen:
Erfülle an ihnen deine Verheißungen.
Jesus Christus ist in unsere Welt gekommen,
um uns die Frohe Botschaft der Erlösung zu bringen.
Durch ihn danken wir dir, dem Vater, und bitten dich,
lass uns dein Reich immer wieder neu erwarten und ersehnen,
jetzt und bis in Ewigkeit. - Amen.
Martin Stewen (2012)
Mit den Betenden des Alten Bundes setzten wir darauf:
"Du bist der Gott unseres Heils." -
So rufen wir zu dir und vertrauen dir an,
was uns in diesen Zeiten am Herzen liegt:
Wir beten für alle Menschen, die sich vor der Zukunft fürchten:
Schenke du ihnen das Vertrauen,
dass du der Herr über Zeit und Ewigkeit bist.
Wir beten für die Menschen, deren Zukunft schon vorbei zu sein scheint,
weil ihr Leben in persönlichen Katastrophen unterzugehen droht:
Lass sie mit Mut und Phantasie Wege aus ihren Krisen finden.
Wir beten für jene, die planlos und ohne jede Orientierung durch ihr Leben stolpern:
Lass sie erkennen, was zu tun ist,
und schenke ihnen Freude daran, es auch in Angriff zu nehmen.
Wir beten für unsere Verstorbenen, deren Zeit sich in deinen Händen vollendet hat:
Führe du sie vom Glauben der Menschen vor dein göttliches Angesicht.
Auf dich, o Gott, hoffen wir durch alle Zeit.
Sei du uns nahe und stärke uns
durch das Kommen deines Sohnes in diese Welt.
So bitten wir durch ihn, Jesus Christus, unseren Freund und Bruder,
für heute bis in alle Ewigkeit.
Johann Pock (2009)
Der Advent stimmt uns ein auf das Kommen Jesu.
Aber er ist auch gegenwärtig schon zu finden,
besonders in Menschen, die in Not sind.
Im Vertrauen auf Gottes Fürsorge bitten wir.
Voll Sehnsucht hoffen wir auf Frieden:
Frieden in den Familien; Frieden zwischen Generationen, Nationalitäten und Völkern.
Du Gott des Friedens,
lass uns nicht müde werden in unserem Bemühen um eine friedliche Welt.
Voll Zuversicht öffnen wir unsere Herzen für die Not und Einsamkeit der Menschen um uns.
Du Gott der Zuversicht,
schenke uns den Mut, offen zu bleiben und nicht engherzig zu werden.
Voll Kraft vertrauen wir, dass der Advent als Zeit des Innehaltens und der Orientierung
auch unserer Kirche gut tut.
Du Herr unserer Kirche,
führe den Weg der Kirche in dieser Zeit.
Voll Scham bekennen wir, dass wir immer wieder sündige Menschen sind.
Du Gott der Barmherzigkeit,
gib uns die Kraft, Umkehr zu wagen.
Voll Hoffnung vertrauen wir dir all jene an, die gestorben sind.
Gott des Trostes,
bleib uns nahe in unserer Trauer.
Gott, deine Treue lässt uns Hoffnung schöpfen.
Wir preisen dich heute und in Ewigkeit.
- Gabengebet1
Messbuch - GG Advent 1 So: rufe uns an deinen Tisch im kommenden Reich
Allmächtiger Gott,
alles, was wir haben, kommt von dir.
Nimm die Gaben an, die wir darbringen.
Mache sie für uns in diesem Leben
zum Sakrament der Erlösung
und rufe uns an deinen Tisch im kommenden Reich.
Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn.
MB 1. Adventsonntag
- Gebet zur Gabenbereitung2
Manfred Wussow (2018)
Schenkst du dem Brot, Herr, dein Wort, nimmt es dich auf.
Schenkst du dem Wein dein Wort, umfängt er dich.
Schenke dem Brot dein Wort. Dann empfangen wir dich.
Schenke dem Wein dein Wort. Dann bist du ein Teil von uns.
Komm, unser Herr!
Martin Stewen (2012)
Barmherziger Gott,
Brot und Wein auf dem Altar sind wie Meilensteine
auf dem Weg unseres Lebens.
Sie geben uns Kraft und Ausdauer an Leib und Seele.
Ihre Geschichte soll unsere Lebensgeschichte sein.
Dafür danken wir dir, o Gott, in Jesus Christus,
unserem Freund und Bruder,
an diesem Tag, für alle Zeit - bis in Ewigkeit.
- Lobpreis1
Hans Hütter (2021)
Kehrvers:
Kommt, lasst uns danken unserem Herrn,
dem König, der da kommen wird.
Großer und erhabener Gott,
in dieser heiligen Feier wollen wir dir unseren Dank darbringen.
Wir haben Grund dir zu danken, da du uns nie ohne Hoffnung lässt.
Die Propheten haben immer wieder die Hoffnung deines Volkes gestärkt
und ihm verheißen,
dass du (für David) einen gerechten Spross aufsprießen lassen wirst,
der für Recht und Gerechtigkeit im Land sorgen werde.
Kehrvers
Dein Sohn Jesus Christus hat die Jünger gemahnt,
ihre Hoffnung auf dich zu setzen,
wachsam zu bleiben
und sich nicht verwirren zu lassen.
Er hat sie gelehrt,
wie sie in der Liebe zueinander wachsen
und reich werden können,
und wie sie leben müssen, um dir zu gefallen.
Kehrvers
Deine Kirche hat immer wieder den Blick auf den Menschensohn gerichtet
und ihre Hoffnung auf ihn gesetzt, der wiederkommen wird,
um uns endgültig zu erlösen.
Für all das danken wir dir und preisen wir dich
mit der ganzen Schöpfung.
Danklied: z. B. Laudate omnes gentes (GL 386)
- Präfation1
Messbuch - Präfation Advent 1: Das zweimalige Kommen Christi
In Wahrheit ist es würdig und recht,
dir, allmächtiger Vater, zu danken
durch unseren Herrn Jesus Christus.
Denn in seinem ersten Kommen
hat er sich entäußert
und ist Mensch geworden.
So hat er die alte Verheißung erfüllt
und den Weg des Heiles erschlossen.
Wenn er wiederkommt
im Glanz seiner Herrlichkeit,
werden wir sichtbar empfangen,
was wir jetzt mit wachem Herzen gläubig erwarten.
Darum preisen wir dich
mit allen Engeln und Heiligen
und singen vereint mit ihnen
das Lob deiner Herrlichkeit:
Heilig ...
MB Advent 1
- Mahlspruch1
Bibel
Christus spricht:
Richtet euch auf und erhebt euer Haupt,
denn eure Erlösung ist nahe.
(vgl. LK 21,28)
Oder:
Der Herr lasse euch wachsen
und reich werden in der Liebe zueinander und zu allen,
damit ihr ohne Tadel seid,
wenn Jesus, unser Herr, mit all seinen Heiligen kommt.
- Meditation1
Helene Renner (2021) - sei wachsam
sei wachsam
warte
auf wen
worauf
wie lange
warte
dass er kommt
wird er denn kommen
wann wird er kommen
wie wird er kommen
warte
er wird kommen
vielleicht
ganz anders als du erwartest
arm
klein
unbemerkt
er wird kommen
warte
und sei bereit
er wartet darauf
dass du
ihn aufnimmst
- Schlussgebet1
Messbuch - SG Advent 1 So: lenke unseren Blick auf das Unvergängliche
Herr, unser Gott,
du hast uns an deinem Tisch
mit neuer Kraft gestärkt.
Zeige uns den rechten Weg
durch diese vergängliche Welt
und lenke unseren Blick auf das Unvergängliche,
damit wir in allem dein Reich suchen.
Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn.
MB 1. Adventsonntag
Samstag der 4. Woche
- Gebet zum Abschluss3
Beatrix Senft (2021)
Herr, Jesus Christus,
in der Erwartung deines Kommens – auch in unsere Zeit –
hast du uns wieder gerufen,
wachsam zu sein,
uns zu besinnen
und uns nicht dem Rausch der Alltäglichkeit hinzugeben,
damit unsere Herzen nicht schwer werden.
Lass uns in dieser adventlichen Zeit
immer wieder deinem Ruf folgen,
damit sie eine Zeit zu dir und zu uns selber werden kann.
Das erbitten wir von dir und dem Vater und dem Hl. Geist.
Manfred Wussow (2018)
Treuer und barmherziger Gott,
die Zuversicht, dass du kommst, lässt unsere Herzen höher schlagen.
Wie sehr wir auf dich warten, können wir nicht einmal beschreiben.
Eine hektische, aber schöne Zeit liegt vor uns.
Schenke uns auch Zeiten der Stille und Besinnung.
Im alltäglichen Trott werden viele Dinge wichtig,
die uns nur gefangen nehmen,
die uns eine falsche Welt vorgaukeln,
die uns den Atem rauben.
Schenke uns den Blick für dein Reich,
für die Liebe, die alles verwandelt,
für Menschen, die auf uns warten,
für Begebenheiten, die Wunder auftun.
Wenn du kommst,
feiern wir ein Fest und laden die Angst dazu ein.
In Christus, unserem Herrn.
Martin Stewen (2012)
Guter Gott,
wir haben Worte gehört, die froh machen,
und Brot geteilt, das stärkt.
So wollen wir nun hingehen und die Zeit gestalten,
die du uns geschenkt hast,
im Vertrauen darauf, dass bei dir die Vollendung ist,
der wir entgegen gehen.
Sei du mit uns in deinem Segen
bis in Ewigkeit.
- Segen1
Helene Renner (2021)
Gott der Herr
schenke uns seinen Segen
und lasse uns die Ruhe finden
die wir brauchen
um ihm zu begegnen.
Er lasse den Tau des Himmels auf uns herab
damit unsere Hoffnung auf Gottes Kommen
wachsen
und unser Glaube sich erfrischen kann.
Er schenke uns neu das Vertrauen
dass er wirklich kommt
und wir ihn erkennen
als den Gott
der uns liebt und an uns denkt
seit dem Tag
an dem wir geboren wurden.
Adventsritual
mir Zeit nehmen
alle Alltäglichkeit (versuchen)
kurze Zeit draußen lassen
nichts erwarten
einfach in Stille da sein
eine Hoffnungskerze entzünden
und mich mit ihr „ins Licht setzen“
mich selbst anschauen –
mit wohlwollendem Blick
wahrnehmen die Fülle in mir
wahrnehmen meinen Mangel
meine Verunsicherungen aushalten
meine Stärken fühlen
alles darf sein
mir Zeit nehmen
einfach zu sein
mir die Möglichkeit geben
mir selbst zu begegnen
mit beharrlicher Geduld
im befreienden Eingeständnis
verletzlich und verwundbar zu sein
oft aufgewühlt und hektisch
aber auch mit viel Freude und Vermögen
all das zulassen
zulassen – wie es gerade ist
einfach hier sein
mit mir
mich selbst sehen
mit dem Wimpernschlag einer kleinen Ewigkeit
im leisen Erahnen
wie sich durch mühsame Entwicklungsschritte
eine neue Lebensqualität eröffnet
so einfach sein dürfen
mit mir
und vielleicht -
nur vielleicht -
erahne ich auch DEN
der kommen will
in diese Welt
und vielleicht -
jetzt gerade -
auch zu mir
dafür will ich
still
und offen sein
Beatrix Senft, unveröffentlicht.
Sein Köpferl in Sand
Das ist ein beinhartes Protestlied.
Allerdings richtet sich die Kritik nicht gegen eine bestimmte Gruppe,
Sondern gegen Jederman der sich betroffen fühlt – auch gegen mich selbst.
Er hod a klanes Häusl in der greanen Au Er hod a guten Posten und a dicke süße Frau Er tut si bei der Arbeit net de Händ verstauchen Er kaun an jeden Sundog a Virginia rauchen Do sogt da mir gehts guat, auf de aundan hau i in huat Do sogt da: Hinter meiner, vorder meiner, links, rechts güts nix Ober meiner, unter meiner siach i nix Spür nix, hear nix und i riach nix. Denk i nix und red i nix und tu i nix Waun da Wind wahd in de Gossn Waun da Wind wahd am Land Waun da wind wahd, do steckt da Sein Köpferl in Sand Do zeig i earm a Stodt aus lauter Fetzen und Scherbn An Plotz wo de Krankn im Rinnsäu sterbm Gras in der Schüssl, im Gsicht de Fliegn De Kinder haum an Wosserbauch und Kretzn am Hirn Sie stinken wie der Mist, damits das net vergißt Refrain I was an Plotz do traut sie kana wos sogn Und rührn sie sich a bisserl, sans dawischt beim brotn Do holns de Kiwara um vieri in da fruah Eini ins Hefen, de Tür fest zua Sie brechn erna de Händ und tretns in de Zähnt Refrain Es pfeifn de Kranaten, es donnert und kracht Sie hockn in der Grubn des gaunze Nocht Sie schiaßn auf olles wos sie rührt Sie schiaßn das de Krachn glüht Da Mutter ihre Buam, fallen um als wia de Ruam Refrain | Er hat ein kleines Häuschen in der grünen Au Er hat einen guten Posten und eine dicke süße Frau Er tut sich bei der Arbeit nicht die Hände verstauchen Er kann an jedem Sonntag eine Virginia rauchen Da sagt er, mir geht es gut, auf die anderen "hau ich den Hut". Da sagt er: Hinter mir, vor mir, links rechts gilt es nichts ober mir, unter mir sehe ich nichts, spür nichts, höre nichts und ich rieche ich nichts, denk ich nichts und red ich nichts und tu ich nichts. Wenn der Wind weht in der Gasse, wenn der Wind weht am Land, wenn der Wind weht, da steckt er sein Köpfchen in den Sand. Da zeige ich ihm eine Stadt aus lauter Fetzen und Scherben, einen Platz, wo die Kranken im Rinnsal sterben, Gras in der Schüssel, im Gesicht die Fliegen, die Kinder haben einen Wasserbauch und Wundschorf an der Stirn sie stinken wie der Mist, damit du sie nicht vergißt. Refrain Ich weiß einen Platz, da getraut sich niemand, etwas zu sagen und rühren sie sich ein bisschen, sind sie erwischt beim "Braten" Da holen sie die Polizisten um vier Uhr früh, hinein ins Gefängnis und die Tür fest zu. Sie brechen ihnen die Hände und treten ihnen in die Zähne. Refrain Es pfeifen die Granaten, es donnert und kracht sie sitzen in der Grube die ganze Nacht sie schießen auf alles, was sich rührt, sie schießen, dass die "Krache" (Gewehr) glüht. Der Mutter Söhne fallen um wie die Rüben. Refrain |
Writer(s): Arik Brauer Lyrics powered by www.musixmatch.com
Wann ist Advent?
Wenn Dunkelheit sich allmählich lichtet,
wenn jemand auf Vergeltung verzichtet,
wenn Vergessenes wieder aufleuchten will,
wenn Verborgenes erscheint, zärtlich und still:
Wenn Geschwätziges leise und sacht verstummt,
wenn das Herz ein Lied der Sehnsucht summt,
wenn Menschen sich als Geschwister erkennen,
wenn sie einander Bruder und Schwester nennen:
Wenn müde Augen zu leuchten beginnen,
wenn wir uns auf Jesu Kommen besinnen,
wenn Gottes Charme unsre Sinne berührt,
wenn ein Engel uns zur Weihnacht hinführt:
...dann ist Advent
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Text: Paul Weismantel, Melodie: Reinhard Burchhardt
öffne uns
Guter Gott
du willst zu uns Menschen kommen
öffne unsere Herzen
dass wir zur Versöhnung bereit sind
öffne unsere Hände
für alle, die uns brauchen
öffne unsere Augen
dass wir das Gute in unseren Mitmenschen sehen
öffne unsere Ohren
dass wir deine Einladung nicht überhören
öffne uns ganz
und mach uns bereit
dich aufzunehmen
und zu den Menschen zu tragen
Helene Renner, Still werden und beten. Kommuniongedanken. Pastorale Dienste der Diözese St. Pölten 2015.
Hören wollen wir
Gott, du Lenker unserer Heilsgeschichte
in dieser Zeit des Wartens
wollen wir neu auf deinen Ruf hören
der uns unseren Weg weisen will
in eine neue Zukunft.
Hören wollen wir, was du mit uns vorhast
hören wollen wir, was du uns zumutest
hören wollen wir auf dein Wort
das Leben verheißt.
Hören wollen wir auf deine Wahrheit
die befreit aus der Enge unseres Denkens
und ins Licht deiner Weite führen will.
Hören wollen wir und dir vertrauen
dass du unser Leben in der Hand hältst
dass du unsere manchmal zaghaften Schritte führst
die wir aufeinander zugehen.
Hören wollen wir
und gegen Hass und Ungerechtigkeit auftreten
wie du es uns vorgelebt hast.
Hören wollen wir auf deine Stimme
und deiner Liebe Raum geben
damit wir einander zum Segen werden.
Helene Renner, Still werden und beten. Kommuniongedanken. Pastorale Dienste der Diözese St. Pölten 2015.
Verrückte Weihnacht!?
Am Türgitter des von Richard Kurt Fischer 1991 in Innsbruck-Arzl erbauten Gotteshauses, dessen äußere Erscheinung einem Bergkristall ähnelt, steht die Frage „Quo vadis?“ – Wohin gehst du, Mensch? Ich könnte weiterfragen: Wohin gehe ich heute? Ich gehe im Advent sicher in dieses und jenes Kaufhaus, um Weihnachtsgeschenke zu besorgen. Aber kommt der eigentliche Sinn des Advents bei mir oder in der Gesellschaft noch vor? Ist diese Zeit noch eine Vorbereitung auf das Kommen des Herrn?
Bettina Wegner schreibt in ihrem Jesusgedicht: „Jesus steig nie herab. Du kriegst keine Wohnung und vom Kuchen nichts ab. Du kriegst keine Arbeit und du kommst in den Knast, weil du radikal und leise Widerstand geleistet hast. Mensch Jesus, bleib oben, sonst schlagen die dich tot!“. Trotzdem kommt Jesus auch heute in unsere Zeit. Er will nicht seinen „Einfluss“ sichern, sondern sich immer wieder verschenken. Das ist wahrlich ein Dienst Gottes an uns, ein „Gottesdienst“. Doch die Welt ist verrückt, das heißt im wörtlichen Sinn genommen, nicht an der richtigen Stelle, weil sich jeder selbst und nicht Gott zum Mittelpunkt macht. Gott wird an den Rand gedrängt, im Leben kommt er nicht vor. Trotzdem bleibt Gott seiner Idee treu, in uns sein Zelt aufzuschlagen.
Im Jahre 1955 hat der Dichter Ferlinghetti geschrieben: „Christus klettert vom Weihnachtsbaum herab, läuft von den Warenhäusern und Fernsehschirmen fort und kommt leise in den Schoß irgendeiner anonymen Maria zurück. Jesus wird wiederum erwartet, eine unvorstellbare und unmöglich erscheinende Wiederempfängnis, die allerverrückteste aller Wiederkünfte wird aufs neue Wirklichkeit“. Das Leben wird neu. Weihnachten wird es wieder. Freuet euch!
Emmerich Beneder
Wie soll ich dich empfangen
1.Wie soll ich dich empfangen
und wie begegn ich dir,
o aller Welt Verlangen,
o meiner Seelen Zier?
O Jesu, Jesu, setze
mir selbst die Fackel bei,
damit, was dich ergötze,
mir kund und wissend sei.
2. Dein Zion streut dir Palmen
und grüne Zweige hin,
und ich will dir in Psalmen
ermuntern meinen Sinn.
Mein Herze soll dir grünen
in stetem Lob und Preis
und deinem Namen dienen,
so gut es kann und weiß.
3. Was hast du unterlassen
zu meinem Trost und Freud,
als Leib und Seele saßen
in ihrem größten Leid?
Als mir das Reich genommen,
da Fried und Freude lacht,
da bist du, mein Heil, kommen
und hast mich froh gemacht.
4. Ich lag in schweren Banden,
du kommst und machst mich los;
ich stand in Spott und Schanden,
du kommst und machst mich groß
und hebst mich hoch zu Ehren
und schenkst mir großes Gut,
das sich nicht lässt verzehren,
wie irdisch Reichtum tut.
5. Nichts, nichts hat dich getrieben
zu mir vom Himmelszelt
als das geliebte Lieben,
damit du alle Welt
in ihren tausend Plagen
und großen Jammerlast,
die kein Mund kann aussagen,
so fest umfangen hast.
6. Das schreib dir in dein Herze,
du hochbetrübtes Heer,
bei denen Gram und Schmerze
sich häuft je mehr und mehr;
seid unverzagt, ihr habet
die Hilfe vor der Tür;
der eure Herzen labet
und tröstet, steht allhier.
7. Ihr dürft euch nicht bemühen
noch sorgen Tag und Nacht,
wie ihr ihn wollet ziehen
mit eures Armes Macht.
Er kommt, er kommt mit Willen,
ist voller Lieb und Lust,
all Angst und Not zu stillen,
die ihm an euch bewusst.
8. Auch dürft ihr nicht erschrecken
vor eurer Sünden Schuld;
nein, Jesus will sie decken
mit seiner Lieb und Huld.
Er kommt, er kommt den Sündern
zu Trost und wahrem Heil,
schafft, dass bei Gottes Kindern
verbleib ihr Erb und Teil.
9. Was fragt ihr nach dem Schreien
der Feind und ihrer Tück?
Der Herr wird sie zerstreuen
in einem Augenblick.
Er kommt, er kommt, ein König,
dem wahrlich alle Feind
auf Erden viel zu wenig
zum Widerstande seind.
10. Er kommt zum Weltgerichte:
zum Fluch dem, der ihm flucht,
mit Gnad und süßem Lichte
dem, der ihn liebt und sucht.
Ach komm, ach komm, o Sonne,
und hol uns allzumal
zum ewgen Licht und Wonne
in deinen Freudensaal.
Paul Gerhardt (1653) in: EG 11.
Empfangen - Umfangen
Paul Gerhardts Adventslied (EG 11) „Wie soll ich dich empfangen?“ ist vielen Menschen aus dem Bachschen Weihnachtsoratorium vertraut. Johann Sebastian Bach hat die erste Liedstrophe, allerdings mit der für „O Haupt voll Blut und Wunden“ verwendeten Melodie Hans Leo Hasslers, in die erste Kantate des Weihnachtsoratoriums aufgenommen. (…)
Wie soll ich dich empfangen? Der, dem diese Frage in Paul Gerhardts Lied gilt, ist niemand anderes als Jesus selbst, „aller Welt Verlangen“ und „meiner Seele Zier“ (erste Strophe). Der Geliebte, dem ich begegnen will, ist nicht nur mein Geliebter, sondern der eine, nach dem die ganze Welt sich sehnt und sich ausstreckt, wie auch der einhellige dreifache, hoch emotionale Ausruf „o“ (erste Strophe) unterstreicht.
Wie soll ich dich empfangen? Die ersten fünf Strophen entfalten in reichen Variationen die überraschende, aber wohl einzig mögliche Antwort. Es ist eine Antwort, die sich das Ich nicht selbst geben kann, höchstens ein Ich, dem der andere, Jesus selbst, ein Licht, sein Licht, aufgesteckt hat. Das nüchterne Licht unserer Alltagsvernunft reicht wohl nicht aus, eine solche Antwort zu finden, so hoch Nüchternheit zu schätzen ist. Schon gar nicht genügte hier das trübe Licht einer verkümmerten Rationalität, die nur noch in Tausch- und Marktwerten denkt, die also nicht denkt, sondern rechnet, selbstsüchtig und ignorant.
Wie soll ich dich empfangen? Das von Jesus, dem Mensch gewordenen Wort, erleuchtete Ich findet die Antwort, nähert sich ihr an oder wird von ihr ergriffen, denn es erinnert sich in vielgestaltigen biblischen Bildern an all das Liebe und Gute, das ihm von Jesus her wiederfahren ist. Es ist Rettung, es ist Befreiung, es ist Geschenk, es ist Erhebung, es ist Freude. Es ist überwältigend.
Die fünfte Strophe verdeutlicht, was hinter diesen existenziellen Wohltaten steht – und was gewiss nicht: kein noch so subtiles und sublimes Kalkül, in dem der Mensch am Ende doch funktionalisiert und verzweckt würde. Nein, „nichts , nichts hat dich getrieben / zu mir vom Himmelszelt / als das geliebte Lieben“.
Aus lauter Liebe, aus lauterer Liebe, aus Lieb‘ allein, aus der Liebe des einen, der sich der Liebe Gottes ganz geöffnet hat, ist das ewige Wort zur Welt gekommen, dem Ich und zugleich „aller Welt“ (vgl. erste und fünfte Strophe) zu Hilfe, zur Freude, zum Heil.
Fragen können beflügeln, aber auch belasten und bedrängen. Die bange Frage: Wie soll ich dich empfangen? verliert nun ihre bedrängende, beschwerende Macht. Ein Knoten hat sich gelöst, dem Liebenden wird es leichter ums Herz. Er kann Jesus „empfangen“ – weil Jesus ihn immer schon „so fest umfangen“ hat (fünfte Strophe). So fest umfangen, darf und kann ich dich empfangen. So soll ich dich empfangen.
Susanne Sandherr
www.ojc.de/brennpunkt-seelsorge/2011/warum-muessen-wir-leiden/adventsmeditation-paul-gerhardt/
Wir sollen uns fürchten
Angst als kollektives Trauma ist nicht erst seit den Anschlägen von Paris ein Thema. In der Flüchtlingskrise wird nicht nur emotional diskutiert, es wird bewusst mit Ängsten gespielt. Wie soll man umgehen mit Angst? Was steht auf dem Spiel, wenn wir Sicherheit gegen Freiheit tauschen?
Sebastian Pumberger, Noura Maan - derStandard.at (22. November 2015, 10:20)
Wir sind nicht Gott
66. Die Schöpfungsberichte im Buch Genesis enthalten in ihrer symbolischen und narrativen Sprache tiefgründige Lehren über das Menschsein und seine historische Wirklichkeit. Diese Erzählungen deuten an, dass sich das menschliche Dasein auf drei fundamentale, eng miteinander verbundene Beziehungen gründet: die Beziehung zu Gott, zum Nächsten und zur Erde. Der Bibel zufolge sind diese drei lebenswichtigen Beziehungen zerbrochen, nicht nur äußerlich, sondern auch in unserem Innern. Dieser Bruch ist die Sünde. Die Harmonie zwischen dem Schöpfer, der Menschheit und der gesamten Schöpfung wurde zerstört durch unsere Anmaßung, den Platz Gottes einzunehmen, da wir uns geweigert haben anzuerkennen, dass wir begrenzte Geschöpfe sind. Diese Tatsache verfälschte auch den Auftrag, uns die Erde zu „unterwerfen“ (vgl. Gen 1,28) und sie zu „bebauen“ und zu „hüten“ (vgl. Gen 2,15). Als Folge verwandelte sich die ursprünglich harmonische Beziehung zwischen dem Menschen und der Natur in einen Konflikt (vgl. Gen 3,17-19). Darum ist es bedeutungsvoll, dass die Harmonie, in der der heilige Franziskus von Assisi mit allen Geschöpfen lebte, als eine Heilung jenes Bruches interpretiert wurde. Der heilige Bonaventura sagte, dass Franziskus, „da er mit allen Geschöpfen in Frieden war“, wieder in „den Zustand vor der Ursünde“ gelangte. Weit von diesem Vorbild entfernt, zeigt sich die Sünde heute mit all ihrer Zerstörungskraft in den Kriegen, in den verschiedenen Formen von Gewalt und Misshandlung, in der Vernachlässigung der Schwächsten und in den Angriffen auf die Natur.
67. Wir sind nicht Gott. Die Erde war schon vor uns da und ist uns gegeben worden. Das gestattet, auf eine Beschuldigung gegenüber dem jüdisch-christlichen Denken zu antworten: Man hat gesagt, seit dem Bericht der Genesis, der einlädt, sich die Erde zu „unterwerfen“ (vgl. Gen 1,28), werde die wilde Ausbeutung der Natur begünstigt durch die Darstellung des Menschen als herrschend und destruktiv. Das ist keine korrekte Interpretation der Bibel, wie die Kirche sie versteht. Wenn es stimmt, dass wir Christen die Schriften manchmal falsch interpretiert haben, müssen wir heute mit Nachdruck zurückweisen, dass aus der Tatsache, als Abbild Gottes erschaffen zu sein, und dem Auftrag, die Erde zu beherrschen, eine absolute Herrschaft über die anderen Geschöpfe gefolgert wird. Es ist wichtig, die biblischen Texte in ihrem Zusammenhang zu lesen, mit einer geeigneten Hermeneutik, und daran zu erinnern, dass sie uns einladen, den Garten der Welt zu „bebauen“ und zu „hüten“ (vgl. Gen 2,15). Während „bebauen“ kultivieren, pflügen oder bewirtschaften bedeutet, ist mit „hüten“ schützen, beaufsichtigen, bewahren, erhalten, bewachen gemeint. Das schließt eine Beziehung verantwortlicher Wechselseitigkeit zwischen dem Menschen und der Natur ein. Jede Gemeinschaft darf von der Erde das nehmen, was sie zu ihrem Überleben braucht, hat aber auch die Pflicht, sie zu schützen und das Fortbestehen ihrer Fruchtbarkeit für die kommenden Generationen zu gewährleisten. Denn „dem Herrn gehört die Erde“ (Ps 24,1), ihm gehört letztlich „die Erde und alles, was auf ihr lebt“ (Dtn 10,14). Darum lehnt Gott jeden Anspruch auf absolutes Eigentum ab: „Das Land darf nicht endgültig verkauft werden; denn das Land gehört mir, und ihr seid nur Fremde und Halbbürger bei mir“ (Lev 25,23).
Aus: Enzyklika Laudato Si' von Papst Franziskus, gegeben zu Rom, Sankt Peter, am 24. Mai, dem Hochfest von Pfingsten im Jahr 2015.
Dem Herrn entgegen
Wir durchleben eine aufregende Zeit: eine Zeit voller blutiger Konflikte, voll von heimtückischen Terroranschlägen, voller Unsicherheit und voller Angst vor dem, was kommen mag. Bisherige Werte und Ordnungen sind erschüttert; viele Menschen haben die Orientierung verloren. Für viele zählen nur noch der Konsum und der augenblickliche private Nutzen.
Jedes Jahr bedeutet die Adventszeit für uns Christen einen Einschnitt, um innezuhalten und um uns neu zu besinnen auf das, was uns trägt und hält, was unserem Leben Sinn und Richtung gibt.
Zu den biblischen Texten, die im Gottesdienst der Kirche in der Adventszeit gelesen werden, gehören die apokalyptischen Ausblicke auf das »Ende der Welt«. Das dreizehnte Kapitel des Markusevangeliums malt ein Bild des Schreckens: Sonne und Mond werden sich verfinstern, die Sterne werden vom Himmel fallen, und die Kräfte des Himmels werden erschüttert werden.
Diese Bilder entstammen einem vergangenen Weltbild, aber sie sagen auch heute noch etwas Entscheidendes: Unsere Welt ist nicht ewig, und nichts in dieser Welt ist ewig. Die scheinbar sicheren Ordnungen, auf die wir uns meist verlassen, sie sind vergänglich. Das großartige System der Welt und die großartigen Systeme dieser Welt, sie brechen eines Tages zusammen. Auf sie ist kein endgültiger Verlass.
Haben wir nicht gerade dies schon oft erlebt? Von den mächtigen Reichen der Geschichte, ihrem sagenhaften Reichtum und mit Kunstschätzen erfüllten Städten sind nur Ruinen übriggeblieben. In unserer Lebenszeit sind die Berliner Mauer und der eiserne Vorhang gefallen, und mit ihnen sind das nach Weltherrschaft strebende Imperium der Sowjetunion und die Ideologie des Kommunismus fast über Nacht untergegangen.
Ja, es ist wahr, was der Apostel Paulus sagt: »Die Gestalt dieser Welt vergeht« (1 Korinther 7,31). Wer auf sie baut, der baut sein Leben auf den Flugsand der Geschichte, den der Wind der Zeit verweht. »Du Tor«, sagt Jesus, »schon in dieser Nacht kann dein Leben von dir gefordert werden« (Lukas 12,20).
Aus: Walter Kardinal Kasper, Bedenke dein Geheimnis. Meditationen zu Advent und Weihnachten. Verlag Katholisches Bibelwerk, Stuttgart 2015.
Der ferne Gott – die Nähe Gottes entdecken
Die Aufgabe eines Theologen - gleich zu welcher Zeit - besteht darin, zu zeigen, dass die christliche Auffassung von Gott in der Verbindung von Transzendenz und Immanenz besteht, der Verbindung der Verborgenheit, Andersartigkeit und Distanz mit der unglaublichen Nähe Gottes. Die Erfahrung einer Zeit, in der Gott nicht anwesend zu sein scheint, eröffnet dabei atemberaubende Möglichkeiten für die Demonstration des ersten dieser beiden Pole. Gleichzeitig stellt sie jedoch eine große Herausforderung dar, neu und radikaler die Nähe Gottes zu entdecken (und die »falsche Nähe« beziehungsweise die »Nähe der falschen Götter« zu demaskieren).
Allem Anschein nach besteht das erste Wort, mit dem Gott zu denen spricht (oder genauer gesagt: schweigt, denn auch das Schweigen ist eine bedeutende Form der Kommunikation), die nach ihm fragen, heutzutage in der Verborgenheit Gottes. Es ist deshalb nicht allzu überraschend, dass viele beim Warten auf sein zweites Wort die Geduld verlieren und Atheisten oder Agnostiker werden; denn wir leben in einer Kultur der Ungeduld.
Jesus stellt ein Gebot ins Zentrum seiner Verkündigung. Und ich bin davon überzeugt, dass das Gebot, »den Herrn, deinen Gott, mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit all deiner Kraft und allen deinen Gedanken zu lieben und deinen Nächsten wie dich selbst!« - insbesondere sein zweiter Teil, die Betonung der Nächstenliebe - den Weg aufzeigt, auf dem jenes zweite Wort vernehmbar wird, auf dem auch das »andere Gesicht« neu entdeckt werden kann, die göttliche Immanenz.
Die göttliche Nähe Gottes zu entdecken - oder überhaupt nach ihr zu fragen - setzt jedoch zunächst voraus, mit vollem Ernst und in der Tiefe seine Verborgenheit, seine Distanz am eigenen Leib zu verspüren und zu durchdenken. Ohne diese Erfahrung - eine Frucht harter Jahre - könnten wir den Gott des christlichen Glaubens leicht mit irgendeinem jener banalen Götzen verwechseln, von denen die Auslagen und Stände der religiösen Anbieter heute voll sind.
Aus: Tomáš Halík, Ich will, dass du bist. Über die Liebe Gottes. Aus dem Tschechischen von Markéta Barth unter Mitarbeit von Benedikt Barth. Herder Verlag, Freiburg Basel Wien 2015.
Jesus kommt am Ende der Zeit wieder. - Nicht wirklich!
Obwohl das Neue Testament durchgängig in Griechisch geschrieben ist, haben sich einige geheimnisvolle Einsprengsel in der Muttersprache Jesu erhalten, dem Aramäischen, so auch das Wort »maranatá« (bitte auf der letzten Silbe betonen!), was so viel heißt wie: Komm, Herr Jesus! Die Erklärung dafür ist ganz einfach: der Ruf »Maranata!« ist seit frühesten Zeiten ein Bestandteil der christlichen Zusammenkünfte gewesen. Die ersten Christen glaubten, dass ihr Herr praktisch jeden Moment in Macht und Herrlichkeit wiederkommen könnte. Deshalb ihr sehnsüchtiger Seufzer: Komm! Dieser Seufzer beendet nicht nur das Sendschreiben »Die Offenbarung des Johannes«; er beendet auch die Bibel, dieses mächtige Buch, das mit den Worten beginnt: »Im Anfang schuf Gott den Himmel und die Erde« (Gen 1,1). Der vorletzte Vers der Bibel besteht aus zwei Teilen. Den zweiten kennen wir, den Ruf: »Ja, komm Herr Jesus!« Er ist die Antwort auf einen Satz, den Jesus selbst sagt: »Ja, ich komme bald.« Und wie wird das sein, wenn er kommt? »Er wird jede Träne wegwischen von ihren Augen; der Tod wird nicht mehr sein, und nicht Trauer und Klage und Mühsal; denn das Frühere ist vergangen« (Offenbarung 21, 4).
Christsein ist auch dies: Wenn wir alles getan haben: die Hungernden gespeist, die Kranken besucht, die Traurigen getröstet, wenn wir uns aufgerieben haben und müde sind und es wieder nur ein Tropfen auf den heißen Stein war - dann wird am Ende ein anderer kommen und das Werk vollenden, das über unsere Kraft ging. Darum dürfen wir nicht nur am Ende unseres Lebens, sondern praktisch jeden Abend sagen: Komm, Herr Jesus!
Aus: Werner Tiki Küstenmacher, Die neue 3-Minuten-Bibel. Knaur Taschenbuch, München 2015 (2013 Pattloch).
Herr, du kennst meinen Weg
Herr, du kennst meinen Weg,
den Weg, der hinter mir liegt, und den, der vor mir liegt.
Du begleitest mich in jedem Augenblick.
Du bist immer für mich da.
Was erwartest du von mir?
Weil du mich führst, kann ich versuchen,
mich selbst zu führen,
dass meine Augen und Ohren unterscheiden lernen,
dass meine Hände anderen helfen lernen,
dass mein Denken das Richtige findet,
dass mein Herz das Rechte entscheiden lernt.
Weil du mich führst, will ich meinen Weg versuchen.
Charles de Foucauld in: Manager-Gebetbuch. Herausgegeben von Michael Bommers, Mechthild Löhr und Lothar Roos. Verlag Butzon & Bercker, Kevelaer 2001.
Verborgene Weisen des Segens
Im Nachhinein können wir feststellen, dass uns in besonders schwierigen und unerträglichen Situationen, die wir so schnell wie möglich aus unserem Leben zu bannen versuchten, einige der größten Segnungen unseres Lebens zuteil geworden sind. Zuweilen enthalten unsere schlimmsten Schmerzen für uns ein Geschenk, das sehr lange nicht ans Licht kommt. Der Segen ist ganz vom Aufgewühltsein, der Verwirrung, dem Schmerz und dem verzweifelten Ringen verdeckt. Zeitweise sind wir nicht in der Lage, diesen Segen wahrzunehmen, weil wir noch zu verletzt, zu wütend, zu traurig, zu überwältigt sind. Erst viel später kann es geschehen, die Gabe zu erkennen, die uns aus dem heraus zuteil wurde, was wir für den endgültigen Untergang unseres Glücks hielten.
Mein Bruder David ertrank mit dreiundzwanzig Jahren. Ich war damals fünfundzwanzig. Es sollte fünfzehn Jahre dauern, bis ich unter dem ganzen Schmerz und Leid darüber die Gabe zu entdecken vermochte. Sein Tod hat mich dazu gebracht, über Abschiede, Verlust und Trauer zu schreiben. Mein Ringen mit dieser Katastrophe hat mich zu der Schriftstellerin werden lassen, die ich heute bin. Ich würde nie sagen, der Tod meines Bruders sei ein Segen gewesen; aber ich kann jetzt sagen, dass die Einsichten, die sich für mich daraus ergaben, und mein spirituelles Reifen Segnungen waren, die im ganzen Leid darüber verborgen waren und ans Licht kamen.
Wo immer jemand schmerzlich ringt, wartet auch ein Segen, der sich erschließen will. Die biblische Erzählung von Jakob, der mit einem Boten Gottes ringt, steht unter anderem auch symbolisch für unser eigenes Ringen mit den unerwünschten Seiten unserer selbst. Während der ganzen Nacht, das heißt Finsternis, ringt Jakob mit dieser unbekannten Gestalt (den unerwünschten Erfahrungen unseres Lebens): Jakob wird dabei verwundet (unsere Erinnerung an diese Erfahrung). Er ist weise genug, zu dem Engel zu sagen: "Ich lasse dich nicht los, bis du mich segnest" ("Gib mir ein Stück Sinn, Hoffnung, Weisheit aus dem mühsamen inneren Ringen"). Schließlich geht Jakob hinkend davon, aber er ist jetzt weiser als vor dem Kampf.
Zuweilen ergibt der Schmerz in unserem Leben keinen Sinn; aber irgendwann kommt dann doch ein tiefer Segen ans Licht, wenn man einmal einigen Abstand zum mühsamen Ringen gefunden hat und schließlich innerlich loslässt, was einem so viel Qual bereitet hat. Im Verlauf des Heilungsprozesses fängt man an, die darin enthaltenen Segnungen zu erkennen.
Joyce Rupp in: Begleitet von guten Mächten. Segensworte für ein ganzes Leben. Herausgegeben von Ulrich Sander. Herder Verlag, Freiburg Basel Wien 2004.
Zukunftsforscher
Die Zukunft ist ein rätselhaftes Land. Es lockt uns als ein Land der Verheißung. Aber es ängstigt uns auch.
Nun gibt es eine ungeduldige Wissenschaft, Zukunftsforschung, die das geheimnisvolle Land der Zukunft vorzeitig betreten und enträtseln will und nebenbei der Menschheit noch einen Leitfaden schenken möchte. Richtlinien für die Zukunft der Welt. Eigentlich bin ich da ein wenig skeptisch: Wenn man sieht, wie mangelhaft schon die Wettervorhersage für nur einen Tag ist! Ich war einmal in Wien in einem privaten Institut für Zukunftsforschung. Es war installiert in einer Biedermeierwohnung, also in Räumen aus einer Zeit, die eher als nicht sehr weitblickend gilt. Und hier saß dann hinter dem Biedermeierschreibtisch ein Zukunftsforscher. Es hatte den Anschein, daß der Forscher ein ruhiges Dasein führte, Er wird sich wohl am Anfang seiner Arbeitszeit hinter den Schreibtisch gesetzt und dann den Rest des Tages in die Zukunft geschaut haben. Auf jeden Fall konnte man aufgrund der beschaulichen Ruhe des Institutes der Zukunft einen Vertrauensvorschuß geben. Für den Forscher sah die Zukunft sichtlich gut aus. Allerdings sah ich vor kurzem diesen Forscher durch die Kärntner Straße gehen. Er schimpfte wütend vor sich hin und machte Drohgebärden. Mir wurde ein wenig anders dabei. Er war der Zukunft wohl auf die Schliche gekommen.
Aus: Joop Roeland, Die Stimme eines dünnen Schweigens. Die Quelle Verlag, Feldkirch 1992.
Was uns anvertraut ist
Nicht die großen Erdbeben, nicht die Gewalt der Stürme,
nicht die Schrecken der Gewitter wurden uns in die Hand gegeben.
Nicht einmal Sommer und Winter, Ebbe und Flut,
Tag und Nacht liegen in unserer Macht.
Nur was klein ist und zerbrechlich, was aufruft zur Zärtlichkeit,
Behutsamkeit und Heilung wurde uns anvertraut:
der Schlaf der Kinder, die Sprachlosigkeit der Einsamen,
das Glatteis der Wagehälse, der Zufluchtsort der Verirrten,
der Spielplatz der Liedermacher, der Baum der Singvögel.
Was machtlos ist, wurde uns anvertraut.
Mag sein, dass Gott, Ewiger, Allmächtiger,
auch deswegen Kind geworden ist:
damit er sich uns anvertrauen kann.
Joop Roeland
Du kannst der erste Ton in einem Liede sein
Du kannst der erste Ton in einem Liede sein,
das alle Grenzen selbstvergessen macht.
Fürchte dich nicht, auch wenn der Ton ein Hauch ist.
Fürchte dich nicht.
Du kannst der erste Tropfen sein für eine Quelle,
die in der Wüste Lebenslieder singt.
Fürchte dich nicht, auch wenn die Wolke noch schweigt.
Fürchte dich nicht.
Du kannst der erste Schritt zu einem Tanze sein,
der alle Füße trägt vor unsern Gott.
Fürchte dich nicht, auch wenn dein Fuß noch strauchelt.
Fürchte dich nicht.
Christa Peikert-Flaspöhler
2012
2012 ist ein US-amerikanischer Katastrophenfilm des Regisseurs Roland Emmerich aus dem Jahr 2009. Die Weltpremiere fand am 11. November, die Deutschlandpremiere am 12. November 2009 statt. In den Hauptrollen spielen John Cusack, Chiwetel Ejiofor, Amanda Peet, Danny Glover, Thandie Newton, Oliver Platt und Woody Harrelson. Der Film basiert auf der Idee, dass nach dem Ende der Langen Zählung des Maya-Kalenders die Welt im Jahr 2012 untergehen wird. Dabei greift der Film die von Charles Hapgood 1958 vorgestellte Hypothese der Erdkrustenverschiebung auf, die mit zahlreichen Begleitphänomenen (Erdbeben, Vulkanausbrüche, Flutwellen) zum Weltuntergang führt. Der Film dominierte das Startwochenende mit Position 1 in den US-amerikanischen Kinos und spielte weltweit in nur vier Tagen 225 Millionen Dollar ein, womit das Produktionsbudget von 200 Millionen US-Dollar innerhalb kurzer Zeit wieder eingespielt wurde.
Das Jahr-2000-Problem
Das Jahr-2000-Problem, auch als "Millennium-Bug" oder "Y2K-Bug" ("Year 2 Kilo" = Jahr 2000) bezeichnet, ist ein Computerproblem, das durch die interne Behandlung von Jahreszahlen als zweistellige Angabe entstanden ist.
Angesichts des Jahreswechsels 1999/2000 wurde das Problem offenbar, dass mit der in vielen Computersystemen eingesetzten zweistelligen Jahreszahl "00" sowohl das Jahr 1900 als auch das Jahr 2000 bezeichnet wird und somit eine inakzeptable Mehrdeutigkeit eines Wertes vorliegt. Die Folgen dieses Fehlers wären ohne Korrektur in erster Linie falsche Sortierungen und Altersberechnungen gewesen. Weiterhin war es weitverbreitete Praxis, ungültige Datensätze durch die Verwendung der Zahl bzw. Ziffernkombination 00 ("Nichts") zu identifizieren, jedoch trat diese Ziffernkombination mit dem Eintreten des Jahres 2000 plötzlich auch als normaler Wert auf. Durch diesen Umstand behandelten viele Programme diese Datensätze nunmehr als ungültig. Im Weiteren gab es vor allem Rechenprobleme durch fehlerhafte Differenzbildung und fehlerhafte Erzeugung von Texten (typisches Beispiel hierfür wäre eine Datierung mit der Jahreszahl "1901" für das Jahr 2001).
Aufgrund dieses Problems wurden im Vorfeld des Jahreswechsels 1999/2000 Katastrophenszenarien vorhergesagt, dass durch diesen Fehler Computerabstürze in großem Maß erfolgen würden und besonders sicherheitsrelevante Bereiche, die auf Computer angewiesen sind (Banken, Industrie oder auch Kraftwerke, im extremsten Fall der Vorhersagen sogar Atomwaffen), durch das Problem fehlgeschaltet oder gar lahmgelegt würden. Zum Jahreswechsel stellte sich dann aber heraus, dass die Industrie in der Regel gut vorgebeugt hatte. Weltweit wurden in vielen Projekten Programme und Datenbestände (vor allem auf Großrechnern) "saniert", um den "Y2K-bug" zu vermeiden. Dennoch hatten viele Banken in der Silvesternacht einfach ihre Geldautomaten abgestellt, um Fehler zu vermeiden.
Das Kometenlied
Das Kometenlied ist ein berühmtes Wiener Couplet aus der Posse Der böse Geist Lumpazivagabundus (1833) von Johann Nestroy. Die Musik stammt von Adolf Müller senior.
1.
Es is kein' Ordnung mehr jetzt in die Stern',
D' Kometen müßten sonst verboten wer'n;
Ein Komet reist ohne Unterlaß
Um am Firmament und hat kein' Paß;
Und jetzt richt't a so a Vagabund
Und die Welt bei Butz und Stingel z'grund;
Aber lass'n ma das, wie's oben steht,
Auch unt' sieht man, dass 's auf 'n Ruin losgeht.
Abends traut man ins G'wölb sich nicht hinein
Vor Glanz, denn sie richten s' wie d' Feentempel ein;
Der Zauberer Luxus schaut blendend hervur,
Die böse Fee Krida sperrt nacher 's G'wölb' zur.
Da wird einem halt angst und bang,
Die Welt steht auf kein' Fall mehr lang.
2.
Am Himmel is die Sonn' jetzt voll Capriz,
Mitten in die Hundstag' gibt s' kein' Hitz';
Und der Mond geht auf so rot, auf Ehr',
Nicht anderster, als wann er b'soffen wär'.
Die Millichstraßen, die verliert ihr'n Glanz,
Die Milliweiber ob'n verpantschen s' ganz;
Aber lass'n ma das, herunt' geht's z' bunt,
Herunt' schon sieht man's klar, die Welt geht z'grund.
Welche hätt' so ein' g'scheckten Wickler einst mög'n,
A Harlekin is ja grad nur a Spitzbub dageg'n;
Im Sommer trag'n s' Stiefel, à jour-Strümpf' im Schnee,
Und statt Haub'n hab'n s' gar Backenbärt' von tull anglais.
Da wird einem halt angst und bang,
Ich sag': D'Welt steht auf kein' Fall mehr lang.
3.
Der Mondschein, da mög'n s' einmal sag'n, was s' woll'n,
Ich find', er is auf einer Seiten g'schwoll'n,
Die Stern' wer'n sich verkühl'n, ich sag's voraus,
sie setzen sich zu stark der Nachtluft aus.
Der Sonn' ihr G'schundheit ist jetzt a schon weg,
Durch'n Tubus sieht man's klar, sie hat die Fleck';
Aber lass'n ma das, was oben g'schieht,
Herunt' schon sieht man, 's tut's in d'Länge nicht.
Sie hab'n Zeitungen jetzt, da das Pfennig-Magazin,
Da is um ein' Pfennig all's Mögliche drin;
Jetzt kommt g'wiß bald a Zeitschrift heraus, i parier',
Da krieg'n d'Pränumeranten umsonst Kost und Quartier.
Da wird einem halt angst und bang,
Die Welt steht auf kein' Fall mehr lang.
4.
Die Fixstern', sag'n s', sein alleweil auf ein' Fleck',
's is erlog'n, beim Tag sein s' alle weg;
's bringt jetzt der allerbeste Astronom
Kein' saub're Sonnenfinsternis mehr z'amm'.
Die Venus kriegt auch ganz ein' andere G'stalt,
Wer kann davor, sie wird halt a schon alt;
Aber wenn auch ob'n schon alles kracht,
Herunt' is was, was mir noch Hoffnung macht.
Wenn auch 's meiste verkehrt wird, bald drent und bald drüb'n,
Ihre Güte ist stets unverändert geblieb'n;
Drum sag' i, aus sein' Gleis' wird erst dann alles flieg'n,
Wenn Sie Ihre Nachsicht und Huld uns entzieh'n.
Da wurd' ein' erst recht angst und bang,
denn dann stund' d'Welt g'wiß nicht mehr lang.
Martin Stewen (2012)
Johann Pock (2000)
Hans Hütter (1997)